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Oberlandesgericht Frankfurt: Prozess gegen Umstürzler im Mai

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Bei einer Razzia gegen „Reichsbürger“ führen vermummte Polizisten nach der Durchsuchung eines Hauses Heinrich XIII. Prinz Reuß ab.
Bei einer Razzia gegen „Reichsbürger“ führen vermummte Polizisten nach der Durchsuchung eines Hauses Heinrich XIII. Prinz Reuß ab. © dpa

Neun Mitglieder der Reichsbürgerszene müssen sich demnächst vor Gericht verantworten

Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung müssen sich ab Mai neun Angehörige der Reichsbürgerszene vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten. Sie sollen versucht haben, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen, heißt es in einer Mitteilung des Oberlandesgerichts vom Dienstag. Als einer der Rädelsführer ist Heinrich XIII. Prinz Reuß angeklagt. Er war im Dezember 2022 bei einer bundesweiten Razzia im Frankfurter Westend festgenommen worden.

Die Ermittlungen in dem umfangreichen Verfahren, in dem gleichzeitig 17 weitere Mitglieder der Vereinigung vor den Oberlandesgerichten in München und Stuttgart angeklagt wurden, hat die Bundesanwaltschaft geführt. Sie geht davon aus, dass die Angeklagten zu einer Ende Juli 2021 gegründeten terroristischen Vereinigung gehören, die eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung verband. Die Vereinigung soll ab August 2021 geplant haben, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen.

Hierfür trat die Vereinigung in konkrete Vorbereitungen ein, rekrutierte militärisches Personal, beschaffte Ausrüstung und hielt ein Schießtraining ab. Zugleich setzte sie laut Bundesanwaltschaft verstärkt auf den Aufbau bundesweiter, flächendeckend operierender bewaffneter Kräfte. Zudem sah sich die Vereinigung in der Verantwortung, nach dem Umsturz für eine politische Neugestaltung Deutschlands zu sorgen. Ihren Mitgliedern sei bewusst gewesen, dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre. Unter den Vereinigungsmitgliedern habe es als sicher gegolten, dass es bald zu einem Einschreiten einer „Allianz“ in Deutschland kommen würde.

Angegliedert an einen „Rat“ war der „militärische Arm“. Diesem Teil der Vereinigung oblag es, die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchzusetzen. Bewerkstelligt werden sollte dies über ein bereits im Aufbau befindliches deutschlandweites System von insgesamt 286 militärisch organisierten Verbänden, sogenannten Heimatschutzkompanien.

Der „militärische Arm“ verfügte über einen Führungsstab, der sich unter anderem mit der Rekrutierung neuer Mitglieder, der Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, dem Aufbau einer abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur sowie Plänen für die künftige Unterbringung und Verpflegung der „Heimatschutzkompanien“ befasste.

Auf Geheiß des „militärischen Arms“ fanden diverse Rekrutierungsveranstaltungen statt, bei denen es vor allem darum ging, aktive oder ehemalige Angehörige von Bundeswehr und Polizei für die Vereinigung anzuwerben.

Die Vereinigung verfügte über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500 000 Euro. Sie hatte Zugriff auf ein massives Waffenarsenal, bestehend aus rund 380 Schusswaffen, beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen und fast 500 weiteren Waffen- sowie mindestens 148 000 Munitionsteilen. Ihre Mitglieder schafften zudem eine Vielzahl sonstiger militärischer Ausrüstung an, darunter schusssichere Westen, Nacht-sichtgeräte und Handfesseln.

Für die am 21. Mai beginnende Verhandlung hat der 8. Strafsenat des Oberlandesgerichts bereits jetzt 48 Verhandlungstage bis in den Januar 2025 anberaumt. Ursprünglich waren in Frankfurt zehn Personen angeklagt, eine sei mittlerweile verstorben, teilte das Gericht am Dienstag mit.

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