E-Rechnungsplattform - 29. August 2024

„Hier steht der Netzwerkgedanke an oberster Stelle“

Im März 2024 hat DATEV die Übernahme des Unternehmens b4value.net bekannt gegeben. Seit Juni ist Jens Fiege dort als Geschäftsführer tätig. Im Interview erläutert er, was das Unternehmen so interessant für die Genossenschaft macht, wie sich die Zusammenarbeit gestaltet, wie die Marktaussichten für die gemeinsamen Entwicklungen rund um die E-Rechnungsplattform sind und wie sich die DATEV-Tochter langfristig weiterentwickeln wird.

Das Interview führte Benedikt Leder

DATEV magazin: Was macht die Expertise von b4value.net so wertvoll für DATEV, sodass die Genossenschaft das Unternehmen erworben hat?
JENS FIEGE: Mit der Beteiligung hat sich DATEV zunächst einmal den Zugang zu wichtiger Plattformtechnologie und zu einem wachsenden Netzwerk im Bereich des elektronischen Daten- und Dokumentenaustauschs gesichert. Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden E-Rechnungspflicht in Deutschland und der Meldesysteme für die Umsatzsteuer, die in den kommenden Jahren in den europäischen Mitgliedstaaten etabliert werden, ist beides sehr wertvoll. Die Digitalisierung von Rechnungen war schon die Gründungsidee von b4value.net, damit beschäftigt man sich hier schon seit 20 Jahren. Dementsprechend sind wir da im Moment technologisch in der Poleposition und können die Anforderungen der E-Rechnung leicht abdecken. Dass die Beteiligung eine gute Entscheidung war, zeigt sich übrigens auch daran, dass DATEV nicht der einzige Interessent war und wir auch heute noch Angebote von Unternehmen bekommen, die sich gerne beteiligen würden.

b4value.net bleibt ein eigenständig am Markt auftretendes Unternehmen, gleichzeitig wird es enger in die Entwicklungen von DATEV im E-Rechnungsumfeld einbezogen. Ist das eine natürliche Symbiose oder doch eher ein Spagat?
Bei b4 steht der Netzwerk- und Plattformgedanke an oberster Stelle. Dahinter steht die Überzeugung, dass man etwas so Großes nicht allein stemmen kann. Im TRAFFIQX® Netzwerk gibt es verschiedene Provider, zu denen auch DATEV schon lange zählt. Die Zusammenarbeit mit DATEV in Sachen E-Rechnungsplattform ist zu beiderseitigem Nutzen, denn die Funktionalitäten, die wir dabei schaffen, entwickeln die gesamte Basistechnologie weiter. Das kommt letztlich allen Produktlinien bei b4value.net zugute und dient damit auch allen Providern im Netzwerk. Insofern trifft es der Ausdruck Symbiose schon recht gut.

Sie sind seit Juni Geschäftsführer dort. Wie definieren Sie Ihre Rolle und wie funktioniert das Zusammenspiel mit den weiteren Geschäftsführern?
In der Anfangszeit habe ich mich scherzhaft als Azubi im Chefsessel bezeichnet, so viel Neues kam auf mich zu. Aber das Team hat mir den Einstieg leicht gemacht und mich bei allen Fragen und Themen sehr gut unterstützt. Auch die Zusammenarbeit mit den Geschäftsführerkollegen gestaltete sich sehr unkompliziert und war von Beginn an von sehr hohem Vertrauen geprägt. Die beiden sind ja gleichzeitig auch die Gründer von b4, und es ist ihnen sehr wichtig, dass die Zukunft des Unternehmens und natürlich auch der Beschäftigten hier langfristig gesichert ist.

Welche Ziele haben Sie sich gesteckt und auch schon erreicht?
Mein Ziel war es, zunächst das Unternehmen kennenzulernen und den Netzwerkgedanken zu verinnerlichen. Darüber hinaus habe ich mich an der ein oder anderen Stelle schon mit eigenen Ideen eingebracht. Nahziel für uns ist natürlich die E-Rechnung. Der 1. Januar 2025 ist ein wichtiges Datum für uns. Bis dahin müssen wir den Empfang der E-Rechnung großflächig gewährleisten. Die nächste große Etappe kommt dann 2027 beziehungsweise 2028, wenn alle Unternehmen sukzessive auch E-Rechnungen versenden müssen. Wir sind darauf eingestellt und wollen möglichst viele Kunden für unsere Lösungen begeistern – sowohl für die DATEV E-Rechnungsplattform als auch für das TRAFFIQX® Netzwerk. E-Rechnungen sind dem Gründungsgedanken von b4value.net immanent und seit 20 Jahren bedienen wir die Innovatoren und Early Adopters in diesem Segment der Digitalisierung. Unsere Kundenbasis besteht also aus Unternehmen, die den elektronischen Rechnungsaustausch bereits als prozessualen und auch finanziellen Vorteil für sich erkannt haben. Durch die gesetzliche Pflicht müssen nun alle anderen Unternehmen nachziehen und brauchen eine Lösung. Derzeit haben wir rund 130.000 Unternehmen als registrierte Teilnehmer im TRAFFIQX® Netzwerk, das Potenzial durch die E-Rechnung liegt bei zwei bis zweieinhalb Millionen.

Dieses Potenzial teilt sich aber auf viele Anbieter auf, oder nicht?
Wir sehen zwar gerade neue Marktbegleiter auftreten, aber die haben eher den Fokus auf größeres Projektgeschäft. Und sie haben technologisch noch eine ganz große Lücke zu schließen. Für uns liegt die Herausforderung eher darin, unsere Plattform so auszubauen, dass wir schnell sehr, sehr viele Unternehmen anbinden können. Wir müssen also auf der einen Seite Angebote schaffen, die auch für die kleinen Unternehmen passen, also schlank, kostengünstig und schnell zu integrieren sind. Auf der anderen Seite müssen wir uns selbst prozessual weiterentwickeln, um möglichst schnell neue Kunden ins Netzwerk aufnehmen zu können. Bei beidem sind wir schon auf einem sehr guten Weg.

Wie wird sich b4value.net in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Der Netzwerkgedanke steht im Zentrum aller Überlegungen bei b4value.net, deshalb ist unser wichtigstes Ziel, dass das Netzwerk weiter wächst. Wir werden es durch die Aufnahme zusätzlicher Provider weiter stärken. Da gibt es bereits Anfragen entsprechender Anbieter. Und wenn wir das Thema E-Rechnung gerockt haben, werden wir uns auf jeden Fall mit weiteren Daten- und Dokumentarten beschäftigen. Neben Rechnung und Gutschrift sollen auch Bestellungen, Lieferavise und ähnliche Dokumente, die heute noch überwiegend papierhaft auftreten, über unsere Plattform ausgetauscht werden. Wir sind sicher, dass wir mehr und mehr Kunden und sehr viel mehr Transaktionen auf das Netzwerk bekommen, sodass wir auch ganz neue Services anbieten können. Wie für die Digitalisierung im Mittelstand ist die E-Rechnungspflicht auch für das TRAFFIQX® Netzwerk ein Booster und eine Bestätigung der Idee, die vor 20 Jahren zur Gründung von b4 geführt hat. Und die Entwicklung wird nicht an den Grenzen Europas enden. Im Prinzip sind wir auch für Provider aus weiteren Ländern offen.

Was hat Sie gereizt, die Geschäftsführung von b4 zu übernehmen, und welche früheren Erfahrungen helfen Ihnen in dieser Position?
Mich hat zunächst das Thema gereizt, weil es als Digitalisierungsbeschleuniger so wichtig für die zukünftige Entwicklung in Deutschland und in Europa ist. Für mich persönlich ist es eine großartige Chance, mich mit den neuen Aufgaben selbst weiterzuentwickeln und dazuzulernen. Die dazu nötige Abwechslung habe ich auch bei DATEV schon geschätzt. Dort war ich zunächst viele Jahre im Außendienst, später habe ich intern ein Projekt im Finanzbereich geleitet, in dem wir SAP eingeführt haben, und zuletzt war ich Product Owner in der Internen IT bei DATEV. Da ist die Geschäftsführung eines Unternehmens noch einmal eine faszinierende neue Aufgabe. Und hier im Team macht der Job zudem noch richtig viel Spaß.

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Mit dem TRAFFIQX® Netzwerk betreibt b4value.net eine etablierte und bewährte Plattform für den sicheren elektronischen Dokumenten- und Datenaustausch im europäischen Raum.

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Benedikt Leder

Redaktion DATEV magazin

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