Jan­ko Ferk: Mit dem Blei­stift in der Hand

Janko Ferk: Mit dem Bleistift in der Hand

Jan­ko Ferk: Mit dem Blei­stift in der Hand

Der Kärnt­ner Jan­ko Ferk ist ein Tau­send­sas­sa: Rich­ter (im Ru­he­stand), Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­ler mit Schwer­punkt Franz Kaf­ka, Über­set­zer, In­itia­tor ei­nes Le­xi­kons Kärnt­ner slo­we­ni­scher Li­te­ra­tur, Au­tor von Sach­bü­chern Rei­se­füh­rern, No­vel­len, Ro­ma­nen, Es­says und Li­te­ra­tur­kri­ti­ken. Letz­te­re wer­den in un­re­gel­mä­ssi­gen Ab­stän­den in ei­ner Art Sam­mel­band im LIT-Ver­lag zu­sam­men­ge­fasst. Durch den Ti­tel Mit dem Blei­stift in der Hand (ein Hand­ke-Zi­tat) wur­de ich auf den drit­ten, ak­tu­el­len Band sei­ner Re­zen­si­ons­samm­lung auf­merk­sam, der ins­ge­samt 33 Kri­ti­ken von 2018 bis 2021 so­wie zwei Ori­gi­nal­bei­trä­ge ent­hält.

Ferks Tex­te er­schei­nen haupt­säch­lich in öster­rei­chi­schen Me­di­en, ins­be­son­de­re sind hier die »Wie­ner Zei­tung«, »Die Pres­se« und das »Li­te­ra­tur­haus« aus Wien zu nen­nen, wo­bei im Nach­weis des Buchs lei­der der Web­sei­ten-Um­zug des Li­te­ra­tur­hau­ses nicht be­rück­sich­tigt wur­de. Die Kri­ti­ken ha­ben fast al­le »zei­tungs­ge­rech­tes« Kurz­for­mat, sel­ten sind es mehr als drei Sei­ten. Er­staun­li­cher­wei­se fin­det sich trotz­dem noch ge­nü­gend Platz für die gen­der­ge­mä­ße Dop­pel­nen­nung; mein Fa­vo­rit: »Nicht­kärnt­ne­rin­nen und Nicht­kärnt­ner.« Die Be­schäf­ti­gung mit dem Rechts­an­walt, Schrift­stel­ler und Do­zen­ten Al­fred Jo­han­nes Noll fällt aus­führ­li­cher aus, wo­bei es hier auch um fünf Wer­ke geht, die Ferk hym­nisch fei­ert (und zu­gibt, ei­nes der Bü­cher nur quer­ge­le­sen zu ha­ben).

Fünf Tex­te be­schäf­ti­gen sich di­rekt oder in­di­rekt mit Franz Kaf­ka, was nicht ganz ver­wun­dert, gilt doch Ferk als »Kaf­ko­lo­ge« von Rang. Hier ist er in sei­nem Ele­ment, por­trai­tiert grif­fig Ma­ria-Lui­sa Ca­pu­to-Mayrs Ver­dien­ste um die Kaf­ka-For­schung, spürt den Kaf­ka-Schwe­stern nach, kri­ti­siert die im Sam­mel­band von Orth­mann und Schul­ler »an den Haa­ren her­bei­ge­zo­ge­nen« Auf­sät­ze und be­merkt süf­fi­sant, dass in Rei­ner Stachs Kaf­ka von Tag zu Tag ein Hin­weis auf die ähn­lich ge­la­ger­te Chro­nik von Chris Bez­zel aus dem Jahr 1975 fehlt. Zur ju­ri­sti­schen Fra­ge, wem denn nun Kaf­kas Nach­lass ge­hö­re, po­si­tio­niert sich der Ferk ein­deu­tig (was für ei­nen Ju­ri­sten be­mer­kens­wert ist).

Na­tür­lich schreibt der »Kunst­rich­ter« (Selbst­be­zeich­nung) auch zu Tho­mas Bern­hard wie et­wa über das Fab­jan-Buch (das er sprach­lich als un­ge­schickt kri­ti­siert) oder den Mahler-Co­mic und auch die letz­ten Hand­ke-Schöp­fun­gen, in de­nen er ei­ne Rück­kehr Hand­kes in den Stif­ter­schen »De­tail­rea­lis­mus« lobt, wer­den ge­streift. Und Karl-Mar­kus Gauß wird als »ei­ner der we­ni­gen In­tel­lek­tu­el­len Öster­reichs« vor­ge­stellt. Un­ver­kenn­bar ist die Nei­gung Ferks, sich ju­ri­sti­sche Pro­sa vor­zu­neh­men. Po­si­tiv steht er Ly­dia Misch­kul­nigs Die Rich­te­rin ge­gen­über. Pech hat Bern­hard Schlink, des­sen er­stes Thea­ter­stück 20. Ju­li aus sprach­li­chen Grün­den her­aus gran­di­os durch­fällt. Auch zwei Sach­bü­cher von Her­bert Lack­ner über Dich­ter und Den­ker vor und wäh­rend der NS-Bar­ba­rei wer­den be­spro­chen.

Der Mehr­wert die­ses Bands liegt je­doch in den zahl­rei­chen, im deut­schen Feuil­le­ton un­be­kann­ten Au­toren, zu­meist Kärnt­ner Her­kunft, de­ren Bü­cher in klei­nen Ver­la­gen er­schei­nen (da ist die Be­spre­chung über Däm­mer und Auf­ruhr vom »Mei­ster­er­zäh­ler« Bo­do Kirch­hoff ei­ne Aus­nah­me).

Ferks Tex­te er­zeu­gen Le­se­lust, zum Bei­spiel auf die »lang­sa­men« Ge­schich­ten von Pe­tra Gangl­bau­er. Er preist Ge­rald Eschen­au­er, den Be­schimpf­er und »Chro­ni­sten der lau­fen­den Kärnt­ner Er­eig­nis­se«. Man be­kommt Lust, et­was von dem »Mei­ster der Klein­kunst« Ger­hard Jasch­ke oder der »See­le Un­ter­kärn­tens«, Hu­go Ram­nek, zu le­sen. Man wird auf die zwölf­bän­di­ge Ge­samt­aus­ga­be von Pe­ter Tur­ri­nis »Au­toren­zwil­ling« Wil­helm Pe­vey (5.018 Sei­ten) und den »ly­ri­schen For­dis­mus« ei­nes Her­bert J. Wim­mer auf­merk­sam. Ferk fei­ert Alo­is Brand­stet­ters »pro­fa­ne Ge­ne­ral­beich­te« Le­bens­rei­se, zwei »Wie­der­ent­deckun­gen« des Kla­gen­fur­ter Ger­ma­ni­sten Pri­mus-Heinz Ku­cher (Ar­thur Rundts Ma­ry­lin und Fritz Ro­sen­felds Jo­han­na) und lobt Man­fred Rum­pls Schwar­zer Jas­min, als sein »reif­stes Buch«. Ir­gend­wann hat man Jan­ko Ferk ver­stan­den: Wenn er über Rumpl schreibt, er sei ein »fer­ti­ger Schrift­stel­ler« ist das we­der Iro­nie noch Be­lei­di­gung.

Manch­mal knirscht es ein biss­chen, et­wa wenn es heißt, das Ge­rald Eschen­au­er »kein lang­wei­len­der, son­dern ein span­nen­der Au­tor« sei, oder ein Buch »zum Ver­schlin­gen ein­lädt«. Pe­ter Ros­ei »schreibt viel auf, weil er viel weiß«. Und das Kon­zept, die ein­sti­gen Tex­te (ver­mut­lich) un­be­ar­bei­tet zu über­neh­men, hat dann Schwä­chen, wenn, wie bei drei Be­spre­chun­gen zu Bü­chern von Rai­ner Rei­nisch die­se di­rekt hin­ter­ein­an­der ab­ge­druckt wer­den; dar­un­ter der kür­ze­ste im Buch von nur ei­ner hal­ben Sei­te. Hier wä­re es sinn­voll ge­we­sen, die Ein­drücke neu zu­sam­men­zu­fas­sen. Al­les in al­lem sind das aber eher läss­li­che Klei­nig­kei­ten. Zu­meist sprü­hen Jan­ko Ferks Bei­trä­ge vor Eu­pho­rie und Lei­den­schaft für das Ge­le­se­ne. Und man be­kommt wie ne­ben­bei die gro­ße Brei­te der öster­rei­chi­schen Li­te­ra­tur ab­seits des Groß­feuil­le­tons ge­zeigt.

Kommentar abgeben:

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Required fields are marked *