FAQ - Handhabung von Prüfpräparaten (GCP)
Welche Anforderungen werden an die Temperaturkontrolle für die Lagerung von Prüfpräparaten am Prüfzentrum gestellt?
Für die Lagerung von Prüfpräparaten wird eine dokumentierte Temperaturverlaufskontrolle erwartet. Diese dient als Nachweis für die regelmäßige Überprüfung der Übereinstimmung der Temperaturbedingungen für die Prüfpräparate mit den Vorgaben. Lagertemperaturanforderungen sind gemäß ICH GCP Art. 5.13.2 vom Sponsor festzulegen bzw. bei Verwendung zugelassener Arzneimittel als Prüfpräparate der Kennzeichnung des Arzneimittels bzw. der Fachinformation zu entnehmen.
Möglichkeiten der Temperaturverlaufskontrolle:
Eine dokumentierte Temperaturverlaufskontrolle kann die Führung eines Temperaturprotokolle (Eintragung der abgelesenen Min/Max Temperaturwerte in ein Dokument) aber auch die regelmäßige und dokumentierte Kontrolle eines zentralen Temperaturüberwachungssystems (kontinuierliche Temperaturschreiber, zentral gesteuerte Temperaturaufzeichnungen etc.) bedeuten.
- Min/Max Thermometer (Flüssigkeit oder elektronisch, regelmäßig kalibriert)
- Temperaturraumüberwachung mittels Temperaturfühler (zentrale Temperaturüberwachung etc.)
Die Wahl des Thermometers richtet sich nach den Lagertemperaturanforderungen und der Empfindlichkeit (Stabilitätsdaten) des Prüfpräparates (Risikoanalyse!).
Ablesefrequenz/Aufzeichnungen:
Die Ablesefrequenz des Thermometers und die Aufzeichnung der abgelesenen Temperaturwerte (Min/Max, Zeitraum) sollte sich nach den Lagerbedingungen am Lagerort (Temperaturschwankungen, Klimatisierung, etc.) und den Lagertemperaturanforderungen und der Empfindlichkeit (Stabilitätsdaten) des Prüfpräparates richten (Risikoanalyse!).
Die Ablesefrequenz soll so festgelegt sein, dass im Falle einer Abweichung zeitgerecht entsprechende Maßnahmen (Sperre der Ware, Re-Analyse, etc.) vorgenommen werden können.
Anforderung an Temperaturaufzeichnungsprotokolle:
Temperaturaufzeichnungsprotokolle müssen einen Verweis/Bezug zum Messort und zum verwendeten Temperaturmessgerät aufweisen.
Überlegungen bei der Lagerung besonders temperaturempfindlicher Prüfpräparate:
Die Lagertemperaturen in Kühlgeräten können in Abhängigkeit vom Lagerort im Kühlgerät und vom Füllzustand des Gerätes Schwankungen unterliegen. Eine Qualifizierung des Gerätes soll durchgeführt werden. Bei besonders temperaturempfindlichen Prüfpräparaten kann eine Temperaturverlaufskontrolle (Min/Max Ablesung) vor jeder Ausgabe von Prüfpräparaten an Patienten sinnvoll sein.
Referenzen:
§ 36 Abs. 7 AMG
ICH GCP, Art. 2.12
Welche Anforderungen werden an den Versand von Prüfpräparaten gestellt?
Der Sponsor hat gemäß ICH GCP Art. 5.14.5a Maßnahmen zu ergreifen, um die Stabilität des/der Prüfpräparate(s) während des Verwendungszeitraums sicherzustellen. Dies schließt den Transport von Prüfpräparaten mit ein.
Prüfpräparate sind grundsätzlich entsprechend der im Investigational Medicinal Product Dossier (IMPD) spezifizierten und auf der Etikettierung angegebenen Lagertemperatur zu transportieren. Um die Einhaltung der Lagertemperatur während des Transportes zu gewährleisten hat ein temperaturkontrollierter bzw. validierter Transport (mit qualifizierten Transportmitteln, Transportverpackungen) risikobasiert auf Grundlage eines Qualitätsrisikomanagements zu erfolgen. Hierbei sind u.a. vorhandene Stabilitätsdaten individuell hinsichtlich der Empfindlichkeit des Wirkstoffes/Prüfpräparates zu berücksichtigen. Ein pauschaler Verweis auf Stabilitätsdaten ist kein Ersatz für einen temperaturkontrollierten bzw. validierten Transport.
Möglichkeiten der Temperaturverlaufskontrolle sind unter FAQ 1 „Welche Anforderungen werden an die Temperaturkontrolle für die Lagerung von Prüfpräparaten am Prüfzentrum gestellt?“ dargestellt.
Referenzen:
- § 30 AMBO 2009
- Questions and Answers from the EMA GDP/GMP IWG - EU GMP guide annexes: Supplementary requirements: Annex 13, Question No. 6. What measures should be taken to ensure that the IMPs are kept under suitable conditions during transportation between the manufacturer or distributor and the investigator sites?
Welche Anforderungen bestehen bezüglich Drug Accountability?
Der Zweck der Drug Accountability ist die kontinuierliche Übersicht/Bilanzierung der Prüfmedikation.
Gemäß ICH GCP Art. 4.6.3. ist zuzüglich zur Lieferdokumentation, zu probandenspezifischen Accountability Logs und Retournierungsdokumentation auch eine Inventaraufzeichnung gefordert. GCP führt explizit eine Auflistung dieser nötigen Dokumente an. Unter Inventar ist ein genaues und ausführliches Bestandsverzeichnis zu verstehen, das zu jedem Zeitpunkt im Verlauf der Studie einen Überblick über erhaltene und verwendete Prüfmedikation gibt, und aus der ersichtlich ist, welche und wie viel Medikation zu einem bestimmten Zeitpunkt am Zentrum vorliegt.
Das Vorliegen lediglich der Ausgaben pro Patient (per Patient Accountability) ist nicht ausreichend. Die Accountability am Prüfzentrum liegt in der Verantwortung des Prüfers (ICH GCP Art. 4.6.1.) und ist vom Monitor zu verifizieren (ICH GCP Art. 5.18.4)
Ist es gemäß österreichischer Gesetzeslage erlaubt Restmedikationen, ungebrauchte Studienmedikationen und leere Medikationsbehältnisse direkt am Prüfzentrum zu vernichten? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?
Generell sollte die Vernichtung von Prüfmedikation am Prüfzentrum auf Ausnahmefälle (Beseitigung unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen um Gefahren für Gesundheit nicht betroffener Personen und Umwelt zu vermeiden) aus folgenden Überlegungen beschränkt sein:
AMG § 36 (7) gibt an: Der Prüfer hat […] nicht verwendete Prüfpräparate dem Sponsor zurückzustellen.
Jedoch sind durch GCP Art. 2.12 und die AMBO 2009 § 1(4) und § 2(8) die GMP-Grundsätze und Leitlinien inklusive Anhänge (u. a. auch Annex 13) der Europäischen Kommission zur Auslegung heranzuziehen:
Annex 13 Art. Destruction 53-55: Gemäß GMP Annex 13 liegt die Vernichtung der Prüfmedikation in der Verantwortung des Sponsors. Demgemäß kann die Vernichtung von Prüfmedikation am Prüfzentrum nur nach Autorisierung durch den Sponsor, nach Verifizierung aller entsprechenden Erfordernisse (z.B. Drug Accountability...), erfolgen. Die Vernichtung selbst muss detailliert dokumentiert werden und diese Information dem Sponsor zur Verfügung gestellt werden".
Aus der Verantwortung des Sponsors abgeleitet, kommen bei der Umsetzung auch die Bestimmungen für Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung AMG § 47 und ICH GCP Art. 2.13 zur Anwendung. Dazu gehört u. a., dass der Sponsor ausführliche schriftliche Vernichtungsprozedurbeschreibungen des Zentrums VOR Genehmigung einer Vernichtung am Zentrum einholt und die Vernichtung am Zentrum anhand dieser Beschreibungen autorisiert.
Was sind die Anforderungen an elektronische Datenlogger beim Überwachen, Aufzeichnen und Auslesen der Temperatur während des Transports der Prüfpräparate?
Temperaturdatenlogger müssen die Möglichkeit bieten, die Temperatur-Daten auszulesen, ohne dass eine nicht nachvollziehbare Manipulationsmöglichkeit folgender Daten besteht:
- Model und Nummer des Tempteraturdatenloggers (Zweifelsfreie und unveränderliche Nachverfolgbarkeit der Messdaten zum Messgerät)
- Messzeitpunkte (Datum, Uhrzeit)
- gemessener Temperaturverlauf
Sicherzustellen ist darüber hinaus die dauernde Rückführbarkeit der Richtigkeit der Messungen (über Kalibrierzertifikate). Es sollte hinsichtlich der Datenqualität unerheblich sein, ob der Temperaturdatenlogger physisch (noch) existiert. Ist dies nicht der Fall, ist seine Aufbewahrung unerheblich.
Grundsätzlich gilt daher: Der Prozess des Auslesens der Daten ist zu validieren. Die entsprechende technische Dokumentation des Herstellers muss alle GCP Anforderungen abdecken. Ist die Änderbarkeit von Daten aufgrund des Dateiformats von vornherein gegeben, ist dieser Aspekt bei der Prozessvalidierung zu berücksichtigen.
Ist der Versand von Prüfmedikation direkt an Teilnehmer einer klinischen Prüfung durch Sponsor und/oder Prüfzentrum erlaubt?
Nein, dies ist nicht gestattet. Prüfmedikation darf weder vom Hersteller/Depositeur/Arzneimittelgroßhändler noch vom Prüfer/Prüfzentrum direkt an Studienteilnehmer versendet werden. Beim Versand von Arzneimitteln an Verbraucher handelt es sich um Fernabsatz, der gemäß § 59 AMG öffentlichen Apotheken in Österreich und entsprechend befugten Apotheken im EWR vorbehalten ist.
Es ist jedoch zulässig, dass der Hersteller/Depositeur/ Arzneimittelgroßhändler auf Anforderung eines Prüfarztes die Prüfpräparate für einen bestimmten Studienteilnehmer an eine, für diesen Patienten erreichbare Apotheke sendet. Die Apotheke gibt dann die Prüfpräparate vor Ort an den Studienteilnehmer ab.
Prüfpräparate, bei denen es sich um in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten handelt (z.B. für Klinische Prüfungen der Phase IV), können von öffentlichen Apotheken in Österreich bzw. von zum Fernabsatz befugte Apotheken anderer EWR Mitgliedsstaaten auf Anordnung des Prüfarztes direkt an Studienteilnehmer versendet werden.
Die GMDP- und GCP-Anforderungen an Versand und Lagerung von Prüfpräparate sind jedenfalls zu berücksichtigen.
Besteht für den Sponsor einer Klinischen Prüfungen die Verpflichtung, die Prüfpräparate zur Verfügung zu stellen, wenn es sich um Standardtherapien am Prüfzentrum handelt, die üblicherweise der Sozialversicherungsträger oder das Haus übernehmen würden?
Der Sponsor gemäß § 32 Abs. 3 AMG idgF hat dafür zu sorgen, dass weder den Prüfungsteilnehmern noch den österreichischen Sozialversicherungsträgern aus der Bereitstellung des Prüfpräparats Kosten entstehen.
Die Definition des Prüfpräparats gemäß § 2a Abs. 14 AMG idgF schließt Prüfpräparate in der Phase IV (i.e. zugelassen und im Rahmen der Zulassung angewendet) und Referenzprodukte (i.e. Arzneimittel in Vergleichsarmen) mit ein.
Der Prüfer kann jedoch gemäß den Vorgaben des § 32 Abs.3 AMG idgF Z 1-4 die zahlende Stelle um Kostenübernahme ersuchen. Aus Dokumentations/GCP Perspektive muss der Sponsor in diesem Fall belegen, dass der Zahler der Kostenübernahme (im Einzelfall oder kollektiv) zugestimmt hat, nachdem er vorher entsprechend informiert wurde.