Frithjof StraußThemen von Semen
Begriffe denken und dehnen"Zwischen Text und Bild" — intuitiv ist klar, um welchen Gegenstandsbereich es geht: das Aufeinandertreffen von sprachlichen künstlichen mit visuellen ikonischen künstlichen Zeichen und die Bedeutungseffekte, die die Begegnung beider Zeichensysteme im Interpreten hervorruft. Leider sind >Text< und >Bild< dehnbare Begriffe in der Sprache der Forschung. Nicht erst seit dem Poststrukturalismus, doch entscheidend durch diesen verursacht. Im Extremfall können beide Wörter für die mentale Aktivität überhaupt stehen. Manche Autoren meinen mit >Text< sämtliches in-Relation-zueinander-Setzen / Stehen von Semen, und klagen: "Wir kommen niemals aus dem Text heraus!" Andere setzen >Bild< mit dem Resultat von Kognition gleich und werden auch nicht froh: "Niemals können wir unser trügerisches Bild von der Welt vermeiden!" Das >Bild< kann eine Brille sein, eine, die man dann noch nicht einmal mehr ablegen kann. Zusätzlich erschwert die Umgangssprache mit einladenden Synästhesien und Metaphern wie >bildliche Bedeutung<, >Bildersprache<, >mit Worten malen< oder >Denkbild< die wissenschaftliche Kommunikation. Um die veruneindeutigenden Begriffsdehnungen im You-know-what-I-mean-Duktus zu vermeiden, wäre die konsequente Anwendung einer semiotischen Metasprache ein gute Lösung. Und sei es, um nicht von den letzten Dingen zu ontologisieren, wenn es doch zunächst um Texte und Bilder — und hier brauchen keine Anführungszeichen mehr zu stehen —, um künstliche Repräsentamina außerhalb des Kopfes geht. Im ZigarrenladenDie meisten Autoren des vorliegenden Aufsatzbandes bedienen sich zwar nicht einer semiotischen Terminologie, interessieren sich aber nichtsdestoweniger für semiotische Fragestellungen, für die Bedeutungsprozesse beim Aufeinandertreffen der sprachlichen und bildlichen Zeichenordnung. Das Buch entstand im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts "Nordbildtext" am Institut für Nordische Philologie an der Universität München, in dem man Beziehungen der skandinavischen Literatur der Moderne zur Bildkunst untersucht. Innerhalb der deutschsprachigen Skandinavistik mit ihrem Trend, Identitäten-Konstruiertheiten aufzuzeigen, kann dieses Projekt durch seine im weiten Sinne ästhetische Ausrichtung die kulturwissenschaftliche Forschung zu einer wünschenswerten, stärker zeichentheoretisch gestützten Reflexion von Bedeutungsbildungen anregen. Mitherausgeberin Annegret Heitmann liefert dafür im Einleitungsartikel ein gutes Beispiel mit der Analyse und Interpretation von Hjalmar Söderbergs Kurzgeschichte "Die Tuschzeichnung" (1898). Der Ich-Erzähler berichtet von einem Zigarrenkauf in einer Zeit, als er "noch über den Sinn des Lebens nachdachte". Im Tabakladen zeigt er der Verkäuferin spontan eine Tuschzeichnung, die er zufällig dabei hat, und die eine Landschaft darstellt. Er selbst fällt über das Kunstwerk lediglich das Urteil, daß es ihm "schön" erscheine. Die Verkäuferin vermutet nun über die gezeichnete Landschaft hinaus eine "tiefere", nicht visuell offensichtliche Bedeutung des Bildes und wird ungehalten, als ihr der Kunde diese nicht nennen kann. Sie dreht und wendet die Zeichnung, hält sie gegen das Licht. Heftig erregt fühlt sie sich als armes ungebildetes Mädchen verspottet. Kunst, hier vom Kunden zur Kontaktaufnahme eingesetzt, baut ganz entgegen der Funktionalisierungsabsicht eine "zwischenmenschliche Barriere" (S.14) auf, weil nicht klar ist, welcher Semiosemodus auf sie angewendet sein soll — der ikonische, der indexikalische oder der symbolische. Auch auf der Rahmenebene stellt sich die Frage nach dem Semiosemodus, denn wenn die Erzählerfigur über "den Sinn des Lebens" nachdenkt, dann begreift sie das "Leben" nicht als dinglichen Sachverhalt, sondern als Zeichenvehikel, als Repräsentamen. Die Zigarre und die Zeichnung erfüllen im Gegensatz dazu für den Fin-de-siècle-Ästhetizisten die ähnliche Funktion als Genußmittel, hübsche Dinger ohne Referenz. Was nicht ausschließt, daß sie beide gleichzeitig als Markierungen des gehobenen Lebensstils semantisiert werden. Heitmann spricht hier von der Zeichnung als "symbolischem Zeichen für Schönheit" (S.14) für den Erzähler. So geht es in der Geschichte mit ihren vielen Homologien, zentral vorgeführt an der "ikonischen Differenz" (Boehm) der Zeichnung, um den Konflikt zwischen dem Präsenten und dem (fakultativ) Repräsentierten in Leben und Kunst. Heitmann: "Die kurze Erzählung kann also im Rekurs auf ein — in diesem Fall unbekanntes und fiktives — Bildkunstwerk die selbstreflexive Dimension eines Textes am Beginn der Moderne zeigen" (S.13). (Angeregt durch die Überlegungen der Autorin habe ich mit den Teilnehmern meiner Einführungsveranstaltung in die Literaturwissenschaft, in denen wir anhand des Söderberg-Textes Peircesche Grundbegriffe erörterten, gute Erfahrungen in Bezug auf Intelligibilität und heuristischen Nutzen der semiotischen Terminologie in der Literaturanalyse gemacht.) Intermedialität und InterartialitätEs ist schwierig, in den versammelten Aufsätzen, zu denen auch fünf nicht-skandinavistische gehören, gemeinsame Ausgangspunkte theoretischer und erkenntnisinteressierter Art festzustellen. Es handelt sich um aufschlußreiche Einzelstudien und Rekapitulationen, die in ihrer Pluralität nicht zwingend in einen Dialog miteinander treten, doch das ist ja nicht unbedingt ein Nachteil. Die in der Einführung vorgestellte interartielle Perspektive ist in den Beiträgen zu einer generell intermedialen ausgeweitet. Zumindest steht aber doch immer dort Interartialität im Vordergrund, wo es um poetologische Implikationen der Bildthematik in Texten geht. Ich will die Aufsätze der Reihe nach ansprechen, wobei ich etwas näher auf diejenigen eingehe, die, über ihre semiotische Perspektive hinaus, auch interdisziplinär kommunikativ geschrieben sind, und deshalb zugänglicher "mit sich reden lassen". Schattenseiten der PhotographieGibt es einen Zusammenhang zwischen dem Aufkommen neuer Medien und dem Zweifel an der Integrität des Subjekts als Thematik der ästhetischen Moderne? Thomas Fechner-Smarsly hat nicht vor, diese Frage zu beantworten, doch läßt er ihr "immer deutlicher erklingendes Echo" (S.21) in seinen kurzweiligen Lektüren skandinavischer Klassiker vernehmen. Im Gedicht "Während der Daguerreotypist ein mißglücktes Porträt abreibt" des norwegischen Journalisten und Literaten Aasmund Olavson Vinje, einem der wenigen literarischen Texte aus dem 19. Jahrhundert, die sich auf Techniken aus der Frühzeit der Photographie beziehen, geht es, wie der Titel sagt, ganz buchstäblich um das Verschwinden einer visuellen Repräsentation des Subjekts — ein mißratenes Lichtbild des lyrischen Ich wird von der Silberplatte gerieben, um sie noch mal verwenden zu können. Das Ich nimmt dies zum Anlaß und sieht seinen Nachruhm nach dem Tod ebenso verschwinden. Fechner-Smarsly kommentiert den Text in Relation zu Spiegel-Symbolik und -Semiotik. Der weite Sprung zu dieser Interpretationsbahn gelingt ihm, indem er die zunächst originaltreu von ihm mit "Mein eigenes Bild, froh wie Gott / schau ich es Zug um Zug" (S.22) übersetzten Anfangszeilen in einer zweiten Zitierung zu "Mein eigenes Antlitz [...] schau ich Zug um Zug" (S.27) verwandelt (norw. "Mit eget billed", Bild!). Dem Aspekt der Dauer der visuellen Repäsentation im fixierten Foto, das man ortsungebunden überliefern kann, wird die bloße situative Reflexion im Spiegel nicht gerecht. Das Foto ist ein Zeichen, es re-präsentiert, das Spiegelbild ist keines, sondern doppelt visuell das sowieso schon Präsente. Auch bei Ibsen findet sich ein Fotomotiv. Er nutzt im Peer Gynt das Verhältnis vom fotografischen Negativ auf der Platte zu dem durch allerlei technische Prozesse entstandenen Positiv im Fotoabzug als Metapher für die Moralität als Mitteilung von Persönlichkeitsdarstellung. Fechner-Smarsly kontextualisiert desweiteren Hans Christian Andersens romantische Erzählung "Der Schatten", in der der Schatten eines Gelehrten (S.34) sich von seinem Verursacher emanzipiert und diesen demütigt, mit dem zeitgenössischen Fotodiskurs. Diese Geschichte sei, "obwohl das Wörtchen Photographie darin nicht vorkommt", lesbar als eine Abschattierung oder ein Abdruck, eine Spur einiger verstreuter Beobachtungen und Gedächtnisbilder, die der Autor seinerseits über die aufkommende Photographie machte. (S.41) Trotz solch verunklärender Metaphernfröhlichkeit liefert Fechner-Smarsly für die Lektüre eine Fülle an Kurzexkursen und Querverweisen zur historischen und aktuellen Medientheorie, deren durchdringendere Applikation auf den Primärtext durchaus erkenntnisversprechend erscheint. Ändert sich mit dem Aufkommen der Photographie in der literarischen Auseinandersetzung mit anthropomorph-ikonischen Zeichen wirklich so spürbar mehr als in den Zeiten davor mit ihren Marmorbildern, steinernen Gästen, Puppen, mechanischen Figuren, Spiegeln, Schatten und Illusionsmalereien? Effektstruktur und StruktureffektEinen Einblick in die Metarhetorik US-amerikanischer Gerichtskultur und deren Reflexion in der deutlich das Rechtssystem prägenden camp-pathetischen Trivialkultur gibt Peter Schneck, der die medienabhängig unterschiedlichen Fassungen ein und derselben Gerichtsszene in Harper Lees "To Kill a Mockingbird" in der Roman- und Filmversion analysiert. Es dreht sich dabei um die Überzeugungsrelevanz visueller Evidenz. Um ein besonderes Beispiel für Ekphrasis geht es in Angelika Redders Aufsatz. Sie weist in einer pragmalinguistisch / sprachpsychologisch gestützten Mikrolektüre der einleitenden Darstellung des Pergamonaltars in Peter Weiß' "Ästhetik des Widerstands" die "Effektstruktur" (S.69) auf, in der die Bildwerkbeschreibung im Sinne "ästhetischen Lernens" (S.83) als eine auf die Aussagesituation fokussierende Bild-Wahrnehmungsbeschreibung funktionalisiert wurde. Annette Weisner resümiert gut nachvollziehbar Techniken, die der Repräsentation von zeitlichen Abläufen und narrativen Strukturen in Bildwerken dienen, und weist diese an Tafelbildern der skandinavischen Moderne nach. Sukzessivität, Temporalität und auf Aktantensemantik basierende Narrativität sind keine an ein bestimmtes Medium gebundene Sinneffekte. Es wäre deshalb wohl nicht unbedingt nötig gewesen, Lessings "Laokoon" aus dem Museum zu holen, und ihn durch moderne Malerei zu widerlegen. Die Wort-Bild-Relationen sind in diesem Aufsatz weniger auf eine zeitlich vor dem Bild gegebene sprachliche Fassung des Bild-Sujets zu beziehen, als vielmehr auf das Verhältnis zwischen Titel und Werk. Die behandelten Gemälde aus Realismus, Impressionismus, Futurismus und Kubismus sind so ausgewählt, daß ihre epochalstilistische Reihung eine Schwerpunktverlagerung von der Narrativität des Sujets zur Narrativität des in der Ausdrucksform indizierten Produktionsaktes nahelegt. Während die Künstler des Realismus ihre narrative Imagination im Arrangement der Aktantenfiguren des Themas verwirklichen (vgl. den >fruchtbaren Augenblick<, der Vor- und Nachgeschichte im Kampf um eine stabile symbolische Ordnung in der dargestellten Welt indiziert), sind Künstler in den Zeiten der klassischen Moderne vor allem bestrebt, in der Ausdrucksform Indexzeichen eines Konflikts im Schaffensprozesses ("Kampf" des Produzenten mit dem Material, das "Ringen" um die adäquate Inhaltsform) oder des Rezeptionsprozesses zu erfinden. Das Sujet selbst wird im Laufe der Moderne von menschlichen Handlungsträgern zunehmend entvölkert. Die marxistische Kunstsoziologie hat wohl recht: Die Spur des Machens wird im Kunstwerk zum Fetisch, wo sie in der Warenform der Industriegesellschaft verschwunden ist. RahmensprengungenJoachim Schiedermairs nach Levinas' gefaßte "Idolatriekritik" setzt schöpferisch überlegend eine Textstelle aus Balzacs Sarrasine, in der es um die idealistische Kunstauffassung des bildhauernden Titelhelden geht, und die All-Schau-Episode aus Dantes "Göttlicher Komödie" in einen Dialog. Der melancholisch ausklingende, moralontologische Aufsatz wendet sich an Leser, die mit dekonstruktivistischen Argumentationsweisen vertraut sind. Eine Fassung dieses Aufsatzes ist online nachzulesen. In balancierter Kombination von Repräsentationsphilosophie, semiotischer Analyse und Textualitätsgeschichte der Zeit um 1800 untersucht Klaus Müller-Willes Beitrag poetologische Funktionen des Text-Bild-Verhältnisses im "Dornrosenbuch" des schwedischen Romanciers Carl Jonas Love Almqvist. Stig Olsen behandelt den Hochstapler Felix Krull als eine "ikonische Existenz" (S. 166). Dessen die Welt als Schein / Traumbild betrachtendes Realitätsverständnis hat auch Konsequenzen für den narrativen discours des Ich-Erzählers (ein Rollenspiel). Wie in mehreren anderen Beiträgen des Bandes verliert auch hier der Bildbegriff seine semiologische Tauglichkeit. Etwa wenn es bzgl. der Erzählinstanz heißt: "Die Schrift ist nicht mehr als die in ihr entworfenen Bilder, sie wird selbst zum Bild" (S. 180). Auf ähnliche Weise opfert übrigens auch Gabriele Brandstetter (s.u.) die Referenz des Textbegriffs, wenn sie en passant schreibt, das Bild sei "ja auch immer Text", da es Geschichten "erzähle" (S. 227). Wo manche modernistische Poetik in feierlicher Larmoyanz das sogenannte Unsagbare "zwischen den Zeilen" anpreist, auf das es eigentlich im Dichtungsverstehen ankäme, da nimmt der Schabernackexperimentator und Happeningkünstler Carl Fredrik Reuterswärd, dessen Schriftbilder / -objekte Hanna Eglinger vorstellt, solche Floskeln wörtlich. Zum Beispiel im Fall seiner "Zwischenbuchstaben": gezeichnete oder plastisch herausgearbeitete Bilder des Zwischenraums zwischen geschriebenen Buchstaben; das Verhältnis Schrift auf Grund wird ins Negative gekippt, die Form der unbeschriebenen Aussparung des beschriebenen Papiers fokussiert. Eglinger zeigt, wie Reuterswärd um diese Art Objekte einen Kommentar entwickelt, der Kafka und Wittgenstein in einen Dialog zueinander setzt. Malblockade und MarskinoKlaus Böldl plädiert aus altnordistischer Perspektive dafür, die aus dem skandinavischen Mittelalter überlieferten literarischen Texte und Bilddenkmäler als gleichberechtigte "Medien des Vergangenheitsbezugs" (S. 205) komplementär zu interpretieren, ohne daß man dabei aber außer Acht läßt, daß ihr voller Informationsgehalt sich vor dem Hintergrund der dominanten oralen Memorialkultur entfaltet. Der Autor exemplifiziert seine Thesen anhand der in Literatur und Bildkunst verarbeiteten Drachenkampfmotivik. In der europäischen Literaturgeschichte gibt es viele Fiktionen über Künstler, die intakte Gemälde schaffen. Gabriele Brandstetter untersucht dagegen solche "Bild-Schreibungen" (S. 225), in denen letzteres mißlingt, da der geschilderte Maler in Ekstase gerät oder sterbenskrank wird, was dann eher zu "Bild-Löschungen" (S. 232) führt. Bei E.T.A. Hoffman und Balzac sprechen beispielsweise die Maler Berklinger und Frenhofer von der Bildformung und deren Sujet statt dieses auch auszuführen. So reflektiert Literatur über ihre eigene Wortkunstphilosophie in der von ihr dargestellten Sprachpraxis der Bildschöpfung. Bewundernswert kultursoziologisch und -semiotisch versiert erörtert Stephan Michael Schröder die Medienreflexion des dänischen Stummfilms "Das Himmelschiff" von 1917, dessen Autor Sophus Micha�lis enttäuscht über die Kino-Realiserung den Stoff als Roman unter gleichem Titel etwas später noch einmal reliteralisierte. Micha�lis in seinen Kommentaren und der von einer Marsreise handelnde Science-Fiction-Film in seiner Handlung propagieren die filmischen Bewegungsbilder als ideales Kommunikationsmittel (zwischen Marsianern und Erdbewohnern), in dem so getan wird, als würden diese Bilder — so paradox das auch klingt — als eine nicht-logomorphe Universalsprache das Gemeinte spiegeln anstatt es zu repräsentieren, und als wären sie auch gar nicht symbolisch codifiziert. Da es um die Illusionskraft des Films "Das Himmelschiff" nun selbst nicht so gut bestellt war, daß man seine Mittelbarkeit hätte vergessen können, erkannte Micha�lis seine grundlegende Fehleinschätzung der Cinematographie und schrieb einen Roman auf Grundlage des Filmsujets. Im Roman wird klar unterschieden zwischen einem irdischen Kino, das für ein kognitiv falsches, vermitteltes Sehen steht, und dem marsianischen >Kino<, einer präsentistischen Bilderspiegelung als Schau des Wahren. Der Roman nimmt der Marsreise nun als Todesvision eines im 1. Weltkrieg sterbenden Soldaten den Realitätsstatus in der erzählten Welt, wodurch die Science-Fiction stärker den Status künstlerischer Phantasiearbeit zugewiesen bekommt. Nach der Enttäuschung über das Filmprojekt postuliert Micha�lis jetzt mit dem Roman (s)eine sprachliche, mittelbar-künstlerische nicht-mimetische Darstellung als erkenntnisschaffend und attestiert dem Kino Kunstunfähigkeit und Verblendung. Stefan Mosters Beitrag bietet unter dem Motto "Das Auge liest mit" eine bunte Revue der verschiedenen Typen des Bezugs von Lyriktexten auf Bilder. Ortrun Rehm schließlich untersucht exemplarisch, wie die Erzählung "Das gemalte Zimmer" der dänischen Hochmodernistin Inger Christensen in ihren Motiven, Figuren und narrativen Konstellationen auf Mantegnas "Camera degli sposi" in Mantua rekurriert und der herrschaftsdemonstrierenden und geschichtsimaginierenden Intention des Freskos einen machtkritischen und metahistoriographischen Gegentext entgegensetzt. Hervorzuheben ist an diesem Aufsatz die gute methodologische Selbstreflektion über die Unmöglichkeit, sich in der Analyse von der Verschränkung von Bild- und Textlektüre zu lösen. ResümeeDie "Funktionalisierung von Bildern in Texten und Kontexten" setzt — das zeigen alle Aufsätze — ein Nachdenken über die Bedingungen von Semiose in Gang, das nicht selten in metapoetischen Überlegungen seinen Ausdruck findet. Leider verfügen nur wenige Beiträge über eine theoretische Konzeption und eine davon abgeleitete Methode, die es ermöglicht, die semiotische Thematik zu analysieren. Für die allgemeine Wort / Bild-Forschung, verstanden als eine kognitionstheoretische, bringt der Band daher kaum eine neue Einsicht. Nun ist es aber auch nicht die primäre Aufgabe von Fachphilologen, die semiotische Modellbildung generell voranzutreiben. Jedoch können sie übersetzen, was die Kunst in dieser Hinsicht vorschlägt. So ist das Buch in erster Linie ein Speicher für Fallstudien, die im Zusammenhang nacheinander zu lesen wegen ihres sehr kleinen gemeinsamen Nenners nicht lohnt: Man muß sich bei jedem Beitrag jedesmal in einer neuen Materiallage orientieren, ohne daß sich der Fragefokus ähnelt. Für die skandinavistische Forschung zumindest eröffnet dieser Band durch seine interdisziplinäre Herangehensweise auf jeden Fall neue — wenn nicht gar entscheidende — Perspektiven und bringt erkenntnisreiche Einzelinterpretationen, die so bisher noch nicht geleistet wurden. Dr. Frithjof Strauß Ins Netz gestellt am 18.12.2001. Update10.01.2002 Copyright © by the author. 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