Sabine Ladstätter, 2017
picturedesk.com/KURIER/Franz Gruber
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Forschung

Archäologin Sabine Ladstätter gestorben

Die Archäologin Sabine Ladstätter, als Wissenschaftlerin des Jahres 2011 ausgezeichnet, ist Montagmittag 55-jährig nach längerer Krankheit gestorben. Die Kärntnerin leitete 14 Jahre lang die Grabungen österreichischer Archäologen in der antiken Stadt Ephesos an der türkischen Ägäis-Küste.

Ladstätter wurde am 22. November 1968 in Klagenfurt geboren, studierte an der Universität Graz Alte Geschichte und Altertumskunde sowie Klassische Archäologie und spezialisierte sich auf Wirtschaftsarchäologie. 1997 dissertierte sie im Fach Klassische Archäologie an der Uni Wien. Von 1987 bis 1998 arbeitete sie bei den Ausgrabungen auf dem Kärntner Hemmaberg mit, ab 1992 als örtliche Grabungsleiterin. Seit 1995 war Ladstätter in Ephesos tätig, wurde stellvertretende Grabungsleiterin, übernahm 2009 die Leitung des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) und 2010 schließlich die Grabungsleitung in Ephesos.

Ladstätters Interesse an ihrem Fach wurde bereits früh geweckt. Bei einem Volksschulausflug zu den Ausgrabungen auf dem Magdalensberg in Kärnten fragte sie ihre Lehrerin, wer denn hier arbeite. Auf die Antwort erwiderte sie: „Archäologen? Das werde ich auch einmal.“ Die auch in Sachen Wissenschaftskommunikation äußerst aktive Forscherin verfolgte daraufhin ihren Weg konsequent.

Wissenschaftliche „Heimstätte“ Ephesos

Schon als Schülerin nahm sie als Praktikantin an mehreren Grabungen teil. Nach dem Studium widmete sie sich der Rekonstruktion von antiker Wirtschaft, Gesellschaft, Handel, Gütertransfer etc. Ihre Dissertation im Fach Klassische Archäologie an der Uni Wien (1997) schrieb die Wissenschaftlerin zum Thema „Von Mediterraneum zur provincia Slaborum“.

Zum Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit wurden neben archäologischen Stätten in ihrem Heimatbundesland – Ladstätter veröffentlichte zum Beispiel im Jahr 2018 das Buch „Die Heilige vom Hemmaberg. Cold Case einer Reliquie“ – die bereits 1895 begonnenen, traditionsreichen österreichischen Grabungen in Ephesos. Ab Mitte der 1990er Jahre arbeitete sie u. a. an Keramikfunden aus dem dortigen „Hanghaus 2“.

Für die Publikation dieser Analysen wurde sie am Institut für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angestellt, dessen stellvertretende Direktorin sie ab 2001 war. 2007 habilitierte sich Ladstätter im Fachbereich Klassische Archäologie zum Thema „Studien zur ephesischen Keramik von späthellenistischer bis spätantiker Zeit“.

Erfolge und Querelen

Ladstätters Zeit als Grabungsleiterin in Ephesos brachte nicht nur neue, vielfach aufsehenerregende Entdeckungen wie etwa die Freilegung eines frühbyzantinische Geschäfts- und Lokalviertels im Jahr 2022 mit sich, sie war auch von Unterbrechungen durch politische Querelen und die Coronavirus-Pandemie geprägt. Da das ÖAI alljährlich um eine Grabungsgenehmigung bei der Antikenverwaltung der Türkei ansuchen muss, wurde die Erteilung der Lizenz mehrmals zum diplomatischen Spielball, und die österreichischen Archäologinnen und Archäologen mussten ihre Tätigkeit in Ephesos einstellen.

Schon rund um ihre Bestellung zur Grabungsleitung musste Ladstätter kämpfen: Nachdem der bereits 2007 gefasste Plan Österreichs zu ihrer Ernennung zunächst auf türkischer Seite auf Widerstand stieß, zog sich das Prozedere über knapp drei Jahre. Die Beharrlichkeit wurde aber schon bald belohnt, als ihr in der Grabungskampagne 2011 einer ihrer schönsten Funde gelang: Völlig unerwartet stieß sie auf dem Areal des Domitianstempels im Zentrum von Ephesos auf ein spätantikes Mosaik. „Erst beim Freiputzen sind dann die figürlichen Darstellungen wie Fische und Fabelwesen aufgetaucht – da schlägt das Herz einfach höher“, sagte Ladstätter damals zur APA.

„Wissenschaftlerin von internationaler Strahlkraft“

Die ÖAW würdigte Ladstätter am Montag in einer Aussendung als „eine brillante österreichische Wissenschaftlerin von internationaler Strahlkraft. Ich habe sie stets als einen Menschen voller Tatendrang erlebt. Sie brannte für ihr Fach, die Archäologie, und hatte die große Gabe, diese Leidenschaft und Begeisterung auch einem breiten, nicht wissenschaftlichen Publikum vermitteln zu können. Mit ihrer Forschung insbesondere in Ephesos hat sie maßgeblich zum weltweiten Ansehen der österreichischen Archäologie beigetragen“, so ÖAW-Präsident Heinz Faßmann.

Ladstätter, die 2023 als wirkliches Mitglied in die Akademie aufgenommen wurde, habe auch maßgeblich dazu beigetragen, „neue Methoden in der Archäologie zu etablieren“. Zudem habe sie sich vielfach um die „Bewahrung des kulturellen Erbes durch Restaurierung“ verdient gemacht. „Nicht zuletzt dank der Arbeiten von Ladstätter und ihrem Team“ zähle Ephesos seit dem Jahr 2015 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

„Begnadete Wissenschaftskommunikatorin“

„Mit großer Bestürzung habe ich heute vom Ableben von Sabine Ladstätter erfahren“, so ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek. Mit der „weltweit anerkannten und vielfach ausgezeichneten Forscherin“ verliere „Österreich nicht nur eine exzellente Archäologin und Wissenschaftlerin, sondern auch eine begnadete Wissenschaftskommunikatorin, die viele Menschen für die Geschichte der Antike zu begeistern wusste“.

Das ÖAI, dessen „Transformation“ an die ÖAW inklusive Zusammenlegung aller dort beheimateten archäologischen und altertumswissenschaftlichen Institute Ladstätter in den vergangenen Jahren federführend umgesetzt hat, würdigte in einem Nachruf den „unermüdlichem Einsatz“ der Forscherin, „solange ihre Gesundheit es erlaubte“. „Von ihren auf die Zukunft ausgerichteten Überlegungen“ zeuge am ÖAI u. a. eine moderne Laborlandschaft. „Trotz aller Belastungen, die ihre vielen Managementaufgaben mit sich brachten, hatten Lehre und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für sie Priorität“, hieß es.