Psychologie: Was ist Priming?
Priming bezeichnet in der Psychologie die subtile und meist unbewusste Beeinflussung des Denkens und Handelns. Durch gezielt gesetzte Reize – Wörter, Bilder, Gerüche… – wird die Reaktion eines Menschen gesteuert. Der Begriff stammt aus dem Neurolinguistischen Programmieren (NLP) und bedeutet wörtlich to prime = vorbereiten.
Das Gehirn wird beim Priming in eine bestimmte Richtung gedrängt. Durch den Reiz werden unbewusste Assoziationen ausgelöst und Gedächtnisinhalte aktiviert. Unbewusst werden bestimmte Gedanken und Emotionen aufgrund von Erinnerungen und Erfahrungen hervorgerufen. Unser kognitives System sucht nach Zusammenhängen, die zur gelegten Basis durch den anfänglichen Trigger passen.
Einfach erklärt: Wie funktioniert Priming?
Priming nutzt die Tatsache, dass unsere Gedanken und Gefühle nicht einfach aus dem Nichts heraus entstehen. Sie werden durch einen Kontext erzeugt und gelenkt. Wir reagieren auf das, was wir wahrnehmen. Diese Verbindung zwischen Reiz und Reaktion ist fast immer ein vollkommen unbewusster Prozess. Beim Priming werden durch konkret gewählte Reize die entsprechenden Reaktionen hervorgerufen.
Diese Manipulation ist wirkungsvoll und bleibt oft unbemerkt. Wir bekommen gar nicht mit, dass wir uns genau so verhalten, wie andere es wollen.
3 Phasen beim Priming-Effekt
Der Priming-Effekt folgt einem klaren Schema. Insgesamt sind es drei verschiedene Phasen, die aufeinander folgen, um die Auswirkungen des Primings zu sehen:
- Der Vorbereitungsreiz
Zuerst wird das Gehirn durch einen Vorbereitungsreiz auf die gewünschte Reaktion vorbereitet. Oft werden Gesprächsinhalte und Wörter genutzt, doch auch Bilder sind wirkungsvolle Vorbereitungsreize. Bildliche Reize werden besonders gerne in der Werbung eingesetzt, um das Kaufverhalten zu manipulieren. - Der Auslöser
In der zweiten Phase wird der Auslöser präsentiert. Das kann eine direkte Frage oder Aufforderung sein, eine Aufgabe, die Sie bewältigen müssen oder im Beispiel der Werbung die Kaufsituation im Geschäft: Plötzlich stehen Sie genau vor dem Produkt, auf das Sie geprimt wurden. - Die Reaktion
Im letzten Schritt folgt die gewünschte Reaktion. Sie sind gedanklich und emotional darauf eingestellt und zeigen das gewollte Verhalten.
Priming-Effekt: 5 verschiedene Arten
Sie glauben, man könne Ihnen nichts einreden und suggerieren, weshalb Sie für Priming nicht anfällig sind? Falsch! Der Effekt funktioniert nahezu immer – gerade weil er unbewusst abläuft. Sie können sich nicht dagegen wehren, weil Sie gar nicht merken, dass es passiert. Hinzu kommt: Priming gibt es in völlig unterschiedlichen Arten und Formen:
1. Semantisches Priming
Der Klassiker: Semantisches Priming aktiviert begriffliche Assoziationen durch Wörter oder Gruppen von Begriffen. In Gesprächen oder Texten werden bewusst Worte eingebaut, die zur angestrebten Reaktion passen und den Zuhörer (oder Leser) beeinflussen sollen. Durch semantisches Priming können Meinungen und Verhaltensweisen effektiv verändert werden.
2. Grafisches Priming
Ganz ohne Worte können Sie durch grafisches Priming beeinflusst werden. Durch Bilder, Symbole oder Objekte wird Ihr Denken ebenso gesteuert. Es ist kein Zufall, dass in Restaurants Bilder mit dem leckersten Essen hängen und in Speisekarten Fotos der Mahlzeiten abgebildet sind. Unbewusst nehmen Sie wahr: Ich habe echt Hunger, hier schmeckt alles so gut…
3. Response Priming
Diese Form nutzt schnell aufeinanderfolgende Reize, auf die Betroffene sofort reagieren müssen. Typisches Beispiel ist eine Fragenkaskade mit suggestiver Wirkung:
Welche Farbe hat Schnee?
„Weiß.“
Welche Farbe hat die Wand?
„Weiß.“
Welche Farbe haben Wolken?
„Weiß.“
Was trinkt die Kuh?
„Milch.“ (Falsch!)
4. Medien Priming
Eine sehr verbreitete Form des Primings, für die wir selbst verantwortlich sind. Besser bekannt ist der Effekt auch als Filterblase. Durch die Auswahl unserer Informationsquellen oder durch die permanente Wiederholung derselben Botschaften in den Massenmedien, werden unsere Einstellung, unser Weltbild und unser Verhalten verändert.
5. Affektives Priming
Hierbei geht es vor allem um die Aktivierung von Gefühlszuständen. In diesem Fall wecken beispielsweise Musik oder Bilder starke emotionale Erinnerungen. Dieser Vorbereitungsreiz wird anschließend auf eine davon eigentlich unabhängige Situation übertragen.
Beispiele für den Priming-Effekt
Sie können sich den Priming-Effekt noch nicht vorstellen? Dann zeigen die folgenden Beispiele, welche erstaunlichen Auswirkungen das Priming auf Emotionen und Verhalten haben kann:
Mehr Geduld
Forscher an der Universität von New York gaben Probanden Wortreihen, die diese zu Sätzen formen sollten. Das sah zum Beispiel so aus:
heute – nett – Sie – angezogen – Stadt – einkaufen
Sonne – höflich – Reise – jetzt – warten – Mann
wissen – Geduld – Baby – schläft – für – verstehen
Techniker – angenehm – fahren – Auto – Zeit
Vogel – zuschauen – Park – Gesundheit – andere
Keine schwere Aufgabe, aber auch nicht der eigentliche Test. Sie sollten ihre Ergebnisse dem Versuchsleiter persönlich geben – der unterhielt sich aber angeregt mit einem Kollegen. Das Erstaunliche: 82 Prozent der Teilnehmer warteten geduldig und unterbrachen nie. Der Grund: Priming durch die Wortreihen! Nett, warten, Geduld, angenehm, zuschauen… Unterschwellig wurden die Probanden auf das Assoziationsfeld Geduld geprimt. Ohne es zu merken waren sie geduldiger, höflicher und gelassener.
Mehr Wissen
Stellen Sie sich vor, Sie wären Professor an einer Universität… Bei einer Studie an der Universität von Amsterdam sollte eine Gruppe der Teilnehmer genau das tun. Ergebnis: In einem darauffolgenden Wissenstest mit schwierigen Fragen schnitten sie besser ab als die Kontrollgruppe, die sich in Intelligenz und Vorbildung nicht unterschied.
Allein durch den Priming-Effekt wurden die Ergebnisse im Wissenstest verbessert. Konkret sollten sich die Teilnehmer einige Notizen machen, wie es wohl sei, ein Professor zu sein.
Mehr (oder weniger) Zufriedenheit
Schon die Reihenfolge von zwei Fragen kann zum Priming-Effekt führen. Sozialpsychologe Fritz Strack stellte Versuchsteilnehmern zwei Fragen, die objektiv nichts miteinander zu tun haben:
- Wie glücklich sind Sie zur Zeit?
- Wie viele Verabredungen hatten Sie im vergangenen Monat?
In dieser Reihenfolge zeigte sich keinerlei Zusammenhang. Als die Fragen jedoch in umgekehrter Reihenfolge gestellt wurden, zeigte sich plötzlich eine deutliche Korrelation zwischen Anzahl der Verabredungen und dem Glücksempfinden. Nur weil zuerst nach den Dates gefragt wurde, machten die Probanden ihre Zufriedenheit davon abhängig.
Mehr Egoismus
Eine Gemeinschaftsstudie der Universitäten Basel und Salzburg zeigte: Werden Menschen auf den Themenbereich Geld geprimt, sind sie weniger hilfsbereit anderen gegenüber. Sie denken mehr an sich selbst und den eigenen Vorteil. Das geht soweit, dass sie sich lieber von anderen isolieren und alleine bleiben, statt in der Gruppe etwas zu unternehmen. Anders ausgedrückt: Priming kann zu mehr Egoismus verleiten.
Priming Beispiel: Der Florida-Effekt
Zu den bekanntesten Beispielen zum Priming gehört der Florida-Effekt. Werden Personen durch semantisches Priming und Vorbereitungsreize rund um die Begriffe „alt“ oder „Alter“ geprimt, bewegen sie sich anschließend langsamer, angestrengter, schwerfälliger und bedächtiger. Die gedankliche Vorbereitung auf das Thema Alter und Gebrechen führt zu einer entsprechenden körperlichen Reaktion. Andersherum funktioniert es ähnlich: Wer sich langsam bewegen musste, erkennt Wortassoziationen rund ums „Altern“ besser.
Priming nutzen: So gehen Sie damit um
Wir sehen uns gerne als rational und Vernunft gesteuert. Die Wahrheit: Wir sind manipulierbar bis in die Haarspitzen. Den ersten wichtigen Schritt haben Sie bereits getan: Sie setzen sich mit der eigenen Manipulierbarkeit auseinander und kennen nun den Priming-Effekt. Im nächsten Schritt müssen Sie das Wissen richtig einsetzen. Um nicht selbst Opfer von Priming zu werden, müssen Sie sich regelmäßig hinterfragen.
Reflektieren Sie Ihr Verhalten kritisch und fragen Sie sich: Warum mache ich das – und will ich das überhaupt? Überlegen Sie auch, ob es einen bestimmten Auslöser gibt. Manchmal lassen sich Vorbereitungsreize identifizieren. Können Sie im Supermarkt einfach nicht an einem Produkt vorbeigehen, haken Sie nach: Woher kommt die ungemeine Lust darauf? So treffen Sie freiere (objektivere) Entscheidungen.
Positives Priming: Manipulieren Sie sich zum Erfolg
Durch Priming können Sie nicht nur andere manipulieren. Den Priming-Effekt können Sie nutzen, um Ihre eigenen Leistungen zu steigern und mehr Erfolg zu haben. Die Macht der Gedanken und positiver Affirmationen ist wissenschaftlich bewiesen – immer mit demselben Ergebnis: Wer an den eigenen Erfolg glaubt, erreicht mehr.
Sie können sich selbst primen und Ihr Denken und Handeln auf Erfolg auf den eigenen Erfolg ausrichten. Wie einfach das sein kann, zeigt ein Experiment von Alexander D. Stajkovic von der Universität von Wisconsin. Er primte zwei Gruppen: Die eine auf „gewinnen, erfolgreich sein und Wettkampf“. Die andere auf vollkommen neutrale Wörter. Bei anschließenden Aufgaben war die erste Gruppe durchweg besser und setzte sich jedes Mal durch.
Wählen Sie aus, womit Sie sich umgeben
Sie selbst können gestalten, mit welchen Botschaften und Reizen Sie sich umgeben. Der Priming-Effekt ist hoch wirksam und so können Sie durch selbst gewählte Einflüsse dafür sorgen, dass Sie Ihre Ziele erreichen. Das beginnt bereits damit, welche Nachrichten Sie hören oder welchen Social Media Profilen Sie folgen. Umgeben Sie sich nicht nur mit Negativität, sondern mit Erfolgsgeschichten.
Achten Sie unbedingt auch darauf, wie Sie mit sich selbst umgehen. Denken Sie sich nach einem Fehler „Ich bin ein solcher Vollidiot…“ oder „Ich kann aber auch gar nichts richtig machen…“? Machen Sie sich bewusst, dass Sie sich damit gerade primen.
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