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Telekommunikation

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Autor: Walter Staub | Stand: 31.12.2011

Telekommunikation bezeichnet die Übertragung von Daten jeglicher Art in analoger und digitaler Form über leitungsgebundene oder ungebundene Netze. Ihre Ursprünge liegen im 1838 patentierten Morsetelegrafen und im 1876 patentierten Telefon.

Infolge der wirtschaftlichen Anbindung Liechtensteins an Österreich durch den «Zoll- und Steuerverein» von 1852 wurde das liechtensteinische Fernmeldewesen bis 1921 durch Österreich besorgt. Die rasche und zuverlässige Übertragung von Informationen über grosse Entfernungen stiess besonders auf das Interesse der Regierung (v.a. für die Kommunikation mit der fürstlichen Hofkanzlei in Wien) und der sich ab den 1860er Jahren entwickelnden liechtensteinischen Industrie. 1867/68 genehmigten Fürst, Landtag und das k.k. Handelsministerium in Wien die Errichtung einer Telegrafenlinie Vaduz–Feldkirch, am 1.12.1869 wurde die k.k. Telegrafenstation in Vaduz dem Verkehr übergeben. Die erste Telefonanlage Liechtensteins war die am 18.10.1887 in Betrieb genommene private Leitung zwischen den Fabriken «Jenny» in Triesen und «Jenny und Spoerry» in Vaduz. 1896 beantragte die Regierung bei der Telegrafendirektion Innsbruck, ein öffentliches Telefonnetz in Liechtenstein zu errichten. Dieses wurde am 15.11.1898 in Betrieb genommen und umfasste zwei Anschlüsse für die Regierung sowie je eine öffentliche, bediente Sprechstelle in den Gemeinden und Weilern Balzers, Mäls, Triesen, Triesenberg, Sücka, Rotaboda, Vaduz, Schaan, Bendern, Ruggell, Mauren, Schaanwald, Eschen und Nendeln. Die Sprechstellen ermöglichten Telegramme und Fonogramme (Mitteilungen an Dritte). Im Jahr 1900 wurde der telefonische Grenzverkehr in die Schweiz über Vaduz und Buchs aufgenommen.

Am 4.10.1911 regelten Österreich und Liechtenstein ihre Beziehungen im Fernmeldewesen durch einen Postvertrag (was zuvor fehlte). Im Ersten Weltkrieg unterbrachen Österreich und die Schweiz 1915 zeitweilig den Telefonverkehr mit Liechtenstein, das dadurch vom Ausland abgeschnitten war. Nach dem Krieg hatte die Telegrafenverwaltung Innsbruck weder Geld, Material noch Zeit für notwendige bauliche Verbesserungen der mittlerweile veralteten liechtensteinischen Fernmeldeeinrichtungen. Im Zug der aussenpolitischen Umorientierung von Österreich zur Schweiz kündigte Liechtenstein 1919 den Zollvertrag und 1920 den Postvertrag. Am 1.2.1921 trat ein neuer Postvertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz in Kraft (revidiert 1978). Er regelte das Post-, Telegrafen- und Telefonwesen und übertrug den staatlichen schweizerischen PTT-Betrieben die Aufgabe, dieses in Liechtenstein zu denselben Bedingungen wie in der Schweiz auf Rechnung Liechtensteins zu besorgen.

1921–29 wurden im Zentralenbereich und im Leitungsnetz die notwendigen Investitionen von über 160 000 Fr. vorgenommen. Von 1930 bis zum Zweiten Weltkrieg verhinderte die Weltwirtschaftskrise eine rasche Zunahme der Telefonanschlüsse. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in Liechtenstein und in der Schweiz ab 1945 stiess das Lokalbatterie-System (Handvermittlung der Gespräche) an seine Grenzen. Nach umfangreichen Vorarbeiten mit Investitionen von über 2 Mio. Fr. nahm Liechtenstein am 20.9.1951 – als erstes Land der Welt – ein voll automatisiertes Telefonnetz in Betrieb. Mit der Automatisierung konnte das private Schweizer Fernschreibernetz ab 1951 auch durch Liechtenstein benutzt werden; 1964 wurde in Vaduz eine Telexzentrale eröffnet. Liechtenstein wies damals die weltweit höchste Dichte an privaten Fernschreibern auf. Das wachsende Telekommunikationsangebot war eine wichtige Stütze der sich nach 1960 rasch entwickelnden liechtensteinischen Wirtschaft, besonders des Dienstleistungsbereichs. Mit der laufenden, auch internationalen Anpassung der Infrastruktur (Glasfaserkabel, Digitalisierung, Fernmelde-Satelliten usw.) verbreiteten sich in immer kürzeren Abschnitten neue Technologien: ab 1978 die Mobilkommunikation (1999–2001 stieg die Zahl der Mobilteilnehmer pro 100 Einwohner von 27 auf 55), ab 1992 das Internet.

1963 trat Liechtenstein der Internationalen Fernmeldeunion (UIT) und der Konferenz der europäischen Post- und Fernmeldeverwaltungen (CEPT) bei, zudem 1973 der Internationalen und 1987 der Europäischen Fernmeldesatellitenorganisation (INTELSAT bzw. EUTELSAT).

Aufgrund des 1995 erfolgten EWR-Beitritts Liechtensteins und der Liberalisierung der Telekommunikation in der Schweiz (ab 1992) schuf auch Liechtenstein 1996 mit dem Telekommunikationsgesetz die Grundlage für die Liberalisierung. 1999 lösten Liechtenstein und die Schweiz den Postvertrag im gegenseitigen Einvernehmen auf. Im gleichen Jahr erhielt Liechtenstein eine eigene Landeskennzahl (00423), welche die schweizerische Ortsgruppenvorwahl (075) ablöste. Für die Festnetzgrundversorgung vergab das Land Liechtenstein 1998 je eine Konzession für nationale und für internationale Dienste an (teil-)privatisierte Unternehmen und schloss je einen Vertrag für die Netzplanung (mit der Telecom FL AG) sowie für den Netzbetrieb und -unterhalt (mit den Liechtensteinischen Kraftwerken, LKW). Ebenfalls 1998 gründete das Land Liechtenstein die LTN Liechtenstein Telenet AG mit dem Auftrag, das Telekommunikationsnetz in Liechtenstein zu betreiben und auszubauen. Diese komplizierte Konstruktion wurde in den Folgejahren vereinfacht: 2003 wurde die Telecom FL (eine Tochter der Swisscom) von der LTN übernommen und 2008 mit der LTN zur Telecom Liechtenstein AG fusioniert. Diese fungiert als Universaldienstleisterin und Full-Service-Provider auf dem liechtensteinischen Markt, während die LKW als Netzprovider das Telekommunikationsnetz allen Marktteilnehmern zu gleichen Konditionen und diskriminierungsfrei zur Verfügung stellen. Im Jahr 2000 wurden vier Konzessionen im Mobilfunkbereich an internationale Unternehmen erteilt.

Literatur

Von der Redaktion nachträglich ergänzt

Medien

Posthalter Rudolf Strub mit vier Telefonistinnen in der Telefonzentrale in Vaduz, 1945 (Liechtensteinisches Landesarchiv).

Hauptanschlüsse und Teilnehmerdichte in Liechtenstein, 1901–2005

Jahr Haupt-anschlüsse Hauptanschlüsse pro 100 Einwohner
1901 25 0,33
1911 32 0,37
1921 105 1,19
1930 295 2,97
1941 534 5,17
1951 1 265 9,05
1961 2 629 15,35
1971 5 581 25,54
1981 10 600 40,23
1991 17 499 59,55
1998 21 908 68,43
2001 20 100 59,96
2005 20 010 57,33

Die Teilnehmer entsprechen den Hauptanschlüssen. Durch die Einführung von ISDN und ADSL (Mehrkanalnutzung) ab 1998 sind die absoluten Zahlen rückläufig. – Telecom FL, Swisscom, Amt für Volkswirtschaft.


ZUR VERTIEFUNG
Vor 20 Jahren: 00423

Telefonvorwahl: 00423 löst 075 ab.

Zitierweise

Walter Staub, «Telekommunikation», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: https://historisches-lexikon.li/Telekommunikation, abgerufen am 12.6.2024.