Aktionen

Feste und Feiern

Wechseln zu: Navigation, Suche

Autorin: Gerda Leipold-Schneider | Stand: 31.12.2011

Feste und Feiern sind nach gewissen vorgegebenen Regeln gestaltete Unterbrüche des Alltagslebens. Anlässe für Feste und Feiern sind das Erinnern an ein Ereignis, der Übergang von einem Lebensabschnitt in einen anderen, der Beginn oder Abschluss eines Unternehmens oder zyklisch wiederkehrende Vorgänge in der Natur. Bei gewissen Feste und Feiern steht fröhliches Beisammensein im Mittelpunkt, bei anderen Besinnung und Einkehr.

Durch den Jahreslauf festgelegte Feste und Feiern

Zyklisch wiederkehrende Feste und Feiern sind durch den Jahreslauf festgelegt. Die jährlich wiederkehrenden Feste und Feiern, von denen einige an offiziellen Feiertagen stattfinden, werden v.a. vom Kirchenjahr bestimmt. Am letzten Tag des Jahres finden Silvesterfeiern, im Frühjahr die Fasnacht und der Funkensonntag statt.

Weitgehend oder vollständig verschwunden sind im Zug des gesellschaftlichen Wandels einige stark mit der bäuerlichen Arbeitswelt verbundene Feste und Feiern. Zu diesen gehört der «Jakobi Sunntig» oder die «Haua-Henketi» in Vaduz am 25. Juli: die Felder waren bestellt, nun konnten die Hauen ruhen. Die Weinlese fand ihren Abschluss am «Suusersunntig»: Der beim Traubenpressen zurückgebliebene Trester wurde nochmals gepresst und der Saft vor abgeschlossener Gärung als «Suuser» ausgeschenkt. Erhalten hat sich bis heute die festlich begangene Alpabfahrt im Spätsommer.

Durch den Lebenslauf festgelegte Feste und Feiern

Feste und Feiern können auch durch Übergänge im Lebenslauf begründet sein, in denen der Mensch einen anderen gesellschaftlichen Status erhält. Zu religiös begründeten Übergängen im Lebenslauf gehören im katholisch geprägten Liechtenstein traditionell die Taufe und die Firmung. Im Erwachsenenalter ist die Hochzeit ein festlich begangener Übergang in einen neuen Lebensabschnitt. Dazu kommen Familienfeiern wie Geburtstage, Namenstage oder Ehejubiläen. Dass Taufen und Hochzeiten schon seit Jahrhunderten ausgiebig gefeiert werden, lässt sich dem Landsbrauch (früheste datierte Abschrift 1664) entnehmen. In Triesenberg fand anlässlich der Geburt eines Kindes eine «Sähati» statt: Im Haus der Wöchnerin kamen am zweiten Sonntag nach einer Geburt Frauen – Nachbarinnen, Verwandte und die Taufpatin – zu einem Mahl zusammen. Feiern anlässlich des Abschlusses einer Ausbildung sind die Schulschluss-, die Lehrabschluss- und die Maturafeier. Seit 1962 feiern junge Liechtensteiner das Erreichen der Volljährigkeit und der politischen Mündigkeit mit einer Jungbürgerfeier.

Patriotische Feiern

Ein wichtiges Element im Aufbau eines modernen Nationalbewusstseins in Liechtenstein bildeten die patriotischen Gedenk- und Erinnerungsfeiern, die im ausgehenden 19. Jahrhundert einsetzten und an historische Ereignisse anknüpften. Zu diesen historischen Ereignissen, die Anlässe für Erinnerungsfeiern waren, gehören der Kauf der Herrschaft Schellenberg durch das Haus Liechtenstein 1699 (Feiern 1899, 1949 und 1999), der Kauf der Grafschaft Vaduz durch das Haus Liechtenstein 1712 (Feiern 1912 und 1962), die Errichtung der Grafschaft Vaduz 1342 (Feiern 1942 und 1992), die Erlangung der Souveränität 1806 (Feiern 1956 und 2006), das Inkrafttreten der Verfassung von 1921 (Feiern 1961 und 1971), die Erhebung Liechtensteins zum Reichsfürstentum 1719 (Feier 1969), die Einrichtung eines Landtags 1862 (Feier 1987) und die Erlangung der Reichsunmittelbarkeit 1396 (Feier 1996).

Anlass zu patriotischen Feierlichkeiten boten in Liechtenstein auch der Regierungsantritt, Regierungsjubiläen und runde Geburtstage des jeweiligen regierenden Fürsten. 1929, 1939 und 1990 fanden aus Anlass des Regierungsantritts eines Landesfürsten «Huldigungsfeiern» statt. Schon im 18. Jahrhundert wurde der Geburtstag und manchmal der Namenstag des Landesfürsten gefeiert. Besonders gefeiert wurden ab 1956 die runden Geburtstage des Fürsten Franz Josef II. (1906–1989). 1898 wurde das 40-jährige Regierungsjubiläum Fürst Johanns II. mit Festbankett und einem Jubiläumsschiessen des Schützenvereins Vaduz begangen. Ebenfalls im Zeichen des Regierungsjubiläums stand ein im darauffolgenden Jahr durchgeführtes Jugendfest. 1908 feierte man das 50-jährige Regierungsjubiläum mit einem Festbankett im Gasthaus «Löwen» in Vaduz. Weitere Regierungsjubiläen wurden 1918 und 1928 begangen. Feste und Feiern wurden auch zu Regierungsjubiläen Fürst Franz Josefs II. veranstaltet (1963 25 Jahre, 1978 40 Jahre, 1983 45 Jahre, 1988 50 Jahre).

1842 fand aus Anlass des ersten Besuchs eines Landesfürsten, des Fürsten Alois II., in Liechtenstein eine patriotische Feier statt. Auch der erste Besuch seines Sohns, des Fürsten Johann II., 1859 wurde festlich begangen. Nachdem die fürstliche Familie 1938 ihren Wohnsitz nach Vaduz verlegt hatte, hatten Hochzeiten von Thronfolgern (1943, 1967, 1993) und die erste Taufe eines Erbprinzen in Liechtenstein (1945) den Charakter nationaler Feiern.

Bei den patriotischen Feiern gab es stets offizielle Akte wie Festansprachen, anfänglich waren feierliche Veranstaltungen wie Festumzüge und Festspiele an einem Ort bedeutsam, an denen breite Bevölkerungskreise teilnahmen. Die regional auf das Unter- oder das Oberland bezogenen Feierlichkeiten fanden auch im entsprechenden Landesteil statt. Zahllose Festschriften sind neben einigen Festspielen bleibende Ergebnisse der Jubiläumsfeierlichkeiten. Die Meilensteine der historischen Entwicklung Liechtensteins prägen sich durch die Feier der Jubiläen ein, dadurch entwickelte sich wohl ein verstärktes historisches Bewusstsein in breiten Bevölkerungskreisen.

Neben den rein politisch begründeten Anlässen sind wirtschaftliche Schlüsselereignisse Anknüpfungspunkt für patriotische Feste und Feiern. Dazu gehören der Zollvertrag mit der Schweiz 1923 (1973 50 Jahre, 1993 70 Jahre), der Einzug der Schweizer Grenzwache in Liechtenstein 1924 (1984 60 Jahre), die Einführung des Schweizer Frankens als Landeswährung 1924 (2004 80 Jahre). Weitere Jubiläen wie der Anschluss Liechtensteins an das Eisenbahnnetz 1872 (1997 125 Jahre), die Ansiedlung der Walser am Triesenberg 1355 (1955 600 Jahre), die Revolution von 1848 (1998 150 Jahre) oder das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 (1995) boten ebenfalls Anlass zu Feste und Feiern. Diese erfolgten auch zu Ehren von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie beispielsweise 1985 zum 75. Geburtstag von Fürstlicher Rat Dr. h.c. Alexander Frick, 1986 zum 80. Geburtstag von Dr. Gustav Ospelt und 2004 zum 75. Geburtstag von Prof. DDr. Herbert Batliner.

Der 1. Mai als Tag der Arbeit wurde erstmals 1957 begangen und ist seit 1970 ein staatlicher Feiertag. 1940 wurde der 15. August (Mariä Himmelfahrt), der Tag vor dem Geburtstag Fürst Franz Josefs II., per Regierungsbeschluss zum Staatsfeiertag erhoben. Seit 1990 findet jedes Jahr der Staatsakt auf der Schlosswiese neben dem Schloss Vaduz statt.

Von Firmen, Institutionen und Vereinen durchgeführte Feste und Feiern

Öffentliche Jubiläumsfeiern werden auch von Firmen und Institutionen durchgeführt. Besonders die traditionsreichen Vereine wie Feuerwehren, Harmoniemusiken und Gesangvereine feiern die Wiederkehr ihres Gründungsjahrs. Des Weiteren finden Eröffnungsfeiern von Ausstellungen, neuen Bauten usw. statt. Die 1895 vom landwirtschaftlichen Verein durchgeführte Liechtensteinische Landesausstellung bot durch die Verbindung mit einem Veteranenfest und einer Konzertreihe in einer Festhalle das Bild eines allgemeinen Volksfestes. Die Vereine realisieren bereits Tradition gewordene Grossveranstaltungen wie den Verbandsfeuerwehrtag (seit 1908), das Verbandsmusikfest (seit 1927) oder das Bundessängerfest (seit 1957).

Quellen

Literatur

  • Adulf Peter Goop, Günther Meier, Daniel Quaderer: Brauchtum Liechtenstein. Alte Bräuche und neue Sitten, hg. von Daniel Quaderer, Schaan 2005.
  • Sascha Buchbinder, Matthias Weishaupt: Das Bild des Fürsten. Zur Problemstellung von Fürstenhaus und Staatskörper in der Geschichte des Fürstentums Liechtenstein, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 103 (2004), S. 191–225.
  • Paul Vogt: Der 18. Januar 1699 – Wendepunkt unserer Geschichte?, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 99 (2000), S. 1–35.
  • Emanuel Vogt: Mier z Balzers. Wie es früher bei uns war, Bd. 3: Lebensart, Vaduz 1998, S. 311–316, 320–328.
  • Adulf Peter Goop: Brauchtum in Liechtenstein, Vaduz 1986.
  • Jakob Falk: Schaaner Heimatbuch, Folge 1: Chronik der Volksschule Schaan. Vergangenes und Gegenwärtiges aus der Schulgeschichte der Volksschule Schaan, Schaan 1976, S. 95–105.
  • Eugen Nipp: Volk, Sprache, Spruch und Brauch in Liechtenstein. Eine Skizze, in: Das Fürstentum Liechtenstein im Wandel der Zeit und im Zeichen seiner Souveränität, Vaduz 1956, S. 66–90, hier S. 77f., 85–89.
  • Otto Seger: Vaduz. Ein Heimatbuch, hg. von der Gemeinde Vaduz, Vaduz 1956, S. 70f.

Zitierweise

Gerda Leipold-Schneider, «Feste und Feiern», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: https://historisches-lexikon.li/Feste_und_Feiern, abgerufen am 12.6.2024.

Medien

200-Jahr-Feier des Kaufs der Grafschaft Vaduz, 14.7.1912. Auf der Wiese nördlich von Schloss Vaduz gelangte ein historisches Festspiel zur Aufführung (Bildarchiv LLM).