FormalPara Uwe Post

e‑Tot – Das Leben nach dem Upload

ISBN 978-3-947619-57‑3, Polarise (dpunkt.verlag), 1. Aufl., Heidelberg 2020, 298 S., 12,95

Eine Rezension zu einem Roman in einem wissenschaftlichen Journal? Durchaus, denn mit diesem Science-Fiction-Titel zeigen der dpunkt.verlag (mit seinem Imprint Polarise) und heise (heise online: Welten), dass sich interessante Wege finden lassen, um anspruchsvolle aktuelle Entwicklungen in Forschung und Technik anschaulich zu beschreiben, (gesellschafts-)kritisch zu hinterfragen und einer breiten Leserschaft mit unterschiedlichstem fachlichen Hintergrund begreiflich zu machen.

Auch wer sich nicht ausschließlich wissenschaftlich-abstrakt oder aus technologischer Sicht mit Augmented Reality und Virtual Reality beschäftigt, wird automatisch für den aktuellen Einsatz und die Weiterentwicklungen dieser Technologien in Richtung naher und ferner Zukunft sensibilisiert. Was vielleicht bislang eher nebenbei bemerkt wurde, rückt plötzlich stärker ins Bewusstsein. Immer mehr Lebensbereiche scheinen von dem Thema durchdrungen. Etwa die Kunst. So nutzt beispielsweise der 2020 erstausgestrahlte Film Exit das Spiel mit einer Dystopie im Kontext von KI und digitalem Leben. Wer sich die ins Jahr 2047 transformierte Handlung auf Basis der Geschichte „Nachspiel“ des Autors Simon Urban ansieht, muss rasch erkennen, dass es mitunter sehr schwer ist, zwischen virtueller und realer Welt zu unterscheiden. Eine gewisse Unsicherheit, vielleicht auch Verwirrung bleiben zurück. Auch viele andere, teilweise deutlich ältere Filme spielen mit dem Thema AR und VR und fordern dem Publikum ein nicht immer leichtes Verständnis für den fließenden Übergang zwischen „real“ und „virtuell“ ab. Da überrascht es wenig, dass sich sowohl die Gesellschaft für Informatik, als auch der Spiegel dem Thema AR/VR, und insbesondere dem Einsatz von AR/VR für ein Leben nach dem Tod widmenFootnote 1. Irgendwie liegt dieser logisch konsequente Schritt doch auf der Hand? Aber ist er auch sinnvoll?

Genau hier setzt das Buch von Uwe Post in unterhaltsamer Form an. Das Buch ist dabei durchaus für unterschiedliche Zielgruppen interessant: Sachlich Kundige, die nicht nur Fachliteratur lesen wollen, finden darin elegant verpackt dezente Hinweise auf mögliche Realisierungsszenarien und Technologien. Automatisch prüft das fachliche Unterbewusstsein dann beim Lesen mögliche Optionen für eine konkrete Realisierung. Würde das tatsächlich funktionieren oder hat der Autor hier die Fiktion Oberhand gewinnen lassen? Für alle, die AR und VR bislang ausschließlich aus Anwendungsperspektive kennen, ist das Buch eine spannende (Abend‑)Lektüre, die zur Reflexion und zum Weiterdenken der darin versteckten Ansätze, Grundsätze und Zusammenhänge einlädt. Vielleicht sensibilisiert es damit auch für aktuelle Entwicklungen rund um virtuelle Welten und die vieldimensionalen Implikationen, die damit verbunden sind, insbesondere, wenn große Konzerne solche virtuelle Welten erschaffen und betreiben möchten.

Die Geschichte erstreckt sich über 43 kurze Kapitel, die 12 Personen und einer Bar gewidmet sind, sowie einen Prolog und einen Epilog. Mitunter wirkt die Sprache ein wenig hölzern, an anderer Stelle sind die Formulierungen hingegen meisterhaft gelungen und wie aus dem echten Leben gegriffen.

Schnell wird deutlich: Das Leben im digitalen Jenseits ist auch nicht anders als das im Diesseits. Manch kleine oder größere Freude, der eine oder andere Erfolg, die eine oder andere Erkenntnis, aber auch die üblichen Probleme, alltäglicher Ärger, und – wie es sich für einen Roman gehört – eine spannende Rahmenhandlung mit einer, so viel sei vorab verraten, in der aktuellen Zeit durchaus wichtigen Botschaft lassen das Buch zum kurzweiligen Lesevergnügen und vielleicht auch zur Grundlage mancher interessanter Diskussion im Freundes- und Bekanntenkreis werden.