F.MMV ZWEYBRUCK-PROCHASKA. »KISSEN IN EUNTER STICKEREI
VOM NEUEN LEBENSSTIL.
Die Innendekoration des Hauses steht durch
die veränderte politische und wirtschaft-
liche Lage vor neuen Aufgaben. Jene Zeit von
Pracht, Glanz und suchender Schönheit ist ver-
sunken, wie die Renaissance, wie andere große
Geschichtsabschnitte vor uns von Gewalt und
Elend erstickt wurden. Wir müssen daran-
gehen, Richtlinien für die einfache Wohnung
zu finden, in der eine neue, traute Schönheit
behagliches Leben gestattet. — Ist sie wirklich
neu, diese stille gemütliche Schönheit, in die
wir uns bewußt zurückziehen ? Ich glaube, sie
ist uralt wie das Schönheitsbedürfnis und hat
von jeher in der Betonung des Wesent-
lichen, im harmonischen Eingliedern des Not-
wendigen bestanden. Da es uns ebensowohl
an willigen Arbeitskräften wie an Material fehlt,
tritt eine Beschränkung des Raumes ein, wie
sie kaum jemals die Menschheit bedrückt haben
mag. Ausnutzung eines jeden Winkels wird
Gebot und Dinge müssen zusammenrücken wie
ihre Besitzer. Aufeinander gehäufte Pracht
besserer Jahre, Gegenstände, die zum Emp-
fang von Gästen im großen Stile dienten, und
nun weltfremd ins Enge schauen, machen eine
Wohnung melancholisch. Dagegen wirkt das
brauchbar Einfache, von einer freund-
lichen Farbe zusammengehalten, immer an-
sprechend und läßt durch die eigene Anmut
vergessen, daß früher größere Raumverhält-
nisse gestattet waren. Der deutsche Zopfstil,
das Biedermeiergerät sind Beispiele, ein kulti-
vierter, sicherer Geschmack führt allein zu
richtiger Auswahl.
Je schwerer und teuerer es ist, sich einzu-
richten, desto mehr Sorgfalt muß darauf
verwendet werden. Zur Einfachheit tritt über-
haupt die Sorgfalt geschwisterlich, sie deckt
den Tisch, rüstet das Bett und heizt den Ofen,
damit auch in den Zeiten der Not nichts Un-
umgängliches fehle. Ich halte es für richtiger,
soweit es möglich ist, sich zu bescheiden, statt
sich nach Ersatz umzusehen. Nur dann wird
auch in einfachen Verhältnissen Qualitätsarbeit
XXIII. März 1920. t
VOM NEUEN LEBENSSTIL.
Die Innendekoration des Hauses steht durch
die veränderte politische und wirtschaft-
liche Lage vor neuen Aufgaben. Jene Zeit von
Pracht, Glanz und suchender Schönheit ist ver-
sunken, wie die Renaissance, wie andere große
Geschichtsabschnitte vor uns von Gewalt und
Elend erstickt wurden. Wir müssen daran-
gehen, Richtlinien für die einfache Wohnung
zu finden, in der eine neue, traute Schönheit
behagliches Leben gestattet. — Ist sie wirklich
neu, diese stille gemütliche Schönheit, in die
wir uns bewußt zurückziehen ? Ich glaube, sie
ist uralt wie das Schönheitsbedürfnis und hat
von jeher in der Betonung des Wesent-
lichen, im harmonischen Eingliedern des Not-
wendigen bestanden. Da es uns ebensowohl
an willigen Arbeitskräften wie an Material fehlt,
tritt eine Beschränkung des Raumes ein, wie
sie kaum jemals die Menschheit bedrückt haben
mag. Ausnutzung eines jeden Winkels wird
Gebot und Dinge müssen zusammenrücken wie
ihre Besitzer. Aufeinander gehäufte Pracht
besserer Jahre, Gegenstände, die zum Emp-
fang von Gästen im großen Stile dienten, und
nun weltfremd ins Enge schauen, machen eine
Wohnung melancholisch. Dagegen wirkt das
brauchbar Einfache, von einer freund-
lichen Farbe zusammengehalten, immer an-
sprechend und läßt durch die eigene Anmut
vergessen, daß früher größere Raumverhält-
nisse gestattet waren. Der deutsche Zopfstil,
das Biedermeiergerät sind Beispiele, ein kulti-
vierter, sicherer Geschmack führt allein zu
richtiger Auswahl.
Je schwerer und teuerer es ist, sich einzu-
richten, desto mehr Sorgfalt muß darauf
verwendet werden. Zur Einfachheit tritt über-
haupt die Sorgfalt geschwisterlich, sie deckt
den Tisch, rüstet das Bett und heizt den Ofen,
damit auch in den Zeiten der Not nichts Un-
umgängliches fehle. Ich halte es für richtiger,
soweit es möglich ist, sich zu bescheiden, statt
sich nach Ersatz umzusehen. Nur dann wird
auch in einfachen Verhältnissen Qualitätsarbeit
XXIII. März 1920. t