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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

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Langhammer, Carl: Kunst und Nichtkünstler: ein Vortrag
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Lorenz, Felix: Französische Importen
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KUNST UND NICHTKÜNSTLER

Ankauf eines Bildes nur eben so viel Sorgfalt
aufwendet wie man es tut, einen guten Schneider
oder ein gutes Restaurant zu finden, dann wird
man ganz sicher gehn.

Der Besitz eines Kunstwerkes ist mit der
schönste Besitz, den es gibt. Mit einem guten
Kunstwerk wird man nicht fertig, es spricht zu
einem, so lange man es besitzt!

Französische Importen.

Die tragikomische Wasunger Kriegsaffäre
zwischen dem Berliner Bürgermeister Dr.
Reick e bezw. der städtischen Kunstdeputation und
der Sezession scheint besonders dadurch merk-
würdig, daß sich, aus einem grundlegenden Irr-
tum heraus, fast alle Meinungen auf Seiten der
Sezession hielten, die selbst am meisten in diesem
grundlegenden Irrtum befangen war und ihn
durchaus nicht berichtigt sehen wollte. Der
Bürgermeister hatte auf dem Festmahl bei der
Eröffnung der Großen Berliner Kunstausstellung
deutlich erklärt, daß man auch diesmal in der
Sezession eine Unmenge vortrefflicher Werke
finde und daß man allen führenden Künstlern

STUDIE

(Im Besitz der Königl. Nationalgalerie)

HUGO VOGEI

der Sezession immer mit Freuden begegnen
werde. Dann fuhr er fort: „Was aber die im

erstenSaal ausgestellten französischen Im-
porten betrifft, so scheinen sie mir ein falscher
Tropfen in unserem Blute, und ich kann mir
nicht denken, daß sie der Kunstgeist und nicht
vielmehr ein sensationslüsterner Geschäftsgeist
uns hergeführt hat.“ Es ist für objektiv Den-
kende jedenfalls schwierig, aus diesen Worten
eine Beleidigung der Sezession herauszulesen;
der Bürgermeister hat die führenden deutschen
Künstler der Sezession mit Worten warmer
Schätzung genannt und nur auf jene von aus-
ländischer Sensation geschaffenen antikünstleri-
schen Experimentierversuche der neuesten Fran-
zosen, der Herren Herbin, Picasso usw. mit ge-
bührender Ablehnung hingewiesen. Das ist sein
gutes Recht, und wir sind der Meinung, daß ge-
rade heutzutage, wo die Menge des Auslands-
imports geradezu erschreckliche Maße annimmt,
die nationale Kunst nicht energisch genug ver-
teidigt werden kann, namentlich wenn es sich
um die Einführung teils kindlicher, teils bewußt
närrischer Farben- und Formübungen handelt,
die auch von der gesamten führenden Kritik
Deutschlands abgelehnt worden sind.
Es ist gut, wenn sich die Völker auch
künstlerisch gegenseitig befruchten, und
Deutschland hat immer Einflüsse auf-
genommen und weitergebildet, wo sie
mit seiner natürlichen Empfindung
vereinbar waren — selbst wenn es
sich um ganz neue und schwierige
Probleme handelte. Aber Niemand
wird im Ernst die Vermutung aus-
sprechen können, daß die jüngsten
kubistiscli - futuristisch - atavistischen
Stammei versuche irgend etwas für die
Zukunft verheißen. Gegen Zumu-
tungen dieser Art muß die deutsche
Kunst geschützt werden, und die Sezes-
sion müßte eigentlich das größte
künstlerische Interesse daran haben,
sich ein solches Gefolge abzuschüt-
teln, dessen Sensationsbetrieb die eigene
Leistung schädigt. Alle deutschen
Künstler, welcher Richtung sie auch
angehören, sollten die Abwehr dieser
Art französischer Importen unter-
schreiben; wir sind der Meinung, daß
die Mitglieder der Sezession selbst
(ihrer Überzeugung nach) diese von
geschäftigen Kunsthändlern exportierte
Dunstware nicht als Kunstware gelten
lassen. Es wird hier lediglich mit dem
alten Erbfehler der Deutschen speku-
liert : alles Ausländische interessant zu
finden. Diesem Instinkt kommt man

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