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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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M.: Stilleben und Landschaften von Carl Schuch
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V

carl schuch t »segelschiff auf der havel« (1878)

besitzer: galerie schulte berlin.

STILLEBEN UND LANDSCHAFTEN VON CARL SCHUCH.

Sein Wert wurde, wie der so mancher großen
deutschen Kraft, erst durch die Jahrhundert-
ausstellung entscheidend aufgehellt. Schuch ist
wohl keiner von den Wegweisern, Richtung-
gebenden. Dazu ist seine Malerei, abgesehen
von der übermächtigen Einwirkung Leibis, viel-
leicht zu wenig geistig. Aber im Kreise Leibis
zählt er zu den Frischesten, den Sinnlichsten.
Während einer ganzen Zeitspanne der 70er
Jahre stellt Schuch fast eine Parallelerschei-
nung Wilhelm Trübners dar: dieselben vor-
nehmen kühltonigen Akkorde, dieselbe noble
Eloquenz des Vortrages, dieselbe geistreich-
rationalistische Art der künstlerischen An-
schauung. Besonnen und delikat ist alles in
diesen Stilleben, die — man vergleiche die
Äpfel auf weißem Tischtuch — mit vorimpres-
sionistischer Unschuld teilweise Eindrücke lie-
fern, bei denen man an nachimpressionistische
Großtaten zu denken geneigt ist. Schuchs kurze
glückliche Schaffensperiode illustriert treffend
die glücklichste Zeit der deutschen Malerei des
19. Jahrhunderts, jene Periode, in der, unter
gewissenhafter Verarbeitung französischer An-

regungen , eine sehr selbständige malerische
Kultur deutscher Prägung erarbeitet war und
die durchNamen wie Leibi, Liebermann, Thoma,
Trübner, durch das Frühwerk von Habermann,
Uhde, A. v. Keller, Karl Haider und andere
gekennzeichnet wird. Es ist die Zeit einer er-
staunlichen malerischen Delikatesse, die Zeit
vor jenem Eindringen hellerer Töne, schrofferer
Kontraste, die manchem tüchtigen Könner die
Palette endgültig gestört und verwirrt haben.

Ein Bild wie das Porree-Stilleben hat für
uns Heutige schon durchaus meisterliche Quali-
täten. Das Material, die Farbe, ist auf seinen
höchsten Reiz gesteigert; in seiner Behandlung
sind alle koloristischen Errungenschaften der
Barbizon-Schule verwertet. Dazu gesellt sich
die schöne klare Form, die sich noch mannhaft
gegen die Emanzipation des destruktiven Ele-
mentes „Farbe" wehrt. Die Wirkung des
Ganzen ist satt und reich. Eine Malerei aus
genießerischer und im Grunde sehr glücklicher
Zeit, unaufgewühlt von Problemen, die ihre
Wirksamkeit in der Malerei mittlerweile so
gewaltig offenbart haben. — m.

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