Der versunkene Wagen
In der Badener Antiquitätenhalle ist unter Anderen ein römischer Grabstein aufgestellt, dem Andenken des Lucius Aemilius Crescens geweiht; auf der untern Hälfte des Steines ist ein Wagen mit Pferden eingehauen. Diese Platte war früher in einer Mauer des ehemaligen Kapuzinerklosters (des jetzigen Gasthauses zum Badischen Hof) angebracht, und die Auslegungskunst irgend eines Mönches belehrte das leichtgläubige Volk mit folgender Geschichte: Die Bewohner des alten Badener Schlosses führten einst vor Zeiten ein gar hoffärtiges und ärgerliches Leben, indem sie stets in Saus und Braus von ihrem Reichthum schwelgten. In ihrem Uebermuthe hatten sie von der Burg bis zum Kapuzinerkloster herab mit großen Kosten einen unterirdischen Gang bauen lassen, so hoch und breit, daß man mit Pferden und Wagen darin bequem zu Thale fahren konnte. Einstmals waren mehrere Ritter auch auf diesem Wege zur Stadt herunter gekommen und fuhren an der offenen Kirchenthüre vorbei, als eben der Priester bei einem feierlichen Hochamt das hochwürdigste Gut des Abendmahles austheilte. Unbekümmert darum ließen die Edelherren ihren Wagen vorüberrollen, ohne nur einen Augenblick anzuhalten, um dem Allerheiligsten ihre Verehrung zu bezeugen. Allein die Strafe folgte diesem Vergehen auf dem Fuße nach. Plötzlich öffnete sich die Erde, Roß und Wagen mit sammt den Frevlern in ihre Tiefe verschlingend, und zum warnenden Gedächtniß dieses Vorfalls ward der Wagen an einer Mauer des Klosters abgebildet.
Nicht sehr abweichend von obiger Sage ist die folgende, deren Stoff aus Mone’s „Anzeiger“ gezogen ist.