Der Sänger (Goethe 1827)
[164]
Der Sänger.
Was hör’ ich draußen vor dem Thor,
Was auf der Brücke schallen?
Laß den Gesang vor unserm Ohr
Im Saale wiederhallen!
Der Knabe kam, der König rief:
Laßt mir herein den Alten!
Gegrüßet seyd mir, edle Herrn,
Gegrüßt ihr, schöne Damen!
Wer kennet ihre Namen?
Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit
Schließt, Augen, euch; hier ist nicht Zeit,
Sich staunend zu ergetzen.
Und schlug in vollen Tönen;
Die Ritter schauten muthig drein,
Und in den Schoos die Schönen.
Der König, dem das Lied gefiel,
Eine goldne Kette reichen.
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Die goldne Kette gib mir nicht,
Die Kette gib den Rittern,
Vor deren kühnem Angesicht
Gib sie dem Kanzler, den du hast,
Und laß ihn noch die goldne Last
Zu andern Lasten tragen.
Ich singe wie der Vogel singt,
Das Lied, das aus der Kehle dringt,
Ist Lohn, der reichlich lohnet.
Doch darf ich bitten, bitt’ ich eins:
Laß mir den besten Becher Weins
Er setzt’ ihn an, er trank ihn aus:
O Trank voll süßer Labe!
O wohl dem hochbeglückten Haus,
Wo das ist kleine Gabe!
Und danket Gott so warm, als ich
Für diesen Trunk euch danke.