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ADB:Wilhelmine (Markgräfin von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth)

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Artikel „Friderica Wilhelmine, Prinzessin von Preußen“ von Theodor Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 69–72, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelmine_(Markgr%C3%A4fin_von_Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth)&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 12:16 Uhr UTC)
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Friederike: Sophia Friderica Wilhelmine, Prinzessin von Preußen, geboren in Berlin am 3. Juli 1709, † als Markgräfin von Bayreuth am 14. October 1758. Die Schroffheit, mit der ihr Vater, König Friedrich Wilhelm I., die altväterische Sitte und Lebensweise an seinem Hofe und in seiner Familie aufrecht zu erhalten suchte, erweckte in der lebhaften und geistvollen Prinzessin, sobald sie unter Begünstigung der Mutter mit den neuen Bildungselementen ihrer Zeit bekannt geworden war, einen herben Widerspruchsgeist und eine jedem Zwange trotzbietende Neigung für jene Elemente, insbesondere für französische Sprache, Litteratur und Denkweise, Neigungen, welche zunächst zwischen ihr und ihrem drei Jahre jüngeren Bruder, dem Kronprinzen, der sie in gleichem Maße theilte, die engste und zärtlichste Freundschaft begründeten, anderseits aber auch die Quelle andauernder Verstimmungen und Zerwürfnisse innerhalb der königlichen Familie wurden und in beiden Geschwistern frühe den Wunsch nach Selbständigkeit und Entfernung aus dem Vaterhause hervorriefen. Gern hörte die Prinzessin daher auf das Hofgeklätsch und glaubte dasselbe, wenn es ihr mit oder ohne Grund nach einander Karl XII., Ludwig XV., August II., später einen Herzog von Sachsen-Weißenfels und einen Markgrafen von Schwedt als ihre Bewerber bezeichnete. Je schmerzhafter die Täuschungen waren, um so leidenschaftlicher knüpften sich ihre Hoffnungen an einen von ihrer Mutter und deren königlicher Schwägerin in England viele Jahre betriebenen Plan, der ihr durch ihre Vermählung mit dem Prinzen von Wales Friedrich, dem Sohne des Königs Georg II., dereinst den englischen Königsthron in Aussicht stellte. Seit 1727 trat sie der Erfüllung näher, indem nicht nur der Prinz, sondern auch König Georg II. und seine Minister ihre Zustimmung offen zu erkennen gaben. Auch der König von Preußen, der trotz allem, was vorgefallen war, seine Tochter liebte, hätte es gerne gesehen, wenn ihr das „magnefique“ Land zu Theil würde, er dachte sich schon aus, wie er sie freudig überraschen und im Beisein des englischen Gesandten um ihre Einwilligung ersuchen wolle; er setzte ihr ebensoviel, als seine Gemahlin von England erhalten hatte, 40000 Thaler als Heirathsgut aus. Aber er hielt es nicht für zweckmäßig, [70] daß die gleichzeitig gewünschte Verheirathung seines Kronprinzen mit einer englischen Prinzessin schon jetzt und zugleich mit der andern vollzogen würde; noch weniger gestatteten es seine gegen Oesterreich eingegangenen Verbindlichkeiten mit dieser Heirath politische Verpflichtungen gegen England auf sich zu nehmen; und diese Bedenklichkeiten wurden genährt und gestillt durch den General v. Grumbkow, welcher, im Solde Oesterreichs stehend, durch seine Zuträgereien ihn mit Argwohn gegen Englands Absichten erfüllte. Indem nun andererseits die englischen Minister ihre politischen Forderungen in den Vordergrund stellten, seine Gemahlin und die beiden Kinder, indem sie ohne Verständniß für jene Bedenken, seine Zögerung nur seinem Eigensinn und seiner tyrannischen Laune zuschrieben und deshalb die Absichten der Engländer durch ihre gegen den König gesponnenen Ränke unterstützten und schließlich der Kronprinz durch die Flucht ins Ausland selbständig in diese Verhältnisse eingreifen wollte, so wurde der König mit solcher Erbitterung erfüllt, daß er nicht nur jede Verbindung mit England abbrach, sondern auch beiden Kindern kein anderes Mittel ihn zu versöhnen offen stellte, als sich unbedingt seinem Willen zu unterwerfen. Mit der Entscheidung, welche der alte Fürst im J. 1731 traf, gingen nicht nur die äußeren Wege des Geschwisterpaares, sondern auch ihre Bestrebungen weit auseinander. Während der Kronprinz, durch seine Berufsthätigkeit in den Ernst des Lebens eingeführt, über die Verirrungen seiner Jugend, sowie über das Wesen und die Absichten seines Vaters zu richtiger Schätzung gelangte und sich fortan der hohen Aufgabe widmete, die Schöpfungen desselben mit dem Geiste der neuen Zeitbildung zu durchdringen, setzte die Schwester, in kleinlichen Verhältnissen und Zielen sich bewegend, das geistreiche, aber leichtfertige Spiel ihrer früheren Jahre fort und tröstete sich über ihre geringfügigen Erfolge, indem sie mit frivoler und boshafter Feder ihren Hohn und Aerger über diejenigen ausschüttete, welche ihre schöpferische Phantasie ihr als Urheber jener Mißerfolge vorspiegelte. Im Juni 1731 erklärt der König seiner Tochter, daß er ihr den Erbprinzen Friedrich von Baireuth zum Gemahl bestimmt habe. Dieser, der Sohn des regierenden Markgrafen Georg Wilhelm, zwei Jahre jünger als sie, war damals kürzlich (18. Mai) von einer Reise durch Oberitalien und Frankreich, mit welcher er seine acht Studienjahre in Genf abschließen sollte, nach Baireuth zurückgekehrt und vermählte sich mit der Prinzessin am 20. November in Berlin. Der gutmüthige, aber nicht besonders begabte Prinz, der von seinen Reisen vor allem Vorliebe für das französische Theater, Parforcejagden und höhere Reitkunst mitgebracht hatte, bezeigte zwar seiner ihn bedeutend überragenden Gemahlin, die ihn 1732 mit einer Tochter beschenkte, Liebe und Achtung; da aber sein alter Vater mit den Einkünften seines Landes sparsam umgehen mußte, so reichte die Apanage, die er dem jungen Paare gab, zur Befriedigung seiner Genüsse nicht aus; König Friedrich Wilhelm I. mußte deshalb öfters angesprochen werden; der gab dem Schwiegersohn auch ein Regiment in Pasewalk, schenkte ein anderes Mal 30000 Thaler, bezahlte auch wol zuweilen beider Schulden. Diesem gedrückten Zustande macht der Tod des alten Markgrafen am 17. Mai 1735 ein Ende. Sofort beginnt ein anderes Leben; Baireuth soll ein kleines Versailles darstellen; 50000 Gulden werden alljährlich zur Verschönerung der herrschaftlichen Bauten ausgesetzt; der bescheidene Sommersitz der beiden letzten Markgrafen, die Eremitage, wird mit kunstvollen Anlagen ausgestattet. Trotz des Hungerjahres werden 1740 Carnevalslustbarkeiten nach fremdländischem Zuschnitt bei Hofe eingeführt und seitdem jedes Jahr erneuert; französische Schauspieler werden herbeigerufen, zu deren Aufführungen die Einwohner der Residenz, damit sie für solche Genüsse Verständniß gewännen, unentgeltlichen Zutritt erhalten. 1742 wird eine Akademie der Wissenschaften in [71] Baireuth eingerichtet, im folgenden Jahre aber schon in Form einer Universität nach Erlangen übergesiedelt, deren Einweihung dann mit Schaugeprängen, der Prägung einer Denkmünze und Disputationen verherrlicht wird, zu welchen letzteren die Markgräfin die Thesen stellt. 1744 wird der Bau eines neuen Opernhauses begonnen und als es nach drei Jahren beendigt ist, 1748 ein Comödientheater hinzugefügt, um bei der unter Entfaltung außerordentlichen Glanzes am 26. September gefeierten Vermählung ihrer Tochter mit dem Herzoge Karl Eugen von Würtemberg benutzt zu werden. Die Zahl der Kammerherren wird 1752 bis auf 27 vermehrt. Zwar vernichtete 1753 ein Brand das Schloß und das Opernhaus, man berechnete den Schaden auf eine Million Thaler; sofort wird der Bau beider Gebäude wieder begonnen, die Festlichkeiten des Hofes, welche sich eine Zeit lang auf Musik und Jagd beschränken, wenden sich 1754 schon wieder der Oper zu, namentlich der Aufführung der Oper Huomo, welcher die Markgräfin 6 Arien eigener Composition hinzufügt. Bis der Schloßbau vollendet ist, tritt in demselben Jahre das markgräfliche Paar mit einem Gefolge von 50 Personen eine Reise nach Frankreich und Italien an, von der es im Februar 1755 zurückkehrt. Die Freuden des Hofes verherrlichen von Zeit zu Zeit die Besuche tonangebender Geister, Voltaire’s, Algarotti’s, zuweilen, wenn auch nur auf kurze Zeit die des königlichen Bruders. Diesem Bilde des Glanzes fehlte jedoch eine sehr schwarze Schattenseite nicht. Die Steuerkraft des Landes reichte für solche Ausgaben nicht aus; man zieht reiche Juden ins Land, welche Geld vorstrecken können; der aufgeklärte Hof nimmt zu Alchymisten und Schatzgräbern seine Zuflucht. Als 1751 sich das Gerücht verbreitet, mit dem Tode des Fürstenpaares würden alle ihre Schuldverschreibungen ungiltig werden, wollte niemand dem Hofe Lebensmittel liefern; die Beamten hatten damals in 14 Quartalen keine Besoldung erhalten. Auch im Familienleben kamen ernste Störungen vor. Eine Hofdame, welche die Markgräfin aus Berlin mitgebracht hat, weiß allmählich ihr das Herz ihres Gemahls abwendig zu machen; alle Welt spricht davon, die Fürstin allein merkt nichts; auch als ihr endlich die Augen aufgehen, wählt sie die verkehrtesten Mittel, um das Aergerniß zu beseitigen, bis nachdem sie sich mehrere Jahre von der Unverschämten hat tyrannisiren lassen, schließlich der königliche Bruder Hülfe schaffen muß. Selbst dessen Ungnade hat sich die Fürstin mehrere Jahre zugezogen, indem sie ohne jede Nöthigung während des zweiten schlesischen Krieges der Kaiserin Maria Theresia in auffälliger Weise ihre Huldigungen darbringt. Auch nachdem der König 1746 ihr in großmüthiger Weise verziehen hat, werden ihr durch das Schicksal ihrer einzigen Tochter, welche, seit 1748 an den Herzog Karl Eugen von Würtemberg vermählt, von dem rohen Gemahl aber aufs empörendste behandelt, zur Mutter ihre Zuflucht nehmen mußte, schmerzliche Zeiten bereitet. Inmitten solchen glänzenden Elends und während sie nach ihrer Aussöhnung mit König Friedrich II. Briefe wechselte, die ihm in dem Maße als der Ausdruck zärtlichster Freundschaft erschienen, daß er ihr mit dem vollsten Vertrauen lohnte, in ihren letzten Jahren sich ihrer als Friedensvermittlerin bediente und von ihrem Tode, der am Tage seiner Niederlage bei Hochkirch (14. October 1758) eintrat, tiefer als von diesem Unfalle niedergebeugt wurde, hat die Markgräfin an Denkwürdigkeiten ihres Lebens geschrieben, welche zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens zwischen 1748–58 gearbeitet oder überarbeitet uns jetzt in acht aufgefundenen Abschriften vorliegen. Während sie sämmtlich die Geschichte ihres Lebens nicht über das Jahr 1742 hinausführen (nur einer liegt eine Beschreibung ihrer italienischen Reise bei) und in ihren Abweichungen von den mannichfaltigen Stimmungen, von denen die Verfasserin beeinflußt wurde, Zeugniß geben, stimmen sie alle darin überein, daß in ihnen ihre Eltern und ihr königlicher [72] Bruder in den schwärzesten Farben abgeschildert und ihnen Dinge nachgesagt werden, welche selbst, wenn sie wahr wären, von einer ehrbaren Tochter und Schwester mit Stillschweigen übergangen oder mit Schonung behandelt worden wären, jetzt aber um so schwerer gegen sie ins Gewicht fallen, da ihre pikanten Erzählungen, wo eine Vergleichung derselben mit authentischen Nachrichten, namentlich mit den Mittheilungen ihrer eigenen Briefe möglich ist, sich größtentheils als offenbare Unwahrheiten oder boshafte Uebertreibungen darstellen.

v. Ranke, Werke, 24. II. – Droysen, Preußische Politik, IV. 4. – F. Heinritz im Archiv für Geschichte des Ober-Mainkreises, B. 2. – G. Horn, Voltaire u. die Markgr. v. Baireuth.