Ruhr
Ruhr | ||
Ansicht des Ruhrtals bei Witten | ||
Daten | ||
Lage | rechter Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen | |
Quelle | am Ruhrkopf bei Winterberg | |
Quellhöhe | Höhenangabe ist keine Zahl | |
Mündung | Duisburg-Ruhrort | |
Mündungshöhe | Höhenangabe ist keine Zahl | |
Höhenunterschied | 657 m
Bitte Sohlgefälle manuell eingeben, da im Höhenunterschied auch Buchstaben enthalten sind. | |
Länge | Längenangabe ist keine Zahl | |
Einzugsgebiet | Einzugsgebiet ist keine Zahl | |
Großstädte | Dortmund, Hagen, Witten, Bochum, Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Duisburg | |
Mittelstädte | Meschede, Arnsberg, Fröndenberg, Menden, Iserlohn, Schwerte, Herdecke, Wetter, Hattingen | |
Kleinstädte | Winterberg, Olsberg, Bestwig, Ense, Wickede, Holzwickede |
Die Ruhr ist ein etwa 221 Kilometer langer, rechter Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen mit einem Einzugsgebiet von 4.485 km². Sie mäandriert über rund 124 Kilometer auf dem Gebiet des Regionalverbands Ruhr und ist für die größte europäische Industrieregion, das Ruhrgebiet, namensgebend. Dessen Name erklärt sich aus dem Beginn der Industrialisierung im Bereich des Flusses. Die Region an der Ruhr war seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert Ursprung der gesamten Wirtschaftsregion.
Eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung des Flusses liegt heute in der Trink- und Brauchwasserversorgung des Ruhrgebiets sowie der Energiegewinnung. Zuvor war die Ruhr im 19. Jahrhundert zeitweilig die meistbefahrene Wasserstraße Deutschlands. Gegenwärtig findet Schifffahrt im Güterverkehr jedoch noch auf den letzten 12 Ruhrkilometern statt. Sein Tal ist ein wichtiges Naherholungsgebiet für den Metropolraum Rhein-Ruhr.
Die mittlere Abflussmenge der Ruhr in ihrem Unterlauf beträgt am Pegel Mülheim 79 m³/s; somit ist die Ruhr nach Wasserführung der fünftgrößte Nebenfluss des Rheins.
Flusslauf
Verlauf der Ruhr mit größeren Nebenflüssen und den Ruhrstauseen
Quelle
Die Ruhr entspringt im Rothaargebirge im Hochsauerland am Nordhang des Ruhrkopfes (696 Meter ü. NN) auf der Rhein-Weser-Wasserscheide. Während die Ruhr in Richtung Westen fließt und schließlich in den Rhein mündet, fließt das Wasser der nur kurzen Bäche, die am Südosthang des Ruhrkopfes entspringen, in die Orke. Diese wiederum entspringt nur etwas weiter östlich am Reetsberg und fließt anfangs in westliche, dann aber in östliche Richtung in die Eder, deren Wasser über die Fulda in die Weser fließt.
Die Ruhrquelle liegt rund 674 Meter hoch, etwa 1,5 Kilometer nordwestlich von Winterberg-Elkeringhausen, 3 Kilometer nordöstlich von Winterberg und 4 Kilometer südöstlich der Nordhelle. Seit 1849 ist sie mit Mauerwerk gefasst. In einem morastigen Bereich, etwa 20 Meter oberhalb der Einfassungsmauern, tritt das erste Ruhrwasser an die Oberfläche.
Verlauf und Orte am Fluss
Von ihrer Quelle bis zur Mündung fließt die Ruhr im Wesentlichen in Ost-West-Richtung, dabei wird sie beidseitig von Gebirgszügen des Rheinischen Schiefergebirges begrenzt.
Aus dem Quellbereich fließt ihr Wasser zunächst entlang der B 480 nach Norden. In dieser Richtung verbleibend steuert ihr Wasser, etwas westlich vorbei an den Bruchhauser Steinen, auf den Naturpark Arnsberger Wald zu, vor dem sie bei Olsberg in Richtung Westen abbiegt. Nach Olsberg schließen sich im Norden die recht hoch aufragenden südlichen Berge des genannten Naturparks an, der bis in das Tal des Flusses reicht. Innerhalb der Gemeindegebiete von Bestwig und Meschede fließt das Ruhrwasser entlang der A 46 weiter in Richtung Westen nach Arnsberg, dem Sitz der Bezirksregierung.
Etwas weiter nordwestlich, zwischen Ense und Wickede, erreicht der Fluss die Südseite des Haarstrangs, knickt bei Wickede nach Westen ab und fließt von nun an zwischen dem Haarstrang und den Höhen des Sauerlandes nach Westen, vorbei an Fröndenberg, Menden, Holzwickede, Iserlohn und Schwerte. Zwischen Menden und Fröndenberg stellt die Ruhr über einen längeren Abschnitt die Gemeindegrenze dar. Auf der Strecke vor dem Haarstrang hat die Ruhr den größten Teil des von ihr zu überwindenden Geamthöhenunterschiedes bereits hinter sich. Bei Iserlohn hat der Fluss noch eine Höhe von 106 Metern ü. NN.
Das Gebiet Dortmunds reicht im Süden am steilen Hang des Ardey bis an die Ruhr. Die südlichen Stadtteile haben sich vielfach zu bevorzugten Wohnlagen entwickelt, so auch Syburg. Dort liegt hoch über der Ruhr jener Punkt, mit dem Dortmund erste geschichtlichen Erwähnung fand: die Hohensyburg. Am südlich gegenüberliegenden Ufer, auf dem Stadtgebiet Hagens münden Lenne und Volme in die Ruhr. Mit der aus Süden kommenden Lenne nimmt die Ruhr hier ihren größten Nebenfluss auf, durch den sich ihr mittleres Abflussvolumen von 30 auf 55 Kubikmeter/Sekunde fast verdoppelt. Kurz darauf passiert die Ruhr mit dem Hengsteysee den ersten großen Ruhrstausee.
Herdeckes Zentrum befindet sich über einer Flussschleife, genau zwischen dem Hengstey- und dem Harkortsee, an dessen rechtem Ufer Wetter liegt. Durch ihre direkte Lage am Fluss waren Wetter und das etwas ruhrabwärts gelegene Witten wichtige Zentren der frühen Industrialisierung des Ruhrgebietes.
Am Harkortsee schlägt die Ruhr einen markanten Bogen um einen Ausläufer des Ardeygebirges, um schließlich weiter durch das südliche Ruhrgebiet zu fließen. In Bochum ragt heute weithin sichtbar die Ruhr-Universität auf den Höhen über dem Kemnader See empor. Nahe bei Hattingen führt seit Jahrhunderten eine Brücke über den Fluss, die lange vom Hilinciweg genutzt wurde. Erst 2002 wurde fast an derselben Stelle eine neue Brücke in Richtung Bochum errichtet.
Von Bochum-Dahlhausen nach Essen-Steele windet die Ruhr sich eine Weile nach Süden, strömt dann wieder westwärts um Essen-Überruhr herum durch den Baldeneysee und an dem einstmals als Reichsabtei selbständigen Essen-Werden vorbei, um hinter dem Kettwiger See wieder eine Wendung nach Norden zu nehmen. Der Essener Stadtteil Kettwig hat einen historischen Fachwerkkern. Kettwigs Ruhrbrücke wurde 1282 erstmals urkundlich erwähnt. Die südlichen Stadtteile Essens liegen auf etwa 30 Kilometern Länge an der Ruhr.
Bei der historischen Furt des Hellweges in Mülheim an der Ruhr, nahe Schloss Broich, erreicht der Fluss das Niederrheinische Tiefland und ändert seinen Lauf ein letztes Mal in die Hauptrichtung nach Westen. Die Stadt am Fluss bezieht in besonderer Weise ihr Image aus der Lage an der Ruhr. Oberhausen hat nur mit seiner Südgrenze ein wenig Kontakt zum Flussufer, bevor die Ruhr Duisburg erreicht, wo sie nördlich der Innenstadt verläuft.
Mündung
Nachdem das Ruhrwasser etwa 160 Brücken unterquert hat, mündet der Fluss nach 221 Kilometern in nur noch 17 Meter Meereshöhe bei Duisburg-Ruhrort in den Rhein. Die Mündung der Ruhr liegt bei Rheinkilometer 780, und wird durch die Landmarke Rheinorange markiert. Diese 25 Meter hohe Stahlbramme stammt von dem Kölner Bildhauer Lutz Fritsch und wurde 1992 in Duisburg-Neuenkamp errichtet.
Nebenflüsse der Ruhr
Nebenflüsse der Ruhr sind unter anderem die Hille, die Neger, der Gierskoppbach, die Elpe, die Valme, der Nierbach, die Henne, die Gebke, die Wenne, die Wanne, die Röhr, die Möhne, die Hönne, der Baarbach, der Elsebach, die Lenne, die Volme, die Elbsche, Ölbach und Deilbach.
Geologische Entwicklung
An der Wasserscheide des Rothaargebirges, wo die Ruhr ihren Ursprung hat, entspringen etliche Nebengewässer der oberen und mittleren Ruhr. Die Quelle der Namenlose beispielsweise liegt in nur rund 1,5 Kilometern Entfernung von der Ruhrquelle entfernt, um sich dann über die Neger unterhalb von Siedlinghausen am Rande des Rothaargebirges mit der Ruhr zu vereinen. Von der Ruhrquelle bis zum Ursprung ihres größten Nebenflusses, der Lenne, beträgt die Distanz gerade einmal 8 Kilometer. Der hohe Kamm des Rothaargebirges ist in der Erdgeschichte weiter aufgefaltet worden und bis heute erosionsbeständiger als die übrigen Bereiche des umgebenden Mittelgebirges, durch das die Ruhr und ihre Nebenflüsse das Wasser nach Süden ableiten.
Bereits nach Verlassen des Rothaargebirge bei Olsberg hat die Ruhr etwa die Hälfte des bis zum Rhein zu überwindenden Höhenunterschiedes überwunden. Dabei wird das Ruhrtal von bis zu 400 Meter höheren Kuppen des Mittelgebirges überragt. Die runden Wölbungen der Berge des Sauerlandes sind die nach langer Erosion entstandenen Überbleibsel eines Gebirges, das im Paläozoikum und Mesozoikum entstanden ist. Die Täler wurden hier seit dem Tertiär und Quartär ausgewaschen.
Das mittlere Ruhrtal zeigt eine mehrstufige Terrassenlandschaft, die im Verlauf der wechselnden Vereisungen während des Pleistozän ausgebildet worden ist. Während der Drenthestadien der Saaleeiszeit reichte die Vergletscherung Norddeutschlands bis an die Ruhr vor dem Nordrand des Mittelgebirges heran. Die Oberflächengestalt des mittleren und unteren Ruhrtals wurde damals vom abfließenden Schmelzwasser und von der schiebenden Kraft des Eises geformt. Die Schmelzwasser des Gletschers strömten durch das Ruhrtal nach Westen. Zeitweilig war der Abfluss durch eine Barriere aus Eismassen und Geröll beim heutigen Essen behindert, so dass ein gewaltiger eiszeitlicher See aufgestaut wurde, der das Tal noch beim heutigen Schwerte füllte. Der Ost-West-Verlauf des Ruhrtals sammelt in der Gegenwart überwiegend das vom südlich gelegenen Mittelgebirge herangeführte Wasser.
Die letzten Kilometer der Ruhr und ihre Mündung liegen im Niederrheinischen Tiefland. In der Ebene hat sich der Lauf des Flusses, wie auch der des Rheins, mit der Zeit immer wieder verlagert. Zuletzt jedoch hat der Mensch die Mündung verändert und ihre vorläufig endgültige Position bestimmt.
Bedeutung
Von der Ruhr bekam das Ruhrgebiet seinen Namen. Die Industrialisierung der Region nahm hier ihren Anfang, da die Ruhr zu einem schiffbaren Verkehrsweg für die Ruhrschifffahrt im 18. Jahrhundert ausgebaut wurde. Die Kohleflöze traten überall in der Nähe des Flusses an die Oberfläche und fallen nach Norden hin immer tiefer ab. So wurden die ersten Zechen in der Nähe der Ruhr angelegt, und wanderten später weiter nach Norden, um in größeren Tiefen die Kohle abzubauen. So entwickelte sich das Ruhrgebiet immer weiter nördlich der Ruhr in Richtung Emscher.
Historische Befestigungslinie
Der Lauf der Ruhr und ihr Tal mit teils steilen Hängen stellen ein natürliches Hindernis dar. Aufgrund dieser landschaftlich günstigen Situation, und um die Flussübergänge der Handelsstraßen zwischen dem Bergischen Land im Süden und der Hellwegzone im Norden zu sichern, entstanden an den Hängen des Ruhrtals zahlreiche Burgen und Adelssitze. Die früheste, noch erhaltene Befestigungsanlage ist Schloss Broich, das Ende des 9. Jahrhunderts als Sperrfort gegen die Wikinger erbaut wurde. Broich gehört zu den bedeutendsten mittelalterlichen Wehrbauten der späten Karolingerzeit im Ruhrgebiet. Andere Burgen gehörten im 13. Jahrhundert zum Erzbistum Köln, zur Grafschaft Mark, zum Herzogtum Berg, oder zur Grafschaft Limburg.
Heute noch genutzt, oder als Ruinen erhalten, sind zum Beispiel das Schloss Arnsberg; in Dortmund die Hohensyburg; in Hagen das Wasserschloss Werdringen; die Burg Wetter und die Burg Volmarstein in Wetter; Schloss Steinhausen, die Burg Hardenstein, Haus Witten und Haus Herbede in Witten; das Haus Kemnade, die Burg Blankenstein und die Isenburg in Hattingen; die Burg Altendorf und die Neue Isenburg in Essen.
Industriegeschichte
Bereits vor der industriellen Revolution wurden im Ruhrtal die verschiedensten Handwerke und Fertigungen unterhalten, zu deren Betrieb Wasser oder Wasserkraft notwendig waren. In Mülheim entwickelte sich um das Jahr 1650 die Lederherstellung, die auf Ihrem Höhepunkt im Jahre 1920 über 50 Betriebe umfasste. Auch in den ehemals selbständigen Ortschaften Kettwig und Werden lebte man von jeher an und mit dem Fluss. Der Deilbachhammer in Kupferdreh ist ein erhaltenes Zeugnis vorindustrieller Eisenverarbeitung an einem Nebengewässer der Ruhr. Jahrzehntelang hat die Henrichshütte im Ruhrtal Hattingens Wirtschaft dominiert. Jetzt sind die alten Hochöfen Teil des Westfälischen Industriemuseums. Die Route der Industriekultur widmet sich dem Thema der Industriegeschichte der Ruhr.
Die Übertragung des Flussnamens der Ruhr auf die Bezeichnung der Städtelandschaft des Ruhrgebiets, die heute überwiegend nördlich des Flusses liegt, war an die historische Entwicklung der Industrialisierungsphase gekoppelt, insbesondere an die Nordwanderung des Bergbaus. Kohleabbau war zunächst vor allem im Ruhrtal leicht möglich, denn hier treten die Kohleflöze zu Tage. Auch konnte im Stollenbergbau ohne aufwändige Steilschächte der Abbau untertage vorangetrieben werden. Mülheim, Witten oder Wetter an der Ruhr waren Zentren dieser frühen Industrialisierung an der Ruhr. Entsprechend verstand man unter dem Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert zunächst das industrialisierte Gebiet an der mittleren und unteren Ruhr.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichte der Bergbau die Emscherregion. Die Technik war so weit fortgeschritten, dass die dort tiefer liegenden kohleführenden Schichten unter mächtigen Deckgebirgen erreicht werden konnten. Bereits im frühen 20. Jahrhundert wurde der Begriff Ruhrgebiet gelegentlich für die gesamte Industrieregion nördlich der Ruhr benutzt, die sich dabei noch in einer Phase schnellen Wachstums befand. Seit etwa 1930 wird das Ruhrgebiet als der durch Montanindustrien entstandene und geprägte Ballungsraum wahrgenommen, wie wir ihn heute kennen.
Gegenwärtig wird damit, wie selbstverständlich, die gesamte Region des vom Bergbau geprägten Gebietes zwischen Ruhr und Lippe als Ruhrgebiet definiert. Der Name ist dabei eng mit den Grenzen der Regionalverbandes Ruhr verknüpft, dessen Vorläuferorganisationen Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk seit 1920 und ab 1979 Kommunalverband Ruhrgebiet jeder auf seine Art den Namen des Flusses in der Bezeichnung führten, zunächst als Gebiet des Kohlebergbaus an der Ruhr, dann als städtisch geprägtes Gebiet an der Ruhr. Heute tritt der Flussname als eigenständiges Synonym für den Verbund der Städte und Kreise der Region hervor.
Transportweg Ruhrtal
Die Ruhr als Wasserstraße
Die Ruhr ist von der Mündung bis hinauf nach Mülheim an der Ruhr über den Ruhrschifffahrtskanal zur Bundeswasserstraße ausgebaut. In Duisburg ist die Ruhr oberhalb des Ruhrwehres durch einen Kanal mit dem Rhein-Herne-Kanal verbunden. Von Mülheim weiter flussaufwärts bis Essen-Rellinghausen ist sie als Landeswasserstraße für Fahrzeuge mit einem maximalen Tiefgang von 1,70 Metern, einer Länge von höchstens 38 Metern und einer Breite von bis zu 5,20 Metern befahrbar.
Bedeutung für den Transport erlangte die Ruhr im 18. Jahrhundert für die Kohle. 1770 veranlasste die preußische Regierung unter König Friedrich II. daher eine Studie über einen möglichen Ruhrausbau, der zwischen 1774 und 1780 umgesetzt wurde. 16 Schleusen, Buhnen und der heute vielfach als Rad- und Fußweg genutzte Leinpfad stammen aus dieser Zeit.
Schiffbar war die Ruhr zuvor natürlicherweise nur zwischen der Ruhrmündung bei Ruhrort und Mülheim an der Ruhr. Seit dem 14. Jahrhundert befuhren Duisburger, Ruhrorter und Mülheimer Schiffe den Unterlauf des Flusses. Nur die Zechen im Mülheimer Raum konnten von diesem preiswerten Transportweg profitieren. In Mülheim entstand die erste Kohleniederlage des Ruhrgebiets, verbunden durch Schiebewege zu den Kleinzechen. Ab etwa 1750 wurde die Ruhr hier gezielt als Transportweg für den Absatz der Kohle ins übrige Rheinland genutzt. Die Werdener Zechen mussten ihre Kohle über Kohlfurt nach Solingen und Cronenberg schaffen.
Nach dem Ruhrausbau, also in den Jahren zwischen 1780 und 1801, fuhren Schiffe die Ruhr hinauf bis Fröndenberg-Langschede. In dem kleinen Langscheder Hafen wurden Getreide aus dem Umland und Salz aus der Saline Königsborn verladen. Der nun deutlich vereinfachte Kohlentransport ins Rheinland führte wiederum zu einer höheren Nachfrage. Die für die Ruhrschiffahrt eingesetzte Aaken zeichneten sich durch ihren geringen Tiefgang aus, bei einer Nutzlast von bis zu 175 t. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts verlagerte sich jedoch der Transport auf die Eisenbahn, so dass die Ruhr für den Güterverkehr wirtschaftlich uninteressant und oberhalb von Mülheim eingestellt wurde.
An der Mündung in Duisburg-Ruhrort entstand mit den Duisburg-Ruhrorter Häfen der größte Binnenhafen Europas.
Eisenbahnverkehr im Tal
Das geringe Gefälle des mittleren und unteren Ruhrtals war natürlicher Weise gut geeignet für den Eisenbahnbau. Der erste Gleisabschnitt entlang des Flusses wurde bereits 1847 mit der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn zwischen Überruhr, Kupferdreh und Steele in Betrieb genommen. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde die Bahnstrecke zur Ruhrtalbahn komplettiert. Der Strecke kam eine wichtige Rolle beim Kohletransport in der Industrialisierungsphase des Ruhrgebiets zu.
Die Trasse wird im Nahverkehr des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr heute von der S-Bahnlinie S6 zwischen Essen-Kettwig und Essen-Werden befahren. Außerdem verkehren weiter östlich auf ihr, von Wetter kommend, bis Hagen-Vorhalle Züge der Ruhr-Lenne-Bahn und des Ruhr-Sieg-Express, die auch auf ihrem Weg zur Lenne wieder die Ruhrtalbahn befahren. Von Hagen in Richtung Bestwig verkehren der Sauerland-Express und der Dortmund-Sauerland-Express bis Olsberg auf der Bahn an der Ruhr. Auf dem mittleren Abschnitt der Strecke gibt es heute einen mit Dampfloks betriebenen Museumszugverkehr des Eisenbahnmuseums in Bochum-Dahlhausen von Dahlhausen über Hattingen bis Hagen. Auch der älteste Streckenabschnitt der Ruhrtalbahn wird noch immer befahren, jetzt von der S9 auf ihrem Weg von Haltern nach Wuppertal. Von Steele bis Hattingen verkehrt heute die S-Bahnlinie S3.
In Herdecke überspannt ein 313 Meter langer, 1879 erbauter Viadukt das Ruhrtal. Auf der Strecke verkehrte zwischen Dortmund und Düsseldorf die ehemalige Rheinische Eisenbahn. Noch heute wird dieses Brückenbauwerk von der Volmetalbahn auf der Strecke zwischen Hagen nach Herdecke genutzt.
Eine weitere imposante Eisenbahnbrücke überspannt in Witten das Ruhrtal. Der 1916 für die Bahnstrecke Witten–Schwelm erbaute Viadukt wird heute noch von Güterzügen zwischen Witten und Hagen befahren.
Straßenverkehr an der Ruhr
Während die Ruhrtalbahn zumeist am linken Ufer der Ruhr ihre Trasse besitzt, wird die gegenüberliegende Seite häufig für wichtige Verkehrsverbindungen genutzt. So führen zwischen Bestwig und Wickede die A 46 und A 445 zu wesentlichen Teilen am Fluss entlang, zwischen Wetter und Witten ist es die B 226. Am Kemnader See, zwischen Bochum und Witten, verkehrt die A 43 direkt am Rande des Sees, nahe Essen-Heisingen ist es die B 227. Die A 52 wird über die größte Ruhrtalbrücke bei Mintard über das Ruhrtal geführt. Die B 51 ist die moderne Variante der historischen Verbindung über die Ruhrbrücke zwischen Hattingen und Bochum.
Energielieferant
Die Ruhr wird seit Beginn der Elektrifizierung als Energielieferant genutzt. So gibt es entlang des Flusses zahlreiche, private und auch kommunale Wasserkraftwerke, zumeist Laufwasserkraftwerke wie in Wiemeringhausen, Olsberg, Nuttlar, Alfert, Velmede, Eversberg, Heinrichsthal, Stockhausen, Freienohl, Wildshausen, Arnsberg, Fröndenberg, Schwerte/Westhofen, Wetter und Witten. In Herdecke steht das große Pumpspeicherkraftwerk Koepchenwerk in relativer Nachbarschaft zum Laufwasserkraftwerk Hengstey. Die gesamte Ausbauleistung der Wasserkraftwerke an der Ruhr beträgt rund 85.000 kW. Des Weiteren wird das Ruhrwasser auch als Kühlwasser für mit Kohle befeuerte Dampfkraftwerke genutzt.
Historischer Industriefluss
In Folge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Ruhr durch Einleitungen von Abwässern aus Industrie, Bergbau, Landwirtschaft und Haushalten stark belastet. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg charakterisierte der Münsteraner Zoologe August Thienemann den Fluss so:
„... eine braunschwarze Brühe, die stark nach Blausäure riecht, keine Spur Sauerstoff enthält und absolut tot ist“
Zur selben Zeit erstellte Karl Imhoff bei der Emschergenossenschaft sein Gutachten über die Reinhaltung der Ruhr. Diese Arbeit des Pioniers der Abwasserreinigung war Grundlage für das Ruhrreinhaltungsgesetz, das bereits 1913 erlassen wurde. Eine weitere Folge war der Aufbau des Ruhrverbandes, dessen Geschäfte Imhoff von 1922 bis zu seiner Absetzung durch die Nationalsozialisten 1934 führte. Aufgabe des Ruhrverbandes ist bis heute die Wassergütewirtschaft, unter anderem mit dem Ziel, Trinkwassergewinnung im Bereich der Ruhr sicherzustellen. Insgesamt war der Fluss durch diese getroffenen Maßnahmen schon lange vor anderen Flüssen in Ballungsräumen in einen guten Zustand biologischer Gewässergüte versetzt worden.
1943 wurde die Talsperre des Möhnesees durch eine Bombe teilweise gesprengt. Die Flutwelle richtete damals noch 100 Kilometer weit weg in Essen große Schäden an. 1200 Menschen starben. Die Flutwelle breitete sich, dadurch dass die Möhne ein Zustrom der Ruhr ist, entlang deren Flusslaufes aus.
Wasserwirtschaft
Die Ruhr ist ein windungsreicher Fluss, der in seinem Oberlauf im gebirgigen Hochsauerland zunächst eher als Bach erkennbar ist, durch die Zuflüsse seiner Nebengewässer schließlich zum fünftgrößten Nebenfluss des Rheins wird. Das Verhältnis von Hoch- zu Niedrigwasser liegt bei 1:500, was sich aus der fast ausschließlichen Lage des Einzugsgebiets der Ruhr im Rheinischen Schiefergebirge erklärt. Dessen Böden können nur sehr wenig Wasser aufnehmen. Mehrere Talsperren an Nebenflüssen der Ruhr im Sauerland dienen der Trinkwassergewinnung, sowie in geringen Maßen der Abflussregulierung. Fünf Ruhrstauseen zwischen Dortmund und Essen haben gleichfalls für den Hochwasserschutz nur eine geringe Bedeutung und sind vorrangig Teil des umfangreichen Systems zur Wassergewinnung.
Aufgrund des zuvor erwähnten geomorphologischen Landschaftsbildes liegt das Einzugsgebiet der Ruhr zumeist südlich von ihr, und die Wasserscheide zum Emscher-Flusssystem schließt sich in geringer Entfernung vom Ruhrtal direkt nördlich an. Einschließlich ihrer Nebenflüsse liegt ihr Einzugsgebiet fast vollständig im Bundesland Nordrhein-Westfalen (4.481 von 4.485 km²) und zu einen kleinen Teil in Hessen. Als Teileinzugsgebiet gehört das gesamte Flusssystem der Ruhr zum Einzugsgebiet des Rheins.
Trinkwassergewinnung
Im direkten Einzugsgebiet der Ruhr leben ungefähr 2,2 Millionen Menschen, die ihr Trink- und Brauchwasser aus ihr beziehen. Das Wasser wird im Kies und Sand des Flussbetts filtriert und zur Grundwasseranreicherung eingesetzt. Neben diesem Verfahren existieren auch Brunnen zur Gewinnung von Uferfiltrat und Grundwasser ohne Anreicherung. Insgesamt wird in den Wassergewinnungsanlagen von 20 Wasserwerken gefördert. Die Gewinnung, Förderung, Aufbereitung und Bereitstellung von Trinkwasser an der Ruhr wird unter anderen durch die Unternehmen Gelsenwasser AG, Wasserwerke Westfalen GmbH, Wassergewinnung Essen GmbH und Wasserbeschaffung Mittlere Ruhr GmbH realisiert. 15 Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung an der Ruhr sind in der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr organisiert.
Durch acht Rückpumpwerke wird das Wasser an den Stauwehren zurückgepumpt, um einen ausreichenden Wasserstand für die Wassergewinnung zu gewährleisten:
- Duisburg
- Raffelberg
- Kahlenberg
- Kettwiger See
- Baldeneysee
- Spillenburg
- beim Wasserkraftwerk Horster Mühle, Essen-Horst
- an der Schleuse Dahlhausen, Bochum-Dahlhausen
Insgesamt werden jährlich etwa 510 Millionen Kubikmeter Trinkwasser gefördert. Aus dem Flussgebiet der Ruhr wird über Rohrleitungen auch Wasser in die benachbarten Fluss-Systeme von Emscher und Lippe übergeleitet, so dass die Ruhr insgesamt rund 5,2 Millionen Menschen mit Wasser versorgt. Federführend ist der Ruhrverband.
Bereits im Gebiet um Fröndenberg wird die Ruhr stark zur Wasserversorgung genutzt. Von dort aus wird Wasser entnommen, um größere Teile des östlichen Ruhrgebiets mit Wasser zu versorgen.
Gewässergüte
Die Wasserqualität des Flusses liegt heute überwiegend bei der Gewässergüteklasse II. Im Bereich der Quelle wird sogar die höchste Güteklasse I erreicht. Nur in wenigen Flussabschnitten wird die Güteklasse II-III bestimmt. Im Sommer 2006 wurden im Wasser der Ruhr, erhöhte Konzentrationen perfluorierter Tenside nachgewiesen. Sie stammen aus kontaminierten Düngemitteln, die auf Äckern im Einzugsgebiet des Flusses ausgebracht wurden. Die Hauptbelastung wird über die Möhne eingetragen. Als Folge muss das Wasser für die Trinkwassergewinnung zusätzlich mit Aktivkohle gefiltert werden. Außerdem wird durch Zuleitungen aus unbelasteten Talsperren die Konzentration an PFT in der Ruhr unter den gesetzlichen Grenzwert gesenkt.
Erholungsraum
Wer eine herrliche Gegend kennen lernen will, findet im Ruhrtal reiche Befriedigung; denn alles, was eine heitere Landschaft zu schmücken vermag, ist hier in einem Bezirk von wenigen Stunden zu Fuß vereint anzutreffen: ein liebliches Tal, von heiteren Bergen bekränzt, Ritterburgen und Ruinen, fruchtbare Fluren und duftende Wiesen und dabei Gewerbfleiß und Handel. J. F. Wilhelmi, 1828
Das Ruhrtal hat insbesondere für das Ruhrgebiet eine wichtige Funktion als Erholungsraum. Die Ruhrufer sind weitgehend von Industrie und Bebauung verschont und von Wiesen geprägt. Entlang der Ufer verlaufen auf den alten Leinpfaden an vielen Stellen Rad- und Fußwege. Auf der Ruhr verkehren abschnittweise Ausflugsschiffe. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Ruhrstauseen Hengsteysee, Harkortsee, Kemnader See, Baldeneysee und Kettwiger See, sowie die Stadt Mülheim an der Ruhr, deren Wasserbahnhof Ausgangspunkt der Weißen Flotte, einer Reihe von Ausflugsschiffen, ist. Auf dem Kemnader See verkehren Fahrgastschiffe zwischen dem Kemnader Wehr und der Lakebrücke an der Ruhr oberhalb des Sees in Witten-Herbede.
Auf dem Fluss und den Stauseen wird vielfältig Wasser- und anderer Sport betrieben. Zahlreiche Kanu- und Rudervereine sind an den Ufern beheimatet. Auf den Seen wird gesegelt und es können Ruder-, Paddel- oder Tretboote gemietet werden. Hinzu kommen Plätze am Ufer für Beachvolleyball oder als Ausgangspunkt für Windsurfing. Die ebenen Wege rund um die Stauseen sind insbesondere im Sommer ein beliebtes Ziel für die Inline-Skater des Ruhrgebietes. Die Ruhr ist allerdings kein Badegewässer, da weiterhin belastete Abwässer über die Zuflüsse und einige Kläranlagen eingeleitet werden. Dennoch baden viele Menschen, insbesondere oberhalb des Lenne-Zuflusses, problemlos in der Ruhr.
Entlang der Ruhr führt der gut 240 Kilometer lange Ruhrhöhenweg des Sauerländischen Gebirgsvereins Wanderer von der Quelle bis zur Mündung.
Die Ruhr war schon früh Naherholungsgebiet und die Höhen über dem Fluss Wohngebiet der wohlhabenden Bevölkerungsschicht. So ließ Alfred Krupp sich zum Beispiel seine Villa Hügel 1873 auf den Anhöhen über der Ruhr im Essener Süden errichten.
Seit April 2006 führt der gutbeschilderte Ruhrtalradweg über 220 Kilometer von der Quelle bis zur Mündung. Der ausgechilderte Weg führt überwiegend in Flussnähe auf der Talsohle entlang. Vom Frühling bis zum Herbst setzt in Witten bei der Burgruine Hardenstein ein Fährmann die Radfahrer auf Zuruf über den Fluss.
Fauna
Fischfauna
In der unteren und mittleren Ruhr leben derzeit 28 verschiedene Arten von Fischen und Rundmäulern sowie eine höhere Krebsart, der Amerikanische Flusskrebs (Oronectes limosus). Im Oberlauf der Ruhr sind beispielsweise Bachforelle und Koppe zu finden, dann, mit dem Flusslauf, Äsche und Gründling, in der Barbenregion Barbe und Rotfeder und Hecht, im Unterlauf schließlich als Beispiele Brasse, Döbel, Schleie und Karpfen. Im Januar 2000 wurden in der Fischschleuse Mülheim-Kahlenberg Flussneunaugen (Lampetra fluviatilis) entdeckt, eine Art, die bis dahin in der Ruhr als ausgestorben galt. Bei Wetter wurde vor einigen Jahren die Quappe (Lota lota) wieder eingebürgert. Die im Fluss natürlicher Weise zu erwartenden Langstreckenwanderer wie Lachs, Maifisch, Stör und Meerneunauge fehlen in der Ruhr, was auf die Unterbrechung der Wanderungswege durch Wehre zu erklären ist. Dies soll im Rahmen des Ruhrauenkonzeptes in den nächsten Jahren geändert werden. Durch den Bau von Fischaufstiegen an den anthropogenen Barrieren will man die ökologische Durchgängigkeit erreichen.
Avifauna
Zu erwarten wäre eine typische Auswahl von Vögeln einer Auenlandschaft. Zahlreiche Natur- und Vogelschutzgebiete im Ruhrtal bieten der Vogelwelt eine gute Entwicklungsgrundlage. Tatsächlich sind an der Ruhr und ihren Stauseen Eisvogel, Graureiher, verschiedene Entenarten, Grau- und andere Wildgänse, Höckerschwäne, Uferschwalben, Kormorane, Lachmöwen, Haubentaucher, Zwergtaucher, Blässrallen und Gänsesäger anzutreffen.
Siehe auch
- Liste der Sehenswürdigkeiten im Ruhrtal
- Ruhrschifffahrt, mit einer Liste der Ruhrschleusen
- Nebenflüsse des Rheins
Literatur
- Naturschutzzentrum Märkischer Kreis e. V. (Hrsg.): Die Ruhr - Elf flussbiologische Exkursionen. Martina-Galunder-Verlag, Wiehl 1998, ISBN 3931251357
- Gustav Adolf Wüstenfeld: Die Ruhrschiffahrt von 1780 bis 1890. G. A. Wüstenfeld, Wetter (Ruhr) 1978. ISBN 392201402X
- Christoph Schmitz: Die Ruhrbrücken. Von der Quelle bis zur Mündung zwischen Einst und Jetzt. Ardey-Verlag 2004. ISBN 3-87023-311-7
- Harald Polenz: Von Grafen, Bischöfen und feigen Morden. Klartext-Verlag, Essen 2004. ISBN 3898612600
Weblinks
- www.ruhr.nrw.de
- LÖBF-Informationssystem Die Ruhr
- Blickpunkt Ruhr, private Site mit touristischen Hinweisen;
- Das Schulprojekt Lebensraum Ruhr
- Ruhrtal à la Karte
- Website des Ruhrverbands
- Bildergalerie Ruhr (Wikipedia)
- Wasserwerke Westfalen - Trinkwasser aus dem Ruhrtal, u.a. mit einer Animation zur Trinkwassergewinnung