Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau 2024

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Präsidentschaftswahl 2024
Staat Moldau Republik Moldau
Datum 20. Oktober und 3. November
(1. und 2. Wahlgang)
Wahlbeteiligung 51,7 %
Zusammenfassung der Stimmen
Maia Sandu (PAS)
42,5 %
Alexandr Stoianoglo (PSRM)
26,0 %
Renato Usatîi (PN)
13,8 %
Irina Vlah (Unabh.)
5,4 %
Victoria Furtună (Unabh.)
4,4 %
Vasile Tarlev (PVM)
3,2 %
Ion Chicu (PDCM)
2,1 %
Sonstige < 1,0 %
2,6 %
Stimmenstärkste Partei nach Kreisen
Präsidentin vor der Wahl
Maia Sandu
2020 2028

Der erste Wahlgang für die Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau 2024 fand am 20. Oktober statt; am selben Tag wurde auch das Referendum über die Mitgliedschaft Moldaus in der Europäischen Union durchgeführt. Die amtierende Präsidentin Maia Sandu erhielt über 42 % der Stimmen im ersten Wahlgang, verpasste aber die absolute Mehrheit. Ein daher notwendiger zweiter Wahlgang der Präsidentschaftswahl findet am 3. November statt.

Die letzte Präsidentschaftswahl in der Republik Moldau am 1. November 2020 hatte Maia Sandu, die Kandidatin der liberal-konservativen Partei der Aktion und Solidarität (PAS) gewonnen. Nach ihrer Wahl machte die neu gewählte Präsidentin, entsprechend ihrer Ankündigungen vor der Wahl den Kampf gegen die im Land grassierende Korruption zu einem Hauptthema ihrer Politik.[1] Zum anderen verfolgte Sandu einen konsequent pro-europäischen Kurs, mit dem erklärten Ziel, die Republik Moldau näher an die Europäische Union heranzuführen. Eine wesentliche politische Wendung wurde durch den russischen Überfall auf die Ukraine, das Nachbarland der Republik Moldau, herbeigeführt. Eine Woche nach Beginn der russischen Invasion stellte die Republik Moldau am 3. März 2022 offiziell einen Aufnahmeantrag in die Europäische Union.[2]

Präsidentin Sandu hatte im Jahr 2023 ihre erneute Kandidatur angekündigt.[3] Das Parlament beschloss, die Präsidentschaftswahl am selben Tag wie ein Referendum zum EU-Beitritt abzuhalten. Darüber hinaus kündigte Sandu den Start einer Online-Plattform an, auf der für das Referendum geworben werden sollte. Das EU-Beitrittsprojekt stieß jedoch nicht in allen politischen Lagern auf Zustimmung. Traditionell ist das moldauische politische Spektrum in ein pro-euopäisches und ein pro-russisches Lager gespalten. Die pro-russischen politischen Kräfte argumentieren vor allem mit Befürchtungen, dass eine Aufnahme Moldaus in die Europäische Union letztlich zu einem Anschluss an Rumänien und zu einer Unterdrückung der zahlreichen nicht-rumänischen Minderheiten in der Republik Moldau führen würde. Außerdem präsentieren sich die pro-russischen Politiker als Verteidiger traditioneller Werte (Familie, Vaterland etc.) und agitieren beispielsweise gegen LGBT-Rechte, Liberalismus u. ä.

Krisenherde Transnistrien und Gagausien

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Republik Moldau mit:
Transnistrien und
Gagausien

Ein Dauerproblem Moldaus ist der Transnistrien-Konflikt. Seit 1992 existiert auf dem Staatsgebiet der Republik Moldau auf der östlichen Seite des Flusses Dnister die selbst proklamierte „Republik Transnistrien“ mit einer zahlenmäßig starken russischsprachigen Bevölkerung, ein von Russland unterstütztes, aber von keinem Staat der Welt diplomatisch anerkanntes de-facto-Regime, das durch etwa 1500 Mann dort stationierte russische Truppen gestützt wird. Auf dem Gebiet Transnistriens existiert bei Cobasna das umfangreichste Waffenlager Osteuropas noch aus sowjetischer Zeit.[4] Nach einem international nicht anerkannten Referendum erklärte sich Transnistrien 2006 für unabhängig. Internationalen Einschätzungen zufolge hat sich Transnistrien zu einem Zentrum der Korruption, der organisierten Kriminalität, des illegalen Waffenhandels, des Menschenhandels und der Geldwäsche entwickelt.[5][6]

Ein weiteres Krisengebiet ist die autonome Region Gagausien im Süden Moldaus. Die in der Region die Bevölkerungsmehrheit bildenden Gagausen sind eine turksprachige Minderheit. Die politische Führungsschicht Gagausiens pflegt traditionell enge Kontakte zu Russland. Die seit 2023 amtierende Gouverneurin Evghenia Guțul ist als ausgesprochen russlandfreundlich bekannt und pflegt persönliche Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Einflussversuche von russischer Seite

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2023 beschuldigte Präsidentin Sandu Moskau, ihre Regierung systematisch destabilisieren zu wollen. Russland plane mit militärisch ausgebildeten Saboteuren gewalttätige Aktionen sowie Angriffe auf staatliche Institutionen und Geiselnahmen.[7] Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl mehrten sich die Anzeichen, dass Russland die Wahl in seinem Sinne beeinflussen wollte. Am Flughafen Chișinău wurden in den Monaten vor der Wahl bei Gepäckkontrollen zahlreiche Personen identifiziert, die mit größeren Geldsummen von einem Kurzbesuch in Russland zurückkehrten – zum Teil über Verbindungsflüge via Jerewan oder Istanbul. Die Geldsummen beliefen sich auf einige Tausend Euro, was per se nicht illegal war. Jedoch erschien das Muster verdächtig, so dass die moldauischen Behörden das Geld vorläufig konfiszierten. Insgesamt wurden 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, die bemerkenswerterweise anschließend von niemandem zurückgefordert wurden. Es wurde vermutet, dass die Gelder zur Unterstützung der Interessen von Ilan Șor, einem im russischen Exil lebenden moldauisch-israelischen Geschäftsmann und Oligarchen bestimmt waren. Șor war 2017 wegen Unterschlagung von 700 Millionen US-Dollar aus Moldaus Bankensystem in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Die von ihm gegründete Șor-Partei wurde 2023 von Verfassungsgericht verboten, bis im März 2024 das Oberste Gericht Moldaus das Verbot aufhob.[8]

Nachdem sich ergeben hatte, dass die Geldtransfers via direkte „Kuriere“ nicht mehr durchführbar waren, seien die Gelder über die russische Promswjasbank (PSB) nach Moldau geflossen. Nach Angaben des Polizeichefs hatten bis Anfang Oktober 2024 insgesamt 130.000 Personen – etwa 10 % der Wahlberechtigten – Zahlungen über die PSB erhalten. Alleine im September 2024 seien 15 Millionen US$ transferiert worden. Șor rief die Wähler in unverblümter Weise dazu auf, „jemanden zu wählen, mit dem er zusammenarbeiten könne“. Er versprach Rentnern im Fall eines günstigen Wahlausgangs monatliche Zahlungen von 5000 moldauischen Leu (etwa 200 €). Moldaus leitende Anti-Korrruptionsbeauftragte, Veronica Dragalin, frühere Staatsanwältin in Los Angeles,[9] äußerte, dass sie kein Beispiel kenne, „wo sonst ein so unverschämter und offener Versuch zur Manipulation einer Wahl stattgefunden“ habe.[8]

Meinungsumfragen

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Insgesamt wurden elf Kandidaten zur Wahl zugelassen. Nach Meinungsumfragen lag die amtierende Präsidentin Sandu durchgehend deutlich in Führung. Ihr kam dabei die Zersplitterung der Opposition zugute. Es wird damit gerechnet, dass es zu einer Stichwahl zwischen Sandu und dem zweitplatzierten Bewerber kommen wird.[10]

Nach Auszählung nahezu aller Wahlzettel verfehlte Sandu mit rund 42 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und muss damit in die Stichwahl gehen. Ihr Gegner wird der frühere Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo sein, der rund 26 Prozent der Stimmen erhielt und für die traditionell starke Sozialistische Partei des prorussischen Ex-Präsidenten Igor Dodon antritt.[11] Im gleichzeitigen Referendum über einen EU-Beitritt Moldaus zeichnete sich ein äußerst knapper Ausgang ab. Nach Auszählung von 99,7 Prozent der Stimmen haben die Menschen in der früheren Sowjetrepublik allem Anschein nach mit hauchdünner Mehrheit für die Verankerung des EU-Kurses in der Verfassung gestimmt. Laut Wahlkommission stimmten 50,45 Prozent für die Änderung der Verfassung, in der der proeuropäische Kurs unabänderlich als strategisches Ziel festgeschrieben werden soll. Rund 49,55 Prozent waren dagegen.[11]

Kandidaten Parteien 1. Wahlgang 2. Wahlgang
Stimmen % Stimmen %
Maia Sandu Partidul Acțiune și Solidaritate 656.354 42,5
Alexandr Stoianoglo Partidul Socialiștilor din Republica Moldova 401.726 26,0
Renato Usatîi Partidul Nostru 213.168 13,8
Irina Vlah unabhängig 83.226 5,4
Victoria Furtună unabhängig 68.779 4,4
Vasile Tarlev Partidul pentru Viitorul Moldovei 49.317 3,2
Ion Chicu Partidul Dezvoltării și Consolidării Moldovei 31.785 2,1
Octavian Țîcu Blocul electoral “Împreună” 14.315 0,9
Andrei Năstase unabhängig 9.952 0,6
Natalia Morari unabhängig 9.448 0,6
Tudor Ulianovschi unabhängig 8.008 0,5
Gesamt 1.546.078 100 100
Ungültige Stimmen 16.627 1,1
Wähler 1.562.705 51,7
Wahlberechtigte 3.023.810
Quelle: Comisia Electorală Centrală a Republicii Moldova

Einzelnachweise

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  1. Moldau stimmt für EU-Kurs. In: Zeit Online. 12. Juli 2021, abgerufen am 20. Oktober 2024.
  2. Republik Moldau: EU-Referendum und Präsidentschaftswahl am 20. Oktober. EURACTIV.com / Reuters, 17. Mai 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024.
  3. Zwischen europäischer Annäherung und russischer Bedrohung, Die Zeit, 19. Oktober 2024
  4. Simion Ciochina/Robert Schwartz: Explosive inheritance. In: Deutsche Welle. 12. Januar 2015, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  5. Transnistria profile. In: BBC News. 15. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  6. Global Organized Crime Index: Moldova. (PDF) Global Initiative against transnational organized crime, 2021, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  7. Moldova's pro-EU President Sandu accuses Russia of coup plot. In: BBC News. 13. Februar 2023, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  8. a b Sarah Rainsford: Russian cash-for-votes flows into Moldova as nation heads to polls. In: BBC News. 19. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  9. Sunniva Rose: Meet the former Los Angeles prosecutor leading Moldova's returning reformists. In: thenationalnews.com. 7. Juni 2023, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch).
  10. Brigitta Triebel: Die Republik Moldau vor der Präsidentschaftswahl und dem EU-Referendum. Konrad-Adenauer-Stiftung, 16. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024.
  11. a b RFE/RL's Moldovan Service: Results Show Moldovans Determined To Continue On Way To Europe, Sandu Says. In: RadioFreeEurope/RadioLiberty. (rferl.org [abgerufen am 21. Oktober 2024]).