Palmlanzenottern

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Palmlanzenottern

Gelbgefleckte Palmlanzenotter (Bothriechis aurifer)

Systematik
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
ohne Rang: Toxicofera
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Familie: Vipern (Viperidae)
Unterfamilie: Grubenottern (Crotalinae)
Gattung: Palmlanzenottern
Wissenschaftlicher Name
Bothriechis
Peters, 1859

Die Palmlanzenottern (Bothriechis) sind eine Gattung aus der Familie der Vipern (Viperidae). Innerhalb dieser gehören sie zu den amerikanischen Vertretern der Grubenottern (Crotalinae). Die Giftschlangen leben von Mexiko über Mittelamerika bis nach Kolumbien und Venezuela. Gegenwärtig gibt fast 20 beschriebene Arten.

Die Gattung der Palmlanzenottern besteht aus mittelgroßen Schlangenarten, die im Regelfall Körperlängen von 60 bis 80 Zentimetern erreichen. Nur wenige Individuen werden bis zu einem Meter lang, wobei das längste bekannte Exemplar eine männliche B. aurifer mit einer Körperlänge von 1,01 Metern war. Dabei kommt bei allen Arten ein Sexualdimorphismus vor. Dabei sind bei der Greifschwanz-Lanzenotter und der Schwarzgefleckten Palmlanzenotter die Weibchen größer als die Männchen, bei allen anderen Arten ist dies umgekehrt. Sie sind schlank gebaut und weisen einen Greifschwanz auf, der ungefähr 17 Prozent der Körperlänge ausmacht. Die Schnauze kann breit und abgerundet (B. aurifer, B. rowleyi, B. nigroviridis) oder schmaler und langgezogen (B. bicolor, B. marchi, B. lateralis) sein. Dabei beträgt die Kopflänge 5 bis 6 Prozent der Gesamtlänge, wobei die Köpfe der Jungtiere proportional größer sind.

Die Grundfärbung der Tiere ist meist grün bis grüngelblich mit hellen und dunklen Sprenkelungen; eine Ausnahme hiervon stellt die in ihrer Färbung sehr variable Greifschwanz-Lanzenotter dar. Bei einigen Arten tauchen zudem dunkle Augenbinden oder gelbe Zeichnungsmuster auf den bauchnahen Flankenschuppen auf. Die Unterseiten der Schuppen und die freien Kanten sind schwarz, wodurch deutliche Zeichnungsmuster entstehen. Jungtiere besitzen im Regelfall ebenfalls eine grüne Färbung, bei einigen Arten sind sie dagegen braun; erklärt wird dies durch die Anpassung an den jeweiligen Untergrund des Waldbodens, der den Hauptlebensbereich der Jungschlangen darstellt. Dieser kann durch Unterholz und Moose bewachsen oder durch Laub und Äste bedeckt sein, wodurch unterschiedliche Färbungen als Tarnung sinnvoll sind.

Als weitere kennzeichnende Merkmale besitzen die Schlangen einen sehr scharfen Canthus rostralis und ein annähernd quadratisches Rostralschild.

Die Palmlanzenottern sind ausschließlich in den Bäumen des tropischen Regenwaldes lebende Schlangen. Sie sind durch ihren langen und zum Greifen optimierten Schwanz an die baumlebende (arboricole) Lebensweise angepasst. Wie alle Grubenottern haben sie spezielle Grubenorgane an den Kopfseiten zwischen Nasenloch und Augen, mit denen sie Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung) wahrnehmen können, so dass sie auch nachts jagen können. Die Nahrungssuche erfolgt außerdem visuell und mit dem Geruchssinn. Kleine Säuger und andere Landwirbeltiere werden blitzschnell gebissen und festgehalten.

Über das Fortpflanzungsverhalten der Palmlanzenottern liegen nur relativ wenige Informationen vor. Sie bringen wie fast alle Grubenottern lebende Jungtiere zur Welt, die zum Geburtszeitpunkt nur durch eine dünne Membran umhüllt sind, und sind entsprechend ovovivipar. Für die Geburt klettern die Mutterschlangen von den Bäumen herab. Die Membran wird von den Jungschlangen direkt nach der Geburt durchstoßen. Diese leben auf dem Waldboden oder in niedriger Vegetation und ernähren sich vor allem von kleinen Amphibien, beispielsweise von bodenlebenden Fröschen der Gattungen Eleutherodactylus und Norops, denen sie sich aufgrund ihrer Tarnfärbung nähern können. Zudem haben die Jungtiere einiger Arten hellere Schwanzspitzen, die wahrscheinlich zur Anlockung von Beutetieren als Köder eingesetzt werden.

Die Verbreitung der Gattung ist auf Mittelamerika vom mittleren Mexiko im südöstlichen Oaxaca im Bereich der Chiapas bis in das nördliche Südamerika bis Kolumbien, Ecuador und Venezuela beschränkt. Dabei kommt die Greifschwanz-Lanzenotter im Flachland des gesamten Verbreitungsgebietes vor während es sich bei allen anderen Arten um Hochlandarten mit einem jeweils sehr begrenzten Verbreitungsgebiet in einzelnen Bergregionen handelt. In Costa Rica existiert zudem eine Inselpopulation der Greifschwanz-Lanzenotter.

Wissenschaftsgeschichte

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Die Gattung Bothriechis wurde 1859 erstmals durch den deutschen Naturforscher Wilhelm Peters beschrieben. Dabei war die Typusart der Gattung die Schwarzgefleckte Palmlanzenotter (B. nigroviridis), drei Jahre später beschrieb er zudem die Grüngelbe Palmlanzenotter (B. lateralis) als weitere Art der Gattung. Durch Müller wurde die Gattung allerdings bereits 1878 wieder aufgelöst und als Synonym für Bothrops angenommen, in die er alle mittel- und südamerikanischen Grubenottern mit Ausnahme der rasseltragenden Klapperschlangen und Zwergklapperschlangen einordnete.

Eine Revision der Gattung Bothrops sensu lato sowie die Neubeschreibung der Gattung Bothriechis und weiterer in Bothrops eingeordneter Gattungen erfolgte erst wieder 1971 durch Burger in dessen nicht veröffentlichter Dissertation. 1992 griff Steven D. Werman dies auf und führte eine phylogenetische Analyse der südamerikanischen Grubenottern durch.[1] Eine Analyse der Gattung Bothriechis selbst auf der Basis Molekularbiologischer und morphologischer Merkmale erfolgte ebenfalls 1992 durch Brian I Crother, Jonathan A. Campbell und David M. Mills.[2]

In der Gattung Bothriechis werden nach der Revision der ehemaligen Großgattung Bothrops sensu lato durch Burger 1971 und Steven D. Werman 1992 zehn Arten anerkannt. Werman ordnete auch die monotypische Gattung Ophryacus mit der Art Ophryacus undulatus in die Palmlanzenotter ein, konnte dies jedoch nicht etablieren. Eine neue Art B. thalassinus aus Guatemala und Honduras wurde im Jahre 2000 von Campbell & Smith beschrieben,[3] aber 2004 von Campbell & Lamar ignoriert. 2013 wurde Bothriechis guifarroi beschrieben.[4] Anfang 2024 wurden fünf weitere neue Arten beschrieben und drei Arten revalidiert.[5]

Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Verbreitung Gefährdungsstufe
Rote Liste der IUCN
Anmerkungen Bild
Gelbgefleckte Palmlanzenotter Bothriechis aurifer
(Salvin, 1860)
Verbreitungsgebiet der Gelbgefleckten Palmlanzenotter (Vulnerable – gefährdet) monotypisch
Verbreitung in Mexiko, in Bergregenwäldern und Nebelwäldern in Höhen von 1200 bis 2300 Metern, in den Bergen des östlichen Chiapas und im Norden Guatemalas.
Gelbgefleckte Palmlanzenotter (Bothriechis aurifer)
Zweifarbige Palmlanzenotter Bothriechis bicolor
(Bocourt, 1868)
Verbreitungsgebiet der Zweifarbigen Palmlanzenotter (Least Concern – nicht gefährdet) monotypisch
Verbreitung vom südöstlichen Chiapas in Mexiko, bis zum südlichen Guatemala. Außerdem an einigen Fundorten in Honduras, in Nebelwäldern in Höhen von 500 bis 2000 m.
Zweifarbige Palmlanzenotter (Bothriechis bicolor)
Bothriechis guifarroi
Townsend, Medina-Flores, Wilson, Jadin & Austin, 2013
Nördliches Honduras.[4] (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch Bothriechis guifarroi ♂
Bothriechis hussaini
Arteaga, Pyron, Batista et al., 2024
westliches Grenzgebiet Ecuador/Peru (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Bothriechis khwargi
Arteaga, Pyron, Batista et al., 2024
Westhang der kolumbianischen Ostkordillere (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Bothriechis klebbai
Arteaga, Pyron, Batista et al., 2024
kolumbianische Ostkordillere (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Grüngelbe Palmlanzenotter Bothriechis lateralis
Peters, 1862
Nebelwälder und Bergregenwälder in Costa Rica und Panama in Höhen von 1200 bis 2300 Metern. (Least Concern – nicht gefährdet) monotypisch Grüngelbe Palmlanzenotter (Bothriechis lateralis)
Marchs Palmlanzenotter Bothriechis marchi
(Barbour & Loveridge, 1929)
Im nordwestlichen Honduras und östlichen Guatemala, in Wäldern in Höhen von 500 bis 1500 m. (Endangered – stark gefährdet) monotypisch
Bothriechis nigroadspersus
(Steindachner, 1870)
Mittelamerika, vom mittleren Mexiko bis Panama (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Schwarzgefleckte Palmlanzenotter Bothriechis nigroviridis
Peters, 1859
In Costa Rica und Panama in den Bergen in Höhen von 1150 bis 2400 Metern. (Least Concern – nicht gefährdet) monotypisch Schwarzgefleckte Palmlanzenotter (Bothriechis nigroviridis)
Bothriechis nitidus
(Günther, 1859)
westliches Ecuador (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Talamanca-Palmenlanzenotter Bothriechis nubestris
Doan, Mason, Castoe, Sasa & Parkinson, 2016
Im Hochland von Costa Rica.[6] (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Bothriechis rahimi
Arteaga, Pyron, Batista et al., 2024
westliches Grenzgebiet Kolumbien/Ecuador (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Bothriechis rasikusumorum
Arteaga, Pyron, Batista et al., 2024
Süden der kolumbianischen Zentralkordillere (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch
Rowleys Palmlanzenotter Bothriechis rowleyi
(Bogert, 1968)
Verbreitungsgebiet der Rowleys Palmlanzenotter (Vulnerable – gefährdet) monotypisch
Verbreitung in Mexiko im südöstlichen Oaxaca und im nördlichen Chiapas, in Nebelwäldern in Höhen von 1500 bis 1830 m.
Rowleys Palmlanzenotter (Bothriechis rowleyi)
Greifschwanz-Lanzenotter Bothriechis schlegelii
(Berthold, 1846)
kolumbianische Zentralkordillere. (Least Concern – nicht gefährdet) monotypisch Greifschwanz-Lanzenotter (Bothriechis schlegelii)
Bunte Palmenlanzenotter Bothriechis supraciliaris
(Taylor, 1954)
Costa Rica. (Least Concern – nicht gefährdet) monotypisch
Meerblaue Palmenlanzenotter Bothriechis thalassinus
Campbell & Smith, 2000
Guatemala, Honduras in Höhen von 1370 bis 1750 m.[3] (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch Meerblaue Palmlanzenotter (Bothriechis thalassinus)
Bothriechis torvus
(Posada Arango, 1889)
westkolumbianisches Tiefland (Not Evaluated – nicht beurteilt) monotypisch

Die phylogenetische Untersuchung der Gattung ergab die unten dargestellten Verwandtschaftsverhältnisse.[5]



Tropidolaemua (als Schwestergattung)


 Palmlanzenottern 



Schwarzgefleckte Palmlanzenotter (B. nigroviridis)


   

Talamanca-Palmenlanzenotter (B. nubestris)



   


Grüngelbe Palmlanzenotter (B. lateralis)


   

Bothriechis guifarroi



   


Marchs Palmlanzenotter (B. marchi)


   

Meerblaue Palmenlanzenotter (B. thalassinus)



   

Zweifarbige Palmlanzenotter (B. bicolor)


   

Gelbgefleckte Palmlanzenotter (B. aurifer)


   

Rowleys Palmlanzenotter (B. rowleyi)







   


Bunte Palmenlanzenotter (B. supraciliaris)


   

Bothriechis nigroadspersus



   

Bothriechis rasikusumorum


   

Bothriechis torvus


   

Bothriechis schlegelii


   

Bothriechis khwargi


   

Bothriechis klebbai


   

Bothriechis rahimi


   

Bothriechis nitidus


   

Bothriechis hussaini












  1. Steven D. Werman: Phylogenitic Relationships of Central and South American Pitvipers of the Genus Bothrops (sensu lato): Cladistic Analyses of Biochemical and Anatomical Characters. In: Jonathan A. Campbell, Edmund D. Brodie Jr.: The Biology of the Pitvipers. Selva, Tyler (Texas) 1992; Seiten 21–40. ISBN 0-9630537-0-1
  2. Angaben nach Crother et al. 1992
  3. a b Jonathan A. Campbell, E.N. Smith: A new species of arboreal pitviper form the Atlantic versant of northern Central America. Revista de Biologia Tropical 48, 2000:1001-1013.
  4. a b Josiah H. Townsend, Melissa Medina-Flores, Larry David Wilson, Robert C. Jadin and James D. Austin. 2013. A relict lineage and new species of green palm-pitviper (Squamata, Viperidae, Bothriechis) from the Chortís Highlands of Mesoamerica. ZooKeys. 298: 77–106, doi: 10.3897/zookeys.298.4834
  5. a b Alejandro Arteaga, R. Alexander Pyron, Abel Batista, Jose Vieira, Elson Meneses Pelayo, Eric N. Smith, César L. Barrio Amorós, Claudia Koch, Stefanie Agne, Jorge H. Valencia, Lucas Bustamante und Kyle J. Harris. 2024. Systematic Revision of the Eyelash Palm-Pitviper Bothriechis schlegelii (Serpentes, Viperidae), with the Description of Five New Species and Revalidation of three. Evolutionary Systematics. 8(1): 15-64. DOI: 10.3897/evolsyst.8.114527
  6. Tiffany M. Doan, Andrew J. Mason, Todd A. Castoe, Mahmood Sasa and Christopher L. Parkinson. 2016. A Cryptic Palm-Pitviper Species (Squamata: Viperidae: Bothriechis) from the Costa Rican Highlands, with Notes on the Variation within B. nigroviridis. Zootaxa. 4138(2) DOI: 10.11646/zootaxa.4138.2.3
  • Jonathan A. Campbell, William W. Lamar: The Venomous Reptiles of the Western Hemisphere. Comstock; Ithaca, London. 2004. ISBN 0-8014-4141-2
  • Brian I Crother, Jonathan A. Campbell und David M. Mills: Phylogeny and Historical Biogeography of the Palm-Pitvipers Genus Bothriechis: Biochemicals and Morphological Evidence. In: Jonathan A. Campbell, Edmund D. Brodie Jr.: The Biology of the Pitvipers. Selva, Tyler (Texas) 1992; Seiten 1–20. ISBN 0-9630537-0-1
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