Information Control Division

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Information Control Division (ICD) war eine Zensurabteilung der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland mit dem Ziel der Redemokratisierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland beendete sie 1949 ihre Arbeit und gab die Regulierung der Presse wieder an Deutschland zurück.[1]

Information Control Division clearance

Die ICD wurde durch Umbenennung der Psychological Warfare Division des SHAEF unter Robert A. McClure gegründet. McClure beschrieb es als „Übergang von der Propaganda- zur Kontrollphase“. Sie arbeitete zunächst selbstständig mit dem OMGUS zusammen, wurde im Februar 1946 jedoch eingegliedert.

Ziel der ICD war anfangs die „Konsolidierung der Propaganda“, um die deutsche Bevölkerung zur Mitarbeit beim Wiederaufbau notwendiger Infrastruktur zu bewegen (Kommunikation) und eine öffentliche Meinung zu erzeugen, die den Nachkriegszielen der Alliierten entsprachen (Kontrolle und Wiederherstellung). Gemäß Potsdamer Abkommen bestanden diese Ziele aus Demilitarisierung, Re-Demokratisierung, Entnazifizierung und Dezentralisierung. Die Umerziehung wurde dreiphasig geplant: Nach kompletter Schließung aller Medien begann der Betrieb einzelner Informationsinstrumente durch die U.S. Army, die zuletzt durch Lizenzvergabe an sorgfältig ausgewählte Deutsche zu übergeben waren.

Die ICD war integraler Bestandteil der US-Militärregierung USFET und bestand aus fünf Kontrolleinheiten, die jeweils für Radio, Presse, Film, Theater und Musik sowie Publikationen zuständig waren. Eine sechste Einheit, die Intelligence Branch, beobachtete die öffentliche Meinung mit den Schwerpunkten Kirche, Jugend und deutsche Verwaltung. Unterhalten wurden zwei Hauptfeldagenturen: das Theater Information Services Control Command (TISCC) und die Information Control Section im amerikanischen Sektor Berlins.

Anfangs publizierte man acht deutsche Tageszeitungen mit einer Million Exemplaren Auflage täglich sowie fremdsprachige Tageszeitungen für Displaced Persons und Kriegsgefangene in doppelter Höhe. Im Juli 1946 schrieb McClure an seinen Freund und Berufskollegen Charles Douglas Jackson, dass die ICD nun 37 Tageszeitungen, 6 Radiostationen, 314 Theater, 642 Kinos, 101 Journale, 7384 Buchhändler und Druckereien sowie 237 Buchverlage kontrolliere. Selbst führte sie 15 Meinungsumfragen monatlich durch, publizierte eine Zeitung mit 1,5 Mio. Exemplaren täglich sowie 3 Magazine. Sie betrieb die DANA, den Vorläufer der dpa, und 20 Bibliothekszentren. Presselizenzen waren zu der Zeit an 73 Deutsche, überwiegend Sozialdemokraten, vergeben worden. Ab August 1945 wechselte die ICD von der Vor- zur Nachzensur der Medien.[2]

Um die gewünschten Ziele zu erreichen, produzierte die ICD auch Kurzfilme, etwa über deutsche Konzentrationslager und die Nürnberger Prozesse, die meist über Newsreel verbreitet wurden und die politische Bildung beeinflussen sollten. Wirklichen Erfolg brachten jedoch erst Unterhaltungsfilme, die die amerikanische Lebensart vermittelten.

Auf einer schwarzen Liste der ICD befanden sich unter anderen Norbert Schultze und Wilhelm Furtwängler, Siegfrieds Trauermarsch aus Wagners Götterdämmerung, StraussEin Heldenleben (Spielverbot an Hitlers Geburtstag), Sibelius Finlandia oder Chopins Revolutionsetüde.[3]

Mit dem Kalten Krieg begann eine interne Auseinandersetzung über Mitarbeiter wie Saul K. Padover und Cedric Belfrage, die selbst Kommunisten waren und Lizenzen oder Funktionen an solche vergeben hatten. Begünstigt worden waren etwa Wilhelm Gerst (Editor, Frankfurter Rundschau), Emil Carlebach, Hans Mayer (politischer Chef bei Radio Frankfurt), Rudolf Agricola (DENA) und Heinz Norden. Einige flohen daraufhin in die Sowjetische Besatzungszone, andere mussten sich vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe verantworten.[4]

Lizenzierte Medien und Produktionen (Auswahl)

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Publikationen und Dokumente der ICD

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  • Fair Practice Guide for German Journalists/Wegweiser zu gutem Journalismus. An Informal Document. Hrsg. vom Office of Military Government for Bavaria, Information Control Division, Press Control Branch, München 1947 (22 S., in Englisch und Deutsch).
  • Fair Practice Guide for Bavarian Newspapers. An Informal Document. Hrsg. vom Office of Military Government for Bavaria, Information Control Division, Press Control Branch, München 1947 (31 S.).
  • Coburger Presse-Tagung 1947. Ansprachen und Diskussionsreden. Treffen deutscher Zeitungsverleger der amerikanischen Zone mit Vertretern der ausländischen Presse/Coburg Press Convention. Office of Military Government for Bavaria, Information Control Division, Press Branch, München 1947 (53, 46 S.).
  • Brewster S. Chamberlin (Hrsg.): Kultur auf Trümmern. Berliner Berichte der amerikanischen Information Control Section Juli–Dezember 1945. DVA, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01918-5 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 39).
  • Eva-Juliane Welsch: Die hessischen Lizenzträger und ihre Zeitungen. Dortmund 2003 (urn:nbn:de:101:1-201103291535, Dissertation, Dortmund 2002).
  • Bernd R. Gruschka: Der gelenkte Buchmarkt. Die amerikanische Kommunikationspolitik in Bayern und der Aufstieg des Verlages Kurt Desch 1945 bis 1950. Buchhändler-Vereinigung, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-7657-1880-7 (zugleich Dissertation, München 1993).
  • Ulrich M. Bausch: Die Kulturpolitik der US-amerikanischen Information Control Division in Württemberg-Baden von 1945 bis 1949. Zwischen militärischem Funktionalismus und schwäbischem Obrigkeitsdenken. Klett-Cotta, Stuttgart 1992, ISBN 3-608-91369-6 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Band 55; zugleich Dissertation, Tübingen 1991).
  • Rüdiger Liedtke: Die verschenkte Presse. Die Geschichte der Lizenzierung von Zeitungen nach 1945. Berlin 1982.
  • Harold Hurwitz: Die Stunde Null der deutschen Presse. Die amerikanische Pressepolitik in Deutschland 1945–1949. Köln 1972.
  • Lawrence Raymond Hartenian: Propaganda and the Control of Information in Occupied Germany. The US Information Control Division at Radio Frankfurt 1945–1949. University Microfilms International, Ann Arbor 1987 (zugleich Dissertation, New Brunswick 1984).
  • Edward C. Breitenkamp: The U.S. Information Control Division and its Effect on German Publishers and Writers 1945–1949. University Station, Grand Forks, N.D. 1953 (101 S.).

Einzelnachweise

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  1. Erwin J. Warkentin: The history of U.S. information control in post-war Germany: the past imperfect. Cambridge Scholars Publishing, Newcastle upon Tyne 2016, ISBN 978-1-4438-9749-5.
  2. Cora Sol Goldstein: A strategic failure: American information control policy in occupied Iraq. (PDF; 751 kB). In: Military Review, März/April 2008.
  3. ICD Organization and Policy. In: Earl F. Ziemke: The U.S. Army in the Occupation of Germany. Center of Military History. United States Army, Washington D.C. 1990.
  4. Freda Utley: The High Cost of Vengeance. H. Regenry Comp., Chicago 1949.