Godehard von Hildesheim

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Romanischer Godehardsschrein in der Krypta des Hildesheimer Doms
Der Gothardusbrunnen in Gotha
Godehard als Bischof von Hildesheim mit Stab und Hildesheimer Marienreliquiar (Basilika St. Godehard, Hildesheim, um 1450)
St. Godehard, Figur aus Lindenholz, um 1505, Kath. Kirche in Schellerten-Farmsen.
Sonderbriefmarke von 1960 zum 1000. Geburtstag

Der hl. Godehard oder Gotthard von Hildesheim (* 960 in Reichersdorf bei Niederalteich, Niederbayern; † 5. Mai 1038 in Hildesheim) war Bischof von Hildesheim und gehört zu den bedeutenden Heiligen des Mittelalters. Die Spuren seiner Verehrung (Benennung von Kirchen und Ortschaften) reichen von Italien und Kroatien bis nach Skandinavien. Mit dem Gotthardpass in der Schweiz trägt einer der wichtigsten Alpenübergänge und -tunnel seinen Namen.

Godehard wurde 960 gemäß der legendenhaften Überlieferung in Reichersdorf (Pfarrei Schwanenkirchen, Diözese Passau) geboren. Sein Vater Ratmund war von Erzbischof Friedrich von Salzburg als Propst der bedeutenden Benediktinerabtei Niederaltaich eingesetzt worden. In der dortigen Klosterschule erhielt Godehard seine Ausbildung. Er trat ins Kloster ein und wurde, begünstigt von Herzog Heinrich (dem späteren Kaiser Heinrich II.), bereits 996 Abt, zunächst in Niederaltaich, dann – zugleich – in den Jahren 1001/2 auch in Tegernsee und 1005–1012 in Hersfeld; von 1007 bis 1013 war ihm auch die Abtei Kremsmünster unterstellt, die ihn in der Liste ihrer Äbte führt. Damals ging von Cluny die große Reformbewegung aus, die Godehard in seinen Klöstern mit Konsequenz durchsetzte.

Nach dem Tod Bernwards wurde Godehard durch Kaiser Heinrich II. am 30. November 1022 auf der Pfalz Grona zum Bischof von Hildesheim berufen. Aribo von Mainz erteilte ihm am 2. Dezember 1022 die Bischofsweihe.[1] Es war die Zeit der Sachsenkaiser, als Hildesheim eines der politischen und kulturellen Zentren des Reiches war. Godehard setzte die Aufbauarbeit seines Vorgängers mit Energie fort. Dreißig neue Kirchen entstanden im Bistum, in der Stadt wurde die Michaeliskirche vollendet, der Dom erhielt ein neues Westwerk. Durch Reisen und Synoden vertiefte Godehard aber vor allem das geistliche Leben seiner Diözese. Sein monastischer Ernst, aber auch seine gelassene Heiterkeit hinterließen tiefen Eindruck und werden in den Quellen vielfach gerühmt. Die Legenden, die sich rasch mit seinem Namen verbanden, spiegeln die Kraft und Wirkung seiner Persönlichkeit.

Godehard starb am 5. Mai 1038 im von ihm gegründeten Mauritiusstift bei Hildesheim.

Als erster berichtet der Reichenauer Benediktiner-Mönch Hermann der Lahme von regionaler Gotthard-Verehrung, die zur bischöflichen Heiligsprechung im Zusammenhang mit der Weihe des erneuerten Doms zu Hildesheim am 5. Mai 1061 führte (bis 1170 gab es außer päpstlichen auch noch bischöfliche Kanonisationen, Heiligsprechungen). Godehard wurde 1131 durch Papst Innozenz II. als erster Altbayer heiliggesprochen. In Hildesheim entstand ihm zu Ehren die hochromanische St.-Godehards-Basilika. In der Domkrypta wird sein Reliquien-Schrein verehrt. In Niederalteich ist in der Pfarr- und Abteikirche St. Mauritius dem Heiligen der Gotthard-Altar geweiht. Die Abtei verwahrt einige von Gotthard gebrauchte Paramente: die Gotthard-Kasel (eine Schenkung der Kaiserin Kunigunde, der Gemahlin Heinrichs II.), ein Zingulum, einen Pontifikalschuh und seinen Abtstab. Wenige Jahre nach seiner Heiligsprechung wurde Godehard auch die neu errichtete Palastkapelle des Erzbischofs von Mainz geweiht, die bis heute am Mainzer Dom bestehende Gotthardkapelle.

Mit der Heiligsprechung durch Papst und Konzil setzt die überregionale Gotthard-Verehrung und die Verbreitung von Gotthard-Reliquien ein. In Süddeutschland erhielten zahlreiche Klöster und Altäre Gotthard-Reliquien: vor allem 1135 Zwiefalten, und von dort ausgehend 1141 Huldstetten, 1142 Egelsee, 1156 Münster (Schwäbisch-)Hall, 1172 Weißenau und 1179 Salem. Bedeutsam für die weitere Entwicklung wurde die 1230 geweihte Kirche auf dem Mons Tremulus (Mons Evelinus), deren Gotthard-Patrozinium seit 1293 dem Bergmassiv und dem Pass den Namen Gotthard gab. Von dort aus verbreiteten die Machthaber Mailands, die Visconti, aus wesentlich politischen Motiven den Gotthardkult im Mailänder Territorium und in den von ihnen beanspruchten Alpentälern im Tessin. Von Oberitalien und dem Gotthardpass strahlte die Gotthardverehrung in einer zweiten Welle seit Ende des 13. Jahrhunderts auf der seitdem auch für den „Schwerverkehr“ per Wagen passierbaren Gotthard-Route nach Norden zurück. Süddeutsche Gotthard-Ersterwähnungen dieser Epoche (1335 Eichstätt/Altmühl, 1352 Kuppingen/Herrenberg, 1353 Müllheim/Baden) legen zusammen mit der Erwähnung 1354 eines Seuridus de Zullhard (Seifried von Zillenhard) auf einer Soldliste der Visconti die Ausbreitung der Gotthard-Verehrung bis zum heutigen Ortsteil von Göppingen, St. Gotthardt nahe, der einzigen Ortschaft dieses Namens nördlich der Alpen und außerhalb von Oberitalien und Österreich, in Blickweite zur Burg Zillenhart und an einem wichtigen Reiseweg zwischen Kirchheim unter Teck und Süßen gelegen.[2]

Godehard ist der Patron der thüringischen Stadt Gotha, in deren Wappen der Bischof auch abgebildet ist. Der Sage[3][4] nach ließ Godehard in seiner Zeit als Abt des Klosters Hersfeld (das Besitz in und um Gotha hatte) u. a. die erste Stadtmauer errichten, Gärten anlegen und die Stadtkirche St. Margarethen erbauen. Bis heute ehrt die Stadt ihren Schutzpatron mit dem zweitägigen Gothardusfest, das jährlich am ersten Maiwochenende (d. h. um Godehards Todestag herum) stattfindet. Die traditionsreiche Gotthardschule in der Gotthardstraße wurde 2003 geschlossen und existiert nur mehr dem Namen nach.

Auch die Abtei Niederaltaich gedenkt ihres bedeutenden Heiligen, indem das klösterliche Gymnasium den Namen „St.-Gotthard-Gymnasium“ trägt.

Dargestellt wird Godehard meist als Bischof mit glühenden Kohlen im Mantel. Die Darstellung geht auf eine Legende zurück, nach der Godehard in seiner Jugend als Ministrant die glimmenden Kohlen für das Weihrauchfass in seinem Gewand getragen haben soll, ohne dass diese irgendetwas verbrannt hätten.

Das Leben Godehards ist vom Hildesheimer Kleriker Wolfhere in zwei Viten beschrieben.

  • Bischof Godehard von Hildesheim (1022-1038). Lebenslinien – Reformen – Aktualisierungen (Quellen und Studien zur Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim, 16), hg. von Jörg Bölling. Thomas Scharf-Wrede. Monika Suchan, Regensburg 2024
  • Friedrich Wilhelm BautzGodehard von Hildesheim. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 259–259.
  • Wilhelm BergesGodehard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 495–497 (Digitalisat).
  • Andreas Bihrer: Godehard als Diözesanbischof. Bistum und Bischof in Hildesheimer Quellen des 11. Jahrhunderts und in Wolfheres Godehard-Viten. In. Bischof Godehard von Hildesheim (1022-1038). Lebenslinien – Reformen – Aktualisierungen, hg. von Jörg Bölling, Thomas Scharf-Wrede, Monika Suchan (= Quellen und Studien zur Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim 16), Regensburg 2024, S. 87–109.
  • Bernhard Gallistl: Eine unbekannte Überlieferung der Vita Godehardi posterior. In: Concilium medii aevi. Bd. 24, 2021, S. 3–43.([2]).
  • Bernhard Gallistl: Der Heilige Godehard von Hildesheim und die Kirchenreform des 11. Jahrhunderts, Veröffentlichungen des Hildesheimer Heimat- und Geschichtsvereins 2021.
  • Stephanie Haarländer: Vitae episcoporum. Eine Quellengattung zwischen Hagiographie und Historiographie, untersucht an Lebensbeschreibungen von Bischöfen des Regnum Teutonicum im Zeitalter der Ottonen und Salier. In: Monographien zur Geschichte des Mittelalters 47. Stuttgart 2000
  • Josef Fellenberg gen. Reinold: Die Verehrung des Heiligen Gotthard von Hildesheim in Kirche und Volk. Bonn 1970 (= Rheinisches Archiv Band 74).
  • Klaus Krönert, Le dossier hagiographique de saint Godehard, évêque de Hildesheim au XIe siècle, Analecta Bollandiana 135 (2017) 359–401.
  • Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 2. Teil. S. 313–317
  • Sigmund Ritter von RiezlerGotthard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 482–484.
  • Christian Schuffels: Der gefürchtete Bischof. Zur wissenschaftlichen Forschung des 20. und frühen 21. Jahrhunderts über Godehard als Bischof von Hildesheim. In. Blätter für deutsche Landesgeschichte (BDLG). Heft 159 (2023), S. 1–104.
  • Georg Stadtmüller, P. Bonifaz Pfister OSB: Geschichte der Abtei Niederaltaich. Augsburg 1971.
Commons: Saint Godehard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. catholic-hierarchy.org
  2. Dieter Mertens: St. Gotthardt – Patron und Patrozinium – Festvortrag 1. Dezember 1987 zur Einweihung des Evangelischen Gemeindehauses St. Gotthardt (Typoskript) – siehe [1], auch archiviert in den Beständen des Pfarr-, Stadt- und Kreisarchivs
  3. Andreas M. Cramer: Die Gothaer Sagen, Gotha 2005, S. 11
  4. Wie der Sankt Gothardus ins Stadtwappen kam auf www.echt-gothsch.de
  5. Frieder Schulz: Das Gedächtnis der Zeugen – Vorgeschichte, Gestaltung und Bedeutung des Evangelischen Namenkalenders. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, Band 19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S. 69–104, Namenliste S. 93–104 (Digitalisat)
VorgängerAmtNachfolger
BernwardBischof von Hildesheim
1022–1038
Thietmar
BernharAbt von Hersfeld
1005–1012
Arnold
GozbertAbt von Tegernsee
1001–1002
Eberhard I.
ErchambertAbt von Niederaltaich
996–1022
Wolfram I.