Speziallager Sachsenhausen

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Eingang zum Museum des Speziallagers Nr. 7/Nr. 1

Das Speziallager Sachsenhausen (zuerst Speziallager Nr. 7, ab 1948 Speziallager Nr. 1) war von 1945 bis 1950 ein sowjetisches Speziallager in Deutschland. Es befand sich teilweise auf dem Gelände des früheren KZ Sachsenhausen im Ortsteil Sandhausen[1] der Stadt Oranienburg.

Die Insassen der Speziallager wurden ohne Urteil festgehalten, denn die von sowjetischen Militär-Tribunalen (SMT) Verurteilten kamen nicht in die Speziallager. Da es aber auf dem Gelände auch ein Lager für SMT-Verurteilte gab, wird dies gelegentlich in der Argumentation vermischt.[2]

Heute befindet sich die Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen auf dem Gelände des ehemaligen Speziallagers Sachsenhausen. Die Einrichtung versteht sich als Gedenk- und Lernort sowie als modernes zeithistorisches Museum. Sie folgt einem dezentralen Gesamtkonzept, um dem Besucher die Geschichte an den authentischen Orten erfahrbar zu machen. Im August 2001 wurde die Ausstellung Speziallager Nr. 7/Nr. 1 eröffnet.

Gemauerte Baracken des Speziallagers Nr. 7 für die SMT-Verurteilten
Gedenkstein am Waldfriedhof für das Speziallager Nr. 7 im Wald zwischen Oranienburg und Schmachtenhagen
Infosäule an einem Massengrab am Waldfriedhof

Nachdem im Sommer 1945 die letzten der befreiten KZ-Häftlinge das Gelände verlassen hatten, wurde das Lager seit August 1945 durch die Sowjetische Militäradministration als Speziallager genutzt. Dies begann mit der Verlegung von 150 Häftlingen des sowjetischen Speziallagers Nr. 7 Weesow bei Werneuchen. Außer dem Krematorium und der Vernichtungsanlage wurden fast alle Lagergebäude, vor allem die Holzbaracken, das Lagergefängnis und die Wirtschaftsgebäude, wieder in Betrieb genommen. Gegen Ende 1945 war das Lager wieder voll belegt (12.000 Personen). Im folgenden Jahr waren zeitweise bis zu 16.000 Menschen im Lager eingesperrt. Etwa 2000 weibliche Häftlinge lebten in einem gesonderten Bereich des Lagers.

In dem „Zone II“ genannten ehemaligen Sonderlager für alliierte Kriegsgefangene befanden sich zunächst Sowjetbürger, die auf ihre Rückführung in die Sowjetunion warteten.

Das als „Zone I“ bezeichnete ehemalige Schutzhaftlager war für deutsche Zivilisten (Speziallagerhäftlinge) ohne rechtskräftige Verurteilung vorgesehen. Das Speziallager war von der Außenwelt fast völlig isoliert. Angehörige wurden nicht über den Verbleib und das Schicksal der Festgehaltenen informiert. Die ohne Rechtsgrundlage und unter menschenverachtenden Bedingungen Inhaftierten waren ehemalige Mitglieder der NSDAP, Sozialdemokraten, viele Jugendliche sowie willkürlich Denunzierte und politisch Missliebige, von denen Opposition gegen das sozialistisch-kommunistische Gesellschaftssystem befürchtet wurde. Auch ehemalige deutsche Wehrmachtsoffiziere und Ausländer gehörten dazu. Das Lager war kein Arbeitslager. Die Häftlinge litten unter der erzwungenen Untätigkeit, unter ständigem Hunger, Kälte, Ungeziefer und medizinisch nicht behandelten Folgeerkrankungen. Sie starben zu Tausenden und wurden in Massengräber geworfen und verscharrt. Von den in den Jahren 1945 bis 1950 etwa 60.000 Inhaftierten starben etwa 12.000 Häftlinge an Unterernährung, Krankheiten, psychischer und physischer Entkräftung.[3]

Die ehemalige Lagerinsassin Erika Riemann, die dort im Alter von 14 Jahren wegen Bemalens eines Stalin-Portraits mit Lippenstift inhaftiert wurde, berichtet u. a. von Scheinhinrichtungen, bei der sie mit anderen in einen Duschraum des ehemaligen Konzentrationslagers geführt wurde. Dort drohten die Bewacher, man würde den Häftlingen das Gleiche antun wie früheren jüdischen Opfern, denn aus den Duschen käme kein Wasser, sondern Gas.[4]

Ab 1948 waren Brettspiele, Sport sowie zeitweise Zeitungen und der Empfang von Radiosendungen erlaubt. Im Sommer 1948 wurden etwa 5000 Häftlinge aus dem Speziallager Nr. 7 entlassen. Nachdem 1948 das Speziallager Mühlberg geschlossen wurde, war Sachsenhausen als Speziallager Nr. 1 das größte von drei Speziallagern in der sowjetischen Besatzungszone. Außerdem war auf dem gleichen Gelände eine zentrale Strafvollzugsanstalt für verurteilte Frauen mit einer geringen Haftstrafe, was 15 Jahre und weniger beinhaltete.

Im Frühjahr 1950, wenige Monate nach Gründung der DDR, wurden die letzten Lager aufgelöst. Aus dem Speziallager Nr. 1 wurden ca. 8000 Häftlinge entlassen, eine kleinere Gruppe in die Sowjetunion transportiert. 5500 Häftlinge überstellte das NKWD an die Behörden der DDR. Unter ihnen befanden sich 1119 Frauen und ca. 30 der im Lager geborenen Kinder – sog. „Landeskinder“ –,[5] die in die DDR-Frauenstrafanstalt Hoheneck/Stollberg verlegt wurden.[6][7] Die Weiternutzung der nationalsozialistischen Konzentrationslager durch die sowjetische Besatzungsmacht und das damit verbundene Unrecht und erneute qualvolle Sterben Tausender Menschen wurde durch das SED-Regime verschwiegen oder verharmlost. Einige Überlebende wurden 1950 in den berüchtigten Waldheimer Prozessen vor ein DDR-Gericht gestellt und noch viele Jahre in DDR-Zuchthäusern wie Waldheim und Bautzen festgehalten.

Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

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Seit 1993 ist die Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen auf dem Gelände des ehemaligen Speziallager Sachsenhausen für die Ausstellungen und Forschung zur Geschichte des Lagers verantwortlich. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Einrichtung reichen dabei von der Geschichte des KZ Oranienburg, verschiedenen Aspekten der Geschichte des KZ Sachsenhausen über das sowjetische Speziallager bis hin zur Geschichte der Gedenkstätte selbst.

Bekannte Internierte

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Bekannte Strafgefangene (SMT-Verurteilte)

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  • Gerhard Finn: Die politischen Häftlinge in der Sowjetzone. 1945–1958. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1989, ISBN 3-8046-8725-3 (Nachdruck [der Ausg.] Ilmgauverlag, Pfaffenhofen 1960, OCLC 11012847).
  • Gerhard Finn: Nichtstun ist Mord. Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit – KgU. Berlin-Nikolassee 1958. Westkreuz-Verlag, Berlin/Bad Münstereifel 2000, ISBN 3-929592-54-1.
  • Jan von Flocken, Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945–1950. Dokumentation, Zeugenberichte. Ullstein, Berlin u. a. 1991; 4. Aufl., ebenda, ISBN 3-550-07488-3.
  • Günter Agde: Sachsenhausen bei Berlin. Speziallager Nr. 7, 1945–1950. Kassiber, Dokumente und Studien (= Aufbau-Taschenbücher. Band 7003: Dokument und Essay). Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-7466-7003-9.
  • Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander von Plato (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950. Akademie-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-003258-8:
    • Band 1: Studien und Berichte. Hrsg. von Alexander von Plato. ISBN 3-05-002531-X.
    • Band 2: Sowjetische Dokumente zur Lagerpolitik. Eingel. und bearb. von Ralf Possekel. ISBN 3-05-003244-8.
  • Annette Leo: Konzentrationslager Sachsenhausen und Speziallager Nr. 7. In: Günther Heydemann, Heinrich Oberreuter (Hrsg.): Diktaturen in Deutschland – Vergleichsaspekte. Strukturen, Institutionen und Verhaltensweisen (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung. Band 398). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003, ISBN 3-89331-482-2, S. 249 ff.
  • Günter Morsch, Ines Reich (Hrsg.): Sowjetisches Speziallager Nr. 7, Nr. 1 in Sachsenhausen (1945–1950). = Soviet Special Camp No. 7, No. 1 in Sachsenhausen (1945–1950). Katalog der Ausstellung in der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen (= Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Band 14). Metropol, Berlin 2005, ISBN 3-938690-13-5 (deutsch und englisch).
  • Petra Haustein: Geschichte im Dissens. Die Auseinandersetzungen um die Gedenkstätte Sachsenhausen nach dem Ende der DDR. Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-86583-150-8 (Zugl.: Berlin, Freie Univ., veränd. Diss., 2005).
  • Günter Morsch: Sachsenhausen – Das „Konzentrationslager bei der Reichshauptstadt“ (Gründung und Ausbau) (= Forschungsbeiträge und Materialien der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Band 10). Metropol Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-86331-170-4.
Commons: Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Geschichte des Speziallagers auf der Webseite der Gedenkstätte Sachsenhausen
  • Sowjetisches Speziallager № 7. Ein Projekt des Louise Henriette Gymnasiums Oranienburg. In: speziallager.thomas-ney.com. Louise-Henriette-Gymnasium Oranienburg, 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar);.
  • Alexander Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht. In: kindheit-hinter-stacheldraht.de. Alexander Latotzky, 2014; (private Webseite).

Einzelnachweise

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  1. Friedhelm Brennecke: „Die SS fühlte sich hier willkommen“. In: Oranienburger Generalanzeiger. 30. Mai 2014, archiviert vom Original;: „Die Archive sind voll mit Akten und Dokumenten der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald. Allein beim KZ Sachsenhausen fällt die Quellenlage mehr als dürftig aus. Deswegen fehlt es bis heute an einer Monografie zur Geschichte des Konzentrationslagers neuen Typs.“
  2. „Die SMT-Verurteilten gehörten nicht zu den Speziallager-Insassen und waren auch völlig isoliert untergebracht.“ Zit. nach: Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander v. Plato (Hrsg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950. Band 1: Studien und Berichte. Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-002531-X.
  3. Speziallager in der SBZ. Gedenkstätten mit „doppelter Vergangenheit“. Hrsg. von Peter Reif-Spirek, Bodo Ritscher in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald und der Landeszentrale für Politische Bildung Thüringen. Ch. Links Verlag, Berlin, ISBN 3-86153-193-3 (Tagungsband zur Tagung in der Gedenkstätte Buchenwald, 16.–18. September 1998).
  4. Kerstin Fischer: My lost world of Communism. BBC News. 13. März 2009.
  5. „Im NKWD-Lager in Sachsenhausen waren 1948 auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht alle Mütter mit Kindern aus NKWD-Lagern und Gefängnissen zusammengefasst. Wie viele Frauen aus Jamlitz, Buchenwald, Mühlberg, Torgau, Ketschendorf oder Fünfeichen in Sachsenhausen ankamen und mit ihren Säuglingen in den Häftlingsbaracken um ihr Überleben kämpften, ist bis heute nicht bekannt. Auch nicht, wie viele diesen Kampf verloren haben.“ Geboren hinter Gittern. Kinderschicksale in der Nachkriegszeit. Film von Hans-Dieter Rutsch (Memento vom 29. September 2016 im Internet Archive). In: phoenix.de. Phoenix, 25. September 2016, abgerufen am 28. Dezember 2017 (Filmbeschreibung).
  6. „Mindestens dreißig Kinder kamen am 11. Februar 1950 zusammen mit ihren Müttern und über eintausend Frauen mit einem Transport aus dem NKWD-Lager Sachsenhausen in dem völlig überbelegten Frauengefängnis Hoheneck an. Neugeborene durften nur einige Monate bei ihren Müttern bleiben, bevor sie getrennt und in Kinderheime der DDR abgeschoben oder versteckt wurden. Keines dieser Kinder wurde zuvor standesamtlich registriert. Notizen in den Gefängnisunterlagen existieren − wenn überhaupt − nur zufällig. […] Zu gründlich sind die Spuren von Wachpersonal, Volkspolizei und Staatssicherheit verwischt worden.“ Geboren hinter Gittern. Kinderschicksale in der Nachkriegszeit. Film von Hans-Dieter Rutsch (Memento vom 29. September 2016 im Internet Archive). In: phoenix.de. Phoenix, 25. September 2016, abgerufen am 28. Dezember 2017 (Filmbeschreibung).
  7. Alexander Latotzky (Hrsg.): Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern. Forum Verlag Leipzig, Leipzig 2001, ISBN 3-931801-26-8.
  8. Presseinformation der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen. In: Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen. Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, 7. Mai 2018, abgerufen am 30. Mai 2024.
  9. Franz Waurig: Gedenken ohne Wissen? Die sowjetischen Speziallager in der postsozialistischen Erinnerungskultur. In: Forschungsverbund Diktaturerfahrung und Transformation. Abgerufen am 30. Mai 2024.
  10. Annette Leo: Überlegungen zu einem Vergleich des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Sachsenhausen 1937 bis 1945 mit dem sowjetischen Speziallager Sachsenhausen 1945 bis 1950. In: Materialien der Enquete-Kommission Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit (13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages), Bd. VI. Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, 1999, abgerufen am 15. Mai 2024.
  11. Andreas Weigelt: Kurzbiographie Oskar Fuchs. In: Andreas Weigelt, Mike Schmeitzner, Thomas Schaarschmidt, Klaus-Dieter Müller (Hrsg.): Todesurteile sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche (1944-1947): Eine historisch-biografische Studie. 1. Auflage. Band 2. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-36968-5, S. 159–160.
  12. Anita Kugler: Posthume Ehrung für einen Massenmörder. In: die tageszeitung. 28. September 1996, abgerufen am 30. Mai 2024.

Koordinaten: 52° 45′ 57″ N, 13° 15′ 51″ O