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Alfred Hitchcock

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Sir Alfred Joseph Hitchcock KBE (* 13. August 1899 in London; † 29. April 1980 in Los Angeles) war ein Filmregisseur und Filmproduzent britischer Herkunft. Am 20. April 1955 nahm Hitchcock zusätzlich die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an.

In seiner mehr als 50 Jahre dauernden Karriere hat es Hitchcock mit einem Gesamtwerk von 53 Spielfilmen, einer Fernsehserie, die seinen Namen trug, und seinem Talent zur Selbstvermarktung zu großem internationalen Ruhm gebracht. Er war einer der einflussreichsten Regisseure überhaupt und inspirierte auf Jahrzehnte hinaus die Filme seiner Kollegen.

Obwohl er sich in seiner Karriere in verschiedenen Genres versuchte und seine Filme Spannung meist mit Humor verbinden, assoziiert man mit seinem Namen hauptsächlich Mord, Spannung und Nervenkitzel. Das hat ihm den inoffiziellen Titel des Master of Suspense eingebracht. In vielen seiner Filme erzählte Hitchcock in immer neuen Varianten die Geschichte des unbedarften Durchschnittsbürgers, der aus seinem Alltagsleben gerissen und in gefährliche Abenteuer oder mörderische Intrigen verwickelt wird.

Alfred Hitchcock (1956)

Leben und Werk

1899–1925

Kindheit und Jugend in London

Alfred Hitchcock wurde am 13. August 1899 in Leytonstone, London, als jüngster Sohn des Gemüsehändlers William Hitchcock und dessen Frau Emma Jane Hitchcock, Tochter eines irischstämmigen Polizisten, geboren. Durch den Altersunterschied von sieben bzw. neun Jahren zu seinen Geschwistern, durch seine römisch-katholische Erziehung in einem protestantisch geprägten Land und nicht zuletzt durch sein Äußeres – er war klein und schon als Kind korpulent – hatte er eine einsame Kindheit. Seine Freizeit verbrachte er vor allem mit dem Lesen von Fahrplänen. Zwischen 1910 und 1913 besuchte er drei Jahre lang das St.-Ignatius-College, eine Londoner Jesuiten-Schule, die für ihre strenge Erziehung gefürchtet war. Hitchcock flüchtete in Romane, besuchte Theatervorstellungen und ging ins Kino. Er verfolgte Mordprozesse im Old-Bailey-Gerichtshof und besuchte gerne Kriminalmuseen.

Mit knapp 14 Jahren verließ er das St.-Ignatius-College. Er besuchte Abendkurse auf der Londoner Universität und diverse Handwerkskurse. Im Dezember 1914 starb sein Vater, zu dem er kein enges Verhältnis hatte. Von nun an war seine Mutter für mehrere Jahre die einzige Bezugsperson in seinem Leben. Hitchcock verließ die Schule und besuchte für wenige Monate die School of Engineering and Navigation und lernte dort vor allem Technisches Zeichnen.

Im Frühjahr 1915 nahm Hitchcock eine Stelle als Technischer Angestellter bei der W. T. Henley Telegraph Company an, die elektrische Leitungen herstellte. Die Arbeit langweilte ihn derart, dass er sich wieder in Abendkursen weiterbildete und Kunstgeschichte lernte. Er begann zu zeichnen und wurde daraufhin in die Werbeabteilung versetzt. Er ging oft ins Kino, vor allem in die Premieren deutscher und französischer Filme. Er war außerdem von den Werken von D. W. Griffith, Buster Keaton, Douglas Fairbanks sen. und Mary Pickford beeindruckt. Er begann, sich für die technische Seite der Filmproduktion zu interessieren, für Bildgestaltung, Kameraarbeit und Beleuchtung. Zudem las er in dieser Zeit viele Romane, vor allem Detektivromane von G. K. Chesterton und John Buchan - und er entdeckte Edgar Allan Poe und Gustave Flaubert. Beeinflusst wurde Hitchcocks späteres Schaffen dabei insbesondere von Chesterton, der mit ihm die katholische Prägung gemeinsam hatte, und von der Art und Weise, wie Poe sich in seinen Geschichten dem Thema Angst näherte.

Im Juni 1919 erschien in der Betriebszeitschrift von Henley eine von Hitchcock geschriebene Kurzgeschichte mit dem Titel „GAS“, in der ein albtraumhafter Zahnarztbesuch beschrieben wird. Unterschrieben war die Geschichte mit „Hitch“ – diesen Spitznamen behielt Hitchcock bis zum Ende seines Lebens.

Vom Titelzeichner zum Regisseur – Förderung durch Michael Balcon

Im Frühjahr 1920 hörte Hitchcock von der Neugründung eines Studios der amerikanischen Produktionsgesellschaft Paramount Famous Players-Lasky im Londoner Stadtbezirk Islington. Er bewarb sich mit einer Mappe voller Illustrationen für einen geplanten Film, der allerdings nie gedreht wurde. Auf Teilzeitbasis zeichnete er Entwürfe für weitere Filme, und bald darauf wurde er als Zeichner von Zwischentiteln angestellt. In den Jahren 1921 und 1922 zeichnete er die Titel für mindestens zwölf Filme. Er half aus, wo er konnte und übernahm freiwillig weitere Aufgaben: Er entwarf Kostüme, Dekorationen und Szenenbilder und schrieb Drehbücher um. Dabei machte er durch seinen Eifer auf sich aufmerksam.

Als 1923 der Regisseur des Films Always tell your wife gefeuert wurde, bat man Hitchcock, zusammen mit dem Autoren Seymour Hicks die wenigen fehlenden Szenen zu drehen. Nach dieser Feuerprobe war Hitchcock reif für seine erste Regiearbeit. Der Film Number Thirteen blieb jedoch aufgrund akuter finanzieller Schwierigkeiten des Studios unvollendet.

Anfang 1923 mietete der Produzent Michael Balcon, der mit Victor Saville und John Freedman die Produktionsfirma Balcon-Saville-Freedman gegründet hatte, das leerstehende Studio in Islington. Hitchcock wurde als Regieassistent eingestellt und bekam darüber hinaus die Gelegenheit, für den Film Woman to Woman des Regisseurs Graham Cutts am Drehbuch mitzuwirken und als Ausstatter zu arbeiten. Balcon stellte auf Hitchcocks Vermittlung dessen spätere Frau, die Cutterin Alma Reville an. Hitchcock und Reville kannten sich seit 1921, sie arbeiteten gelegentlich an denselben Filmen. Bis dahin hatte es jedoch keinerlei private Kontakte gegeben.

Bis 1925 entstanden vier weitere Filme mit Hitchcock als Assistent von Graham Cutts, bei denen Hitchcock zu Cutts' wachsendem Unmut mehr und mehr Aufgaben übernahm. Er kümmerte sich neben dem Drehbuch um die Bauten, das Szenenbild, die Besetzung, die Kostüme und die Ausstattung und war schließlich so etwas wie der Produktionsleiter bei den Dreharbeiten. Alma Reville wurde dabei nicht nur zu seiner engsten Mitarbeiterin, sondern auch zu seiner Lebensgefährtin. 1924 machte sich Michael Balcon als Produzent selbständig, erwarb die zuvor angemieteten Studios von Islington und gründete die Produktionsfirma Gainsborough Pictures, die anschließend die weiteren Filme, bei denen Hitchcock für Balcon arbeitete, produzierte. Mitentscheidend für Hitchcocks weiteres künstlerisches Schaffen war 1924/25 ein mehrmonatiger Aufenthalt in Deutschland. In einer englisch-deutschen Co-Produktion entstand The Blackguard bzw. Die Prinzessin und der Geiger, wie der vorwiegend mit deutschen Schaupielern gedrehte Film wegen der Beteiligung der deutschen Ufa auch heißt. In den Babelsberger Filmstudios - zu dem Zeitpunkt die modernsten der Welt - fand Hitchcock die Zeit, neben seinen üblichen Aufgaben als Ausstatter und Assistent von Graham Cutts den deutschen Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau bei den Arbeiten an Der letzte Mann zu beobachten und übernahm bereits für die Szenenbilder von The Blackguard einige von dessen Techniken. Hitchcock erfuhr in dieser Zeit viel über die Gestaltung des Bildes durch Licht und Schatten, über den Umgang mit Perspektive und über Spannungsaufbau. Er lernte, Geschichten über die Kraft der Bilder zu erzählen, und diese Erfahrungen prägten sein späteres Schaffen als eigenständiger Regisseur.

Ab 1925 gab es regelmäßige Treffen der London Film Society, bei denen Literaten, Filmschaffende und Filmkritiker zusammenkamen, um über das aufstrebende Medium Film zu sprechen, das zu diesem Zeitpunkt in England langsam als Kunstform anerkannt wurde. Hitchcock traf dort auf wichtige und einflussreiche Persönlicheiten, unter anderem George Bernard Shaw und H. G. Wells. Mit vielen Mitgliedern sollte Hitchcock in den kommenden Jahrzehnten persönlich zu tun bekommen, zum Beispiel mit dem Filmkritiker Ivor Montagu, dem Cutter Angus McPhail, dem Verleiher und Theaterbesitzer Sidney Bernstein oder dem Kritiker Walter Mycroft.

Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Graham Cutts stand Hitchcock am Scheideweg: In den 1920er-Jahren war der Film ein aufstebendes Medium, das zugleich noch wenig festgefügte Strukturen hatte. Es befand sich in einem Stadium permanenter starker Veränderungen und Entwicklungen. Hitchcock hatte dies genutzt und als ursprünglich unerfahrener Neuling innerhalb weniger Jahre auf unterschiedlichsten Feldern der Filmproduktion Erfahrungen gesammelt. Und er hatte in Michael Balcon einen Förderer gefunden, der ihm ermöglichte, seine Fähigkeiten zu entwickeln und auf sich aufmerkam zu machen. Der nächste Schritt war folgerichtig: 1925 übertrug Michael Balcon Alfred Hitchcock die Regie für einen eigenen Film.

1925–1939

Erste Erfolge als Stummfilmregisseur

Da für den Film eines unbekannten Regie-Debütanten in England kein Geldgeber gefunden werden konnte, wurde er von der deutschen Münchner Lichtspielkunst co-produziert und Hitchcock zu den Dreharbeiten nach Deutschland geschickt. Dort drehte er im Sommer 1925 mit dem Melodram Irrgarten der Leidenschaft seinen ersten vollendeten Stummfilm. Drehbuchautor war Elliot Stannard, der bis 1928 die Bücher zu sieben von Hitchcocks insgesamt neun Stummfilmen schrieb. Den kleinen Stab bildeten vor allem Hitchcock, der sich neben der Regie um viele Kleinigkeiten kümmern musste und Alma Reville, die als Hitchcocks Assistentin und als Cutterin arbeitete, sowie ein Kameramann, aus Hollywood wurden aktuelle Stars verpflichtet. Die Dreharbeiten – die Innenaufnahmen fanden in den Münchener Emelka-Studios und die Außenaufnahmen in Italien statt – spiegelten Hitchcocks Unerfahrenheit wider und verliefen holprig. Der fertig gedrehte Film wurde vom Hitchcock und Alma Reville am Ende noch einmal komplett neu geschnitten.

Hitchcocks zweiter Film Der Bergadler wurde ebenfalls 1925 in deutsch-englischer Co-Produktion gedreht, für die Außenaufnahmen reiste das Team nach Österreich. Beide Filme wurden von der britischen Verleihgesellschaft abgelehnt und in England vorerst nicht öffentlich aufgeführt. Der Mieter wurde 1926 gedreht. In der düsteren, visuell stark vom Expressionismus im Stile Murnaus beeinflussten Kriminalgeschichte um einen einzelgängerischen Hotelgast, der verdächtigt wird, ein Serienmörder zu sein, hatte Hitchcock bereits sein Thema gefunden. Er selbst bezeichnete Der Mieter als den „ersten echten Hitchcockfilm“. Auch mit diesem Film war der Verleih nicht einverstanden und legte ihn auf Eis. Erst nach kleineren Überarbeitungen kam er, in kurzer Reihenfolge zusammen mit Irrgarten der Leidenschaft und Der Bergadler 1927 heraus. Irrgarten der Leidenschaft, vor allem aber Der Mieter waren Publikumserfolge, fanden begeisterte Anerkennung bei der Kritik und bedeuteten für Hitchcock den Durchbruch als Regisseur.

Alfred Hitchcock und Alma Reville heirateten im Dezember 1926. Beruflich und künstlerisch spielte Alma in Hitchcocks Leben bis zu seinem Tod im Jahr 1980 eine sehr wichtige Rolle. Sie wirkte bis 1949 an den Drehbüchern von 16 seiner Filme mit und war bis zum Schluss Hitchcocks engste künstlerische Beraterin. 1928 wurde ihre gemeinsame Tochter Patricia geboren, die später in drei Filmen ihres Vaters in Nebenrollen zu sehen sein sollte.

Beschränkung der Kreativität – British International Pictures

1927 drehte Hitchcock noch zwei weitere Filme für Balcons Gainsborough Pictures, bevor er, bei deutlich höherem Gehalt, zur neu gegründeten Firma British International Pictures des Produzenten John Maxwell wechselte. Sein erster Film für BIP, Der Weltmeister, war gleichzeitig auch sein erster Film nach einem Originaldrehbuch und wurde von der Presse hoch gelobt. Es folgten drei Stummfilme, die Hitchcock eher auf Veranlassung der Produktionsgesellschaft als aus eigenem Interesse drehte. Er nutzte The Farmer's Wife, Champagne und Der Mann von der Insel Man hauptsächlich als Fingerübungen, bei denen lediglich in einzelnen Szenen seine eigene Handschrift erkennbar ist.

Dennoch hatte sich Hitchcock in Großbritannien innerhalb kurzer Zeit einen Namen gemacht, seine Filme waren kommerziell erfolgreich und bei den Kritikern beliebt. Die junge britische Filmindustrie, stark darauf bedacht, sich von der amerikanischen abzuheben, war gerne bereit, ihn als aufkommenden Regiestar zu feiern.

Mit Erpressung (1929), dem ersten britischen Tonfilm, kehrte Hitchcock wieder zum Thriller zurück. Das Drehbuch schrieb er selbst nach einem Theaterstück von Charles Bennett, der später mehrere Drehbücher für die englischen Filme Hitchcocks schreiben sollte. Viele Regisseure konnten mit dem Aufkommen des Tonfilms nichts anfangen, sie hielten ihn für das Ende des künstlerischen Films. Nicht so Hitchcock: Die neu aufgekommene Verbindung der beiden Medien weckte seinen Spieltrieb, und er erkannte früh das Potenzial und die Möglichkeiten, die der Ton dem Film bot. Erpressung wurde ursprünglich als Stummfilm gedreht, die Produzenten erlaubten Hitchcock jedoch, nachträglich eine Filmrolle mit Tonmaterial zu drehen, was Hitchcock insbesondere dazu nutzte, einzelne Schlüsselszenen, nun mit gesprochenem Dialog oder mit entsprechenden Toeneffekten, neu zu konzipieren. Die polnische Stummfilmschauspielerin Anny Ondra ließ Hitchcock ihre Dialoge sogar stumm spielen und sie neben der Kamera von der englischen Schauspielerin Joan Barry simultan synchronisieren.

Erpressung wurde zu einem großen Erfolg, Hitchcocks Name war in aller Munde. Da er jedoch vertraglich noch gebunden war, konnte er sich seine Stoffe nicht selbst aussuchen und musste weiter vorwiegend Auftragsfilme drehen. Der Erfolg seiner Filme führte jedoch dazu, dass er selbst populär wurde und so gründete Hitchcock eine Gesellschaft zur Vermarktung seiner Person und stellte einen Finanzberater ein.

Hitchcock musste 1930 mit Juno and the Paycock einen weiteren von der Produktionsgesellschaft verordneten Film drehen und wurde sogar dazu verpflichtet, einige Szenen zum Musikrevuefilm Elstree Calling beizutragen. Erst mit Mord – Sir John greift ein! fand er wieder sein Thema. Wie viele der frühen Tonfilme wurde auch Mord – Sir John greift ein! in verschiedenen Sprachversionen mit unterschiedlichen Schauspielern gedreht. Hitchcock reiste dazu nach Berlin und inszenierte den Film unter dem Titel Mary ein zweites Mal mit deutschen Schauspielern. Es folgten drei weitere Filme, von denen Hitchcock nur die Komödie Endlich sind wir reich wirklich interessierte, in der Alfred und Alma, die beide am Drehbuch mitschrieben, unter anderem Erfahrungen ihrer noch jungen Ehe verarbeiteten. Nur widerwillig dagegen drehte er das Sozialdrama Bis aufs Messer und den als Thriller geplanten Nummer siebzehn. Aus Protest gegen seine Auftraggeber beschloss Hitchcock, das ihm aufgezwungene Projekt zu sabotieren und letzteren zu einer wirren, albernen Parodie eines Thrillers zu machen, wobei die turbulente Verbindung zwischen Humor und Spannung Nummer siebzehn aus heutiger Sicht als einen Vorläufer späterer Klassiker erscheinen lässt.

Nach einem Einsatz für BIP als Produzent und sechs insgesamt unbefriedigenden Jahren endete Hitchcocks Vertrag mit British International Pictures. Die meisten der Filme, die Hitchcock für John Maxwells Produktionsgesellschaft gedreht hatte, waren Auftragsarbeiten gewesen, die ihm vom Produzenten und dessen Produktionsleiter, dem früheren Filmkritiker Walter Mycroft aufgedrängt worden waren. Er hatte keinerlei Interesse daran gehabt, weil ihn der Stoff nicht interessierte und sie keine Herausforderungen für seine kinematographischen Vorstellungen darstellten. Die Zusammenarbeit hatte zudem zunehmend unter Einmischungen und Bevormundungen und daraus entstehenden persönlichen Abneigungen gelitten.

Die Blütezeit des britischen Vorkriegskinos

Nach dem Auslaufen des Vertrags mit British International Pictures unternahm Hitchcock 1934 für den unabhängigen Produzenten Tom Arnold einen Abstecher in das Genre des Musicals, bevor er die fruchtbare Zusammenarbeit mit Michael Balcon wieder aufnehmen konnte, der seine Firma mittlerweile mit Gaumont British, der englische Niederlassung der französischen Produktionsfirma Gaumont verbunden hatte. In den nächsten Jahren entstanden hintereinander sechs erfolgreiche und für das Filmvokabular Hitchcocks außerordentlich bedeutende Thriller: Der Mann, der zuviel wußte, Die 39 Stufen (1935), Geheimagent (1936), Sabotage (1936), Jung und unschuldig (1937), und Eine Dame verschwindet (1938).

Der Thriller Der Mann, der zuviel wußte wurde von Kritik und Publikum enthusiastisch aufgenommen. Das Drehbuch erarbeiteten im Wesentlichen Hitchcock, seine Frau Alma und der Drehbuchautor Charles Bennett. Bei der Drehbucharbeit traf Hitchcock Angus McPhail wieder, den er zehn Jahre zuvor in der London Film Society kennen gelernt hatte. McPhail war es, der den Begriff des MacGuffin als handlungsvorantreibendes Element erstmals verwendete. Hitchcock übernahm den Begriff umgehend und wird seither als Erfinder des MacGuffin angesehen. Die 39 Stufen wirkt als leichter, spannender Film um einen zu Unrecht verdächtigten und gejagten Mann wie eine Blaupause späterer Meisterwerke, erreichte den Erfolg des Vorgängerfilms mühelos und wird heute häufig als der beste britische Hitchcock-Film angesehen. Eine ähnlich hohe Anerkennung genießt der Thriller Eine Dame verschwindet, dessen leichter, komödiantischer Ton zu einem Markenzeichen Hitchcocks wurde.

Hitchcock festigte mit diesen sechs Filmen seine Ausnahmestellung innerhalb des britischen Kinos. Er verstand es Mitte der 1930er Jahre bereits, mit leichter Hand virtuos spannende Geschichten zu erzählen und er verwendete schon damals all die Elemente, Motive und Erzählweisen, die auch für sein späteres Werk bestimmend waren: aus dem Nichts heraufziehendes Unheil, die Verkettung zweier Schicksale, Schuldübertragung, turbulente Verfolgungssituationen, Spionageringe, undurchsichtige Frauen, unschuldig Verdächtigte, charmante Schurken, herrische Mütter und nicht zuletzt MacGuffins.

Geprägt wurde diese Zeit auch durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit verschiedenen Personen: Der Kameramann Bernard Knowles setzte von 1935 bis 1939 fünf Filme Hitchcocks ins Bild. Mit Die 39 Stufen begann auch die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Louis Levy, der die Filmmusik zu vier weiteren dieser englischen Erfolgsfilme schrieb. Während der Vorbereitung zu Die 39 Stufen stellte Hitchcock eine junge Frau als Sekretärin ein, die für lange Zeit eine seiner engsten Mitarbeiterinnen werden sollte: Joan Harrison wurde bald darauf zur persönlichen Assistentin befördert und schrieb bis 1942 an diversen Drehbüchern mit. Nach einer längeren Pause produzierte sie ab Mitte der 1950er Jahre Hitchcocks Fernsehserie.

Bereits nach Sabotage endete die zweite erfolgreiche Phase der Zusammenarbeit mit Michael Balcon, als die Produktionsfirma Gaumont British von deren Besitzern geschlossen und Balcon kurzerhand entlassen wurde. Die beiden danach folgenden Filme drehte Hitchcock daher für die Schwesterfirma der Gaumont British, Gainsborough Pictures, für die Hitchcock schon am Anfang seiner Karriere als Regisseur gearbeitet hatte - diesmal allerdings ohne seinen ehemaligen Förderer.

Hitchcock bescherte mit diesen Filmen dem britischen Kino, das bis dahin nach wie vor künstlerisch keinen Vergleich mit Festlandeuropa oder den USA aushalten konnte, dessen bis dahin glanzvollste Zeit. Er stieß jedoch mit den in England zur Verfügung stehenden Mitteln an seine Grenzen und er war mit der Rolle des Regisseurs im britischen Filmwesen unzufrieden. Schon in den 1920er Jahren war Hitchcock bewusst gewesen, „dass der Name des Regisseurs klar im Bewusstsein des Publikums stehen sollte“. Wichtiger als der Name der Stars, die kommen und gehen, sei der Name des Regisseurs, denn er stehe für eine Handschrift, ein Thema, ein Genre, selten jedoch für ein Gesicht. Ende der 1930er Jahre beauftragte Hitchcock die Selznick-Joyce-Agentur, deren Mitinhaber Myron Selznick der ältere Bruder des Hollywood-Moguls David O. Selznick war, seine Interessen wahrzunehmen. Myron Selznick wurde bis zu seinem Tod 1944 ein enger Berater Hitchcocks.

Hitchcocks Ruf war mittlerweile bis nach Hollywood gelangt und Hitchcock wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass seine Zukunft jenseits des Atlantiks liegen würde. Nach einigem Hin und Her unterzeichnete Hitchcock 1938 auf einer Reise in die USA einen Vertrag für die Produktionsgesellschaft von David O. Selznick, der damals gerade mit der Vorproduktion zu Vom Winde verweht beschäftigt war. In Gedanken bereits in Amerika, drehte Hitchcock in England noch einen letzten Film für die Produktionsfirma des nach England emigrierten deutschen Produzenten Erich Pommer, mit dem er bereits Mitte der 1920er Jahre bei der Produktion von Die Prinzessin und der Geiger in Kontakt gekommen war. Riff-Piraten war ein Kostümfilm um eine Strandpiratenbande im britischen Cornwall Ende des 18. Jahrhunderts. Der Film stand aufgrund der problematischen Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Star Charles Laughton unter einem schlechten Stern und wurde von der Presse durchweg verrissen.

1939–1949

Erfolge und Bevormundung – Hitchcock und David O. Selznick

Aus dem Trailer für Der Auslandskorrespondent

1939 wanderte Hitchcock mit seiner Frau Alma und seiner Tochter Patricia in die USA aus. Die Zusammenarbeit mit dem Produzentenmogul David O. Selznick, bei dem er insgesamt acht Jahre lang unter Vertrag stand, gestaltete sich schwieriger als erwartet. Selznick war es gewohnt, die Arbeit „seiner“ Regisseure ausgiebig zu überwachen und zu kontrollieren. Sobald er meinte, sich einmischen zu müssen, schrieb er seitenlange Memos mit Anweisungen, die zu befolgen waren. Hitchcock erging es nicht anders. Die drei Filme, die er bis 1947 letztlich nur für Selznick drehen sollte, litten stark unter dieser Einmischung. Zwischen diesen Filmen lieh Selznick Hitchcock für große Summen an andere Studios aus, wobei er, zu Hitchcocks Unmut, an diesen Geschäften in der Regel mehr verdiente, als Hitchcock für die jeweilige Arbeit als Regisseur und zum Teil als Produzent erhielt.

Hitchcocks erster amerikanischer Film Rebecca hatte ein sehr britisches Gesicht. Gedreht nach dem Buch der Britin Daphne du Maurier, spielte das Melodram in einem englischen Herrschaftshaus im ausgehenden 19. Jahrhundert. Er fokussierte auf die Psychologie der Figuren und kam bis auf einzelne dramaturgische Höhepunkte ohne große Spannungsmomente aus, ein eher untypisches Hitchcock-Setting. Selznick unterband jeden Ansatz Hitchcocks, von der weitgehend humorfreien Romanvorlage abzuweichen. Rebecca gewann trotz dieser widrigen Umstände 1940 den Oscar als bester Film, den Selznick als Produzent erhielt. Einen weiteren Oscar erhielt der Kameramann George Barnes, eine Nominierung der Komponist Franz Waxman, der im Jahr darauf auch für Verdacht nominiert wurde und später noch für zwei weitere Hitchcockfilme die Musik schrieb.

Selznick legte nach Rebecca aus steuerlichen Gründen eine mehrjährige Pause ein und so konnte Hitchcock in den Folgejahren einige Wunschprojekte für andere Studios verwirklichen. 1941 entstanden zwei Filme für RKO: Verdacht war der erste von insgesamt vier Filmen, die Hitchcock zwischen 1941 und 1959 mit Cary Grant drehte. Grant wurde innerhalb dieser Filme zu Hitchcocks Alter Ego auf der Leinwand, zu der Person, die Hitchcock im wirklichen Leben gerne gewesen wäre, wie es Hitchcocks Biograph Donald Spoto formulierte. Der zweite Film für RKO war Mr. und Mrs. Smith nach einem Drehbuch von Norman Krasna. Diesen Film, ein einmaliger Ausflug in das klassische, aber für Hitchcock untypische Genre der Screwball-Komödie, drehte er ausschließlich der mit den Hitchcocks befreundeten Hauptdarstellerin Carole Lombard zuliebe.

Sein Lieblingsmotiv des unschuldig Verfolgten variierte Hitchcock 1942 für Universal in Saboteure. Für dasselbe Studio drehte er ein Jahr später Im Schatten des Zweifels, einen sehr persönlichen Film mit eindeutigen autobiographischen Zügen, den Hitchcock später als seinen Lieblingsfilm bezeichnete. Der Film behandelt ein bei Hitchcock häufig wiederkehrendes Thema, den Einzug des Bösen und Dämonischen in die „heile Welt“.

Zwei weitere außergewöhnliche Werke aus dieser Schaffensperiode drehte Hitchcock mit Ingrid Bergman: In Ich kämpfe um dich (1945) experimentierte Hitchcock inhaltlich und formal mit dem Thema Psychoanalyse, für die damalige Zeit ein Wagnis. Die Traumsequenzen des Films wurden auf Wunsch von Hitchcock vom surrealistischen Maler Salvador Dalí umgesetzt. Dieser Film entstand erstmals nach Rebecca wieder unmittelbar für Selznick, der sich diesmal zwar relativ wenig in die Dreharbeiten einmischte, dafür aber aber den Film nach einer Probevorführung eigenmächtig um über 20 Minuten kürzte. George Barnes, der bereits für Rebecca den Oscar als bester Kameramann erhalten hatte, wurde erneut nominiert, ohne den Preis allerdings zu gewinnen. Das Drehbuch erarbeitete Hitchcock zusammen mit Ben Hecht und seinem alten Freund Angus McPhail.

Der Spionagethriller Berüchtigt (1946) ist eigentlich ein Liebesfilm. Er konzentrierte sich für einen Hitchcockfilm ungewöhnlich stark auf Beziehung und Gefühle der von Ingrid Bergman und Cary Grant dargestellten Hauptfiguren. David O. Selznick verkaufte den Film als Gesamtpaket aus Drehbuch, Drehbuchautor, Regisseur Hitchcock sowie den Hauptdarstellern an RKO, die ihn anschließend produzierte. Im Zuge der Dreharbeiten zu diesen beiden Filmen entwickelte Hitchcock eine sehr persönliche, jedoch einseitige Beziehung zu Ingrid Bergman. Ähnliches sollte sich in späteren Jahren bei der Arbeit mit seinen Hauptdarstellerinnen Vera Miles und Tippi Hedren wiederholen.

Das Gerichtsdrama Der Fall Paradin war 1947 Hitchcocks letzter Film für Selznick, der als Produzent wieder sehr stark Einfluss nahm. Er wählte nicht nur sämtliche Hauptdarsteller gegen Hitchcocks Vorstellungen aus, sondern schrieb auch noch selbst das Drehbuch. Während des Drehens veränderte er dieses überdies permanent, was Hitchcocks gewohnter Arbeitsweise und seinen Prinzipien zuwider lief. Hitchcock nahm es in der Gewissheit hin, dass nach Ende der Dreharbeiten die schwierige Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Produzenten endlich ein Ende haben würde.

Hitchcock und der Zweite Weltkrieg

Hitchcock vermied es Zeit seines Lebens, politische Statements abzugeben oder gar in seinen Filmen zu transportieren. Der in Europa wütende Zweite Weltkrieg und die Vorwürfe der Drückebergerei, die er sich von ehemaligen britischen Kollegen gefallen lassen musste, gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorbei. So appellierte er 1940 in dem ansonsten eher unpolitischen Spionagethriller Der Auslandskorrespondent (United Artists) an das noch neutrale Amerika, in den Krieg einzutreten. Das Drehbuch schrieb ein letztes Mal Charles Bennett, mit dem Hitchcock in England wenige Jahre zuvor erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Mit Der Auslandskorrespondent begann gleichzeitig die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Ben Hecht, der herangezogen wurde, um den Schlussmonolog zu schreiben. Hecht wirkte bis 1951 an sechs weiteren Drehbüchern für Hitchcock mit.

Auch Das Rettungsboot (20th Century Fox, 1943), ein Film nach einer ausschließlich auf einem Rettungsboot spielenden Geschichte von John Steinbeck, hatte eine politische Botschaft: Nur gemeinsam hat der zusammengewürfelte, ideologisch zerstrittene Haufen britischer und amerikanischer Schiffbrüchiger eine Chance, gegen den entschlossenen Nazi vorzugehen. Hitchcock erhielt für Das Rettungsboot eine seiner insgesamt sechs Oscar-Nominierungen (fünfmal Regie, einmal bester Film als Produzent), konnte den Preis jedoch nie gewinnen.

Im Auftrag des britischen Informationsministeriums drehte Hitchcock 1944 zwei Kurzfilme: Mit Gute Reise und Aventure Malgache sollten Frankreichs Kriegsanstrengungen unterstützt werden. Im Rahmen dieser Arbeit traf er wieder auf seinen alten Bekannten Angus McPhail, der die Drehbücher für beide Filme schrieb. 1945 half Hitchcock als dramaturgischer Berater bei dem Dokumentarfilm The Memory of the Camps über die Konzentrationslager der Nazis.

Schritt in die Unabhängigkeit – Gründung der Transatlantic Pictures

Die 1940er-Jahre gelten als das „goldene Zeitalter“ des Kinos, viele Millionen Menschen strömten wöchentlich in die Lichtspielhäuser. Auch die meisten Filme Hitchcocks aus dieser Zeit waren erfolgreich, machten ihn und ihre Produzenten reich und Hitchcock auch in Amerika bekannt. Jetzt galt es, die völlige Kontrolle über die Filme zurückzugewinnen, doch dazu musste er sein eigener Herr werden. 1948 lief der Vertrag mit David O. Selznick aus, und Hitchcock gründete gemeinsam mit Sidney Bernstein, der zu diesem Zeitpunkt Besitzer einer großen britischen Kino-Kette war, die Produktionsfirma Transatlantic Pictures. Hitchcock war mit Bernstein bereits seit den 1920er Jahren befreundet.

Der Film Cocktail für eine Leiche (1948) war für Hitchcock und Transatlantic Pictures der erste Farbfilm. In einer Art Kammerspiel, das nur in einer einzigen Wohnung spielt, experimentierte Hitchcock mit sehr langen Einstellungen. Dieser Film behandelte die typischen Hitchcock-Motive der Schuldübertragung und der latenten Homosexualität. Er ist ein Lehrbeispiel für den Hitchcockschen Suspense, blieb jedoch vor allem aus technischen Gründen in Erinnerung: Hitchcocks Umgang mit der Farbe und vor allem die bis zu zehn Minuten langen ungeschnittenen Szenen, die den Eindruck eines mehr oder weniger in einer Einstellung gedrehten Films hinterlassen. Mit zwei Ausnahmen war es Hitchcock gelungen, die Schnitte, die durch die Länge der verfügbaren Filmrollen und durch Umbauten in der Kulisse nötig waren, so zu verstecken, dass das Publikum selbst bei aufmerksamer Betrachtung Mühe hat, sie zu entdecken. Eine der Hauptrollen spielte James Stewart, mit dem Hitchcock bis 1958 drei weitere Male zusammenarbeiten sollte. Stewart galt neben Cary Grant als das zweite Leinwand-Alter-Ego Hitchcocks. Im Gegensatz zu den charmanten, leichtfüßigen und humorvollen, wenn auch zuweilen unseriös erscheinenden Figuren Grants jedoch spielte Stewart ernste, eher ambivalente Rollen, instable Charaktere, Männer mit körperlichen Makeln oder psychischen Problemen. Figuren, mittels derer Hitchcock eines seiner Lieblingsthemen, die Brüchigkeit der heilen, bürgerlichen Welt, ideal umsetzen konnte.

Hitchcocks nächster Film Sklavin des Herzens (1949), ein für ihn untypischer melodramatischer Kostümfilm, war vor allem ein Vehikel für Ingrid Bergman. Trotz der Starbesetzung und obwohl der Film insbesondere aus technischer Sicht sehr ambitioniert war und verschiedene typische Motive Hitchcocks verwendete, wurde er ein Misserfolg. Nach diesen beiden kommerziellen Misserfolgen ging Transatlantic in Konkurs und Hitchcock und Bernstein mussten sich wieder trennen, blieben jedoch bis zum Ende befreundet.

Nachdem sein Berater und Agent Myron Selznick 1944 gestorben war, wurden Hitchcocks Interessen von mehreren anderen Personen wahrgenommen, bevor er 1948 mit Lew Wasserman zusammentraf. Wasserman war seit 1946 Präsident der weltgrößten Künstleragentur Music Corporation of America (MCA), der sich Hitchcock 1948 anschloss. Von da an betreute Wasserman Hitchcock exklusiv. Hitchcock und Wasserman wurden enge Freunde und die Zusammenarbeit sollte sich in den folgenden Jahrzehnten für beide auszahlen.

1949–1963

Hitchcock als unabhängiger Produzent – Die Zeit bei Warner Brothers

Hitchcock stand nun als Produzent vollständig auf eigenen Füßen. Er schloss einen äußerst lukrativen Vertrag mit Warner über vier Filme, bei denen er als Regisseur und Produzent bei der Auswahl der Stoffe und bei der künstlerischen Umsetzung völlig freie Hand hatte. Der erste dieser Filme war der Thriller Die rote Lola (1950) mit Marlene Dietrich, der im Londoner Theatermilieu spielte, und für den Hitchcock in seine Heimat zurückkehrte. Hitchcock stellte in Die rote Lola sein Lieblingsmotiv des unschuldigen Verfolgten auf den Kopf, indem dieser sich am Ende doch als der wahre Mörder entpuppt. Der Film wurde kein großer Erfolg.

Erst Der Fremde im Zug (1951), ein klassischer Thriller Hitchcockscher Prägung, brachte den angestrebten Erfolg. Mit diesem Film begann eine der längsten und fruchtbarsten Zusammenarbeiten in Hitchcocks Karriere. Der Kameramann Robert Burks filmte von da an bis 1964 alle Hitchcock-Filme mit Ausnahme von Psycho. Im Laufe dieser Zeit entwickelte sich ein beinahe blindes Verständnis zwischen den beiden. Burks' Name ist untrennbar mit Hitchcocks erfolgreichster Phase verbunden. Wie schon in Die rote Lola spielte Hitchcocks Tochter Patricia in dieser Patricia Highsmith-Verfilmung eine Nebenrolle. Ein Jahr später folgte der dritte Film in Folge in Schwarzweiß. Obwohl Hitchcock in vielen seiner Filme religiöse Motive anklingen ließ oder klerikale Elemente einbaute, ist Ich beichte (1952), ein Film über einen katholischen Priester, der die Wahrung des Beichtgeheimnises höher wertet als das eigene Leben, der eindeutigste filmische Bezug auf Hitchcocks eigene starke katholische Prägung. Ich beichte festigte künstlerisch Hitchcocks Ruf, war jedoch kommerziell ein Misserfolg.

Das Kino steckte seit Anfang der 1950er Jahre in seiner ersten Krise, das Fernsehen hielt Einzug in die Wohnzimmer und lief der großen Leinwand den Rang ab. Mit neuen technischen Verfahren wie dem Breitbildformat Cinemascope oder dem auf räumliche Effekte bauenden 3D-Verfahren sollten wieder Zuschauer gewonnen werden. Bei Anruf Mord (1954) ist die Verfilmung eines damals sehr populären Theaterstücks, das auf Drängen von Warner Brothers im 3-D-Verfahren aufgenommen wurde. Über dieser Entscheidung war Hitchcock nicht glücklich, da sie die Bewegungsfreiheit der Kamera deutlich einschränkte und den Zuschauer als externen und neutralen Beobachter definierte, statt ihn in das Geschehen hineinzuziehen. Hitchcock nutze die ihm verbliebenen Möglichkeiten so gut es ging und setzte nur recht wenige Effekte ein, wegen derer es sich lohnt, die 3-D-Version anzuschauen. Bei Anruf Mord war der erste von drei Filmen in Folge, die Hitchcock mit Grace Kelly drehte. Hitchcock und Kelly verstanden sich persönlich sehr gut und waren bis zu Hitchcocks Tod befreundet. Einer noch weitergehenden Zusammenarbeit stand nur Kellys spätere Heirat mit Fürst Rainier von Monaco und ihr damit zusammenhängender Rückzug aus dem Filmgeschäft 1956 entgegen.

Alles in allem war die Zeit bei Warner Brothers für Hitchcock nach den Erfahrungen bei Selznick eine positive Zeit. Er versprach Warner daher, für sie so bald wie möglich ohne Gage einen weiteren Film zu drehen. Dieses Versprechen löste er zwei Jahre später mit Der falsche Mann ein.

Erfolgreiche Jahre in künstlerischer Freiheit – Die Filme bei Paramount

Vom Beginn seiner Karriere bis Anfang der 1950er Jahre hatte Hitchcock knapp 40 Spielfilme gedreht. Unter diesen waren etliche Meisterwerke, aber auch schwächere Werke oder gar Filme, die er nur auf Drängen des jeweiligen Produzenten drehte und für die er selbst wenig bis kein Interesse aufbringen konnte. Die Zusammenarbeit mit Warner Brothers bedeutete hier bereits eine Wende. Hitchcock konnte sich seine Stoffe aussuchen und hatte weitgehende künstlerische Freiheiten. Die Erfahrung mit Bei Anruf Mord und dem aufgezwungenen 3-D-Verfahren zeigte ihm jedoch auch hier seine Grenzen. Folgerichtig schloss Hitchcock 1953 einen Vertrag mit Paramount ab, der ihm völlige künstlerische Freiheit bescherte und der dafür sorgen sollte, dass Hitchcock von nun an nur noch Wunschprojekte realisierte, was sich erst Mitte der 1960er Jahre wieder ändern sollte.

1954 begann somit Hitchcocks erfolgreichste Ära: In Das Fenster zum Hof ist neben Grace Kelly ein weiteres Mal James Stewart zu sehen. Wie schon in Cocktail für eine Leiche spielt die Handlung in einem einzigen Raum. Die Hauptfigur sitzt während des gesamten Films im Rollstuhl und beobachtet – sozusagen stellvertretend für den Zuschauer – durch ein Teleobjektiv das Geschehen in den gegenüberliegenden Häusern. Hitchcock ist in Das Fenster zum Hof in der Lage, mit geringsten Mitteln aus lediglich einem vagen Verdacht Spannung zu erzeugen und bis zum Finale aufrecht zu halten. Das Fenster zum Hof wird von vielen Hitchcock-Fans als ihr Lieblingsfilm bezeichnet.

1955 folgte der nächste Film. Über den Dächern von Nizza ist ein leichter, romantischer Thriller, in dem neben Grace Kelly Cary Grant spielt, den Hitchcock nach zwei Jahren Filmpause reaktivierte. Um dem Glamour dieses an der Cote d’Azur angesiedelten Films etwas entgegenzusetzen, drehte Hitchcock im selben Jahr noch einen ungewöhnlich kleinen Film, die schwarze Komödie Immer Ärger mit Harry, in dem Shirley MacLaine neben John Forsythe ihren ersten Filmauftritt hatte. Edmund Gwenn, der schon zwischen 1931 und 1942 dreimal für Hitchcock gespielt hatte, spielte fast achtzigjährig eine seiner wenigen Filmhauptrollen.

1955 nahm Hitchcock – rund 10 Jahre nach seiner Frau – die amerikanische Staatsbürgerschaft an und begann mit Doris Day und James Stewart die Dreharbeiten zu Der Mann, der zuviel wußte, einem Remake seines gleichnamigen Films aus dem Jahre 1934. Wie Cocktail für eine Leiche, Das Fenster zum Hof, Immer Ärger mit Harry und Vertigo verschwand Der Mann, der zuviel wußte für viele Jahre komplett von der Bildfläche und ist erst seit Mitte der 1980er Jahre wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Rechte an diesen Filmen lagen bei Hitchcock und waren Teil des Nachlasses an seine Tochter.

Ebenfalls 1955 startete Hitchcocks eigene wöchentliche Fernsehserie Alfred Hitchcock Presents, die ab 1962 The Alfred Hitchcock Hour hieß. Hitchcock war Produzent und übernahm in vielen Folgen die Moderatorenrolle. 17 Folgen von Alfred Hitchcock Presents und einen Beitrag für The Alfred Hitchcock Hour inszenierte Hitchcock selbst. Darüber hinaus drehte Hitchcock eine Folge für die Serie Suspicion sowie eine Folge der Fernsehserie Startime. Das Ende der zehnjährigen Fernseharbeit Hitchcocks hatte mit seinem nachlassendem Interesse zu tun – nachdem er von 1955 bis 1959 drei Folgen pro Jahr inszenierte, waren es von 1960 bis 1962 insgesamt nur fünf, danach keine mehr. Hinzu kam, dass die Produktion den Auftraggebern zu teuer wurde und die Zeit von Serien mit jeweils abgeschlossenen Folgen, sogenannten „Anthologies“, zu Ende ging.

Mit Der falsche Mann wagte Hitchcock 1956 wieder einmal ein Experiment und wurde einem seiner Grundprinzipien untreu. In dem in Schwarzweiß gehaltenen Film mit Henry Fonda in der Hauptrolle wird an authentischen Schauplätzen die auf Tatsachen beruhende Geschichte eines Mannes erzählt, der zu Unrecht verurteilt wird. Mit diesem Film löste Hitchcock sein Versprechen gegenüber Warner Bros. ein, einen weiteren Film für die Produktionsgesellschaft ohne feste Gage (allerdings gegen Gewinnbeteiligung) zu drehen. Nachdem Hitchcock mit dem ersten Drehbuchentwurf von Maxwell Anderson unzufrieden war, griff er wieder einmal auf seinen alten Freund Angus McPhail zurück, der das Drehbuch zur allseitigen Zufriedenheit fertigstellte.

Der Aufbau eines kreativen Arbeitsumfelds

Hitchcocks anhaltender Erfolg in den 1950er Jahren ist auch dem Umstand geschuldet, dass er es verstand, nach und nach Mitarbeiter um sich zu scharen, mit denen er im künstlerischen Bereich auf einer Linie lag. Diese Personen hatten einen großen Anteil an der gleichbleibend hohen Qualität der Filme in diesen Jahren. So stammten die Drehbücher der vier Filme von Das Fenster zum Hof bis Der Mann, der zuviel wusste von John Michael Hayes. Es ist allgemein anerkannt, dass sich Hitchcocks und Hayes' Erzählstil ausgezeichnet ergänzten. Die Zusammenarbeit beider endete jedoch 1956 in Missstimmung. Das Fenster zum Hof war auch der Beginn der Zusammenarbeit mit der Kostümbildnerin Edith Head, die bis zum Ende für fast alle seiner Filme die Kostüme entwerfen sollte, und der Anfang einer weiteren erfolgreichen Zusammenarbeit. Der Cutter George Tomasini war von da an bis zu seinem plötzlichen Tod 1964 für den Schnitt fast aller Hitchcock-Filme bis einschließlich Die Vögel verantwortlich. Tomasini verstand es, Hitchcocks Intentionen umzusetzen und sein Anteil am Gesamterscheinumgsbild von Hitchcocks Meisterwerken der 1950er und frühen 1960er Jahre ist nicht zu unterschätzen. Ein weiterer Mitarbeiter stieß zu dieser Zeit zu Hitchcocks Team hinzu: Herbert Coleman, der zuvor bei Paramount als Regieassistent und künstlerischer Berater gewirkt hatte. Hitchcock setzte ihn von 1954 bis 1969 mehrfach als Second Unit Director und ab 1955 als Associate Producer ein, und beide verband ebenfalls eine Freundschaft.

Immer Ärger mit Harry war die erste Zusammenarbeit Hitchcocks mit dem Komponisten Bernard Herrmann, der bis einschließlich Marnie (1964) alle Filmmusiken für Hitchcock kompononieren sollte. Herrmann gilt seitdem als der Hitchcock-Komponist. Er verstand es wie kein anderer, die Hitchcocksche Art der Spannungserszeugung in Form von Musik umzusetzen. Seine Filmmusiken für Vertigo und Der unsichtbare Dritte sind Klassiker, und diese Filme ziehen einen großen Teil ihrer Wirkung aus Herrmanns Musik. Mit Der Mann, der zuviel wusste begann die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Art Director Henry Bumstead, der Hitchcock von John Michael Hayes empfohlen worden war und der maßgeblich die Ausstattung und damit das Gesamterscheinungsbild des Films bestimmte. Hitchcock war mit Bumsteads Arbeit so zufrieden, dass er ihn später bei drei weiteren Filmen verpflichtete, die ebenfalls durch ihre prächtige Ausstattung bestechen sollten: Vertigo, Topas und Familiengrab.

Suzanne Gauthier, eine Angestelle von Paramount, wurde 1955 Hitchcocks Assistentin und später bis zu seinem Tod seine Privatsekretärin und enge Vertraute. 1957 stellte Hitchcock Peggy Robertson ein, um die Szenenanschlüsse zu überwachen. Mit ihr hatte er bereits 1949/1950 zusammen gearbeitet, seinerzeit noch unter ihrem Mädchennamen Peggy Singer, und sie in guter Erinnerung behalten. Die Zusammenarbeit entwickelte sich positiv und Robertson stieg bald zu persönlichen Assistentin Hitchcocks auf, was sie bis 1979 bleiben sollte.

Vier Meisterwerke

Was das künstlerische Schaffen betrifft, besteht unter Kritikern weitgehende Einigkeit, dass die Jahre zwischen 1958 und 1963 den Höhepunkt in Hitchcocks Karriere darstellen. In diesen Jahren inszenierte Hitchcock vier inhaltlich sehr unterschiedliche Meisterwerke von außergewöhnlicher Qualität, die das Kino nachhaltig beeinflusst und verändert haben. Diese vier Filme befinden sich in der Liste der "100 spannendsten US-Filme aller Zeiten" des American Film Institute auf den Plätzen 1, 4, 7 und 18.

1958 drehte Hitchcock für Paramount Vertigo – Aus dem Reich der Toten. Das Drehbuch entstand in gemeinsamer intensiver Arbeit von Hitchcock und Samuel A. Taylor. Zu seiner Entstehungszeit war Vertigo nicht besonders erfolgreich. Inzwischen gilt dieser vielschichtige, geheimnisvoll wirkende Film um Obsessionen und Täuschungen jedoch für viele als sein bestes und tiefsinnigstes Werk. In der Abgründigkeit und Düsterkeit von Vertigo kündigte sich bereits Hitchcocks Spätwerk an.

Der unsichtbare Dritte, den Hitchcock 1959 für MGM drehte, wird allgemein als die Summe und Krönung des klassischen Hitchcock-Themas angesehen, bei dem ein Unschuldiger um seine Reputation und um sein Leben kämpft. Es ist Hitchcocks letzter Film mit Cary Grant und Grants wahrscheinlich bekanntester Film. Hitchcock und sein Drehbuchautor Ernest Lehman konzipierten Der unsichtbare Dritte als eine Abfolge von Abenteuern, die der von Grant gespielte Held auf der Suche nach der Lösung des Rätsels überstehen muss. Der unsichtbare Dritte und die Leichtigkeit und Eleganz dieses Films haben sehr viele danach entstandene Filme beeinflusst, nicht zuletzt auch die in den 1960er Jahren entstandenen James-Bond-Filme oder die Indiana-Jones-Filme. Der unsichtbare Dritte war für lange Zeit Hitchcocks letzter vorwiegend heiterer Film.

1960 folgte Psycho, einer seiner bekanntesten Spielfilme und sein letzter Film für Paramount. Psycho ist ein in Schwarzweiß gedrehter, für Hitchcocks Verhältnisse ungewöhnlich brutaler Low-Budget-Film, mit dem Hitchcock dem damals in den USA sehr populären Genre des Horror-B-Movies nachhaltig seinen Stempel aufdrückte und das Publikum über alle Maßen schockte. Die darin enthaltene Duschszene gehört zu seinen bekanntesten und den meistanalysierten Filmszenen überhaupt. Der Grafikdesigner Saul Bass, der für diesen und die beiden vorangegangenen Filme die Titelsequenzen schuf, entwarf nach Hitchcocks Vorgaben die gezeichneten Storyboards, nach der diese Szene gedreht wurde.

Bereits seit Mitte der 1950er Jahre war Hitchcock in Europa, insbesondere in Frankreich, hoch angesehen. Die Vertreter der Nouvelle Vague feierten ihn als Idol. Als Hitchcock im Mai 1960 nach Europa reiste, wurde er in Paris von Dutzenden jungen Filmemachern anlässlich eines ihm zu Ehren abgehaltenen Filmfestivals frenetisch gefeiert und er genoss diese Anerkennung, obwohl er das Ausmaß der Begeisterung nicht ganz verstand. Die internationale Ausgabe der Harald Tribune schrieb, dass Hitchcock in dieser Woche „das Idol der französischen Avantgarde“ geworden sei.

Erstmals seit sehr langer Zeit verging ein Jahr, ohne dass Hitchcock einen neuen Film begann. 1960 kündigte er öffentlich zwei Projekte an, die jedoch nie konkret weiter verfolgt wurden. Ein weiteres Projekt konnte aufgrund äußerer Umstände nicht verwirklicht werden: Hitchcock wollte einen Film namens The Blind Man drehen, der ausschließlich in Disneyland spielt. Dies scheiterte allerdings noch während der Drehbucharbeiten (für die er Ernest Lehman verpflichtete) am Widerstand von Walt Disney persönlich, der Psycho für einen "widerlichen Film" hielt und die Dreherlaubnis verweigerte.

Erst Mitte 1961 nahm Hitchcock seinen nächsten Film in Angriff. Die Vögel ist ein weiterer Horrorfilm, ein apokalyptisches und in Bezug auf Dramaturgie und Spannungsaufbau stilbildendes Werk, das zudem völlig ohne Filmmusik und nur mit elektronischen Geräuscheffekten auskommt, die von dem deutschen Komponisten Oskar Sala geschaffen und auf dem nur von ihm beherrschten Trautonium gespielt wurden. Die weibliche Hauptrolle spielte Tippi Hedren, die Hitchcock im Werbefernsehen entdeckte und die bis dahin keine Filmerfahrung besaß. Er bot ihr ohne auch nur einmal mit ihr gesprochen zu haben einen Exklusivvertrag über sieben Jahre und sie nahm das Angebot an.

Die Vögel entstand für Universal, die kurz zuvor teilweise von MCA übernommen worden waren und für die Hitchcock von nun an alle Filme drehen sollte. Somit arbeitete Hitchcock ab diesem Zeitpunkt für seinen Freund Lew Wasserman, der Präsident von Universal wurde und seine Agententätigkeit aufgeben musste. Hitchcock unterzeichnete im Frühjahr 1962 einen entsprechenden Vertrag und bezog einen eigens für ihn eingerichteten Büro-Komplex auf dem Universal-Gelände.

Im August 1962, noch während der Schnittarbeiten an Die Vögel, nahm sich Hitchcock eine Woche Zeit, um dem damals 30-jährigen französischen Filmkritiker und Regisseur François Truffaut ein 50-stündiges Interview zu geben. Truffaut befragte Hitchcock chronologisch zu dessen bisherigen 48 Filmen. Das Interview erschien 1966, nach einen weiteren kurzen ergänzenden Interview in Buchform. Dieses Buch und das Engagement von Filmkritikern und -theoretikern trugen dazu bei, die Rezeption von Filmen allgemein zu verändern und auch Hitchcock verdankt ihnen, heute nicht nur als Regisseur von Unterhaltungsfilmen anerkannt zu sein, sondern als eigenständiger Künstler zu gelten.

1963–1980

Marnie als Wendepunkt

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Alfred Hitchcock (1963)

Nach Die Vögel gibt es in Hitchcocks Arbeit einen Bruch. Die folgenden drei Filme der 1960er Jahre konnten künstlerisch und kommerziell an die vorangegangenen Erfolge nicht heranreichen. Gründe dafür können in der Entwicklung des Mediums gesehen werden, die veränderte Produktionsbedingungen und neue Themen mit sich brachte, womit Hitchcock Probleme hatte. Als eine der Hauptursachen für den nachlassenden Erfolg Hitchcocks wird jedoch auch seine persönliche Entwicklung in dieser Zeit und insbesondere das Zerwürfnis mit der Hauptdarstellerin Tippi Hedren im Verlauf der Dreharbeiten zu Marnie (1964) angesehen. Dies war nicht das erste Mal, dass Hitchcock sich mit mit einer seiner Schauspielerinnen überwarf, doch nie zuvor waren die Folgen derart weitreichend.

Schon früh widmete Hitchcock seinen weiblichen Hauptdarstellern deutlich mehr Aufmerksamkeit als den männlichen. Die Sorgfalt, mit der Hitchcock bereits in den 1930er und 1940er Jahren Madeleine Carroll, Carole Lombard und insbesondere Ingrid Bergman in Szene setzte, resultierte auch aus einer persönlichen Zuneigung, die Hitchcock zu diesen Schauspielerinnen entwickelte. In den 1950er Jahren setzte sich dies in der Arbeit mit Grace Kelly und Vera Miles fort. Während sich diese Zuneigung bei Carroll, Lombard und Kelly auf rein freundschaftlicher Ebene bewegte, deutete sich erstmals im Falle Ingrid Bergmans eine Veränderung an. Hitchcock begann, sich auch auf privater Ebene für die verheiratete Schauspielerin zu interessieren und versuchte, Ingrid Bergman langfristig an sich zu binden. Als sie sich jedoch 1949 in den italienischen Regisseur Roberto Rossellini verliebte und mit ihm nach Italien zog, traf dies Hitchcock schwer und er nahm diese vermeintliche Missachtung seiner Person sehr persönlich.

Sieben Jahre später war es Vera Miles, die Hitchcocks Aufmerksamkeit erregte und die er mit einem mehrjährigen Exklusiv-Vertrag an sich band. Er wollte sie mit Vertigo, seinem persönlichsten Film, zum großen Star machen. Doch Vera Miles wurde schwanger und kam für die Rolle nicht mehr in Frage. Hitchcock verzieh ihr dies nie. Er speiste sie in der Folgezeit mit Fernsehrolle ab und setzte sie in Psycho nur ein, da er sie ohnehin bezahlte und er den Film so preiswert wie möglich drehen wollte. Mit Tippi Hedren wiederholte sich die Geschichte schließlich ein weiteres Mal. Hitchcock war recht offensichtlich in Hedren verliebt und setzte während der Arbeit an Marnie das fort, was er schon bei Die Vögel begann, er versuchte Tippi Hedren völlig unter seine Kontrolle zu bekommen, und zwar künstlerisch wie privat, was ihr zunehmend missfiel. Nach einem eindeutigen Annäherungsversuch, den Tippi Hedren ebenso bestimmt zurückwies, kam es schließlich zum Bruch. Hitchcock weigerte sich von da an, persönlich mit Hedren zu sprechen und Anweisungen wurden nur über Dritte übermittelt. Die zuvor offen bekundete Zuneigung schlug ins Gegenteil um und Hitchcock ließ keine Gelegenheit aus, Tippi Hedren bei anderen herabzusetzen. An den Dreharbeiten verlor er jedes Interesse, zeitweilig schien es sogar so, als würde er das Gelingen des Films bewusst sabotieren.

Marnie ist ein Psychogramm einer verstörten, traumatisierten Frau, das damals bei Publikum und Kritik in Erwartung eines weiteren Meisterwerks weitgehend durchfiel. Der Film bedient sich psychologischer Erklärungsmodelle, die überholt und undifferenziert wirken und enthält für Hitchcock untypisch viele handwerkliche Fehler. Diese waren darauf zurückzuführen, dass das alleine gelassene Team zum Ende der Dreharbeiten hin immer mehr improvisieren musste. Hitchcocks Methode einer akribischen Vorbereitung und der Tatsache, dass sein Team seit Jahren eingespielt war, ist es zu verdanken, dass der Film dennoch nicht zu einem Fiasko wurde. Denn auch ohne Hitchcocks übliches Engagement, Schlüsselszenen so lange und sorgfältig zu drehen, bis sie seiner Intention vollständig entsprechen, waren Kameramann, Ausstatter, Cutter und der restliche Stab in der Lage, die Drehbuchvorgaben weitestmöglich umzusetzen. Aus der zeitlichen Distanz lässt sich die im Wesentlichen den widrigen Umstände geschuldete augenscheinliche Künstlichkeit mancher Schlüsselszenen ebenso wie die Farbgebung des Films oder die für Hitchcocks Verhältnisse löchrige Dramaturgie auch als Stilmittel und als Ausdruck des geistigen Zustands der Titelfigur werten.

Marnie war in mehrerlei Hinsicht ein Wendepunkt in Hitchcocks Karriere. Tippi Hedren war die letzte typische „Hitchcock-Blondine“. Marnie war der letzte Film, den Hitchcocks langjähriger Kameramann Robert Burks drehte. Und schon bald nach Abschluss der Arbeiten an Marnie starb Hitchcocks Cutter George Tomasini, mit dem er zehn Jahre lang zusammen gearbeitet hatte. Hitchcock war 65 Jahre alt, hatte seinen ersten künstlerischen und kommerziellen Misserfolg seit rund 15 Jahren hinter sich und in kurzer Zeit zwei Stützen seines Teams verloren. Schwierige Jahre lagen vor ihm.

Unrealisierte Projekte und die Rückkehr zum Spionagefilm

Hitchcocks Karriere war schon früh, spätestens aber seit der schwierigen Zusammenarbeit mit David O. Selznick von seinem Bemühen geprägt gewesen, sich innerhalb des Studiosystems Unabhängigkeit zu erkämpfen und zu bewahren. Mit wachsender Bekanntheit seiner Person und mit zunehmendem Erfolg seiner Filme hatte er es bis Anfang der 1950er Jahre geschafft, die Kontrolle über seine Arbeit und seine Filme zu erhalten. Diese Position konnte er bis Anfang der 1960er-Jahre behaupten. Nach Die Vögel jedoch wurden seine Filme kommerziell weniger erfolgreich. Gleichzeitig wurden Filmproduktionen immer aufwändiger, die kommerzielle Komponente des Filmemachens nahm an Bedeutung zu, die neuen ökonomischen Bedingungen erschwerten die Zusammenarbeit mit bewährten Mitarbeitern. Hinzu kam, dass gesellschaftliche und zeitgeistige Veränderungen dazu führten, dass zunehmend modernere Themen gefragt waren, und damit begann eine Zeit, in der der mittlerweile rund 65-jährige Hitchcock Probleme hatte, geeignete Stoffe zu finden und zu realisieren. Mit Ausnahme von Frenzy sollte keiner der Filme, die er nach Marnie noch drehte, mehr ein Wunschprojekt sein. In Hitchcocks nun folgenden letzten Filmen finden sich zudem mehrfach Szenen auffälliger Gewalttätigkeit oder mit für Hitchcock untypischer Freizügigkeit, die als Konzession an den veränderten Publikumsgeschmack gelesen werden können.

Gleichzeitig wurden Hitchcocks späte Jahre auch davon überschattet, dass sich diverse Projekte, die Hitchcock reizten und die er mehr oder weniger intensiv plante, zerschlugen: An Mary Rose, einer Mystery- und Phantasygeschichte, reizte ihn die unheimliche Komponente einer übersinnlichen Begegnung mit der eigenen Zukunft, doch Universal untersagte ihm das Projekt. Auch das Projekt R.R.R.R., mit dem Hitchcock zum komischen Thriller zurückkehren wollte, wurde trotz mehrjähriger Realisierungsversuche schließlich aufgegeben.

Schließlich entschloss er sich, zum Genre des Spionagefilms zurückzukehren, in dem er bereits in den 1930er-Jahren in England große Erfolge gefeiert hatte. In Der zerrissene Vorhang (1966) wollte er die Geschichte eines Überläufers ins feindliche Lager aus der Perspektive von dessen nichtsahnender Frau zeigen. Der zerrissene Vorhang war Hitchcocks 50. Spielfilm, was mit einer groß angelegten Marketingkampagne begleitet werden sollte. Nicht nur aus diesem Grund setzte Universal die aktuellen Stars Paul Newman und Julie Andrews als Hauptdarsteller durch, die Hitchcock für Fehlbesetzungen hielt. Außerdem konnte er nicht verstehen, wieso Schauspieler mehr verdienen sollten als er. Hinzu kam, dass erstmals seit rund zehn Jahren wichtige Positionen seines Stabs mit Personen besetzt waren, mit denen er vorher noch nie zusammen gearbeitet hatte. Überdies kam es zum Bruch mit Bernard Herrmann, als dieser nicht die von Universal gewünschte, auch für den Schallplattenverkauf geeignete Unterhaltungsmusik vorlegte, sondern die von ihm gewohnte „schwere“ orchestrale Filmusik, was Hitchcock als Vertrauensbruch betrachtete. Der zerrissene Vorhang fällt handwerklich und dramaturgisch gegenüber Hitchcocks letzten Filmen (einschließlich Marnie) deutlich ab und wurde von der Kritik durchweg verrissen.

Hitchcock unternahm Mitte 1966 ausgedehnte Reisen, hielt Vorträge, beispielsweise vor Film-Studenten und erfuhr Ehrungen für sein bisheriges Lebenswerk. Unmittelbar danach widmete er sich seinem nächsten Projekt, der Geschichte eines missgestalteten psychopathischen Frauenmörders, die Hitchcock mit geringem Budget ohne große Stars drehen wollte. Er wollte Universal entgegenkommen, die „zeitgemäßere“ Themen einforderten. Um so größer war seine Enttäuschung, dass das bereits fertig ausgearbeitete Drehbuch von den Vertretern von Universal kurz und bündig abgelehnt wurde. Hitchcock zog sich für ein Jahr ins Privatleben zurück.

Anfang 1968 entschloss sich Hitchcock unter dem Druck der langen Pause seit dem letzten Film und der noch längeren Zeitspanne seit dem letzten Erfolg, den Roman Topas von Leon Uris zu verfilmen, dessen Rechte Universal kurz zuvor erworben hatte. Mit der Drehbucherstellung durch den damit beauftragten Uris gab es Probleme, so dass Hitchcock letztendlich auf seinen Freund Samuel A. Taylor zurückgriff, mit dem er erfolgreich das Drehbuch von Vertigo erarbeitet hatte. Taylor gelang es, unter großem zeitlichem Druck ein angesichts der widrigen Umstände brauchbares Drehbuch zu erstellen. Doch die Probleme sezten sich fort und erstmals nach Verdacht (1941) gab es während des Drehens noch keinen brauchbaren Schluss für den Film. Das letztlich im Film verwendete Ende wurde ohne Hitchcocks Zutun mit Taylors Hilfe von Universal zusammengebastelt. Vor dem Hintergrund der negativen Erfahrungen mit namhaften, aber unpassenden Stars bei Hitchcocks vorhergehendem Film wurde eine eine europäisch geprägte Schauspielercrew ohne große Namen verpflichtet, doch die Besetzung einiger Rollen zog sich noch bis weit in die Dreharbeiten hinein. Diese verliefen dementsprechend unruhig. Mit dem fertigen Film, bis dahin Hitchcocks teuerster, war niemand zufrieden, auch Hitchcock nicht.

Nach dem dritten Misserfolg in Folge begann man langsam, sich darauf einzurichten, dass die Zeit der großen Hitchcockfilme vorbei wäre. Hitchcock hatte jedoch in seiner Karriere bereits die eine oder andere Durststrecke erlebt und sah das Ende seiner Karriere noch nicht in Sicht: "Ich habe meinen letzten Film noch nicht gedreht. Topas ist mein 51. Film, aber wann ich meinen letzten Film drehen werde, ist von mir, meinen Finanziers und Gott noch nicht entschieden worden." sagte er im September 1969.

Die Rückkehr nach London, Ehrungen und ein letzter Film

Im Spätsommer 1970 nahm Hitchcock sein nächstes Projekt in Angriff. Frenzy spielt in London und ist die Geschichte eines psychopathischen Frauenmörder oder in Hitchcocks Worten: „die Geschichte eines Mannes, der impotent ist, und sich deshalb durch Mord ausdrückt“. Hitchcock wurde in England begeistert empfangen. Frühere Spannungen, die entstanden waren, als ihm Drückebergerei vorgeworfen worden war, nachdem er vor Kriegsausbruch in die USA emigrierte – ein Vorwurf, der ihn lange Zeit hart traf und den er als ungerecht empfand – waren endgültig Vergangenheit. Nach langer Zeit verliefen Drehbucharbeit und zunächst auch die Dreharbeiten wieder einmal weitgehend reibungsfrei. Hitchcock genoss es, wieder in England zu sein, mit Engländern zu arbeiten und er dokumentierte in Frenzy auch seine Verbundenheit zur alten Heimat, indem er versuchte, im Film ein London zu schaffen, wie er es aus früheren Jahren kannte. Er liess den bereits verkommenen und kurz vor dem Abriss stehenden Obst- und Gemüsemarkt in Covent Garden wieder herrichten, flocht leicht anachronistisch wirkende Details in die Handlung ein und beharrte beispielweise bei den Dialogen auf vielen altmodischen Wendungen.

Hitchcock nahm anfangs die Dreharbeiten so ernst wie lange nicht mehr und achtete peinlichst genau auf jedes Detail. Doch plötzlich – mitten während der Dreharbeiten – erlitt seine Frau Alma einen Herzanfall. Hitchcock wurde aufgrund dieses Schocks „müde und untätig“, wie sich der Hauptdarsteller Barry Foster erinnerte, und die Crew war, ähnlich wie bei den drei vorangegangenen Filmen, anschließend weitgehend auf sich alleine gestellt. Doch diese Probleme sieht man dem fertigen Film nicht an. Frenzy wurde ein harter, brutaler, zum Teil bitterer und sarkastischer und mit tiefschwarzem britischen Humor durchzogener Film, sein erster humorvoller Film seit Der unsichtbare Dritte. Frenzy kam im Sommer 1972 in die Kinos und war Hitchcocks letzter großer Erfolg.

Ab Mitte der 1960er-Jahre hatte sich das Ende von Hitchcocks Karriere abgezeichnet und seit dieser Zeit häuften sich die Rückblicke und Ehrungen für den weltberühmten, alternden Regisseur: Immer wieder erntete Hitchcock Bewunderung, wenn er Werbeauftritte für seine Filme absolvierte, Vorträge hielt und beispielsweise vor Studenten auftrat. In New York erhielt Hitchcock 1966 vom Bürgermeister die kulturelle Ehrenmedaille der Stadt. Als weitere Auszeichnungen folgten die Ehrenmitgliedschaft des Drama Club in Harvard, die Einrichtung eines Alfred-Hitchcock-Tages im Bundesstaat Massachusetts, eine Belobigung der Universität von Boston und in London die Ehrenmitgliedschaft der Association of Cinematograph, Television and Allied Technicians (ACTT). 1968 erhielt er im Rahmen der Oscar-Verleihung den Irving G. Thalberg Memorial Award für sein langjähriges Wirken als Produzent. Bald darauf erhielt er die Ehrendoktorwürde der University of California.

Zwei weitere Ehrungen erfolgten durch Frankreich, wo Hitchcock besonders anerkannt war: Im September 1969 wurde Hitchcock in Hollywood die französische Kunst- und Literaturauszeichnung Ordre des Arts et des Lettres verliehen, 1971 wurde ihm von Henri Langlois in Paris der Orden der Ehrenlegion verliehen und Hitchcock als Ritter der Ehrenlegion ausgezeichnet. Ebenfalls 1971 wurde Hitchcock von Prizessin Anne mit der ersten Ehrenmitgliedschaft der Society of Film and Television ausgezeichnet. 1972 erhielt er den Golden Globe für sein Lebenswerk. Anfang 1973 präsentierte das Los Angeles County Museum of Art in Zusammenarbeit mit dem American Film Institute eine große Retrospektive seiner Werke, 1974 erfolgte eine große Ehrung im Rahmen eines Gala-Abends durch das New Yorker Filmmuseum Film Society of Lincoln Center.

Hitchcocks letzte Jahre standen im Zeichen zunehmender altersbedingter gesundheitlicher Probleme. Darunter litt auch die Vorbereitung zu seinem nächsten Film, der auch sein letzter werden sollte. Im Frühjahr 1973 entschloss sich Hitchcock, den Roman The Rainbrid Pattern von Victor Canning zu verfilmen. Für das Drehbuch gewann er Ernest Lehman, mit dem er 14 Jahre zuvor erfolgreich bei Der unsichtbare Dritte zusammengearbeitete. Doch diesmal ging die Drehbucherstellung nicht mehr so reibungslos vonstatten. Hitchcock war merklich müde geworden und er wirkte zeitweilig völlig desinteressiert. Weitere gesundheitliche Probleme kamen hinzu. Er litt zunehmend unter Arthritis und er hatte Schwindelanfälle. Er litt nach dem Einsetzen eines Herzschrittmachers Ende 1974 unter eine Colitis, bald darauf folgte eine Nierenstein-Operation. Seine Schmerzen betäubte er zunehmend mit Alkohol. Zwei Jahre benötigte die Fertigstellung des Drehbuchs, so lange wie nie zuvor in seiner Karriere.

Mit Familiengrab, wie der Film schließlich hieß, kehrte Hitchcock zum heiteren Unterhaltungsthriller zurück. Die turbulenten Geschichte zweier Gaunerpärchen, die sich bei ihrer Arbeit gegenseitig ins Gehege kommen, erinnert in ihren besten Momenten an Hitchcocks Glanzfilme aus den 1950er-Jahren und enthält einige erinnerungswürdige Szenen und Einfälle. Im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten brachte sich Hitchcock mit einem lange nicht gezeigten Elan in die Dreharbeiten ein. Der Kameramann Leonard South, mit dem Hitchcock seit 1951 zusammen arbeitete, sagte hierzu: „Er ist immer noch ein Meister der Technik, ganz egal wie müde er im Augenblick scheint. (...) Er hat immer Recht und veranlasst nie eine Kamerabewegung, ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben. Will er das Publikum bewegen, gelingt ihm das durch Kamerabewegungen, nicht unbedingt durch die Schauspieler. Bis jetzt gibt es einfach keinen besseren als ihn.“.

Die Dreharbeiten gestalteten sich reibungslos und in einer entspannten Atmosphäre. Die Überwachung der Schnittarbeiten musste Hitchcock dann jedoch weitgehend seinen Mitarbeiterinnen Peggy Robertson und Suzanne Gauthier überlassen, da sich sein Gesundheitszustand deutlich verschlechterte und er einem Herzinfarkt nahe war. Alma erlitt zudem einen zweiten Schlaganfall. Familiengrab wurde nach seiner Premiere im Frühjahr 1976 überwiegend freundlich aufgenommen und Hitchcock schöpfte aus der Sympathie, die ihm entgegenschlug, kurzzeitig Kraft, neue Pläne zu schmieden und neue Filmideen aufzugreifen.

Doch erst Anfang 1978 nahm er sein nächstes Projekt in Angriff, die Verfilmung des Romans The Short Night von Ronald Kirkbride. Im Laufe eines Jahres entstanden zwei unterschiedliche Drehbücher von Ernest Lehman und von David Freeman und Hitchcock selbst steuerte die Dialoge zu diversen Szenen bei. Doch zu einer Verfilmung kam es nie. Aufgrund des sich weiter verschlechternden Gesundheitszustands – Hitchcock hätte die diversen komplizierten Außenaufnahmen keinesfalls persönlich leiten können – wurde das Projekt von Universal im Frühjahr 1979 gestoppt.

Im März 1979 wurde Hitchcock vom American Film Institute für sein Lebenswerk geehrt. Zwei Monate später schloss er sein Büro auf dem Gelände der Universal-Studios. Gleichzeitig entließ er seine langjährige Assistentin Peggy Robertson, kurz darauf musste auch Suzanne Gauthier gehen. Am 3. Januar 1980 wurde Hitchcock in Hollywood seine Erhebung zum Knight Commander of the Order of the British Empire überreicht, die einem Ritterschlag entspricht. Am Morgen des 29. April 1980 starb Alfred Hitchcock in seinem Haus in Los Angeles an Nierenversagen.

Inhalte und Formen – Das Hitchcock-Universum

In rund 50 Jahren hat Alfred Hitchcock 53 Spielfilme als Regisseur begonnen und beendet. Die weitaus größte Zahl dieser Filme gehört zum Genre des Thrillers an und weist ähnliche Erzählmuster und Motive auf, immer wiederkehrende Elemente, visuelle Stilmittel und Effekte, die sich wie ein roter Faden durch sein Gesamtwerk ziehen. Diese Elemente variierte und perfektionierte Hitchcock im Laufe der Jahre, sie sind jedoch für seine Arbeitsweise und sein Filmverständnis von Anfang an typisch und stilbildend.

Arbeitsweise

Einer der wichtigsten Aspekte der Arbeitsweise Alfred Hitchcocks war, dass er von der Stoffauswahl bis zum Endschnitt normalerweise nichts dem Zufall überließ, sondern die völlige Kontrolle über die Herstellung des Films beanspruchte. So war nach seinen Vorstellungen ein Film schon vor Beginn der Dreharbeiten insofern „fertig“, als Einstellung für Einstellung im voraus festgelegt war: "Man kann improvisieren und man muss improvisieren, aber ich glaube, das sollte in einem Büro geschehen, wo keine Elektriker und keine Schauspieler warten. Da kann man improvisieren, soviel man will – im Voraus. ... Ich drehe einen vorgeschnittenen Film. Mit anderen Worten, jedes Stück Film ist entworfen, um eine Funktion zu erfüllen." Diese Arbeitsweise, die er seit Beginn seiner Regisseurtätigkeit pflegte, stand im Gegensatz zu der damals in Hollywood üblichen Methode, die einzelnen Szenen mehrfach durchgehend aus unterschiedlichen Kamerapositionen zu drehen, um später im Schneideraum die Möglichkeit einer Vielzahl von Schnittvariationen zu besitzen.

Hitchcocks großes Talent, genau zu wissen, mit welchen Bildern, mit welcher Einstellungsgröße, in welchem Kamerawinkel, in welchem Rhythmus eine Figur, eine Szene oder eine Emotion am besten auszudrücken war, führten demgegenüber zu einer ökonomischen Arbeitsweise. Der Hauptgrund für dieses Vorgehen aber war, dass Hitchcock ein Regisseur war, der seine Filme über das Visuelle entwickelte: Ein wesentlicher Aspekt bei Hitchcocks Arbeitsweise ist die Entwicklung der einzelnen Szenen aus „Bildern“, die expliziten Kameraeinstellungen entsprechen, und die er bereits im Kopf hatte. Um diese „Bilder“ möglichst genau im fertigen Film wieder zu finden, benutzte er vorgezeichnete Storyboards, in denen sich jede Einstellung des Films gezeichnet wiederfand.

Hitchcocks Arbeitsweise, nur das zu drehen, was ihm nötig schien, um seine vorgefertigten Vorstellungen umzusetzen, erfüllte noch einen anderen Zweck: So hatte er mehr Kontrolle über den Film, ein Umschneiden war praktisch nicht möglich. Diese Arbeitsweise war somit auch ein Mittel im Konflikten mit Produzenten. So verärgerte er mit ihr in seinen ersten Hollywoodjahren einen Produzenten wie David O. Selznick, der dazu neigte, sich in die Dreharbeiten einzumischen. Auf der anderen Seite musste sich Hitchcock im Verlauf seiner Karriere immer wieder äußeren Rahmenbedingungen anpassen, zum Beispiel den Wünschen von Produzenten, engen Zeitplänen, den Terminplänen der Studios und der Stars, begrenzten Budgets oder unfertigen Drehbüchern bei Drehbeginn, aber auch den Einschränkungen durch die Zensur. In manchen Fällen schaffte es Hitchcock, den Umständen zu trotzen und die Produzentern oder die Zensur zu überlisten. In anderen Fällen musste er improvisieren, was ihm normalerweise zuwider war.

Hitchcocks Filme basieren auf Kurzgeschichten, Romanen und Entwürfen von Autoren, zum Teil auf Bühnenstücken, gelegentlich auch auf eigenen Ideen. Hitchcock arbeitete dabei eng mit seinen Drehbuchautoren zusammen. Selten dagegen basierten seine Filme auf anerkannter, hochwertiger Literatur. Wenn Hitchcock existierende Vorlagen benutzte, übernahm er einzelne Grundzüge und Grundmotive der Handlung und entwickelte daraus oft eine völlig neue Geschichte, mit anderen Charakteren, Handlungsorten und Inhalten. Hochwertige, komplexe Literatur sperrte sich gegen diesen Umgang und Hitchcock scheute daher deren Verfilmung, auch aus Respekt gegenüber literarisch hochwertigen Vorlagen, blieb in der Regel doch von der Vorlage im fertigen Film nicht viel übrig. Hitchcock wurde nach 1932 bei keinem seiner Filme offiziell als Autor in Vor- oder Abspann erwähnt. Sein Anteil am Drehbuch war jedoch bei den meisten dieser Filme groß. Er erklärte diese Zurückhaltung so: „Ich will nie einen Titel als Produzent oder Autor. Ich habe das Design des Films geschrieben. Mit anderen Worten, ich setze mich mit dem Autor zusammen und entwerfe den ganzen Film vom Anfang bis zum Ende ... Dann geht der Autor weg und arbeitet das aus. Er charakterisiert die Personen und schreibt die Dialoge.“ Hinzu kommt, dass Hitchcock insbesondere bei den Filmen, die einen autobiographischen Bezug aufweisen, im Nachhinein noch Dialoge veränderte oder ergänzte.

Ein weiteres Merkmal von Hitchcocks Arbeitsweise ist die Tatsache, dass er sich, wann immer möglich, mit Mitarbeitern umgab, die sein Vertrauen genossen, seine Vorstellungen kannten und vor allem in der Lage waren, an ihrer Umsetzung mitzuwirken. Diese arbeiteten dann häufig über lange Jahre mit ihm zusammen. In erster Linie ist hier seine Frau Alma zu nennen, die anfangs direkt an seinen Filmen mitwirkte, später im Hintergrund wirkte, aber Zeit seines Lebens als Hitchcocks engste Mitarbeiterin galt. Auch was die administrative Ebene betrifft, umgab sich Hitchcock mit engen Mitarbeitern, etwa was Produzenten oder Agenten betrifft. Eine besonders herausgehobene Stellung nahmen dabei seine langjähirgen persönlichen Assistentinnen Joan Harrison, Suzanne Gauthier und Peggy Robertson ein.

Ähnliches gilt für den künstlerischen Bereich, vor allem Kameramänner, Komponisten und Autoren, mit denen Hitchcock eine gute gemeinsame Arbeitsebene gefunden hatte, die seine Arbeitsweise verstanden und ihn gut ergänzten und die zu ihrer jeweiligen Zeit den „Hitchcock-Stil“ mit prägten. Besonders zu erwähnen sind hierbei die Autoren Charles Bennett, John Michael Hayes, Ben Hecht, Ernest Lehman, Angus McPhail, Eliot Stannard, Hume Cronyn und Samuel A. Taylor, die Komponisten Bernard Herrmann, Louis Levy, Dimitri Tiomkin und Franz Waxman, die Kameramänner George Barnes, Robert Burks, John J. Cox, Bernard Knowles, Harry Stradling, Leonard South und Joseph Valentine, die Ausstatter, Grafiker und Designer Robert F. Boyle, Henry Bumstead, Albert Whitlock und Saul Bass, der Cutter George Tomasini und die Kostümbildnerin Edith Head.

Stilmittel

Hitchcock sah viele Filme anderer Regisseure, obwohl er nie viel Aufhebens darum machte. Er vermied es jedoch, vorhandene Stile zu kopieren oder andere Filme oder Regisseure zu zitieren. In Hitchcocks Werk sind keine Filme, Szenen oder Einstellungen bekannt, von denen man sagen könnte, dass sie bewusste Zitate oder Kopien aus entsprechenden Filmen anderer Regisseure wären. Bekannt ist allerdings, dass er in seinen Anfangsjahren vom deutschen Stummfilm beeindruckt war und – häufig zum Unwillen seiner Produzenten bzw. Geldgeber – versuchte, Elemente solcher Filme in den britischen Film einzuführen. Die Betonung des Visuellen im deutschen Expressionismus prägte seinen eigenen Umgang mit filmischen Mitteln.

Auch vermied es Hitchcock, andere Filme explizit zu bewerten oder gar zu kritisieren. Er machte allerdings keinen Hehl daraus, dass er die meisten Filme uninteressant fand. Für ihn war Film immer eine artifizielle Kunstform und er bestand darauf, dass der Film einer anderen Dramaturgie zu folgen habe als das Leben. Filmische Mittel sollten nicht anstreben oder beanspruchen, das wahre Leben darzustellen, sondern zu dramatisieren und zu fiktionalisieren. Dabei nahm er bewusst in Kauf, dass man seinen Filmen vorwerfen konnte, Gesetze der Plausibilität zu missachten. Kritiker, die ihm das vorwarfen nannte er „Wahrscheinlichkeitskrämer“. Eine nicht verwirklichte Idee von ihm war, in einem Film zu zeigen, wie auf einem Fließband ein Auto komplett zusammengebaut wird und am Ende aus dem fertigen Auto eine Leiche fallen zu lassen. Sein Credo lautete: „For me, the cinema is not a slice of life, but a piece of cake.“ (Für mich ist das Kino keine Scheibe vom Leben, sondern ein Stück vom Kuchen).

Nur einmal – in Der falsche Mann – wich er von diesem Grundsatz ab, nicht ohne zu Beginn des Films selbst auf der Leinwand zu erscheinen, um das Publikum auf die Authentizität des nun Folgenden hinzuweisen. Aber auch in diesem Film werden die dem Film zugrundeliegenden Ereignisse dramatisiert und der Akzent liegt auf jenen Elementen, die nicht dokumentarisch sind - der subjektiven Perspektive des unschuldig Verdächtigten und seiner hilflosen Frau.

Hitchcock hat die Entwicklung der Tricktechnik aufmerksam beobachtet und schon sehr früh - gelegentlich zum Missfallen seiner Produzenten - neue Trickverfahren eingesetzt, wie zum Beispiel das Schüfftan-Verfahren oder Matte Painting. Bei Die Vögel (1963) griff er nach eigenem Bekunden auf sämtliche damals verfügbaren Tricktechniken zurück. Hitchcock hat seit dem Aufkommen des Tonfilms mit dramaturgieunterstützenden Toneffekten gearbeitet, und er hat Musik nicht nur untermalend, sondern dramaturgisch eingesetzt. In Mord - Sir John greift ein! (1930) hat er, da ein nachträgliches Bearbeiten der Tonspur zu diesem Zeitpunkt technisch noch nicht möglich war, ein komplettes Orchester hinter den Kulissen versteckt, um die entsprechenden Stellen musikalisch zu untermalen. In Der Mann, der zuviel wußte (1956) schließlich wird Musik, sowohl orchestral wie auch gesungen, aktiv inszeniert und spielt eine wesentliche Rolle in der Gesamtdramaturgie des Films.

In seinen Filmen tauchen immer wieder ungewöhnliche filmische Operationen auf, wie beispielsweise eine gegenläufige Zoom-Fahrtbewegung in Vertigo, lange Kamerafahrten wie die aus einer Totale eines großen Raums bis in die Naheinstellung eines Schlüssels in einer Hand in Berüchtigt oder die aus ungefähr 70 Einstellungen bestehende 45 Sekunden lange Mordszene unter der Dusche in Psycho und viele andere mehr. Solche Kameraeinstellungen, Fahrten, Schwenks und Schnitte sind wie die Verwendung von Ton und Musik nie beiläufig oder zufällig und in der Regel auch nicht Selbstzweck oder Ausdruck von Technikverliebtheit. Sie sind Mittel zum Zweck im Dienste der Dramaturgie. Ähnliches gilt für den Umgang mit Farbe, die häufig symbolisch oder dramaturgisch eingesetzt wird, etwa in Marnie oder in Vertigo. Eine weitere Hitchcocksche Spezialität sind „Mini-Stummfilme“, Miniaturen zu Beginn eines Spielfilms, die den Zuschauer ohne Worte in wenigen Sekunden oder Minuten in die Vorgeschichte oder die Umstände der folgenden Handlung einführen.

Neben inhaltlichen Motiven, die Hitchcock immer wieder aufgriff, lassen sich in vielen Hitchcock-Filmen auch solche Stilelemente aus früheren Filmen wiederfinden; geübte Hitchcock-Zuschauer erkennen ähnliche Einstellungen in Filmen, die Jahrzehnte auseinander liegen und sie erkennen „Hitchcocksche“ Einstellungen, Schwenks oder Schnitte in Filmen, die sie nie zuvor gesehen haben. Dies alles macht den „Hitchcock-Touch“ aus. Zugleich sind die Filme Hitchcocks in der Regel so reich an Einfällen und so bewusst kontruiert, dass sie keine Kopien schon verwendeter Mittel enthalten und sich bei jedem Sehen Neues entdecken lässt.

Dutzende Hitchcocksche Szenen sind auf diese Weise in das kollektive Gedächstnis übergegangen. Vielleicht die berühmtesten: Die „Duschszene“ aus Psycho, der Flugzeugangriff auf Cary Grant und die Jagd auf Mount Rushmore in Der unsichtbare Dritte, die Versammlung der Vögel auf dem Klettergerüst in Die Vögel, der Mord mit der Schere in Bei Anruf Mord, die Suche nach der Krawattennadel im Kartoffellaster in Frenzy oder Cary Grant mit dem leuchtenden Milchglas auf der Treppe in Verdacht.

Wiederkehrende Motive und Elemente

Es gibt eine Reihe typischer Elemente, die in Hitchcocks Filmen immer wiederkehren. Die meisten dienen dazu, ein Gefühl der Unsicherheit und der Bedrohung zu erzeugen oder zu steigern: Vögel als Vorboten des Unglücks verwendet Hitchcock seit den 1920er Jahren; Treppen in unterschiedlicher Form als Symbol für das Unbekannte und Gefährliche inszeniert Hitchcock in Dutzenden Filmen. Hitchcock verwendet gerne Kirchen als Orte des Verbrechens und Priester als zwielichtige Figuren (ein eindeutiger Bezug zu seiner katholischen Erziehung).

Eine diffuse Bedrohung geht von Spionen oder Spionageringen aus, nur selten spielt es eine Rolle für wen, für was oder mit welchem Ziel spioniert wird. Handschellen stehen für eine Bedrohung der Figuren, aber auch für die – von Fall zu Fall erotische – Verkettung zweier Schicksale.

Auffällig ist auch, dass Hitchcock unheimliche, bedrohliche Szenen entgegen dem Klischee häufig nicht in unheimlichen, dunklen Räumen stattfinden lässt, sondern bei hellem Tageslicht und an scheinbar harmlosen Orten wie Marktplätzen (Der Mann, der zuviel wußte), menschenleeren Landschaften (Der unsichtbare Dritte), idyllischen Bergstraßen (Über den Dächern von Nizza) oder einem mit lauter freundlichen Menschen besetzten Eisenbahnzug (Eine Dame verschwindet).

In vielen Filmen behandelt Hitchcock das Thema „Schuld (und Sühne)“. Dem Grundmotiv seiner Filme des unschuldig Verfolgten verleiht er Doppelbödigkeit, indem dieser häufig einen ambivalenten Charakter oder zwiespältige Motive hat wie beispielsweise der Fotograf in Das Fenster zum Hof, dessen Hang zum Voyeurismus der Ausgangspunkt des Falles ist. Der unschuldig Verfolgte, so Hitchcock, ist „unschuldig, aber nur im Bezug auf das, was man ihm vorwirft“. Häufig variiert Hitchcock daher auch Motive von Schuldübertragung: in Ich beichte, indem ein Priester unter Morderverdacht gerät für einen Mord gerät, den ein anderer in einem Priestergewand beging, für den er selbst ein Motiv besaß und vor allem, indem der Mörder dem Priester den Mord beichtet und so zum Mitwisser macht; in Der Fremde im Zug, indem ein Mann der Hauptfigur einen Mord, den diese gewünscht hat, ankündigt, anschließend begeht und sie somit zum Mitwisser und -schuldigen macht; in Vertigo, indem der wahre Mörder die Hauptfigur durch ein Komplott zunächst scheinbar zum Schuldigen am Tod der ihr anvertrauten Person macht, bevor das Opfer der Intrige sich anschließend tatsächlich am Tod einer Frau schuldig macht. Innerhalb des Schuld-Motivs macht Hitchcock einzelne Figuren zu Mitwissern und zwingt sie zu einer Gewissensentscheidung zwischen „richtig“ und (vermeintlich oder tatsächlich) „falsch“. Hitchcock macht sogar den Zuschauer zum Komplizen, indem er ihn zeitweise dazu bringt, sich mit dem Schurken zu identifizieren. In einigen Filmen verwendet Hitchcock in diesem Zusammenhang das „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“-Motiv der gespaltenen Persönlichkeit, am sinnfälligsten in Psycho.

Ein weiteres von Hitchcock verwendetes inhaltliches Motiv ist das das Verführung: Es spielt dort eine Rolle, wo „Unschuldige“, wissentlich oder unwissentlich, zu Komplizen des Bösen werden. Oder in einem erotischen Zusammenhang, wenn die Hauptfigur, etwa in Vertigo, Marnie oder Rebecca, in den Bann einer anderen Figur gerät. Das Motiv der Verführung spielt auch eine Rolle bei der sehr häufig anzutreffenden Nebenfigur einer meist blonden Frau, die in der Regel als undurchsichtige Figur mit ungewissen Absichten gezeichnet wird, von der die männliche Hauptfigur verunsichert und sexuell angezogen wird.

Sexuell konnotiert ist in einigen von Hitchcocks Filmen die Bedeutung von Essen. Wird das Essen zusätzlich mit dem Thema Tod verknüpft, wie in Frenzy, aber auch schon in frühen Tonfilmen wie Erpressung oder Sabotage, dient dies zusätzlich der Errzeugung einer morbiden, unheimlichen Stimmung.

Methoden der Spannungserzeugung

Suspense als Markenzeichen Hitchcocks

Alfred Hitchcock war vor allem ein großer Bildererzähler. Seine Filme bestechen vor allem durch ihre Visualität. Nicht die dramatische Entwicklung der Charaktere, sondern die innere Entwicklung der Figuren stehen im Vordergrund. Hitchcock stellte die Form in den Vordergrund und strickte um diese Form eine Geschichte, in der Hitchcock dann in Form von Suspense die Nerven der Zuschauer strapaziert und Spannung erzeugte, die sprichwörtlich wurde („spannend wie ein Hitchcock“).

Suspense

Die landläufige Form der Spannnungserzeugung besteht darin, dass der der Zuschauer zusammen mit den Filmfiguren im Ungewissen ist und sich die Handlung bis zu einer überraschenden Auflösung hin entwickelt. Die klassische Form des Kriminalfilms ist der Whodunit, in dem sich dem Zuschauer erst am Schluss die Täterschaft offenbart und er bis dahin, zusammen mit dem Detektiv, allerlei richtigen und falschen Fährten zu folgen hat. Diese Form des Spannungsaufbaus lehnte Hitchcock ab. In seiner gesamten Karriere drehte Hitchcock einen einzigen echten Whodunit, 1931 den Film Mord – Sir John greift ein!. In einigen anderen Filmen offenbart sich die Täterschaft zwar auch erst am Ende, der Zuschauer ist aber nicht auf der Suche nach dem Täter, da er ihn entweder (vermeintlich) bereits kennt oder weil die Tätersuche nicht im Mittelpunkt des Geschehens steht. Beispiele sind Psycho, Der Fall Paradin, Ich kämpfe um dich, Über den Dächern von Nizza und Die rote Lola.

Hitchcock arbeitet typischerweise mit sich entwickelnder und anhaltender Spannung, also damit, dass sich ein Geschehen abspielt, dessen mögliche Konsequenzen nicht als plötzlicher und unvorhersehbarer Schock eintreffen. Der Hitchcocksche Suspense besteht darin, dass dem Zuschauer in der Regel ein Geheimnis, eine Information verraten wird, von denen der Held nicht weiß, bzw. dass die Täterschaft von Anfang an oder ab einem gewissen Zeitpunkt dem Zuschauer, aber nicht dem Helden bekannt ist. Durch diesen Informationsvorsprung wird der Zuschauer auf der einen Seite aus der Diegese und der ursprünglichen Identifikation mit den Figuren gerissen und zum distanzierten Beobachter einer Handlung aus einer Überblicksperspektive. Zugleich bringt dieser Informationsvorsprung den Zuschauer dazu, in besonderer Weise mit den Helden zu fiebern: Er wird zum Mitwisser, sieht Ereignisse kommen, möchte den Figuren helfen, kann es aber als Zuschauer nicht.

Beispiele für diese Art der Spannungserzeugung finden sich in fast allen Filmen Hitchcocks:

  • In Berüchtigt weiß der Zuschauer, dass die bei einem mutmaßlichen Naziverschwörer eingeschleuste Alicia Huberman (Ingrid Bergman) von diesem enttarnt wurde und langsam vergiftet wird. Ihre Schwäche und Geistesabwesenheit bei ihren Treffen wird von ihrem Partner Devlin (Cary Grant) aber als Alkoholismus missverstanden, so dass er die aufziehende Gefahr, im Gegensatz zum Zuschauer, zunächst nicht erkennt und ihre schleichende Ermordung weitergeht, wobei sich die Spannung, ob sie gerettet werden kann, immer mehr steigert.
  • In Vertigo lernt Scottie nach dem Tod von Madleine, die er beschattet hatte und deren „Selbstmord“ er nicht verhindern konnte, eine Frau kennen, die ihn an Madleine erinnert und die er in traumatischer Besessenheit in die „Verstorbene“ verwandeln will. Der Zuschauer erfährt schon zu Beginn ihrer Bekanntschaft, dass beide Frauen identisch sind und die folgende verhängnisvolle Entwicklung kann nur in ihrer Unausweichlichkeit und Tragweite wahrgenommen werden, weil der Zuschauer nicht wie die Hauptfigur durch die Auflösung am Ende des Films überrascht wird.

In einigen Filmen wird der klassischen Suspense – der Zuschauer weiß um etwas, von dem die Handelnden währenddessen nichts ahnen – variiert:

  • In Der Fremde im Zug versucht der Schurke, seinem Widerpart einen Mord in die Schuhe zu schieben, indem er einen belastenden Gegenstand, ein Feuerzeug, am Tatort hinterlegt. Der andere weiß jedoch davon, will es verhindern, muss aber, während der Schurke schon auf dem Weg zum Tatort ist, noch ein Tennisspiel bestreiten und möglichst schnell gewinnen, um den Schurken aufzuhalten. Das Geschehen bezieht seine Spannung daraus, dass sich das Tennisspiel in die Länge zieht, während der Schurke auf dem Weg zum Vollzug seiner Tat ist, und so die Gefahr für den Helden immer größer wird. Auf dem Höhepunkt der Spannungserzeugung wendet sich das Geschehen: Das Feuerzeug fällt dem Schurken in einen Gully und er versucht, während sein Verfolger sich dem Ende des Matches nähert, verzweifelt, das Feuerzeug aus dem Gully zu ziehen, um rechtzeitig am Tatort zu sein. In diesem Fall bezieht der Suspense nicht nur den Zuschauer als Mitwissenden ein, sondern auch die beiden Figuren, die sich, wissend von der gegenseitigen Bedrohung, sozusagen ein Rennen liefern. Überdies spielt Hitchcock hier mit dem Wechsel von Perspektiven und der Lenkung der Identifikation des Zuschauers und beweist, dass Suspense auch benutzt werden kann, um eine Identifikation mit dem „Bösen“ herzustellen.
  • Einen Sonderfall in puncto Suspense gibt es auch in Das Fenster zum Hof zu sehen: Hier dringt Lisa (Grace Kelly) in die Wohnung des verdächtigen Nachbarn ein, um nach Beweisen für einen möglichen Mord zu suchen. Ihr Partner Jeff (James Stewart) beobachtet das Geschehen von der gegenüber liegenden Wohnung aus und sieht dabei den Nachbarn vorzeitig zurückkommen. Er vermutet sie in Lebensgefahr, kann ihr aber nicht helfen. Hier übernimmt der Held sozusagen die Rolle, die normalerweise bei dieser Form der Spannungserzeugung der Zuschauer innehat, als hilfloser Beobachter bedrohlicher Entwicklungen.

In Hitchcocks Werk finden sich demgegenüber aber auch zwei bemerkenswerte Fälle, in denen er Spannung durch Überraschung bzw. einen plötzlichen Schock erzeugte:

  • In Sabotage kombiniert er die Motive von klassischem Suspense und Schock beziehungsweise Überraschung: Ein kleiner Junge wird von einem Saboteur beauftragt, ein Paket zu einem Ort zu bringen. Der Zuschauer weiß, dass in dem Paket eine Bombe ist, die mit einem Zeitzünder vesehen ist, und es entsteht Suspense aus dem Wissen, dass das Paket, das der Junge transportiert, irgendwann explodieren wird. Als dies dann jedoch tatsächlich geschieht und der Junge getötet wird, ist dies zugleich ein unerwarteter Schock, denn vor allem aufgrund der Tatsache, dass ein Kind das Opfer der Bedrohung ist, war die Erwartung des Publikums, dass es beim Suspense, in dem Fall der Bedrohung bleiben würde. Hitchcock hat die Tatsache, dass er die Bombe explodieren und das Kind töten ließ, im Nachhinein als „schweren Fehler“ bezeichnet.
  • In Psycho ist es die berühmte Duschszene mit dem Mord an der Hauptfigur, die Hitchcocks üblichem Vogehen zuwiderläuft: Zunächst insofern, als er die mit verschiedenen Insignien einer typischen Hauptfigur eines Hitchcockfilms augestattete Marion Crane (Janet Leigh) bereits in der ersten Hälfte des Films sterben lässt. Und auch der Mord selbst kündigt sich nicht durch einem Spannungsaufbau im Sinne des Suspense an, sondern geschieht auch für den Zuschauer sehr überraschend, ein Umstand, dem diese Szene und der Film allerdings ihre Berühmtheit verdanken.

MacGuffins

Eine bevorzugte Methode, um die Handlung voranzutreiben oder Suspense zu erzeugen, war für Hitchcock der MacGuffin: ein Detail, das die Handlung vorantreibt, die Neugierde weckt und die Figuren motiviert, sich auf die Reise zu machen, das aber für die Entwicklung der Charaktere und den Zuschauer eigentlich völlig bedeutungslos, da austauschbar ist. In Berüchtigt wird Ingrid Bergman von Cary Grant darauf angesetzt, im Hause der Nazikollaborateure herumzuschnüffeln. Im Keller findet sich schließlich Uranerz, abgefüllt in Weinflaschen. Es hätte auch irgendetwas anderes sein können, es hat für die Geschichte selbst keine Bedeutung sondern ist nur Vorwand für die Suche und die sich daraus ergebenden dramatischen Verwicklungen. Weitere Beispiele für MacGuffins: Die „Geheimklausel“ in Der Auslandskorrespondent, die „Melodie“ in Eine Dame verschwindet und die „Weltfriedensformel“ in Der zerrissene Vorhang. Über Sinn und Wesen der mysteriösen „39 Stufen“ im gleichnamigen Film ist bis kurz vor Ende des Films überhaupt nichts weiter bekannt und der MacGuffin in Der unsichtbare Dritte sind schlicht „Regierungsgeheimnisse“. In Psycho benutzt Hitchcock unterschlagenes Geld, das die Sekretärin zur Flucht treibt und so in „Bates Motel" führt, um das Publikum anfangs gezielt in die Irre zu leiten und für einen Kriminalfall zu interessieren, der mit der eigentlichen Handlung nur am Rande zu tun hat. Oft ist der MacGuffin auch ein tatsächliches oder auch nur vermeintliches Beweisstück: Ein Gürtel in Jung und unschuldig oder ein Feuerzeug in Der Fremde im Zug.

Die Figuren bei Hitchcock

In den Filmen Alfred Hitchcocks entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Reihe typischer Figuren, Charaktäre und Rollenmuster heraus, die in seinen Filmen immer wieder auftauchten und die alle bestimmte Eigenschaften verkörpern, ein bestimmtes Identifikatiospotential besitzen und deren Funktion unter anderem darin besteht, eine Stimmung der Verunsicherung zu transportieren. Die wichtigsten dieser Rollentypen sind die Hauptfiguren, meist Männer, die in gefährliche Situationen hineingezogen werden, die kühlen „Hitchcock-Blondinen“, die die Hauptfiguren begleiten und meist verführen, ambivalent bis mitunter abgründig und dämonisch gezeichnete Mütter und die oftmals charmant oder sogar sympathisch gezeichneten „Schurken“.

Die männlichen Hauptfiguren

Die Protagonisten in Hitchcocks Filmen zeichnet aus, dass sie in der Regel nicht Zeit ihres Lebens mit kriminellen Machenschaften zu tun haben. Es sind keine Polizisten oder Abenteurer, auch professionelle Agenten oder Spione fndet man meist nicht unter den Hauptfiguren. Nur zwei Mal sind bei Hitchcock Spione als Hauptakteure zu sehen: In Berüchtigt (Cary Grant) und in Topas (Frederick Stafford). In zwei Filmen werden Hauptfiguren, die eigentlich „Normalbürger“ sind, zu Agenten umfunktioniert, was sie dann entweder widerwillig übernehmen (John Gielgud in Geheimagent und Paul Newman in Der zerrissene Vorhang), oder zuerst mit Abenteuerlust, die dann ins Gegenteil umschlägt (Madeleine Carroll ebenfalls in Geheimagent).

Meist sind die Hauptfiguren in Hitchcocks Filmen „Normalbürger“, die unfreiwillig, durch Zufall oder unbekannte Umstände in geheimnisvolle Machenschaften gezogen werden. Ohne darauf vorbereitet zu sein, wird ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen, werden sie durch Schicksalswendungen aus ihrem alltäglichen Leben in abenteuerliche Situationen hineingezogen, von Gangstern oder der Polizei verfolgt, unschuldig verdächtigt und mit Gefahr für Leib und Leben konfrontiert. Den Zuschauern wird auf diese Weise das beunruhigende Gefühl vermittelt, dass auch sie jederzeit in derartige Situationen geraten könnten.

Diese Konstellation bedingt, dass der klasssische „Held“, der starke, unverletzliche Mann, der alle noch so schwierigen Situationen souverän meistert und der die schwache Frau beschützt, nur in wenigen von Hitchcocks Filmen zu finden ist, verkörpert etwa von Herbert Marshall in Mord – Sir John greift ein! oder Michael Redgrave in Eine Dame verschwindet. Beide Filme basieren auf Stoffen, die sich Hitchcock nicht selbst aussuchte.

In einigen anderen Filmen ist es zwar so, dass die Hauptfigur positiv besetzt ist und innerhalb der Schwierigkeiten, in die sie kommt, wenig beschädigt wird. Doch dadurch, dass etwa die weiblichen Hauptfiguren dem Protagonisten ebenbürtig oder gar überlegen sind und somit der das Element des „Beschützers“ der weiblichen Heldin wegfällt, wird das Rollenprofil des Helden variiert und relativiert. Beispiele dafür sind die Figuren von Robert Donat in Die 39 Stufen, Joel McCrea in Der Auslandskorrespondent und Robert Cummings in Saboteure. Der Schauspieler, der diesen Rollentypus ideal verkörpte, war Cary Grant in Über den Dächern von Nizza, und in Der unsichtbare Dritte. Mit seinem Charme und seiner Leichtfüßigkeit meistern die von ihm dargestellten Figuren die Herausforderungen, vor die sie gestellt werden. Die Ambivalenz der meisten Hauptfiguren Hitchcocks ist hier relativ gering ausgeprägt. Aber zum einen sind diese Rollen ein Beispiel für Variationen des klassischen Rollenschemas zwischen Mann und Frau, indem Cary Grant jeweils das Objekt der erotischen Annäherungen einer Frau ist und von dieser „eingefangen“ wird. Hinzu kommt zum anderen, dass auch die beispielsweise von Cary Grant dargestellen Figuren innerhalb der Schwierigkeiten, in die sie geraten, im Verdacht stehen, kriminell zu sein, zeitweise die Kontrolle über den Lauf der Dinge verlieren und somit keine ungebrochenen Helden sein können.

Den vergleichsweise positiven, ungebrochenen Helden bei Hitchcock steht jedoch eine Vielzahl von anders angelegten Hauptfiguren gegenüber, die zudem im Laufe der Karriere Hitchcocks stärker an Gewicht gewinnen: Ambivalente oder gar in manchen Aspekten negativ gezeichnete Figuren, die man als „Antihelden“ bezeichnen könnte. Diese haben körperliche Makel, psychische Probleme oder charakterliche Schwächen, sind „Verlierertypen“ oder wirken unsympathisch. Sie können beispielsweise Schaden durch Fehlverhalten oder dadurch anrichten, dass sie sich durch Obsessionen oder Traumata leiten lassen, sie wirken schwach und geraten in Situationen, in denen sie auf die Hilfe anderer angewiesen sind, und meist machen sie sich schuldig. Mit ihren Schwächen akzentuieren sie die Brüchigkeit der alltäglichen Welt. Während sie als Identifikationsfigur im Sinne eines makellosen, unantastbaren Vorbilds nicht taugen, tragen ihre Ambivalenz, ihre Schwächen und die Brüchigkeit ihrer Existenz dazu bei, dass das Massenpublikum sich in diesen Figuren wiederfinden kann.

Der Prototyp des Antihelden bei Hitchcock sind die von James Stewart gespielten Figuren: In Cocktail für eine Leiche muss der von Stewart dargestellte Lehrer erkennen, dass zwei seiner Studenten eine seiner Theorien zum Anlass nahmen, einem Mord zu verüben und ihn zu rechtfertigen, am Ende steht er hilflos vor diesem menschlichen Abgrund, in den er nicht nur hineingezogen wurde, sondern den er auch mit heraufbeschworen hat. In Das Fenster zum Hof stellt Stewart einen Figur dar, die bindungsscheu sowie körperlich beeinträchtigt und voyeuristisch veranlagt ist und dadurch in Schwierigkeiten kommt. In Der Mann, der zuviel wusste ist er als Vater nicht in der Lage, seinen Sohn aus den Klauen von Entführern zu retten, dies schafft am Ende seine Frau. Und in Vertigo schließlich lässt er sich zuerst unwissentlich und unter Ausnutzung seiner traumatischen Höhenangst als Helfershelfer für einen Mord missbrauchen. Später macht er sich durch seine sich entwickelnden Obsessionen schuldig am Tod der Frau, die er liebt.

Weitere typischer Antihelden mit Schwächen und Makeln werden von Gregory Peck dargestellt: In Ich kämpfe um dich verursacht er als Kind den Tod des eigenen Bruders. Das Ergebnis ist ein Schuldkomplex, Gedächtnisverlust und ein hilfloser Held, der als Mörder gesucht wird und auf fremde Hilfe angewiesen ist. In Der Fall Paradin verfällt er als verheirateter Rechtsanwalt einer Mörderin und setzt beim Versuch, sie gegen ihren Willen vor dem Galgen zu retten, Ruf, Karriere und Ehe aufs Spiel.

Die Figur des „Anti-Helden“ zieht sich von den frühesten bis zu seinen letzten Filmen durch Hitchcocks Werk. Einige Beispiele sind Ivor Novello in Der Mieter als unschuldig Verdächtigter und Beinahe-Lynchopfer; John Gielgud in Geheimagent als Spion, der keiner sein möchte; Laurence Olivier, der in Rebecca unter dem Bann seiner toten ersten Frau steht; Farley Granger in Der Fremde im Zug, der sich in ein Mordkomplott verstricken lässt, von der Tat eines anderen profitiert und selbst unter Mordverdacht gerät; Montgomery Clift, der in Ich beichte als Priester ebenfalls in einen Mord verwickelt wird, den er nicht aufklären kann, weil er an das Beichtgeheimnis gebunden ist und der selbst unter Verdacht gerät; Henry Fonda, der in Der falsche Mann hilflos gegen die gegen ihn erhobenen falschen Anschuldigungen ist und dem letztlich nur der Zufall hilft, der aber zuschauen muss, wie seine Frau schweren Depressionen verfällt, ohne dass er dies verhindern könnte; Sean Connery, der in Marnie eine Frau liebt, weil sie eine Diebin ist, der sie erst erpresst und dann vergewaltigt; Paul Newman, der in Der zerrissene Vorhang als Wissenschaftler widerwillig zum Spion wird, seine Frau gegen ihren Willen in seine konspirativen Angelegenheiten hinein zieht, seine Ehe aufs Spiel setzt und sogar zum Mörder wird, und schließlich Jon Finch als unsympathischer Verlierertyp in Frenzy.

Aber auch Cary Grant spielt in zwei seiner Hitchcockfilme Figuren, bei denen ihre Schattenseiten sich zweitweise vor den Charme und die anderen positiven Merkmale seiner Figuren schieben, Figuren mit explizit ambivalentem Charakter: In Verdacht ist er ein Hochstapler, der sich über beide Ohren verschuldet, seine Frau belügt und von ihr verdächtigt wird, sie ermorden zu wollen. In Berüchtigt erwartet er als Geheimdienstmitarbeiter von der Frau, mit der er eine Liebesbeziehung hat, dass sie aus staatsbürgerlichem Pflichtbewusstsein mit einem anderen Mann schläft. Als sie dies tut und den anderen sogar heiratet, übersieht er in seiner Eifersucht lange, dass sie dabei ist, vergiftet zu werden und wird beinahe schuldig an ihrem Tod.

Die Frauen in Hitchcocks Filmen

Das Frauenbild in Hitchcocks Filmen wird von der klassischen, meist jungen, immer schönen, kühlen und gelegentlich undurchsichtigen Blondine sowie der bissigen, oft direkt oder hintergründig bösartigen, wenn nicht gar dämonischen, und in der Regel alten Mutter dominiert.

Die Hitchcock-Blondine ist kein asexuelles, ätherisches Wesen, sondern eine Frau, deren oberflächliche Kühle nur die Folie für eine stark entwickelte Sexualität darstellt. Diese wiederum ist ein Mittel, die männlichen, meist bürgerlichen Hauptfiguren unvermittelt in Verwirrung zu stoßen und ihnen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Besonders deutlich wird dies in Der unsichtbare Dritte, wenn Eve (Eva Marie Saint) zunächst gegenüber Roger O. Thornhill (Cary Grant) zweideutige Bemerkungen macht, dann plötzlich den völlig überraschten, sowieso schon desorientierten Fremden – gerade knapp mit dem Leben davon gekommenen und wegen Mordes gesucht – küsst, und ihn ohne Zögern in ihrem Schlafwagenabteil unterbringt. Nicht der Mann, sondern die blonde Frau spielt hier den aktiven Part, eliminiert hergebrachte soziale und sexuelle Hierarchien und akzentuiert die Fragilität des männlichen, bürgerlichen Weltbildes.

Hitchcocks Vorliebe für diesen Frauentyp geht auf seine eigenen Obsessionen zurück: Diese galten blonden, jungen Frauen und somit auch den blonden Schauspielerinnen, die er engagierte, die dann nach seinem Gusto handeln mussten und die er an sich zu binden versuchte. In der Realität kam es immer wieder zu Zerwürfnissen, so verzieh er Vera Miles nicht, dass sie ungefragt schwanger wurde, als er sie in Vertigo besetzen und nach eigener Aussage zum Star machen wollte. Für Kim Novak ließ er von der Kostümbildnerin Edith Head eine komplette Garderobe schneidern, die nicht etwa als Filmgarderobe für Vertigo, sondern für ihr privates Leben gedacht war. Hitchcock wollte die größtmögliche Kontrolle über seine weiblichen Stars ausüben. Vertigo und Berüchtigt gelten darum als stark autobiografische Filme. Beide handeln von den Obsessionen und Neurosen von Männern, die Frauen manipulieren.

In der Zusammenarbeit mit der letzten authentischen Hitchcock-Blondine Tippi Hedren kam es während der Arbeit an Marnie zu einer schweren Krise. Bereits während des Drehs zu Die Vögel war Hedren während der tagelangen Aufnahmen von auf sie einstürzenden, echten Vögeln körperlich verletzt und so stark beansprucht worden, dass sie für eine Woche zur Erholung ins Krankenhaus musste. Darüberhinaus war sie offenbar das Objekt von Hitchcocks Annäherungsversuchen gewesen, die sie zurückgewiesen hatte; über diese Episode hat Hitchcock nie öffentlich gesprochen, und Hedren hat sich in Interviews nur Andeutungen gestattet. Fortan weigerte sich Hitchcock, mit seiner Schauspielerin direkt zu kommunizieren und ließ ihr seine Anweisungen über Mittelsmänner ausrichten. Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass der Regisseur sich von diesen Schwierigkeiten lange nicht erholen konnte und in seiner kreativen Schaffenskraft beeinträchtigt war. Keiner der späteren Filme wies eine Hitchcock-Blondine auf: Die zwanzigjährige Claude Jade ist in Topas dunkelblond und sogar die blonde Erpresserin (Karen Black – als Gegenpart zur dunkelblonden Barbara Harris) – in Familiengrab entpuppt sich rasch als eine dunkelhaarige Frau mit Perücke. In Hitchcocks letztem, unvollendetem Projekt The Short Night war jedoch offenbar wieder eine Hitchcock-Blondine vorgesehen, die mit Catherine Deneuve besetzt werden sollte.

Noch komplexer ist das von Hitchcock in seinen Filmen transportierte Mutterbild. In vielen seiner Filme, ab Mitte der 1940er Jahre regelmäßig, davor vereinzelt, tauchen Mütter als Figuren auf, die einen beunruhigenden Einfluss auf ihre Zöglinge, meist Söhne ausüben und zum Teil Auslöser oder Ursache wesentlicher dramatischer Ereignisse sind. Nicht selten sind es abgründige, herrschsüchtige, dämonische Figuren, gelegentlich zur Karikatur verzerrt. Auffallend ist, dass die betroffenen, unter dem Einfluss ihrer Mutter stehenden Söhne zumeist erwachsen, gelegentlich sogar schon deutlich über 30, 40 oder gar 50 Jahre alt sind und die jeweiligen Schauspieler in der Realität gelegentlich nur wenig jünger als ihre „Mütter“ waren, was die Schwäche der Söhne ihren Müttern gegenüber unterstreicht. Beispiele hierfür sind Leopoldine Konstantin als Mutter von Claude Rains in Berüchtigt (Sie war zum Drehzeitpunkt 60, er 56 Jahre alt), Marion Lorne (68) als Mutter von Robert Walker (33) in Der Fremde im Zug und Jessie Royce Landis (54) als Mutter des im wirklichen Leben sogar ein Jahr älteren Cary Grant in Der unsichtbare Dritte.

Der extremste Fall des Hitchcockschen Mutterbilds ist in Psycho zu sehen, wo sogar noch die tote Mutter von ihrem Sohn (Anthony Perkins) Besitz ergreift und ihn zu ihrem mordenden Werkzeug werden lässt. Aber auch lebende Mütter ergreifen Besitz von ihren erwachsenen Söhnen und Töchtern: In Marnie überträgt Marnies Mutter ihren Schuldkomplex auf ihre Tochter. In Die Vögel erträgt es die Mutter von Mitch Jessica Tandy nicht, dass ihr erwachsener Sohn Rod Taylor sich für eine andere Frau interessiert. In Der Fremde im Zug wird der Eindruck erweckt, dass Bruno unter dem Einfluss einer geisteskranken Mutter steht. In Berüchtigt ist es die Mutter, die ihren Sohn zum Mord an der Frau, die er liebt, antreibt.

In weiteren Filmen treten bestimmende Mütter in Kurzauftritten auf oder werden gar nur erwähnt. Hier manifestiert sich die bedrohliche Seite unterschwellig, in einzelnen Blicken, Gesten oder Bemerkungen, oder nur aus dem Kontext. Ein Beispiel hierfür ist in Frenzy die Mutter von Barry Foster, die in einer Szene kurz am Fenster erscheint, jedoch weder zu sehen noch zu hören ist.

Die Schurken und weitere Nebenfiguren

Besonderes Gewicht gab Hitchcock in vielen seiner Filme den Gegenspielern der Protagonisten. Im Gegensatz zu den Hauptfiguren sind diese häufig professionelle Agenten, Spione oder Verschwörer, wobei ihr Profil oft weit über das des reinen Gegenspielers hinausgeht und es sich um differenziert gezeichnete Figuren handelt. Zuweilen wirken sie auffällig charmant oder sogar sympathisch. Mitunter übertreffen sie die Hauptfiguren dabei sogar an Sympathie und Ausstrahlung, wobei solche komplex gezeichneten, vielschichtigen „Bösen“ teilweise mit schwächeren, farbloseren „Guten“ korrelieren (beispielsweise Robert Walker gegenüber Farley Granger in Der Fremde im Zug) oder gar als die eigentlichen Hauptfiguren gelten können (Joseph Cotten in Im Schatten des Zweifels). Oft konkurrieren Held und Bösewicht um dieselbe Frau und die Liebe des eigentlich „Bösen“ erscheint tiefer und aufrichtiger als die des eigentlich „Guten“. Besonders auffällig ist dies in Berüchtigt (Claude Rains gegenüber Cary Grant) und in Der unsichtbare Dritte (James Mason wiederum gegenüber Cary Grant). Durch die Zeichnung der Figuren und mit Hilfe der Dramaturgie gelingt es Hitchcock dabei sogar teilweise, dem Zuschauer eine Identifikation mit dem „Schurken“ nahezulegen.

Hitchcocks erster sympathischer Schurke war Robert Young als Charmeur in Geheimagent, den er absichtlich gegen dessen angestammten Rollentyp besetzte. Erinnerungswürdig bleiben vor allem Joseph Cotten als charmanter Witwenmörder in Im Schatten des Zweifels, Walter Slezak als sympathischer Nazi in Das Rettungsboot, Robert Walker als charmanter Frauenmörder in Der Fremde im Zug, Anthony Perkins als linkischer, von seiner Mutter gepeinigter Mörder in Psycho und Barry Foster in Frenzy.

Eigentlich positiv besetzte Figuren wie Priester, Polizisten oder andere Vertreter des Staates sind oft zwiespältige Figuren, stellen zuweilen sogar eine Bedrohung für die Protagonisten dar oder sind nicht in der Lage, sie zu beschützen - auch das trägt dazu bei, scheinbar feste Trennlinien zwischen Gut und Böse aufzulösen und ein Gefühl der Verunsicherung heraufzubeschwören.

Polizisten, die das Recht verdrehen, die aus persönlichen Motiven handeln und daher Fehler machen, die schlampig arbeiten oder sich allzu schnell mit einfachen Lösungen zufrieden geben, kommen in Der Mieter, Erpressung, Sabotage, Jung und unschuldig, Im Schatten des Zweifels, Sklavin des Herzens, Die rote Lola, Bei Anruf Mord, Das Fenster zum Hof, Über den Dächern von Nizza, Der falsche Mann, Psycho und in Frenzy vor.

Darüberhinaus finden sich vereinzelt professionelle Agenten, Spione oder Geheimdienstmitarbeiter unter den Nebenfiguren, meist zwiespältige Figuren, deren Funktion darin besteht, die Atmosphäre der Verunsicherung zu steigern und die sowohl auf der Gegenseite stehen können – etwa das Ehepaar Drayton in dem späteren Der Mann, der zuviel wußte - oder den Hauptfiguren helfen oder assistieren können, wobei sie häufig auch zu dessen Schwierigkeiten beitragen - beispielsweise der „General“ Peter Lorre in Geheimagent oder Leo G. Carroll als CIA-Mitarbeiter in Der unsichtbare Dritte.

Hitchcock als filmisches Vorbild

Kaum ein Regisseur hat einen vergleichbar großen und weitreichenden Einfluss auf das Kino ausgeübt wie Alfred Hitchcock. Seine Filme und vor allem sein persönlicher Erzählstil, der ihn auszeichnete und mit dem er so nachhaltig identifiziert wurde, haben das Genre des Thrillers und seine Formen geprägt. Viele Elemente aus seinem Werk sind inzwischen in das Standardrepertoire des Kinos, besonders des Thrillers, eingegangen, ohne dass sie noch bewusst oder direkt mit Hitchcock in Verbindung gebracht werden. Insbesondere der Einsatz von Suspense als spannungserzeugendem Mittel oder die Verwendung von McGuffins als handlungsvorantreibendes Element ist in heutigen Thrillern eine Selbstverständlichkeit und gehört zum Standardhandwerkszeug des Filmemachens. Häufig werden Filme, die besonders spannend sind, mit Hitchcock in Verbindung gebracht; die Wendung „spannend wie ein Hitchcock“ ist zu einer Art Redewendung geworden, die sogar über das Gebiet des Films und der Fiktion hinausreicht.

Es gibt diverse Beispiele für Thriller, teils von sehr namhaften Regisseuren, die einen weitergehenden Einfluss von Hitchcock zeigen, indem bewusst typische Motive Hitchcocks übernommen werden oder Hitchcocksche Stilelemente kopiert oder variiert werden. Manche dieser Filme sind als Hommage des jeweiligen Regisseurs an Hitchcock zu verstehen, in anderen Fällen wurde Hitchcocks Stil „nur“ übernommen, da er sich als erfolgreich und wirksam erwiesen hat.

Während Hitchcocks Arbeit in Hollywood zwar Anerkennung fand, er dort jedoch bis zum Ende nur einer unter vielen „großen“ Regisseuren war, wurde er in Europa, insbesondere in Frankreich hoch verehrt. Mit der Nouvelle Vague entwickelte sich seit den späten 50er Jahren in Frankreich eine neue Art und Weise, Filme zu machen. Viele Protagonisten dieser Bewegung begriffen sich nicht nur als Filmemacher, sondern als Cineasten, die zugleich „Filmpolitik“ betrieben, sich mit Film auf einer filmtheoretischen Ebene auseinandersetzten und ihre Vorstellungen vom Kino etwa in der Filmzeitschrift Cahiers du cinéma formulierten. Sie postulierten den Autorenfilm, in dem der Regisseur die alleinige küstlerische Gewalt über Stoffauswahl und -umsetzung hat. Hitchcock wurde von maßgeblichen Vertretern dieser Richtung wie François Truffaut und Claude Chabrol als „auteur“ gefeiert und in Büchern und Artikeln entsprechend gewürdigt.

1955 erschien das erste Buch über Alfred Hitchcock, geschrieben von den damaligen Filmkritikern und späteren Regisseuren Eric Rohmer und Claude Chabrol. 1956 erschien ein Hitchcock-Sonderheft der Cahiers du cinéma, das maßgeblich zur Popularität Hitchcocks in Frankreich beitrug. Im Mai 1960 reiste Hitchcock zu einem Filmfestival, das die Cinématheque Française ihm zu Ehren in Paris abhielt. Er wurde von den versammelten jungen Filmemachern frenetisch gefeiert. Im August 1962 gab Hitchcock dem damals 30-jährigen französischen Filmkritiker und Regisseur François Truffaut ein 50-stündiges Interview. Truffaut befragte Hitchcock chronologisch zu dessen bisherigen 48 Filmen. Das Interview erschien 1966 in Buchform, Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? gilt seitdem als ein Meilenstein der Filmliteratur.

Die Filme von Francois Truffaut und Claude Chabrol zeigen den Einfluss von Hitchcock. Bei Truffaut betrifft dies einzelne Thriller, während Chabrol eine Vielzahl von Filmen gemacht hat, in dem eine scheinbar heile bürgerliche Welt angegriffen und durcheinander gebracht wird und der Thriller ein Mittel der Analyse und Kritik an der bourgeoisen Gesellschaft ist.

Während die europäischen oder europäisch geprägten Filmemacher die Autorenschaft Hitchcocks und seine persönliche Arbeitsweise in den Mittelpunkt ihrer Bewunderung stellten, war der Einfluss, den Hitchcock auf Hollywood-Regisseure auswirkte eher von seiner Art der Spannungserzeugung und der Fähigkeit geprägt, auf unterhaltsame Art und Weise spannende Geschichten zu erzählen. Viele Hollywood-Regisseure hat Alfred Hitchcock mehr oder weniger direkt geprägt: Steven Spielbergs Filme sind nach eigener Aussage stark von Hitchcock beeinflusst. Auch wenn Spielberg nicht direkt stilistische Motive kopiert oder adaptiert oder nur wenige seiner Filme thematische Parallelen aufzeigen, hat Spielberg doch Hitchcocks visuellen Erzählstil verinnerlicht. Ein Film wie Schindlers Liste wäre in dieser Form ohne den Einfluss Hitchcocks nicht möglich gewesen. Weitere Regisseure des zeitgenössischen amerikanischen Kinos, denen gelegentlich eine Stilverwandtschaft mit Hitchcock nachgesagt wird oder die sich in ihren Werken mitunter auf Hitchcock berufen, sind John Carpenter, David Fincher und David Mamet. Als Regisseur, der ganz offensichtlich von Hitchcock geprägt ist, gilt Brian de Palma. De Palma arbeitet mit vielen Verweisen und Zitaten auf Hitchcock-Filme. Überdies übernahm er in einigen Filmen deutlich Grundstrukturen aus Vertigo – Aus dem Reich der Toten, Psycho oder Das Fenster zum Hof.

Eine Auswahl von Spielfilmen, die stark durch Hitchcock beeinflusst sind, die sich eindeutig auf Hitchcock beziehen oder deren Stil deutlich an Hitchcock erinnert:

Jahr Film Regisseur Anmerkungen
1940 Gaslicht
(Gaslight)
Thorold Dickinson Gaslicht ist ein britischer Film über einen Mann, der versucht, seine Ehefrau systematisch in den Wahnsinn zu treiben. Er ist stilistisch und thematisch verwandt mit den zeitgleich bzw. ein Jahr später entstandenen Hitchcock-Thrillern Rebecca und Verdacht, so dass ein direkter Zusammenhang ausgeschlossen werden kann. Um so erstaunlicher ist die offenkundige Parallelität. Hervorzuheben ist, dass die Tatsache, dass der eigene Ehemann der Urheber der mysteriösen Vorfälle ist, dem Zuschauer schon früh bekannt ist, dass der Film also auf dem klassischen Hitchcockschen Suspense-Prinzip beruht.
1943 Ministerium der Angst
(Ministry of Fear)
Fritz Lang Der Film um einen Mann, der mit einer weiiblichen Zufallsbekanntschaft in eine Verschwörungsgeschichte und eine turbulente Verfolgungsjagd verwickelt wird, erinnert im Aufbau stark an Hitchcocks Die 39 Stufen und enthält weitere Elemente aus diversen Hitchcock-Thrillern der 30er Jahre.
1944 Das Haus der Lady Alquist
(Gaslight)
George Cukor Das Remake von Gaslicht enthält inhaltliche und stilistische Anleihen bei Rebecca, Verdacht und Im Schatten des Zweifels. Anders als in Gaslicht wird in Das Haus der Lady Alquist der Täter eher sympathisch gezeichnet, ein deutlicher Hitchcock-Bezug. Diesmal ist der Film jedoch als Whodunit angelegt, die Täterschaft des Ehemanns wird also erst kurz vor Schluss offenbart. Dies entspricht nicht Hitchcocks üblicher Methode des Spannungaufbaus, der in seiner Karriere nur einen wirklichen Whodunit drehte, und dies bereits 1931. Dennoch wird der Film aufgrund seiner Einordnung als Psychothriller gelegentlich Hitchcock zugeschrieben oder mit Hitchcocks Werk verglichen.
1945 Die Wendeltreppe
(The Spiral Staircase)
Robert Siodmak Psychothriller mit starken Anlehnungen an Rebecca. Insbesondere die Licht- und Schatten-Spiele und die Symbolik der Treppe sind deutliche Verweise auf Hitchcock.
1957 Zeugin der Anklage
(Witness for the Prosecution)
Billy Wilder Die Grundkonstellation einer geheimnisvollen schönen Frau als Schlüsselfigur in einem spektakulären Mordprozess ähnelt der in Der Fall Paradin; die Gerichtsszenen sind vom Aufbau her ähnlich angelegt.
1958 Es geschah am hellichten Tag Ladislao Vajda Der Film enthält einige beispielhafte Suspensemotive und erinnert im Hinblick auf Spannungsaufbau und Figurenkonstellation an Hitchcock.
1960 Mitternachtsspitzen
(Midnight Lace)
David Miller Der Film wirkt vom Thema und vom Aufbau her wie ein in die Neuzeit versetztes Remake von Das Haus der Lady Alquist. Er enthält ebenfalls Anlehnungen an die bereits oben erwähnten Filme. Außerdem tauchte das Motiv der Frau, die in den Wahnsinn getrieben werden soll, bei Hitchcock inzwischen auch in Berüchtigt, Sklavin des Herzens und Bei Anruf Mord auf, so dass Mitternachtsspitzen, der zudem eine ähnlich albtraumhafte Grundstimmung wie Vertigo aufweist, zwangsweise mit Hitchcock in Verbindung gebracht wurde. Problematisch im Hinblick auf den Zusammenhang mit Hitchcock ist auch hier die Anlage des Films als Whodunit, so dass der Hitchcock-Vergleich bei genauer Betrachtung nicht passt.
1962 Botschafter der Angst
(The Manchurian Candidate)
John Frankenheimer In einigen Besprechungen des Films wird The Manchurian Candidate als Stilmischung aus Hitchcock und Orson Welles gesehen. Der Film verwendet einerseits Motive der Figurenanlage, die an Hitchcock erinnern – Frank Sinatra spielt einen all-american Durchschnittsbürger, der in eine Verschwörung verwickelt wird und versucht, diese aufzuklären, Angela Lansbury eine dämonische, besitzergreifende Mutter und die Figur von Janet Leigh ist als „geheimnsivolle Blondine“ angelegt (die sich jedoch als harmlos entpuppt). Andererseits finden sich in ihm Hitchcocksche Motive der Schuldübertragung und der Persönlichkeitsspaltung. Die Schlusszene im Madison Square Garden orientiert sich in Dramaturgie und Spannungsaufbau sehr stark an der Royal-Albert-Hall-Szene in den beiden Der Mann, der zuviel wußte.
1963 Charade Stanley Donen Leichter, amüsanter und romantischer Thriller mit deutlichen Anlehnungen an Über den Dächern von Nizza und Der unsichtbare Dritte sowie Die 39 Stufen.
1964 Die 27. Etage (Mirage) Edward Dmytryk Gregory Peck variiert seine Rolle als Mann mit Gedächtnisverlust in Ich kämpfe um dich
1966 Arabeske (Arabesque) Stanley Donen Variation von Charade vom gleichen Regisseur und mit komödiantischem und parodistischem Unterton- angelehnt vor allem an den Rhythmus und Stil von Der unsichtbare Dritte.
1967 Warte bis es dunkel ist
(Wait until dark)
Terence Young Variation des Motivs der existenziellen Bedrohung einer harm- und scheinbar wehrlosen Figur, wie es bei Hitchcock in unterschiedlichsten Formen in einer Vielzahl von Filmen, beispielsweise in Bei Anruf Mord, Der Fremde im Zug oder am Ende von Das Fenster zum Hof zu sehen ist. Dieses Motiv wird dadurch auf die Spitze getrieben, dass die Hauptfigur blind ist, ein Umstand, der eine ideale Folie für Spannungsaufbau im Sinne des Suspense darstellt. Außerdem enthält der Film einen klassischen MacGuffin, der die Bedrohung der Hauptfigur auslöst. Zudem stammt die Vorlage vom selben Autor wie Bei Anruf Mord, Frederick Knott.
1968 Rosemaries Baby (Rosemary's Baby) Roman Polanski Variation der Bedrohung unschuldiger Figuren einer heilen bürgerlichen Welt als Horrorfilm. Hitchcock war ursprünglich als Regisseur vorgesehen.
1968 Die Braut trug schwarz
(La mariée était en noir)
Francois Truffaut Eine Frau rächt den Tod ihres Ehemanns und bringt nach und nach seine fünf Mörder um. Der Film ist in vielerlei Hinsicht eine Hommage an Hitchcock.
1969 Das Geheimnis der falschen Braut
(La sirène du Mississippi)
Francois Truffaut Die Geschichte eines Mannes, der sich in eine Betrügerin und Mörderin verliebt, ihr verfällt und der auch nicht von ihr lassen kann, als sie ihn selbst betrügt und zu töten versucht, ist stark von verschiedenen inhaltlichen und stilistischen Motiven aus Vertigo - Aus dem Reich der Toten, Marnie und Verdacht beeinflusst.
1970 Der Schlachter
(Le Boucher)
Claude Chabrol Eine Variation des Einbruchs von Bedrohung und Schrecken in einer scheinbar heilen bürgerlichen Welt.
1975 Der weiße Hai (Jaws) Steven Spielberg Der Thriller um einen agressiven Hai, der einen Urlaubsort am Meer zunehmend in Angst und Schrecken versetzt, ähnelt in Spannungsaufbau und Dramaturgie Hitchcocks Die Vögel.
1976 Schwarzer Engel (Obsession) Brian De Palma Jahre nach dem spurlosen Verschwinden von Frau und Tochter glaubt ein Mann in einer fremden Frau seine Frau wiederzuerkennen und verliebt sich in sie. Starke Anlehnungen an Vertigo - Aus dem Reich der Toten.
1977 Höhenkoller
(High Anxiety)
Mel Brooks Überdrehte Persiflage auf diverse Hitchcock-Filme.
1978 Das unsichtbare Auge (Someone's Watching Me!) John Carpenter Eine Frau wird zum Objekt der Beobachtung eines Fremden aus dem gegenüberliegenden Haus, der sich ihr auf unheimliche Weise immer mehr nähert. Umkehrung des Prinzips aus Das Fenster zum Hof.
1980 Dressed to Kill Brian De Palma Übernahme und Weiterentwicklung des Grundmotivs aus Psycho – eine Frau wird bestialisch ermordet, ihr Sohn macht sich mit einer Zufallsbekanntschaft auf die Suche nach dem Täter. Mit Zitaten aus diversen weiteren Hitchcock-Filmen.
1984 Der Tod kommt zweimal
(Body Double)
Brian De Palma Stark angelehnt an Grundmotive aus Das Fenster zum Hof und Vertigo - Aus dem Reich der Toten: die Beobachtung eines Mordes in einem anderen Haus, die faszinierende Begenung mit einer Frau, die dem Mordopfer sehr ähnelt, Klaustrophobie und ihre Überwindung als dramaturgisches Motiv.
1986 Masken (Masques) Claude Chabrol Variation des Hitchcock-Motivs des „sympathischen Schurken“ mit diversen Hitchcock-Zitaten.
1988 Frantic Roman Polanski Der Film um einen Mann, der mit der Hilfe einer Fremden in Paris seine verschwundene Frau sucht, erinnert an das Grundmotiv aus Der Mann, der zuviel wusste und an den Stil unterhaltsamer, handlungsreicher Thriller wie Der unsichtbare Dritte.
1991 Schatten der Vergangenheit
(Dead Again)
Kenneth Branagh Deutliche Parallelen zu Vertigo - Aus dem Reich der Toten mit Zitaten und Motiven aus weiteren Hitchcock-Filmen.
1993 Manhattan Murder Mystery Woody Allen Heitere Variante von Das Fenster zum Hof - ein Paar beginnt seinen Nachbarn zu verdächtigen, seine Frau umgebracht zu haben, wobei vor allem die Frau die treibende Kraft der anschließenden Nachforschungen ist.

Selbstvermarktung und der Kampf um Unabhängigkeit

Schon am Anfang seiner Karriere, als er in Großbritannien mit den ersten Stummfilmen Erfolge feierte, war Hitchcock bewusst, „dass der Name des Regisseurs klar im Bewusstsein des Publikums stehen sollte“. Viele seiner späteren Tätigkeiten sind auch Teil von Hitchcocks Strategie, sich selbst sowie seine markante Figur und sein Gesicht sowie seinen Namen darzustellen und sich damit als Marke zu etablieren und zu vermarkten. Hitchcocks Selbstvermarktung wiederum war auch Reaktion auf seine Erfahrung, immer wieder in seiner künstlerischen Autonomie beschnitten worden zu sein. Sie diente auch dazu, eine Machtposition im Produktionsprozess seiner Filme zu erlangen und war somit Teil seines fast lebenslangen Kampfes um Unabhängigkeit bei seinen Tätigkeiten als Regisseur.

Bereits Anfang der 1930er-Jahre, als er mit dem Erfolg seiner Filme in England populär wurde, erkannte er die Möglichkeiten, die in der Öffentlichkeitswirkung seiner Filme und seiner Person lagen und gründete die Hitchcock Baker Prod., eine Gesellschaft, die bis zu seiner Umsiedlung nach Amerika ausschließlich dafür zuständig war, Öffentlichkeitsarbeit für und mit seiner Person zu betreiben. 1938 beauftragte er die Küstleragentur Selznick-Joyce, deren Mitinhaber Myron Selznick, der ältere Bruder des Hollywood-Moguls David O. Selznick war, seine Interessen wahrzunehmen. Nach Selznicks Tod Ende der 1940er-Jahre wechselte er zur Music Corporation of America (MCA), der damals weltgrößten Künstleragentur. Er wurde dort ab 1948 persönlich und exklusiv von deren Präsidenten Lew Wasserman vertreten, ab 1962 dann von einer neu gegründeten Gesellschaft unter Herman Citron.

Als Regisseur unter Produzenten, die die Rolle des Regisseurs nach Hitchcocks Empfinden zu wenig achteten, hatte Hitchcock unter Beschneidungen seiner Möglichkeiten gelitten, vor allem von 1927 bis 1934 bei British International Pictures und von 1939 bis 1947 als Objekt der Einmischungen von David. O. Selznick. Im Zusammenhang mit solchen negativen Ohnmachtserfahrungen stehen Hitchcocks Bestrebungen, Zugriff auf die Position des Produzenten zu bekommen, was ihm ab Ende der 1940-er Jahre gelang. Obwohl sein Einfluss ab Mitte der 1960er-Jahre wieder sank, blieb Hitchcock von Cocktail für eine Leiche bis zu seinem letzten Film Produzent seiner Filme.

Hitchcocks Einfluss und das Gebiet seiner Selbstvermarktung schloss unterschiedlichste Felder ein: Obwohl von den Filmgesellschaften üblicherweise für die Promotion eigene Abteilungen oder externe Agenturen beauftragt werden, trugen bei Hitchcocks Filmen die Werbekampagnen deutlich die Handschrift des Regisseurs. Hitchcock etablierte schon früh ein stilisiertes Selbstportrait als Logo. Die Trailer für seine Kinofilme waren häufig nicht nur Zusammenschnitte des angekündigten Films, sondern stellten Hitchcock ins Zentrum. Legendär sind zudem Hitchcocks Auftritte in seinen eigenen Filmen. Hinzu kamen lukrative Lizenzverträge, beispielsweise für eine Fernsehserie, ein Krimi-Magazin und eine Buchreihe von Kinderkrimis. Durch diese Promotions-Arbeit erhielt das Produkt „Hitchcock“ einen hohen Wiedererkennungswert und wurde dauerhaft in der öffentlichen Wahrnehmung installiert.

Fernsehen

Auf den Rat seines Agenten Lew Wasserman hin stieg Hitchcock 1955 in das Fernsehgeschäft ein. Hitchcock gründete die Fernsehproduktionsfirma Shamley Productions und produzierte bis 1965 seine eigene wöchentliche Fernsehserie. Insgesamt entstanden mehr als 350 Fernsehfilme innerhalb dieser Reihen. Der Status als Produzent der Serie sicherte Hitchcock für seine Fernsehaktivitäten Unabhängigkeit und Kontrolle über die Produktionen und ermöglichte es ihm, diese zur Selbstvermarktung zu nutzen. Das Tagesgeschäft legte er in die Hände von langjährigen Mitarbeitern: Joan Harrison, seine ehemalige persönliche Assistentin, produzierte die Serie bis 1963. Ihr Nachfolger wurde der Schauspieler Norman Lloyd, zuvor bereits Co-Produzent der Serie und seit Saboteure mit Hitchcock bekannt. Schließlich fungierte sein enger Vertrauter Herbert Coleman 1965 als Produzent.

Die Fernsehserien waren nicht nur nach Hitchcock benannt, in vielen Folgen übernahm er auch die Moderatorenrolle und begrüßte das Publikum am Anfang der Folgen, indem er mit ungerührter Miene makabre Ansagetexte sprach. Diese Auftritte steigerten seine ohnehin schon große Popularität und machten ihn zu einer nationalen Berühmtheit.

Hitchcocks bisweilen etwas heimtückischer Humor zeigt sich auch in der Auswahl der Titelmusik für die Serie Alfred Hitchcock Presents. Er verwendete dafür das Hauptthema von Charles Gounods Marche funèbre d'un marionette (Trauermarsch einer Marionette), das sich im Weiteren zu einer Erkennungsmarke für Hitchcocks Public Relations entwickelte, während der Komponist weitgehend unbekannt geblieben ist.

Auch Hitchcocks weitere Regiearbeiten für andere Fernsehserien wurden von Shamley Productions produziert.

Bücher und Zeitschriften

Neben seiner Film- und Fernseharbeit steigerte Hitchcock seinen Bekanntheitsgrad auch durch die Vergabe von Nutzungsrechten an seinem Namen für Bücher und Zeitschriften. Das Gesicht und der Name „Hitchcock“ sollten auf diese Weise einen sehr hohen Wiedererkennungswert gewinnen.

1956 schloss Hitchcock einen Lizenzvertrag mit HSD Publications ab, der die Überlassung seines Namens für das Krimi-Magazin Alfred Hitchcock's Mystery Magazine zum Inhalt hatte. Die Zeitschrift enthält Mystery- und Kriminalgeschichten, Buchrezensionen und Rätsel und erscheint noch heute unter dem selben Titel.

Seit 1964 erscheint in den USA die Jugend-Krimi-Reihe (The Three Investigators), auf deutsch seit 1968 als Die drei ???. Der Journalist und Autor Robert Arthur kannte Alfred Hitchcock persönlich und bat ihn, seinen Namen zur Vermarktung dieser geplanten Buchreihe verwenden zu dürfen. Hierzu baute er eine Figur „Alfred Hitchcock“ in die Handlung mit ein. In den USA hielt sich der Erfolg der Bücher in Grenzen, während die Serie in Europa - besonders in Deutschland - nach wie vor ein großer Erfolg ist. Aus den deutschen Büchern entstand wiederum eine erfolgreiche Hörspielreihe, in der die Figur „Hitchcock“ sogar eine Sprechrolle erhielt. Hierdurch wurde der Name Hitchcock in Deutschland auch bei vielen Menschen bekannt, die nie einen Film von ihm gesehen hatten.

Trailer

Hitchcock setzte im Laufe der Jahre immer stärker darauf, seine Filme über den immer größer werdenden Wiedererkennungswert seiner Person zu vermarkten. Während von den Filmgesellschaften üblicherweise für die Promotion eigene Abteilungen oder externe Agenturen beauftragt werden, trugen bei Hitchcocks Filmen die Werbekampagnen deutlich die Handschrift des Regisseurs. Die Kino-Trailer waren häufig nicht nur Zusammenschnitte des angekündigten Films, sondern stellten den Komiker Hitchcock in den Vordergrund, der in der Rolle eines „Master of Ceremony“ seine eigenen Filme vorstellte und den Zuschauer durch die Kulissen führte.

Cameo-Auftritte

Aus der Not geboren, nämlich dem Mangel an Statisten in seinen ersten britischen Filmen, sah man den Regisseur immer wieder im Hintergrund auftauchen. Daraus entwickelte er eine weitere Spezialität, auf die das Publikum seiner Spielfilme später gespannt wartete: Hitchcocks obligatorischer Cameo-Auftritt entwickelte sich zu einem seiner bekanntesten Markenzeichen. Diese Art der Selbstpräsentation steigerte seinen Wiedererkennungswert und trug viel zu seinem Ruhm bei, ist sie doch eine der wenigen Möglichkeiten, die ein Regisseur hat, sich selbst dem Publikum zu präsentieren. Auf der anderen Seite wurde dieser Running Gag im Laufe der Zeit zu einer lästigen Pflicht, da das Publikum zu Anfang des Films immer weniger auf die Handlung achtete als vielmehr auf Hitchcock lauerte. Aus diesem Grund legte Hitchcock in späteren Filmen seinen Auftritt möglichst weit an den Filmanfang. Da Hitchcock erst nach seinen frühesten Auftritten seine Cameoauftritte zu einem offiziellen Markenzeichen machte, ist bei seinen frühen Filmen teilweise nicht geklärt, ob und wann Hitchcock tatsächlich auftritt.

Alle bekannten Hitchcock-Cameos (chronologisch):

Film Auftritt/Rolle
Der Mieter In einer Büro-Szene sitzt er mit dem Rücken zur Kamera. Ob Hitchcock auch zu dem lynchwütigen Mob am Ende des Films gehört, oder ob der betreffende Herr Hitchcock nur recht ähnlich sah, konnte nie geklärt werden.
Easy Virtue Mit einem Stock ist er bei einem Tennisplatz zu sehen.
Erpressung Er liest in der U-Bahn eine Zeitung und wird dabei von einem Jungen gestört.
Mord – Sir John greift ein! Hitchcock geht an dem Haus vorbei, in dem der Mörder arbeitet.
Die 39 Stufen Er geht über die Straße.
Jung und unschuldig Mit einer winzigen Kamera steht er als Reporter vor dem Gerichtsgebäude.
Eine Dame verschwindet Er taucht kurz in einer Szene auf einem Londoner Bahnhof auf.
Rebecca Er geht hinter der Telefonzelle vorbei, in der George Sanders gerade telefoniert.
Der Auslandskorrespondent Auf der Straße geht er an Joel McCrea vorbei.
Mr. und Mrs. Smith Auf der Straße geht er an Robert Montgomery vorbei.
Verdacht Er wirft einen Brief in einen Briefkasten.
Saboteure Er steht an einem Kiosk.
Im Schatten des Zweifels Er sitzt im Zug und spielt Poker.
Ich kämpfe um dich Er kommt aus einem Hotelfahrstuhl.
Berüchtigt Er ist Gast auf einer Party.
Der Fall Paradin Er trägt einen Cello-Kasten.
Cocktail für eine Leiche Am Anfang des Films geht er die Straße entlang.
Sklavin des Herzens Er ist auf dem Empfang des Gouverneurs zu sehen, außerdem auf der Treppe im Regierungspalast.
Die rote Lola Auf der Straße dreht er sich nach Jane Wyman um.
Der Fremde im Zug Mit einem Kontrabass besteigt er einen Zug.
Ich beichte Am Kopf einer langen Freitreppe ist er als Fußgänger zu sehen.
Das Fenster zum Hof Als Diener zieht er in dem Appartement des Komponisten eine Uhr auf.
Immer Ärger mit Harry Bei der Ausstellung von John Forsythe (in jener Szene, in der der spätere Bilder-Käufer eingeführt wird) überquert er hinter einer parkenden Limousine die Straße.
Über den Dächern von Nizza Er sitzt neben John Robie (Cary Grant) im Bus.
Der Mann, der zuviel wusste von 1956 Er steht auf dem Markt von Marrakesch.
Der falsche Mann Am Anfang des Films tritt Hitchcock persönlich auf und spricht den Prolog. Dieser Auftritt ist somit seine einzige Sprechrolle in seinen Kinofilmen.
Vertigo - Aus dem Reich der Toten In der Nähe des Büros von Gavin Elster, der die Beschattung seiner Frau in Auftrag gibt, überquert er eine Straße.
Der unsichtbare Dritte Unmittelbar nach dem Vorspann verpasst er einen Bus.
Psycho Er steht, vom Inneren von Marions Büro aus sichtbar, auf der Straße und trägt einen Hut.
Die Vögel Gezogen von zwei kleinen angeleinten Hunden verlässt er eine Tierhandlung.
Marnie Als Hotelgast verlässt er ein Zimmer.
Der zerrissene Vorhang Er ist als Hotelgast zu sehen, der ein Baby unterhält.
Topas Am Flughafen steht er aus einem Rollstuhl auf und begrüßt jemanden.
Frenzy Am Anfang des Films, als die Leiche in der Themse gefunden wird, steht er in der Menge und ist der einzige, der dem Redner nicht applaudiert.
Familiengrab In seinem letzten Film sieht man seine Silhouette hinter der Milchglasscheibe einer Türe mit der Aufschrift: „Registratur für Geburten und Sterbefälle“.

In zwei Filmen hatte Hitchcock keinen eigentlichen Cameo-Auftritt, trat jedoch auf Fotos in Erscheinung. In Das Rettungsboot konnte er unmöglich als Passant erscheinen, da der Film ausschließlich in einem kleinen Rettungsboot auf dem Meer spielt. Er ist daher in einer zufällig im Boot liegenden Zeitung in einer Werbeanzeige für eine Diät auf einem „Vorher-Nachher-Foto“ zu sehen. Laut Hitchcocks Aussage in einem späteren Interview sei die erste Idee gewesen, ihn als Leiche am Rettungsboot vorbei treiben zu lassen. In Bei Anruf Mord spielt die Handlung fast ausschließlich in einem einzigen Raum einer Wohnung. Daher ist Hitchcock auf einem an der Wand hängenden Foto einer Wiedersehensfeier von College-Absolventen an einem Tisch sitzend zu sehen.

Preise und Ehrungen

Hitchcock wurde sechs mal für den Oscar nominiert, fünf mal für die beste Regie, ein mal für den besten Film (als Produzent). Er konnte den Preis nie gewinnen, was ihn zu dem Kommentar veranlasste: „Immer nur Brautjungfer, nie die Braut.“.

Filmografie

Legende:

1 Jahr der ersten öffentlichen Aufführung
2 Produktionsland (Ländercodes siehe hier)
3 Beteiligung Hitchcocks: Produktion, Regie, Buch, Darsteller (Statist)
* ohne namentliche Nennung
(R)** Hitchcock drehte als Regisseur nur einzelne Szenen

Die britischen Filme

Vorlage:Filmographie3

Die US-amerikanischen Filme

Vorlage:Filmographie3

Hitchcocks Regiearbeiten für Fernsehserien

Vorlage:Filmographie1

Literatur

Sortiert in der chronologischen Reihenfolge der jeweiligen Originalausgabe.

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