Genealogisches Zeichen

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Bezeichnung von Sterbedaten durch vorangestellte Kreuze in Megisers lateinischem Druck von 1607

Ein genealogisches Zeichen bzw. Symbol ist ein Bild, das in Buchstaben oder als Zeichnung für eine Person oder ein häufiges oder fast bei jeder Person vorkommendes Ereignis steht. Genealogische Zeichen und Abkürzungen werden in der Genealogie verwendet, um Zusammenhänge platzsparend darstellen zu können.

Geschichte

Der Leipziger Historiker Hieronymus Megiser (um 1553–1618) verwendete das genealogische Kreuzzeichen in seinem 1607 erschienenen Stammbaum des sächsischen Kurfürsten Johann Georg.[1] Johann Christoph Gatterers Werk Abriß der Genealogie aus dem Jahr 1788 gilt als erste wissenschaftliche Abhandlung über die genealogische Forschung im deutschen Sprachraum.[2] Er verwendet darin bei Sterbedaten teilweise ein vorangestelltes Kreuz, weitere genealogische Zeichen benutzt er nicht.[3]

Am häufigsten werden in der Genealogie die Symbole für die sexuellen Geschlechter verwendet. In der Allgemeinen Encyclopädie der Wissenschaften und Künste von 1853, unter dem Stichwort Genealogie, hat Bernhard Röse vermutlich als erster in einer bildlichen Darstellung von Abstammungsverhältnissen für männliche Personen ein Quadrat und für weibliche einen Kreis gebraucht.[4] Er hat dabei Elternpaare durch eine Linie verbunden, aus deren Mitte die Kinder nach unten abgeleitet werden. Diese Darstellungsweise, die sich im Verlaufe eines Jahrhunderts gegenüber den Symbolen Mars für männliche und Venus für weibliche Personen durchgesetzt hat, ist in der Humangenetik international verbindlich geworden. Quadrat und Kreis lassen sich einfacher als die Planetensymbole darstellen und können zudem mit weiteren Zeichen ausgefüllt werden, wodurch sich z. B. Erbgänge skizzieren lassen.

Im vom Berliner genealogischen Verein Herold seit 1889 herausgegebenen Genealogischen Handbuch bürgerlicher Familien stand das Kreuzsymbol vor dem Namen jeder zum Zeitpunkt des Erscheinens verstorbenen Person. Lebensdaten wurden anfänglich mit geb. und gest. angegeben.[5] Ab dem vierten Band (Anfang 1896) wurde geboren durch ein Sternchen und gestorben durch ein Kreuzzeichen abgekürzt.[6]

Im Jahr 1910 gab Stephan Kekule von Stradonitz seine Schrift Über den Nutzen einer internationalen Hilfssprache für die genealogische Forschung heraus. Er schlug darin eine Vereinheitlichung gemäß der vom Verein Herold verwendeten genealogischen Zeichen vor und entwickelte überdies den Vorschlag einer international verwendbaren Symbolschrift, mit der genealogische Zusammenhänge in eindeutiger, kurzer, im Drucksatz raum- und kostensparender, einprägsamer und international verständlicher Weise dargestellt werden sollten.[7] Allgemeine Enzyklopädien übernahmen die von Kekule vorgeschlagenen Zeichen Stern * und Kreuz † für die Einleitungen der Personenartikel, so die ab 1924 erschienene 7. Auflage von Meyers Konversations-Lexikon sowie im Verlag F. A. Brockhaus der ab 1925 erschienene einbändige Kleinen Brockhaus und die 1928–1935 erschienene zwanzigbändige 15. Auflage des Großen Brockhaus.[8]

Die Norm DIN 5008 des Deutschen Instituts für Normung in ihrer derzeit (Stand 2013) gültigen Form vom April 2011 beschreibt bei der Gestaltung von Schriftstücken als Zeichen für das Wort geboren den Stern * und für das Wort gestorben das Kreuz †;[9] sowohl in der Norm als auch im zugehörigen Standardwerk Karl Grüns ist ihre Bezeichnung als genealogische Zeichen erwähnt.[10] International konnte sich kein Standard etablieren. Im französischen Sprachraum werden häufig ° für geboren, x für verheiratet und + für verstorben verwendet,[11] im englischen Sprachraum sind Buchstaben als Abkürzungen üblich.

Zeichen (Symbole)

Folgende Tabelle führt die genealogischen Zeichen auf, die laut Duden im deutschsprachigen Raum gebräuchlich sind.[12] Je nach Browser und System werden einige Symbole vielleicht nicht richtig dargestellt.

verbreitete genealogische Symbole und Abkürzungen
Symbol Alternativen Bedeutung Englisch Beschreibung
* ∗ ✶ * ⁎ geboren (geb.) b (born) Sternchen (Schriftzeichen) / Asterisk
~ ≈ ﹏ getauft (get.) bp, bapt (baptized) Welliger Strich, Tilde, vgl. fast gleich, Welliger Strich unten
† + ✝us ✠ gestorben (gest.), mortuus (lat.: verstorben) d (died) Lateinisches Kreuz (Unicode), Kreuz (Satzzeichen), ähnlich dem Pluszeichen
⚰ [] ▯ begraben (begr.) t, bur (buried) (liegender) Sarg, ersatzweise zwei eckige Klammern oder stehendes Rechteck
eingeäschert cremated Bestattungsurne
oo ∞ ✕ verheiratet (verh.), Ehe m (married) Zwei weiße, einander überlappende Kreise, zwei kleine „o“ ohne Leerzeichen, ähnlich dem Unendlichzeichen
I ⚭ I oo 1. Ehe 1st marriage vorangestellte römische Ordnungszahl „I“
II ⚭ II oo 2. Ehe 2nd marriage vorangestellte römische Ordnungszahl „II“
o ° verlobt (verl.) engaged Kleiner weißer Kreis, einzelnes kleines „o“
o|o o/o % ⧞ geschieden (gesch.) divorced Zwei weiße Kreise mit Trennstrich, zwei „o“ mit einem Trennungsstrich dazwischen, ähnlich dem Prozent- bzw. dem „nicht unendlich“-Zeichen
o-o ⧟ uneheliche/freie Verbindung (unehel.) nm (illegimate or common law union) Zwei weiße Kreise mit Bindestrich, zwei „o“ mit einem Minuszeichen dazwischen, Multimengenzeichen mit zwei Enden
(*) außereheliche Geburt born illegitimate Sternchen in runden Klammern
✝* †* +* Totgeburt stillborn ein Kreuz oder ein Plus-Zeichen mit Sternchen
*✝ *† *+ am Tag der Geburt gestorben died on the birthday Sternchen mit Kreuz oder mit Plus-Zeichen
X gefallen (gef.) killed in action at war Gekreuzte Schwerter, ein großes „X“

Gelegentlich wurden weitere Zeichen benutzt, deren Gebrauch sich nicht allgemein verbreitete:

seltene genealogische Symbole
Symbol Alternativen Bedeutung Beschreibung
geboren Elhaz, „Lebensrune“
gestorben „Todesrune“
(✶ auf △) getauft
(† auf △) begraben Kreuz auf Grabhügel
✝⚔ †⚔ +X tödlich verwundet Kreuz und Schwerter
✝✝ †† ++ ‡ diese Linie ausgestorben zwei benachbarte Kreuze
!! Pfarrer zwei Rufezeichen
/Name Kind von „Name“ Name des Elternteils nach Querstrich
(✝) (†) (+) vermisst Kreuz in runden Klammern
(⚔) (X) Im Kriegseinsatz vermisst Schwerter in runden Klammern


Die Zahlen der verschiedenen Abkürzungen und Symbole, die das gleiche personengeschichtliche Ereignis bezeichnen, gehen jeweils in die Hunderte. Bereits vor 1910 – der Massenverbreitung der Schreibmaschine – wurden genealogische Symbole verwendet, um Zeit und Geld zu sparen. Bei handschriftlichen Aufzeichnungen sind sie leicht anzuwenden. Sie standen und stehen jedoch nur spezialisierten Druckereien zur Verfügung, sodass man andernorts kurzerhand neue Typen einsetzte. Schreibmaschinen mussten besonders eingerichtet sein oder umgerüstet werden. Als sich in den 1920er-Jahren das maschinelle Schreiben von Ahnenlisten etabliert hatte, wurde eine zeitige Vereinheitlichung der Zeichen versäumt. Zwar wurden 1958 auf dem IV. Internationalen Kongress für Genealogie und Heraldik in Brüssel entsprechende Regeln formuliert, aber nicht konsequent umgesetzt. Beschlossen war etwa, dass ein einziger Kleinbuchstabe ohne Punkt für jeweils ein Ereignis stehen sollte. Auch der Einsatz von Computern und computergesteuerten Druckern brachte lange Zeit keine internationale Standardisierung der sich weiter vervielfältigenden genealogischen Symbole und Abkürzungen. Deshalb gebraucht jeder Genealoge neben den unentbehrlichen und allgemein bekannten noch andere, die im Einzelnen aufgelistet und erklärt werden sollten. Wie alle Abkürzungen, empfiehlt es sich, auch die genealogischen in überschaubaren Grenzen zu halten.

2003 wurde die Erweiterung des ISO-Standards um genealogische Zeichen vorbereitet.[13] Im April 2005 wurden mit der Version 4.1.0 des internationalen Zeichenkodierungsstandards Unicode sieben weitere familiengeschichtliche Zeichen dem Standard hinzugefügt. Sie finden sich im Unicodeblock Verschiedene Symbole. Die Zeichen, die in der Genealogie für geboren, getauft und gestorben verwendet werden, waren von Anfang an Teil des Unicode-Standards. Damit ist nun erstmals die Form (nicht aber die Verwendung) der meistbenutzten genealogischen Symbole international definiert.[14][15][16] Der Unicode-Standard ermöglicht so weltweit eine typografisch korrekte Darstellung und Verarbeitung, Übertragung und Archivierung einiger genealogischer Sonderzeichen, sofern entsprechende Schriften installiert sind. Auch Symbole für Geschlecht und Sexualität sind Teil des Unicode-Standards.

Falls nicht alle oben aufgeführten typografisch korrekten Zeichen in der jeweiligen Schriftart verfügbar sind (etwa auf einer Schreibmaschine), werden die entsprechenden Ersatzzeichen verwendet.

Abkürzungen

Um Platz zu sparen bzw. schneller schreiben zu können, gibt es neben den genealogischen Zeichen auch eine Reihe genealogischer Abkürzungen, die allerdings weit weniger einheitlich angewendet werden.

Beispiele genealogischer Abkürzungen in älteren Texten
Bedeutung Zeichen Erläuterung
September 7bris Septembris (lat. septem, „sieben“)
Oktober 8bris Octobris (lat. octo, „acht“)
November 9bris Novembris (lat. novem, „neun“)
Dezember 10bris, Xbris Decembris (lat. decem, „zehn“)
desselben Monats ejusd lat. ejusdem, desselben
Christ X griechischer Buchstabe Chi (z. B.: Xoph = Christoph)

Weiterführende Literatur

  • Volkmar Weiss: Kreis und Quadrat besiegen Venus und Mars: Zur Geschichte der Symbole in Genealogie und Genetik. Der Herold 38. Jg. (1995) 319–323.
  • Pierre Durye: La généalogie. Paris: Presses Universitaire de France 1961, S. 82.

Einzelnachweise

  1. Hieronymus Megiser: Tabulae Genealogicae, Quibus Illustrißimi Principis ac Domini D. Johannis Georgii, Ducis Saxoniae (Digitalisat), Gerae ad Elistrum: Spiessius, 1607
  2. Genealogische Symbole und Zeichen. In: genealogy.net, abgerufen am 1. September 2010
  3. Johann Christoph Gatterer: Abriß der Genealogie. Göttingen 1788, digitalisierte Fassung bei Google Books
  4. Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber (Hg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Theil 57, Brockhaus, Leipzig 1853, S. 338.
  5. Redaktionskomitee des Vereins Herold (Hrsg.): Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien, Band 3, 1894, unveränderter Abdruck 1907 (Digitalisat im Internet-Archiv)
  6. Redaktionskomitee des Vereins Herold (Hrsg.): Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien, Band 5, 1897, unveränderter Abdruck 1912 (Digitalisat der Mazowiecka Biblioteka Cyfrowa)
  7. Stephan Kekule von Stradonitz: Über den Nutzen einer internationalen Hilfssprache für die genealogische Forschung. In: Mitteilungen der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte, 6. Heft, Leipzig 1910, S. 27–38. Online-Fassung
  8. Die Stichwörter „Siglen, genealogische“, in: Meyers Großes Konversationslexikon, 6. Auflage. Bd. 21, Leipzig 1909, Seite 834, und „Zeichen, 6) genealogische Z.“ in: Der Große Brockhaus, 15. Auflage, Band 20, Seite 560 verweisen auf Kekule
  9. Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 5008. Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung. Ausgabe 2011-04 [April 2011], hier S. 13, Punkt 7.8.
  10. Karl Grün: Der Geschäftsbrief. Gestaltung von Schriftstücken nach DIN 5008, DIN 5009 u. a. Hrsg. vom Deutschen Institut für Normung e. V., 5. überarb. Auflage, Beuth-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-410-23356-5, hier S. 68.
  11. Symboles de généalogie bei geneawiki.com
  12. Duden – Band 1, Die deutsche Rechtschreibung; 20. Auflage 1991, S. 71
  13. Second revised proposal to encode symbols for genealogy and gender studies in the UCS, ISO/IEC JTC1/SC2/WG2 N2663, International Organization for Standardization, (Webdokument, pdf)
  14. Unicode Zeichentabelle „Miscellaneous Symbols“ U2600–U26FF (PDF) (Englisch)
  15. Unicode Zeichentabelle „C0 Controls and Basic Latin“ U0000–U007F (PDF) (Englisch)
  16. Unicode Zeichentabelle „General Punctuation“ U2000–U206F (PDF) (Englisch)