„Sonderschutzgebiet Gamsgrube“ – Versionsunterschied

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== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die bemerkenswerte botanische Situation in der Gamsgrube wurde schon seit 1813 von [[David Heinrich Hoppe]] studiert, was 1833 ein Mitgrund für die Errichtung des Vorläufers der [[Hofmannshütte]] war.<ref name="gams1935" /> Das Areal der Gamsgrube, wie das ganze [[Großglockner|Glocknergebiet]] samt der [[Pasterze]], wurde 1918 vom Großgrundbesitzer [[Albert Wirth (Bauingenieur)|Albert Wirth]] dem [[Österreichischer Alpenverein|Österreichischen Alpenverein]] mit der Widmung als „Naturschutzpark“ geschenkt.<ref>{{Literatur |Autor=Anton Draxl |Hrsg=Österreichischer Alpenverein |Titel=Albert Wirth (1874–1954): Sein Leben und Wirken |Sammelwerk=Albert-Wirth-Symposium Gamsgrube, Heiligenblut. Tagungsbericht. (= Fachbeiträge des Österreichischen Alpenvereins: Alpine Raumordnung) |Band=2 |Verlag=Österreichischer Alpenverein |Ort=Innsbruck |Datum=1989 |Seiten=15-17}}</ref>
Das Gebiet wurde am 4. November 1986 mit Wirkung vom 1. Jänner 1987 durch §&nbsp;9 des LGBl. 74/1986 von der [[Kärntner Landesregierung]] als Sonderschutzgebiet verordnet.<ref>Verordnung der Landesregierung vom 4. November 1986 über den Nationalpark Hohe Tauern, Landesgesetzblatt für Kärnten, Jahrgang 1986, S. 172–173. [https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=lgk&datum=1986&page=182&size=45 online auf ''onb.ac.at''], abgerufen am 11. Jänner 2024.</ref>

Ab 1930 wurde die Gamsgrube von [[Helmut Gams]] im Auftrag des Alpenvereins weiter systematisch botanisch untersucht, er setzte sich auch für ihren Schutz ein.<ref name="gams1935">Helmut Gams: ''Das Pflanzenleben des Großglocknergebiets.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins'', Band 66 (1935), S. 157–177. ([https://bibliothek.alpenverein.de/webOPAC/01_Alpenvereins-Publikationen/01_AV-Jahrbuch/AV_Jahrbuch_066.1935-web.pdf PDF 75,1 MB] auf ''alpenverein.de'', abgerufen am 11. Januar 2024)</ref><ref>Helmut Gams: ''Beiträge zur Pflanzengeographischen Karte Österreichs. I. Die Vegetation des Grossglocknergebietes.'' In: ''Abhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Berlin.'' Band XVI, Heft 2, S. 1–79, Wien 1936 ({{ZOBODAT|pfad=pdf/AZBG_16_2_0001-0079.pdf|KBytes=62900}}, abgerufen am 11. Januar 2024).</ref> Gleichzeitig beabsichtigte der Planer der [[Großglockner-Hochalpenstraße]], [[Franz Wallack]], mit Unterstützung des Salzburger Landeshauptmanns [[Franz Rehrl]] von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe eine Straße weiter Richtung Hofmannshütte zu bauen und von dort eine Seilbahn über die Gamsgrube auf den Fuscher-Kar-Kopf. Aufgrund der Proteste von Naturwissenschaftern und des Alpenvereins wurde daraus jedoch nur ein zwei Meter breiter „Promenadeweg“, der 1937 feierlich durch Bundeskanzler [[Kurt Schuschnigg]] eröffnet wurde. Die dafür erforderliche Alpenvereinsfläche war im Sinne eines „begünstigten Baues“ im Sinne einer kaiserlichen Kriegsverordnung von 1914 ohne jegliche Parteienstellung für den Grundeigentümer [[Enteignung|enteignet]] worden. Nach dem [[Anschluss Österreichs]] wurde jeglicher weiterer Infrastrukturausbau in der Gamsgrube von den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] für beendet erklärt.<ref>Martin Achrainer: [https://www.alpenverein.at/bk/bergauf/bergauf2023/Bergauf_5_2023/html5/index.html?&locale=DEU&pn=51 Die Gamsgrube im Widerstreit. Teil 1.] In: Bergauf. Mitgliedermagazin des Österreichischen Alpenvereins, Jg. 77 (149), Ausgabe 5/2023, S. 50–53.</ref> Zu Beginn der Nachkriegszeit wurden die Seilbahnpläne jedoch wieder verstärkt diskutiert. Anfang 1949 kritisierte [[Theodor Heinrich Mayer]] in der [[Österreichischer Automobil-, Motorrad- und Touring Club|ÖAMTC]]-Zeitschrift [[auto touring]] seines Erachtens „engstirnige“ Naturschützer, die „den vielen Menschen den Weg zu den Bergen verwehren möchten“ und den Straßenausbau und die Seilbahn in der seines Erachtens „völlig uninteressanten“ Gamsgrube verhinderten.<ref>''Für und Wider.'' In: ''Natur und Land (vormals Blätter für Naturkunde und Naturschutz)'', 1949, Bd. 12, S. 208–211, {{ZOBODAT|pfad=pdf/nat-land_1949_12_0208-0211.pdf}}</ref> Der Kärntner Landeshauptmann [[Ferdinand Wedenig]] sah die Pläne eher kritisch, das Projekt schlief in den 1950ern wieder ein.<ref name="bergauf2024-1" />

Die Gamsgrube wurde schließlich am 4. November 1986 mit Wirkung vom 1. Jänner 1987 durch §&nbsp;9 des LGBl. 74/1986 von der [[Kärntner Landesregierung]] als Sonderschutzgebiet verordnet.<ref>Verordnung der Landesregierung vom 4. November 1986 über den Nationalpark Hohe Tauern, Landesgesetzblatt für Kärnten, Jahrgang 1986, S. 172–173. [https://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=lgk&datum=1986&page=182&size=45 online auf ''onb.ac.at''], abgerufen am 11. Jänner 2024.</ref>

Die juristische Durchführung und das genaue Ausmaß der Enteignung von 1936 ist mit Stand Winter 2024 jedoch immer noch strittig,<ref name="bergauf2024-1">Martin Achrainer: [https://www.alpenverein.at/bk/bergauf/bergauf2024/Bergauf_1_2024/html5/index.html?&locale=DEU&pn=49 Die Gamsgrube im Widerstreit. Teil 2.] In: Bergauf. Mitgliedermagazin des Österreichischen Alpenvereins, Jg. 79 (149), Ausgabe 1/2024, S. 50–53.</ref> was anlässlich eines Gastronomieprojekts seitens der [[Großglockner Hochalpenstraßen AG]] seit 2020 zu einer Fortsetzung der Konflikte führt.<ref>[https://www.alpenverein.at/kaernten/home/topnews/Infrastrukturprojekten-der-GROHAG.php Infrastrukturprojekt der GROHAG im Bereich des Gamsgrubenweges.] In: ''alpenverein.at/kaernten'', abgerufen am 11. Jänner 2024.</ref>


== Beschreibung ==
== Beschreibung ==

Version vom 11. Januar 2024, 14:21 Uhr

Die Gamsgrube ist ein Sonderschutzgebiet innerhalb des Nationalparks Hohe Tauern. Sie liegt unterhalb des Fuscher-Kar-Kopfs in der Gemeinde Heiligenblut und ist über den Gamsgrubenweg von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe aus erreichbar. Das Betreten der Gamsgrube ist verboten.

Geschichte

Die bemerkenswerte botanische Situation in der Gamsgrube wurde schon seit 1813 von David Heinrich Hoppe studiert, was 1833 ein Mitgrund für die Errichtung des Vorläufers der Hofmannshütte war.[1] Das Areal der Gamsgrube, wie das ganze Glocknergebiet samt der Pasterze, wurde 1918 vom Großgrundbesitzer Albert Wirth dem Österreichischen Alpenverein mit der Widmung als „Naturschutzpark“ geschenkt.[2]

Ab 1930 wurde die Gamsgrube von Helmut Gams im Auftrag des Alpenvereins weiter systematisch botanisch untersucht, er setzte sich auch für ihren Schutz ein.[1][3] Gleichzeitig beabsichtigte der Planer der Großglockner-Hochalpenstraße, Franz Wallack, mit Unterstützung des Salzburger Landeshauptmanns Franz Rehrl von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe eine Straße weiter Richtung Hofmannshütte zu bauen und von dort eine Seilbahn über die Gamsgrube auf den Fuscher-Kar-Kopf. Aufgrund der Proteste von Naturwissenschaftern und des Alpenvereins wurde daraus jedoch nur ein zwei Meter breiter „Promenadeweg“, der 1937 feierlich durch Bundeskanzler Kurt Schuschnigg eröffnet wurde. Die dafür erforderliche Alpenvereinsfläche war im Sinne eines „begünstigten Baues“ im Sinne einer kaiserlichen Kriegsverordnung von 1914 ohne jegliche Parteienstellung für den Grundeigentümer enteignet worden. Nach dem Anschluss Österreichs wurde jeglicher weiterer Infrastrukturausbau in der Gamsgrube von den Nationalsozialisten für beendet erklärt.[4] Zu Beginn der Nachkriegszeit wurden die Seilbahnpläne jedoch wieder verstärkt diskutiert. Anfang 1949 kritisierte Theodor Heinrich Mayer in der ÖAMTC-Zeitschrift auto touring seines Erachtens „engstirnige“ Naturschützer, die „den vielen Menschen den Weg zu den Bergen verwehren möchten“ und den Straßenausbau und die Seilbahn in der seines Erachtens „völlig uninteressanten“ Gamsgrube verhinderten.[5] Der Kärntner Landeshauptmann Ferdinand Wedenig sah die Pläne eher kritisch, das Projekt schlief in den 1950ern wieder ein.[6]

Die Gamsgrube wurde schließlich am 4. November 1986 mit Wirkung vom 1. Jänner 1987 durch § 9 des LGBl. 74/1986 von der Kärntner Landesregierung als Sonderschutzgebiet verordnet.[7]

Die juristische Durchführung und das genaue Ausmaß der Enteignung von 1936 ist mit Stand Winter 2024 jedoch immer noch strittig,[6] was anlässlich eines Gastronomieprojekts seitens der Großglockner Hochalpenstraßen AG seit 2020 zu einer Fortsetzung der Konflikte führt.[8]

Beschreibung

Die Gamsgrube besteht aus Flugsand, der vom Kalkglimmerschiefer der umgebenden Hänge und Gipfelgrate bei Sturm abgetragen und hierher verfrachtet wird. Der Flugsand wird als Treibsandpyramiden auf abschmelzenden Schneeflächen und auch als bis zu drei Meter hohe Dünen abgelagert.

Ähnliche Bodenbildungen sind nur von Spitzbergen, Island, Grönland sowie aus zentralasiatischen Gebirgen bekannt.

Vegetation

Durch die lange Schneebedeckung, die kurze Vegetationsperiode und ständige Umschichtung der Feinsanddünen durch Wind und Niederschlag hat sich hier eine besondere Pflanzengesellschaft gebildet. In der Gamsgrube wachsen der Rundblättrige Enzian, die Quendel-Weide, die Alpen-Soldanelle, die Zwerg-Primel, die Silberwurz, der Alpen-Hahnenfuß, das Alpen-Breitschötchen, das Stängellose Leimkraut, der Alpen-Spitzkiel, das Blaugras, die Gemeine Alpenscharte, die Zwerg-Miere, das Edelweiß, das Immergrüne Felsenblümchen und der Rudolph-Steinbrech.

Literatur

  • Informationstafeln bei der Gamsgrube
Commons: Sonderschutzgebiet Gamsgrube – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Helmut Gams: Das Pflanzenleben des Großglocknergebiets. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Band 66 (1935), S. 157–177. (PDF 75,1 MB auf alpenverein.de, abgerufen am 11. Januar 2024)
  2. Anton Draxl: Albert Wirth (1874–1954): Sein Leben und Wirken. In: Österreichischer Alpenverein (Hrsg.): Albert-Wirth-Symposium Gamsgrube, Heiligenblut. Tagungsbericht. (= Fachbeiträge des Österreichischen Alpenvereins: Alpine Raumordnung). Band 2. Österreichischer Alpenverein, Innsbruck 1989, S. 15–17.
  3. Helmut Gams: Beiträge zur Pflanzengeographischen Karte Österreichs. I. Die Vegetation des Grossglocknergebietes. In: Abhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Berlin. Band XVI, Heft 2, S. 1–79, Wien 1936 (zobodat.at [PDF; 62,9 MB], abgerufen am 11. Januar 2024).
  4. Martin Achrainer: Die Gamsgrube im Widerstreit. Teil 1. In: Bergauf. Mitgliedermagazin des Österreichischen Alpenvereins, Jg. 77 (149), Ausgabe 5/2023, S. 50–53.
  5. Für und Wider. In: Natur und Land (vormals Blätter für Naturkunde und Naturschutz), 1949, Bd. 12, S. 208–211, zobodat.at [PDF]
  6. a b Martin Achrainer: Die Gamsgrube im Widerstreit. Teil 2. In: Bergauf. Mitgliedermagazin des Österreichischen Alpenvereins, Jg. 79 (149), Ausgabe 1/2024, S. 50–53.
  7. Verordnung der Landesregierung vom 4. November 1986 über den Nationalpark Hohe Tauern, Landesgesetzblatt für Kärnten, Jahrgang 1986, S. 172–173. online auf onb.ac.at, abgerufen am 11. Jänner 2024.
  8. Infrastrukturprojekt der GROHAG im Bereich des Gamsgrubenweges. In: alpenverein.at/kaernten, abgerufen am 11. Jänner 2024.

Koordinaten: 47° 5′ 29″ N, 12° 44′ 12,5″ O