Ulrich Welsch-Lehrbuch Histologie (2010)

Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 609

Welsch

Lehrbuch Histologie
Unter M~arbeit von Thomas Deller
Welsch
Lehrbuch Histologie
Unter Mitarbeit von Thomas Deller

3. Auflage

ELSEVIER
URBAN & FISCHER URBAN & FISCHER München
Zuschriften und Kritik an:
Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Hackerbrücke 6, 80335 München

Anschriften der Verfasser:


Herr Pref. Dr. med Dr. rer. nat. lßrich Welsch
Analemische Anstalt
Ludwig-Maximilians-Universität
Pettenk.eferstr. II
80336 München

Pref. Dr. med. Themas Deller


Institut für klinische Neureanatemie
Dr. Senckenbergische Analernie
Geethe-Universität Frankfurt
Theeder-Stern-Kai 7
605!10 Frankfurt/Main

Wichtiger Hinweis für den Benutur


Die Erkenntnisse in der Medizin ttnterliegen laufendem Wandel durch Ferschttng und klinische Erfahrungen. Herausgeber und
Auteren dieses Werkes haben greße Sergfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben
(insbesendere hinsichtlich lndikatien, Desienmg ttnd unerwünschten Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das
entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht ven der Verpflichtung, anband weiterer schriftlicher Infermatiensquellen zu
überpr!ifen, eb die dertgemachten Angaben ven denen in diesem Buch abweichen und seine Vererdnung in eigener Verantwertttng
zu treffen.
Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag ke.ine Gewähr.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besenders kenntlich gemacht (e ). Aus dem Fehlen eines selchen
Hinweises kann jedech nicht autematisch geschlessen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Bibliografische lnformatio.n der Deutschen Nationalbibliothek


Die Deutsche Natienalbibliethck verzeichnet diese Publikatien in der Deutschen Natienalbibliegrafic; detaillierte bibliegrafische
Daten sind im InternetUber http:lldnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten


3. Auflage 2010
© Elsevier GmbH, München
Der Urban & Fischer Verlag ist ein lmprint der Elsevier GmbH.

Für C.pyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildttngsnachweis

Das Werk einschließlich aller seinerTeile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber-
rechtsgesetzes ist ehnc Zustimmung des Verlages unzulässigund strafbar. Das gilt insbesendere fUr Vcrviclf<Utigungen,Obersetztmgen,
Mikreverfilmungen ttnd die Einspeicherung und Verarbeitung in elek"trenischen Systemen.

Um den Textfluss nicht zu stiircn, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Ferro gewählt.
Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen ttnd Männer gemeint.

Plamtng und Lel..terat: Dr. med. Helmar Weiss, Dr. Katja Weimann, Dr. Andrea Bcilmann, Dr. med. C.nstance Spring
Redak"tien: Martin Kertenhaus, Jllertissen
Herstellttng: Peter Sutterlitte
Satz: Kescl, Krugzell
Druck und Bindung: Stürtz GmbH, Würzburg
Zeichnungen: Stefan Elsberger, Planegg und Abbildungsverzeichnis der Grafiken
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-lßm
Titelfetegrafie: Präparat Pref. Dr. med. Dr. rcr. nat. Ulrich Welsch

ISBN !178-3-437-44431-!l

Aktuelle Infermatienen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com


Vorwort zur 3. Auflage

vVissenschaft ist erstens etwas Unabgcschlossenes, es Als Lehrbuchautor steht man oft zwischen zwei Polen,
kommt in ihr auf das Suchen und Finden neuer Wahr- einmal möchte man ftir Verständnis und Diagnostik Wich-
heit und Erkenntnis an, auf Forschung also -Wissen- tiges bewahren und möglichst sogar noch etwas "abrunden"
schaft ist zweitens ein Ganzes, jedem Fach ist die Refle- und ausweiten, ztun anderen sieht man sich einer Flut neuer
xion auf das Ganze der Welt und des Lebens, aufSinn und oft außerordentlich interessanter BefLmde und Spekula-
und Synthese, auf Philosophie und klassische Htunani- tionen gegenüber, die man gerne den Studierenden vermit-
tät zugeordnet. teln m öchte, tun sie ftir die wissenschaftlichen Grundlagen
Thomas Nipperdey (1927 -1992) der Medizin zu begeistern. Gedämpft wird die Begeistenmg
für Bewährtesund Neues aber immer mehr durch die Ver-
Die vorliegende 3. Aullage des Buches zeigt schon auf den kürzung und "Verschulung" des Unterrich ts, die einen
ersten Blick auffallende Veränderungen: Der Text der 18 großen Zeitdruck aufbauen und die oft schon die Grenzen
Kapitel wurde neu gegliedert, womit der Zugang zu den In- dessen erreichen, was mit akademischem Unterricht an
halten und das schnellere Erfassen erleichtert werden sollen. einer Universität noch vereinbar ist. Oft liegen die realen
Manche Textpassagen wurden gekürzt Lmd die klinischen Verhältnisse schon jenseits der Idee der Universität. Wir
Hinweise auf ein angemessenes Maß beschränkt. Pür jedes sind in diesem Zusammenhang dem Verlag und den uns be-
Kapitel gibt es eine Lernhilfe, die Sie im Internet finden. treuenden V erlagsrnitarbeitern dankbar, dass wir hier nicht
Eine weitere wichtige Verändenmg betrifft die Neugestal- ein weiteres "Kurzlehrbuch" abgeben mussten.
tung fast aller Zeichnungen. Ein Teil dieser Zeichnungen Für die 3. Auflage des "Lehrbuchs Histologie" konnte
wurde korrigiert und der weitaus gröfkre Teil wurde völlig Herr Prof. Dr. med. Thomas Deller von der Goethe-Univer-
neu konzipiert, wobei es uns darauf ankam, schematisch sität Frankfurt am Main als Mitautor gewonnen werden. Er
und einfach das Zusammenspiel von Morphologie Lmd übernahm nicht nur die Bearbeitung und Aktualisierung der
Funktion ztun Ausdruck zu bringen Lmd das Wesentliche Kapitel N ervengewebe und Nervensystern, sondern brachte
einer Struktur deutlich zu machen. auch seine Kenntnisse aktueller didaktischer Konzepte in
Die sehr konstruktiven Zuschriften von Studierenden alle anderen Kapiteln des Lehrbuchs ein.
und auch einiger Kollegen waren Anlass flir das Auswech- Im Kern bleibt die Morphologie Basis dieses Buches Lmd
seln vieler licht- und elektronenmikroskopischer Abbildun- wir hoffen, dass allen Studierenden die fLmdarnentale Be-
gen. Speziell hinsichtlich der elektronenmikroskopischen deutLmg der Morphologie ftir Medizin und Naturwissen-
Abbildungen haben wir uns schweren Herzens zu folgen- schaft deutlich wird. Sie hat zudem den Vorteil anschaulich
dem Vorgehen entschlossen: von vielen dieser Bilder finden zu sein, was angehenden Ärztinnen und Ärzten unserer Er-
sich im. Text nur kleine Stellvertreter, das ganze Bild liegt in fahrung nach sehr cntgegenkonunt.
voller Größe in elektronischer Form vor und kann leicht
sichtbar gemacht werden. Der Grund für dieses Vorgehen München Lmd Frankfurt am Main,
war, Platz zu sparen und den Umfang des Buches nicht an- September 2010
wachsen zu lassen. Ulrich W clsch, Thomas Dellcr
Vorwort zur 1. Auflage

"Wissenschaft ist als Erkenntnis verschwunden, geben als in anderen Medien. Damit wird sicherlich bei
wenn sie in Resultaten erstarrt." manchem Studenten bzw. bei mancher Studentin ein Geflihl
Karl Jaspers (1883 -1969) ftir die Ästhetik biologischer Strukturen geweckt.
Das vorliegende Lehrbuch der Zytologie, Histologie und
Ziel des Medizinstudiwns ist die Ausbildung zum Arzt, und mikroskopischen Anatomie des Menschen hat das Ziel, das
es gibt kaum einen Beruf, der mehr Verantwortungs- und Verständnis ftir Struktur und Punktion normaler, d.h. ge-
Pflichtbewusstsein erfordert als der des Arztes, aber auch sunder, Zellen, Gewebe und Org-ane zu fordern und entspre-
kamn einen, der mehr Chancen zur Entfaltung bester chendes Wissen zu vermitteln. Oft unterschätzen Medizin-
menschlicher Fähigkeiten bietet. Oie Bemühungen des Arz- studenten und Mediziner die Kenntnis und den Eigenwert
tes, dem Kranken zu helfen, erfordern technisches Geschick, des Gesunden, da sie gleich Kranke behandeln und heilen
wissenschaftliche Kenntnisse und menschliches Verständnis. wollen. Krankheiten lassen sich aber nur im Hinblick auf
Wissenschaft und Menschlichkeit sind die wesentlichen das Gestmde definieren.
Wurzeln des ärztlichen Berufs. Ethische Gnmdsätzc kom- Es ist dttrchaus miilisam und zeitaufwendig, das Gesunde
men nicht aus der MediZln selbst, sondern aus anderen, oft zu studieren und zu verstehen. Man sollte jedoch nicht aus
einander widersprechenden Bereichen. Es wäre schön, wenn zeitbedingten Motiven heraus die Lehre des Gesunden auf
das Studium das Gewissen fi.lr Menschlichkeit und Ver- eine Einführtmgsstunde für klinische Veranstaltungen zu-
pflichtung zu echter Wissenschaftlichkeit weckte und dauer- rückdrängen. Erfolgreiche Medizin beruht auf einer soliden
haft wach hielte. theoretischen Gnmdlagenausbildung in Hinsicht auf Anato-
Es gibt nicht nur einen Weg in dieWeltder Wissenschaft, mie, Physiologie und Biochemie einschließlich der Mole-
und dementsprechend gibt es heute eine ganze Reihe ver- kularbiologie. Dieses Grundlagenwissen ermöglicht es dem
schiedener Lehrmittel. Unter diesen nimmt das klassische Arzt auch nach dem Studium, neue Erkenntnisse und Än-
Lehrbuch einen herausgehobenen Platz ein, da es nicht nur derungen von lherapickonzcpten einzuordnen und nachzu-
Tatsachen, Ideen und Konzepte vermittelt, sondern immer vollziehen.
auch Grenzen und Unvollständigkeit des "Wissens deutlich Kurzsichtig und den Interessen und Bedürfnissen des
machen kann. Es hat praktische Größe und kann überall hin tätigen Arztes zuwiderlaufend sind die Bestrebungen, die
mitgenommen werden. Das Lehrbuch ist jederzeit zur Hand Morphologie im Medizinstudium ständig weiter zurückzu-
und vert:r'cigt Anstreichtmgen und Notizen. Es scheint dem drängen. Form und Funktion muss man in1 engen Zusam-
Intellekt des modernen Menschen, dem im Rahmen des menhang betrachten . .,Alle Punktionen haben ohne Bezug
neuronalen Netzwerks ftir die Sprache auch ein zerebrales zur Struktur etwas Geisterhaftes, Form ohne Funktion ist
Lesezen trwn zttr VerfUgung steht, besonders angemessen zu dagegen etwas Totes" (Vogel und Wainright, 1969).
sein. Schließlich lassen sich heute Fotos mikroskopischer
Präparate in einem Buch in viel besserer Qualität wieder- München, Herbst 2002 Ulrich Welsch
Danksagung

Auch bei der Bearbeitung dieser 3. Auflage erfuhren wir Viele Anregungen, Verbesserungsvorschläge und Hin-
vielfältige Hilfe, wobei sowohl der Wissensschatz der älteren weise auf Fehler oder Widersprüche kamen - meist per
Literatur als auch das Wissen unserer Lehrer und vieler Kol- eMail - von Studentinnen und Studenten aus verschiedenen
legen Erwähnung finden muss. Universitäten des ganzen Landes; der intensivste direkte Ge-
Konkret haben in München folgende Mitarbeiterinnen dankenaustausch mit Studenten fand naturgemäß in Mfm-
des Lehrstuhls IT geholfen: Frau Sabine Tost, Frau Claurua chen statt, oft direkt im Anschluss an Vorlesungoder Kttrse.
Köhler, Prau Astrid Sulz, Frau Ursula Fazekas und Frau Ein ganz besonderer Dank gilt Herrn Stefan Elsberger,
Beate Asehauer haben unermüdlich ausgezeichnete hlsto- der in exzellenter Qualität die vielen neuen Zeichnungen
logische und clektronenrnikroskopische Präparate herge- anfertigte, wobei er auch unvollkommene Entwürfe ganz
stellt. Frau Pia Unterherger hat mü Geduld, Intelligenz tmd hervorragend ttrnsetztc und auch nicht die Geduld verlor,
Phantasie dem Text in Zusammenarbeitmüdem Verlag die wenn eine Zeichnung dreimal umgearbeitet werden musste.
vorgesehene Form gegeben. Frau Andrea Asikoglu half bei Die Zusammenarbeit mit dem Elsevier Urban und Fischer
der redaktionellen Bearbeitung. Herr Prof. Heinz Künzle, Verlag gestaltete sich wieder sehr vernünftig, effektiv tmd
Herr Prof. Helmut Bartcis und Prof. Thomas Heinzcller ha- harmonisch. Dies gilt in besonderem MaHe für Frau Dr.
ben in sehr entgegenkommender Weise wertvolles Material Constance Spring, Herrn Martin Kartenhaus, Prau Dr. And-
oder Präparate zu Verfügung gestellt. In Frankfurt danken rea Beilmann tmd Herrn Pctcr Sutterlittc, die an der Neu-
wir Dr. Stcphan Schwarzachcr, Dr. Domenico Dcl Turco, gestaltung des Buches in besonderer Weise beteiligt waren.
Dr. Andrcas Vlachos, Dr. Mario Vuksic Qetzt Universität Dank geblü1rt auch Prau Dr. Dorothca H ennessen und
Zagreb, Kroatien), Prof. Dr. Christian Schultz Qetzt Univer- Herrn Alexander Gattnarzik für ihre langjährige Unterstüt-
sität Heidelberg, Medizinische Fakultät Mannheim) tmd zung.
Frau Anke Biczysko für die Überlasstmg von licht- tmd
elektronenmikroskopischem Bildmaterial. Bei H errn Dr. München und Prankfttrt am Main,
Schwarzacher bedanken wir uns darüber hlnaus für seine September 2010
wertvolle und sorgfältige Durchsicht der Kapitel Nettra- Ulrich Welsch, Thomas Deller
anatomie tmd Nervensystem.

Benutzerhinweise
zu den online-Extras

Im Buch sind die Extras, Abbildungen und Lerntexte


durch das Kreuzehen-Symbol C gekennzeichnet. Auf den
Elsevier.dc Seiten zu diesem Buch gelangen Sie zu diesen
und weiteren Inhalten.
In haltsverzei eh ni s

2.5.2 Intrazelluläre Fetttropfen ............ . 52


Begriffe und Methodik 2.5.3 Kristalline Einschlüsse .............. . 53
2.5.4 Pigmentierte Zellstrukturen . . . . . . . . . . . . 53
1.1 Grundbegriffe .................... . 1 2.6 Zytoskelett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.2 Mi kroskope ...................... . 1 2.6.1 Mikrotubuli und Zentriolen . . . . . . . . . . . . 54
1.2.1 Lichtmikroskopie .................. . 1 2.6.2 Aktinfilamente (Mikrofilamente) . . . . . . . . 56
1.2.2 Elektronenmikroskopie .............. . 2 2.6.3 Intermediärfilamente . . . . . . . . . . . . . . . . 57
1.2.3 Auflösungsvermögen und Größen ....... . 3 2.6.4 Myosin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
1.3 Präparate für die Mikroskopie ........ . 3 2.7 Zellzyklus und Stammzellen . . . . . . . . . . 59
1.3.1 F1x1eren ...................... ... . 3 2.7.1 Zellzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
1.3.2 Einbetten ....................... . 3 2.7.2 Stammzellen und Tochterzellen . . . . . . . . . 65
1.3.3 Schneiden ....................... . 4 2.8 Meiose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
1.3.4 Färben ............ ............. . 4 2.9 Allgemeine Anpassungen von
1.3.5 Artefakte .................. .. . ... . 8 Zellen, Zelltod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
1.3.6 Lebendpräparate .............. . . .. . 8 2.9.1 Zellanpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
1.4 Präparate für die Elektronenmikroskopie 8 2.9.2 Zelltod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
1.4.1 Transmissionselektronenmikroskopie .... . 8
1.4.2 Rasterelektronenmikroskopie .......... . 9
1.5

1.5.1
Interpretation histologischer
Schnittpräparate .................. .
Aussage histologischer Schnitte ....... .
9
9
Gewebe 71 I
1.5.2 Grundregeln zur Diagnosestellung ...... . 9
3.1 Epithelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.1.1 Allgemeine Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . 72
3.1.2 Oberflächenepithelien . . . . . . . . . . . . . . . 74
lll~_ze_u_
e _________________
13~J 3.1.3
3.1.4
Drüsenepithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sinnesepithelien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
89
3.2 Bindegewebe ...................... 90
2.1 Zellmembran 17 3.2.1 Bindegewebsentwicklung, Mesenchym . . . . 90
2.1.1 Allgemeine Charakteristika ........... . 17 3.2.2 Grundzüge des Bindegewebsaufbaus . . . . . 91
2.1.2 Lipiddoppelschicht ................. . 18 3.2.3 Bindegewebszellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
2.1.3 Membranproteine .................. . 18 3.2.4 Extrazelluläre Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . 98
2.1.4 Glykokalyx, Zuckerketten ............. . 19 3.2.5 Lockeres Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . . 104
2.1.5 Differenzierungen der Zelloberfläche .... . 20 3.2.6 Straffes Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . . . 104
2.1.6 Endozytose ............ .......... . 23 3.2.7 Retikuläres Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . 104
2.1.7 Zelladhäsionsmoleküle und Zellkontakte .. . 25 3.2.8 Gallertiges Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . 105
2.2 Zellkern (Nukleus) .............. .. . 33 3.2.9 Spinezelluläres Bindegewebe. . . . . . . . . . . 105
2.2.1 Kernhülle ................ . . . . ... . 33 3.2.10 Sonderformen des Bindegewebes . . . . . . . . 105
2.2.2 Chromatin .................... ... . 35 3.2.11 Knorpelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
2.2.3 Nukleolus ...................... . . 38 3.2.12 Knochengewebe .................... 108
2.2.4 Kernmatrix ...................... . 39 3.2.13 Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
2.3 Zytosol ........................ . . 39 3.3 Muskelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
2.4 Zellorganellen ................... . 39 3.3.1 Glatte Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
2.4.1 Ribosomen ...................... . 39 3.3.2 Skelettmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
2.4.2 Endoplasmatisches Retikulum (ER) ..... . 40 3.3.3 Herzmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
2.4.3 Golgi-Apparat .................... . 43 3.4 Ne~engewebe .................... 139
2.4.4 Lysosomen - Endesomen ............ . 45 3.4.1 Allgemeine Neuroanatomie . . . . . . . . . . . . 139
2.4.5 Proteasomen ..................... . 47 3.4.2 Zelltypen im Nervengewebe . . . . . . . . . . . 141
2.4.6 Multivesikuläre Körper .............. . 47 3.4.3 Gliascheiden der Nervenzellfortsätze,
2.4.7 Anulierte Lamellen ................. . 48 Axonscheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 7
2.4.8 Peroxisomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.4.4 Periphere Nerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
2.4.9 Mitochondrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.4.5 Synapsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
2.4.10 Metanosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.4.6 Vegetatives Nervensystem . . . . . . . . . . . . 173
2.5 Zelleinschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.4.7 Hirn- und Rückenmarkshäute . . . . . . . . . . 175
2.5.1 Glykogenpartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Inhaltsverzeichnis IX

·~ Blutzellen 1791 ·~ Bewegungsapparat 2531

4.1 Erythrozyten .................. ... . 180 7.1 Gelenke 0 0 •• o •.... 0 0 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 0 0 253


4.2 Leukozyten ..................... . . 182 70101 Diarthrosen . 0 •• o ... 0 . 0 0 0 0 0 . 0 0 . 0 . 0 0 253
4.2.1 Granulozyten ..................... . 183 70102 Synarthrosen . o •.. 0 . 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 0 256
4.2.2 Lymphozyten ..................... . 186 7.2 Sehnen 0 . 0 •.•• 0 0 0 . 0 . 0 . 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 257
4.2.3 MonozytenfMakrophagen ............ . 188 7.201 Aufuau . 0 •.•• o . 0 . 0 . 0 . 0 0 . 0 . 0 . 0 0 . 0 . 257
4.3 Thrombozyten .................... . 189 70202 Sehnenscheiden und Schleimbeutel 0 0 0 .. 0 258
4. 4 Blutzellbildung (Hämatopoiese) ...... . 191 7.3 Zwischenwirbelscheiben 00 . 0 0 0 . 0 0 0 0 . 0 259
4.4.1 Blutzellbildung während der 7.4 Bandapparat der Wirbelsäule 0 . 0 . 0 .. 0 . 261
Embryonalentwicklung .............. . 191 7.5 Chorda dorsalis o . 0 . 0 . 0 . 0 0 0 0 . 0 . 0 0 0 0 262
4.4.2 Blutzellbildung im Knochenmark
des Erwachsenen .................. . 191
4.4.3 Differenzierung der Blutzellen ......... . 193
Atmungsorgane 263 r

Organe des Kreislaufs und 8.1 Atemwege ..... o .. 0 .. 0 .... . . 0 .. 0 . 263


199 801.1 Wandaufbau der Atemwege 0 . 0 .. 0 . . 0 .. 0 264
Lymphgefäße
801.2 Obere Luftwege .. o .. 0 0 . 0 0 .. 0 .. 0 0 . 0 . 264
801.3 Untere Luftwege .... 0 .. 0 .. 0 .. 0 0 . 0 0 . 267
5.1 Blutgefäße ............ 0 . 0 . 0 ..... . 200 8.2 Alveolarraum o •. o ... 0 .. 0 .. 0 ... 0 0 0 • 278
5.1.1 Kennzeichen der Blutgefäße .. 0 • 0 •••••• 200 802.1 Ductus alveolares ...... 0 0 . 0 0 . 0 0 .. 0 0 . 278
501.2 Arterien des großen Kreislaufs ........ . 202 80202 Alveolen 0 0 o ••..... 0 0 0 0 0 . 0 . 0 0 0 0 . 0 . 278
501.3 Endstrombahn, Bereich der 8.3 Abwehrsystem der Lunge 0 0 0 0 0 0 ... 0 0 • 282
Mikrozirkulation .............. 0 •• 0 •• 207 8.4 Blutversorgung der Lunge 0 . 0 0 0 0 . 0 .. 0 283
501.4 Venen .................... 0 . 0 . 0 .. 213 8.5 Fetale Lunge o o 0 o 0 0 . 0 0 . 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 0 285
501.5 Blutgefäße des Lungenkreislaufs ....... . 215 8.6 Pleurahöhle, Pleura 0 0 . 0 0 . 0 0 0 0 0 0 . 0 0 . 285
501.6 Arteriovenöse Anastomosen ...... 0 •••• 216 8o6o1 Rippenfell 0 0 • o o .. 0 0 . 0 0 0 0 0 . 0 0 0 . 0 0 . 0 285
5o1.7 Entstehung von Blutgefäßen ....... 0 0 0 • 216 8o6o2 Lungenfell . o ••••.. 0 ... 0 0 .. 0 0 . 0 . 0 . . 285
5.2 Lymphgefäße ....... 0 .. 0 .. 0 .... . 0 . 217
5.3 Herz ............... 0 . 0 . 0 ......•. 219
5o3.1 Wandaufuau ....... o .o .o. 0 .o ..... . 219
5.3.2 Herzskelett ......... 0 ... 0 ........ 0 221
Seröse Häute 2871'
5.3.3 Erregungsbildungs- und Erregungsleitungs-
system ........... 0 . 0 .... 0 ..•. 0 . 0 221
9.1 Serosa . 0 .• o • o . o . 0 . 0 0 0 .. 0 . 0 . 0 . 0 0 . 287
901.1 Serosaepithel o .• 0 .. 0 .... 0 0 . 0 •. 0 0 . 0 288
901.2 Subepitheliales Bindegewebe 0 0 . 0 . 0 . 0 . 0 288
Immunsystem {lymphatisches 9.2 Versorgung mit Blut- und
223
System, Abwehrsystem) Lymphgefäßen .. o .. 0 0 .. 0 . 0 . . 0 0 .. 0 . 289

6.1 Angeborenes (unspeziflsches)


Immunsystem .. ...... 0 ... 0 . 0 . . . . . . 223
6.2 Erworbenes (adaptives= spezifisches) -~ Verdauungsorgane 291 r
Immunsystem ............ 0 . 0 . . . . . . 225
602.1 B- und T-Lymphozyten ..... ... 0 0 .. 0 • 0 226
10.1 Kopfdarm 0 o •• o •.... 0 0 0 0 0 0 . 0 ... 0 0 0 292
6.202 Antigenpräsentation ............. 0 . . . 229
1001.1 Mundhöhle . o .. 0 0 . 0 0 . 0 0 0 0 0 0 0 . 0 0 . 0 0 292
6.203 Aktivierung derB- und T-Lymphozyten 10.1.2 Zunge . 0 o •. o o 0 • 0 0 .. 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . 0 292
und Ablauf der Immunantwort 0 . 0 . 0 . 0 . 0 233
10.1.3 Zähne 0 0 0 ••••.• 0 ... 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 293
6.3 Lymphatische Organe ... 0 •..• . 0 .• 0 0 . 233
10.1.4 Speicheldrüsen 0 . 0 0 .. 0 . 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 303
603.1 Primäre lymphatische Organe .. 0 .... 0 0 0 234
10o1.5 Rachen 0 . 0 • o •. o . 0 . 0 . 0 . 0 0 0 0 . 0 . 0 . . . 308
603.2 Sekundäre lymphatische Organe .... 0 . 0 0 23 7
10.2 Rumpfdarm .. 0 .. 0 . 0 .. 0 .. 0 .. 0 0 . 0 0 . 308
100201 Wandaufbau ....... 0 .. 0 0 0 0 0 . 0 . . • . . 308
10.202 Speiseröhre o ..••... 0 0 . 0 0 0 0 .. 0 . 0 . . . 310
1002.3 Magen ..... o .• o . 0 . 0 . 0 . 0 . 0 0 0 0 . 0 . 0 0 313
10o2o4 Dünndarm ... o .. 0 . 0 . 0 .. 0 . 0 . 0 . 0 0 . 0 . 320
X Inhaltsverzeichnis

10o2o5 Dickdarm o o o o 0 0 0 ...... 0 . 0 ...... 0 . 0 328 120202 Nierenbecken .............. 0 . 0 . 0 .. 0 399


10.3 Leber und Gallenwege ........ 0 . 0 . . . 332 120203 Harnleiter .. . ........ . ........ . . . - 399
10o3.1 Leber ................ 0 .... 0 . 0 . . . 333 120204 Harnblase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • 401
10.3o2 Galle, Gallenwege, Gallenblase . 0 . 0 . 0 . . . 342 120205 Harnröhre . . . ........ . .. . ... ... . . - 401
10.4 Ba uchspeicheldrüse ... 0 ... 0 . 0 ... 0 . . 344
10o4.1 Bauplan ................. 0 . 0 . 0 . . . 344
10o4o2 Endokrines Pankreas ....... 0 ........ 0 345
1004.3 Exokrines Pankreas ............ 0 . 0 0 0 345 Geschlechtsorgane

13.1 Geschlechtsentwicklung . 0 0 0 .. 0 . . . . . . 403

·~ Endokrine Organe
13.2 Männliche Geschlechtsorgane ..... 0 .. 0
13.201 Hoden .............. 0 . 0 .... 0 . 0 . . .
406
406
130202 Samenwege, akzessorische
11.1 Organe und Zellen des endokrinen Geschlechtsdrüsen .......... 0 ... 0 . . . 414
Systems ............ 0 ... 0 ..... 0 . . 347 130203 Penis ................. 0 ..... 0 .. 0 . 421
11.2 Hormone - Aufgaben und Wirkung . . . . . 348 13.3 Weibliche Geschlechtsorgane ...... 0 . . 424
11o2.1 Endokrine, parakrine und autokrine 13.3o1 Reproduktionsbiologische
Signalgebung ............... . . ... 0 . 348 Entwicklungsphasen der Frau. . . . . . . . . . . 424
11.202 Chemie der Hormone ... . ...... 0 ... . 0 349 13.3.2 Ovar (Eierstock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424
11.2.3 Hormonspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 13o3o3 Tuba uterina (Eileiter) ....... 0 . . . . . . . 433
11o2o4 Hormonfreisetzung ..... 0 . . . . . . . . . . . . 350 13o3o4 Uterus (Gebärmutter) ........ 0 ... 0 .. 0 434
11o2o5 Hormontransport ........ 0 .. 0 .. 0 .. 0 . 350 13o3o5 Vagina (Scheide) ........... 0 ... 0 .. 0 440
11o2o6 Hormonabbau ................ 0 .. 0 . 350 13o3o6 Äußere weibliche Geschlechtsorgane ... 0 . 440
11o2o 7 Hormonrezeptoren ......... 0 ..... 0 . . 350
11o2o8 Regulation der Hormonbildung . 0 . 0 . 0 . . . 353
1 1..3 Hypothalamus-Hypophysen-System . . . . 353
11.3o1 Hypothalamus .......... 0 .. 0 .. 0 .. 0 .
11o3o2 Hypophyse ........ 0. 0 ........ 0. 0.
11.4
11.5
Epiphyse • Pinealorgan .. 0 . 0 . 0 . . . . . .
Schilddrüse .................. 0 ... 0
353
355
361
363

14.1
14.2
Befruchtung, Implantation, Plazenta 443

Befrucht ung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Von der Befruchtung zur Implantation .
443
444
11o5o1 Schilddrüsenfollikel ...... 0 . 0 ...... 0 . 363 0

11.502 Follikelepithelzellen .. 0 ...... 0 . 0 . 0 . . . 363 14.3 Implantation . . .. ........... 0 ... 0 . . 445


11o5o3 C-Zellen ........... 0 ........ 0 . 0 . . . 366 14.4 Plazenta . ................ 0 ... 0 .. 0 445
11.6 Nebenschilddrüse (Epithelkörperchen) . . 36 7 14.5 Nabelschnur .............. 0 . 0 . 0 .. 0 455
11o6o1 Morphologie ....... 0 .. 0 .. 0 .. 0 . . . . . 36 7
11o6o2 Parathormon ...... 0 . 0 . 0 . 0 ..... 0 . 0 . 368
11.7 Nebenniere .......... 0 ...... 0 ... 0 369
11.7.1 Nebennierenrinde ...... 0 .. 0 .... 0 .. 0 369 Weibliche Brust und Brustdrüse 457 1
11o7o2 Nebennierenmark ....... 0 ....... 0 .. 0 371
11.8 System der disseminierten 15.1 Drüsenkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
gastro-entero-pan kreatlschen 15.1.1 Gangsystem ................ 0 ...... 457
endokrinen Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 1501.2 Drüsenläppchen ................ 0 .. 0 459
11o8o1 Endokrine Zellen im Magen-Darm-Trakt . . . 374 15o1.3 Binde- und Fettgewebe ......... 0 . . . . . 463
11o8o2 Langerhans-Inseln ...... 0. 0. 0 ....... 377 15.2 Warzenhof und Brustwarze ........ 0 . . 463
15.3 Hormonale Steuerung der Brustdrüse .. 0 464

·~ Harnorgane
Haut
12.1 Niere ................. 0 ...... 0 . . 383
12o1o1 Allgemeine Strukturmerkmale ......... 0 384 16.1 Epidermis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
12o1o2 Nephrone und Sammetrohre .. 0 ...... 0 0 386 16.1.1 Keratinozyten ................ 0 . . . . 466
12o1o3 InterstltlUm ............. 0 ........ 0 396 160102 Weitere Zelltypen der Epidermis . 0 .... 0 . 471
12o1.4 Juxtaglomerulärer Apparat (JGA) . 0 . . . . . . 397 16.2 Dermis .................. 0 . 0 . . . . . 474
12o1.5 Harnbildung ........ 0 .. 0 ....... 0 . . 398 160201 Stratum papillare ....... 0 .. 0 .... 0 .. 0 474
12.2 Ableitende Harnwege ......... 0 . . . . . 399 160202 Stratum reticulare ...... 0 .. 0 ....... 0 474
12o2o1 Wandaufbau ............. o .. o ..... 399 1602.3 Gefäße 0 .•....•........ 0 . 0 . 0 . . . . . 474
Inhaltsverzeichnis XI
16.3 Subkutis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47S 17.5 Sinneskörperchen, freie Nerven-
16.4 Hau~rüsen ....................... 47S endigungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S23
16.4.1 Ekkrine Schweißdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . 47S 17 .S.1 Komponenten der Sinneskörperehen. . . . . . S23
16.4.2 Apokrine Duftdrüsen. . . . . . . . . . . . . . . . . 476 17.S.2 Typen von Sinneskörperehen ........... S23
16.4.3 Holokrine Talgdrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . 4 77
16.5 Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
16.S.1
16.S.2
16.6
Aufbau der Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wachstum der Haare. . . . . . . . . . . . . . . . .
Nägel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
478
480
483
111 Nervensystem 5311

16.7 Sinnesstrukturen der Haut . . . . . . . . . . . 483


18.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S31
18.1.1 PNS und ZNS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S31
18.1.2 Neuroanatomische Techniken .......... S32
18.2 Peripheres Nervensystem . . . . . . . . . . . . S32
Sinnesorgane 4851 18.2 .1 Sensorische Ganglien . . . . . . . . . . . . . . . . S32
18.2 .2 Ganglien des vegetativen Nervensystems . . S34
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan . . . . . . . 486 18.3 Zentrales Nervensystem . . . . . . . . . . . . . S3S
17.1.1 Aufbau des Ohres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 18.3.1 Rückenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S36
17 .1.2 Gleichgewichtsorgan. . . . . . . . . . . . . . . . . 488 18.3.2 Gehirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S40
17 .1.3 Gehörorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491
17 .1.4 Hörvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496
17.2 Sehorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497
17.2.1 Aufbau des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.2.2 Vordere Augenhälfte . . . . . . . . . . . . . . . .
17 .2.3 Hintere Augenhälfte . . . . . . . . . . . . . . . . .
497
499
SOS
I Differenzialdiagnose histologischer
Präparate
.~-~
555

17 .2.4 Augenlider, Bindehaut, Tränendrüse . . . . . S13 19.1 Untersuchungsablauf . . . . . . . . . . . . . . . SSS


17.3 Geschmacksorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . S16 19.2 Diagnosestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . SS6
17.3.1 Geschmacksknospen . . . . . . . . . . . . . . . . . S16
17 .3.2 Geschmackspapillen . . . . . . . . . . . . . . . . . S17
17.3.3 Geschm acksstoffe, Geschmacks- Quellenhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SS9
wahmehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S18
17.4 Geruchsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S19 Abbildungsverzeichnis der Grafiken . . . . . . . . . . . SS9
17 .4.1 Olfaktorisches Epithel. . . . . . . . . . . . . . . . S19 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S61
KAPITEL

Begriffe und Methodik


1.1 Grundbegriffe ........... . . . . . ... . 1 1.3.5 Artefakte . . ... . . . . .. . . . . . . . ..... . 8
1.3.6 Lebendpräparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.2 Mf ro pe . ............ . ....... . 1
1.2.1 Lichtmikroskopie ... . . . ............ . 1 1.4 Pripllra 1r die Elel tr enmfkroskopfe 8
1.2.2 Elektronenmikroskopie .... . ......... . 2 1.4.1 Transmissionselektronenmikroskopie .... . 8
1.2.3 Auflösungsvermögen und Größen ...... . 3 1.4.2 Rasterelektronenmikroskopie .... . .... . 9

1.3 Pn~parate für die Mikroskopie ....... . 3 1.5 l"terpretatfon hfstotogfsdter


1.3 .1 F1x1eren . . . ........ . ............ . 3 Scll ..tttpräparate ................. . 9
1.3 .2 Einbetten ......... . . . ........... . 3 1.5.1 Aussage histologischer Schnitte ....... . 9
1.3.3 Schneiden . ........ . . . ........... . 4 1.5.2 Grundregeln zur Diagnosestellung ...... . 9
1.3.4 Färben .. . . . . . .................. . 4

1.1 r..".,. ... ·u von Zellen und Geweben in den einzelnen Organen. Sie
wird daher auch " Organhistologie" oder spez.ielle Histo-
Zellenlehre Die Zellenlehre erforscht alle Strukturen und logie genannt, da sie das Wissen aus Zellenlehre lmd Histo-
Funktionen der Zelle. Die Strukturen der Zelle lassen sieb logie voraussetzt lmd auf die Organe anwendet. Es geht ihr
mit Mikroskopen untersuchen, die Zellfunktionen mit mn das Verständnis der Organfunktionen lmter konkreter
biochemischen, molekularbiologischen, immunhistocbe- Berücksichtigung der licht- und elektronenmikroskopischen
mischen und zytochemischen Methoden. Die Zellenlehre morphologischen Gegebenheiten.
wird auch Zytologie oder heute meist Zellbiologie genannt.
Sie ist ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis aller Ge-
webe- und Organfunktionen. 1.2 Mikroskope
1.2.1 Lichtnikr:~ l·o "e
Klinik Der Begriff Zytologie wird in der Klinik für die Diag-
nostik von Zellabstrichen oder anders gewonnenen Einzel· Im 17. Jahrhlllldcrt wurde das Lichtmikroskop erfi.mden
zellpräparatcn gebraucht. (Antoni van Lccuwenhoek, 1632 - 1723) lmd seither ständig
weiterentwickelt. Es erlaubt eine bis 1000-fache V ergröße·
Histologie Histologie ist im strengen Sinne die Lehre von rung lmd ist das wichtigste Gerät im histologischen Unter·
den Geweben. Die Gewebe entsprechen einer mittleren Or- riebt, in der klinischen lmd pathologischen Diagnostik und
ganisationscbcne des Körpers und sind "Verbände gleich- in der zellbiologischen Porschlmg. Es arbeitet mit einer elek -
artig diflcrcnz.ierter Zellen und ihrer Abkömmlinge, der trischen Lichtquelle, die das Präparat von unten durch-
extrazellulären Substanzen" (W. Bargrnann, 1906 - 1976), strahlt (Durcblidttmiltroskopie). Im Unterricht tauchen zu-
die sieb nach bestimmten Kriterien einteilen lassen. Heute nehmend auch schon digitalisierte Präparate auf.
werden 4 Grundgewebe unterschieden: Epithel-, Binde-
(einscbließlich Stütz-), Muskel- und Nervengewebe. Diese Aufba u Ein Lichtmikroskop besteht im Wesentlichen aus
Einteilung geht auf Albert v. Kölliker (1817 -1905) zurück. einer im Mikroskopfuß eingebauten Lichtquelle, deren
Alle Organe bestehen aus jeweils eigenen Varianten der Liebt von tmtcn durch die Linsensysteme des Mikroskops
4 Grundgewebe. Durch moderne zellbiologische und ent- und durch das Präparat hindurchstrahlt, einem Konden-
wicklungsgeschichtliche Kenntnisse sind die Grenzen zwi- sorlinsensystcm, einem Mikroskoptiscb, auf dem das histo-
schen diesen Geweben fließend: Myofibroblasten besitzen logische Präparat zu liegen kommt, Objektiven (gebräuch-
z. B. Merkmale sowohl der Fibroblasten (Bindegewebs- liche Vergrößerllllgen sind 4·, 10-, 20- tmd 40-fach) lllld
zellen) als auch der glatten Muskelzellen, quergestreifte einem oder (besser) 2 Okularen (oberster Teil des Mikro-
Skelettmuskelzellen können bei manchen wirbellosen Tie- skops, in den man hineinschaut, Vergrößerung meist 10-
ren Epithelzellen sein, N ervengewebe besitzt spez.ifische facb). Blendensysteme erhöhen die Klarheit des Präparats.
Übereinstimmungen mit Epithelgewebe.
Vergrößerung Das von den Objektiven erzeugte vergrö-
Mikroskopische Anat omie Die mikroskopische Anato- ßerte Bild wird durch das Okular noch einmal vergrößert.
mie befasst sich mit der jeweils spez.ifiscben Ausformung Die Gesarntvergrößerm1g, mit der ein Präparat betrachtet
2 1 Begriffe und Methodik

Tab. 1.1 Spezielle Llchtmikroskope, Beispiele

Mikroskop Eignung Technik

Phasenkontrast- lebende (oft ungefärbte) Zellen • verstärkt den Kontrast von zellulären Strukturen, die im
mikroskop (Zellkultur, lebende Protozoen) normalen Durchlichtmikroskop kaum erkennbar sind
• das Objekt (Präparat) wirkt als Zerteiler des Lichtstrahls
zur Ergänzung interferenzfähiger Wellenzüge des Lichts
Interferenzmikroskop lebende Zellen, auch immunhisto- • Teilung des Lichtstrahls vor Eintritt in das Präparat
(nach Nomarski) chemische Präparate mit gefärbten durch spezifische optomechanische Einrichtungen
Einzelzellen und ungefärbter Umge-
bung
Ruoreszenzmikroskop Zellstrukturen mit Eigenfluoreszenz • besonders effektiv ist die Auflicht-(Epi-)Fluoreszenz-
oder nach Bindung von Fluoro- mikroskopie, bei der die Erregerstrahlung von oben auf
ehromen das Objekt trifft
• Fluoreszenzbild kann rasch verblassen
Polarisationsmikroskop streng geordnete Strukturen, • hochgeordnete Strukturen verhalten sich im polarisier-
z. B. parallel angeordnete Kollagen- ten Licht doppelbrechend (anisotrop); sie leuchten hell
fibrillen oder Pakete parallel ver- auf, wenn sie zwischen 2 gekreuzten Polarisationsfiltern
laufender Myosinfilamente in den diagonal verlaufen
A-Banden der Skelett- und Herz- • ungerichtet angeordnete Strukturkomponenten verhalten
muskulatur sich einfach brechend (isotrop) und bleiben im Polarisa-
tionsmikroskop immer dunkel
Videomikroskop lebende Zellen (z. B. Wanderung • hochauflösende Videokamera, ggf. elektronische Mani-
kleinster Partikel in der Zelle) pulation des entstehenden Bildes
• .,video-enhanced differential interference contrast"
(VE-Dic): Verstärkung schwacher und kleiner Licht-
erscheinungen (Signale)
konfokales laser- dicke Präparate, Nachweis subzellu- • Rasterung des Präparats mit einem Laserstrahl
scanning-Mikroskop lärer Proteinverteilungen und Stoff- (meist Krypton-Argon-Laser)
wechselmetabotiten, zeitaufgelöste • Zerlegung des Bildes in Einzelebenen und Synthese zu
Beobachtungen (z. B. die dynami- einem dreidimensionalen Bild
sche Verteilung des Zytoskeletts bei
der Phagozytose)

werden kann, ergibt sich aus dem Produkt aus Objektiv- Elektronenmikroskop ist im Prinzip ähnlich. Statt Glas-
und Okularvergrößenmg (z. B. ergibt eine 4-fache Vergrö- linsen werden im TEM sog. Elektronenlinsen verwendet.
ßenmg des Objektivs w1d eine 10-fache Vergrößerung des Elektronenquelle ist eine Katl10de, der Elektronenstrahl
Okulars eine 40-fache Gesamtvergrößerung). wird durch Hochspanmmg beschleunigt w1d verläuft
im Hochvakuum. Das Bild wird durch eine binokulare
Typen Spezielle Mikroskope werden in der Porschtmg Lupe auf einem fluo reszierenden Leuchtschirm betrach-
eingesetzt (Tab. 1.1 ): tet. Mit dem TEM können aufwendig hergestellte kleine
(1- 3 mm2 ), sehr diinne (30 - 80 nm) Gewebeschnitte
• (Ultradiirmschnitte, Drtnnschnittc) analysiert werden,
1.2.2 Ele r:ron :nnrikro op1e praktisch in Fortsetzung der Lichtrnikroskopie. Das TEM
Das Elektronenmikroskop wurde in den 30er Jahren des erlaubt auch die Analyse der hauchdiinnen Abdrucke
20. Jahrhunderts entwickelt und erweiterte die optische Auf- (Replicae), die im Rahmen der Gcfrierbruchmefuode her-
lösung erheblich. gestellt werden.
• Das Rasterelektronenmikroskop (Raster-EM) arbeitet
Vergrößerung In der Routinepraxis sind weit iiber ohne abbildCllde Linsen. Ein Präparat wird mit einem
100000-fache V ergrößemngen möglich. gebündelten Elektronenstrahl zcilenf6nnig abgetastet (ge-
rastert). Der Bildentstehung dienen Rückstreuelektronen
Typen Es lassen sich folgende Typen des Elektronen- (Sekundärelektron en). Detekto r ist ein Szintillatorscheib-
mikroskops tmterscheiden: chen. Die Lichtsignale dieses Scheibchens werden dttrch
• Beim Transmissionselektronenmilroskop (TEM) werden Photomultiplier verstärkt lll1d in elektrische Signale rück-
statt des sichtbaren Lichts mit seiner naturgegebenen verwandelt. Das Bild im Raster-EM, das wieder auf einem
Wellenlänge Elektrot1enstrahlen benutzt, deren Wellen- Leuchtschirm betrachtet wird, entsteht sukzedan iiber ei-
länge viel kiirzcr ist. Der Strahlengang in Licht- und nen Zeilenraster. Im Raster-EM werden natürliche (oder
1.3 Präparate für die Mikroskopie 3

• Fixieren
Tab. 1. 2 Größenordnunge n verschiedener Zellen
• Einbetten
und Zellbestandteile (Beispiele) .
• Anfertigen der Schnitte
• Fcirben.
Zelle/ Ze llbestandtel le Größe

ausdifferenzierte Eizelle ca. 250-300 11m


....3 1 Fixie
Darmepithelzellen (Höhe) ca. 20- 25 11m Ziel Fixieren soll:
• Gewebe so weit wie möglich in naturgetreuem Zustand
Leberepithelzellen ca. 15 - 30 11m
erhalten und seinen Zerfall bzw. seine Autolyse verhin-
(je nach Funktionszust.and)
dern,
Lymphozyten ca. 8 11m • Material härten und damit eine bessere Schneidbarkeit
bewirken,
Erythrozyten ca. 7,6 11m • vorhandene Bakterien oder andere Krankheitserreger im
Untersuchungsgut abtöten.
Mitochondrien (Länge) ca. 2- 5 11m
Mikrovilli (Dünndarm) ca. 1-1,5 11m Vorgehen Oft werden Gewebeproben einfach in die Fixie-
rungslösungen eingelegt (Immersionsfixierung). Eine b es-
Bakterien ca. 1- 2 11m sere Fixienmg gelingt mit der Perfusionsfixierung, m it der
das zu fixierende Organ über sein eigenes Gefäßsystem mit
Viren ca. 10-100 nm Fixierungsmittel durchsplÜt und fixiert wi rd.
Glykogenparti kel (ß-Partikel) ca. 20 nm
Äquiva lenzbild Viele Pixienmgsmittel, z. B. S~ ige neu-
Keratinfilamente (Durchmesser) ca. 10 nm trale PormaldehydlösLmg, Pikrinsäu re, Sublimat tmd Alko -
hol, sind erhebliche Eiweißfciller und Eiweißvernetzer. Die
natürliche Struktur der lebenden Zelle wird daher mehr
oder weniger deutlich wngcbaut tmd das histologische Bild
auch kfmstHche} Oberflächen von Objekten (z. B. Epithe- ist nur noch äquivalent mit dem lebenden Gewebe, nicht
lien, Zellen, extrazellulären Fasern, Hartsubstanzen, Or- mehr identisch mit ihm. Mit dem Äquivalenzbild lässt sich
ganen, ganzen Tieren) betrachtet. Das Objekt muss vor jedoch gut arbeiten - ntLr sind die Ergebnisse verschiedener
Betrachtung im Raster-EM getrocknet und mit einem Methoden gedanklich zusammenzubringen, tun ein Bild
dünnen Edelmetallfilm beschichtet werden (Sputtern). der lebendigen Zelle und ihrer Dynamik zu erhalten.
• Das Rastertunnelelel:tronenmilcroskop erlaubt die Ana-
lyse von Oberflächen bei atomarer Auflösung. Hierbei Merke Auch die beste technische Aufarbeitung von Zel-
können nur winzige Rasterflächen (ca. 1 ~un 2) untersucht len und Geweben ergibt nie ein vollkommenes Abbild der
werden. lebenden Zelle. Man spricht daher von einem Äquivalenz.
bild.
1.2 J A.. u d Größen
Das bloße Auge hat die Grenze seines Auflösungsvermögens 1.3.2 Eina,..tt
bei ca. 0,08 mm, kann also Strukturen, die gut 100 lllll groß
sind, noch erkennen. Das Lichtmit.-oskop hat seine Auf- Ziel Die fixierten Gewebeproben werden in erstarrendes
löstmgsgrcnze bei ca. 0,3 1un {in der Routinepraxis bei Paraffin eingebettet tmd so verfestigt, um dann geschn itten
gut 1000-facher Vergrölkrung}, mit ihm lassen sich gut werden zu können.
Zellen und Bakterien erkennen. Die üblichen Größen-
ordnungen der Lichtmikroskopie liegen zwischen wenigen Vorgehen Die fixierten Proben werden zunächst in geeig-
Millimetern (mm) und einigen Mikrometern. Das Elektro- nete Lösungsmittel geb racht. Dazu d ient eine schrittweise
uenmikoskop hat seine Auflösungsgrenze bei ca. 0,3 nm; in der Konzentration ansteigende Alkoholreihe. In dieser
somit erlaubt es das Studiwn von Viren tmd der Ultrastruk- Phase der Präparatherstellung können verschieden e Arte-
tur der Zellen tmd groBer Proteinaggregate (zytoplasma- fakte wie Schnunpftmgen und Zerreißtmgen des Gewebes
tischer Filamente) oder Biopolymere (z. B. Glykogen). Die entstehen. Anschließend werden die Präparate in Paraffin
Größenordmmgen der Routine-Elektronenmikroskopie lie- oder besser Paraplast eingebettet. Alternativ kann ein
gen ztuneist zwischen mehreren Mikrometern tmd wenigen Kunstharz (z. B. Methacrylat) zur Einbettung verwendet
Nanometern. werden (im folgenden Text und in den Bildlegenden als
In Tabelle 1.2 sind GräBenordnungen verschiedener Zel- "Plastik" gekennzeichnet). Plastikschnitte sind nur 1- 2 IJ.ID
len und Zellbestandteile zusammengestellt. dick und zeigen zelluläre und gewebliche Str ukturen viel
klarer als die 5-8 j.lffi dicken Paraffinschnitt.e, in denen
sich zahlreiche Strukturen überlagern. Eine weitere Mög-
• ""0 ~opie lichkeit ist die Kryomi.lcroskopie, bei der frische Organ-
stücke in flüssigen Stickstoff eingebracht und dadurch ver-
Die übHchen histologischen Präparate im Routinebetrieb festigt werden. AnschlicHend werden die Gewebeproben
der Anatomie, Pathologie, klinischen Forschung und im auf einem speziellen Gefriennikrotom geschnitten. Dieses
Histologiekurs werden durch die folgenden methodischen Vorgehen vermeidet sowohl den Wasserentzug mit der
Schritte hergestellt (Abb. 1.1): Gefahr der Gewebeschrwnpfung als auch die fettlösenden
4 1 Begriffe und Methodik

Entnahme von gefärbter Schnitt


lebensfrischem Gewebe in Eindeckungsmedium
unter Deckglas montiert
(Dauerpräparat)

entnommenes
GewebsstOck Alkoholreihe aufsteigender
Konzentration

fOr Fixierung
zugeschnittene
GewebsstOcke Färben der Schnitte

Fixierung, Alkoholreihe absteigender


z.B. in Formaldehyd Konzentration

Entwässern in Alkoholreihe Entfernen des Paraffins


aufsteigender Konzentration durch Xylol

Einbetten, auf Objektträger


z. 8. in Paraffin aufgezogener und
oder Paraplast angetrockneter Schnitt

fertiger
Paraffinblock

Schneiden auf Mikrotom


mit Stahlmesser

Abb. 1. 1 Präparatherstellung. Erforderliche Präparationsschritte, um von frisch entnommenem Gewebe einen gefärbten
und für die lichtmikroskopische Untersuchung geeigneten histologischen Schnitt (Dicke: 5-8 J.lm) zu erhalten. (Nach (1])

Löstmgsmittel. Bei der Kryomikroskopie bleiben somit vie- 1.3.4 Färben


le molekulare Komponenten in natürlicher Konfiguration Ziel Die verschiedenen Zell- und Gewebselemente neh-
erhalten, die dann mit histochemisch en Methoden nachge- men Farbstoffe mit tmterschiedlicher Affinität auf tmd kön -
wiesen werden können, z. B. die Enzyme der Atmtmgskette. nen dadurch besser tmterschieden werden.
Gefrierschnitte können außerdem sehr rasch angefertigt
werden, sodass z. B. intraoperativ eine histologische Dia- Vorgehen Oie meisten Farblösungen sind wässrige Lö-
gnose gestellt werden kann. sungen. Daher muss der Schnitt wieder entparaffiniert und
über weitere Zwischenstufen in Wasser gebracht werden.
•• Die verschiedenen Zell- und Gewebselemente nehmen dann
1 die Farbstoffe unterschiedlich auf: Komponenten mit ne-
Ziel Es werden dünne Schnitte hergestellt, die dann ge- gativen elektrischen Ladungen (anionische Komponenten),
fcirbt werden könn en. z. B. die DNA, nehmen basische (kationische) Farbstoffe,
z. B. das Hämatoxylin, auf und werden basophil genannt
Vorgehen Bei den lichtmikroskopischen Routinepräpa- (z. B. Zellkern, manche Muzine, extrazelluläre Proteoglyka-
raten sind die Schnitte ca. 5 - 8 J.!ffi, nach Einbettung in ne und Nissl-Schollen). Zell- und Gewebekomponenten mit
Kunstharz nur 1 - 2 J.1ffi dick. Dazu sind spezielle Schneide- positiven elektrischen Ladungen, also karionischen Kompo-
geräte (Mikrotome) erford erlich. Oie Kryomikroskopie er- nenten, nehmen saure (anionische) Farbstoffe auf tmd wer-
fordert spezielle Gcfriermikrotome. den azidophil oder eosinophil genannt, weil der am häufigs-
1.3 Präparate für die Mikroskopie 5
ten gebrauchte saure ParbstotrEosin heißt. Saure Farbstoffe häufig verwendete Färbungen. Mit der Substrat- und En-
färben z.B. Erythrozyten lmd Kollagen. zymhistochemie gelingt es, eine Piille der verschiedensten
definierten chemischen Substanzen, wie zahlreiche Enzyme,
Merke Glykogen, Ribo- und Dcsoxyribonukleinsäuren, Proteine,
• basophil = anionisch (negative elektrische Ladungen), Proteoglykane oder Lipide, am Ort ihres natürlichen Vor-
nehmen basische Farbstoffe auf (z. B. Chromatin im kommens in Zellen und Geweben nachzuweisen, wodurch
Zellkern, manche Muzine, extrazelluläre Proteoglykane man einen guten Einblick in das dynamische Zellgeschehen
und Nissl-Schollen) erhält (Abb. 1.6).
• eosinophil = kationisch (positive elektrische Ladun-
gen), nehmen saure Parbstoffe auf (z.B. Erythrozyten, Lektinhistochemie Mit käuflich erwerbbaren Lektinen
Kollagen). lassen sich spezifische Zuckerkomponenten in Zellen und
Geweben nachweisen, z. B. in Glykokalix lmd Schleimen.

Routinefärbungen Immunhistochemie Dabei werden spezifische chemische


Die typische Routinefärbung ist die Hämatoxylin-Eosin- Verbindlmgen, insbesondere Pcptide und Proteine, mit
Färbung (H. E.-Färbw1g, Abb. 1.2). '~Neitere RoutinefärbliD- einer Antigen-Antikörper-Reaktion nachgewiesen (Abb.
gen (Tab. 1.3) sind die A7.an-, die Masson-Trichrom- (Abb. 1.7). Das Prinzip ist, dass ein Gewebeschnitt, in dem eine
1.3) und die Goldner-Färbung (Abb. 1.4), die insbesondere bestimmte chemische Komponente, ein Antigen, nachge-
die Verteilw1g des Kollagens klar erkennen lassen. Die Elas- wiesen werden soll, mit einer Lösung inkubiert wird, in
tika-Färblmgen machen das Elastin der elastischen Fasern der ein spezifischer Antikörper gegen das gesuchte Antigen
sichtbar (Abb. 1.5). enthalten ist. Der Antikörper bindet sich an die Stellen in
Zellen oder im extrazellulären Raum, an denen das Antigen
vorkommt. Diese Reaktion kann z. B. sichtbar gemacht
Histochemische Methoden werden, indem der Antikörper mit einer fluoreszierenden
Unter den Spezialfärbungen nehmen die histochernischen Substanz markiert ist oder in einem zweiten Reaktions-
Methoden eine vorrangige Stellung ein; Tabelle 1.3 zeigt schritt mit einem weiteren Antikörper markiert wird, der

Abb. 1.2 Hämatoxylin-Eosin-Färbung. Hämatoxylin färbt Abb. 1.3 Masson-Trichrom-Fä rbung, ähnlich der Azan-
Zellkerne und Zytoplasmaanteile, die reich an rauem endo- Färbung (Abb. 1.8). Kollagenfasern des Bindegewebes (1)
plasmatischem Retikulum sind, blau-violett. Eosin färbt tiefblau, zelluläre Bestandteile in verschiedenen Rottönen;
andere Zytoplasmaanteile sowie viele faserige extrazelluläre 2 apokrine Duftdrüsen; 3 holokrine Talgdrüsen. Hautdrüsen
Komponenten rot; 1 apokrine Duftdrüsen; 2 holokrine einer Antilope (Aepyceros melampus); Vergr. 250-fach.
Talgdrüsen; 3 Bindegewebe. Hautdrüsen einer Antilope
(Aepyceros melampus); Vergr. 250-fach.
6 1 Begriffe und Methodik

3

Abb. 1.4 Goldner-Färbung, gebräuchliche Trichrom- Abb. 1.5 Elastika-Färbung (Orcein), selektive Darstellung
Färbung, die l<oUagenfasern im Bindegewebe (1) türkisgrün elastischer Membranen und Fasern(~); 1 Gefäßlumen;
und zelluläre Anteile rotviolett bis rotbraun anfarbt; 2 Elastica interna, besteht aus kräftiger, gewellt verlaufen-
2 Schleimhaut(= Mukosa); 3 Brunner-Drüsen in der Sub- der elastischer Membran; 3 Media; 4 Adventitia. Muskuläre
mukosa. Duodenum einer Katze; Vergr. 200-fach. Arterie, Mensch; Vergr. 400-fach.

Abb. 1.6 PAS-Färbung (Perjodsäure-Schiff-Reaktion).


Darstellung neutraler Glykoproteine und Schleime sowie des
Glykogens. Hier ist der Schleim in den mukösen Drüsenzellen
der Gl. submandibularis intensiv purpurrot an gefärbt, andere Abb. 1.7 Immunhistochemischer Nachweis des Zyto-
glykoproteinhaltige Strukturen, darunter Basalmembranen, keratins 19 (CK19), einer Komponente des Zytoskeletts.
treten schwächer hervor. Mensch; Gegenfärbung der Zell- Nur ein Teil der Epithelzellen reagiert positiv (Braunfarbung);
kerne mit Hämalaun (ähnlicher Farbton wie der des Häma- es handelt sich mehrheitlich um basal gelegene oder nach-
toxylins). Vergr. 200-fach. wachsende ZeUen. Bronchus, Mensch; Vergr. 250-fach.
1.3 Präparate für die Mikroskopie 7

Tab. 1.3 Färbungen. (Aus [1])

Färbung Kerne Zytoplasma Kollagenfasern Elastische Fasern

H. E., Hämatoxylin-Eosin blauviolett rot ribosomen- und Rot; Typ-I-Fasern ungefärbt bis rosa
(Abb. 1.2) RER-reiche Regionen werden kräftig ge-
blauviolett färbt, Typ-III-Fasern
schwach und zart
Masson-Trichrom-Färbung leuchtend rot blass-rosarot bis blau ungefärbt (nur in größe-
(Abb. 1.3) schwach bläulich ren Mengen wie bei elas-
tischen Membranen und
Bändern: rot bis rotblau)
Azan-Färbung, Azokarminf ähnlich der Masson-Trichrom-Färbung
Anilinblau/Orange G
(Abb. 3.1.2 bisAbb. 3.1.9)

Elastika-Färbung, schwarzviolett
Resorcin-Fuchsin oder (Resorcin-Fuchsin),
Orcein (Abb. 1.5) rotbraun (Orcein)
van Gieson, Eisenhäma- blauschwarz gelb bis heUbräunlich rot nicht speziell gefärbt
toxylin/Pi kri nsäurejSäure- (nur in starken Verdich-
fuchsin tungen wie elastischen
Membranen und Bän-
dern: gelb)
Trichrom-Färbung nach braunschwarz ziegelrot bis bräunlich grün oft nicht spezieU
Goldner, Eisenhämatoxy- gefärbt, zum Teil
lin/Azoph toxinfliehtgrün grünlich bis hellrot
(Abb. 1.4)

Eisenhämatoxylin (EH) Heterochromatin einzelne Komponenten, evtl grau-gelblich schwach grau


nach Heidenhain und Nukleolus z. B. Zentriolen, Inter-
blauschwarz mediärfilamentbündel
und Querstreifung in
Herz- und Skelettmus-
kulatur, treten tief-
schwarz hervor
Versilberungsmethode in verschiedenen retikuläre Fasern
retikulärer Fasern nach Abstufungen grau (mit Typ-Ill-KoUagen)
Gomori, Imprägnierung schwarz, typische
mit Silbersalzen Kollagenfasern (mit
Typ-I-Kollagen) braun
Histochemische Färbungen
PAS-Reaktion • Färbung rot-violett
(Perjodsäure-Schiff- • Perjodsäure bildet Aldehydgruppen an Molekülen mit vielen Zuckerresten, z. B. Glykogen,
Reaktion) Muzinen und Glykoproteinen; das Schiff-Reagens färbt diese rot-violett
• positiv reagieren z. B. Glykogen, intra- und extrazeUuläre Schleime und Basallaminae
Alzianblau • Färbung blau
• positiv reagieren unterschiedliche elektrisch negativ geladene Komponenten (Polyanionen),
z. B. sulfatierte Schleime, Glucosaminoglykane, Hyaluronsäure; spezifischer Nachweis für
Mastzellen
Fettfärbungen (z. B...Sudan • Färbung je nach Farbstoff z. B. orange-rot oder braun
III; Sudanschwarz, Olrot) • positiv reagieren Lipide, z. B. Triglyceride oder Lipide der Markscheiden
Feulgen-DNA-Färbung • Färbung purpur
• HCl bildet Aldehydgruppen an Desoxyribose, dem Zucker der DNA; die Aldehydgruppen
reagieren mit dem Schiff-Reagens, das DNA-haltiges Chromatin selektiv purpur an färbt
Toluidinblau • Färbung blau
(selektive Basophilie) • Toluidinblau, ein basischer Farbstoff, bindet selektiv an die negativ geladenen Phosphat-
gruppen der DNA und der RNA
• positiv reagieren Chromatin (DNA), Nukleolus und Ribosomen (RNA)
8 1 Begriffe und Methodik

seinerseits mit einem Enzym (ofi Peroxidase) markiert ist. 1.3.6 Leb nd "o &lte
Das Enzym wird dann mit klassischen enzymhistochemi-
schen Methoden nachgewiesen. Auch lebende Zellen und Gewebe können mit dem Mi-
kroskop untersucht werden: Phasenkontrast- und Inter-
In -situ- Hybridisierung Bei der In-situ-Hybridisierung ferenzmikroskopie verstärken den Kontrast der lebendigen
können Nukleinsäuren im histologischen Schnitt durch Zellstrukturen (Abb. 1.10), der sonst im Routine-Durch-
komplementäre Proben (Oligonukleotide von RNA oder lichtnlikroskop sehr schwach ist. Dur ch farb- oder fluores-
DNA, die radioaktiv oder nicht radioaktiv markiert sind) zenzfarbstoffmarkierte Substanzen ist es so u. a. möglich,
lokalisiert werden. Damit lassen sich im Schnitt spezifische eine Endozytose oder die Umstrukturienmg von Zellfort-
DNA- oder RNA-Sequenzen nachweisen. Die Methode sätzen zu verfolgen. Varianten der Lebendmikroskopie sind
kann auch an Chromosomen, an Zellausstrichen oder an z. B. der Einsatz von ultraviolettem Licht, Polarisationsmi-
Ganzkörperpräparaten kleiner Tiere durchgeführt werden. kroskopie und Dunkelfeldrnikroskopie.

1.J.S Art ke 1.4 Präparate für die Elekbonen-


Artefdkte sind technisch bedingt und entstehen z.B. durch mikroskopie
schlechte oder nicht sofort durchgeführte Fixienmg, alte
Farblösw1gen, Scharten im Mikrotommesser oder aggres-
sive Dehydrienmg. Häufige Polgen sind kleinere oder grö-
1.4.1 Transrriss'on elek ronenm'l oskop;e
ßere Risse an der Grenze zwischen Geweben unterschiedli- Fixieren Für die Transmissionselektronenmikroskopie
cher Konsistenz, z. B. zwischen Knorpel und Perichondrium. (TEM) sind besonders schonende Fixierungsverfallren
Auch Schrumpfspalten bilden sich gerne zwischen Geweben nötig, tun ein möglichst naturgetreues Abbild der Struktur
tmterschiedlichen Aufbaus, z. B. zwischen Epithel tmd Bin- lebender Zellen zu gewinnen. Das Gewebe muss möglichst
degewebe (Abb. 1.8). Weitere mögliche Ursachen sind sofort oder innerhalb weniger Minuten nach Entnahme
Quetschungen des Gewebes oder Gewebezerreilltmgen oder Tod fixiert werden. Arbeitet man mit Versuchstieren,
(Abb. 1.9). Die Kenntnis solcher Artefakte ist bei der Be- ist eine Perfusionsfixierung des narkotisierten Tiers opti-
urteiltmg eines Präparats sehr wichtig. mal. Fixierungslösung ist erst gepufte rtes Glutaraldehyd,

a
Abb. 1.9 Schnittdefekt.

Abb. 1.10 Phase nkont rastmikroskopie bei lebenden


Fibroblasten in Zellkultur. Außer dem Zellkern, einzelnen
Abb. 1.8 Schrumpfs palten (* )zwischen Epithelbasis und granulären Zellorganellen und dem Gesamtumriss der Zellen
Bindegewebssockel der Dünndarmzotten, sog. Grünhagen- sind kaum Details des Aufbaus dieser Zellen zu erkennen.
Räume. Jejunum, Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 270-fach. Vergr. 450-fach .
1.5 I nterpretation histologischer Schnittpräparate 9
dann Osmiumtetroxid. Das Schwermetall Osmium bindet • Das Schnittpräparat entwirft ein zweidimensionales Bild
an Lipide lmd erhöht z. B. den Kontrast von biologischen der immer dreidimensionalen Zellen und Gewebe. Die
Membranen. dritte Dimension erschlicf~t sich z. B. erst, wenn dicke
Schnitte verwendet und "durchfokussiert" werden, oder
Einbetten, Schneiden Nach Entwässerungwerden Kunst- in Serienschnitten.
harze wie Araldit oder Epon zum Einbetten eingesetzt. Mit
Ultramikrotomen werden 30- 80 nm dicke Schnitte her- Der Einzelschnitt erlaubt daher nur ausnahmsweise un-
gestellt. mittelbare Rückschlüsse auf die ...vahre Gestalt der Bau-
elemente von Zellen Lmd Geweben: Schneidet man ein hart
Färben Die Schnitte sind so diinn, dass die in ihnen vor- gekochtes Ei an einem seiner beiden Pole quer, wird der zen-
handenen Zellstrukturen kontrastiert (,gefärbt") werden trale Dotter nicht angeschnitten sein - er ist aber dennoch
müssen (Abb. 1.1 1), und zwar mit Uranylacetat, Bleicitrat vorhanden. EinT angentialschnitt, also ein flacher Anschnitt
und u. U. Phosphorwolfnunsäure. durch die Oberfläche einer Struktur, ergibt ein völlig ande-
res Bild als ein Querschnitt, also ein Schnitt mitten durch die
Metallkopplung Bei experimenteller Untersuchung kön- gleiche Struktur. Der Querschnitt wicderlUn kann völlig
nen metallgekoppelte (Gold, Eisen, Kupfer) Substanzen, andere Strukturen ansdmciden als der Längsschnitt: Ein
z. B. Lektine, eingesetzt werden. Die Metalle besitzen im quer geschnittener gekrümmter Schlauch sieht völlig anders
TEM-Präparat einen hohen Kontrast und sind daher gut aus als ein Längsschnitt durch den gleichen Schlauch (Abb.
zu erkennen. Damit kann z. B. ein an sich unsichtbares Gly- 1.13). Finden sich in einer Zelle 2 Kernanschnitte, beweist
koprotcin von der Aufnahme in die Zelle bis zum Abbau das nicht, dass die Zelle 2 Keme hat - im Gegenteil, meist ist
verfolgt Lmd Proteoglykane bzw. Glucosaminoglykan e kön- ein gekrümmter Kern zweimal angeschnitten worden.
nen lokalisiert werden.

Immunelektronenmikroskopie Bei der Immunelektro- 1.5.2 Grund~ln ~r Diagnosestellung


nenmikroskopie können z. B. Proteine mittels goldmarkier- Ein tmbckanntes histologisches Schnittpräparat kann oft
ter Antikörper im TEM in situ nachgewiesen werden. schon mit der schwächsten, höchstens aber einer mittleren
Vergrößerung erkannt und von anderen lmterschieden wer-
Negativkontrastierung Bei einem Spezialverfahren, der den:
Negativkontrastienmg, können Zcllpartikel, Bakterien oder
Viren auf einen hauchdünnen transparenten Film aufge- Betrachtung mit bloß em Auge Bestimmte Organe sind
tragen werden. Die Objekte werden mit Schwermetallsub- bei typischer Schnittrichtung bereits mit bloßem Auge zu
stanzen LUngeben, wodurch sie hell in dunkler Umgebung erkennen, z.B. ein Medianschnitt durch die Hypophyse, ein
erscheinen. Querschnitt durch die Nebenniere oder ein Längsschnitt
durch den Dünndarm.
Gefrierbru chmet hode Bei der Gefrierbruchmethodewer-
den freigelegte Plächen tiefgefrorener kleiner Gewebepro- Prüfung mit schwächster Vergrö ßerung Mit der
ben mit einem hauchdünnen Metallfilm bedampft. Der schwächsten Vergrößerung des Mikroskops sind Gliede-
so gewonnene Abdruck wird im TEM betrachtet. Zelluläre rungsprinzipien zu finden: Innen- und Außenzonen (ent-
Membranen brechen entlang der hydrophoben Mittel- sprechen Mark und Rinde), natürliche (epitllelbedeckte)
schicht, sodass die Innenansichten der äußeren Lmd inneren Oberflächen oder Kapseln, Bezirke, die sich farberisch ganz
Membranhälften freiliegen und analysiert werden. unterschiedlich verhalten, Lichtungen, regebnäßige Erhe-
bungen der Oberlläche, z. B. Falten.
1.4.2 Rasterelei<tronenm ·lf.ro~kopie Außerdem ist bei schwächster Vergrößerlll1g an (allen!)
freien Rändern zu erkennen, ob ein Epithel vorhanden ist.
Die Rasterelektronenmikroskopie beruht auf eigenen Prin- Ist dies der Fall, kann das Epithel die besten diflcrenzial-
zipien lUld erlaubt die Analyse von echten zellulären und diagnostischen Hinweise geben. Findet sich z. B. ein "ein-
epithelialen Ober1lächen (Abb. 1.12). schichtiges prismatisches Epithel", kann ein Schnitt durch
den Magen-Darm-Kanal, die Tuba uterina oder die Gebär-
mutter vorliegen. Die typische Schichtengliederung des
1.5 Interpretation histologischer Darmrohrs ordnet das Präparat dem Magen-Darm-Kanal
zu; fclllende Schichten, aber nachweisbare Kinozilien sind
Schnittpräparate typisch flir die Tuba uterina tmd die Gebärmutterschleim-
haut in bestimmten Zyklusphasen - reich verzweigte Falten
151 A ~. h. ~ ScMitte sprechen dann flir die Tuba uterina, das Einsenken des Epi-
Aussage und Beweiskraft histologischer Schnittpräparate thels zu Drüsenschläuchen fur die Uterusschleimhaut Feh-
miissen immer kritisch beurteilt werden: len Kinozilien tmd tubuläre Driisen Lmd sind an der Ober-
• Das histologische Schnittpräparat liefert stets nur ein Mo- fläche schlanke, mit einschichtigem prismatischem Epithel
mentbild eines sich ständig wandelnden lebendigen Gan- bedeckte Falten ausgebildet, muss die Gallenblase diflcren-
zen. zialdi.agnostisch in Betracht gezogen werden.
• Die meisten Schnittpräparate sind nur eine hauchdünne
Scheibe eines u. U. sel1r großen Organs, wie z. B. der Le- Beispiel s eröse Drüsen Bei der Differenzialdiagnose se-
ber. In einem großen Organ können Strukturen unregel- röser Drüsen muss auch das Pankreas berücksichtigt wer-
mäßig verteilt sein und mlissen nicht zwangsläufig in je- den. Das Pankreas enthält Langerhans-Inseln Lmd zahl-
dem Sclmitt vorhanden sein. reiche ZCiltroazinäre Zellen, aber weder Streifenstücke noch
10 1 Begriffe und Methodik

,.
••
.
., -~ -...·
.,
• ··\ '"
•••
...

-.. .,.
-~

. l

.~ · .. .' . ' ·~. -~.

--ar~· ~l~~·· .... . t -~


. .."'....'[~ ,. .' .
~-
"'
(•
~ ;
. ' '!
... r. + #

..

~
..,
--~·
• .....
' •. ••. ~•

4 •

~
.. .. 7 ..
•\

.'
, ..
.,,. ..
~

.'

...., .
..,. ,.t • • t

,, '· .,
..
~...

"' .....
,,,. '·

• J .
;

, .... .. .

Abb. 1.11 Ultrastruktur einer Zelle im Transmissionselektronenmikroskop. Leberepithelzelle der Ratte mit großem Zell-
kern (1) und typischen Zellorganellen. 2 raues endoplasmatisches Retikulum; 3 glattes endoplasmatisches Retikulum; 4 Gol-
gi-Apparat; 5 Mitochondrien; 6 Lysosomen. Als EinschWsse enthält diese Zelle viel Glykogen (7). An der Oberfläche zum Gal-
lenkanälchen (8) bildet die Zelle Mikrovilli aus. ? Nukleolus. Vergr. 12 000-fach.
1.5 Interpretation histologischer Schnittpräparate 11

Myoepithelzellen in den Azini. Die Langerhans-Inseln sind hohe Auflösung und auch einige Erfahrw1g - vielleichter
selten und fehlen auf manchen Schnitten; denkt m<Ul nun ist es, bei niedriger Auflöstmg nachzuweisen, dass keine
an die zentroazinären Zellen, benötigt man eine relativ Streifenstücke vorhanden sind.

Merke Diagnose eines histologischen Schnitts


• Präparat erst mit bloßem Auge betrachten - kompaktes
Organ, Hohlorgan, künstliche (gerade) Schnittkanten
oder natürliche Oberflächen?
• Präparat mit schwächster Vergrößerw1g prüfen - Glie-
denmg (z.B. Rinde/Mark, Läppchen), bestimmte Kon-
figurationen von Lumina? Welche Epithelien finden
sich an natürlichen Oberflächen?
• Gesamten Schnitt bei kleiner tmd mittlerer Vergröße-
rung durclunustern - sorgfältige spezifische Gewebe-
diagnosen, Erkennen von Flach- bzw. Tangential-
schnitten und Artefakten.
• Nur für zelluläre Details stark vergrößern, z.B. bei der
Unterscheidung von Kinozilien tmd Bürstensaum.

Abb. 1.1 2 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme a 01 Lernhinweise ZU Kapitell


von leicht dehydrierten Haselnusspollen. Vergr. 1700-fach .

.. ,._-----'

Abb. 1.13 Interpretation von Schnittbildern. Quer- und Längsschnitte durch ein gekrümmtes (a) oder gerades Rohr (b)
bzw. durch ein Hühnerei (c) erlauben - für sich allein genommen - weder einen Rückschluss auf die räumliche Gestalt noch
auf die Zusammensetzung des jeweils vorliegenden Gebildes. (Nach (6))
KAPITEL

Zelle
2.1 Zellmembran .................... . 17 2.4.9 Mitochondrien .................... . 49
2.1.1 Charakteristika ................... . 17 2. 4.10 Melanosomen .. 51
2.1.2 Lipiddoppelschicht ................ . 18
2.1.3 Membranproteine .................. . 18 2.5 Zelleinschlüsse .................. . 52
2.1.4 Glykokalyx, Zuckerketten ............. . 19 2.5.1 Glykogenpartikel .................. . 52
2.1.5 Differenzierungen der Zelloberfläche .... . 20 2.5.2 Intrazelluläre Fetttropfen ............ . 52
2.1.6 En dozytose . . . ................... . 23 2.5.3 KristalUne Einschlüsse ............ . . . 53
2.1.7 Zelladhäsionsmoleküle und Zellkontakte . . 25 2.5.4 Pigmentierte Zellstrukturen .......... . 53

2.2 Zellkern (Nukleus) . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.6 Zytoske lett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54


2.2.1 Kernhülle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.6.1 Mikrotubuli und Zentriolen . . . . . . . . . . . . 54
2.2.2 Chromatin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.6.2 Aktinfilamente (Mikrofilamente) . . . . . . . . 56
2.2.3 Nukleolus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.6.3 Intermediärfilamente . . . . . . . . . . . . . . . . 57
2.2.4 Kernmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.6.4 Myosin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2.3 Zytosol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.7 Zellzyklus und Stammzellen . . . . . . . . . . 59
2.7.1 Zellzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
2.4 Zellorganellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.7.2 Stammzellen und Tochterzellen . . . . . . . . . 65
2.4.1 Ribosomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.4.2 Endoplasmatisches Retikulum (ER) . . . . . . 40
2.4.3 Golgi-Apparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.8 Meiose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
2.4.4 Lysosomen - Endesomen . . . . . . . . . . . . . 45
2.4.5 Proteasomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.9 Allgemeine Anpassungen von Zellen,
2.4.6 Multivesikuläre Körper . . . . . . . . . . . . . . . 47 Zelltod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.4.7 Anulierte Lamellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.9.1 Zellanpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.4.8 Peroxisomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.9.2 Zelltod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Zellen sind die Gnmdbausteine aller Gewebe und Organe als Einzelindividuen oder in nur locker strukturierten Ver-
des Menschen und aller anderen Organismen. Die ersten bänden. Sie vermehren sich durch Zellteilung. Sie können
Zellen entstanden vor ca. 3,5 Milliarden Jahren und waren bemerkemwerterweise ganze Pakete von Genen - oft mit
kleine, oft nur wenige Mikrometer große prokaryotische Virulenzgenen - abgeben und/oder aufnehmen (horizon-
Zellen, die schon eine Zellmembran, aber noch keinen Kern taler Gentransfer).
tmd keine intri:lZCllulären Membransysteme besaßen. Bei-
spiele ftir solche Zellen bieten die Archäen und Eubakterien, Zellwand Ein wichtiges Merkmal der Bakterien ist ihre
die noch heute sehr erfolgreich existieren. Vor ca. 1,5 Milliar- feste Zellwand. Sie liegt außerhalb der Zellmembran, ist
den Jahren entstanden aus prokaryotischen eukaryotische meist komplex gebaut und schlitzt die hyperosmol.are Zelle
Zellen (Euzyten), zu denen auch die Zellen des Menschen vor dem Zerplatzen. Mit ihrer Hilfe lassen sich im Großen
zählen. und Ganzen 2 Typen von Bakterien unterscheiden: gram-
positive und gramnegative Bakterien (benannt nach H. C.
Gram, 1853-1938, einem dänischen Arzt tmd Bakterio-
Prokaryotische Zellen logen):
Charakteristika Prokaryoten, wie z. B. die Bakterien, sind • Grampositive Bakterien (z. B. Streptokokken, Staphyle·
i.A. kleine, einzellige Organismen. Der Zelltyp, aus dem sie kokken) haben eine relativ dicke Zellwand (20-80 nm),
aufgebaut sind, wird prokaryotische Zelle oder Protozyte die aus vernetzten Peptidoglykanen (= Mureinschicht)
genannt. Die prokaryotischen Zellen sind i. A. viel kleiner besteht und außen eine Teichoin-Säurekomponente tra-
als eukaryotische Zellen, sie sind oft nur 1 -2 flm, manch- gen kann. Zwischen der Zellwand und der Zellmembran
mal aber auch über 10 fUn lang. Ihre Gestalt ist rundlich, befindet sich ein sehr schmaler periplasmatischer Spalt-
oval, stäbchen- oder spiralförmig (Abb. 2.1). Sie leben meist raum, der das Periplasma enthält. Ganz außen ist bei
14 2 Zelle

einigen Formen noch eine dicke Polysaccharidkapsel aus-


gebildet. Grampositive Bakterien farben sich mit der Klinik Zellwand tmd Flagellen sind zrun Te.il aus Moleki.üen
Gram-Färbung blau-violett. aufgebaut, die in EtlZyten nicht vorkommen tmd die vom
• Gramnegative Bakterien (z.B. Escherichia co/i, Salmo- menschlichen lmrmmsystem als fremd erkannt werden. Die
nellen, Vibrionen , Campylobacter, He/icobacter und Spi- Zellwand der Bakterien kann durch Antibiotika destabi-
rochaetcn) haben eine relativ dünne Zellwand, der perl- lisiert werden, wodurch die Bakterien geschwächt werden
plasmatische Raum ist aber verhältnismäßig breit; in ihm oder absterben.
ist eine schmale (ca. 1 - 2 nm dicke) Peptidoglykanschicht
eingebaut. Außen wird die Wand von einer Membran Die eigeniliche Zellmembran besitzt den Aufbau einer typi-
begrenzt, die einer Biomembran ähnelt. Das äußere Blatt schen Biomembran mit einer Doppelschicht aus Phospho-
dieser Membran besteht zwn großen Teil aus einem ein- lipiden und Membranproteincn.
zigartigen glykosilierten Lipid, dem Lipopolysaccharid
(LPS), das auch Etrdotoxin genannt wird. Es ist kein Se- Zytoplasma Das Zytoplasma ist einfach strukturiert und
kretionsprodukt der Bakterienzelle - sekretorisch abge- enthält keinen Zellkern, keine Organellen (bis auf zahlrei-
gebene Toxine werden Exotoxine genannt. Die Wand vie- che Ribosomen) tmd kein typisches Zytoskelett (Abb. 2.l c),
ler gramnegativer Bakterien kann eine Kapsel ausbilden. sie haben aber Proteine, die denen des Zytoskeletts homo-
Die Zellmembran kann PHi (= Fimbrien) bilden, die der log sind. Es gibt oft peripher gelegene dunklere, ribosomen-
Adhäsion an Wirtszellen dienen. Gramnegative Bakterien reiche Bezirke und meist innen gelegene helle Bereiche, in
färben sich nicht mit der Gram-Färbung an, lassen sich denen die DNA, die ein einziges (selten 2), meist ringförmi-
aber mit anderen Färb ungen darstellen. ges Chromosom bildet, vorkommt. Das Zytoplasma enthält
alle lebensnotwendigen Makromoleküle, wie DNA, RN A
Darüber hinaus sind z. B. Mykobakterien, die Erreger von tmd Proteine, und alle kleineren Moleküle, wie Zucker,
Tuberkulose (Abb. 2.lb) tmd Lepra, auBerhalb ihrer Pep- Aminosäuren tmd Fettsäuren.
tidoglykanschicht mit Zuckerpolymeren und Lipiden wn-
hilllt. Andere Bakterien sind mithilfe von (1 oder 2 oder Genom Das Genom besteht meist aus 1000 - 4000 Genen,
vielen) Flagellen bewcgHch: Plagellen sind ganz anders auf- die aus 106 bis 107 Nukleotidpaaren aufgebaut sind.
gebaut als die Kinozilien der Eukaryotcn. Sie bestehen aus In ftmktionell-biochemischer Hinsicht sind Bakterien
sich wiederholenden Untereinheiten des Proteins Flagellin tmd andere Prokaryoten außerordentlich vielseitig und an
und bilden damit ein festes helikales Filament, das über ein zahlreiche, auch extreme Lebensräume angepasst. Diese
hakenfdrmigcs Verbindungsstiick in einem sehr komplexen zahllosen molekularen Anpasstmgen machen sie seit Beginn
scheibeofdrmigcn Aggregat aus Proteinen verankert ist. des Lebens auf der Erde zu den eigentlich erfolgreichsten
Dieses Aggregat funktioniert wie ein Motor, der die Flagel- Organismen, die die Evolutio n hervorgebracht hat.
len ca. 100-mal pro Sekunde rotieren lässt.

a b c
Abb. 2.1 Verschiedene Techni ken, Bakterien darzustellen. a: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Helicobacter
pyiDri, Vergr. 14 000-fach. b: Ziehl-Neelsen-Färbung von Mycobacterium tuberculosis (rote Stäbchen), dem Erreger der Lungen-
tuberkulose, Lunge Mensch, Vergr. 1000-fach. c: Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von Actinomyces viscosus,
Zahnbelag Mensch, Vergr. 52 000-fach.
2 Zelle 15

Eukaryotische Zellen skelett (Abb. 2.2). Eukaryote Zellen kommen bei Pflanzen,
Pilzen und Tieren vor. Der Körper des erwachsenen Men-
Eltkaryotische Zellen sind viel größer als prokaryotische schen besteht aus insgesamt ca. 10 13 Zellen. Größe, Binnen-
Zellen und besitzen eine Zellmembran, einen Kern, der die struktur, Kernmorphologie und Gestalt der mehr als 200
DNA enthält, und das Zytoplasma. Das Zytoplasma besteht Zelltypen varüeren erheblich (Abb. 2.3, Abb. 2.4, Abb. 2.5,
aus Zytosol, hochdifferenzierten Membransystemen, die die Abb. 2.6), was im Allgemeinen gut mit der jeweiligen Funk-
Zellorganellen aufbauen, Zelleinschlüssen und dem Zyto- tion korreliert werden kann.

7
----· 8
9

-=- ::---..

11
12

22

17
Abb. 2.2 Eukaryotische Zelle. Kern, wichtigste Organellen und typische Oberflächendifferenzierungen einer eukaryotischen
Epithelzelle. Einige der Zellbestandteile, die im Schnittpräparat zweidimensional erscheinen, sind zum besseren Verständnis
dreidimensional und vergrößert herausgezeichnet. 1 Kern mit Hetero- (dunkel) und Euchromatin (heller) sowie Nukleolus;
2 Golgi-Apparat; 3 Mikrovilli (mit Glykokalix); 4 Sekretgranulum (mit Exozytose); 5 Zentriolen; 6 Kinozilie; 7 Zonula occlu-
dens; 8 terminales Netz mit Zonula adhaerens; 9 Lysosom; 10 glattes endoplasmatisches Retikulum (glattes ER); 11 Per-
oxisom; 12 Gap Junction (Nexus); 13 clathrinbedeckte Endozytosefigur; 14 Desmosom; 15 Glykogen; 16 InterzeUulärspalt;
17 Einfaltung des basalen Labyrinths; 18 Lamina densa der Basallamina; 19 Polysomen; 20 Hemidesmosom; 21 MikrotubuLi
und Keratinfilamente; 22 Mitochondrium; 23 raues endoplasmatisches Retikulum (raues ER); 24 multivesikulärer Körper.
(Aus [1])
16 2 Zelle

Abb. 2.3 Spinalganglienzellen des Menschen. Oie großen


oder kleineren Zellkörper (Perikarya, 1) erscheinen im
Schnittpräparat rundlich bis oval; der helle Zellkern (~) ist
auch rundlich und glattrandig, er enthält einen kräftig ge-
färbten Nukleolus. Den Ganglienzellen liegen flache Mantel-
zellen(= Satellitenzellen) an, deren Kerne klein, rund-oval
und relativ dunkel sind. Färbung: Azan; Vergr. 380-fach.

4
• Abb. 2.5 Resorbierendes Darmepithel des Menschen.
Das Epithel besteht aus einer Schicht prismatischer Zellen
mit länglichem Kern und Bürstensaum ( ~ ); zwischen diesen
Zellen kommen einzelne Becherzellen (helles "schaumiges"
Zytoplasma) vor. In das Epithel sind einige Lymphozyten
(rundliche, kräftig dunkel violett gefarbte Kerne) eingewan-
dert. L. P.: Lamina propria, die Bindegewebsschicht unter
dem Epithel mit einem bunten Gemisch verschiedener Zell-
typen. Färbung: H. E.; Vergr. 500-fach .

..
Abb. 2.4 Blutzellen des Menschen im Ausstrichpräparat
1 Erythrozyten; 2 neutrophiler Granulozyt; 3 Monozyt;
1
....
4 Thrombozyt. Färbung: nach Pappenheim; Vergr. 1250-fach. •


.,, ••

•' e ,
Abb. 2.6 Glatte Muskelzellen, Uterus, Mensch.
Oben: längs geschnitten (1 längliche, zigarrenförmige

• '2 f
'
Kerne), unten: quer oder schräg angeschnitten (2 kleine,
unterschiedlich große, rundliche Kernanschnitte).
' • •
• ,..



Das Erscheinungsbild der Kerne der gLatten Muskelzellen
wechselt in Korrelation mit der Anschnittrichtung. ~ Mast-
zelle. Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 600-fach.

-- •
2.1 Zellmembran 17

2.1 Zellmembran
----------------------------------- ZurOrientierung -----------------------------------
Eine eukaryotische Zelle wird von einer Zellmembran ZelladhäsionsmolekiUe aneinander (z. B. durch Cadhe-
(Plasmamembran) gegen ihre Umgebung abgegrenzt. eine) tmd an der Bindegewebsmatrix (v.a. durch lnteg-
Proteine in der Membran bilden Ionenkanäle, Transpor- eine). Spenelle Zellkontakte sind Adhärenskontakte, Ne-
tee, Membranpumpen, Rezeptorproteine und Zelladhä- XtlS und Zonulae occludentes.
sionsproteine; Membranlipide bilden eine flexible Doppel- Die Zellmembran vennittelt über Transportstrukturen
schiebt. Außen wird die Membran von einer Glykokalix Kontakt und AllStattSch zwischen dem Zytoplasma einer
bedeckt. Mit dem Wllnittelbar angrenzenden Zytoplasma Zelle und ihrer Umwelt. Sie ist selektiv permeabel und ent-
bildet die Zellmembran Kinonlien, primäre Zilien, Mikro- hält Erkenmmgsstrukturen für Signale aus der Umgebung
villi, Mikroplicae, Invaginationen tmd verschiedene Endo- sowie Strukturen für die Signalleittmg. Lösliche Stoffe,
zytosebläschen. Partikel, Bakterien und Flüssigkeit können in die Zellen
Zellen haften mittels der in der Membran verankerten aufgenommen, durch- und wieder ausgeschleust werden.

2.1.1 Charakteristika
Bausteine Plasmamembranen (Biomembranen) sind ca.
10 nm dick tmd bestehen typischerweise zu 45% aus Lipi-
den, zu 45% aus Proteinen und zu 10% aus Kohlenhydra-
ten. Die Lipide sind als Phospholipiddoppelschicht ange- c
ordnet, hydrophile Anteile der Phospholipide liegen innen Abb. 2.8 Zellmembran
tmd außen, hydrophobe Anteile liegen zentral in der Mem- Gefrierbruchpräparate.
bran (Abb. 2.7).

Asymmetrie Biomembranen sind immer unsymmetrisch.


Die zur Umgebtmg der Zelle weisende Schicht wird externe -
Seite (extraplasmatische Seite, E-Seite, äußeres Blatt), ihre
dem Zytoplasma anliegende Schicht wird protoplasmati-
sche oder Zytoplasmatische Seite (P-Seite, inneres Blatt) ge-
nannt (Abb. 2.8, Abb. 2.9). Die beiden Schichten haben un-
terschiedliche strukturelle und funktionelle Eigenschaften.

Funktion Als Zellmembran trennt die Biomembran 2


wasserreiche Kompartimente, den Extra- und den Intrazel-
lulärraum, d.h. die Umwelt einer Zelle von ihrem Inneren.
Sie ist stabil und zugleich flexibel und fluide ("flüssig"). Die

.: Extrazellulärraum :'
- • Zucker1<etten
Phosphatidyl- Glykolipid
cholin Sphingomyelln \
' .• Cholesterin

•••

I I I Äußeres Blatt
Abb. 2.9 Zellmembran (Dünnschnittpräparate) in einer
EM-Aufnahme. Bei den Gefrierbruchpräparaten (Abb 2.8)
wird die Membran in ihrer hydrophoben Mitte in ein äußeres
(externes) und ein inneres (protoplasmatisches) Blatt ge-

I
teilt, deren Innenansichten freigelegt werden. a: Apikale
Inneres Blatt Membran mit Mikrovilli einer Sammetrohrzelle (Niere,
Mensch). Oie Membran ist mit einem dichten feinfädigen Be-
satz aus extrazellulären Domänen von Glykoproteinen, Glyko-
. ·.
Phosphatidyl- Phosphatidyl-
lipiden oder Oberflächenmuzinen mit Oligosaccharidketten
inositol ethanolamin versehen, die Teil von Glykoproteinen sind (Glykokalyx, -+).
• Vergr. 37 000-fach. b: Apikale Zellmembran (zwischen
Phosphatidyl-
serin

:i~i;~;~li~iä~~~-;;,-:

den .... ) einer Epithelzelle des Harnleiters des Menschen.
~------------------ Innere und äußere Membranhälfte sind als dunkle Linie
Abb. 2.7 Phospholipide, Glykolipide und Cholesterin erkennbar, dazwischen hydrophobe helle Region im Inneren
in der Zellmembran. der Membran. Vergr. 168000-fach.
18 2 Zelle

meisten Einzelkomponenten sind lateral beweglich ("fluid- Membranlipide dttrch nicht kovalente Bindtmgen. Choles-
mosaic modeJ«). Das Ausmaß der Pluidität hängt von der terin ist wesentlich für die Membranfluidität Bei 37 °C
Temperatur und der Lipidzusammensetzung ab. Die Zell- verhindert es eine zu hohe tmd bei niedrigen Temperaturen
membran vermittelt über Transportstrukturen Kontakt eine zu niedrige Fluidität.
und Austausch zwischen dem Zytoplasma einer Zelle tmd Die Lipiddoppelschicht ist undurchlässig fiir Wasser
ihrer Umwelt. Sie ist selektiv permeabel und enthält Erken- tmd wasserlösliche Stoffe. Im Gegensatz dazu können Oz.
nungsstrukturen für Signale aus der Umgebung sowie C02 und eine Reihe kleinerer lipidlöslicher Substanzen
Strukturen fur die Signalleitung. Lösliche Stoffe, Partikel, leicht durch die Lipiddoppelschicht hindurchdifllindie-
Bakterien und Flüssigkeit können in die Zellen aufgenom- ren.
men, durch- und wieder ausgeschleust werden.
Biomembranen kommen aber auch im Zytoplasma vor 2.1.3 Membranproteine
und begrenzen dort die typischen Zeiiorganellen. Sie sind so
am Aufbau vieler unterschiedlicher Kompartimente (funk- Membranproteine sind für die meisten spezifischen Funk-
tionell und strukturell charakterisierter Rättme in der Zelle) tionen der Membran verantwortlich (Abb. 2.10):
im Zytoplasma beteiligt. Wie die Zellmembran sind die
intrazellulären Membransysteme Barrieren, besitzen aber Integrale Membranproteine Integrale Membranprote-
auch Strukturen des Stoffi.ransports, der Signalerkenmmg ine sind fest in die Lipiddoppelschicht eingebaut, die
tmd der Signalverarbeitung. meisten von ihnen sind Transmembranproteine. Diese
erstrecken sich iiber beide Lipidschichten w1d besitzen
Membranfluss Membranbegrenzte Organellen können hydrophile Anteile sowohl an der AuBen- als auch an der
iiber zwischengeschaltete Vesikel miteinander in Kontakt Innenseite der Membran. Die meisten Transmembran-
treten. Intrazelluläre membranbegrenzte Vesikel (z. B. Se- proteine durchqueren die Membran mit einer oder mehre-
kretionsgranula) können mit der Zellmembran verschmel- ren a-Helices. Sie haben vielfaltige Punktionen.
zen. Die Dynamik zwischen verschiedenen Organellen
tmd ihren Membranen und zwischen Organellen und Zell- Periphere Membranproteine Periphere Membranprote-
membran wird auch durch den Begriff Membranfluss ge- ine sind der Membran außen oder innen angelagert. Die
kennzeichnet. innen liegenden Proteine verankern die Transmembran-
proteine am Zytoskelett.
2.1.2 Lipiddoppelschicht Lipidankerproteine Eine eigene Proteingruppe sind die
Die Lipiddoppelschicht der Membran besteht im Wesent- Lipidankerproteine, die der Membran außen tmd innen an-
lichen aus Phospholipiden, aber auch aus Cholesterin und liegen können und iiber Lipidketten in ihr verankert sind.
Glykolipiden (Abb. 2.7). Zusammengehalten werden die Zu ihnen gehören z. B. die G-Proteine.

Protein, das mit


:E:~ffi~äi1~iä;~~~: der Membran über ein
! ... --------------~ Otigosaccharid und
ein Lipid verbunden ist

Protein mit mehreren


Transmembran-O--Helices
(multi pass protein)

Lipid-
doppel-
Schicht

innen
• ••
- angelagertes
Protein rassförmiges Protein mit einer
Protein Transmembran-a-Helix
Protein mit einer Protein, das im und außen
Transmembran-a-Helix zytoptasmatischen angelagertem Protein
(single pass protein) Blatt der Membran Protein, das nur
und Lipidanker verankert ist über einen Lipidanker
mit der Membran
verbunden ist

Abb. 2.10 Verschiedene Typen peripherer und integraler Proteine in der Zellmembran.
2.1 Zellmembran 19

Zelladhäsionsmoleküle
Klinik Bei einem genetisch bedingten Defekt des Proteins
4.1 oder der ihm angelagerten Proteine a-Ankyrin bv.v. Zelladhäsionsproteine (adhäsive Proteine, "cell adhesion
Spcktrin haben die Erythrozyten keine bikonkave Form, molecules", CAMs) sind Transmembranprotcine, die Zellen
sondern eine mehr oder weniger kugelige (Kugelzellen, mit ihren Nachbarzellen oder mit der umgebenden Matrix
Sphärozyten) oder elliptische Gestalt (Eiliptozytose). Folge verbinden (Abb. 2.17, Abb. 2.19). Sie sind Bestandteile von
ist eine Anämie (Kap. 4.1). Zellkontakten, können aber auch attßcrhalb von ihnen
vorkommen. Beispiele sind Cadherine, deren Funktion cal-
dumabhängig ist, lntcgrine und Adhäsionsmolckiile der
Ionenkanäle Immunglobulinsuperfamilie.
Proteine mit mehreren a -Helices können tunnelförmige
Gebilde mit hydrophilem Lumen - Ionenkanäle- aufbauen. Aquaporine
Diese Kanäle lassen Ionen (Na•, K>, Ca 2>, CI- u.a.) sehr
schnell durch die Membran passieren und sind dabei teil- Aquaporine sind Kanalproteine in der Membran verschie-
weise hochselcktiv. Sie sind nicht ständig offen: dener Zell typen, z. B. in Epithelzellen (u. a. Samrnelrohre des
• Ligandengesteuerte Ionenkanäle öffnen sich nach Bin- Nierenmarks, Abb. 2.11, Endothelzellen), Muskelzellen tmd
dung eines Signalmolekiils. Astrozyten. Sie sind primär Monomere, lagern sich aber
• Spannungsgesteuerte Ionenkanäle öffnen sich bei Ände- wohl immer zu Tetrameren zusammen. Aquaporine trans-
rung des elektrischen Potenzials der Membran. portieren Wasser: Etwa 3 x 109 Wassermolekülekönnen pro
• Ionenkanäle in der Membran vo n Sinneszellen können Sekunde den Kanal passieren. Aquaporine werden durch
sich durch mechanische Stellungsänderungen der Sinnes- HgC12 spezifisch gehemmt.
haare öffnen und schließen.
Transporter (Transportproteine, Carrierproteine)
Klinik Bei der zystischen Fibrose (Mukoviszidose) ist ein
großes, komplex geba utes Transmembranprotein defekt. Diese Transmembranproteine befördern kleine hydrophile
Dieses CFTR-Protein, das in der Zellmembran vieler Epi- Molekiile (z.B. Zucker, Aminosäuren) "bergab", also von ei-
ner höheren zu einer niedrigeren Konzentration (Abb. 2.11).
thelien enthalten ist, bildet normalerweise einen Chlorid-
Der Transport erfordert keine Energie, weshalb man von
kanal und reguliert andere Ionenkanäle. Sein Defekt verur-
sacht je nach Organ tmterschicdliche Symptome: chronische passivem Membrantransport spricht. Stoffe können allein
Atemwegserkrankungen mit zähem, sekundär eitrigem (Uniport) oder zu zweit (Co-Transport) transportiert wer-
den. Werden 2 Stoffe in der gleichen Richtung transportiert,
Schleim, Insuffizienz des exokrinen Pankreas, intestinale
und urogenitale Funktionsstörungen, gestörte Schweiß- spricht man von Symport, beim Transport in entgegen-
drüsenfunktion. gesetzter Richttmg von Antiport. Bcinn Co-Transport folgt
ein Partner "bergab" einem Gradienten, den die Zelle an an-
derer Stelle mit einer Pumpe aufrecht erhält. Die Energie,
die in diesem Gradienten steckt, dient dazu, den anderen
Na·· Na•· Partner .,bergauf' zu befördern (sekundärer aktiver Trans-
Kanal Trans- Na' port) .

T~ghl jund10n Na' \ porter
•• - - H:zO Na'
•• •• ••
•• ••
•• ••
Membranpumpen
••• Membranpumpen sind wie Transporter Transmembranpro-
teine, transportieren Ionen aber "bergauf', also gegen einen
Konzentrationsgradienten. Dieser Transport verbraucht
Energie (sog. primär aktiver Transport), dle durch Hydroly-
se von ATP entsteht. Da die Membranpumpen das ATP
'
N • 'Aqua·
selbst spalten, sind sie nicht nur Pumpen, sondern auch En-
ponn zyme tmd werden deshalbauch T ransport-ATPasen genannt
(Abb. 2.11). Ein Beispiel ist die Na•-K•-ATPase, die ubiqui-
tär verbreitet und Motor ft"t.r viele Transportvorgänge ist.

Rezeptorproteine
Rezeptorproteine binden ein spezifisches extrazelluläres
•• SignalmolekiU, z. B. ein Hormon, das eine bestimmte zellu-
läre Reaktion auslöst. Manche dieser RczcptormolckiUe sind
"' IaMina
~sal· an G-Proteine gekoppelt. Der Wirkstoff, der an den Rezep-
tor bindet, wird Ligand genannt.
Abb. 2.11 Verschiedene Transmembranproteine in Zellen
eines transportierenden Epithels. Basolateral pumpt die
Na•-K•-ATPase gegen einen Gradienten Na• aus der Zelle 2.1.4 Glykokalyx, Zuckerketten
heraus und K• in die Zelle hinein. Aquaporine sind Wasser· Viele Membranproteine tragen Oligosaccharidketten, die
kanäle. Apikal befinden sich Ionenkanäle oder Transport- mehr oder weniger weit in den Extrazellulärraum ragen
proteine, durch die Ionen in die Zelle einströmen können. (Abb. 2.8d) ttnd die Zelle insgesamt dicht mit Zuckerkom-
20 2 Zelle

ponenten bedecken. An der apikalen Membran von Epithel- ist ca. 50 ~tm lang. Pro cm2 Oberfläche menschlicher Bron-
zellen ist die Glykokal>'X besonders hoch, auf Endothelzellen chien stehen ca. 109 Kinozilien. Sie gehören vermutlich zur
kann sie sogar höher als die Zelle selbst sein. Die Zucker- Grundausstattung der eukaryoten Zelle.
ketten gehen von Glykoproteinen, Glykolipiden oder Pro-
teoglykanen (Muzinen) der Zellmembran aus. Vorkommen Epithel der Atemwege, Epithel der Tuba uteri-
Die Funktionen der Glykokal}'X sind vielfältig: na, Epithel der Ductuli efferentes (Nebenhoden), Ependym,
• Die Oligosaccharidketten schüt:2en die Zelloberfläche und Spermien.
machen sie für viele spezifische Zell-Zell-Interaktionen
besonders geeignet. Das ist z. B. bei der Lymphozyten- Funktion Einzellern und Spermien dienen Kinozilien als
rezirkulation (Kap. 4.2.2) und dem Anhaften von Leuko- Fortbewegungsorgan, an der Oberfläche von Epithelien be-
zyten am Endothel von Venolen bei Entzündungen wich- wegen sie Flüssigkeits- oder Schleim filme. Der Bewegungs-
tig. ablauf einer typischen Zilie dauert ca. 0,1 - 0,2 sundbesteht
• An der Oberfläche der Dünndannepithelzellen bindet die aus einem kraftvollen Vorwärtsschlag in gestrecktem Zu-
Glykokalyx Wasser und erleichtert damit die Resorption stand, der die Flüssigkeit bewegt, und einem Rückwärts-
der Nährstoffe. schlag, bei dem sich die Zilie krümmt und in die Ausgangs-
• Manche Zuckergruppen dienen als Anhefttmgspunkt für position zurückkehrt.
sog. zuckerbindende Proteine (Lektine). Zu ihnen zählen
z. B. dieSelcktine (Kap. 2. 1.7). Axonema Im Inneren der Zllien befindet sich ein regel-
halt angeordnetes System von Mikrotubuli mit assoziierten
Proteinen, das insgesamt als Axo nema be1..cichnet wird:
2.1.5 Differenzierungen der Zelloberfläche • Die Mikrotubuli (Kap. 2.6.1) bllden in der Peripherie ei-
Die Zellmembran ist an der Bildung folgender Oberflächen- nen Ring aus 9 Doppeltubuli tmd im Zentrum ein Paar
differenzierungen beteiligt: Kinozilien, Mikrovilli, Stereo- von Einzcltubuli. Diese universell verbreitete Anordnung
zilien, Mikroplicae, Invaginationen und Caveolae. wird 9 1 2-Muster genannt (Abb. 2.12c). Die eng ver-
btmdenen peripheren Doppcltubuli bestehen aus einem
vollständigen A-Tubulus, der aus 13 Untereinheiten auf-
Kinozilien gebaut ist, und einem unvollständigen B-Tubulus, der
Kinozilien (ZiHen) sind bewegliche, feine, haarfonnige Zell- halbmondformig am A-Tubulus befestigt ist tmd aus
fortsätze (Abb. 2.12a). Beim Menschen sind sie meist ca. 11 Untereinheiten besteht. Die 2 getrennten zentralen
5 ~tm lang; der Spennienschwanz, ein spezielles Kinozilium, Mlkrotubuli sind jeweils vollständig (Abb. 2.13). Zilien

a b c
Abb. 2.12 Kinozilien (Flimmerhaare). a: Längsschnitt von Kinozilien auf dem Apex einer Epithelzelle der Tubauterinades
Menschen. An den Basalkörpern (.... ) befinden sich feine Wurzelstrukturen, die der Verankerung dienen. Vergr. 15 285-fach.
(Aus (1]). b: Querschnitt durch in unterschiedlicher Höhe angeschnittene Basalkörper (~)in einer Flimmerzelle eines
Bronchiolus des Menschen. Vergr. 39000-fach. c: Im Querschnitt lassen die Kinozilien (Bronchus, Mensch) die ..9+ 2"-Struktur
erkennen; * atypische Riesenzilie mit 3 zum Teil unvollständigen Mikrotubulussätzen, links unten: Mikrovilli. Vergr. 35000-
fach.
2.1 Zellmembran 21

können auch Rezeptorstrukturen sein; so ist z.B. das Verankeru ng und Ents tehung Jede Zilie ist in einem
Außenglied der Lichtsinnes1.cllen ein modifiziertes Zili- Basalkörper (Kinetosom) verankert, aus dem ihre Mikro-
um. Solchen Sinneszilien fehlen oft die 2 zentralen Mikro- tubuli ausgewachsen sind (Abb. 2.12 a, b). Die Basalkörper
tubuli (9 + 0-Muster). sind zylinderförmig und bestehen aus 9 Dreiergruppen
• An den Doppeltubuli finden sich verschiedene assozüerte (Tripletts) kurzer, peripherer Mikrotubttli; Zent:raltubttli
Proteine, die (1) den peripheren Ring insgesamt zusam- fehlen. Bei der Entstehtmg und Regeneration von Zilien
menhalten (Ncxin), (2) die Kraft flir die Zilienbewegtmg wachsen die Doppcltubuli von 2 der 3 Tubuli der TripJetts
erzeugen und (3) die Porm der Bewegung kontrollieren. aus. An der Basis der Kinetosomen setzen quergestreifte
Das wichtigste dieser assoziierten Proteine ist das ziliäre Wurzelbündel (Ccntrinfilamente) an (Abb. 2.13). Sie sind
Dynein, das regelmäßig entlang den Doppeltubuli vor- beim Menschen ktliZ oder fehlen; bei anderen Säugern kön-
kommt. Dieser große Proteinkomplex (ca. 2000000 D) nen sie weit ins Zytoplasma 7.ieben. Seidieb befindet sich
aus ca. 10 Polypeptidketten ist mit seinem Schwanz im am Kinetosom ein rnikrotubulusorganisierendes Zentrum
A-Tubulus verankert, während sich sein Kopf reversibel (Abb. 2.13).
mit dem B-Tubulus verbindet, der im Uhrzeigersinn am
nächsten liegt. Am Dyneinkopf ist dabei ATP gebtmden,
das hydrolysiert wird. Dadurch bewegt sich der Kopf zum Klinik Bei angeborenen Ziliendefekten (Syndrome der im-
Minusende des benachbarten Doppeltubulus und würde mobilen [immotilen] Zilien ) können die Zilien ihre Funk-
damit bewirken, dass die benachbarten Doppeltubuli an- tionen nur tmvollkommen erfiillen. Am häufigsten wirkt
einander vorbeigleiten. Weil diese aber über das Nexin sich dies in den Atemwegen aus: Schleim kann nicht voll-
mechanisch fest verbunden sind, wird aus der Gleitbe- ständig abtransportiert werden, und es entstehen bereits im
wegung eine Beugtmg des Axonemas. Im fixierten elek- Kindesalter chronische Entziind ungen.
tronenmikroskopischen Präparat ist die Existenz des
Dyneins in Porm der Dynein-Ärmchen erkennbar.

sptzenvelächtung - - - - - - ·- - "' Plasmamerrbran


/

Mi<rotubulls- -------·---- 1-H


dol.tllett
(Axonam)

I
I
Dynei'l8Jme I
ilnere Scheide ---------+'
m~Speichen

=~ken=------
BasaJplatte ----·--· _ ·- ____., ..,

I
I
Mlkrotubulustriplett - - - - - rt.--""-......."
Mlkrotubulustrlplett

basaler Fuß -------t


mitMTOC

MikrotWuli ----<-

I
Nexinl

Zentralzylinder

Abb. 2.13 Ultrastruktu r einer Kinozilie. MTOC: mikrotubulusorganisierendes Zentrum. (Aus [3])
22 2 Zelle

Primäre Zilien in genau abgcstttfter Art tmd Weise (Kap. 17. 1.2). Sie sind
ca. 10-50 11m lang tmd 0,2 1un dick, wobei ihre Basis schlan-
Zellen, die keine Kinozilien ausbilden, können eine primäre ker ist als ilir Schaft. Sie sind durch feine Filamente, sog. Tip-
Zilie besitzen. Sie sind fingerformige Ausstülpungen der Links, miteinander verbunden.
Zelloberflächc, unbeweglich und nur wenige ~un lang. Pri- Dtrrch einen mechanischen Reiz können sie an ilirer
märe Zilien enthalten viele Mikrotubuli, aber kein Dynein. schlanken Basis hin- und herbewegt werden. So werden sie
Ihr Kennzeichen sind oft Proteine mit Rezeptorfunktion - aus der senkrechten Stellung abgelenkt, was für die Erre-
auf den Tubuluszellen der Niere sind sie z. B. Sensoren gtmg der Sinneszellen wesentlich ist.
des Harnflusses. Primäre Zilien kommen auf Epithelzellen,
Neuronen und vielen Bindegewebszellen (Knorpel- und
Knochenzcllcn, Fibroblasten) vor. Mikroplicae
Mikroplicae sind schmale Auffaltungen der Zellmembran.
Klini k Spezielle primäre Zilien, die in der Embryonalzeit Sie können apikal auf Epithelzellen oder seitlich zwischen
die Recbts-links-Asymmetrien des Körpers festlegen, besit- Epithelzellen ("V erzahnungen") ausgebildet sein. Die api-
zen Dynein und sind beweglich. Beim Kartagen er-Syn- kalen Ausfalttmgen sind gleichmäßig schmal, die seitlichen
drom fehlt diesen Zilien das Dynein. Das Syndrom ist durch Falten meist plumper tmd unterschiedlich dick.
tmbewegliche Spermien, häufige Lungeninfektionen tmd in
50~ durch untypische (vertauschte) Lage der inneren Orga- Vorkommen Auf der Oberfläche der apikalen Epithelzellen
ne gekennzeichnet, so liegt das Herz bei diesen Menschen der Stimmfalten im Kehlkopf, auf den obersten Epidermis-
oft rechts. zellen von Fischen. Seitlich z. B. zwischen Epithelzellen der
Ziliarzotten (Auge) oder zwischen Epithelzellen von Nieren-
MikroviLLi tubuli.
Mikrovilli (Abb. 2.14) vergrößern die Oberfläche der Zellen
tmd erleichtern damit Resorption tmd Ionentransport Sie
sind je nach Zelltyp ca. 1-2 ~lang und 0,08 1rm dick. Sie
werden innen von einem Biindel aus 20 -30 Aktinfilamen-
ten stabilisiert, die tmtereinander durch Villin und Fimbrin
verbunden tmd an der Zellmembran über Myosin I tmd Cal-
modulin befestigt sind (Abb. 2. 15). Mikrovilli sind im t er-
minalen Netz (Spcktrin, Myosin II und Intermediärfila-
mente) verankert und tragen speziell an ihrer Spitze eine gut
ausgeprägte Glykokalyx. Sehr dicht stehende Mikrovilli (ca.
3000 pro Zelle im Oiinndarmepithel) bilden einen Bürsten -
saum, der besonders gut im resorbierenden Darmepithel
(Abb. 2.5, Abb. 2.14, Abb. 10.52) und in den proximalen
Nierentubuli ausgebildet ist.

Vorkommen Als Einzelstrukturen weit verbreitet, in Form


der Bürstensätune auf dem Epithel der resorbierenden Zel-
len des Dünndarms tuld auf dem Epithel der proximalen
Niercntubuli. Zahlreich auch auf dem Epithel der Plexus
choroidei.

Stereozilien auf den EpithelzeLLen des


Nebenhodengangs
Diese Stereozilien sind bis zulO pm lange, di'mne tmd flexib -
le Mikrovilli (Stereovilli), die im hlstologischen Präparat oft
zu einem Schopf verklebt sind (Artefakt). Sie haben nlchts
mit Kinozilien zu ttm. Ihre spezifische Punktion ist nicht
bekannt.

Vorkommen Auf dem Apex der Nebenhodengangszellen


(Abb. 13.23).

Stereozilien auf SinneszeLLen des Innenohrs Abb. 2.14 Mikrovilli der resorbierenden Epithelzellen
Stereozilien auf Sinneszellen des Innenohrs (Sinneshaare) im Ileum (Mensch). a: Längsschnitt. Im Zentrum der Mikro-
sind kräftige und steife Mikrovilli, die einige 100 besonders villi verlaufen feine, streng parallel angeordnete Aktinfila-
dicht gepackte Aktinfilamente enthalten. Ihre Anordnung mente (1), die in das apikale Zytoplasma einstrahlen. (2)
auf den Sinneszellen ist gcnau festgelegt, illre Länge variiert Glykokalyx der Mikrovilli. b: Querschnitt. Vergr. 68000-fach.
2.1 Zellmembran 23

Glykokalyx - -

Aktin------
- - - MikroviiJus

Myosin I, ----
Calmodulin -- Aktinfilamente
Rmbrin - --

Viitin -----

Abb. 2.15 Mikrovilli und termi-


nales Netz am Zellapex von Entero-
zyten mit Zellkontakten und Anteilen : Zonula
des Zytoskeletts. Im Zentrum der Mik- Transport- [- x:x::::>CX:Xl04n f---- ocdudens
vesikal---:--
,_
0

rovilli verläuft ein Bündel von Aktin- 0


_; ,: Aktinfilamente
filamenten, das im terminalen Netz 0

o xx::~x
'
(Spektrin, Myosin II und in der Tiefe
Intermediärfilamente) verankert ist. terminelas- ~
Oie Aktinfilamente sind miteinander Netz :
und mit der Membran der Mikrovi lli
verbunden. Die Zonula adhaerens be-
steht auf der Zytoplasmatischen Seite
aus verschiedenen Proteinen und ''
einem gut ausgeprägten Bündel aus Mikrotubuli - Spektrtn -- Desmosern
Aktinfilamenten. Mit dem Desmosom
-- · Ankyrin
stehen Intermediärfilamente ( Kera-
tine) in Kontakt.

Invaginationen zytose. Die Zellmembran stülpt sich lokal zu einer kleinen


Grube ein und sehn ürt ein Bläschen ab, das dann im
Invaginationen (Membraneinfaltw.1gen) sind tmterschied- Zytoplasma zielgerichtet wandert.
lich tiefe blattformige oder tubuläre Einsenkungen vor allem • Pinozytose: Die typische Pinozytose ist die Aufnahme
der basolatcralen Zellmembran von Epithelzellen in Anpas- löslicher Stoffe tmd Flüssigkeit mittels kleiner Membran-
stmg an vermehrten Ionen- und vVassertransport. Sie sind vesikel (Pinozytosevcsikcl, Endozytosevcsikel) mit einem
zusammen mit den Mitochondrien die wichtigste Kompo- Durchmesser von 50-100 nm. Oft wird dieser häufige
nente des basolaternlen Labyrinths (Abb. 2.16). Dieses ist Typ der Stoffaufnahme auch ei nfach Endozytose genannt.
für transportierende Epl thcllcn kennzeichnend tmd ftir ihre • Transzytose: Stoffe werden mittels Pinozytosebläschen
Ptmktion entscheidend. durch eine Zelle hindLtTchtransportlert.
• Phagozytose: Größere Partikel (Bakterien, Zellfragmente,
Vorkommen Tubuläre Invaginationen finden sich z.B. an Fremdkörper) werden in Membranvakuolen aufgenom-
quergestreiften Muskelzellen (T-Tubuli), blattförmige Inva- men, die sich aus größeren Einstülpungen entwickeln
ginationen basal in Epithelzellen der Nierentubuli tmd der (Abb. 2.17). SolcheVakuolen mit aufgenommenen größe-
Streifenstücke der Speicheldrüsen und der Plexus choroidei. ren Partikeln heifkn Phagosomen. Sie nehmen aus Zyto-
plasmatischen Transportvcsikclnlysosomale Enzyme auf
und wandeln sich in Lysosomen ttm oder verschmelzen
2.1.6 Endozytose mit Lysosomen. NLtT wenige Zellen können phagozytie-
Lösliche Stoffe, Partikel, Bakterien und Flüssigkeit können ren: Makrophagen, Neutrophilc, Eosinophile, Pigment-
in die Zellen aufgenommen, durch- und wieder ausge- epithelzellen der Retina.
schleust werden; außerdem können solche Stotre und Par- • Exozytose: Der Inhalt von Sekretgranula oder Vesikeln
tikel - genauso wie zelleigene Organellen - in der Zelle ab- wird aus der Zelle ausgeschleust
gebaut werden (Abb. 2.17). Dabei werden die folgenden
Prozesse unterschieden: Clathrinvermittelte Endozytose Die Zellmembran stülpt
• Endozytose: Oberbegriff für alle Prozesse, bei denen mit sich grubenformig ein, wobei auf der Zytoplasmatischen
Hilfe vesikulärer Strukturen Stoffe in die Zelle aufgenom- Seite Clathrinkomplcxe angelagert sind (Stachelsawngrüb-
men werden; dies erfolgt meist mittels Pino- oder Phago- chen). Clathrin ist ein großes Protein, das Trimere (Triske-
24 2 Zelle

Abb. 2.16 Basales Labyrinth einer Epithelzelle des pro-


ximalen Tubulus in der Niere (Mensch). 1 Einfaltungen der
basalen Zellmembra n; 2 Mitochondrien; 3 Basallami na (zum
Teil verdoppelt); 4 Bindegewebsraum; 5 fenestriertes Endo-
thel einer Blutkapillare mit Basallamina; 6 Erythrozyt.
~ Fenestrationen im Endothel. Vergr. 20700-fach.

Zellmembran
'

frOhes c!
"0
Endosom
"

''
Golgi-Apparat

Abb. 2.17 Pinozytose, Phagozytose, Autophagie. Makromoleküle werden durch Pinozytose, eine verbreitete Form der
Endozytose, aus dem Extrazellulärraum aufgenommen. Die entstehenden Bläschen verschmelzen mit den frühen Endosomen
(Kap. 2.4.4) und diese wiederum mit Transportvesikeln aus dem Golgi-Apparat, die Lysosomale Enzyme (saure Hydrolasen) ent-
halten. Dadurch entstehen graduell späte Endosomen. In ihnen bauen die lysosomalen Enzyme die Makromoleküle ab, die spä-
ten Endosomen werden so zu Lysosomen. Aus den frühen Endosomen können sich Vesikel ab knospen, die zur Zellmembran
zurückwandern (Kap. 2.4.4). Bakterien, Zellfragmente und Fremdkörperwerden von Makrophagen und Granulozyten durch Ein-
stülpung der Zellmembran aufgenommen (Phagozytose, rechte Bildhälfte). Intrazellulär schUeßt sich die Einstülpung zum
Phagosom. Sie nimmt Lysosomale Enzyme auf und entwickelt sich mit fortschreitendem Abbau der Partikel zu einem Lysosom.
Der Abbau überalterter oder geschädigter Zellorganellen (Autophagie) beginnt mit der Umhüllung des Organells durch Membra-
nen des endoplasmatischen Retikulums (ER, unten). Mit diesem Komplex, dem Autophagosom, verschmelzen späte Endosomen.
Mit fortschreitendem Abbau der Organellen entstehen Lysosomen. (Aus (1])
2.1 Zeltmembran 25
und t-SNARE lagern sich zusammen, wobei GTP-bindende
c Proteine der Rah-Familie diese Verbindung regulieren. Alle
Abb. 2.18 Clathrin- SNARE-Proteine verdrillen sich, pressen das Vesikel an die
bedeckte und andere Zielmembran, die Membranen verschmelzen und es ent-
Endozytosevesikel. steht eine Öffnung.

Klinik Manche phagozytotisch aufgenommenen Bakterien,


z.B. manche Salmonellen und die Mykobakterien (Erreger
lions) bildet. Diese lagern sich zu einem Geflecht aus Penta- der Tuberkulose), überleben in Phagosomen, indem sie die
und Hexagonen zusammen und tunhüllen das V csikel wie Aufnahme lysosomaler Enzyme in das Phagosom verhin-
ein Korbgellecht (Abb. 2.18). Adaptin vermittelt die Bin- dern.
dung des Clathrins an die Vesikelmembran. Die Vesikel
schnüren sich dann sehr schnell ab und werden zu clathrin-
bedecktcn Bläschen (Stachelsaumbläschen). Diese Bläschen 2.1. 7 Zelladhäsionsmoleküle und Zellkontakte
stoßen den Clathrinbelag schon nach Sekunden wieder ab Zellen stehen untereinander tmd mit der extrazellulären
und verschmelzen dann meist mit Endosomen. Schätzun- Matrix liber spezifische Membranmolekille in strukturellem
gen zufolge sind ca. 2% der Zellmembran ständig an der und funktionellem Kontakt, wodurch ein koordiniertes,
Bildung von clathrinvermittelter Endozytose beteiligt. "soziales" Zusammenspiel aller Komponenten des Gesamt-
Diese Membranvesikel transportieren organismus erst möglich wird. An Stellen, an denen ein
• an Membranrezeptoren gebundene Liganden, z. B. LDL- starker Zusammenhalt zwischen Zellen oder zwischen Zel-
Cholesterin, Transferrin und Wachstumsfaktoren (dies len und Matrix biologisch vorteilhaft ist, sind Adhäsions-
hat zur Bezcichntmg "rezcptorvermittelte Endozytose" molekiile in speziellen Strukturen, den Zellkontakten, kon-
geflihrt; es hat sich aber gezeigt, dass eine rezeptorver- zentriert (Abb. 2.19).
mittelte Endozytose auch ohne clathrinbedeckte Vesikel
möglich ist)
• extrazelluläre Flüssigkeit, die bei der Endozytose mit ein- Zelladhäsionsmoleküle
gefangen wird {"fluid phase endocytosis"). Zelladhäsionsmoleküle sind verschiedenartige Transmem-
branproteine, die in der gesamten Zellmembran vorkom-
Clathrinbedeckte Vesikcl entstehen auch aus den Zisternen men, Wechselwirkungen zwischen Zellen vermitteln und
der Transregion des Golgi-Apparats. Solche Vesikel enthal- Signale - meistens in die Zelle hinein - weiterleiten. Ztun
ten Iysosomale Enzyme. Teil werden sie nur in bestimmten Punktionszuständen
einer Zelle cxprirniert. Sie lassen sich biochemisch in 2 Klas-
Clathrin unabhängige Endozytose Auch hier entstehen sen einteilen:
zunächst grubenformige Einsenkungen, die meist Caveolae • calcitunabhängige Molckiüe, zu denen Cadherine und Se-
genannt werden und in manchen Zellen, z. B. glatten Mus- lektine zählen
kel- und Fettzellen, als konstante Strukturen vorhanden • calcitunttnabhängige Molekiile, zu denen Integrine und
sind. In den meisten Zellen schnüren sie sich als Vesikel ab. Adhäsionsmolcklile der Immwlglobulin-Superfarnilie ge-
Dies geschieht vorwiegend an den Membranstellen, die hören.
besonders viel Cholesterin enthalten ("Lipid rafts"). Im zy-
toplasmatischen Blatt der Membran findet sich meist das
Cadherine
Protein Caveolin. Caveolin wird nicht, wie das Clathrin,
abgestoßen. Die Membranvesikel transportieren flüssig- Aufbau und Bindung Zu den Cadherinen gehören mehr
keitsgelöste Moleklile, sie sind außen glatt und wandern als 180 verschiedene Proteine. Der extrazelluläre Teil des
meist zu Endosomen. Moleküls trägt meist 4 oder 5 (bis zu 30) calciumbindende
Domänen und bindet mit seinem distalen Ende an das
Andere Me mbranvesikel Auch intrazellulär können distale Ende von Cadherinen gegenüberliegender Zellen,
Membranvesikel entstehen, die den Transport zwischen indem jeweils ein molekulares Köpfchen in einer mole-
Organellen vermitteln. V esikel, die vom RER zum Golgi- k ularen Grube befestigt wird - ähnlich wie bei einem
Apparat wandern, und solche, die von der cis- zur trans- Druckknopf. Der Zytoplasmatische Teil des Molekiüs ist oft
Seite des Golgi-Apparats wandern, sind mit dem "coat pro- mit Plaqueproteinen von Zellkontakten und liber diese mit
tein" (COP) bedeckt. dem Zytoskelett verbunden.

Fusion von Vesikeln mit Zielmembranen Werm Vesikel Funktionen Cadhcrine haben adhäsive Punktionen, kön-
mit anderen Membranen verschmelzen, lagern sich Re- nen Signale ins Zellinnere übertragen - und damit Zell-
zeptorproteine (SNARE = "soluble N-ethylmaleimide sen- funktionen auslösen -, bilden Zellkontakte (Desmosomen,
sitive attachment protein receptor") zusammen, die auf Zonulae adhaerentes, Abb. 2.19) und sind an vielen anderen
der Vesikelmembran (v-SNARE) und auf der Zielmembran Funktionen, z. B. der Zell- und Organdifferenzierung, be-
(t-SNARE) vorhanden sind. Dies ist besonders gut bei syn- teiligt.
aptischen Vesikeln und Sekretgranula untersucht: Nähert
sich das Vesikel der Zielmembran, strömt zunächst Cal- Formen Bei den Cadhcrinen werden unterschieden:
citun über spannungsabhängige Calciumkanäle ins Zyto- • klassische Cadherine mit
plasma ein. An der Andockstclle werden daraufhin Aktin, - E-Cadherinen (Adhärens-Junktionen)
Piektin und andere Zytoskelettkomponenten, die an der - N-Cadherinen (Neurone, Skelett- und Herzmuskel-
Innenseite der Zielmembran liegen, beseitigt. v-SNARE zellen, Linsenfascrn, Fibrozyten)
26 2 Zelle

Verschklss des Akbn


''

~sehen
benachbarten
Zellen

/ 1nterzelklläre{
Kommunikation

Akt1n
'
Zell-Matrix·{
Verbindung
' '
' ''
fokaler
Kontakt
''
Laminin
ln'tegrine Lamina Lamina
lucida densa Abb. 2.19 Zellkontakte und
Hemldesmosom
Basallamina Zelladhäsionsmoleküle.

- P-Cadherinen (Plazenta, Brustdrüse, Epidermis) • Intrazellulär sind sie über Verbindungsproteine (Vincu-
- VE-Cadhcrinen (Endothelzcllen) lin, a-Aktinin, Talin) mit Aktin oder Keratinen, also mit
• nicht klassische Cadherine mit dem Zytoskelett, verbunden.
- Dcsmocollin (Dcsmosomen) • Extrazelluläre Bindungspartner sind Laminin und Fibro-
- Desmaglein (Desmosomen) nectin, die beide ihrerseits mit verschiedenen Kollagen-
- zahlreichen weiteren Formen, 1.. B. in Neuronen, Innen- typen (z.B. Typ- IV -Kollagen), Hcparansulfat-Proteogly-
ohr, Herz, Nierenglomeruli. kanen und Entaktinen (Nidogenen) interagieren.

Die klassischen Cadherine sind relativ eng miteinander ver- Funktionen Diese vielseitigen Moleküle sind entschei-
wandt. Sie sind meist intrazellulär i.iber Catenine mit Aktin dend am Kontakt zwischen Zelle und interzellulärer Matrix
verknüpft. Die nicht klassischen Cadherine sind nicht enger beteiligt (Abb. 2.19). Intcgrine können:
miteinander verwandt w1d haben nicht alle adhäsive Funk- • auf intrazelluläre Signale reagieren und ihre Verbindung
tionen, einige - wie 1.. B. das T -Cadherin - dienen wohl nur mit der Matrix ändern ("inside-out signaling")
der Signalübcrmittlung. Wenn sich Epithelzellen in nicht • auf extrazelluläre Reize hin intra7.elluläre Signalwege in-
epitheliale (mcsenchymale) Zellen wnwandeln, dann sind duzieren
an solchen, zwn Teil auch malignen Prozessen E-Cadherine • zwischen einem aktiven und einem inaktiven Zustand
Ul1d Proteine wie Twist beteiligt. hin- tmd herwechseln. Im aktiven Zustand bilden sie sehr
schnell molekulare Verbindungen, im inaktiven Zustand
Selektine bauen sie gar keine Verbindungen auf. Diese Fähigkeit
spielt eine Rolle, wenn Zellen entlang einer Basallamina
Bindung Sclektine verbinden sich mit zuckerhaltigen Er- oder Makrophagen durch die Bindegewebsmatrix wan-
kennungsdomänen anderer Membranproteine oder -Iipide dern.
(sind somit Lektine).
ADAM- Proteine Die integrinvermittelte Verbindung von
Funktionen Wenn Leukozyten aus Gef<if~en auswandern
tmd dazu an Endothelzellen binden, stellen Selektine den Zellen Ul1d interzellulärer Matrix kann durch ADAM-
Proteine gelöst bzw. rttckgängig gemacht werden. ADAM
ersten Kontakt zwischen Leukozyten tmd Endothel her.
stellt für "a disintegrin and metalloprotease" (ein Disinteg-
Diese Bindtmg ist noch schwach tmd reversibel tmd wird
rin Ul1d eine Metalloprotc-.:tse). Diese ADAM-Proteine ha-
schließlich durch Integrine verfestigt.
ben extra- und intrazelluläre Domänen. Die extrazelluläre
Fo rmen Bei den Selektinen werden tmterschieden: Domäne setzt sich aus verschiedenen Komponenten zu-
• P-Selektine auf Blutplättchen und aktivierten Endothelien sammen, v. a. der Disintcgrin- und der Metalloproteasen-
• E-Selektine auf aktivierten Endothelien Komponente:
• L-Selektine auf Leukozyten. • Die Disintcgrin-Komponente bindet an Integrin und
kann die Verbindung zwischen Intcgrin und extrazellu-
lärer Matrix unterbrechen.
Integrine • Die Metalleproteasen-Komponente baut Bestandteile der
Aufbau und Bindung Als Heterodimere bestehen Integ- Matrix ab und macht so Zellwanderung möglich.
rine aus 2 verschiedenen Untereinheiten (a tmd ß, Abb .
2.20) Ul1d binden sowohl an intra- als auch an extrazelluläre Das Zusammenspiel von Integrinen und ADAM-Proteinen
Proteine: spielt z. B. bei Zellwanderungen in der Embryonalzeit, bei
2.1 Zellmembran 27

fi~t;~~~~i~iä;r~~-~-j Zellkontakte
~------------ --- -- -
Aktin Zellkontakte (Zelljunktionen, Junktionen) sind strukturell
lllld ftmktionell charakterisiert (Abb. 2.19, Abb. 2.21). Struk-
V111culin turell sind sie entweder Zonulae oder Maculae: Zonulae
• sind gürtelförmig entlang der gesamten ZeHmembran aus-
gebildet, Maculae sind punktförmige Gebilde. Funktionell
-- - a-Aklinin lassen sich bei Säugetieren lllld Mensch 4 große Gruppen
von Zellkontakten unterscheiden:
• Adhäsionskontakte: Der Zellkontakt verbindet die Zelle
mit der Nachbarzelle oder verankert sie in der extrazellu-
lären Matrix. Beispiele sind die Zonula adhaerens, die
Desmosomen und die Hemidcsmosomen.
• Kommunikationskontakte: Der Zellkontakt leitet chemi-
sche oder elektrische Signale zur Nachbarzelle. Beispiele

•• a.-- --ll
s Disulfid-
sind Nexus (Gap Jtmction) und elektrische Synapsen .
• Verschlusskontakte (Barrierekont.al'te): Der Zellkontakt
verschließt (versiegelt) den Interzellulärraum zwischen
brOcke benachbarten Epithelzcllen. Ein Beispiel ist die Zonula
ocdudens (Tight Jtmction).
• Signalübermittelnde Kontakte: Dazu gehören z.B. die
Bindungs-
stellen chemischen Synapsen im Nervensystem oder die immu-
für bivalente nologischen Synapsen des Imm unsystems. Aber auch
Kationen die anderen Zellkontakte könn en eine Punktion bei der
,'
~~f
Übermittlllllg von Signalen haben.
,-"'
'
Adhäsionskontakte
Laminin Adhäsionskontakte (V erankenmgsjunktionen) sind mecha-
' '' nische Verbindungen. Hierzu zählen vor allem Zonulae
'
•' adhaerentes, Punktdesmosomen, fokale Kontakte, Desmo-
Fibronektin
somenlllld Hemidesmosomen (Abb. 2.21a-d). Diese Kon-
~------------- ---- ·

.
: Extrazellulärraum :
'
takte sind in den Epithelien besonders gut ausgebildet.
Wenn Adhäsionskontakte benachbarte Zellen verbinden,
geschieht dies mithilfe der Cadherine (mit ihrer "Druck-
Abb. 2.20 Integrine. Diese Transmembranproteine sind knopf'-Verbindung, s. o.). Ist die Zelle in der cxtrazcllulären
Heterodimere und binden gleichzeitig an intra- und extra-
Matrix verankert, dienen lntegrine als Adhäsionsmoleküle.
zelluläre Proteine. Der Zytoplasmatische Anteil des jeweiligen Proteins ist in
einer Matte (Anheftungsplaque, Plaque) intrazellulärer An-
h eftungsproteine (Plaqucprotelne) verankert, in denen auch
der Befruch tung, Angiogenese, Herzcntwickltmg, Neuro- die Filamente des Zytoskeletts befestigt sind (Abb. 2.21, Abb.
genese und auch bei der Kar7Jnomentstehtmg und -ausbrei- 2.22). Die Zytoplasmatischen Filamente sind wesentliche
tung eine wichtige Rolle. Komponenten dieser Zellkontakte. Oie Kontaktstruktur be-
steht also aus Adhäsionsmolekül, Plaqueproteinen tmd einer
Zelladhäsionsmoleküle der Immunglobulin- Zytoskelettkomponente.
Es lassen sich 2 Gruppen solcher mechanischen Kontakte
Superfamilie unterscheiden:
Aufbau Zelladhäsionsproteine mit extrazellulären irn- • Kontakte, in deren Anhefttmgsplaquc Aktinfilamente
mtmglobulinähnlichen Domänen. verankert sind
• Kontakte, in deren Anheftungsplaques intermediäre Fi-
Funktionen Diese Adhäsionsmoleküle vermitteln calc- lamente (Keratinfilamcntc) vera.nkert sind.
iumunabhängig den Kontaktzwischen Zellen.
Adhäsionskontakte mit Aktinfilamenten in der Plaque
Formen Man tmterscheidet insbesondere: Hierzu zählen Zonula adhaerens, Punktdcsmosomen lllld
• vaskuläre Zelladhäsionsmoleküle (VCAMs = interzellu- Fokalkontakte (Tab. 2.1):
läre Zelladhäsionsmoleklile = ICAMs), die sich auf Endo- • In der 0,1 -0,5 j.Ull breiten gürtel.förmigen Zonula adhae-
thelzellen finden und die Integrine auf Leukozyten binden rens bleibt der Interzellulärspalt ca. 20-40 nm weit (Abb.
• neurale Zelladhäsionsmoleküle (NCAMs), die von den 2.21a). Auf der zytoplasmatischen Seite liegen Plaque-
meisten Nervenzellen, aber auch anderen Zellen cxpri- proteine und ein Bündel von Aktinfilamenten (Abb. 2.22),
miert werden. Sie binden (homophil) an gleichartige zwischen denen auch Myosin-li-Moleküle vorkommen.
NCAMs auf benachbarten Zellen. Sie kommen oft neben Das Aktinbündel verläuft parallel zur Zellmembran ring-
den fest verbindenden Cadhcrinen auf der gleichen Zelle förmig um die ganze Zelle. Mithilfe dieses Zellkontaktes
vor lllld spielen eine besondere Rolle bei Entwicklllllg lllld können die aktinabhängigen BewegMgsvorgänge in be-
Wundheil ung. nachbarten Zellen koordiniert werden, was bei Kontrak-
28 2 Zelle
2.1 Zeltmembran 29

~ Abb. 2.21 Zellkontakte in EM-Aufnahmen (a, b, d, e; aus [1]) und Gefrierbruchpräparat (c, f; Präparate Prof. Dr. med.
Helmut Bartels, München). a: Haftkomplex (Schlussleistenkomplex) zwischen 2 Deckzellen im Epithel des Harnleiters des Men-
schen. Dieser Komplex besteht aus einer zuoberst liegenden Zonula occludens (1), einer darunter gelegenen Zonula ad haerens
(2) und an unterster Stelle Desmosomen (3). Vergr. 36500-fach. b: Desmosomen (Maculae adhaerentes), Epidermis, Mensch;
im Interzellulärraum strukturiertes Material (besteht vor allem aus Cadherinen ); der Zellmembran sind auf der zytoplasmati-
schen Seite Anheftungsproteine angelagert, in denen Keratinfilamente verankert sind. Vergr. 92 000-fach. c: Membran von
Chordazellen eines Neunauges (Lampetra fluviatilis), freigelegte protoplasmatische Membran. -+ Desmosomen, ~ Nexus. Vergr.
48000-fach. d: Hemidesmosomen an der basalen Zellmembran der Basalzellen in der Epidermis des Menschen. In die Membran-
verdichtungen der Hemidesmosomen strahlen Keratinfilamentbündel (1) ein. Zwischen basaler Zellmembran und Lamina densa
der Basallamina (2) befindet sich im Bereich der Hemidesmosomen der Epidermis elektronendichtes Material (-+). Vergr.
36600-fach. e: Zonula occludens (Tight Junction) zwischen 2 Kolonepithelzellen des Menschen. Die äußeren Blätter der Zell-
membran verschmelzen in Form von anastomosierenden leisten (im Schnittpräparat oft schwer zu erkennen) und versiegeln
den Interzellulärraum. Vergr. 115000-fach. f: Im Gefrierbruchpräparat tritt das netzartige Leistenmuster der Zonula occludens
in der Zellmembran deutlich hervor. Anordnung und Ausdehnung der Leistensysteme bestimmen die funktionellen Eigenschaf-
ten- v. a. die Durchlässigkeit- der Zonula occludens. Trachealepithel, Mensch. Vergr. 32 000-fach.

tion des Aktinbündels auch zu Verfestigtmg flihren kann. • Punktdesmosomen sind punktförmige Kontakte zwi-
Im Lichtmikroskop entspricht vor allem das Schluss- schen benachbarten Zellen. Sie sind weit verbreitet und
leistennetz diesem Ko ntaktgürtel, was z.B. in Flachschnit- kommen sogar in Synapsen vor.
ten durch das Darm- oder Gallenblasenepithel gut zu er- • Fokalkontakte sind ptmkt- oder strcifenförmige Kontak-
kennen ist. te zwischen Zellen und interzellulärer Matrix. Diese Zell-
Matrix-Kontakte kommen u.a. in der Membran von
Herz- tmd Skelettmuskelzellen und von Endothelzellen
der Arterien vor. In Zellen wie Pibrozyten können sie
Zellmembran -~:: -- Interzellulärraum kurzfristig auf- tmd abgebaut werden.
Plaque- Adhäsionskontakte mit i ntermediären Filamenten in
Proteine Akti n
•• •• der Plaque Hierher gehören die typischen Desmosomen
(Maculae adhaerentes) und Hemidesmosomen (Tab. 2.1):
• Desmosomen sind 0,1-0,5 ~ groß, ihr Interzellulär-
spalt ist 20-40 nm weit. Sie kommen vor allem in Epi-
thelien (Abb. 2.21a), aber auch anderswo, z.B. zwischen
Herzmuskelzellen und den Zellen der Arachnoidea vor.
Die Plaqueproteine sind reich entwickelt (Abb. 2.2l b,
• Abb. 2.23) und verankern intermediäre Filamente, in
'• ., .•- -a- Catelln
.
'' : : Vinculin Epithelien also Keratine. Die intermediären Filamente als
.
E-Cadhenn'
~ ~ a·Actinin wesentliche Stützkomponente des Zytoskeletts sind in
': ''- - ~-Cateni n benachbarten Zellen über die Desmosomen verbunden
'•-- p-120-Protein und fangen Scherkräfte und andere Belastungen, die auf
das gesamte Epithel einwirken, ab.
• Ähnlich verhalten sich die He midesmosomen, die die
Abb. 2.22 Zonula adhaerens. Epithelzellen an der Basallamina befestigen (Abb. 2.19,
Abb. 2.2l d, Abb. 2.24). Zu den Plaqueproteinen zählen

Zellmembran -~: · Keratinfilamente ,.. ...................... __ ,


Interzellulärraum : Zytoplasma :
'--- ----- --- --· Keratinfilamente
'

Lamina lucida Ankerfilamente


(v.a. Laminin)

''
' ..
••
••
••'
' '
Lalrina densa
·
= --- - ·Kollagen IV
''
'
Desmocollin .
• ' '- - Desmoplakin
'
\ :--Plakophilin \:::::::::;~;..J~~~~=--Kollagen 1, 111

Desmogle in Plakoglobin ' , Ankerfibrillen
(Kollagen VII)
Abb. 2.23 Desmosom mit molekularen Komponenten. Abb. 2.24 Hemidesmosom.
30 2 Zelle

Tab. 2.1 Adhäsionskonta kte .

Typ Alternative Typ Adhäsionsmolekül Proteine in der


Bezeichnung Plaque
Adhäsionskontakte mit Aktinfilamenten in der Plaque

Zonula adhaerens gürtelförmiger Cadherine (meistE- « -Aktinin, Vinculin,


Zell-Zell-Kontakt Cadherine, Abb. 2.22) « - und ß-Catenine
Punktdesmosern Typ- ll- Desmosom, punktförmiger Cadherine
Punctum adhaerens Zell-Zell-Kontakt
Fokalkontakt foka ler Kontakt punkt- oder streifen- Integrine Talin, Vinculin und
förmiger Zell-Matrix- « -Akti nin
Kontakt
Adhäsionskonta kte mit intermediären Filamenten in der Plaque
Desmosom Macula adhaerens, punktförmiger nicht klassische Cad- Plakoglobin, Desmo-
Typ-1-Desmosom Zell-Zell-Kontakt herine: Desmaglein plakine, Plakophilin
und Desmocollin u.a.
(Abb. 2.23)

Hemidesmosom Verbindung zwischen Integrin « 6ß4 und Plektin, Dystonin


Zelle und Basallamina Kollagen Typ XVII
(Abb. 2.24)

hier Piektin und Dystonin, die Integrine und Kollagen


XVII (= Protein BPJSO) mit den Keratinfilamenten ver- Vorkommen In den meisten Geweben, häufig in Epithelien
binden. Dazu s.ind sie extrazellulär mit Laminin und über und zwischen Herzmuskelzellen und Astrozyten. Sie fehlen
das Laminin mit Kollagen IV in der Lamina dens-a der in der Skelettmuskulatur und sind zwischen Neuronen sel-
Basallamina verbunden. Im Elektronenmikroskop sind ten, kommen aber im Bereich der Schmidt-Lantermann-
unter den Hemidesmosomen - in der Lamina lucida der Einkerbungen der Myelinscheiden vor.
Basallamina der Epidermis - Ankerfilamente zu erken-
nen: Dies sind Integrin, Kollagen XVII und Laminin. Aufbau Der InterzcllullärralUn ist im Bereich der Nexus
2 - 4 nm breit, was bei einer starken elektronenmikroskopi-
Merke Adhäsionskontakte (bestehen aus Adhäsionsmo- schen Vergrößerung gerade noch als Spalt (gap) erkennbar
lekül, Plaqueproteinen und einer Zytoskelettkomponente) ist. Tatsächlich wird der Interzellulärraum jedoch durch
• mit Aktinfilamenten verbunden sind: Zonula adhae- zahlreiche dicht gepackte röhrenförmige Proteinkomplexe
rens, Punktdesmosom, Pokalkontakt überbrückt. Diese "Tunnel" sind ca. 20 nm lang und haben
• mit intermediären Pilamenten verb unden sind: Des- ein hydrophiles Lum en von 1,5 - 2 nm. Sie bestehen aus 2
mosom, H emidesmosom. fest zusammengefUgten Hälften, den Conne.xonen, d. h. ein
Connexo n der einen Zelle ist mit einem Connexon der an-
deren Zelle verbunden (Abb. 2.26). Ein Nexus kann dabei
Klini k Defekte der desmosomalen Adhäsionsmoleki.Ue Des- nur ein ige wenige (th eo retisch ein) oder einige tausend
mocollin und Desmoglein verursachen Blasenbildungen in Connexone haben . Connexone werden im Zentrum der
der Epidermis. Genetische Defekte von Integrinen können Junktion ständig abgebaut und in der Peripherie ständig
ebenfalls zu Blasen bildenden Krankheiten der Haut und neu angelagert. Ihre Halbwertszeit beträgt nur wenige
anderer Organe fUhren. Stunden . Neue Connexone werden mittels vesikulären
Transports in die Zellmembran integriert und .,diffundie-
ren" dann in der Membran, bis sie auf eine Gap Junction
Kommunikationskontakt: Nexus (Gap Junction) stoßen. Bis zu ihrem Einbau bleiben sie meist geschlossen.
Nexus sind fleckfönnige "kommunikative" Kontakte unter- Jedes Connexon besteht aus 6 speziellen Proteinen, den
schiedlicher Größe (Abb. 2.2l c, Abb. 2.25). Sie koppeln Conne.tinen , die innerhalb eines Connexons identisch
verschiedene Zellen, sodass diese sich in elektrischer und sind, während es aber bei einer Verbindung mit einem an-
zum Teil auch metabolischer Hinsicht wie eine Zelle verhal- deren Connexon egal ist, aus welchen - in sich ebenfalls
ten. Ober Nexus können Phänomene wie der Zilienschlag identischen - Conncxinen dieses besteht. Die Connexin-
benachbarter Zellen koordiniert werden. In der Herzmus- Gen-Familie hat beim Menschen gut 20 Mitglieder, die je-
kulatur kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu, weil sie weils in verschiedenen Zellen exprimiert und nach ihrem
Err egung rasch und synchron weitergeben. Molekulargewicht bezeichnet werden. So hat Conncxin SO
ein Molekulargewicht von SO kD.
2.1 Zeltmembran 31

••
-
,.

• - J

.........
.\ -
\
\

a b
Abb. 2.25 Nexus (Gap Junction). a: Im Gefrierbruchpräparat besteht die Gap Junction aus einem Feld sehr dicht gelager-
ter gleich großer Membranpartikel in der Zellmembran, die den Connexonen entsprechen. In den anderen Membranarealen
locker verteilte MembranpartikeL Es sind 2 Nexus in der Membran einer Herzmuskelzelle einer fetalen Ratte zu erkennen.
Vergr. 80 OOO·fach. (Gefrierbruchpräparat Prof. Dr. med. Helmut Bartels, München). b: Immunhistochemischer Nachweis des
Connexins 43 in den Nexus der Glanzstreifen in der Herzmuskulatur ( ~ ); Vergr. 450-fach.

Interzellulärspalt Funktion Die Kanäle lassen anorganische kleine Ionen


und wasserlösliche kleinere Moleküle bis hin zu einem
Molekulargewicht von ca. 1000 D passieren, z..B. Zucker,
Aminosäuren, Nuklcotide, Vitamine und cAMP. In Sekun-
den können die Kanäle geöffnet und geschlossen werden.
Bei hohen Caldumkonzentrationen oderpH-Abfall werden
siez.. B. geschlossen. Das ist sinnvoll, weil eine verletzte Zel-
le, in die Calciwn blitzartig einströmt, dadurch abgeriegelt
werden kann.
,
,,
Connexone hydrophiler Klinik Die Mutation des Conncxins 26, das insbesondere in
(Halbkanäle) Kanal der Cochlea exprimiert ist, ist die häufigste Ursache für an-
I
'' geborene Taubheit. Bei dieser Krankheit sterben Zellen im
' -------... . . ------· Corti-Organ ab. Die Mutatio n von Connexin 50 führt zu an-
II
I · , Connexine geborener Linsentrübung (Katarakt) tmd Blindheit. Andere
(Bausteine der Connexin- Mutationen vemrsachen z. B. Myelinisienmgs-
• •• Connexone) stönmgen.

Verschlusskontakt: Zonula occludens


(light Junction)
Durch Zonulae occludentcs entsteht im Epithel eine mehr
oder weniger dichte Barriere, sodass größere und auch
kleinere Molekille nicht einfach unkoutrolliert durch den
schmalen Spaltrawn zwischen den Epithelzellen von der ei-
nen Seite des Epithels auf die andere diffundieren können.
Der (parazelluläre) Weg an den Epitl1elzellen vorbei ist ver-
schlossen. Die Zonula occludens ist fast nur in Epithelien zu
Abb. 2.26 Aufbau eines Nexus (Gap Junction). Jeweils finden. Dort kommt sie zusammen mit der Zonula adhae-
2 Connexone verbinden die benachbarten Zellen. Ein Conne- rens tmd Desmosomen vor; diese Strukturen bilden den
xon besteht aus 6 identischen Untereinheiten (Connexinen ). Haftkomplex (s. u.).
32 2 Zelle

Auf der zytoplasmatischen Seite sind diesen Proteinen ver-


Vorkommen In allen Epithelien, auch in der Epidermis. schiedene Gerüstproteine, z.B. die Zonula-occludens-Prote-
ine (ZO-Proteine, Abb . 2.27) und auch Aktin, angelagert.
Aufbau Zonulae occludentes sind gürtelf6rmige Kontakt-
zonen, in denen dicht aneinandergereihte Proteine in die Funktion Zonulae occludentes sind an jeder funktionell
Zellmembran integriert sind. Diese Proteine verbinden sich wichtigen Barriere im Org,mismus beteiligt (nur in der Pla-
direkt mit entsprechenden Proteinen in der Nachbarzelle zenta ist ein Synzytium ausgebildet), außerdem beeinflus-
und bilden so Verschlussleisten (Abb. 2.27, Abb. 2.28), mit sen sie den elektrischen Widerstand zwischen Apikalregion
denen der Interzellulärraum abgeriegelt wird (Abb. 2.2le, und Basis des Epithels:
f). Zu diesen Proteinen gehören: • Mechanisch e Abdichtung: Zonulae occludentes dichten
• Claudine (ca. 20 verschiedene Formen beim Menschen) die Epithelien nicht immer vollständig ab, Claudine kön-
• Occludin nen Poren bilden, die kleine Ionen oder Wasser passieren
• Tricellulin (wo 3 Zellen aneinandergrenzen). lassen. Diese Poren varüeren je nach Organ und Stoff-
wechselbedürfnissen: Im Epitl1el der Harnblase können
kleine anorganische Ionen z. B. 10 000-mal schlechter
passieren als im DarmepitheL Ein spezifisches Claudin
(Claudin 16) in den Nierentubttli erlaubt den Durchtritt
von Magnesittm aus dem Tubuluslumen zurück ins Blut.
Interzellulärraum
• Elektrische Abdichtung: Von der Zahl der Verschluss-
leisten hängt der Widerstand zwischen Apikalregion tmd
Basis des Epithels ab: Elektrisch dich te Zonulae occlu-
Z0·2 Z0-1 Z0-3
' ' ' ' Aktin dentes b esitzen viele (bis zu ca. 10) Verschlussleisten,
: elektrisch durchlässigere nur 2 -3 (z. B. in Endothelien).

Die Zonula occludens trennt ftmktionell den apikalen und


basolateralen Bereich der Zellmembran und verhindert die
laterale Diffusion von Membrankomponenten aus der Api-
kalmembran in die basolaterale Region. Dadurch wird die
Polarität einer Epithelzelle als Bedingtmg ftir gerichtete
Transportprozesse gewährleistet.

Klinik Bei Mutationen von Claudin 16 in der Zonula ocdu-


dens kommt es zum seltenen Krankheitsbild des renalen
Magnesiumverlustsyndrorns. Magnesium kann nicht mehr
aus dem Tubuluslumen zurück ins Blut gelangen und wird
renal ausgeschieden.

Abb. 2. 27 Aufbau einer Zonula ocdudens


(Tight Junction). Signalübertragende Junktionen
Insbesondere die chemischen Synapsen im Nervensystem
Interzellulärraum übertragen Signale. In ihnen gibt es Zelladhäsionsmoleküle
------- ---- Membran
Membran ----. Zelle 2 (Cadherine, Nettroligine) tmd - attf der postsynaptischen
Zelle 1 Seite - auch Plaq ucproteine, die Rezeptor- und Adhäsions-
proteine an Ort und Stelle halten und mit dem Zytoskelett
verbunden sind (Kap. 2.6).

Verschlussleisten Besonderheiten
Haftkamp lexe Haftkomplexe (Schlussleistenkomplexe,
junktionale Komplexe) liegen in Epithelien und bestehen
von apikal nach basal immer aus Zonula occludens, Zonula
adhaercns und Dcsmosom. Pür diese konstante Anordnung
sind u. a. verschiedene Gerüstproteine verantwortlich. Die-
sen Gerüstproteinen sind ftmktionell die Plaqueproteine
, ---- zytoplasmatisches der Zonula adhaerens, und damit die ganze Zonula adhae-
Blatt der rens, eng verbtmden. So wird u. a. die Zonula occludens an
Zellmembran ihrem Platz gehalten. Antikörper gegen Cadherine schrän-
'-- äußeres Blatt der
Zellmembran ken nicht nur die Bildung der Zonula adhaerens, sondern
auch der Zonula occludens ein.
Abb. 2. 28 Zonula occludens (Tight Junction) im drei·
dimensionalen Schema. Die Zonula occludens ist durch ana- Vorübergehend bestehende Kontakte Leukozyten bau-
stomosierende Verschlussleisten gekennzeichnet, die aus en oft mithilfe von L-Selektin oder Integrinen (Kap. 2.1.7)
speziellen Membranproteinen aufgebaut sind. vorübergehend bestehende Kontakte zu anderen Zellen attf.
2.2 Zellkern (Nukleus) 33

2.2 Zellkern (Nukleus)


------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Die Hauptbestandteile eines Kerns sind • der Nukleolus
• die Kernhiille • die Kernmatrix.
• das Chromatin (Komplex aus DNA und Proteinen, er-
scheint in der Mitose in Gestalt der Chromosomen)

Auffälligste Struktur einer eukaryotischen Zelle ist der Zell- Bestandteile Kernhiillen bestehen aus einer äußeren und
kern. Typischerweise hat jede Zelle einen Kern; sekundär einer inneren Kernmembr.m, zwischen denen sich die ca.
geht er in den ausdifferenzierten Erythrozyten verloren. Sel- 20 nm weite Perinuklearz.isterne befindet (Abb. 233):
ten sind Zellen mehrkernig (z. B. Osteoklasten und Skelett- • Die äußer e Kern membran trägt oft Ribosomen.
muskelzellen). Der Kern nimmt ca. 1 5~ des Zellvolwnens • Der inn eren Kern membran liegt innen die Kernlamina
ein. Die Gestalt w1d Struktur des Kerns sind für jeden Zelltyp (Lamina nuclearis) an. Sie ist eine 30-100 nm dicke
kennzeichnend, und es ist daher sehr oft die Kernmorpho- Schicht aus Intermediärfilamenten (den Kernlaminen,
logie, die die Diagnose eines Zelltyps ermöglicht (Abb. 2.3, Kap. 2.6.3). Die innere Kernmembran ist außerdem mit
Abb. 2.4, Abb. 2.29, Abb. 2.30). Auch ftmktionelle Kernpha- dem Chromatin verbunden.
senlassen sich gut sichtbar machen (Abb. 2.31, Abb. 2.32).
Kernporen Die Kernhülle enthält typischerweise 1000 bis
4000 Kernporen (Kernporenkomplcxe, Abb. 2.34, Abb.
2.2.1 Kernhülle 2.35); bei wenig stoffwechselaktiven Zellen deutlich weni-
Die Kernhülle ist ein spezieller Abschnitt des rauen endo- ger. Die oktogonalen Poren setzen sich aus mehreren Ko-
plasmatischen Retikulums (RER), der mit dem RER im Zy- pien von ca. 30 Proteinen zusammen, den Nucleoporinen.
toplasma in Verbindung stehen kann. Sie bestehen aus folgenden Komponenten (Abb. 2.35):

~
Abb. 2.30 Zellkerne.

Abb. 2.29 Kernmorphologie in einem Ausschnitt aus der Abb. 2.31 Proliferierend e Zell kerne reagieren mit dem
inneren Wand der Harnblase (Mensch). Von der Basis bis zur *),
Ki-67 ·Antikörper ( Braunfarbung). Apokrine Duftdrüsen (
Oberfläche des Epithels (1) werden die Kerne der ganz dicht Achselhöhle, Mensch. Vergr. 450-fach.
beieinanderliegenden Epithelzellen größer und verändern
ihre Forn1. Die durch die Bindegewebsmatrix (2) getrennten
Fibrozyten des Bindegewebes haben dagegen kleinere,
flache, dunklere Kerne (-+). Plastikschnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 500· fach.
34 2 Zelle

....

••..

••
..
••
• ..
'• .. •• -
•'•
.•
111



*

·'"-•••

• •......••
... • . ..,.. :;·
... :
..
• "'o •
• 111 .. .

• ..,
.~
• ..
•......• ••

Abb. 2.32 Zellkerne der Epithelzellen. Immunhistoche-


mischer Nachweis des Östrogenrezeptors in den Kernen der
Epithelzellen (Braunfärbung) einer nicht Laktierenden Brust-
drüse (* , Mensch). Vergr. 240-fach.
a
• dem zentralen zylindrischen Porenkomplex, bestehend /
aus einem ca. 9 nm weiten und 15 nm langen zentralen
Transportkanal (Säulenkomponente) tmd 8 radiären
Speichen
• einem inneren und einem äußeren oktagonalen Ring, die
aus je 8 Proteinkomplexen bestehen
• vom äußeren Ring ausgehenden (zytoplasmatischen)

Proteinfibrillen
• einer vom inneren Ring ausgehenden korbähnlichen •
~

Struktur, dem Kernkorb. •-'

Stoffaustausch Durch die Kernporen hindurch gelangen


'< --
Stoffe vom Zytosol in den Kern und umgekehrt. Dieser .-
Austausch ("trafficking") ist sehr effektiv, bis zu 500 Makro-
moleküle werden pro Sekunde durch die Poren geschleust.
Kleinere Moleküle (< 5 kD) diffundieren dabei frei dttrch
die Kernporen, größere Proteine werden an Rezeptoren
gebunden und ein- bzw. ausgeschleust Dieser Im- tmd Ex-
port in und aus dem Kern ist prinzipiell gleichzeitig mög-
lich. Er erfordert Energie, die in einem komplexen Prozess
dttrch Hydrolyse von GTP durch die monomere GTPase
Rau erzeugt wird: •
'\ b
• Proteine mit Zielort Zellkern, z. B. Histone, sind mit einer
Kernerkennungssequenz versehen. Spezifische, lösliche, Abb. 2.33 Kemhülle. a: Anschnitt eines Kerns einer
zytosolische Kernimportrezeptoren binden diese Proteine exokrinen Pankreaszelle (1) der Ratte mit 2 Kernporen (2).
und wandern mit ihnen .,im Gepäck" entlang der Poren- An den Poren gehen innere und äußere Kernmembran inein-
wand dttrch die Kernporen in den Kern. Dttrch eine ein- ander über, sodass punktförmig die perinukleäre Zisterne
zelne Pore können ca. 100 Histonmoleküle pro Minute verschlossen wird(-+). 3 Heterochromatin. Vergr. 78000-
geschleust werden. Im Kern dissoziiert der Rezeptor von fach_ (Aus (1]). b: Gefrierbruchpräparat der Oberfläche des
seiner Pracht und kehrt ins Zytoplasma zttrück. Zellkerns einer Follikelepithelzelle der Schilddrüse. In der
• Der Export aus dem Kern verläuft ähnlich: Die Moleküle inneren Kernmembran sind die Kernporen (-+) gut erkenn-
haben ein Erkennungssignal, das sich mit exportierenden bar, die Perlnuklearzisterne (* )und die äußere Kernmemb-
Rezeptoren verbindet. Auch hier kehrt der exportierende ran (1) sind ebenfalls erkennbar. Meerschweinchen. Vergr.
Rezeptor in den Kern zurück. 19 000-fach.
2.2 Zellkern (Nukleus) 35

Abb. 2.34 Kern mit


zahlreichen Kernporen (1)
einer Leberzelle (Ratte).
Flachschnitt durch die Peri·
pherie. Die Kernporen sind
meist kreisformig (lichte
Weite hier ca. 35 nm) und
zeigen bei geeigneter
Schnittführung eine zentrale
punktförmige Verdichtung
(~).Weitere Einzelheiten
sind jedoch wegen zu ge·
ringer Auflösung nicht zu
erkennen. Vergr. 48 000·
fach. (Aus [1))

Säulenkomponente geladenen Proteine -je 2 Moleküle der Histone H2A, H2B,


: zytoplasmatische H3 und H4- bilden ein scheibenförmiges, positiv geladenes
: Fibrillen
••• • Gebilde, das Histon-Oktamer (= Nukleosomenkern). Um
..
'


'' dieses legt sich 1,7-mal die negativ geladene DNA-Doppel-
helix. Die Histon-Proteine und die DNA bilden zusammen
ein Nukleosom (Abb. 2.36). Die zwischen Nukleosomen
liegenden kurzen DNA-Abschnitte bezeichnet man als
Linker-DNA. Sie sind mit Histon-Proteinen der Klasse Hl
· · · · · · · äußerer Ring assoziiert. Nukleosomen und Linker-DNA bilden gemein-
luminale sam eine Chromatinfibrille. Diese ist während der Mitose
KernhOlle --- Komponente stark kondensiert und bildet ein Chromosom, im Inter-
phasekern dagegen ist sie mehr oder weniger aufgelockert
Lamina • - innerer Ring
nuclearis (dekondensiert).

Nicht-Histon-Proteine Mit dem Nukleosom sind Nicht-


Histon-Proteine, vor allem Enzyme, assoziiert, so z. B. H is-
ton-Acetyltransferase, Histon-Deacetylase, Histon-Methyl-
Kernkorb Speichen transferase, Histonkinasen und ATPasen. Sie spielen eine
wesentliche Rolle bei der Nukleosom-Ummodellienmg
Abb. 2.35 Wichtige Komponenten einer Kernpore in der (Abb. 2.37). Dieser Begriff bringt zum Ausdruck, dass die
Kern hülle. N ukleosomen dynamische Strukturen sind. Die DNA kann
sich innerhalb von Millisekunden vom Nukleosomenkern
abheben und auch sofort wieder an ihn anlegen. Das er-
Im- und exportierende Rezeptoren werden von dersel- möglicht z.B. die Anlagerung oder Ablösung sequenzspezi-
ben Genfamilie codiert und gemeinsam Karyopherine ge- fischer DNA-Bindungsproteine an die DNA.
nannt.
Kondensationsgrad des Chromatins
2.2.2 Chromatin bzw. der Chromosomen
Chromatin ist ein makromolekularer Komplex im Zellkern, Eu- und Heterochromatin Im Interphasekern liegen die
der aus DNA, Histon - und anderen Proteinen besteht. Chromosomen in aufgelockertem Zustand vor. Der Grad
der Auflockerung ist unterschiedlich:
• Stark aufgelockertes Chromatin (Abb. 2.38) wird Euchro-
Aufbau matin genannt; es macht oft gut 10% des Gesamtchro-
DNA und Histon-Proteine Der doppelsträngige DNA- matins aus. Die DNA des Euchromatins wird in RNA
Faden bildet in der Interphase ein insgesamt ca. 2m langes, umgeschrieben (transkribiert). Dabei entstehen alle RNA-
auf 46 Chromosomen verteiltes feinfädiges Gebilde und Pormen mit Ausnahme von ribosomaler RNA (rRNA),
kann nur im Zellkern untergebracht werden, wenn er kom- die im Nukleolus transkribiert wird (s.u.). Am Euchro-
primiert ist. Dafür ist die DNA abschnittsweise um Histon- matin entstehen also z.B. messenger-RNA (mRNA) und
Proteine gewickelt. Jeweils 8 dieser basischen, d.h. positiv transfer-RNA (tRNA), die an der Proteinsynthese betei-
36 2 Zelle

• ·, Metaphasen Chromosom
1400-~ ~.;---- (zwei Chromatiden)
nm ••
·-- .~
• •
••
..
.,~ '"
••
..
,." "


• ---------kondensierte Chromatinfibrille
700-i
nm :

' .....
•••
•••
•• •
•• •
••

300-i
nm ____________ .....• aufgelockerte

-
Chromatinfibrille

•• .•••
__ ....·· ··.
•• •
••
••• Abb. 2.36 Aufbau des Chromatins
•• ••
.. -- •• • und seine Veränderungen bei - von
unten nach oben - zunehmender
Kondensierung vor der Zellteilung.


Oie ONA-Ooppelhelix (unten) verläuft
30-~ entweder frei (Linker-ONA) oder ist in
nm: regelmäßigen Abständen um Histon-

Oktamere gewickelt. ONA und Histon-
....... Oktamere bilden die Nukleosomen. So
Hi ston-Oktamer--, entsteht eine ChromatinfibriUe, in der
"--Nukleosom die Nukleosomen wie Perlen in einer
DNJ;>. '

Perlenkette liegen .

• Oie Chromatinfibrille kann kondensiert
••• werden - in zunehmender Packungs-
~. 11 perlenkettenförmige dichte -, bis sie als Chromosomen
nm Chromatinfibrille (oben) sichtbar werden. Vor der Zell-
... __ ,
• • teilung verknüpfen Condensine
~ (Proteine) schleifenförmige GebiWe,
•' '• • •• sodass die Chromatinfibrillen stark
•• •
,. •• •• • -...... • •• kondensiert sind. Im Interphasekern
sind die Chromatinfibrillen wenig kon-
,- ....
2 nm -~ - · ·· ···· ··-· DNA-Doppelhelix
densiert und bilden weit auseinander-
.!. ..... liegende Schleifen .

ligt sind, small nuclear RNAs (snRNAs), die u. a. am Spli- Im histologischen Präparat ist die Trennung in Eu- tmd
cing der prä-mRNA beteiligt sind, tmd small nucleolar Heterochromatin immer sehr klar erkennbar. Molekular ist
RNA (snoRNA), die rRNA modifiziert. die Trennung wohl weniger scharf. Das morphologische
• Kondensiertes Chromatin (Abb. 2.38) wird Hetero- Muster, das Eu- und Heterochromatin in einem Kern bilden
chromatin genannt; es kann bis zu 90% des Gesamt- (Chromatinmuster), ist für die einzelnen Zelltypen recht
chromatins ausmachen. Die DNA des Heterochromatins konstant tmd typisch und ist ein sehr wichtiges diagnos-
wird nicht transkribiert. Die Nukleosomen sind be- tisches Kriterium für das Erkennen eines Zelltyps.
sonders dicht gepackt, und hier treten auch besondere
Proteine auf, die das Heterochromatin formen und er- Barr-Körperchen Bei der Frau wird in den somatischen
heuten. Zellen eines der beiden X-Chromosomen inaktiviert, wäh-
rend in der Keimzelllinie (Oozyten) beide aktiv bleiben.
Welches der X-Chromosomen inaktiviert wird, bleibt dem
2.2 Zellkern (Nukleus) 37

Wieder-
herstellung
der Standard-
Nukleosomen
i Anheftung
DNA-bindender
Proteine
r ()~
U <:?

Abb. 2.37 Zyklische Veränderungen der Nukleosomen.


In diesem Modell werden Standardnukleosomen (1) durch
einen Ummodellierungskomplex A (grünes Feld) so angeord-
net (2), dass sich DNA-bindende Proteine anheften können
(3). Diese können bei der Genexpression, der DNA-Replika-
tion und der DNA-Reparatur eine Rolle spielen. In manchen
Fällen kann ihre Bindung zum Zerfall des Nukleosomenkerns
führen, sodass nukleosomenfreie DNA-Abschnitte entstehen.
Andernfalls lösen sich die DNA-bindende Proteine von den
Nukleosomen und ein anderer Ummodellierungskomplex la- Genexpression,
gert sich an (4, grüne Fläche) und stellt die Ausgangssitua- DNA-Replikation und
tion wieder her. Möglicherweise kann aber auch ein einzel- andere Prozesse, die
Zugang zur an die
ner Komplex beide Reaktionen katalysieren. (Modifiziert Nuldeosomen gebundenen
nach (12]) DNA erfordern

Abb. 2.38 Hetero- und


Euchromatin. Kugelfdrmiger
Zellkern mit glatter Oberflä-
che und deutlichem Kern-
körperehen (Nukleolus, 2)
aus einer exokrinen Zelle des
Pankreas der Ratte. Das elek-
tronendichte, feingranuläre
Material im Kern entspricht
kondensiertem, inaktivem
Chromatin (= Heterochroma-
tin), das am Nukleolus (1),
innen an der Kernhülle
(4, mit Unterbrechung an
den Kernporen, .... ) und auch
im übrigen Kern unregel-
mäßig gestaltete Körper
bildet. Aufgelockerte, helle
Kernbezirke bestehen aus
Euchromatin (3). Vergr.
19 000-fach. (Aus (1])

Chromosomen
Zufall überlassen. Das inaktive X-Chromosom ist in vie- Die Chromatinfibrillen sind auf die Chromosomen verteilt,
len Zellen als Ban-Körperehen an der inneren Kernmem- die man aber nur während der Mitose bzw. Meiose erken-
bran sichtbar, am Kern der NeutraphiJen als Trommel- nen kann.
schlägel.
38 2 Zelle

Zahl und Art der Chromosomen


Somatische Zellen In den somatischen Zellen des Men-
schen finden sich 46 Chromosomen, die 23 Paare bilden
(doppelter Chromosomensatz = diploider Zustand). Die c
jeweils zusammengehörigen 2 Chromosomen eines Chro- Abb. 2.39 Riesen-
mosomenpaars werden homologe Chromosomen genannt chromosomen.
und stammen von der Mutter bzw. dem Vater. Man unter-
scheidet 44 Autosomen (22 Autosomenpaare, die von
1 -22 durchnwnmericrt werden) und 2 Geschlechtschro- plikation gehen einige Nukleotide am Telomer verloren.
mosomen (Gonosomen: X und Y). Solange dies nur die nicht kodierenden Sequenzen der
Telomere betrifft, hat dies keine Konsequenzen. Werden
Merke Der Karyotyp, d.h. Anzahl und Art der Chromo- jedoch schließlich Teile von Genen nicht mehr repliziert,
somen, lautet bei einer normalen Frau "46,XX" und bei hört die Zelle aLLf, sich zu teilen, w1d stirbt ab.
einem normalen Mann "46,XY".
Telomera se Embryonale Zellen cxprimieren das Enzym
Keimzellen In reifen Keimzellen des Menschen finden Telomerase, das die Telomere verlängert. Die nonnalen
sich nur 23 Chromosomen (einfacher Chromosomensatz = Zellen des erwachsenen Menschen cxprimieren die Tele-
haploider Zustand). Auf diesen 23 Chromosomen liegen merase nicht, sodass sich die in der Embryonalzeit angeleg-
beim Menschen ca. 30000-40 000 Gene, die insgesamt aus ten T elomere schrittweise verbrauchen. Die ursprünglich e
gut 3 Milliarden Basenpaaren bestehen. Ein Chromosom Länge der Telomere bestimmt möglicherweise auch dieLe-
besitzt ca. 700 - 4000 Gene, wobei es kleine Gene aus z. B. bensdauer jedes Individuwns. Die Zellen einiger Tiere (z. B.
1500 Basenpaaren und große Gene aus z. B. 2 Millionen Fische, Reptilien, manche Vögel) exprimieren die Tclome-
Basenpaaren gibt. Bemerkenswert ist, dass im menschli- rase ständig, ebenso Tumorzellen des Menschen; sie sind
chen Genom nur ca. 5 ~ der DNA Gene sind, also Informa- daher potenziell lmsterblich. Bei manchen Tieren verkür-
tion über Proteine oder Ribonukleinsäuren enthalten. zen sich die Tclomcre zwar in den ersten Lebensphasen,
verändern sich dann aber jahrelang nicht mehr. Bei ein-
Klinik Anomalien d er Chromosomenzahl entstehen durch zelnen langlebigen Vögeln (z.B. Kormoranen, sie werden
Fehler bei den meiotischen Teilungen und sind fiir zahl- bis zu 60 Jahre alt) wurde sogar eine Verlängenmg der
reiche Aborte verantwortlich. Bei Monosemie liegt in derbe- Telomere im Erwachsenenalter beobachtet.
fruchteten Eizelle nur eines der homologen Chromosomen
vor, z.B. beim Turner-Syndrom der Frau nur 1 X-Chro- Querbandenmuster Während der Mitose zeigen Chro-
mosom (45,XO). Bei Trisomien liegt ein bestimmtes Chro- mosomen nach Färbung mit verschiedenen Techniken ein
mosom (z.B. Nr. 21 bei der relativ häufigen Trisomie 21 spezifisches Querbandenmuster (Abb. 2..39): Nach Giemsa-
[Down-Syndrom)) in der befruchteten Eizelle in dreifacher FärbLmg mit kurzer Trypsinisierung entsteht die sog. G-
Ausfertigungvor (47,XX t 21). Bänderung. Die G-Banden entsprechen spät replizierenden
Bereichen bzw. heterochrornatischen Abschnitten.
Struktur der Chromosomen
Zentromer Jedes Chromosom hat ein Zentromer. Hier
2.2.3 Nukleolus
liegt die sog. primäre Einschni.irung, die das Chromosom Der Nukleolus(= Kernkörperchen) ist eine kleine, oft kuge-
in einen kurzen und einen langen Arm teilt. Hier werden lige StniktLLr im Zellkern (Abb. 2.2, Abb. 2.38). Er enthält
die Schwesterchromatiden zusammengehalten und hier die Gene, die fLir ribosemale RNA (rRNA) kodieren. Beim
entsteht das Kinetochor, die Ansatzstelle der Kinetochor- Menschen liegen im diploiden Genom ca. 400 Kopien der
mikrotubuli bei der Zellteilung. Das Zentromer ist also der rRNA-Gene vor. Sie sind allf5 Paare homologer Autosomen
DNA-Abschnitt, der bei der Zellteilung dafür sorgt, dass (die akrozentrischen Autosomen, s.o.) verteilt und jeweils
je eine der verdoppelten Chromatinfibrillen in eine Toch- an einer sog. sckLmdären Ei nschnürung zur N ukleolus-
terzelle gelangt. Das Zentromer liegt in einem Heterochro- Organisator-Region (NOR) zuscunmengefasst. Die Chro-
matinabschnitt. Die Chromosomen 13, 14, 15, 21,22 und Y mosomen liegen dicht beieinander, sodass auch im elek-
heißen akr ozentrisch, weil das Zentromer bei ihnen fast tronenmikroskopischen Bild meist nur ein Nukleolus zu
am Chromosomenende liegt. Auf den kurzen Armen der sehen ist.
akrozentrischen Autosomen (13, 14, 15, 21, 22) liegt die
Nukleolus-Organisator-Region (NOR) mit rRNA-Gcnen. Aufbau Strukturell lassen sich im Nukleolus 3 Haupt-
Hier entsteht nach der KemteilLmg der Nukleolus (s.u.). komponenten unterscheiden, die im transmissionselek-
Der distal von ihr gelegene Endabschnitt der kurzen Arme tronenmikroskopischen Präparat meist deutlich erkennbar
dieser Chromosomen wird Satellit genannt. Die DNA der sind:
Satellitenregion enthält keine Gene und ist polymorph. • relativ helle fibrilläre Zentren (fibrilläre Lakunen), die aus
dem Chromatin der NOR bestehen, also im Wesentlichen
Telomere Der Endabschnitt der Chromosomenarme DNA enthalten
heillt Telomer. Die Telomere bestehen aus einer nicht ko- • dichte fibrilläre Komponenten (Pars fibrosa), in der die
dierenden (keine Information flir die Proteinsynthese ent- rRNA modifiziert und prozessiert wird (z. B. rRNA-Spli-
haltenden), kurzen, sich häufig wiederholenden (repeti- cing)
tiven) Sequenz. Beim Menschen lautet diese Sequenz • eine granwäre Komponente (Pars granLLlosa), die den
GGGTTA und wird gut 1500-mal wiederholt. Bei jeder Re- fertigen ribosemalen Untereinheiten entspricht.
2.4 Zellorganellen 39

Der rRNA lagern sich im Nukleolus die Proteine der Ribo- deren RNA-Typen und Bildung anderer RNA-Protein-
somen an, die im Zytosol synthetisiert tmd in den Kern im- Komplexe.
portiert werden. Es entstehen hier somit auch die 2 Unter-
einheiten der Ribosomen:
• Mit dem 18S-rRNA-Moleküllagern sich ca. 30 Proteine
2.2.4 Kernmatrix
im Nukleolus Zltr kleinen ribosomalen Untereinheit (40S) Es gibt im Kern- außer Chromatin und Nukleolus- Regio-
zusammen. nen mit tmterschicdlichen biologischen Eigenschaften, die
• Mit den 5.8S-, 28S- und SS-rRNA-Molekülen lagern sich vermutlich dynamischen Charakter haben tmd in bestimm-
ca. 50 Proteine im Nukleolus zur großen ribosomalen ten Situationen auf- und abgebaut werden können. An der
Untereinheit (60S) zusammen. Entstehung solcher poröser und gelartiger Regionen sind
vermutlich Proteine und besondere RNA-Molekille beteiligt.
Die 2 ribosomalen Untereinheiten verlassen getrennt den So können sich z.B. in eigenen Kernregionen aktive Gene
Kern und lagern sich erst im Zytoplasma zwn Ribosom zu- verschiedener Chromosomen konzentrieren, tmd in ande-
sammen. ren Regionen sammeln sich inaktive Gene. Außerdem gibt
es im Kern Strukturen, z.B. die Cajal-Körperchen, in denen
Funktion Im Nukleolus werden die rRNA-Gene dmch spezifische Molekülkomplexe aus Proteinen und nicht ko-
die RNA-Polymerase I transkribiert. Je größer der Nuk- dierenden RNA-Fonnen gespeichert und neu formiert wer-
leolus ist, desto mehr Ribosomen gibt es tmd desto inten- den, die eine Rolle beim RNA-Prozcssieren und bei der
siver ist die Proteinsynthese. Der Nukleolus hat darüber Genexpression spielen. Ob es ein eigenes Kerngerüst gibt,
hinaus zusätzliche Punktionen, v. a. die Produktion der an- das z.B. die Chromosomen positioniert, ist sehr wnstritten.

2.3 Zytosol
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Das Zytosol ist die wässrige Grundsubstanz einer Zelle, in Viele Prozesse im Intermediärstoffwechsel finden im Zy-
die alle Organellen und das Zytoskelett eingebettet sind. tosol statt.

Das Zytosol ist die flüssige zelluläre Grundsubstanz des Zy- abbaus. In ihm finden die Prozesse des Intermediärstoff-
toplasmas, in die Zytoskelett, Organellen und Einschlüsse wechsels statt. Das Zytosol ist ein wichtiger Verkehrsraum
eingebettet sind. Das Zytosol ist ein wässriges Medium, das z.B. fiir Ionenströmc, den Austausch von Stoffen zwischen
tunso visköser ist, je mehr das in ihm liegende Aktin ver- den Organellen oder den Transport von Vesikeln. Sein pH-
netzt ist. Es macht rund 50% des Zellvolwnens aus. Es ist Wert beträgt 7,2. Dieser pH-Wert des Zytosols wird dmch
Ort der Proteinsynthese und zum Teil auch des ProteiD- Pwnpen in der Zellmembran aufrechterhalten.

2.4 Zellorganellen
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Die Zellorganellen sind überwiegend membranbegrenzte • die multivesikulären Körper
Struktttren im Zytoplasma mit jeweils spezifischen Funk- • die Peroxisomen
tionen. Sie sind erst im Elektronenmikroskop klar analy- • die Mitochondrien
sierbar. Zu ihnen zählen: • die Melanosomen.
• das raue tmd das glatte endoplasmatische Retikulum
• der Golgi-Apparat Nicht von einer Membran begrenzte Organellen sind z.B.
• die Lysosomen Ribosomen, Zentriolen tmd Kinozilien.

Das Zytoplasma enthält einerseits membranbegrenztc, aber 2.4.1 Ribosomen


andererseits auch nicht von einer Membran begrenzte ma-
kromolekulare Struktllfen mit spezifischen Funktionen, die Die Ribosomen sind die großen makromolekularen zyto-
Zellorganellen gcnarmt werden. Die typischen membran- plasmatischen Struktmen, an denen die Proteinsynthese
begrenzten Organellen besitzen eine spezifische Ultrastruk- stattfindet. In einer eukaryotischen Zelle gibt es bis zu 1 Mil-
tur, die im elektronenmikroskopischen Präparat gut zu er- liarde Proteinmolekillc, die sich auf bis zu l 0 000 verschie-
kennen ist. Zu den nicht von einer Membran begrenzten dene Proteine verteilen. In aktiven Zellen stellen ungcfahr
Organellen zählen große makromolekulare Komplexe wie 10 Millionen Ribosomen diese Proteine her. Fiir den Aufbau
Ribosomen, Protcasomen, Zentrosomen, Zentriolen und eines Proteins benötigen sie meist nur einige Minuten.
Kinozilien.
40 2 Zelle

Aufbau Ribosomen sind ca. 20 nm groß und kommen


frei im Zytoplasma vor oder sind mit der Membran des
endoplasmatischen Retikulums (ER) verknüpft (s. u.). Freie
Ribosomen können zu membrangebundenen werden und
membrangebundene Ribosomen können in das Zytoplas-
c
Abb. 2.40 Spiralförmige
ma zurückkehren. Preie und membrangebtmdene Ribo- Polyribosomen.
somen sind strukturell und funktionell gleichartig: Jedes Ri-
bosom besteht insgesamt aus ca. 80 meist in der Peripherie
liegenden Proteinen und vier im Zentrum konzentrierten
rRNA-Molekülen. Es besteht zu einem Drittel aus Protein
und zu zwei Dritteln aus rRNA. Proteine und rRNA vertei-
len sich auf2 zunächst noch getrennte Untereinheiten: eine
kleine (40S) und eine große (60S). Die kleine Untereinheit
besteht aus nur einem großen rRNA-Molekül tmd bindet aAbb. 2.41 Endoplasmati-
mRNA, die die Information zur Aminosäuresequenz eines
Proteins trägt. Mit Beginn der Proteinsynthese verbinden • sches Retikulum.
sich die beiden Untereinheiten zum kompletten Ribosom,
das im Laufe des Aufbaus der Aminosäurenkette am langen
mRNA-Molekül entlang wandert. Die benötigten Amino-
säuren werden mithilfe der tRNA zur kleineren Unterein- Raues endoplasmatisches Retikulum (RER)
heit des Ribosoms gebracht. Die in der mRNA enthaltene Funktion
genetische Information wird in die Aminosäurensequenz
übersetzt (franslation). Die große Untereinheit katalysiert Proteine, die von Ribosomen am RER gebildet werden, sind:
die Verknüpfung der Aminosäuren. • für die Sekretion bestimmte Proteine, die zum Golgi-Ap-
parat wandern, dort in Granula verpackt werden und
Synthetisierte Proteine Freie tmd membrangebundene weiter an die Zelloberlläche wandern, wo sie per Exozyto-
Ribosomen haben zwar dieselbe Struktur tmd Funktion, die se freigesetzt werden
an ihnen synthetisierten Proteine erfüllen jedoch un- • Iysosomale Enzyme, die ebenfalls über den Golgi-Apparat
terschiedliche Aufgaben: in die Lysosomen wandern
• An freien Ribosomen gebildete Proteine werden im Zyto- • Membranproteine, die in die Zellmembran oder die
plasma, im Zellkern, in Mitochondrien und Peroxisomen Membran von Organellen transportiert werden.
benötigt.
• An membrangebundenen Ribosomen gebildete Proteine Im RER werden außerdem fast alle Lipide der Zelle gebildet,
sind für die Sekretion, die Zellmembran oder die Lyso- auch die Lipide des Milchfetts in den Drüsenzellen der
somen bestimmt (s. u.). Milchdrüse.

Die Synthese der letztgenannten Proteine beginnt an einem Proteinsynthese und Transport ins RER Für Proteine,
freien Ribosom mit der Bildung eines Signalpeptids, das an die am RER synthetisiert werden sollen, wird zunächst ein
ein Signalerkennungspartikel (SRP) bindet. Das SRP leitet an freien Ribosomen erstelltes Signalpeptid gebildet, das
das wachsende Protein mlt dem Ribosom zur Membran des an ein Signalerkennungspartikel (SRP) bindet. Das SRP di-
ER. Dort heftet sich das Ribosom, vermittelt durch den SRP- rigiert die beteiligten Ribosomen ans RER und befestigt sie
Rezcptor, an und synthetisiert hier das restliche Protein. dort. Die dann fertiggestellten Proteine werden über spezi-
fische, von einem Multiproteinkomplex aufgebaute hydro-
Polyribosomen Ribosomen sind stets mit mRNA ver- phile Porenstrukturen (Translokatoren) der RER-Memb-
bunden. Sind dabei mehrere Ribosomen mit einer mRNA ran in das Lwnen des RER transportiert. Die genauen
verknüpft, werden diese Ribosomengruppen (egal, ob im Transportmechanismen sind so vielfaltig wie die Proteine,
Zytoplasma liegend oder an der ER-Membran angeheftet) ihre Struktur und ihre Bestimmung. Wenn das Protein
Polyribosomen (Polysomen) genannt (Abb. 2.40). schon während des Translationsvorgangs am Ribosom in
das RER-Lumen verbracht wird, spricht man von co-trans-
Jationaler Trcmslokation. Im Falle anderer Proteine geben
2.4.2 Endoplasmatisches Retikulum (ER) freie Ribosomen ihr fertiges Protein ztmächst ins Zytoplas-
Das ER ist ein in den einzelnen Zelltypen verschiedenartig ma ab, von wo es dann mittels seiner Signalsequenz durch
angeordnetes System von membranbegrenzten Zisternen besondere Translokatoren ins Lumen des RER transportiert
oder Schläuchen im Zytoplasma (Abb. 2.41). Wenn das ER wird: posttranslationale Translokation. Zukünftige Trans-
attßcn mit Ribosomen besetzt ist, wird es ribosomenbesetz- membranproteine werden nicht in das Lumen abgegeben,
tes oder raues ER (RER) genannt; fehlen ihm Ribosomen, sandem bleiben in der ER-Membran und werden in Form
heißt es glattes ER (GER). Das raue endoplasmatische Re- kleiner, abgeschnürter Vesikel - nach Passage durch den
tikulum spielt eine wesentliche Rolle bei der Protein- und Golgi-Apparat - in die Zellmembran oder die Membran
Lipidsynthesc; hier entstehen auch die Lipide und fast alle von Organellen inkorporiert.
Transmembranproteine der Organellen und der Zellmem-
bran. Modifizierung Im RER-Lumen wird das Signalpeptid von
einer Signalpeptidase abgespalten. Anschließend sind eini-
ge Modifikationsreaktionen möglich:
2.4 Zellorganellen 41

• Disulfidbindungen werden gebildet teasomen abgebaut - oder sie werden zwar zunächst in den
• Proteine werden unter Mithilfe von Palttmgskatalysato- Golgi-Apparat transportiert, von hier aber in das RER-Lu-
ren (Chaperon-Proteinen) korrekt gefaltet men zurückgeschickt.
• Proteintmtereinheiten werden zu größeren Komplexen
zusammengefügt
• die Glykosylierung der Proteine beginnt Erscheinungsbild
• Proteine können bereits im Lmnen des RER wieder ge- Das RER ist in den einzelnen Zellformen tmterschiedlich
spalten werden. entwickelt (Abb. 2.41, Abb. 2.42). In Drüsenzellen, die Ei-
weiße synthetisieren, fiillen dicht gelagerte RER-Zisternen
Glykosylierung tmd Spalttmg finden noch verstärkt im Gol- oft die ganze basale Zellhälfte (lichtmikroskopisch: baso-
gi-Apparat statt. philes Ergastoplasma) aus, so z. B. im exokrinen Pankre-as
(Abb. 2.43) oder in der laktierenden Milchdrüse. In vielen
Prüfung Dann wird geprüft, ob das Protein korrekt ge- großen Nervenzellen bildet das RER mehrere größere
faltet ist und die Untereinheiten richtig zusammengelagert Membranstapel, die Nissl-Substanz genannt werden (Abb.
sind. Ist dies nicht der Pali, werden die Proteine zurück- 2.44) - benannt nach dem Heidelberger tmd Münchner
gehalten (als Aggregate oder an andere Komponenten ge- Neurologen und Psychiater Pranz Nissl, 1860-1919.
bunden) oder ins Zytosol zurücktransportiert und in Pro-

\ .,

Abb. 2.42 RER-Zistemen


1 in einer Drüsenzelle
(laktierende Milchdrüse einer
Ratte). 2 Mitochondrium;
3 Mikrovilli. Vergr. 36 600-
fach.
42 2 Zelle

Abb. 2.43 RER-Stapel als


ErgastoJiasma. In den Epi-
thelzellen des exokrinen Pan-
kreas und anderer Eiweiß bil-
dender Drüsen ist das
Zytoplasma der basalen Zell-
hälfte deutlich basophil und
blau-lila gefärbt(~, Erga-
stoplasma, entspricht Sta-
peln des RER). Der Zellapex
enthält rötlich gefärbte
Sekretionsgranula. 1 zentro-
azinäre Zellen. Pankreas,
Mensch. Plastikschnitt; Fär-
bung: H. E.; Vergr. 420-fach.

Glattes endoplasmatisches Retikulum


(GER)
Funktion
Das GER hat verschiedenartige Aufgaben:
• In Muskelzellen ist es Calciumspeicher tmd baut in Ske-
lett- und Herzmuskelzellen das longitudinale SR-System
auf (SR: "smooth reticultrm", gemeint ist das GER in den
quergestreiften Muskelzellen).
• In den endokrinen Zellen des Ovars, der Hoden und der
Abb. 2.44 RER-Stapel als Nissl-Substanz (~) im Zyto- Nebennierenrinde enthält es Enzyme, die zusarrrmen
plasma des Perikaryons einer motorischen Vorderhornzelle
(Rückenmark, Mensch). * Zellkern mit Nukleolus. Färbung:
mit mitochondrialen Enzymen die Steroidhormone auf-
bauen.
H. E.; Vergr. 500-fach. • In den Leberepithelzellen hat es entgiftende Ftmktionen:
Medikamente oder Drogen werden in Anwesenheit von
Cytochrom P-450, einer Familie von Oxidasen, hydroxy-
liert. Dadurch werden sie löslicher tmd können in der
Niere leichter ausgeschieden werden. Bei Belastung mit
Medikamenten - besonders bekannt ist die Belasttmg mit
Vorkommen Das RER kommt in allen Zellen vor, in beson- Barbituraten - nimmt das GER in den Leberzellen an
ders mnfangreicher Menge z. B. im exokrinen Pankreas Menge zu. Potenziell karzinogene Substanzen können
(Abb. 2.43), in der Parotis tmd in der laktierenden Milch- durch die Hydroxylierw1g jedoch auch in aktive Karzino-
drüse. gene trmgewandelt werden.
2.4 Zellorganellen 43

Erscheinungsbild sikel aus dem RER auf. Dieser cis-Seite liegt die - oft kon-
kave - trans-Seite gegenüber, wo das modifizierte Protein
Das GER steht oft in kontinuierlicher Verbindung mit dem in Vesikel oder Sekretionsgranula verpackt wird. Die trans-
RER, kann aber auch unabhängig von ihm auftreten. Es bil- Seite ist oft besonders stark in Zisternen und Lmterschied-
det meist tubuläre Strukturen (Abb. 2.45), die in einzelnen lich große Vesikelstrukturen aufgegliedert und wird auch
Zellen, z.B. den Stcroidhormon bildenden Zellen, das Zyto- Trans-Golgi-Netzwerk (TGN) genannt. Ist die cis-Seite
plasma weitgehend ausfullen können. Hier sind Lipid- komplex strukturiert, spricht man vom Cis-Golgi-Netz-
tropfen, die das Ausgangsmaterial der Cholesterinsynthese werk (CGN). In der Mitte zwischen den beiden Seiten
enthalten, oft von vielen Lagen des GER umgeben. liegen mediale Zisternen. Der gesamte polare Aufbau des
Golgi-Apparats wir d von Mikrotubuli Lmd einem dynami-
Vorkommen Das GER kommt in größerem Umfang in ste- schen Gerüst von Matrixproteinen aufrechterhalten.
roidproduzierenden Zellen, in Skelett- und Herzmuskel-
zellen und in variabler Ausbildung in Leberzellen vor. Stofftransport Vom Golgi-Apparat aufgenommene Pro-
teine werden schrittweise von der cis- zur trans-Seite um-
gebaut und modifiziert (prozessiert). Zum Stoffiransport
2.4.3 Golgi-Apparat durch den Golgi-Apparat existieren 2 Hypothesen:
Proteine, die im RER gebildet wurden, wandern mithilfe von • Die Zisternen sind weitgehend stationäre Strukturen.
Transportvesikeill zum Golgi-Apparat (nach Camillo Golgi Stofre werden mittels lateral abgeschnürter Vesikel trans-
[1843-1926, Pathologe, Pavia, 1906 Nobelpreis für Medi- portiert (Abb. 2.47a).
zin] benannt), einem spezifischen Membrankomplex jeder • Die Zisternen selbst wandern von der cis- zur trans-Seite
Zelle. Im Golgi-Apparat werden die Proteine strukturell und werden auf der cis-Seile aus Vesikeln des RER stän-
modifiziert, d. h. phosphoryliert, sulfatiert, glykosyliert (oder dig neu gebildet (Abb. 2.47b).
in ihrer Glykosylienmg verändert) und nach Zielorten sor-
tiert. Sicher ist, dass lateral am Golgi-Apparat zu findende Vesikel
Stofl"e von der trans- zur cis-Seile zurücktransportieren. Zu
Aufbau Der Golgi-Apparat besteht aus einem Stapel diesen Stoffen gehören z.B. Enzyme, die benötigt werden,
membranbegrenzter Zisternen (Abb. 2.46) Lmd diesen um die aus dem RER kommenden Proteine zu modifizieren.
funktionell zugeordneten kleinen Vesikeln. Eine Seite des Es können sogar Proteine aus dem RER, die bis zur trans-
Membranstapels ist oft konvex gewölbt und nimmt die Ve- Seite gelangt sind, zum RER zurücktransportiert werden.

Abb. 2.45 Glattes endopla.s matisches Reti kulum. Abb. 2.46 Golgi-Apparat (*) mit cis- (1) und trans-
Das GER ist in einer Leydig-Zelle im Hoden des Menschen Seite (2); IJJ> glatte Vesikel; ~ Stachelsaumbläschen;
reich entwickelt, die dicht gelagerten Schläuche des GER (1) 3 Zellkern. Epithelzelle des Nebenhodens des Menschen.
sind quer, schräg und Längs angeschnitten. 2 tubuläre Vergr. 36 610-fach.
Mitochondrien; 3 Zellkern. Vergr. 35 700-fach.
44 2 Zelle

Vesikuläre U'ld Zistemen


tubulär vemetzte
RER Strukturen CGN cis medialtrans TGN Vesikuläre und Zlstemen
lll"lrlr-l tubulär vemetzte

p RER Strukturen CGN


II
cis medial trans TGN
111 I I 111

a b
Abb. 2.47 Stofftransport im Golgi-Apparat. a: Vesikuläres TransportmodelL b: Modell der Zisternenreifung. RER: raues
endoplasmatisches Retikulum; CGN: Cis-Golgi-Netzwerk; TGN: Trans-Golgi-Netzwerk; rote Pfeile: Wanderungsrichtung von cis
nach trans; blaue Pfeile: Wanderungsrichtung von trans nach cis. (Modifiziert nach (12))

a b
Abb. 2.48 Golgi-Apparat und Sekretionsgranula. a: Golgi-Apparat (1) und Sekretionsgranula (2); 3 Anschnitte durch den
Golgi-Apparat. Aus dem Golgi-Apparat gehen die Sekretionsgranula (2) hervor, deren Inhalt sich außerhalb des Golgi-Apparats
noch verdichten kann. 3 Zellkern; 4 Mitochondrium. Seröse Drüsenzelle der Bronchialdrüsen des Menschen; Vergr. 15 300-fach.
b: Golgi-Apparat (1) und große Sekretionsgranula (2). Becherzelle aus dem Darm einer Maus (Präparat Dr. Tim Nebelsiek,
München); Vergr. 11500-fach.

En Beispiel flir die spezifische Ftmktion des Golgi-Appa- Vorkommen Golgi-Apparate sind in Drüsenzellen beson-
rats ist die Phosphorylienmg eines Mannoserests in Glyko- ders groß, sie verpacken die Sekrete in Granula (Abb. 2.48).
proteinen arn C6-Atom zu Mannose-6-Phosphat, die die In manchen Zellen, z.B. den mullipolaren Neuronen im
Glykoproteine flir den Zielort "Lysosom" markiert In der Vorderhorn des Rückenmarks, treten mehrere Golgi -A ppa-
trans-Region binden die so markierten Proteine an Manno- rate auf (Abb. 2.49), die dann manchmal als Diktyosornen
se-6-Phosphat-Rezeptoren und werden in Vesikel aufge- bezeichnet werden.
nommen, die sie zu Endosomen (Kap. 2.4.4) transportieren.
2.4 Zellorganellen 45

Abb. 2.49 Golgi-Apparat, der durch Osmiumsäurebehand-


lung in Form schwärzlicher ösen-, haken- und schleifenförmi-
ger Figuren hervortritt (-+ ). Spinalganglienzelle einer Katze;
Färbung: Osmierung nach Kolatschev und Gegenfärbung mit
Safranin; Vergr. 500-fach.

Vorkommen Alle Zellen. Drüsenzellen haben besonders


große Golgi-Apparate. In großen Zellen, z. B. in Leberzellen
tmd in den multipolaren Neuronen im Vorderhorn des Rü-
ckenmarks, treten mehrere Golgi-Apparate auf.

2.4.4 Lysosomen - Endosomen


Lysosomen sind membranbegrenzte, zumeist kugelige Zell-
organellen (Abb. 2.50), die durch ihren Gehalt an löslichen
sauren Hydrolasen und ihren sauren pH-Wert von ca. 5 ge-
kennzeichnet sind. Der saure pH-Wert wird mittels einer
ATP-abhängigen membranständigen Protonenpmnpe ge-
schaffen. Ahnliehe Protonenpumpen finden sich in späten
Endosomen tmd vielen Transport- tmd Sekretionsvesikeln,
deren Inhalt angesäuert ist.

Lysosomale Enzyme, Lysosomenmembran


Saure Hydrolasen Es sind 40- 50 Iysosomale saure Hy-
drolasen bekannt, z. B. Proteasen (Cathepsine), Lipasen, Es-
terasen, Nukleotidasen, Glukuronidasen, saure Phosphata-
sen (Abb. 2.50a), Sulfatasen, Elastase und Kollagenasen, die
ihr Aktivitätsoptimum im sauren Bereich haben und die
alle wichtigen Substrate abbauen tmd verdauen können.
Die Lysosomenmembran enthält außer der Protonenptun-
pe auch Transportproteine (lysomales Glykoprotein A und
B), die Abbauprodukte aus dem Lysosom in das Zyto-

Abb. 2.50 Lysosomen. a: Lichtmikroskopischer Nachweis


der sauren Phosphatase (Rotfärbung) in Lysosomen von
Skelettmuskelzellen. Vergr. 450-fach. (Präparat Prof. C.
Sewry, London). b: Ultrastruktur von Lysosomen in einem
Makrophagen des Kolons des Menschen. Die meisten der
abgebildeten Lysosomen sind groß und besitzen einen hete-
rogenen Inhalt. Vergr. 15 300-fach. c: Lysosomen (Lipo-
fuszingranula) in einer Herzmuskelzelle des Menschen mit
vielen (helleren) Lipidanteilen. Vergr. 12 000-fach.
46 2 Zelle

plasma verlagern, wo sie fiir Syntheseprozesse wiederver- Merke Im Prinzip werden frühe Endesomen graduell zu
wendet werden können. Dies betrifft z. B. Aminosäuren typischen Lysosomen umgewandelt, was sich im Begriff
und Zucker. Die Proteine der Lysosomenmembran sind in "Endosomen-Lysosomen -System" widerspiegelt.
hohem Maße glykosyliert, was sie gegen Angriffe der Hy-
drolasen im LLUnen schützt.
Funktionen
Transport der sauren Hydrolasen zu den Endosomen
Die lysosomalen Enzyme werden im RER synthetisiert und Abbau von Makromolekülen Hauptfunktion der Lyso-
gelangen in den Golgi-Apparat, wo ihre Mannosereste somen ist der Abbau von Makromolekülen, die durch re-
phosphoryliert werden. Die so entstandenen Mannose-6- zeptorvennittelte Endozytose in die Zelle gelangt sind (Abb.
Phosphat (M6P)-Gruppen werden im Trans-Golgi-Netz- 2.17, Abb. 251). Diese Makromoleküle werden mitsamt
werk von einem M6P-Re1..cptorprotein erkannt. Dieses dem Zelhnembranrezcptor, der die Endozytose vennittelt
Protein hilft, die Hydrolasen zu sortieren und in Transport- hat, in Endozytosevesikeln in die Zelle aufgenommen. Die
vesikel zu verpacken, die sich vom Trans-Golgi-Netzwerk Endozytosevesikel geben ihren Inhalt an frühe Endesomen
ablösen. Die Vesikel werden öfter auch primäre Lysosomen (pH 6,5) ab, die sich zu späten Endosomen- und Lyso-
genannt, sind clathrinbedeckt und wandern i. A. zu frühen somen weiterentwickeln können. Der Inhalt typischer
Endosomen, wo sie ihren Inhalt, die Hydrolasen, abliefern. Lysosomen ist heterogen (Abb. 2.50b; daher auch "Hetero-
Die Vesikel wandern mit dem M6P-Rezeptor zurück zum lysosomen "), weil sie nicht weiter verdaubare Reste enthal-
Trans-Golgi-Netzwerk und der Kreislaufbeginnt von vorn. ten, und ihr pH liegt bei ca. 5. Endpunkt der Entwicklung
Der Rezeptor wird bei diesem Hin- und Rücktransport im - sind Residualkörper (Telolysosomen). Diese haben häufig
mer wieder verwendet. eine im Lichtmikroskop gut erkennbare bräun liche Eigen-
pigmentierung und enthalten Lipide, die oft nur Lmvoll-
ständig abgebaut werden können (Abb. 2.SOC, Abb. 2.65).
Endosomen Deshalb heißen Residualkörper auch Lipofuszinkörner (lat.
Endesomen sind vesikuläre Organellen, die in enger fi.mk- fi.tscus = schwarzbraun).
tioneller BeziehLmg zu den Lysosomen stehen. Sie ver-
schmelzen mit Transportvesikeln lysosomaler Enzyme Lmd Stoffwechsel In Lysosomen der Schilddrüsenepithel-
besitzen den Marmose-6-Phosphat-Rezcptor (M6P-Rezep- zellen werden die Schilddrüsenhormone T 3 und T 4 aus dem
tor). Speicherprotein lhyreoglobulin freigesetzt. In den proxi-
malen Nierentubuli nehmen die Lysosomen die kleinen
Frühe Endosomen Die frühen Endesomen entwickeln Proteine (z.B. Kappa-Ketten der Immunglobuline) auf, die
schon einen leicht sauren pH-Wert (6,5-6}, ihre Hydrola- im Glomerulus filtriert und von den Tubulusepithelzellen
sen sind aber zu erheblichem Anteil noch inaktiv. Sie diffe- mittels Endozytose in d ie Zelle rückresorbiert wurden. Sol-
renzieren sich, nachdem sie die Hydrolasen aus dem Golgi- che Proteine werden abgebaut und die resultierenden Ami-
Apparat empfangen haben und ProtonenpLUnpen in ihrer nosäuren dem Organismus wieder zur Verfügung gestellt.
Membran aktiv werden, innerhalb von 10-15 Minuten zu
späten Endosomen. Manche Komponenten, die in die frü- Phagozytose In Lysosomen können auch ganze Zellen
hen Endosomen aufgenommen werden, z.B. viele der oder Krankheitserreger, z.B. Bakterien, abgebaut werden.
Membranrezeptoren, an die abzubauende Stolle gebunden Makrophagen besitzen dementsprechend ein hochentwik-
waren, werden mit Vesikeln, die von der Membran der frü- keltes Lysosomensystem. Das Bakterium wird durch Pha-
hen Endosomen abknospen, wieder zurück an die Zellober- gozytose in ein sog. Phagosom aufgenommen, das, sobald
fläche transportiert und nicht in späten Endesomen oder es im Zytoplasma liegt, Iysosomale Enzyme aufnimmt und
Lysosomen abgebaut. Der mild-saure Inhalt der frühen En- sich tnit fortschreitendem Abbau des BakteriLUns zu einem
dosomen fördert die Lösung der Liganden vom Rezeptor. Lysosom entwickelt (Abb. 2. 17}. Die Ph agozytose wird da-
durch erleichtert, dass die Bakterien mit An tikörpern Lmd
Multivesikuläre Körper Auf dem Weg vom frühen ZLUn Komplement bedeckt sind. Pür das Abtöten der aufgenom-
späten Endosom entsteht ein eigentümliches und noch menen Bakterien wesentlich ist der sog. respiratory burst
nicht voll verstandenes ZwischenstadiLUn, der multivesiku - (oxidative hurst). Der rcspiratory hurst ist durch die explo-
läre Körper (Kap. 2.4.6). sionsartige Frcisetzung von Sauerstoffradikalen (0;, H2 0 2,
·OH, HOCI} gekennzeichnet, bei deren EntstehLmg die
Späte Endosomen In den späten Endosomen liegt der nicht mitochondrialc NADPH-Oxidase die wesentliche
pH-Wert bei 5-6 und es sind schon Abbauprodukte er- Rolle spielt.
kennbar. Aber auch in ihnen sind die Hydrolasen zwn Teil
noch inaktiv. Die M6P-Gruppe der Hydrolasen verliert im Autophagie Lysosomen können auch im Rahmen von
sauren pH der (späten) Endosomen ihren Phosphatanteil. Umbauten in einer Zelle Organellen oder ganze Zytoplas-
Späte Endosomen entwickeln sich zu typischen ausgereiften maanteile abbauen, z.B. Herrnengranula in den Prolactin-
Lysosomen (Abb. 2.50b, c) oder verschmelzen mit schon zellen des Hypophysenvorderlappens, werm akut abgestillt
existierenden typischen Lysosomen zu Gebilden, die auch wird. Auch beim Umbau von Drüsen, z. B. der Milchdr üse
Endelysosomen genannt werden. In ihnen werden z. B. nach der Laktation, sind Lysosomen zentral beteiligt.
aufgenommene Makromoleküle vollständig abgebaut. Ein Es gibt auch Lysosomen, die ihren Inhalt nach außen ab-
eigenes clathrinbedecktcs Vesikelsystem transportiert Iyso- geben können, was für unverdauliche Reste aber nur selten
somale Membranproteine vom Trans-Golgi-Netzwerk zu geschieht. Die sekretorische Abg-dbe des Inhalts ist aber in
den schon ausgereiften Lysosomen. den lysosomenverwandten Melanosomen die Regel.
2.4 Zellorganellen 47

- - - - - Zellmembran
spätes
Endosom

,---
0
--- Exozytose

I I regulierte Sekretion
I
Cis-Golgl-

Abb. 2.51 An Biosynthese, Sekretion sowie Endozytose beteiligte intrazelluläre Kompartimente. Die verschiedenen
Kompartimente kommunizieren über Transportvesikel. Die Wege der Biosynthese und Sekretion sind durch rote pfeile
markiert; hier werden Proteinmoleküle vom RER über den Golgi-Apparat in Vesikeln bzw. Granula zur Zelloberfläche transpor-
tiert oder in Transportvesikel verpackt (lysosomale Enzyme). Die zur Zelloberfläche wandemden Proteine werden in die Zell-
membran eingebaut oder per Exozytose freigesetzt. Eine kontinuierliche Sekretion ohne auslösendes Signal wird dabei als
konstitutive Sekretion, eine durch ein Exozytosesignal ausgelöste Sekretion als regulierte Sekretion bezeichnet. Endozytose-
vesikel (obere Bildhälfte) mit den aus dem Extrazellulärraum aufgenommenen Makromolekülen und ihrem Zellmembranrezep-
tor schnüren sich von der Zellmembran ab und verschmelzen mit frühen Endosomen (pH 6,5 ). Diese verschmelzen auch mit
den Transportvesikeln lysosomaler Enzyme und wandeln sich langsam um zu späten Endosomen (Endolysosomen ), in denen
ein pH-Wert von5 - 6 herrscht. Der eigentliche Abbau der aufgenommenen Makromoleküle beginnt in den späten Endosomen.
Mit fortschreitendem Abbau entwickeln sich späte Endosomen zu typischen Lysosomen, deren Inhalt heterogen ist und deren
pH bei ca. 5 liegt oder sie verschmelzen mit schon existierenden Lysosomen . Zwischen den einzelnen Kompartimenten gibt
es auch Rücktransportvorgänge (blaue Pfeile). (Aus [1])

und Proteine abbaut, die durch Ubiq uitin markiert sind


Vorkommen Alle Zellen, besonders zahlreich in Makropha- oder durch andere Veränderungen gekennzeichnet wur-
gen, Neutrophilen, Leberzcllen, Epithelzellen des proxima- den. Das Proteasom ist im Gegensatz zu den Lysosomen
len Nierentubulus, Enterozyten des Dünndarms, Pollikel- nichtvon einer Membran begrenzt.
cpithelzellen der Schilddrüse und vielen Nervenzellen.
Funktionen Proteasomen bauen aberrante Proteine ab
KUnik Es gibt gut 30 Krankheiten, die auf genetischer Basis tmd spielen eine wichtige Rolle im Rahmen der Immunität
dtrrch Iysosomale Defekte bedingt sind: Iysosomale Spei- beim Abbau zytosolischer Proteine, deren Fragmente durch
cherkrankheiten, z.B. Mucopolysaccharidosen, Lipidspei- die TAP-Proteine ins RER transportiert werden. Hier ver-
cherkrankheiten, Mukolipidosen, Glykogenspeicherkrank- binden sie sich mit den MHC-Klasse-I-Proteinen in der
heiten u. a. Meist fehlt ein bestimmtes funktionstüchtiges Membran des RER. Dieser Komplex wandert durch den
Enzym, sodass sich nicht abgebaute Substrate langsam in Golgi-Apparat zur Zelloberfläche, wo er Erkennungsstruk-
den Lysosomen ansammeln. Viele dieser Krankheiten gehen tur für die CDS-positiven T-Lymphozyten ist.
mit geistiger Behinderung einher, viele verlaufen früh töd-
lich. 2.4.6 Multivesikuläre Körper
Aufbau Multivesikuläre Körper sind größere membran-
2.4.5 Proteasomen begrenzte Vakuolen, die kleinere Vesikel enthalten (Abb.
Aufbau Das Protcasom ist ein großer Proteasenkomplex 2.52). Die kleineren Vcsikel entstehen, indem sich die
in Zytosol und Zellkern, der aus 28 Untereinheiten besteht Membr-an der Vakuolen nach innen einstülpt, abschnürt
48 2 Zelle

tmd im Lumen flottierende V esikel bildet. Die Membnu1 2.4. 7 Anulierte Lamellen
dieser V esikel enthält z. B. Rezeptoren von Liganden oder
fest verbundene Ligand-Rezeptor-Komplexe, die abgebaut Anulierte Lamellen sind seltene Organellen, die z.B. in sich
werden sollen. Nur wenn die abzubauenden Moleküle in schnell teilenden Zellen, wie frül1en Stadien der Keimzellen
die Membran solcher Vesikel eingebaut sind, können sie tmd manchen Krebszellen, auftreten. Es hcmdelt sich tun
von den sauren Hydrolasen der späten Endosomen bzw. Stapel parallel angeordneter, flacher membranbegrenzter
Lysosomen vollständig zerlegt werden. Zisternen, in deren Verlauf Poren auftreten (Abb. 13.45).
Dies erinnert an die Kernhülle mit iliren Poren, und es gibt
Funktionen Multivesikuläre Körper sind wahrscheinlich die Vermuttmg, dass solche anulierten Membranen Vorstu-
Transportstrukturen, die zwischen frühen tmd späten En- fen von KernhiUlen oder Speicherorte von RNA sind.
dosomen vermitteln und somit im weiteren Sinn zum lyso-
somalen System gehören (s.o.). Im Einzelnen ist illre Ftmk- 2.4.8 Peroxisomen
tion noch nicht gut bekannt. Sie können mit einem schon
existierenden späten Endosom fusionieren oder sich in ein Aufbau
solches umwandeln. Aus den multivesikulären Körpern
Peroxisomen sind membranbegrenzte, oftkugelfOrmige Or-
können sich aber auch noch Vesikel nach außen abschnü-
ganellen. Sie entstehen primär durch einen Abschnürungs-
ren, die zur Zellmembran zurückwandern.
prozess aus dem ER. Dabei bilden sich zuerst noch tmreife
(Vorläufer-)Vesikel, die weiter ausreifen oder mit schon
Vorkommen Es gibt Zellen, in denen sie regelmäßig tmd
existierenden ausgereiften Peroxisomen verschmelzen kön-
recht zahlreich vorkommen, z.B. in Hepatozyten und den
nen. Peroxisomen können sich vermutlich in 2 Tochter-
Epithelzellen des Ductus epididymidis. In Pneumozyten II
peroxisomen teilen. Im Transmissionselektronenmikro-
gehen aus ihnen offensichtlich die Lamellenkörper her-
skop haben Peroxisomen einen feingranul.ären homogenen
vor.
Inhalt (Abb. 2.53), in den bei manchen Säugetieren, aber
nicht bei Mensch und Tierprimaten eine scharf begrenzte
Vorkommen Vereinzelt in wohl allen Zellen, zahlreich in kristalline Struktur eingelagert ist, die aus Uratoxidase be-
Hepatozyten (Leberzellen), Epithelzellen des Ductus epidi- steht.
dymidis tmd Pnetrmozyten II.

a b Abb. 2.53 Peroxisomen (~)in einer Leberepithelzelle des


Abb. 2.52 Multivesikuläre Körper(~). a: Dunkler Typ Menschen. Diese membranbegrenzten Organellen besitzen
(Enterozyt, Duodenum, Mensch). b: Heller Typ (Leberzelle, beim Menschen und bei anderen Primaten eine homogene
Ratte). Vergr. 35 700-fach. feinkörnige Struktur. 1 Mitochondrium; 2 Glykogenpartikel;
3 Lipidtropfen. Vergr. 27170-fach. (Aus (1])
2.4 Zellorganellen 49

Funktionen
Klinik Einzelne Krankheitsbilder, z.B. das autosomal-rezes-
Oxidati on Pcroxisomen enthalten oxidative Enzyme, sive Zellweger-Syndrom, sind dadurch gekennzeichnet, dass
Oxidasen, die z. B. Pettsäuren abbauen. In der Leber sind funktionsfähige Peroxisomen fehlen. Langkettige Fettsäuren
Peroxisomen besonders an der ß-Oxidation der Fettsäuren akkumulieren im Gewebe, was zu verschiedenen neurologi-
beteiligt (diese ß-Oxidation erfolgt bei Säugetieren sowohl schen Symptomen tmd frühem Tod in der Kindheit führt.
in Mitochondrien als auch in Peroxisomen). In Peroxi-
somen findet auch die a -Oxidation der ungeradzahligen
2.4.9 Mitochondrien
Fettsäuren statt. Viele der Oxidationsprozesse fiihren zur
Bildung von H 10 1 . Dieses giftige Produkt wird durch per- Mitochondrien versorgen die Zelle mit Energie. Sie be-
oxisomalc Katalase beseitigt. Die En tgiftungvon Alkohol ist herbergen die Enzymsysteme fli.r die oxidative Phospho-
oft an diese Katalaseaktivität gekoppelt. rylienmg, die zur Bildung von ATP fiihrt. ATP ist die
Energiequelle fli.r zahllose Prozesse i.n der Zelle. In stammes-
Merke Pcroxisomen sind Organellen, die mit moleku- geschichtlicher Hinsicht handelt es sich bei diesen serniauto-
larem Saucrstoff organische Molekille oxidieren. Sie besit· nomen Organellen (mit eigener ringf6rmiger DNA und
zen außerdem Enzyme, die H 10 1 auf- oder abbauen. eigener RNA) wn ehemalige aerobe Prokaryoten, die als
Symbionten in die eukaryotische Zelle aufgenommen wur-
den (Endosymbionten-Theo rie).
Lipidst offwechs el Bei der Oxidation von Fettsäuren in Mitochondrien sind sehr dynamische Strukturen, die sich
Peroxisomen entstehen Acetylgruppen, die in das Zytosol ständig lebhaft bewegen, ihre Gestalt verändern, sich teilen
gelangen und hier z. B. fi.ir die Synthese von Cholesterin tmd miteinander verschmelzen können. Die Bewegungen
verwendet werden. Peroxisomen sind aber auch an der Syn- lassen sich mithilfe von Vi talfachstoffen wie 1- B. Jan us-Griin
these komplexer Lipide beteiligt, z. B. der Plasmalogene sichtbar machen. Dynaminverwandte Proteine tmd vermut-
(Phospholipide) in der Myelinscheide tmd in den Talg- lich auch Aktin spielen eine Rolle bei der Teilung, die wohl
drüsen. im Bereich der Innenmembran beginnt. Dynamin ist eine
GTPase, die auch bei der Abschnünmg von Endozytose-
Synthese peroxisomaler Proteine Die Proteine in den vesikeln - z. B. aus der Zellmembran tmd aus der Memb ran
Peroxisomen werden an zytosolischen Ribosomen syntheti- von Trans-Golgi-Zistemen -mitwirkt. Abgestorbene Mito -
siert. Sie besitzen eine Signalsequenz, die sie fi.ir den Trans- chondrien werden mittels Autophagie abgebaut.
port in die Peroxisomen kennzeichnet. Gut 20 Proteine, die Mitochondrien spielen auch eine Rolle bei der Apoptose
Peroxinc, sind am Transport in die Peroxisomen beteiligt. (Kap. 2.2.2): Das Protein Bax veranlasst Cytochrom c, ein
Die Membran der Peroxiso men besitzt einen Translokator essenzielles mitochondriales Enzym, aus den Mitochond-
aus mindestens 6 solchen PeroxiDen. rien in das Zytoplasma überzutreten, wo es Proteasen akti-
viert, die zwn Zelltod ftihren.
Vorkommen
Peroxisomen p-assen sich schnell an unterschiedliche physio- Aufbau
logische Bedingungen an, ihr Enzymgehalt variiert je nach Gestalt und Größe der Mitochondrien in einer Zelle und in
Zelltyp. Sie sind besonders zahlreich in der Leber, wo sie an verschiedenen Zelltypen sind recht variabel. Die Organellen
einer Reihe von Stoffwechselprozessen beteiligt sind. In der besitzen aber kermzcichnenderweise 2 begrenzende Mem-
Leber und den Nierentubuli bauen sie eine ganze Reihe von branen, eine glatte Außenmembran und eine Innenmem-
giftigen Substanzen ab, die in das Blut eingedrungen sind. bran. Zwischen ihnen liegt der intermembranäse Ramn
(Abb. 2.54):
Vorkommen Alle Zellen, besonders zahlreich in der Leber, • Die Innenmembran bildetleistcnförmige Palten (Cristae)
den proximalen Nierentubuli tmd in den Talgdrüsen der oder röhrenf6rrnige AusstlilpLU1gen (Tubuli), die in das
Haut Innere der Organellen vorspringen. Dementsprechend

Porin Crista Elementar- mltochondrlale


• parlikel Rlbosomen
'' ' ''
'• '
'' '
außere
-''Membran
lntermembranöser
Raum ·· -···· -

·, Granule
mitochondrialla
(Malrixgranula)

Abb. 2.54 Mitochondri um vom



'' -' ' '
Atmungskette und Elementarpartikel mit
Crista-Typ (Schema). TIM: Translokase Protonenpumpen Protonenkanal
der Innenmembran, TOM: Translokase verschiedene und AlP-Synthese
der Außenmembran. spezielle Transporter
50 2 Zelle

• Die Außenmembran enthält Translokatoren und zahl-


reiche Porine, fassförrnige Proteine mit jeweils einer
Pore, die für Ionen und Metaboliten bis zu einer Größe
von 5 kD permeabel sind.
• Innen- und Außenmembran berühren sich an einigen
Stellen. Dort bilden Trmslokatoren der inneren und der
äußeren Membran einen funktionell zusammenarbeiten-
den Komplex. Die Translokalaren der Innenmembran
werden mit der Abkünung TIM, die der Außenmembran
mit der Abkürzung TOM be1.eichnet.
• Der intermembranäse Raum setzt sich auch ins Innere
der Cristae bzw. Tubuli fort.

Der Ramn im Inneren der Mitochondrien enthält die mito-


chondriale Matrix.

Merke Mitochondrien: Außen - und Im1emnembran, in-


Abb. 2.55 Mitochondrien vom Crista-Typ in einer termembranöser Raum; Innenmembran bildet Leisten
EM-Aufnahme. Gruppe kompakter Mitochondrien mit dicht (Crista-Typ) oder Röhren (Tubulus-Typ).
gelagerten Cristae in einer Herzmuskelzelle eines Meer-
schweinchens. Vergr. 40000-fach.
Funktionen
Innenmembran Die innere Mitochondrienmembran ist
werden 2 Typen von Mitocho ndrien Lmterschieden: In die pro teinreichste Membran im Organismus. Sie enthält
den meisten Zellen sind Mitochondrien vom Crista-Typ die Enzyme der Atmungskelle und die ATP-Synthase. Im
anzutreflen (Abb. 2.55, Abb. 2.56a), z.B. in stereidbil- Verlauf des Elektronenlransports entlang der AtmLmgs-
denden Zellen finden sich jedoch Mitochondrien vom kette entsteht Energie, mit deren Hilfe Protonen aus der
Tubulus-Typ (Abb. 2.56). An der sehr proteinreichen Matrix in den intermembranösen Raum gepumpt we.r den,
Innenmembran sitzen u. a. klein e Proteinkomplexe, die wodurch ein Protonengradient entsteht. Der Protonen-
Elementarpartikel genannt werden (s.u.). Die Innenmem- strom aus der Matrix in den intermembranösen RaLUTI hat
bran enthält außerdem verschiedene Translokatoren. einen pH-Gradienten (ist in der Matrix etwas höher als im

a b c
Abb. 2.56 Weitere Mitochondrienformen. a: Kleine abgerundete Mitochondrien mit wenigen Cristae und gut entwickelter
Matrix in einem Hepatozyten der Ratte. Vergr. 35 700-fach. b: Rundliche Mitochondrien vom Tubulus-Typ in einer Zelle der
Zona reticularis in der Nebennierenrinde des Menschen, die Innenmembran bildet nicht nur Tubuli, sondern auch kleine sack-
förmige Strukturen. Vergr. 47 000-fach. c: Mitochondrien in einer Skelettmuskelzelle, die sehr gut erkennbare Matrixgranula
(dunkle Punkte) enthalten. Zungenmuskulatur Ratte, Vergr. 22000-fach.
2.4 Zellorganellen 51
intermembranäsen Rawn w1d Zytosol) Wld einen Span- 2. 4. 10 Metanosomen
nungsgradienten zur Folge. Zusammen entsteht ein elek-
tr ochemischer Prot onen gradient. Die Protonen fließen Aufbau Melanosomen sind eiförmige, ca. 1 ~un große,
diesem Gradienten entsprechend durch einen Protonen- membranbegrenzte Organellen (Abb. 2.57, Abb. 2.58). Sie
kanal in der Innenmembran in die Matrix zurück Dieser sind mitLysosomenverwandt (saurer pH-Wert, Iysosomale
Kanal ist Teil eines großen Proteinkomplexes Wld wird Enzyme). Melanosomen machen einen kennzeichnenden
auch F. -Untereinheit genannt. Ein weiterer wesentlicher Diflerenzierungsprozess durch Wld besitzen als ausgereifte
Teil des Komplexes ist die ATP-Synthase, die ein köpf- Organellen ein filamentäres GrWldgerüst und eine aktive
chenartiges Gebilde innen an der Innenmembran bildet, Tyrosinase.
das auch P 1-Untereinheit oder Elemen tarpart ikel genannt
Funktion Die Tyrosinase spielt eine wesentliche Rolle bei
wird. Beim Strom der Protonen durch die ATP-Syntbase
der Synthese des Mela.n ins, des photoprotektiven braunen
entstehtATPaus ADP und anorganischem Phosphat. Wei-
Pigments der Melanosomen. Melanin liegt in 2 Formen vor:
tere Komponenten des Komplexes sind ein Rotor, ein ro -
Eumelanin (dtmkelbraun) und Phäomelanin (rötlich).
tierender Stiel und ein Arm, der die ATP-Syntbasehält. Die
Letzteres ist in roten Haaren tmd Sommersprossen domi-
ATP-Syntbase gibt es auch in der Membran von Bakterien
nant.
und in den Chloroplasten der Pflanzen.

Außenmembran Durch die Porine gelangen kleine Mole- Vorkommen Melanosomen kommen primär nur in be-
klile in den intermembranäsen Raum, den Import von Pro- stimmten Neuronen, im Pigmentepithel der Retina tmd in
teinen in die Matrix libernehmen die Translokasen. Melanozyten (Abb. 16.10) vor. Aus den Mela11ozyten der
Epidermis wird ihr Inhalt in die Keratinozyten übertragen .
Matrix Die Matrix enthält verschiedene Enzyme Wld En-
zymkomplexe. Hier finden die ersten Schritte der Hämo- Klinik Es gibt verschiedene Stönmgen Wld Defekte derEn-
globinsynthese statt, hier befinden sieb die Enzyme des zyme, die an der Melaninsynthese beteiligt sind. Das kann
Citratzyklus, der ß-Oxidation der Fettsäuren u. v. a. Die zu verschiedenen Formen der Minderpigmentienmg bis bin
Matrix ist auch Pufterrawn für Calcium. zu völligem Albinismus führen. Neben angeborenen gibt es
auch erworbene Formen der Unter- oder auch Übcrpigmen-
Mitochondriales Genom tierung.

In der Matrix kommen des Weiteren DNA, Ribosomen Wld


andere Komponenten der Proteinsynthese vor. Die rnito-
cbondriale DNA ist wie bei Bakterien ringförmig aufgebaut,
sie macht ungefähr I% der Gesamt-DNA aus Wld liegt in .. ••
multiplen Kopien in der Matrix vor. Sie umfasst 13 Gene, • • .. •
die 13 Polypeptide kodieren, die Teile von Proteinen der
oxidativen Phosphorylierung sind. Die meisten rnitochond-
rialen Proteine werden von Genen des Zellkerns codiert.
~.

.. • •
Diese Proteine werden in Zytoplasmatischen Polysamen mit • t
einer besonderen Signalsequenz versehen, die diese Proteine
in die Mitochondrien dirigiert (s.o.).
• '
Die Neubildung von Mitochondrien gebt von existieren-

den Mitochondrien aus. Die Mitochondrien entstammen • ... • •
der mütterlichen Eizelle, rnitochondriale Krankheiten haben •
daller einen mütterlichen Erbgang. Die Analyse der mito-
chondrialen DNA eignet sich gut für die Klänmg von Fra- • •
• • • ,
gen evolutionärer Verwandtschaft.
II
- • &


• •
Vorkommen Alle Zellen, besonders mitochondrienreich
sind die Belegzellen des Magens, die Epithelzellen der N ie- •
.. ""'•. r
~

rentubuli, quergestreifte Muskelzcllen, braune Fettzellen


tmd viele Nervem.ellen. Abb. 2.57 Melanin (schwarzes Pigment) im Zytoplasma
von Neuronen der Substantia nigra im Gehirn des Menschen.
Färbung: nach Nissl; Vergr. 300-fach.
Klinik Eine Reibe von Muskelkrankbeilen ist mit ab-
normen Mitochondrien korreliert. Diese rnitochondrialen
Myopathien haben zwn Teil eine genetische Basis und
verlaufen im AJlgemeinen schwer. Bei der primären biliären
Leberzirrhose, einer Autoimmunerkf'ankung, treten anti-
rnitochondriale Antikörper auf. Spezifische mitocbondriale
VeränderWlgen finden sich bei der Wilson-Kraokheit, die
durch Mangel des Plasmakupferproteins Coeruloplasrnin
und toxische Kupferüberladung vieler Organe gekennzeich- c
net ist. ,_LJO..,_;•:...•oe \ Abb. 2.58 Melanosomen.
52 2 Zelle

2.5 Zelleinschlüsse
----------------------------------- ZurOrientierung -----------------------------------
Zelleinschlüssc (paraplasmatische Einschlüsse, Paraplas- die eine Eigenfärbung (Pigmentierung) aufweisen. Wich-
ma) sind metabolisch weitgehend inaktive Strukturen, die tige Beispiele sind Glykogenpartikel und Fetttropfen. Da-
ohne eine Membranbegrenzung ins Zytoplasma einge- gegen sind Organellen wie Golgi-Apparat, Lysosomen
lagert sind. Bei ihnen handelt es sich um gespeicherte oder Permcisomen metabolisch aktiv und haben spezifi-
Nährstoffe., inaktive Nebenprodukte des Stoffwechsels sehe wesentliche (essenzielle) Funktionen.
oder Ansammlungen von endo- oder exogenen Stoffen,

2.5.1 Glykogenpartikel Lokalisation und Ve rwendung Intrazelluläre Fetttropfen


Struktur Glykogen (Abb. 2.59), das einem Polymer der bestehen weitgehend aus Triglyceriden und entstehen in
D-Glucose entspricht, liegt in Form von 10-30 nm großen der Nähe des RER. Abgebaut werden die Triglyceride in
Partikeln (ß-Partikel) im Zytoplasma vor. Oft bilden10 - 15 enger Beziehung zu Mitochondrien: Die Fettsäuren, die aus
dieser Partikel, die auch Enzyme fiir den Auf- tmd Abbau den Fetttropfen freigesetzt werden, verbinden sich zunächst
der Partikel enthalten, gröBere Aggregate (Rosetten, mit Coenzym A der äußeren Mitochondrienmembran. Sie
a-Partikel, Abb. 2.60). werden danach iiber die innere Mitochondrienmembran
in die Matrix transportiert, wo sie zu Acetyl-Coenzym A
Lokalisation und Verwendung Glykogenpartikel liegen oxidiert werden, das dann in den Pettsäureabbauzyklus
oft in enger Nachbarschaft des GER, in dessen Membranen (Tricarboxylzyklus) eintritt. In den Epithelzellen der laktie-
in Leberzellen Glucose-6-Phosphatase vorkommt, die das renden Brustdrüse sind Fetttropfen esse111leller Bestandteil
Phosphat von Glucose-6-Phosphat abspaltet. Daraufhin des Sekretes.
kann die Glucose die Zelle verlassen und steht als Energie-
quelle für viele andere Zellen Zttr Verfügung. Bei Diabetes Vorkommen Fetttropfen kommen vornehmlich in Fett-
mellitus und einigen anderen Krankheiten kann Glykogen zellen oder Drüsenzellen der laktierenden Milchdrüse vor,
auch im Kern attftreten. einzeln aber auch in vielen anderen Zellen. Das Auftreten
von Fetttropfen kann auch Stofli.vechselstönmgen anzeigen
Vorkommen Vereinzelt in vielen Zellen, in größerer Menge (Abb. 2.63).
z. B. in Lebercpithelzellen, Knorpelzellen, NeutraphiJen und
Herzmuskelzellen.

2.5.2 Intrazelluläre Fetttropfen


Struktur Fetttropfen werden nicht von einer typischen
Biomembran umgeben (Abb. 2.61, Abb. 2.62), sind aber
von einer Lage Phospholipide tmd in einigen Zellen (z. B.
Fettzellen) zusätzlich vom Protein Perilipin umhüllt. Im
Zytosol findet sich an der Grenze zum Fetttropfen das Pro-
tein Adipophilin. Große Fetttropfen sind außerdem von
Vimentinfilamen ten tungeben.

Abb. 2.59 Intrazelluläres Glykogen in Form granulärer Abb. 2.60 Glykogenpartl kel als • -Partikel (~) in einer
bis kleinscholliger Partikel (hier rot gefärbt). Deciduazellen, EM-Aufnahme einer Leberzelle des Menschen. 1 Peroxisom;
Uterus einer schwangeren Frau. Färbung: Best-Glykogen- 2 glattes ER; 3 raues ER; 4 matrixreiches Mitochondrium.
färbung; Vergr. 600-fach. Vergr. 50 000-fach.
2.5 Zelleinschlüsse 53

2.5.3 Kristalline Einschlüsse


Kristalline Einschlüsse treten selten auf tmd entsprechen ver-
mutlich Aggreg-aten von Proteinen. Sie kommen meistens im
Zytoplasma vor, können aber auch im Kern zu finden sein.

Vorkommen Große kristalline Einschlüsse in Zellen des


Menschen sind die Reinke-Kristalle in den Leydig-Zellen
des Hodens (Abb. 2.64).

2.5.4 Pigmentierte Zellstrukturen


Pigmentierte Zellstrukturen sind heterogener Natur und
keine typischen Einschlüsse, sondern o ft nur relativ inaktive
Organellen (terminale Lysosomen). Mclanosomen werden
in Kap. 2.4. 10 besprochen.

Lipofuszingranula
Abb. 2.61 Kleine Lipideinschlüsse (helle Punkte) in den In Zellen mit langer Lebenszei t (Herzmuskelzellen, Nerven-
Steroidhormon bildenden Epithelzellen der Nebennierenrinde zellen) treten öfter Lipofuszingranula auf, die Endstadien
des Menschen. Das Fett ist aus den Zellen präparations- von Lysosomen entsprechen, also Zellorganellen sind (Abb.
bedingt herausgelöst, die verbleibenden Vakuolen verleihen 2.50, Abb. 2.65).
dem Zytoplasma ein "schaumiges" Aussehen. Plastikschnitt.
Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. Hämosiderin
Abbauprodukte des Hämoglobins, insbesondere Hämoside-
rin, werden auch in Lysosomen akkumuliert und verleihen
den Zellen, in denen sie vorkommen, eine gelbbratme Ei-
genfarbe (Milzmakrophagen, Abb. 2.66; oft Kupfl"er-Zellen).
Bei Eisenüberschuss, z.B. nach Blutungen oder Stönmgen
des Eisenstoffivechscls, kann Hämosiderin auch in vielen
anderen Organen, z. B. Pankreas, Herz, Synovialmembranen
und der Hypophyse, auftreten.

c
Abb. 2.62 Zahlreiche hell erscheinende Lipideinschlüsse Abb. 2.64 Kristalline
(1) in einer EM-Aufnahme von Talgdrüsenepithelzellen des Einschlüsse.
Menschen. 2 Zellkern. Vergr. 2840-fach . (Aus (1))

Abb. 2.63 Krankhafte Einlagerungvon Lipidtropfen in Abb. 2.65 Große Ansammlungen von gelbbraunen
Leberzellen des Menschen bei toxisch-nutritivem (oft alkohol- Lipofuszingranula (~) in Spinalganglienzellen (Mensch).
bedingtem) Leberschaden. Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. Färbung: Azan; Vergr. 450-fach.
(Aus (1))
54 2 Zelle

Kohlenstaub Viruspartikel
Die Ablagerung von Kohlenstaub findet sich normalerweise Zum Teil entsprechen Einschlusskörper auch Ansammlun-
auch in Lysosomen von Makrophagen, speziell in der Lunge gen von Viruspartikeln (Abb. 2.68).
und in Lymphknoten (Abb. 2.67).

Abb. 2.66 Makrophagen in der Milz des Menschen. Abb. 2.67 Zahlreiche mit Rußpartikeln beladene Makro-
Die Zellen enthalten eisenreiches Hämosiderin (blau gefarbt phagen in einem Ausschnitt aus dem Mark eines Hiluslymph-
durch Eisennachweis mit BerHner Blau), ein Pigment, das knotens (Lunge, Mensch). Die Betadung des Lymphknotens
vom Hämoglobinabbau herrührt. Die Makrophagen sind mit schwarzen Rußpartikeln wird Anthrakose (anthrax =
weitgehend auf die rote Pulpa beschränkt. Färbung: Berliner Kohle) genannt. Färbung: Azan; Vergr. 380-fach.
Blau, Kernfärbung mit Kernechtrot; Vergr. 260-fach.

• Abb. 2.68 Virus-


- . ...; • einschlüsse.

2.6 Zytoskelett
_____________________________________ ZurOrtentierung -------------------------------------
Das Zytoskelett gibt der Zelle ihre Porm und baut in ihr aus Tausenden identischer Proteinmoleküle aufgebaut
Stützstrukturen auf, die in vielen Zellen dynamisch verän- sind, in die sie auch leicht wieder zerfallen (dissoziieren)
derbar sind. Es besteht im Wes entliehen aus Mikrotubuli, können. Es besteht jeweils ein bestimmtes, dem Bedarf
Aktin- und Intermediärfilamenten, aber auch aus Myosin- einer Zelle angepasstes Gleichgewicht zwischen polymeri-
filamenten, die an BewegLmgsprozcssen in vielen Zellen siertem und dissoziiertem Zustand, der von Begleitpro-
beteiligt, aber am höchsten in Muskelzellen differenziert teinen reguliert wird. Auch im polymerisierten Zustand ist
sind. Die Strukturen des Zytoskeletts sind Polymere, die ihre Punktion von Bcglcitproteinen abhängig.

2.6.1 Mikrotubuli und Zentriolen messer 15 nm. Ähnlich wie die Aktinfilamente (Kap. 2.6.2)
sind sie polar aufgebaut und stehen im Gleichgewicht mit
Mikrotubuli freien globulären Untereinheiten im Zytoplasma. Diese glo-
Mikrotubuli sind röhrenf6nnige Elemente des Zytoskeletts bulären Untereinheiten sind a - und ~-Tubulin, die Dimere
(Abb. 2.69). Sie sind ubiquitär verbreitet und wichtig flir bilden (Abb. 2.69). In jedem Mikra tuhuJus bilden die Un-
Stiitzflmktion und Bewegungen. In Kinozilien und Spermi- tereinheiten lange Ketten, Protofilamente, von denen sich
enschwänzen sind sie die wesentlichen Komponenten. Da- 13 zu einem Mikrotubulus zusammenlagern. Mikrotubuli
bei sind Mikrotubuli nicht permanent vorhanden, sondern besitzen ein dynamisches Plus-Ende, das rasch wachsen
haben nur eine Halbwertszeit von ca. 10 m.in. und abgebaut werden kann und in der Zellperipherie liegt,
und ein Minus-Ende, das in Zentriolennähe liegt, nur lang-
Aufbau Mikrotubuli können mehrere fllTI lang werden, sam verlängert oder verkürzt wird und Untereinheiten ver-
ihr Außendurchmesser beträgt 20-25 nm, ihr Innendurch- lieren würde, wenn es nicht durch ein besonders struktu-
2.6 Zytoskelett 55

a b
Abb. 2.69 Mikrotubuli und Zentriolen. a: Mikrotubuli ( ~ ) in einem Fibroblasten (HeiL, Meerschweinchen). 1 Zellkern;
2 Golgi-Apparat~ Zentriol mi t assoziiertem dichtem MateriaL Vergr. 36600-fach . b: Zentriolen in Längsrichtung(~ ) in
einem Fibroblasten der Dermis, Vergr. 30000-fach.

ß- Tubulin-- - - -tYI:,
a-Tubulin- ---"CY"
'GTP

& c:fc1'if
~~ <:1 25nmim
Plus-Ende __ _.
(
-- _. Lumen--- -
-.. -~---
Durchmesser
(schnell wachsend) ---- ~~~
(
(

Abb. 2. 70 Aufbau eines Wachstums-


Mikrotubulus. lt· und . richtung
ß-Tubulin lagern sich zu ••
Oimeren zusammen, die 13 I
lange Ketten ( Protofila- Minus-Ende __ _.
mente) des Mikro tubulus (langsam wachsend}
bilden. Prolofilament

riertes Zellareal, das Zentrosom , stabilisiert werden würde Funktion Der dynamische Auf- ttnd Abbau der Mikro-
(Abb. 2.70). Das Zentrosom besteht aus einer Matrix, die tubuli spielt eine wichtige Rolle bei der Morphogenese der
die Funktion eines Mikrotubulus organisierenden Zen- Zellen. Mikrotubuli sind außerdem die wesentlichen Kom -
trums (MTOC) hat, tmd einem Zentriolenpaar. Es liegt in ponenten des Spindclapparats, der bei der Zellteilung auf-
vielen Zellen in Kernnähe, ungefähr in der Mitte der Zelle gebaut wird (Abb. 2.7la}. Während des T eiltmgsvorgangs
(Abb. 2.69). In Epithelzellen befindet sich das MTOC im strahlen Mikrotubuli von den 2 Zentriolenpaaren aus, die
apikalen Zytoplasma. Von den Zentriolen strahlen Hun- sich an den gegenüberliegenden Zellpolen gebildet haben
derte von tmterschiedlich langen Mikrotubuli in alle Rich- (s. u.). Mikrotubuli sind außerdem Leitschienen für Trans-
ttmgen aus; sie können an ihren Plus-Enden wachsen, aber portprozesse in Zellen (Abb. 2.72).
hier auch nach einer funktionellen Umstimmung Unter-
einheiten verlieren tmd sich so verkürzen. Beim Wachs-
Zentriolen
ttun werden GTP enthaltende Tubulinmolekille dem freien
Ende zugcfugt. Nach Polymer isation und Wachstum erfolgt Aufba u Zentriolen sind paarige Strukturen in den meis-
die Hydrolyse des GTP am ~- Tubulin, wodurch die Verbin- ten Zellen. Sie sind 0,3-0,6 11m lange Zylinder mit einem
dung der Untereinheiten geschwächt wird, was schließlich Durchmesser von ca. 0,2 1-lln, die rechtwinklig zueinander
zu Depolymcrisierung fUhrt. Mikrotubulusassoziierte Pro- stehen (Abb. 2.69b). Ihre Wand besteht aus 9leicht gegen-
teine (MAPs) wirken dem Zerfall entgegen, das freie Ende einander versetzten Einheiten, von denen jede aus 3 k urzen
kann auch durch Capping-Protcinc stabilisiert werden. Mikrotubuli (Tripletts) besteht.
56 2 Zelle

Klinik Substanzen, die die Polymerisation oder den Abbau


von Mikrotubuli hemmen, werden als Mikrotubulusgifte
bezeichnet. Colchicin (Alkaloid aus der Herbstzeitlose) und
a Vinca-Aikaloide (aus verschiedenen Vinca- tmd Catharan-
tus-Arten) binden an Tubulindirnere tmd verhindern ihre
Abb. 2. 71 Elemente des
Zytoskeletts. Polymerisation zwn Mikrotubulus. Ta.xane (aus der Rinde
der pazifischen Eibe) binden an Mikrotubuli tmd verhin-
dern ihren Abbau. Manche dieser Substanzen werden in der
Krebstherapie eingesetzt, da sie den Mitoseablauf stören.
Colchicin hilft bei einem Gichtanfall Bei der Gicht fallen
Funktion In der ,.Matrix", einem zytoplasmatischen Areal, Natritunuratkristalle an, die in Lysosomen aufgenommen,
das die Zentriolen wngibt tmd das aus spezifischen Protei- aber nicht enzymatisch abgebaut werden. Irgendwann zer-
nen aufgebaut ist, entstehen die neuen Mikrotubuli. Zu den reißt dann die Lysosomenmembran und die frei werdenden
Matrixproteinen zählen u. a. Strukturproteine tmd mikro- lysosomalen Enzyme schädigen die Zelle tmd das wnliegen-
tubulusassoz.iierte Motorproteine. In der Matrix liegen auch de Gewebe. So entsteht eine schmerzhafte Entziindtmgs-
y-Tubulin-Ringkomplexe, an denen die Mikrotubuli auf- reaktion. Colchicin henunt die Beweglichkeit der Neutro-
gebautwerden. y-Tubulin-Ringe kommen auch bei Pflanzen philen tmd deren Phagozytosefcihigkeit, sodass sich weniger
und Pilzen vor, denen Zentriolen fehlen. Aus den Zentriolen Kristalle in den Lysosomen ansammeln.
gehen die Basalkörper von Klnozilien hervor; au1~erdem sind
sie am Aufbau der Teilungsspindel beteiligt (Abb. 2.7la).
2.6.2 Aktinfilamente (Mikrofilamente)
Aktinfilamente kontroJlieren Gestalt und Bewegwtgen von
Assoziierte Proteine
Zellen. In Mikrovilli haben sie eine versteifende Punktion
Stabilisierte Mikrotubuli verbinden sich mit spezifischen (Abb. 2.14, Abb. 2.7lb).
mikrotubulusassoziierten Proteinen (MAPs), unter denen
Motorproteine (Dyn eine, Klnesine) besonders wichtig sind. Aufbau Aktinfilamente messen ca. 6-7 nm im Durch-
Sie nutzen die Energie von ATP, um sich in einer Richtung messer und sind unterschiedlich lang. Sie entstehen durch
an den Mikrotubuli entlang zu bewegen. Dabei transpor- gerichtete Polymerisation und Depolymerisation des glo-
tieren sie bestimmte "Prachten" (Granula, Organellen), mit bulären G-Aktins. Etwa 250 G-Aktin-Molcküle lagern sich
denen sie sich verbunden haben. Dyneine bewegen ihre zu einer Kette zusammen, die als filamentäres F-Aktin
Fracht zwn Minus-Ende (i. A. aus der Zellperipherie zum bezeichnet wird. Zwei P-Aktin-Ketten winden sich helikal
Zellzentrwn, retrograder Transport in Neuronen), Kinesine wneinander und bilden ein Aktinfilament Aktinfilamente
zwn Plus-Ende (also vom Zellzentrum zur Zellperipherie, besitzen ein dynamisches Plus-Ende, an dem sie durclt An-
anterograder Transport in Neuronen, Abb. 2.72). Mitochon- lagerung von G-Aktin-Molckülen schnell wachsen, aber
drien und membranbegrenzte Vesikel können am gleichen auch schnell Untereinheiten verlieren können, und ein
Mikrotubulus in beide Riclttwtgen wandern. Minus-Ende, an dem sie sich nur langsam verändern. Die
Anlagerung von G-Aktin erfolgt unter ATP-Verbrauch.

Membranen,
Nouron Vorstufen der synaptischen Vesikel,
• Organellen u. a.
'' Rezeptor fOr
•'
• Mikrotubukls den freigesetzten
'' an tarograder Transmitter
Axon
Kinesin •• Transport ''
• • ••
b

-..-~-·-
retrograder
'' .
zytoplasmatisches \
Transport Dynein \

autophagische Vakuole,
Viren, Organellen u.a.
Golgi-Apparat
RER

Abb. 2. 72 Axonaler Transport. Wesentliche Motorproteine für den bidirektionalen Transport von Organellen entlang den
Mikrotubuli in einem Axon sind Kinesin und Dynein.
2.6 Zytoskelett 57

Funktion In Zellfortsätzen Lmd in der Zellperipherie


(Abb. 2.73) bilden Aktinfilamente sehr oft ein dreidimensio-
nales Netzwerk. Dieses Membranskelett stabilisiert die
Zellmembran lLOd kann Membranproteine an bestimmter
Stelle befestigen. Aktinblindel sind ein wichtiger Teil von
c
Abb. 2.73 Bündel von
gürtclförmigen Adhärens-JLLOktionen (Zonulae adhaeren-
Aktinfilamenten.
tes, Kap. 2. 1.7) un d kleinen Kontakten der Zelle mit an -
deren Zellen (Punktdesmosomen) LLOd der extrazellulären
Matrix (Fokalkontakte). In Zellfortsätzen dirigieren sie die
Wanderung von Zellen. In manchen Zellen, speziell in En-
dothelzellen und in Zellkulturzellen, können sie durch Pas- Tetran1ere lagern sich End zu End zu Protofilamenten
ein vernetzt werden und kräftige Zytoplasmatische Bündel zusanllUen. Protofilan1cntpaarc bilden Protofibrillen, von
aufbauen, die Stressfasern genannt werden. In den Muskel- denen jeweils 4 ein Intermediärfilament aufbauen. Als
zellen sind Aktinfilamente wichtigster Partner der Myosin- Monomere dienen in den verschiedenen Zelltypen unter-
filamente (Kap. 3.3.1, Kap. 3.3.2). schiedliche, aber verwandte Proteine:
• in Epithelzellen Kerdtine (Abb. 2.75)
Assoziierte Proteine Zahlreiche verschiedene aktinasso- • in Fibroblasten und verwandten Zellen Vimentin
ziierte Proteine kontrollieren und regulieren die Polymeri- (Abb. 2.76)
sation bzw. Depolymerisation von Aktin, die Zusammen- • in Muskelzellen Desmin.
lagerwlg der Aktinfilamente zu Bündeln, verzweigten
Filamenten oder Netzen und die Anheftung der Aktinfila- Weitere Proteine bauen die Intermediärfilamente in Glia-
mente an die Zellmembran: lUld Nervenzellen und in der Kernlamina auf (s. u.). Ihr Auf-
• Die Proteine Thymosin, Profitin und Gelsolin sind an1 lUld Abbau wird über Phospho ryllerung (Abbau) lmd Des-
Auf- lllld Abbau der Aktinlilan1ente beteiligt. Tropomyo- phosphorylienmg (Allfbau) reguliert.
sin stabilisiert (neben Bindung des Troponinkomplexes)
die Aktinfilamente quergestreifter Muskelzellen, und Funktion Intermediärfilamente sind biegsan1c, sehr feste,
zwar über eine Strecke von 7 G-Aktin-Moleki.Uen. aber auch durchaus dynamische Strukturen. Sie bilden in
• Fimbrin , Villin und andere Proteine bilden Brücken zwi- allen Zellen komplexe passive Stützstrukturen lmd ver-
schen pardllel verlaufenden Aktinfilamenten, die somit zu leihen ihnen Zugfestigkeit. Sie sind mit den Desmosomen
Bündeln zusammengefasst werden. Filamin ist am Auf- und Hemidesmosomen verbunden (Abb. 2.21).
bau flexibler dreidimensionaler Netze beteiligt. a -Aktinin
reguliert den Aufbau von Aktinfilamentbündeln in kon-
traktilen Zellen, in denen sie mit Myosin li zusammen-
wirken. a -Aktinin ist Hauptbestandteil der Z-Scheiben in
der quergestreiften Muskulatur.
• Vinculin, a -Aktinin, Talin und zum Teil auch Myosin I
und Calmodulin befestigen Aktinfilamente an der Zell-
membran. Spektrin (in Erythrozyten) und Dystrophin
(in Skelettmuskelzcllen) verknüpfen in der Zellperipherie
liegende Aktinlilan1ente mit der Zellmembran. a -Aktinin
ist in allen Typen der Muskulatur an der Befestigung der
Aktinfilamente in der Zellmembran beteiligt. Bei rascher
Neubildw1g von Zellfortsätzcn, z.B. in Makrophagen,
werden Aktinfilamente schnell umgebaut w1d Zlllll Teil
für kurze Zeit an der Zellmembran befestigt. Hierbei a
spielen Proteine der ERM-Familie (Ezrin, Rhadixin und
Moesin) eine wichtige Ro lle.

Klinik Einige Naturstofre aus Pilzen (meist Alkaloide) be-


einträchtigen Zlllll Teil mit tödlichen Folgen das Aktin-
filamentsystem. So bindet Phalloidin aus dem Knollen-
blätterpilz Amanita phal/oides fest an Aktinlilan1ente Lmd
verhindert deren Dcpolymcrisierung. Cytochalasine (ent-
stammen verschiedenen Pilzen) binden an das Plus-Ende
der Aktinfilamente lmd verhindem deren WachstLllll. Die
Latrunculine (aus dem Meeresschwamm Latnmculia mag-
n!fica) zerstören Aktinfilan1ente durch Bindung an G-Aktin b
und induzieren die Depolymerisation des F-Aktins.
Abb. 2. 74 Intermediärfllamente. a: Gtiafilamente (* ) in
den dicht gepackten Astrozytenfortsätzen in der oberfläch-
2.6.3 Intermediärfilamente Lichen Schicht der Großhirnrinde des Menschen. -+ Glykogen-
Aufbau Intermediärfilamente sind 10 nm dicke Protein- partikeL Vergr. 28 000-fach. b: Basale Epidenniszelle des
filamente (Abb. 2.74). Ihre GrU11dbaueinheit sind Mono- Menschen mit kompakten Keratinfilamentbündeln (1).
mere, die sich zu Di- und Tetrameren zusammenlagern. 2 Hemidesmosom; 3 Basallamina. Vergr. 66 600-fach.
58 2 Zelle

I
:
I
, ,
0

,

' • •
'
Abb. 2.76 Immunhistochemischer Nachweis des Vimen-
tins (Rotfärbung) in hyalinen Knorpelzellen (Bronchus,
• Mensch). Vergr. 260-fach .

Gliafilamente
In Astrozyten bestehen Gliafilamente (Abb. 2.74a) aus dem
sauren Gliafibrillenprotein ("gliafibrillar addic protein",
Abb. 2.75 Immunhist ochemischer Nachweis von Zyto-
GFAP), das auch in Schwann-Zellen des peripheren vegeta-
keratin 7 (CK7, Braunfärbung) in den Epithelzellen der
tiven Nervensystems vorkommt. In markscheidenbildenden
Drüsenläppchen der nicht laktierenden Milchdrüse (Mensch).
Schwaon-Zellen bestehen die Filamente aus Vimentin.
Vergr. 140-fach.

Klinik Der immunhistochemische Nachweis der Proteine,


aus denen die Intermediärfilamente der verschiedenen Zell-
formen aufgebaut sind, kann bei der Tumordiagnostik
Assoziierte Proteine Mit den Intermediärfilamenten sind helfen, die Herktmft der Tumorzellen festzustellen. Je nach-
weitere Proteine assoziiert, z. B.: dem, ob sie epithelialen, neuronalen, glialen, muskulären
• Filaggrin vennittelt in den Epidenniszellen die Bildung oder bindegewebigen Ursprllllgs sind, kann die Therapie an-
von Keratinfilamcntbündeln. gepasst werden.
• Picktin vernetzt Intennediärfilamente. Es sind zahlreiche Mutationen von Keratingenen be-
kannt: Eine Mutation der Gene für Keratin 1tmd 10 führt zu
überschießender Verhormmg der Epidermis (epidermoly-
Keratinfilamente tische Hyperkeratose). Eine Mutation des Keratin-9-Gens
Keratine (Zytokeratine, CK) sind die Monomere der Kera- fiihrtzu Fragmentierung der Epiderm is von Hand- tmd Fuß-
tinfilamente und lassen sich in 2 gro ße Gruppen einteilen: sohlen. Eine Mutation der Gene für Keratin 5 oder Keratin 14
saure und basische Zytokeratine. Sie bilden immer Hetero- fiihrt schon bei schwachen Verletzungen der Haut (leichte
dimere im Verhältnis 1 : 1, die dann die Keratinfilamente Stöße) zu Blasenbildungen (Epidermolysis bullosa simplex).
aufbauen. Bestimmte Zytokcratinc sind für feste Stmkturen
kennzeichnend, z. B. die Hornschicht der Epidermis tmd fiir
die Haare tmd Nägel. Bündel von Keratinfilamenten in Epi-
Laminfilamente
thelzcllen, speziell in der Epidermis, entsprechen den Tono- Lan1infilamente bilden in der Interphase ein Netzwerk an der
filamenten der Lichtmikroskopie (Abb. 2.74b ). In Epi- inneren Kernmembran. Dieses unterschiedlich dicke Netz-
thelzellen unterschiedlichen Differcnzienmgsgrades werden werk- oft ist es ca. 20 nm dick - wird Kernlamina (Lamina
verschiedene Keratine cxprimicrt (Abb. 1.7), ebenso bilden nuclearis) genannt. Es ist ztun einen an der inneren Kern-
verschiedene Epithelien unterschiedliche Keratine; sie sind membran, zum anderen an Chromosomen befestigt. Baustei-
daher auch diagnostisch von Interesse. ne der Lan1infilamente sind die Proteine Lamin A, B und C.
Während der Mitose werden die Lamine von der Cydin-
B-aktivierten Cdc2-Proteinkinase phosphoryliert, was zur
Neurofilamente Entstehung freier Lamindimere und zur Auflösung der
Die Intennediärfilamente der Nervenzellen (Abb. 2.77) sind Kernlamina fiihrt. Vcsikel der fragmentierten Kernhülle
Heteropolymere aus 3 Polypeptidketten: NF-L, NF-M und bleiben an Lamin B gebunden, während die Lamme A und
NP-H, die sich in ihrem Molekulargewicht unterscheiden. C frei im Zytoplasma verbleiben. Nach der Mitose werden
Neurofilamente spielen auch cil1e wichtige Rolle beim Di- die Lamine dephosphorylicrt und die an La1nin B gebtmde-
ckenwachstum von Axonen. nen Membranvesikel an Chromatin befestigt. Die Vesikel
2. 7 Zellzyklus und Stammzellen 59

fusionieren und die Kernlamina baut sich wieder auf. An-


schließend entspiralisieren sich die Chromosomen wieder.

2.6.4 Myosin
D em Zytoskclett lässt sich auch das Myosin zuordnen, das
in Muskelzellen ca. 15 nm dicke Filamente bildet. Es existie-
ren verschiedene molekulare Ponnen des Myosins, die zu-
sammen die Superfamilie der Myosine bilden. Als Mono-
mere besitzen Myosinmolekille 3 Abschnitte: Kopf, Hals
und Schwanz (s. a. Kap. 3.3.1).
• Myosin I korrunt in allen Zellen vor. Es liegtim Gegensatz
zu Myosin II (s. u.) ausschließlich als Monomer vor. Myo-
sin I hat eine membrdnbindende Domäne tmd ist an der
Formgebung der Zelloberfläche und der Organisation des
Zellionern beteiligt. In den Mikrovilli ist das zentrd!e
Aktinfilamentbündel über Myosin I an der Membran be-
festigt.
• Isoformen des Myosins II treten im Zytoplasma vieler
Zelltypen auf, in denen sie meistens an Bewegungs-
vorgängen beteiligt sind. Eine wesentliche Rolle spielt
Myosin II in Muskelzcllen. Es bildet immer pohu gebaute
filamentäre Aggregate, in denen sich die Kopfregionen
gegenüberliegen Qeder Kopf hat eine aktinbindende und
eine ATPase-Domäne). Die Schwan1..regionen sind mn-
einander gewickelt und bilden eine stabf<irmige Struktur.
Abb. 2.77 Immunhist ochemischer Nachweis von Neuro- • Myosin V ist ein Protein, das z. B. die Melanosomen in
filamenten (Braunfarbung) in den Nervenzellfortsätzen den Dendriten der Melanozyten entlang Aktinfilamenten
zweierperipherer Nerven(* )· Haut des Menschen. Vergr. trdnsportiert (Kap. 2.6.2). Seltene Myosine treten z.B. in
260-fach. den Haarzellen des Innenohrs auf (Kap. 17.1.3).

2.7 Zellzyklus und Stammzellen


_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Das Leben einer Zelle besteht aus zyklisch ablaufenden und G,-Phase, werden von einem komplexen Zellzyklus-
Phasen, die zusammen als Zellzyklus bezeichnet werden. Kontrollsystem überwacht. Von Stammzellen geht die Er-
Alle Zyklusphasen, M-Phase, G 1-Phase, S-Phase, G2-Phase neuerungvon Geweben aus.

2. 7.1 Zellzyklus strang-Bindtmgsproteine eine Rolle spielen. An verschie-


denen Stellen des Genoms, die ca. 100000 Nukleotidpaare
Zyklusphasen voneinander entfemt sind, beginnt dann die Replikation
Eine Zelle kann in ihrem Leben verschiedene Phasen durch- (Verdoppehmg). DNA-Polymerase und DNA-Prirnase ka-
laufen, die insgesamt den Zellzyklus bilden (Abb. 2.78). Der talysieren die Polymerisienmg und bearbeiten dabei ca. 50
Zellzyklus besteht aus M-, G 1- , S-, G 2- und G,-Phase. G1- , S- N ukleotide pro Sektmde. Eventuell auftretende Fehler wer-
und G2 -Phase werden als Interphase zusammengefasst. den mithilfe verschiedener Mechanismen repariert. Jede
DNA-Region wird nur einmal repliziert. Die speziellen ter-
M-Phase Während der M-Phase (Mitosephase) werden minalen Nukleotidsequenzcn der Chromosomen-Enden,
die Chromosomen, die ihre DNA repliziert (verdoppelt) der Telomere, werden in Keimzellen tmd manchen Krebs-
haben, getrennt und im Laufe der Mitose auf 2 neue Kerne zellen durch ein besonderes Enzym, die Telomerase, repli-
verteilt (Karyokinese). Auch das Zytoplasma wird geteilt ziert.
(Zytokinese) und auf 2 T ochterzellen verteilt.
G2-Phase In der Gz-Phase ("gap-2-Phase", prämitotische
G1-Phase In der G1-Phase ("gap-1 -Phase", Präsynthese- Phase) wird geprüft, ob die DNA-Replikation exakt war.
phase) wächst die Zelle und erfiillt ihre kennzeichnenden Fehler werden korrigiert.
Funktionen.
G0 -Phase Am Ende der M-Phase können Zellen nicht nur
S-Phase In der S-Phase (DNA-Synthese) wird die DNA in die G1-Phase, sondern auch in eine G,-Phase eintreten.
verdoppelt (repliziert). Dazu wird der DNA-Doppelstrang Dies ist in Bezug auf den Zellzyklus eine stabile, lang an-
geöffnet, wobei u. a. DNA-Hclikasen tmd DNA-Einzcl- haltende Arbeitsphase, in der sich viele Zellen des Körpers
60 2 Zelle
Zelle mit doppeltem
DNA~Gehalt

@ Zelle mit
normalem (einfachem)
DNA-Gehalt
'

@)
''G 1-Phase
Synthese-Phase (Prä-Synthese-Phase)
(DNA-Synthese) Abb. 2.78 Zellzyklus (Schema).
Einzelheiten siehe Text.

befinden tmd in der sie ihre jeweiligen Funktionen erflillen. Zellzyklus-Kontrollsystem


Ihre T eihmgsfahigkeit verlieren sie dabei jedoch nur selten.
Den zeitlichen Ablauf tmd das sequenziell korrekte Einset-
Sie können z.B. bei einem Zellverlust in ihrem jeweiligen
zen der einzelnen Zyklusphasen überwacht ein sehr komple-
Organ rasch wieder in die G 1-Phase i:tbertreten und sich
xes Zellzyklus-Kontrollsystem (Abb. 2.79). Es ist flexibeltmd
dann teilen, wn den Defekt zu beheben. Wichtige Zellen,
kann sich an spezifische Zelltypen und Umweltveränderun-
die sich normalerweise in der G0 -Phase befinden, sind Le-
gen anpassen. Außerdem enthält es Sichenmgssysteme flir
berepithelzcllen, Pankreasepithcl2cllen, Nierenepithelzel-
den Fall, dass Fehler unterlaufen.
len, Fibroblasten und Gefaßendothclzellen. Manche Zellen
(die allermeisten Nervenzellen, Herzmuskelzellen und Kontrollpunkte An spC2ifischen Kontrollptmkten
praktisch auch die Skelettmuskelzcllen) bleiben lebenslang ("check-points") kann das Kontrollsystem den Zellzyklus
in der G0 -Phase und können nicht in die G1-Phase zurück- anhalten. Wichtige Kontrollpunkte liegen vor Beginn der
kehren. Mitose (~-Kontrollpunkt), wo geprüft wird, ob die DNA-
Replikation korrekt abgeschlossen ist, dann vor Einsetzen
Zellpopulationen der Anaphase (Metaphase-Kontrollpunkt, nicht abgebil-
det), für die gewährleistet sein muss, dass alle Chromoso-
Die Existenz der G0 -Phase und der dazugehörigen Zellen hat men an der Spmdel befestigt sind, und schließlich vor Be-
zu folgender Einteilungvon Zellpopulationen geführt: ginn der S-Phase (G1-Kontrollpunkt), bei dem auf dem
Prüfstand stellt, ob die DNA-Replikation einsetzen soll.
Labile Zellen Zellen, die sich konti.J1tlierlich teilen, also
rasch von Mitose zu Mitose schreiten tmd somit kurzlebig Cyclinabhängige Kinasen Eine wesentliche Rolle i.Jn
si.J1d, sind labile Zellen. Dazu gehören StallllllZCllen i.J1 vie- Kontrollsystem des Zellzyklus spielt eine Familie von Pro-
len Epithelien, z. B. in mehrschichtigen Plattenepithelien teinkinasen, die cyclinabhängige Kinasen (Cdks) genannt
der Epidermis, der Mtmdhöhle und der Vagina, im Über- werden (Abb. 2.79). Ihre Aktivität ändert sich im Verlaltf
gangsepithcl und im Epithel der Dannschlei.Jnhaut (zu der Zyklusphasen. Dadurch sind die intrazellulären Prote-
Stammzellen s.a. Kap. 2.7.2). me, die den Ablattf der wichtigsten Stationen des Zellzyklus
regulieren, mal mehr und mal weniger phosphoryliert. Die
Stabile Zellen Zellen, die sich in der teil ungsruhigen G0 - Cdk-Aktivität wird von zahlreichen Enzymen und anderen
Phase befinden, werden stabile Zellen genannt. Sie können Proternen reguliert. Die wichtigsten Regulatorproteine der
auf einen Stimulus hin wieder in den Zellzyklus eintreten. Cdkssind:
• Cycline: Es lassen sich verschiedene Cykline tmterschei-
Permanente Zellen Zellen, die sich nicht mehr teilen, die den, vor allem Cyclin D, Cyclin E, Cyclin A und Cyclin B,
also aus dem Zellzyklus austreten und sich nicht regenerie- die an verschiedenen Stellen des Zellzyklus eine wichtige
ren können, werden permanente Zellen genannt Hierher Rolle spielen; Cyclin A führt die Zelle z. B. in die G2 -Pha-
gehören Nerven- und Herzmuskelzellen sowie auch Skelett- sc, Cyclin B ist fiir den Beginn der Mitose wichtig. Ihr zy-
muskelzcllen. Wenn sie untergehen, können sie nicht mehr klischer Attf- und Abbau fiihrt dazu, dass Komplexe aus
ersetzt werden, ihre Stelle nimmt ein bindegewebiges Nar- Cyclin und cyclinabhängigen Kinasen gebildet und akti-
bengewebe ein. Skelettmuskelgewebe hat eine sehr einge- viert werden (Abb. 2.79).
schränkte Regenerationsfähigkeit • Protein p 53 ("Wächter des Genoms"): Bei einem DNA-
Schaden kann p53 den Zellzyklus i.J1 der G 1- oder in der
G,-Phase anhalten und die Reparatur der DNA veran-
lassen. Bei irreparablem Schaden veranlasst p53 die Apo-
ptase der Zelle.
2.7 Zellzyklus und Stammzellen 61
Tyr-15
•• r-14
DephosphoryHerung ••
-- --
Cycl1n B • MPF
von Thr-14 undTyr-15
~...,,ftl

Thr-14 MPF-Inaktivierung

Tyr-15-

Gz-Kontroll-
punkt

Proteasom,
Abb. 2. 79 Regulation des Zellzyklus. ist an der
Cyclinabhängige Kinasen, Cycline und an- Eliminierung
der Cyclin-B-
dere Proteine spielen wesentliche Rollen Fragmente
bei Kontrolle und Regulation des Zell- beteiligt
zyklus. Der Komplex aus Cyclin B und Cdkl
wird MPF (M-Phase-Promoting-Factor)
genannt Tyr - Tyrosin, Thr • Threonin, ® CycllnE
Cdk = cyclinabhängige Proteinkinase. Cyclin A

tischen Mikrotubuli auf, tmd es entsteht stattdessen der


Klinik In KrebszeJlen ist das Zellzyklus-Kontrollsystem be- Mitoseapparat (Abb. 2.82). Er besteht aus der Teihmgs-
einträchtigt: Die Kontrolle liber den Ablauf(= die Progres- spindel (Mikrotubuli und assoziierten Proteinen) tmd den
sion) der G 1-Phase und den Beginn der S-Phase ist gestört. Zentrosomen (mit jeweils 2 Zentriolen) - das normale
Eine wichtige Rolle spielt hier das Retinablastoma-ProteiD Zentriolenpaar im Zentrosom hat sich verdoppelt, und die
(Rb), ein Hemrner der G 1-Progression. Verlust beider Ko- 2 Zentriolenpaare wandern an sich gegenüberliegende Pole
pien des Rb-Gens fiihrt zu unkontrollierter Zellproliferation der Zelle. Den Zentrosomen von Pflanzenzellen fehlen die
in der embryonalen Retina. p53 ist Ziel vieler Tumorviren, Zentriolen. Die Spindelentwickelt sich zuerst außerhalb des
und p53-Mutationen sind die häufigsten genetischen Verän- Kerns.
derungen im Krebsgewebe.
Prometaphase Die Prometaphase beginnt mit dem ra-
schen Abbau der Kernhülle. Die Hülle verschwindet nicht,
Mitose sondern bleibt in Form von einzelnen Vesikeln, die nicht
Die Mitose ist der wesentliche Vorgang der M-Phase des von ER-Vcsikeln zu unterscheiden sind, außerhalb der
Zellzyklus lUld umfasst die verschiedenen Phasen der Kern- Spindel erhalten. Die Mikrotubuli dringen jetzt in das Ge-
teilung, der Karyokinese (Abb. 2.80, Abb. 2.81): Prophase, biet des ehemaligen Kerns ein, und 30 - 40 von ilmen, die
Prometaphase, Metaphase, Anaphase, Telophase. Die an- sog. Kinetochormikrotubuli, befestigen sich an den ausge-
schließende Zellteilw1g wird Zytokinesegenannt. Die Mito- reiften Kinetachoren (Abb. 2.82). Kinetochormikrotubuli
se findet jedes Mal statt, wenn sich eine somatische Zelle üben eine gewisse Kraft auf die Chromosomen aus, die da-
(eine Nicht-Keimzelle) während des normalen Wachstums, durch in Bcwegltllg geraten. Man spricht auch davon, dass
nach Gewebeverletztmgen oder im Laufe von Differenzie- die Kinetochormikrotubuli die Chromosomen "einfangen".
nmgsprozcssen teilt. Jedes Gen wird dabei kopiert, sodass Weiter in der Peripherie der Spindel liegen (inter-)polare
Tochterzellen entstehen, die genetisch genauso ausgestattet (= Pol-)Mikrotubuli, die nicht mit Chromosomen in Kon-
sind wie die Mutterzclle. takt treten (Abb. 2.82, s.u.). Weitere Mikrotubuli, die auch
vom Spindelpol ausgehen und wie alle Mikrotubuli mit
Prophase In der Prophase kondensiert das Chromatin ihrem Minus-Ende im Spindelpol verankert sind, weisen
mehr und mehr, bis schließlich die Chromosomen zu er- nach außen und sind nicht am Aufbau der Spindel beteiligt.
kennen sind. Die Kondensation wird mithilfe von be- Diese Astralmikrotubuli werden auch mit dem Begriff
stinunten Proteinen, den Condensinen, bewerkstelligt. Je- "Aster" (PL Asteren; Stern) bezeichnet.
des Chromosom hatte sich in der vorhergehenden S-Phase
verdoppelt und besteht nun aus 2 Schwesterchromatiden, Metaphase In der Metaphase, die etwa halb so lang ist
die über Cohesine (größere Proteinkomplexe) verbunden wie die gesamte Mitosephase, werden die Chromosomen
sind. Jede dieser Schwesterchromatiden besitzt ein Zentro- mithilfe der Kinetochormikrotubuli in einer Ebene in der
mer mit einem speziellen DNA-Abschnitt, der für die spä- Mitte zwischen den Spindelpolen angeordnet. Durch diese
tere korrekte Trennung der 2 Chromatiden wichtig ist. An Form der Anordnung entsteht die sog. Metaphasenplatte.
jedem Zentromer entwickelt sich ein Kinetochor, ein spe-
zieller Proteinkomplex - jedes Schwesterchromatidenpaar Anaphase Die Anaphase wird durch Aktivierung eines
hat also 2 Kinetochore. Der Nukleolus verschwindet lang- Molekülkomplexes ausgelöst, der protcolytische Funktion
sam. Gegen Ende der Prophase lösen sich die zytoplasma- hat und "Anaphase fordernder Komplex" (engl. "anaphase
62 2 Zelle

-
a b

c d

e f

g h
2.7 Zellzyklus und Stammzellen 63
~ Abb. 2.80 Chromosomen und Chromatin im Lichtmikroskopischen Präparat. a: Das sog. Sexchromatin (-+) entspricht
einem der beiden X-Chromosomen der Frau, Es bleibt auch in der Interphase kondensiert, ist also Heterochromatin. Zu seiner
färbensehen Darstellung werden Abstriche z. B. von der Wangenschleimhaut auf Objektträgern angefertigt und mit einem
Farbstoff behandelt, der die DNA spezifisch erfasst (z. B. Thionin oder das leukofuchsin der Feulgen-Reaktion). Das Sexchro-
matin ist dann als diskretes, stärker gefärbtes Körperehen meist dicht an der Kernmembran erkennbar. Vergr. 960-fach. (Aus
[2]) b- h: Verschiedene Stadien der Karyokinese (= Kernteilung) mit entsprechenden Mitosestadien aus der Wurzelspitze ei-
nes Bohnenkeimlings (Vicia faba). (Aus [1 ]). b: Mehrere dicht beieinanderliegende Zellen mit Kernen in unterschiedlichen
Phasen der Mitose. In der oberen Zellreihe Liegen rechts neben einer beginnenden Telophase(-+, vgl. Bild h) sowie Links ne-
ben einer späten Metaphase (vgL dazu Bild e) je 2 Zellen, die nur halb so groß wie die übrigen sind. Sie sind die beiden aus
einer vollständig abgelaufenen Mitose hervorgegangenen Tochterzellen. Färbung: Eisenhämatoxylin; Vergr. 500-fach. c: Am
unteren Bildrand 2 noch frühe Prophasen mit deutlich erkennbarem Nukleolus (-+ ), darüber eine Metaphase in Aufsicht.
d: Von der Seite gesehene Metaphase mit Einstellung der Chromosomen in der Äquatorialebene des Zellleibes (in Aufsicht
ergäbe sich das Bild des sog. Monasters, vgl. Bild c. Die "Fasern"(= Mikrotubuli) der deutlichen Mitosespindel verbinden die
Kinetachore (liegen am Zentromer) der Chromosomen mit den an die Zellpole gewanderten Zentriolen (hier nicht vorhanden,
da Zellen höherer Pflanzen keine Zentriolen besitzen). e: Späte Metaphase, von schräg seitlich gesehen und daher kein idea-
les Bild eines Monasters bietend. Vor allem bei der rechten unteren Teilungsfigur beginnen sich die beiden aus einem Chro-
mosom durch identische Reduplikation hervorgegangenen Tochterchromatiden schon zu trennen (-+).Sie sind die definitiven
Chromosomen der späteren Tochterzellen. f: Frühe Anaphase mit "Diaster" (Tochterstern). AUe Chromosomen sind in ihre
Chromatiden gespalten und diese mit ihrem Scheitel schon eine Strecke weit polwärts gezogen. g: Spätere Anaphase mit
einer gerade erkennbaren und zwischen den Zellpolen verlaufenden ZentralspindeL h: Beginnende Telophase mit zunehmen-
der Verklumpung der Chromosomen zu einer homogenen, stark färbbaren basophilen Masse: Oie Zentralspindel ist noch gut
erkennbar. Färbungen e - h: Eisenhämatoxylin; Vergr. e- h: 1250-fach.

Ende G,-Fflase Ende S·Ptlase Prophase

Prometaphase Metaphase Anaphase

Telophase Zytokinese
Abb. 2.81 Stadien der Mitose. In der Mitose
wird der verdoppelte Chromosomensatz auf 2 Toch-
terzellen verteilt. G· und S-Phasen sind Phasen des
Zellzyklus, wobei die DNA-Synthese während der
S-Phase (S = Synthese) stattfindet. 1 Nukleolus an
Organisator-Region eines Chromosoms; 2 Kernhülle;
3 Zentrosom mit sich verdoppelnden Zentriolen-
paaren und ausstrahlenden Mikrotubuli; 4 verdop-
pelte DNA; es entstehen .,Doppelchromosomen", die
am Zentromer verbunden bleiben. Die beiden iden-
tischen Hälften der .,Doppelchromosomen" heißen
Chromatiden (Schwesterchromatiden); 5 konden-
sierte Chromatiden mit Zentromer (+ Kinetochor);
6 kontraktiler Schnürring; 7 Zytoplasmabrücke mit
Mittelkörper. (Aus [3])
64 2 Zelle
Kinetochor- Schwesterchromatiden interpolare
mikrotubuli (repliZiertes Chromosom) Mikrotubuli
' •, ''
'-..:.--~......"""'=~ '' ,
' , '
, '
,' ''
'
a
__;.;_--,"~"!·-~---· . .~)
:_ Abb. 2.84 Mitosefiguren.

~~=-ii~Jo===
-= ~

-----:·i--~------~)
+ ..
+ ..
I
promoting complex" = APC) genannt wird. Dieser Kom-
plex inaktiviert Cyclin B und damit die zugehörige CdK.
Gleichzeitig aktiviert er ein proteolytisches Enzym, die Se-
••
parase, die die Cohesine zwischen den Chromatiden spaltet.
Die Schwesterchromatiden werden getrennt und können
,
Astral- Motorproteine Kinetachor Zentrosom mm zu jeweils dem Spindelpol wandern, dem ihr Kineta-
mikrotubuli chor zugewandt ist. Die auseinanderweichenden Chroma-
Abb. 2.82 Mitoseapparat. Er besteht aus dem Zentrosom tiden werden jetzt wieder Chromosomen genannt. Jedes
Chromosom wird mit einer Geschwindigkeit von tmgefahr
und der TeilungsspindeL Das Zentrosom setzt sich aus Zen-
triolen, MTOC und Astralmikrotubuli (verankern das Zentro- 1 fLm pro Minute zu seinem zugehörigen Spindelpol ge-
zogen. Die Bewegtmg besteht aus 2 Komponenten, jedoch
som an der Zellmembran) zusammen. Die Teilungsspindel
sind die Vorstelhmgen zum Bewegungsmechanismus zum
besteht aus Kinetochormikrotubuli (setzen mit ihrem Plus-
Teil noch hypothetisch:
Ende an den Kinetachoren an) und (inter-)polaren Mikro-
• In der Anaphase A verkürzen sich die Kinetochormikro-
tubuH (sind nicht an den Chromosomen befestigt).
tubuli und ziehen die Chromosomen zum SpindelpoL Die
Anaphase A beruht wahrscheinlich auf der Tätigkeit von
Proteinen, die <ill den Kinetachoren tätig sind tmd deren
Aktivität vom Abbau der Mikrotubuli begleitet wird,
ohne dass der fi.mktionelle Zusammenhalt zwischen Ki-
netochor tmd Mikrotubuli verloren geht.
• In der Anaphase B verlängern sich die polaren Mikro-
tubuli und schieben somit die Spindelpole auseinander.
Das ist möglich, weil sich die (inter)polaren Mikrotubuli
an ihren freien Plus-Enden überlappen (Abb. 2.82). Dort
setzen multimere Motorproteine der Kinesinfamilie an
und schieben die Mikrotubuli auseinander. Zusätzlich
treten Dynein-Motorproteine in Aktion, die sich einer-
seits innen an der Zellmembran anheften und anderer-
seits mit den Astralmikrotubuli, die vom Spindelpol nach
außen zeigen, in Kontakt treten tmd die Spindelpole aus-
einanderziehen.

An der Wandenmg in der wenige Minuten dauernden Ana-


phase sind also im Prinzip 3 Komponenten beteiligt: Ver-
kürzung der Kinetochormikrotubuli, Verlängenmg der po-
laren Mikrotubuli tmd Verkürzung der Astralmikrotubuli.

Telophase In der Telophase kommen die Chromosomen


(d. h. die getrennten ehemaligen Schwesterchromatiden)
am jeweiligen Spindelpol an, und die Kinetochormikro-
tubuli sind abgebaut. Die polaren Mikrotubuli verlängern
sich noch weiter; eine Kernhülle bildet sich tun die getrenn-
ten Chromosomen; das kondensierte Chromatin lockert
sich wieder auf; in jedem Kern entsteht wieder ein sichtba-
rer Nukleolus. Die Mitose ist beendet.
Abbildung2.83tmd Abbildtmg2.84 zeigen typische licht-
und elektronenmikroskopische Präparate von Mitosesta-
dien in Zellen vom Menschen.

Zellteilung (Zytok;nese)
Abb. 2.83 Mitosefiguren (-+) in einem histologischen Im Anschluss an die Kernteilung teilt sich die Zelle. Bereits
Routinepräparat. Nachweis in 2 Kolonkrypten, Kolon, in der Anaphase entsteht eine um die Mitte der Zelle henun-
Mensch. Färbung: H. E.; Vergr. 500-fach. lattfende Furche, die im Allgemeinen rechtwinklig zur Ach-
2.7 Zellzyklus und Stammzelle n 65
se der Spindel verläuft. Die Lage der T cihmgscbene wird von solcher Forschungsansätze ist die Gewinnung von Zellen,
den Astraltubuli bestimmt. Auf der Innenseite der Furche, die Gewebe neu aufbauen können, die infolge von Krank-
im Zytoplasma, befindet sich ein Ring aus den kontraktilen heiten zugrunde gegangen sind.
Proteinen Aktin und Myosin ll, der die Kraft für die Fur-
chenbildung entwickelt. Diese Purehe vertieft sich zuneh- Pluripotente Stammzellen Während der weiteren Früh-
mend, bis sie auf die zentral liegenden Reste der polaren entwicklung engt sich die Entwicklungspotenz der friihen
Mikrotubuli (zwischen den 2 neuen Kernen) stößt. Diese Embryonalzellen zunehmend ein, es entstehen z. B. Zellen,
restlichen Pakete an Mikrotubuli heißen Mittelkörper oder die die Stammzellen für alle Blutzellen (hämatopoietische
Flcmming-Körper (VValthcr Flemming, 1843-1905, Prag, Starnmzcllc) oder für alle neuronalen Zellen (neuronale
Kiel, Zytologe, Entdecker der Mitose). Die Mittelkörper Starnmzclle) sind. Solche Zellen mit zwar eingeschränkten,
werden kurze Zeit später ausgestoßen, sodass sich die ur- aber immer noch relativ weiten Entwicklungsmöglich-
sprüngliche Mutterzelle endgültig in 2 Tochterzellen teilen keiten werden pluripotente Stammzellen genannt. Auch
kann. beim Erwachsenen existieren noch pluripotente Starnmzcl-
len; es sind insbesondere die Stammzellen der Härnato-
poiese (Blutzellbildung). Im Experiment können solche
2.7.2 Stammzellen und Tochterzellen hämatopoietischen Stammzellen dazu gebracht werden,
auch andere Zellen als Blutzellen zu bilden, z.B. Muskelzel-
Definition len. Daher besteht an solchen Zellen großes medizinisches
Stammzellen sind undifrerenzierte Zellen, die sich regelmä- Interesse.
ßig teilen. Stammzellen bilden Tochterzellen, die entweder
neue Stammzellen werden oder sich ausdifrerenzieren (Abb. Adulte Stammzellen Hierw1ter versteht man Zellen in
2.85). Stammzellen tmterscheiden sich von differenzierten den Organen des erwachsenen Organismus, von denen
Zellen durch unterschiedliche Gencxpressionsmuster, wobei ständig Ersatz verbrauchter Zellen ausgeht. Solche Stamm-
eine groHe Zahl von Paktoren (Hormone, Matrixfaktoren, zellen ersetzen die ein oder zwei Zelltypen, die die ausdif-
Oxidation, Strahhmg u. v.a.) mit dem jeweiligen zellspezifi- ferenzierte Gewebestruktur kennzeichnen, in der diese
schen Gencxpressionsprograrnm interagieren kann. Stammzellen vorkommen. In der Epidermis gibt es z. B.
unipotente Stammzcllen, von denen die Regeneration der
ständig an der Oberfläche abschilfernden toten Keratino-
Stammzelltypen zyten ausgeht. In den Krypten der Dünndarmepithelzellen
Embryonale Stammzellen Unter diesem Begrifr versteht sitzen die Starnmzcllen, die das Zottenepithel, das einen ra-
man (bei Säugetier und Mensch) insbesondere die Zellen schen Zellwnsatz hat, regenerieren. In manchen Epithelien
der inneren Zellmasse, dem Embryoblasten, die noch ein ist die Regenerdtionskraft geringer, kann aber z. B. bei Ver-
sehr breites EntwicklungsspektrLLm besitzen. Aus diesem letzungen beschleunigt werden. Nach Verletzungen kann es
kleinen Zellhaufen entwickelt sich der Embryo (Abb. 2.86), auch in Muskel- und Nervengewebe zu regenerntiven Pro-
während sich aus den Zellen der Blastozystenwand der Tro- zessen kommen, wo sonst Regeneration nur selten vor-
phoblast entwickelt. Mit embryonalen Stammzcllen, spe- kommt. Im Skelettmuskelgewebe gibt es eigene, meist ru-
ziell denen des Embryoblasten, wird experimentell im hende Starnmzcllen, die Satellitenzellen (Kap. 3.3.1).
Rahmen des sog. thenlpeutischcn Klonens gearbeitet. Ziel

'
Stammzelle
verschiedene
Entwicklungswege
©
Abb. 2.85 Stamm- und Vortäuferzellen. Stammzellen
Proliferation Vorlauferzelle
©
bilden zwei Tochterzellen, von denen die eine wieder eine
Stammzelle wird, und die andere in einen Differenzierungs-
weg eintritt, zu dem auch Vorläuferzellen gehören. Diese
können sich noch mehrfach teilen, terminal differenzierte
Zellen teilen sich nicht mehr.
66 2 Zelle
Fettzelle

Retinsäure Insulin, T3, T4


·~~~~--------------~

Neuron
Innere Zellmasse
{Embryoblast)
• Retinsäure
•••
• Trophoblast
-~~·- •' •
Makrophagenkoloni&- Interleukin 3,
stimulierender Faktor Interleukin 1

ln Kuhur gehaHene
Zellen der Makrophage
Früher Embryo inneren Zellmasse Dibutyryl-cAMP·
(Biastozyste) (embryonale Retinsäure
Stammzellen)
Glatte Muskelzelle
Fibroblasten- Fibroblasten-
Fibroblasten- Wachstumsfaktor 2, Wachstumsfaktor 2,
Wachstums- Epidermaler Wachstumsfaktor aus
faktor Wachstumsfaktor Blutplättchen (PDGF)

Otigodendrozyten
und
Astrozyten

Abb. 2.86 Entwicklung verschiedener differenzierter Zellen aus embryonalen Stammzelten der Maus in Zettkultur.
Verschiedene Faktoren spielen bei der Differenzierung eine Rolle.

2.8 Meiose
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Während der Meiose, d ie nur in den Keimzellen abläuft, ein diploider Orgelnismus entsteh t. Während des ersten
wird der doppelte Chromosomensatz, wie er in den nor- Teilungsschritts der Meiose kommt es zur Trennung der
malen Körperzellen vo rliegt, in 2 Schritten reduziert; aus homologen Chromosomen und zur Rekombination des
diploiden Zellen werden haploide Zellen. Dieser Prozess Erbgutes, was in evolutionärer H insich t die Möglichkeit
ist notwendig, damit bei einer Befruchtung einer haplo- zur Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen
iden Eizelle dw·ch ein haplo ides Spermium wieder (nur) schafft.

Überblick Chromosomen (ein Chromosom stammt von der Mutter,


Der Prozess der Meiose setzt ein, wenn genetische Informa- dasanderevom Vater).
tion von einem Organismus auf seine Nachkommen über- • Bei der ersten Teilung werden d ie 2 homologen Partner-
tragen wird, er findet also nur in den Keimzellen statt. Die chromosomen getrennt.
Meiose umfasst 2 aufeinanderfolgende Teilungen, in deren • Bei der zweiten Teilung werden die Schwesterchroma-
Verlauf nur einmal DNA repliziert tmd insgesamt das gene- tiden getren nt, sodass 2 Zellen mit nur einfachem DNA-
tische Material verringert wird (Abb. 2.87). Gehalt entstehen. Diese Zellen teilen sich nicht mehr tmd
entwickeln sich zu den reifen Keimzellen, die auch Game-
Ablauf Aus einer unreifen, anfänglich diploiden Ge- ten genannt werden.
schlechtszelle entstehen 4 haploide Tochterzellen (Game-
ten): Haploide und diploide Chromosomenzahl Die Meiose
• Das DNA-Material jedes Chromosoms verdoppelt sich, reduziert die Zahl der Chromosomen von 46 auf 23, jede
sodass es attS 2 Chromatiden besteht Bei den 2 homo- reife Keimzelle erhält nur ein Chromosom der ursprüngli-
logen Chromosomen entstehen also 4 Chromatiden. chen 23 Paare (haploide Chromosomenzahl). Die Chromo-
• Die 46 Chromosomen des Menschen ordnen sich zu 23 somen werden dabei zufallig verteilt, sodass in jeder Keim-
Paaren zusammen. Jedes Paar besteht attS 2 homologen zelle mütterliche und väterliche Chromosomen tmter-
2.8 Meiose 67
, ----------, i ...... .......... - ,
~

' Meiose ' : MitOSe :


' --------- ·'
1- '------- --·'
diploide Mutterzelle diploide Mutterzelle
• ••
•• ••
väterliches : , ZeUmembran
Chromosom
',

~:::-. ,
,
.1 ---~~:,~~

®
homologo
Chromosomen - - - Kemmembran
_ __ vätel1iches
mOttertiches _ --Kernmatrix Chromosom
Chromosom
Replikation des DNA·GehaHes
,edes Chromosoms DNA-Replikation
Entstehung von 2 Chromatiden ---------- --- Entstehung von
in jedem Chromosom 4 Chromatiden
(Verdopplung der Chromosomen)

Abb. 2.87 Meiose und Mitose im Vergleich. Nur jeweils eines der 23 mütterlichen und 23 väterlichen Chromosomen ist
dargestellt. Die diploide Mutterzelle besitzt insgesamt 46 Chromosomen. Bei Meiose und Mitose ist der erste Schritt die DNA-
Replikation, d. h., aus den mütterlichen und väterlichen Chromosomen entstehen Chromosomen mit je 2 Chromatiden, also
bei den zwei homologen Chromosomen insgesamt 4 Chromatiden. Bei der Mitose wird dieser verdoppelte Chromosomensatz
nachfolgend wieder gleichartig auf die Tochterzellen verteilt, d. h., die Schwesterchromatiden aller Chromosomen werden
getrennt. In der Meiose lagern sich zuerst die homologen Chromosomen zu Paaren zusammen, wobei Austauschvorgänge
innerhalb dieser Homologenpaare stattfinden (Crossing over), danach werden die homologen Chromosomen, die je aus
2 Chromatiden bestehen, getrennt. Am Ende der 1. Reifeteilung der Meiose besitztjede Tochterzelle daher nur den halben
Chromosomensatz (also insgesamt nur 23 Chromosomen). In der 2. Reifeteilung (ohne S·Phase) der Meiose werden die
2 Schwesterchromatiden der Chromosomen getrennt (analog zur Mitose).

schiedlich kombiniert sind. Die VerschmelzLmg eines hap- gibt es 223 verschiedene Chromosomenkombinationen, die
loiden weiblichen und eines haploiden männlichen Game- in einer Keimzelle auftreten können. Die Wahrscheinlich-
ten bei der Befruchtung fUhrt zur Entstehung eines neuen keit, dass ein Elternpaar 2 Nachkommen mit identischer
Organismus mit 46 Chromosomen (diploide Chromoso- Chromosomenausstattung hervorbringt, ist l zu 223 oder
menzahl). l zu 8,4 Millionen (außer im Falle monozygoter Zwillinge).
Die enorme genetische Verschiedenheit der einzelnen
Genetische Vielfalt Die zufällige Verteilung der Chro- Menschen wird zusätzlich noch durch das Phänomen der
mosomen auf die Keimzellen (Spcrmatowen, Eizelle) bei genetischen Rekombination gesteigert, die durch Aus-
der Meiose schafft. eine unendliche Vielfalt unter den Geno- tausch von DNA zwischen den homologen Chromosomen
typen der Nachkommen. Für alle 23 Chromosomenpaare gekennzeichnet ist
68 2 Zelle

väterliches tmd mütterliches homologes Chromosom ge-


Merke Die Meiose findet nur in Keimzellen statt tmd um-
trennt werden und nicht die Schwesterchromatiden, wie bei
fasst 2 aufeinanderfolgende Teiltmgen. Aus der anfanglieh
der Mitose und der Meiose II.
diploiden Geschlechtszelle entstehen 4 haploide Tochter-
Auch zwischen den Geschlechtschromosomen kommt es
zellen.
zur Paartmg, was im Pali von 2 X-Chromosomen einfach
verständlich ist. Wenn in einer Keimzelle ein X- und ein Y-
Chromosom vorliegen, dann paaren diese sich auch, und
Erste meiotische Teilung (Meiose I)
zwar entlang einem kurzen homologen DNA-Abschnitt an
Ein wesentliches Merkmal der ersten Teilung der Meiose ist, einem Ende dieser Chromosomen.
dass sich die homologen (mütterlichen und väterlichen)
Chromosomen zu Paaren zusammenfinden, wobei unklar Metaphase Im Anschluss an die Prophase folgt die Meta-
ist, wie sie sich erkennen. Da jedes Chromosom seinen phase, in der sich die homologen Chromosomen in einer
DNA-Gehalt vorher verdoppelt hat (wie bei der Mitose), Ebene in der Teilungsspindel anordnen.
besteht jedes Chromosom bei dieser Paarfindung aus
2 Schwesterchromatiden, sodass sich 2 Chromosomen mit Anaphase, Telophase und Zytokinese In der Anaphase
insgesamt 4 Chromatiden zusammenlagern. Solche Gebilde werden die 2 Homologen (jedes aus 2 Chromatiden beste-
werden auch Tetraden genannt. hend) getrennt tmd wandern in der Telophase auf gegen-
überliegende Zellpole zu. Nach der Zytokinese entstehen 2
Prophase Die sehr komplexe Prophase der ersten meio- Tochterzellen, die mrr noch 23 Chromosomen enthalten.
tischen Teiltmg dauert beim Mann mehrere Tage, bei der Jedes dieser Chromosomen ist einer der 2 homologen Part-
Prau dagegen viele Jahre. In die Prophase der ersten meio- ner der Mutterzelle und besteh t aus 2 zusammenhängenden
tischen Teiltmg der Eizellen ist eine lange Ruhephase ein- Chromatiden.
geschaltet, die Diktyotän genannt wird. Die normale Pro-
phase lässt sich in 5 Unterphasen gliedern:
1. Leptotän
Zweite meiotische Teilung (Meiose II)
2. Zygotän Die definitiven Gameten entstehen in der zweiten meioti-
3. Pachytän schen Teilung ohne vorausgehende DNA-Replikation. Die
4. Diplotän 2 Schwesterchromatiden teilen sich wie in einer Mitose, was
5. Diakinese. jeweils zttr Entstehung von 2 Zellen mit haploidem Chro-
mosomensatz fUhrt.
Beim Menschen kommt es durchschnittlich zu 2 oder 3 Aus- Bei der Meiose II organisiert sich das verschmolzene
tauschvorgängen (Crossingover) pro Homologenpaarwäh- Kinetachor neu, es entstehen an entgegengesetzten Stellen
rend dieser Prophase. Es werden dabei korrespondierende jeweils eigene Kinetachoren an jeder Schwesterchromatide,
Teile zwischen jeweils einem mütterlichen tmd einem väter- die dann ihre Trennung in entgegengesetzte Richttmg diri-
lichen Chromatid ausgetauscht. Die Region, an der so ein gieren.
Crossingover stattgefunden hat, ist auch im Lichtmikroskop
erkennbar und wird Chiasma (PL Chiasmata) genannt.
Die paarweise Zusammenlagerung (Synapsis) beginnt im Merke In den Tochterzellen (den Gameten) werden die
Zygotän, indem sich eine komplexe Verbindungsstruktur, Chromatiden wieder Chromosomen genannt. Der Begriff
der synaptonemale Komplex, bildet, der dann im mehrere Chromatide ist nur in bestimmten Phasen gebräuchlich
Tage dauernden Pachytän voll ausgebildet ist. Möglicher- und im Prinzjp inhaltsgleich mit dem Begriff Chromo-
weise spielen spezielle Proteinkomplexe, Rekombinations- som.
knoten, im synaptonemalen Komplex eine wichtige Rolle
beim Chromatidenaustausch und damit bei der genetischen
Rekombination. Die Rekombi nationsknoten sind große Klinik Mitun ter verläuft die Meiose fehlerhaft, tmd die ho-
Multienzymaggregate, tmd ihre Zahl entsprich t der der mologen Chromosomen trennen sich nicht, ein Phänomen,
Chiasmata. Ihnen komm t eine äh nliche Rolle wie den Zent- das Non-Disjunction genannt wird. Dabei können Game-
romeren während der Mitose zu, bei der ersten meiotischen ten entstehen, die ein Chromosom zu viel oder zu wenig
Teilung halten sie die homologen Chromosomen zusam- haben. Embryonen, die sich u. U. aus solchen Gameten ent-
men. Die Chiasmata spielen aber auch eine wichtige Rolle wickeln, sterben i. A. früh ab. Manche bleiben aber am Le-
bei der Trenmmg der Homologenpaare. Vor dieser Tren- ben; ein Beispiel bietet das Down-Syndrom des Menschen,
mmg entstehen (wie bei der Mitose) Kinetochoren, die dem eine zusätzliche Kopie des Chromosoms 21 zugrunde
jedoch bei den 2 Schwesterchromatiden eines homologen liegt, die durch Non-Disjunction entweder bei der ersten
Chromosoms verschmelzen, sodass dann in der Anaphase oder der zweiten meiotischen Teilung zustande kommt.
2.9 Allgemeine Anpassungen von Zellen, Zelltod 69

2.9 Allgeme;ne Anpassungen von Zellen, Zelltod


----------------------------------- ZurOrientierung ___________________________________
Zellen können sich an unterschiedliche physiologische Be- den, die Apoptose. Die Apoptose von Zellen ist wichtiger
dingungen anpassen: Hypertrophie, Atrophie und Hyper· Bestandteil vieler physiologischer Prozesse, z. B. während
plasie. Der Tod einer Zelle kann durch eine akute Schä· Entwicklung und Wachstum. Sie kann auch kranke oder
digung ausgelöst werden (Nekrose), er kann aber auch fehlentwickelte Zellen beseitigen.
durch ein komplex geregeltes Programm ausgelöst wer·

2.9.1 Zellanpassungen 2.9.2 Zelltod


Alle Zellen können sich in gewissem Umfang an unter· Regelmäßig finden sich auch im normalen Gewebe geschä-
schiedliche Bedingw1gen anpassen. digte Lllld zugrunde gehende Zellen. Solche Zellen weisen ei-
nen auffcil.ligen Kern auf. Die 2 Formen des Zelltods sind die
Hypertrophie Unter Hypertrophie versteht man eine Nekrose und die Apoptose.
Leistungssteigenmg, die mit Zellvergrößenmg einhergeht.
In einem hypertrophen Gewebe oder Organ sind größere, Nekrose Unter Nekrose versteht man den Zelltod, der
aber nicht mehr Einzelzellen zu finden als in einem nor· durch irreversible exogene Schädigung verursacht wird. Die
malen Gewebe oder Organ. Die Ursachen der Hypertrophie Zellen schwellen an, Zytoplasmatische Proteine denaturie-
sind vielfcil.tig tmd betreflcn i. A. immer nur einzelne Ge- ren, Zellorganellen werden zerstört und der Kern ist auf
webe oder Zellen. Beispielsweise hypertrophiert die Herz- typischeWeise verändert. Oie Kenweränderungen beruhen
muskulatur, wenn die ftmktionelle Anforderung steigt, tmd alle auf unspczifischem DNA-Abbau und können nach ver-
die Skelettmuskulatur kann hypertrophieren, wenn sie z. B. schiedenen Mustern verlaufen:
endokrin durch anabole Steroide stimuliert wird. • Schrwnpfung und verstärkte Basophilie (Pyknose)
• Abnahme tmd Verlust der Basophilie (Karyolyse)
Atrophie Atrophie ist das Gegenteil von Hypertrophie. • Fragmentienmg des pyknotischcn Kerns (Karyorrhexis).
Muskelzellen atrophieren, wenn sie nicht gebraucht oder
nicht hormonal stimuliert werden (Men opause oder in Der Kern verschwindet I. A nach 1-2Tagen. Oie Proteindena-
Hungerperioden). Oie Zellen werden kleiner, ihre Zahl ver- turierung führt zu vermehrter Eosinophilie des Zytoplasmas.
mindert sich n icht
Apoptose Apoptose ist der .,programmierte" Zelltod (es
Merke Hypertrophie und Atrophie sind zunächst rever- läuft ein intrazelluläres "Todesprogramm" ab), der im Lauf
sibel. Nach Oberschreiten e.iner Grenze kommt es jedoch physiologischer (und auch pathologischer) Prozesse auf-
zu irreversibler Zellschädigung und Zelltod. tritt, z.B.
• während der Embryo- w1d Organ ogenese
Hyperplasie Wenn sich in einem Organ die Zellzahl ver- • bei honnonabhängigeu physiologischen Umstellungs-
m ehrt, spricht man von Hyperplasie. Sie entwickelt sich oft oder Rückbildungsprozessen, 2.. B. wenn das Endometri-
zusammen mit Hypertrophie. wn während des Menstruationszyklus abgebaut wird
oder sich die Milchdrüse nach dem Abstillen zurückbildet
• wenn ausgereifte Zellen, z. B. an den Spitzen der Darm-
Klinik Physiologische H yperplasie zeigt z. B. die Milchdrüse zotten, eliminiert werden
in der Schwangerschaft. Zu kompensatorischer Hyperplasie
• bei der BeseitigLmg autoreaktiver T -Lymphozyten im
kommt es bei Verlust oder Erkrankung eines Organteils
1hymus.
oder eines g-anzen Organs.
Pathologische Hyperplasie, z. B. bei hormonalem Un- Das Zytoplasma solcher Zellen ist eosinophil, Endonuklea-
gleichgewicht zwischen Östrogen tmd Progesteron in der sen werden aktiviert, das Heterochromatin kondensiert ty-
Brustdrüse, kann u. U. VoraussetzLmg flir bösartiges Wachs- pischerweise zu peripheren großen Schollen, schließlich zer-
tum sein. fallt der Kern (Abb. 2.88, Abb. 2.89, Abb. 2.90). Die Zellen
schrtunpfen Lmd schnüren peripher Zytoplasmafragmente
Metaplasie Unter Metaplasie versteht man die potenziell (apoptotische Körper) ab, die phagozytiert werden. Das Zy-
reversible Umwandlung eines differenzierten Gewebetyps toskelett wird abgebaut. In der Umgebung solcher Zellen
in einen anderen differenzierten Gewebetyp. filldet keine Entzündungsreaktion statt. Oie Apoptose ist ein
komplexer Vorg-ang, u.a. gibt es pro- und antiapoptotische
Dysplasie Dysplastische Zellen sind histologisch verän- Gene und Proteine in jeder Zelle. Oberwiegen die proapo-
derte (transformierte), zumeist epitheliale Zellen, die unge- ptotischen Gene (z. B. bax), leitet das die Apoptose ein, über-
wöhrllich stark wachsen und maligne entarten können. wiegen antiapoptotische Gene (z. B. bc/-2), verhindert das
den Zelltod. Oie proapoptotischen Proteine aktivieren ins-
Klinik Bei chronischem Rauchen wandelt sich das respira- besondere die Caspasen (Abb. 2.91 ). Dies sind die "Effektor-
torische Epithel (Kap. 8.1.2) in ein mehrschichtiges Platten- proteine" der Apoptose. Sie sind Cystein -Proteasen, die
epithel um. Daraus kann im weiteren Verlauf bösartiges verschiedene Strukturen in der apoptischen Zelle abbauen.
Twnorgewebe entstehen. Die häufigste Form des Atemweg- Trophische Faktoren verhindem die Apoptose. Bekannt
krebsesist das Plattencpithelkarzinom. sind z.B. die Neurotrophine, denen u.a. der Nervenwachs-
tlunsfaktor (NGP, eng!. "nerve growth factor") angehört
70 2 Zelle

Abb. 2.88 Apoptotischer Zellkern (kräftig braun gefärbt, Abb. 2.89 Apoptotische, zerfallende Zellkerne (-+)
-+) im Epithel der laktierenden Milchdrüse des Afrikanischen in den ausgereiften Zellen einer Talgdrüse des Menschen.
Elefanten (Loxodonta africana). TUNEL-Reaktion; Vergr. 460- Färbung: H. E.; Vergr. 500-fach.
fach.

D
Abb. 2.90 Experimentell
erzeugte apoptotische
Zelten im Kryptenepithel
des Dünndarms.

Serin-
proteasen

(!) '•••• Pertorin-~ (z. B. Gran-


:~~ rj\
. ••..
zym B)
. .. moleküle
'·''' .. ~ ~ ',
tBid

2$
Perforln- , \ : ) (aktiviert)
,

... .~
'' .-"kanal • , . •" •• Zyto-
zytotOXISCher
.• • Bid • ·~ · •• • chromC

-'~~---
T-lympllozyt

Zielzelle - - '
-:·: / ~ Kaspa•en-
(z. B. virusbefallen) M~o- ....-k.Skado apopt~tische
chon- -+Apopto•• Zielzelle
a drium
'

apoptotische
Zielzelle

inaktive
~ -t;--- -- .... ~
9
'
Kll•paoen \
Prokaspase 8 • kask.ade \
Zielzelle
+ zusammengelagerte
(z.B. virusbefallen) inaktive_ ./ ~' : AI>OP"""' aktivierte Kaspase 8
Prokaspase 8 0
' •
Fragmentierung der
Kamlamina und
b Chromatinfragmentierung

Abb. 2.91 Wege zur Apoptose (programmierter ZeUtod). Verschiedene molekulare Wege können zur Apoptose führen.
a: Eine virusbefallene Zielzelle wird von einem zytotoxischen T-Lymphozyten angegriffen, der Perfarinmoleküle (bilden einen
Kanal in der Membran der ZielzeUe) und Proteasen freigesetzt, die in die Zielzelle eindringen. Hier aktivieren sie das Protein
Bid, das zur Freisetzung von Cytochrom C aus Mitochondrien beiträgt. Cytochrom C aktiviert die Kaspasenkaskade, die zur Apo-
ptase führt.
b: Eine virusbefallene Zielzelle exprimiert einen Todesrezeptor an ihrer Oberfläche (Fas), der durch Bindung des Fas-Liganden
an der Oberfläche eines zytotoxischen T-Lymphozyten aktiviert wird. Daraufhin wird die Kaspasenkaskade in Gang gesetzt, die
zur Apoptose führt.
~ 02 Lernhinweise zu Kapitel 2
KAPITEL

Gewebe
3.1 Epithelgewebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.2.12 Knochengewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
3.1.1 Allgemeine Kennzeichen . . .. ..... .. .. . 72 3.2.13 Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
3.1.2 Oberflächenepithelien . . . . .. ..... .. .. . 74
3.1.3 Drüsenepithelien . . . . . . . .. ..... .. .. . 81 3.3 Muskelgewebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
3.1.4 Sinnesepithelien . . . . . . . . .. ..... .. .. . 89 3.3.1 Glatte Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
3.3.2 Skelettmuskulatur ................... 127
3.2 Bindegewebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.3.3 Herzm uskulatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13S
3.2.1 Bindegewebsentwicklung, Mesenchym . . . . 90
3.2.2 Grundzüge des Bindegewebsaufbaus . . . . . . 91 3.4 Nervengewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
3.2.3 Bindegewebszellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3.4.1 Allgemeine Neuroanatomie . . . . . . . . . . . . 139
3.2.4 Extrazelluläre Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.4.2 Zelltypen im Nervengewebe ............ 141
3.2.5 Lockeres Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . . 104 3.4.3 Gliascheiden der Nervenzellfortsätze,
3.2.6 Straffes Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Axonscheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1s7
3.2.7 Retikuläres Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . 104 3.4.4 Periphere Nerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
3.2.8 Gallertiges Bindegewebe . . . . . . . . . . . . . . lOS 3.4.5 Synapsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16S
3.2.9 Spinazelluläres Bindegewebe . . . . . . . . . . . lOS 3.4.6 Vegetatives Nervensystem . . . . . . . . . . . . . 17 3
3.2.10 Sonderformen des Bindegewebes . . . . . . . . l OS 3.4.7 Hirn- und Rückenmarkshäute ........... 17S
3.2.11 Knorpelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lOS

Die Gewebe sind das Bawnaterial des Körpers. Nach der • Muskelgewebe (Kap. 3.3)
Definition von Wolfgang Bargmann (1906 - 1976) sind • Nervengewebe (Kap. 3.4).
Gewebe "Verbände gleichartig oder ähnlich differenzier-
ter Zellen samt deren Abkömmlingen, den Extrazellularsub- Mittlerweile entspricht diese B nteilung nicht mehr in jeder
stanzen". Struktur und Funktion dieser Zellverbände er- Hinsicht dem Stand der Forschung. So gibt es manche Über-
forscht die Histologie (Gewebelehre im strengen Sinn). Seit einstimmungen zwischen Binde- und Muskelgewebe; auBer-
gut 100 Jahren unterscheidet man nach Albert v. Kölliker dem hat sich gezeigt, dass das Nervengewebe in den Grund-
(1817 -1905) 4 Grundgewebe, die sämtliche Organe des zügen seines Aufbaus mitdem Epithelgewebe übereinstimmt
Körpers in jeweils spezifischer Ausformung aufbauen: tmd dass bei vielen Tieren Muskelzellen Epithelzellen sind.
Da sich aber die traditionelle Einteilung in 4 Grundgewebe
• Epithelgewebe (Kap. 3.1) bis heute als praktisch gut brauchbar erwiesen und als didak-
• Bindegewebe, einschlieBIJch Stütz- (= Knorpelund Kno- tisches Konzept bewährt hat, dient sie auch in diesem Buch
chen) und Fettgewebe (Kap. 3.2) als Grundlage.
72 3 Gewebe

3.1 Epithelgewebe
----------------------------------- ZurOrientierung -----------------------------------
Epithelgewebe besteht aus Verbänden dicht gelagerter Zel- Basallamina, die aus Kollagen vom Typ IV, Larninin und
Jen, die Schichten aufbauen. Häufig bedecken Epithelien Proteoglykanen aufgebaut ist und die Epithel und Binde-
äußere und innere Oberflächen oder sie kleiden Hohlorga- gewebe verbindet.
ne aus und werden dann Oberflächen- oder Deckepithe- In den Drüsenepithelien steht die Sekretion von Pro-
lien genannt. Die Epithelzellen sind über verschiedene dukten durch Epithelzellen im Vordergrund. Exokrine
Zellkontakte verknüpft. unter denen Desmosomen und Drüsen und endokrine Organe bestehen aus Drüsen-
Zonulae adhaerentcs dem mechanischen Zusammenhalt epithelzellen. Der typische Sekretionsmodus dieser Epi-
dienen und Zonulae occludentes flir die Barrierefunktion thelien ist die Exozytose. Speziell bei den Hautdrüsen wer-
der Epithelien verantwortlich sind. Die Intermediärfila- den die Begriffe ekkrine, apokrine und holokrine Sekretion
mente der Epithelien bestehen aus Keratinen. Epithel- verwendet.
zcllen sind polar strukturiert, mit einem Apex, der an die Sinnesepithelien, z. B. im Innenohr, beherbergen Spezi-
Oberfläche grenzt, und einer Basis, die an das Bindege- fische Sinneszellen.
webe grenzt. Die later.ilen Zellbereiche ähneln weitgehend Die typischen Leistungen der verschiedenen Organe
der basalen Zellregion {"basolaterale Domäne"). Unmit- werden zumeist von Epithelien erbracht, sie bilden das
telbar un ter einem Epithel befindet sich eine extrazelluläre sog. Organparenchym.

3.1.1 Allgemeine Kennzeichen und in der Epidermis. In stabilen Epithelien, z. B. den Nie-
ren- und Leberepithelien, werden die Zellen normalerweise
Zellen langsam, bei Verletzungen aber schneller ersetzt.
Polarer Aufbau Epithelien (Abb. 3. 1.1, Abb. 3.1.2) sind
geschlossene Zellverbände. Sie können Flächen bedecken, Parenchym und St roma In den meisten Organen sind
Röhren, Schläuche, Zellplatten und Knäuel bilden. Der Epithelzellen die spezifischen Träger der jeweiligen Organ-
Interzellulärraum zwischen den Epithelzellen ist auf ganz funktion, z.B. in Lunge, Leber, Pankreas und Niere. Diese
schmale, ca. 20 nm weite Spalträume, die im Lichtmikro- Epithelien werden das Parenchym dieser Organe genannt,
skop LA. nicht erkennbar sind, beschränkt. Die benach- während das gefäß- und nervenführende Bindegewebe in
barten Epithelzellen sind durch Lmterschiedliche, klar defi- den entsprechenden Organen das Stro ma bildet.
nierte Zellkontakte verbunden (Kap. 2. 1.7). Die einzelne
Epithelzelle ist ebenso wie der epitheliale Gesamtverband, Merke Epithelien: geschlossene Zellverbände, polarer
das Epithel, primär polar gebaut, d. h., die Zelle bildet ei- Aufbau.
nen apikalen (oberen) Pol und e.inen basalen (unteren) Pol.
Der apikale Pol grenzt an die Oberfläche, z.B. an die Lich-
tung eines Gang- oder Hohlraumsystems, während der ba-
sale Pol an das Bindegewebe grenzt, das unter dem Epithel
liegt. Alle Strukturen und Funktionen des apikalen Pols
werden auch unter dem Begriff "apikale Domäne" zusam-
mengefasst. Dieser apikalen Domäne wird die "basolaterale
Domäne" gegenübergestellt, da die Eigenschaften der late-
ralen (seitlichen) Zellmembran weitgehend mit denen der
basalen Zellmembran überei nstimmen. Die Grenze zwi-
schen apikaler Lmd basolateraler Domäne ist die Region der
Zonula occludens.

Kapillaren BlutgefcH3e dringen nicht in Epithelien ein. Sie


können sich zwar von Lmten her mehr oder weniger tief in
die Epithelien vo rwölben, durchbrechen dabei aber nicht
die Basallamina - außer in der Stria vascularis des Ductus
cochlearis und im Corpus luteum, wo sich intraepitheliale
Kapillaren finden.

Zellumsatz Epithelien sind sowohl phylogenetisch (im


Laufe der Evolution der Organismen) als auch ontogene-
tisch (im Laufe der Individualentwicklung) die ersten sich
bildenden Gewebe. In Epithelien sterben ständig Zellen ab
(LA. mittels Apoptose, Kap. 2.9.2), und parallel dazu bilden
sich andere Zellen ständig neu. Neubildung und Absterben
stehen normalerweise im Gleichgewicht. Die Neubildung
-•
. 2
....,. -
Abb. 3.1.1 Epithelgewebe mit Mitosefigur in der Telo-
geht von Stammzellen im Epithel aus, die in sog. labilen phase (? ) etwas oberhalb der Basalschicht; 2 subepithelia-
Epithelien kontinuierlich neue ZeHen bilden, z. B. im Epi- les Bindegewebe. Ösophagus (1), Mensch; Färbung: H. E.;
thel des Magen-Darm-Trakts {Abb. 3.1.2), der Atemwege Vergr. 500-tach.
3.1 Epithelgewebe 73

Basallamina - Basalmembran Iamina. Dieses große Glykoprotein besteht aus 3 Poly-


peptidketten. Das Gesamtmolekül hat asymmetrisch
Aufbau An der Basis des Epithels wird eine 50 -150 nm kreuzformige Gestalt. Es existieren mehrere Isoformen
diinne (extrazelluläre) Basallamina ausgebildet (Abb. 3.1.2), des Laminins, das typische Laminin der Basallamina ist
über die die Epithelzellen mit dem subepithelialen Bindege- Laminin-1. Es hat mehrere funktionelle Domänen. Es
webe verbunden sind. Im Wesentlichen bildet das Epithel bindet an Perlccan, an Nidogen und an 2 oder mehr La-
die Basallamina selbst. Bausteine der Basallamina sind: mininrczcptorproteine in der Zellmembran, die der In-
• Typ-IV-Kollagen: Dies ist ein nicht fibrilläres Kollagen, tcgrinfamilie angehören. Ein weiterer Membranrezeptor
das ein flexibles, flaches molekulares Netzwerk bildet. Es des Laminins in der Skelettmuskelzelle ist das Dystrogly-
existiert in verschiedenen gewebespezifischen Isoformen kan. Die Lamininmolcküle sind auch untereinander ver-
und ist v. a. mit Larninin verknüpft. bunden und bilden ein lockeres flächiges Netzwerk.
• Laminin: Laminin ist in der Entwicklung das erste ent- • Nidogen und Perlecan: Nidogen (= Entaktin) ist ein Gly-
scheidende und lange Zeit dominante Molekül der Basal- koprotein, Perlecan ein Protcoglykan. Sie sind nicht nur

Epithelzelle Aktinfilamente (mit Myosin) terminales Netz


I

,
,,
Desmosom

Intermediär- - -HI-·- Kern


Iilamente
-- - Nexus

Ankerfilamente
Hemidesmosom
,, Laminin
~r . '"----------· I
Laminarara I
I
~ --- Basallamina
Lamina densa I
I
(Kollagen IV) I
I
----1I
I
·--- Mikrofibrillen --- • I

i Lamina
r---
I
I
flbroreticularis
I
I
I
I
I

.......
I

Ll...I.J._"~V;:
eranken.ngsplaq~
(Kollagen IV)

Abb. 3.1.2 Epithe l mit Epithelzellen, epithelialer Basallamina und subepithelialem Bindegewebe mit einigen der zahlrei-
chen makromolekularen Komponenten (Schema). Die Basallamina und die weniger scharf begrenzte Lamina fibroreticularis
(extrazelluläre Bindegewebskomponenten unmittelbar unter der Basallamina) bilden die lichtmikroskopisch sichtbare Basal-
membran. Mikrofibrillen aus Fibrillin treten allein - z. B. als Komponente der Lamina fibroreticularis - oder als Bestandteil
von elastischen Fasern auf (Abb. 3.2.19). Ein anderer Mikrofibrillentyp besteht aus Kollagen vom Typ VI. (Aus (1])
74 3 Gewebe

mit Laminin, sondern auch mit Typ-IV -Kollagen verbun- eine gemeinsame Linie, die Basalmembran genannt wird.
den, sodass insgesamt ein komplexer molekularer Filz Basalmembran ist also ein Begriff der Lichtrnikroskopie.
entsteht. Perlecan enthält Heparansulfat, trägt also nega- Die Basalmembran kann mithilfe der PAS-Reaktion (Per-
tive elektrische Ladungen. jodsäure-Schiff-Reaktion, Abb. 1.6) sichtbar gemacht wer-
den. Eine besonders dicke Basalmembran, z. B. tmter dem
Im transmissionselektronenmikroskopischen Präparat sind Epithel der Atemwege, wird oft "Glashaut" genannt
die Lamina rara (Lamina lucida) tmd die Lamina densa zu
unterscheiden: Merke
• Lamina densa: Sie enthält Typ-IV -Kollagen, Laminin, • Basallamina: vom Epithel gebildete, im Elektronen-
Nidogen und Perlecan. Das Kollagen vom Typ IV bildet mikroskop erkennbare Schicht, besteht aus Laminarara
die mechanisch wichtige Komponente dieses Molekül- und Lamina densa
teppichs. • Basalmembran: lichtmikroskopische "Zusammenfas-
• Lamina rara: Sie besteht v.a. aus Teilen des Laminin- sung" von Basallamina lll1d bereits zw11 Bindegewebe
moleküls, Integrinen lll1d Kollagen Typ XVII. gehöriger Lamina fibroreticularis.

Funktionen Eine Basallamina ist eine sowohl verbinden-


de als auch trennende Grenzstruktur zwischen Epithel und Klinik Bösartiges lll1d llllkontrolliertes Wachstwn von Epi-
Bindegewebe, sie verhindert z. B. Kontakt zwischen Fibro- thelzellen führt zur Entstehtmg von Karzinomen. Karzi-
zyten und Epithelzcllen, sie behindert aber nicht das Ein- nome gehen also ilm11er von Epithelzellen aus. Bösartige
dringen von Makrophagen tmd Lymph ozyten in Epithelien. W ucherungen von Bindegewebszellen werden Sarkome ge-
Im Glomerulus der Niere ist die Basallam ina eine wichtige nann t.
Filterstruktur. Sie spielt eine wichtige Rolle bei Wun dhei-
hmg, Wanderlll1g von Epithelzellen und Aufrechterhaltung Es lassen sich 3 große Gruppen von Epithelien tmterscheiden:
der epithelialen Polarität. .Basallaminae wngeben außerdem • Oberflächenepithelien
Fett-, Muskel- und Schwann-Zellen. An der Oberfläche des • Drüsenepithelien
ZNS bilden Astrozyten eine Basallamina. • Sinnesepithelien.

Lamina fibroreticularis Das Bindegewebe tmmittelbar


3.1.2 Oberflächenepithelien
tmter der Basallamina enthält spezielle Komponenten, z.B.
Kollagen vom Typ III und VII sowie Mikrofibrillen aus Oberflächenepithelien (Deckcpithelien) grenzen an äußere
Fibrillin oder Kollagen Typ VI, und wird als Lamina fibro- tmd innere Oberflächen, d. h., sie bedecken den Körper
reticularis abgegrenzt. Diese Schicht übernimmt speziell die außen und kleiden innere Hohlorgane, z. B. Darm, Atem-
mechanische Verbindung zwischen dem tieferen Binde- wege und Harnblase, aus. Ihre Basis liegt dem Bindegewebe
gewebe lll1d dem Epithelund seiner Basallamina. auf Oberflächenepithelien werden nach verschiedenen Kri-
terien klassifiziert; nach der Gestalt der Zellen (platt, ku-
Basalmembran Basallamina und Lamina fibroreticularis bisch, prismatisch), nach der Zahl der Schichten und nach
sind im Lichtmikroskop nicht zu trennen, sondern bilden speziellen weiteren Kriterien (Abb . 3.1.3, Tab. 3.1.1).

Tab. 3.1.1 Oberflächenepithelien mit Klassifikation und Vorkommen derverschiedenen


Formen. (Aus [1])

Platt einschichtig vor allem Meso- und Endothelien, hinteres Korneaepithel u. a.


mehrschichtig • verhornt, Epidermis
• unverhornt, z. B. in Mundhöhle, Vagina, Kornea, Ösophagus
Kubisch einschichtig Epithel vieler klei ner Drüsengänge, Peritonealeplthel des Ovars, Follikelepithel der
(• isoprismattsch) Schilddrüse, viele TubulusepithelzeUen der Niere, Amnionepithel u. a.
Prismatisch einschichtig • mit Kinozilien: Tube, Uterus
• ohne Kinozilien: gesamter Magen-Darm-Kanal, Gallenblase
mehrschichtig selten: Fornix conjunctivae, Teile der männlichen Urethra
mehrreihig • ohne Zilien: bestimmte Abschnitte von Drüsenausführungsgängen (selten)
• mit Kinozilien: Respirationstrakt
• mit Stereozilien: Ductus epididymidis, Ductus deferens
Überpi!fWplthel je nach Dehnungszustand unterschiedlich hoch, aber stets mehrschichtig, die
apikale Zellschicht besteht aus großen polyploiden, zum Teil zweikernigen Deck-
zellen: Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase
76 3 Gewebe

D
Abb. 3.1.5 Einschichtiges
Plattenepithel.

Merke Alle mehrschichtigen Epithelien werden nach der


obersten Zellschicht definiert: Besteht diese z. B. aus plat-
ten Zellen, handelt es sich um ein mehrschichtiges Plat-
tenepithel, auch wenn die tiefer liegenden Epithelzellen
kubisch, polygonal oder sogar prismatisch sind.

Plattenepithelien
Kennzeichnend fii.r Plattenepithelien sind flache Epithel-
zellen, die breiter sind als hoch. Plattenepithelien können
ein- oder mehrschichtig sein (Tab. 3.1.1).

Einschichtige Plattenepithelien
Einschichtige Plattenepithelien bestehen aus nur einer dii.n-
nen Schicht flacher Epithelzellen, von denen im histologi-
schen Präparat oft nur der flache Kern erkennbar ist (Abb. Abb. 3.1.6 Mehrschichtiges unverhorntes Platten-
3.1.4, Abb. 3.1.5). Funktionell wichtigster Zellkontakt ist epithel. 1 Lumen; Pfeile: ins Epithel eingedrungene
eine oft eher zarte Zonula occludens mit 2- 3 versiegelnden Lymphozyten; 2 subepitheliales Bindegewebe. Analkanal,
Leisten. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 260-fach.

Abb. 3.1.7 Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel. Abb. 3.1.8 Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel,
1 Stratum basale; 2 Stratum spinosum; 3 Stratum granu- höhere Vergrößerung. 1 Stratum spinosum (zum Teil enthal-
*
losum; 4 Stratum corneum; subepitheliales Bindegewebe. ten die Keratinozyten Pigmentgranula); 2 Stratum granulo-
Handfläche, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 160-fach. sum; 3 Stratum corneum. Handfläche, Mensch; Färbung:
H. E.; Vergr. 500-fach.
3.1 Epi t helgewebe 71

Vorkommen Einschichtiges Plattenepithel kommt in der


innersten Schicht des Herzens sowie der Blut- tmd Lymph-
gefäße, als inneres Epithel der Hornhaut, als Innenausklei-
dung der nati:trlichen Körperhöhlen und als Auskleidung
der Lungenalveolen vor. Das Plattenepithel des Herz-Kreis-
lauf-Systems wird Endothel genannt, das der Körperhöhlen
Mesothel oder je nach Körperhöhle Peritoneal-, Perikard-
und Pleuraepithel

Mehrschichtige Plattenepithelien
Plattenepithelien können auch mehrschichtig sein, in ihnen
ist nur die oberste Zellschicht aus Plattenepithelzellen auf-
gebaut, die tieferen Zellen sind kubisch, niedrig prismatisch
oder polygonal. Man unterscheidet mehrschichtige tmver-
hornte tmd mehrschich tige verhornte Plattenepithelien.

Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel

Zellschichten Es besteht aus 5-6 (äußeres Epithel der


Hornhaut) bis zu ca. 20 Zellschichten. Die Zellen sind basal
kubisch oder prismatisch, apikal abgeflacht. Die basale
Schicht wird Stratum basale, die mittleren Schichten wer-
den Stratum intennedium, die ob ersten Schichten Stratum Abb. 3.1.9 Annähernd kubisches Epithel. Sammetrohre
Superficiale genannt. Mitosen finden sich im Stratmn basale (* )der Niere, Katze; Färbung: Azan; Vergr. 500-fach.
und intermediurn.

Charakteristika Der Zellkern verändert sich parallel zu


den Veränderungen der Zellgestalt Basal ist er rundlich Vorkommen Die gesamte Epidermis ist ein mehrschichtiges
oder oval und euchromatirtreich. In den obersten Zell- verhorntes PlattenepitheL
schichten flacht er ab tmd ist heterochromatirtreich, er kann
gelegentlich sogar zerfallen, bleibt aber bis in die oberste Stratum basale Die basale Zellschicht (Stratmn basale)
Schicht erkennbar (Abb. 3.1.6). lagert der Basallamina auf und besteht aus länglichen oder
Die Zellen sind durch zahlreiche Desmosomen (Kap. annähernd kubischen Zellen. Diese bilden feine, basalwärts
2.1.7) verknüpft und reich an Keratinfilamenten; die mittle- gerichtete Zellfortsätze ("WurzelfUßchen") aus, die Hemi-
ren und oberen Zellschichten enthalten viel Glykogen, das desmosomen besitzen und der mechanischen Befestigung
generell wahrscheinlich der Ernährung der Zellen dient und an Basallamina und Bindegewebe dienen. Oberhalb der
von dem sich nach Abschilferung der obersten Zellen in der Dennispapillen befinden sich im Stratum basale Stammzel-
Vagina und in der Fossa navicularis (Penis) spezielle Milch- len, von denen die Erneuerung dieses Epithels ausgeht.
säme produzierende Bakterien (Lactobaci/lus acidophilus) Kennzeichnende Komponente aller Epithelzellen der Epi-
ernähren (Kap. 13.3.5). Ihre Zellmembranen verlaufen häu- dennis sind zahlreiche Bündel aus Keratinfilamenten, die in
fig gewellt. Der Interzellulärraum der oberen Zellschichten kräftigen Desmosomen verankert sind.
wird dmch Lipide versiegelt, sodass hier eine Diffusions-
barriere entsteht. Stratum spinosum Das Stratum basale geht kontinuier-
lich in das Stratum spinOSLU11 über. Dessen Zellen sind po-
lygonaltmd bilden viele Mikro falten und Mikrovilli, die in
Vorkommen Außenseite der Hornhaut, Mtmdhöhle, Öso-
den Interzellulärraum hineinragen. Die Zellen besitzen in
phagus, Vagina, stellenweise im AnalkanaL groHen Mengen Keratinfilamente und sind dmch zahlrei-
che Desmosomen verkniipft, die meistens aufkmzen plum-
Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel
pen Zellfortsätzen ausgebildet sind ("Stachelzellen")
Zellschichten Im mehrschichtigen verhornten Platten- (Abb. 2.21, 2.23). Die Interzellulärräume sind etwas erwei-
epithel sind die obersten Zellschichten aus toten, flachen, tert und reich an HyalmonsäLtre und Wasser.
kernlosen, verhornten Zellen aufgebaut, was mechanischen Stratmn basale und Stratum spinosum werden gemein-
Schutz verleiht und Schutz vor Austrockntmg bietet. Die sam auch Stratum germinativum genannt, da in beiden
oberflächliche Schicht heißt Stratum corneum. Das mehr- Mitosefigllren auftreten können.
schichtige verhornte Plattenepithel ist das typische Epithel
der Haut (die Epidermis, Kap. 16.1). Die Schichten im ver- Stratum granulosum Auf das Stratmn spinosmn folgt
hornten mehrschichtigen Plattenepithel heißen von basal eine Schicht aus noch kernhaltigen, flach spindelfönnigen
nach apikal (Abb. 3.1.7, Abb. 3.1.8): Zellen, die mit basophilen Einschlüssen (Abb. 3.1.8), den
• Stratmn basale sog. Keratohyalingranula, angefilllt sind. Diese sind das
• Stratmn spinosum erste morphologische Anzeichen flir die Verhornung
• Stratmn granuloswn (Kap. 16.1). Die Zellschicht besitzt außerdem lipidhaltige
• Stratmn lucidum (nm in der Leistenhaut) Lamellenkörper. Diese für das mehrschichtige verhornte
• Stratmn cornewn. Plattenepithel besonders typische Schicht heillt wegen der
78 3 Gewebe

Abb. 3 .1.1 0 Einschich-


tiges prismatisches Epithel
*
(1). Mit Schleim gefüllte
Becherzellen; ~ Bürsten-
saum der resorbierenden Epi-
thelzellen; 2 Bindegewebe
(Lamina propria) mit glatten
Muskelzellen der Darmzotten.
Dünndarm, Mensch; Plastik-
schnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 380-fach.

c Stratum comeum Das folgende Stratmn corneum be-


steht aus toten Zellen ohne Kerne tmd Organellen. Sie sind
Abb. 3.1.11
Prismatisches Epithel. noch über Desmosomcn verknüpft tmd enthalten nur Ke-
ratinfilamente und eine Proteinmatrix. Die Interzellulär-
räume des Stratum cornetun sind mit spezifischen, Wasser
abweisenden Lipiden ausgefüllt, die den Lamellenkörpern
im Stratum granulosum entstammen.

Kubische Epithelien
Die kubischen Epithelien sind im Körper des Menschen
meistens einschichtig (Tab. 3.1.1). Längs- und Breitendurch-
messer der einzelnen Epithelzellen sind annähernd gleich.
Die Zellen sind über verschiedene Zellkontakte (Zonula
occludens, Zonula adhaerens, Nexus und Desmosomen)
verknüpft. Der Zellkern ist im Anschnitt rundlich (Abb.
3.1.9).

Vorkommen Viele kleinere Ausführungsgänge von exokri-


Abb. 3.1.12 Mehrschichtiges prismatisches Epithel(*)· nen Drüsen, Schilddrüse von Erwachsenen, Nierenkanäl-
Die obersten prismatischen Zellen sind für die spezielle Klas- chen, kleinere Sammelrohre der Niere, Plexus choroideus,
sifikation dieses Epithels verantwortlich. Harnröhre, Mensch; Pigmentepithel der Retina, vorderes Linsenepithel, Amnion-
Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach . epithel.

Prismatische Epithelien
Keratohyalingranula Stratum granu.losum; sie fehlt im
mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel.
Kennzeichen
Die prismatischen Epithelien bestehen aus hohen Zellen -
Stratum lucidum Das Stratw11 luddwn ist eine Ober- sie sind also länger als breit (Abb. 3. 1.10, Abb. 3.1.11). Sie
gangsschicht zwischen Stratmn granuloswn tmd Stratum heißen auch Zylinderepithelien und sind meistens ein-
corneum. Der Obergang von den noch lebenden Zellen des schichtig (Tab. 3.1.1). Der Zellkern der prismatischen Epi-
Stratum granulosum zu den toten Zellen des Stratum cor- thclzcllen ist längsoval. Die Zellen sind über verschiedene
newn erfolgt sehr rasch, ohne dass der abgebaute Kern und Zellkontakte verknüpft (Zo nula occludens, Zonula adhae-
die ebenfalls aufgelösten Organellen Spuren hinterlassen. rens, Nexus und Dcsmosomen). Sie besitzen oft kennzeich-
Am Untergang von Kern und Organellen sind Apoptose- nende apikale Differenzierungen wie Bürstensäm11e oder Ki-
mechanismen beteiligt. Diese Schicht ist nur in der Leisten- nozilien (Abb. 2.12, Abb. 2.14 ). In prismatischen Epithelien
haut erkennbar. kommen oft verschiedene Zelltypen vor.
3.1 Epithelgewebe 79

Abb. 3.1.13 Zweireihiges prismatisches Epithel mit Abb. 3.1.14 Mehrreihiges prismatisches Epithel mit
*
Stereozilien. 1 Lumen des Gangs; Kerne der prismati- Kinozilien und Becherzellen. Die ausgereiften prismatischen
Zellen (Flimmerzellen, 1) tragen Kinozilien, die Basalkörpern
schen ausdifferenzierten Epithelzellen; ? Basalzellen;
..,. Stereozilien; 2 subepitheliales Bindegewebe. Den Stereo- *
entspringen. Becherzellen; ? Basalzellen; ..,. nachwach-
zilien sind einzelne Spermien (kleine ovale Punkte) ange- sende intermediäre Zelle; 2 subepitheliales Bindegewebe;
lagert. Nebenhodengang, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 3 Lumen. Respiratorisches Epithel der Trachea, Rhesusaffe;
500-fach. Plastikschnitt; Färbung H. E.; Vergr. 500-fach.

Vorkommen Sonderformen
• Einschichtige prismatische Epithelien: Schleimhaut von Mehrreihige Epithelien In mehrreihigen Epithelien tre-
Magen, Dünndarm, Dickdarm, Gallenblase, Tuba uterina ten unterschiedlich große Zellen auf, die alle der Basal-
und Uterus, einige größere Drüsenausführungsgänge, pe- lamina aufsitzen, aber nur zw11 Teil die Epitheloberfläche
riphere Atemwege, große Sammelrohre, oft Ependym. erreichen (Abb. 3.1.3d). Es entsteht der Eindruck, dass im
• Mehrschichtige prismatische Epithelien (selten): mittlere Epithel mindestens 2, meistens aber mehr Reihen von Zell-
Abschnitte der Harnröhre (Urethra, Abb. 3.1.12), im kernen übereinanderliegen. Die oberste Kernreihe gehört
FornLx der Konjunktiva. zu prismatischen ausgereiften Zellen, die von der Epithel-

a b
Abb. 3.1.15 Übergangsepithel. a: Ungedehntes Übergangsepithel im Nierenbecken. 1 basale Epithelzellschicht,
2 apikale Epithelzellschicht Mensch; Färbung: Azan, Vergr. 450-fach. b: Apex einer Deckzelle des Übergangsepithels mit
apikalen Reservevesikeln (? ) in einer EM-Aufnahme. Ratte; Vergr. 18 000-fach.
80 3 Gewebe

a b
Abb. 3.1.16 Übergangsepithel in verschiedenen Dehmmgszuständen (Harnblase, Tenrek [Echinops telfairi]).
*
a: Ungedehntes Epithel (1); zweikernige Deckzelle; 2 subepitheliales Bindegewebe. Färbung: Azan; Vergr. 450-fach.
(Präparat Prof. Or. H. Künzle, München) b: Gedehntes Epithel (1) und subepitheliales Bindegewebe (2).
Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 500-fach. (Präparat Prof. Dr. H. Künzle, München)

basis bis an die Oberfläche des Epithels reichen. Die mitt- ("diskoide") Vesikel (Abb. 3.1.15b), deren Membran auch
leren Kernreihen gehören zu nachwachsenden, noch nicht Plaques enthält. Diese Vesikel bilden eine Membranreserve
ausdifferenzierten Zellen. Die Kernreihe an der Basis des für die apikale Zellmembran: Bei DehnLmg wandern sie an
Epithels gehört zu kleinen Basalzellen, die vor allem der Re- die apikale Oberfläche Lmd werden in die Apikalmembran
generation dienen. eingefiigt; bei nachlassender Dehn ung werden apikale
Membranareale mittels eines speziellen Endoeytoseprozes-
ses ins Zytoplasma zurückverlagert Eine auffällige Erschei-
Vorkommen
mmg ist, dass die basalen Zellen diploid, die mittleren tetra-
• Zweireihiges Epithel des Nebenhodengangs (Abb. 3.1.13):
ploid und die apikalen Deckzellen oktoploid sind. Apikal
Basal befinden sich kleine rundliche bis ovale Ersatz-
sind die Deckzellen durch Zonulae occludentes, Zonula
zellen, die Masse der Zellen ist prismatisch und erstreckt
adhaerentes und Dcsmosomen verbunden. Die tiefen Zel-
sich von der Basallamlna bis zur Lichtung des Gangs.
len sind über Dcsmosomen verknüpf\ Nexus kommen ver-
• Mehrreihiges Epithel der Atemwege (respiratorisches
Epithel, Abb. 3.1.14): In diesem Epithel sind die hohen einzelt vor.
ausgereiften Zellen Flimmerepithel- und Becherzellen.

Übergangsepithel {Urothel) Dieses mehrschichtige Vorkommen Ableitende Harnwege: Nierenkelche, Nieren-


(zum Teil wohl auch - speziell bei kleinen Säugetieren - becken, Ureter, Harnblase, Anfang der Urethra.
mehrreihige) Epithel (mit 3- 8 Schichten) kommt Jn den
ableitenden Harnwegen vor (Tab. 3.1.1). Diese Organe In Tabelle 3.1.1 sind Kennzeichen der Oberflächenepithelien
können unterschiedliches Volumen besitzen, ihre Wand ist aufgefiihrt, Lmd in Tabelle 3.1.2 sind Organe aufgelistet, de-
dehnungsfähig. Das Urathel kann sich den unterschiedli- ren Oberfläche verschiedene Epithelien trägt.
chen Fiillungszuständen anpassen Lmd ist im Lmgedehnten
Zustand deutlich höher (Abb. 3.1.15) als im gedehnten
(Abb. 3.1.16). Dieser Dehoungsfahigkeit entsprechen spezi-
elle Anpassungen (z. B. Membranreserven). Typisch ist die
3.1.3 Drüsenepithelien
apikale Zellschicht aus sehr groHen organellreichen, zum Einzelne Dri.isenepithelzcllen finden sich in vielen Epithe-
Teil zweikernigen Deckzellen (Abb. 3.1.16). Die besonders lien. Epithelien, die ausschließlich oder weitgehend aus Dri.i-
widerstandsfähige apikale Membran dieser Zellen enthält Jn senzellen bestehen, heißen Drüsenepithelien.
ihrer äußeren H älfte zahlreiche feste Plaques (Platten) aus
dem Protein Uroplakin, die der Membran eine asymme-
trische Struktur verleihen: Die äußere Membranhälfte ist Drüsenzellen und Drüsen
dicker als die innere. Zwischen den Plaques befindet sich
die normale flexible Membran. Im ungedehnten Zustand
Drüsenzellen
sind die meisten Zellen des Obergangsepithels prismatisch, Drüsenzellen bilden ein spezielles Produkt, das Sekret, und
zum Teil sogar die Deckzellen. Im gedehnten Zustand geben es nach außen ab (Abb. 3.l.l7). Die Sekrete - z.B.
flachen alle Zellen ganz erheblich ab. Im apikalen Zyto- Verdauungsenzyme, Schleime, Honnone und Milch- erfill-
plasma (nur) der Deckzellen finden sich viele abgeflachte len ihre FLmktionen dann außerhalb der Dri.isenzelle. Nicht
3.1 Epithelgewebe 81

Tab. 3.1. 2 Körperregionen mit unterschiedlichen Epithelien an der Oberfläche. (Aus [1]}

Region Epithelwechsel Bestandteile des zentralen


Gewebesockels
Lippe mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel (Epidermis) mit Anhangs- Skelettmuskulatur
gebilden ~ mehrschichtiges unverhomtes Plattenepithel (M. orbicularis oris)

Uvula mehrschichtiges unverhomtes Plattenepithel ~ respiratorisches Epithel Skelettmuskulatur (M. uvulae)


Epiglottis mehrschichtiges unverhomtes Plattenepithel -~ respiratorisches Epithel elastischer Knorpel
Augenlid mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel (ohne Haare)-~ mehrschich- Skelettmuskulatur
tiges unverhomtes Plattenepithel (M. orbicularis oculi), Tarsus,
Meibom-Talgdrüsen
Nasenflügel mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel mit ,.freien" Talgdrüsen --~ hyaliner Knorpel
mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel mit Haaren (Vibrissae) und
Drüsen --~ respiratorisches Epithel
Ohrmuschel kein Epithelwechsel; beide Oberflächen zeigen gleiches Epithel (ver- elastischer Knorpel
horntes mehrschichtiges Plattenepithel mit Anhangsgebilden)
Portio vaginalis mehrsc hichtiges unverhorntes Plattenepithel (außen) -~ einschich ti ges glatte Muskulatur
uteri prismatisches Epithel (im Zervixkanal)

nur Drüsenzcllen, auch viele andere Zellen bilden Sekrete Drüsentypen


und geben sie ab, aber nur bei Drüsenzellen stehen diese
Prozesse auffallend im VOrdergrund. Drüsensekrete werden Ist ein ganzes Organ aus Drüsenzellen aufgebaut, spricht
ztuneist in Granula (Sekretioosgranula) verpackt, die an die man von einer Drüse. Man ttnterscheidet nach dem Weg
Zelloberfläche wandern, hier mit der Zellmembran ver- der Sekretabgabe exokrine und endokrine Drusen. Drüsen,
schmelzen, sich öffuen und ihren lohalt ausschleusen (Exo- die ihr Sekret über einen Gang oder unmittelbar an eine
zytose). innere oder äußere Oberfläche abgeben, werden exokrine
Drüsen genannt. Drüsen, die ihr Sekret in den Blutstrom
abgeben, werden endokrine Drüsen genannt (Kap. 11).
Myoepithelzellen
Myoepithelzcllen sind schlanke oder verzweigte kontraktile Vorkommen
Zellen basal im Drlisenepithel, die glatten Muskelzellen • exokrine Drüsen:
stark ähneln und dem Auspressen des Sekrets dienen. Sie z.B. Bauchspeicheldrüse, Bronchialdrüsen, Milchdrüse
sind untereinander durch Desmosomen und Gap Junc- • endokrine Drüsen:
tions verbtmden und stehen über Desmosomen mit den z. B. Hypophysenvorderlappeo, Schilddrüse (Kap. II ).
sekretorischen Zellen in Verbindung. Sie sind adrenerg in-
nerviert (außer in der Milchdrüse, in der sie auf Oxytocin
reagieren).
Exokrine Drüsen
Exokrine Drüsen geben ihr Sekret an innere (z.B. in den
Vorkommen In Schweiß- und Duftdrüsen der Haut, in der Darm) oder äußere Oberflächen ab. Sie können unter
Milchdrüse, den Mundspeicheldrüsen und den Drüsen der verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden (Tab.
Atemwege. 3.1.3), wobei aber nicht alle Klassifikationskriterien auf jede
Drüse angewendet werden können.

Klassifikation nach Zahl und Lage


der sezernierenden Zellen
Exo- und endoepitheliale Drüsen Meist liegen die
zahlreichen Drüsenzellen einer Drüse unter dem Ober-
flächenepithel und haben einen Ausfühnmgsgang. Diese
exoepithelialen Drüsen werden meist - etwas vereinfa-
chend - exokrine Drüsen genannt. Drüsenzellen lo kleinen
a Gruppen im Verband des Oberflächenepithels nennt man
Abb. 3.1.17 endoepithelialc Drüsen. Sie sind selten ttnd finden sich v. a.
Exokrine Drüsenzellen. in der Nasenschleimhaut (Abb. 3.1.18).
82 3 Gewebe

Tab. 3.1.3 Gliederungsprinzipien exokriner Drüsen. (Aus [1])

Morphologisches Kriterium Klassifizierung Beispiele


Zahl der Drüsenzellen einzeln auftretende Drüsenzellen, Becherzellen
in einem Organ einzellige Drüsen
alle Endstücke bestehen aus Drüsenzellen Speicheldrüsen
Lage der sezernierenden endoepitheliale Drüsen im Epithel der Nasenschleimhaut
Zellen in Beziehung zum
Oberflächenepithel exoepitheliale Drüsen alle großen exokrinen Drüsen

Sekretionsmechanismus merokrin (= per Exozytose) die meisten exokrinen Drüsen,


ekkrin typische Schweißdrüsen
apokrin Duftdrüsen, Milchdrüse (auch merokrin)
holokrin Talgdrüsen
Art des Sekrets und Morpho- seröse Drüsen Parotis, Pankreas, Tränendrüse
logie der sezernierenden
Zellen muköse Drüsen Ösophagusdrüsen, Brunner-Drüsen
Mischformen: seromuköse Drüsen viele Speicheldrüsen, Atemwegsdrüsen
Gestalt der sezernierenden tubulöse Drüsen Kolonkrypten, Uterusdrüsen
Endstücke
azinöse Drüsen Gl. parotis, Pankreas
alveoläre Drüsen Milchdrüse
Mischform tubuloazinös GI. submandibularis
Mischform tubuloalveolär zum Teillaktierende Mamma
Vorkommen und Wuchsform Einzeldrüsen (jedes Endstück mündet mit Schweißdrüsen
(verzweigt oder nicht) des einem Gang selbstständig auf einer epithe-
ausführenden Gangsystems lialen Oberfläche)
verzweigte oder verästelte Drüsen (mehrere Brunner-Drüsen
Endstücke münden in einen unverzweigten
Ausführungsgang)
zusammengesetzte Drüsen (die sezernieren- alle großen Speicheldrüsen
den Endstücke münden in ein reich verzweig-
tes Gangsystem)

Becherzellen Einzelne exokrine Drüsenzellen im Epithel lieh über Exozytose abgegeben, kann aber aufverschiedene
von Diinn- und Dickdarm sowie der Atemwege nennt man \Veise stimuliert werden. Im Danu werden diese Zellen nur
Becherzellen. Sie besitzen die Gestalt eines Kelchs oder Gla- 4-5 Tage alt. Zerrissene apikale Zellmembranen und große
ses mit schmalem Fuß Lmd produzieren vor allem Schleim intrazelluläre Schleimmassen sind ebenso präparationsbe-
(Abb. 3.1.19). In der schmaleren Basis der Zellen liegen der dingte Artefakte wie die bauchige Gestalt der oberen Zell-
relativ dLmkle Zellkern, das raue endoplasmatische Retiku- anteile, die nach der Gewebeentnahme durch Wasserein-
lum und der recht große Golgi-Apparat (Abb. 2.48b). Der strom anschwellen, weil Membranpumpen ausgefallen sind.
bauchige mittlere und obere Teil der Zelle ist von mem-
branbegrenzten Schleimgranula ausgeftillt, die sich mit der
PAS-Reaktion rotviolett anfärben lassen (Abb. 3.1.20), im Vorkommen Becherzellen in Dünn- und Dickdarm sowie
H.E.-Pr'.iparat aber relativ blass bleiben oder zart graublaue Atemwegen; mehrzellige endoepitheliale Drüsen: Nasen-
Färbung armehmen. Das Sekret wird meistens kontinuier- schleimhaut.
3.1 Epithelgewebe 83
Klassifikation nach der Gestalt
der Drüsenendstücke
Die Sekret bildenden Anteile vielzelliger Drüsen bilden un-
terschiedliche Formationen, die Drüsenendstücke (End-
kammern) heißen und in unterschiedlich ausgestaltete Drü-
sengänge übergehen. Die Endstücke bilden das Sekret, die
Gänge leiten das Sekret ab und können es noch modifizieren
(z.B. Elektrolyte entziehen). In geringem Maße können die
Gänge auch sekretorisch tätig sein (s.a. Kap.IO, Kap.IS).
Folgende Formen der Endstiicke werden unterschieden
(Abb. 3.1.21):
• azinöse (beerenfönnige, Abb. 3.1.22),
• alveoläre (säckchenfönuige, Abb. 3.1.23),
• tubulöse (tubuläre, röhrchenförmige, Abb. 3.1.24).

Mitunter kommen Mischformen vor, z.B. tubuloalveoläre


Endstücke. Die Endstücke bestehen ga.nz überwiegend aus
einem einschichtigen Drüsenepithel (monoptyche Endstü-
Abb. 3.1.18 Mehrzellige endoepitheliale Drüsen(*) im
cke). Selten, wie in den Talgdrüsen des Menschen, kann das
Epithel der Nasenschleimhaut. 1 Lichtung der Nasenhöhle.
Drüsenepithel vielschichtig sein (polyptyche Endstücke).
Mensch; Färbung: Goldner; Vergr. 250-fach.

Abb. 3.1.19 Becherzellen als Beispiel für einzellige, Abb. 3.1.20 Becherzellen. Oie dicht gelagerten Schleim-
intraepithelial gelegene Drüsen. Bei der H. E.-Färbung bleibt granula in den Becherzellen sind mit der PAS-Reaktion pur-
das schleimhaltige Sekret(*) der Becherzelle oft ungefärbt. purrot gefärbt(~); 1 Oarrnlumen; 2 Darmzotte. Epithel des
Oie Kerne der Becherzellen sind zumeist dunkel (~)- Bei Dünndarms, Mensch; Vergr. 120-fach.
den resorbierenden Zellen des Epithels ist der Bürstensaum
deutlich zu erkennen. Epithel des Kolons, Mensch; Färbung:
H. E.; Vergr. 600-fach.
84 3 Gewebe

Verbreitet treten basal im Epithel der Endstücke glatte Myo- Ausführungsgang münden, spricht man von verästelten
epithelzellen auf, die oft vielfaltig verzweigt sind (Korbzel- bzw. venweigten Drüsen. Hierzu zählen z. B. die Brunner-
len). Drüsen in der Submukosa des Zwölffingerdarms (Abb.
3.1.33); man rechnet ihnen aber oft auch die Magendrüsen
(Abb. 3.1.25) und die Endometriumsdrüsen zu, obwohl
Klassifikation nach der Struktur der Drüsengänge diese keinen eigenen Gang besitzen. Eine zusammengesetzte
Drüsen, deren Endstücke die Oberfläche unmittelbar (also Drüse besitzt ein mehrfach aufgeteiltes Gangsystem (Abb.
ohne Gang. z. B. Kolonkrypten) oder mit einem unverzweig- 3.1.2lh ).
ten Gang (z.B. Schweißdrüsen) erreichen, nennt man ein-
fache Drüsen (= cxoepitheliale Einzeldrüsen). Solche ein-
Klassifikation nach dem Sekretionsmodus
fachen Drüsen sind beim Menschen meistens tubulöse
Drüsen, d.h., ihr Endstück ist tubulös (Abb. 3.1.2l d, Abb. Nach dem Mechanismus der Sekretabgabe (Abb. 3.1.26)
3.1.24). W cnn mehrere Drüsenendstücke in einen einfachen werden Drüsen bzw. Drüsenzellen unterschieden in:

.---Gangsystem---. Oberflächenepithel
I I • •
'
'
b d e


' .
Myoap!thel-
zelle

•• • • • ·------ --- Oberflächenepithel


0
---- • ----------------- -~I
I I
• •

f g h

seröser
Azinus

Myoepithelzellen
I

I'

.............. ,''

Abb. 3.1.21 Exokrine Drüsentypen. a -c: Verschiedene Endstücktypen (Endstücke violett, Gänge gelb).
a: Azinus. b: Alveolus. c: Alveolus, dessen Lichtung mit Drüsenepithelzellen gefüllt ist (Talgdrüse). d- h: Verschiedene
exokrine Drüsentypen. d: Einfache tubulöse Drüse ohne eigenen Gangabschnitt (z. B. Kolonkrypten). e: Verzweigte tubulöse
Drüse ohne eigenen Gangabschnitt (z. B. Pylorusdrüsen). f: Einfache tubulöse Drüse mit eigenem Gangabschnitt (ekkrine
Schweißdrüsen). g: Verzweigte alveoläre Drüse mit eigenem Gangabschnitt (Talgdrüse). h: Zusammengesetzte gemischt
tubuloazinöse Drüse. In einer zusammengesetzten Drüse ist das Gangsystem verzweigt; links: Drüsenanteil mit Azini; rechts:
Drüsenanteil mit Tubuli; dem Ende des rechten Tubulus sitzt ein v.-Ebner-Halbmond (umgeformter Azinus) auf. Die Azini
sind serös, die Tubuli mukös.
3.1 Epithelgewebe 85

.
1

Abb. 3.1.22 Azinöse Endstücke. Nach ihrer beerenförmi-


gen Gestalt mit kaum erkennbarem Lumen werden solche
Endstücke Azini genannt 1 seröser Azinus; 2 Fettzelle.
Gl. submandibularis, Mensch; Plastikschnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 500-fach. (Aus (1))

Abb. 3.1.24 Tubulöse einfache Drüsen(*)· 1 Darm-


lumen; 2 Muscularis mucosae. l<olon, Rhesusaffe; Färbung:
H. E.; Vergr. 250-fach.

Abb. 3.1.23 Alveoläre Endstücke (1). Das Lumen ist weit Abb. 3.1.2S Venweigte tubulöse Drüsen ohne eigenen
und der Zellapex der Drüsenzellen vorgewölbt (~ ). Der Apex Gangabschnitt (1 ). Die geknäuelten Drüsenschläuche neh-
enthält einen Fetttropfen (apokrine Sekretion). Laktierende men den unteren Teil der Schleimhaut ein, sie sind vielfach
Milchdrüse, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. quer oder schräg angeschnitten. Der obere Teil der Schleim-
haut wird von den tiefen Foveolae gastricae (2) eingenom-
men. Diese für das ganze Oberflächenepithel des Magens
typischen Foveolae sind mit hochprismatischen Drüsenzellen
ausgekleidet und entsprechen nicht einem eigenen Gang-
abschnitt. Pars pylorica des Magens, Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 100-fach. (Aus (1))
86 3 Gewebe

•••Exozytose
a c
8 ~ • ·--- -Se kretionsgranula
~@ •
• • ~ -··· GoIg~-Apparat
"
8

~'
~~e~~ ···AER

b
0
0
~schnürter Zellapex
mit Sekret (Milchfettkugel)

··· ·AER

Abb. 3.1.26 Verschiedene Sekretionstypen. a: Sekretion mittels Exo-


zytose (merokrine Sekretion). Der Inhalt der Sekretionsgranula wird an der
Zelloberfläche ausgeschleust (fast alle endo- und exokrinen Drüsen ).
b: Apokrine Sekretion. Eine apikale Zellkuppe mit Sekret wird abgeschnürt
(Milchdrüse). Zusätzlich sezernieren apokrine Drüsenzellen mittels Exozytose.
c: Holokrine Sekretion. Oie ganze, mit Lipidhaitigern Sekret gefüllte Drüsen-
zelle geht zugrunde, löst sich auf und setzt so das Sekret frei (Talgdrüsen).

• merokrine Drüsen(zcllen)
Merke Merokrin = per Exozytose. Merokrine Sekretion
• apokrine Drlisen(zcllen) mittels Exozytose ist die häufigste Porm der Sekretabgabe
• holokrine Drüsen(zcllen). in exokrinen tmd endokrinen Drüsenzcllen.
Merokrine Drüsenzellen In merokrinen Drüsenzellen
wird das Sekret im Golgi-Apparat in membranbegrenzte Ekkrine Sekretion Der Begriff "ekkrin" bleibt oft etwas
Granula (Sekr etgranula) verpackt (Abb. 3.1.27) tmd mittels diffus. Meistens wird er in Zusammenhang mit den typi-
Exozytose nach außen abgegeben. Bei der Exozytose ver- schen Schwei&trlisen gebraucht, deren Epithelzellen NaCl
schmelzen die Membran des Granulums und die Zellmem- tmd \Nasser durch die apikale Membran transportieren.
bran. D abei öffnet sich das G ranulum und der Inhalt tritt Vergleichbare (nicht cxozytotische) sekretorische Prozesse
in das Drüsenlumen über. Die Signalsequenz des sekretori- finden sich in vielen Epithelzcllen.
schen Peptids führt zu seiner Ve.r packung in Granula,
Calciumanstieg führt zu " A.ndocken" und Verschmelztmg Apokrine Drüsenzellen Die vor allem in funktioneller
der Membranen des Granulums und der Zelle. Als Folge Hinsicht n och man che Rätsel aufgebenden apokrinen Drü-
der Fusion öffnet sich das Granulum. Man unterscheidet senzellen durchlaufen zyklische Verändenmgen der Zell-
eine kon stitutive (= konti nu ierliche) Sekretion, bei der gestalt. In einer Phase, die als sekretorisch besonders aktiv
ein Sekret kontinuierlich und ohne auslösendes Signal per angesehen wird, bilden sie eine apikale (organellfreie)
Exozytose abgegeben wird, von einer regulierten Sekretion , Vorwölbung (Abb. 3.1.28)o in der sich bestimmte Stoffe,
bei der das Sekret erst auf ein Exozytosesignal freigesetzt darunter Lipide und Proteine, ansammeln (Abb. 3.1.26).
wird. Diese Vorwölbtmg schnürt sich dann wohl mithilfe kon-
3.1 Epithelgewebe 87

wird. Ihre Funktion steht in vielen Pällen unter dem Ein-


fluss von Geschlechtshormonen. Die Beziehung von biolo-
gischen Duftstoffen zu den apokrinen Drüsen ist noch un-


ea Abb. 3.1.27
klar.

Vorkommen Typische apokrine Drüsen sind die Duftdrü-


~~c...--- Sekretgranula. sen der Haut (z.B. in Achselhöhle, Gehörgang, Augenlidern,
Brustwarzen, großen Schamlippen, Mons pubis und Anal-
kanal). Sie stehen in Beziehung zu Haaren. In der Milchdrü-
traktiler Proteine ab und zerfallt im Drüsenlumen. Der ab- se wird das Fett, oft zusammen mit geringen Zytoplasma-
geschnürte Zellapex wird auch Aposam genannt. Die derart anteilen, apokrin abgegeben. Apokrine Sekretion zeigen
abgegebenen Proteine besitzen keine Signalsequenz und aber auch die Drüsen des männlichen Genitaltrakts (Prosta-
werden nicht in Granula verpackt Die Höhe der Epithelzel- ta und Samenblase).
len wechselt je nach Phase des Sekretionsprozesses ganz er-
heblich. Eine Sonderform der apokrinen Sekretion bietet Exosomen In einzelnen Zellen wurde die Abgabe kleiner
die Sekretion von Fettkugeln. Im Falle der Milchdriise Vesikel (Durchmesser 50 - 60 nm), sog. Exosomen, be-
bleibt die Zellmembran um die apokrin abgeschnürte schrieben. Diese kleinen V esikel entstehen in groBen Vesi-
Milchfettkugel lange Zeit erhalten und wird erst im Dünn- keln, die den multivesikulären Körpern (Kap. 2.4.6) ähneln.
dann des Säuglings abgebaut (s.a. Kap. 15). Apokrine Drü- Möglicherweise repräsentieren Exosomen eine eigene Form
senzellen bilden immer eine Reihe verschiedener Sekrete, der Sekretion.
von denen ein erheblicher Teil exozytotisch abgegeben

a b
Abb. 3.1.28 Apokrine Drüsen (Duftdrüsen) in der Achselhöhle. a: Die Drüsenzellen zeigen apikale Protrusionen, die
zum Teil dabei sind, abgeschnürt zu werden. Färbung Azan, Vergr. 250-fach. b: Drüsenepithel in 2 weitlumig tubulösen End-
stücken. Die apikalen apokrinen Zellkuppen (~) besitzen eine schmale organellfreie apikale Zone, unter der sich oft Lipofus-
zingranula mit bräunlicher Eigenfärbung finden . ..,. Myoepithelzellen (schlanke, kräftig rot gefärbte Zellen mit kleinem längli-
chem [im Querschnitt rundlichem] dunklem Kern). Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach.
88 3 Gewebe

Holokrine Drüsenzellen Die groBen, oft birnenförmigen • serös


und in Gruppen vorkonm1enden Endstücke der holokrinen • mukös.
Drüsen (beim Menschen nur die Talgdrüsen) besitzen kein
freies Lumen, sondern sind völlig mit unterschiedlich diffe- Seröse Drüsenzellen In serösen Drüsenzellen werden
renzierten Drüsenzellen ausgefüllt. Apikal werden ganze, Proteine, oft Enzyme, gebildet, das Sekret ist wasserreich.
mit Sekret gefüllte Zellen aus dem Verband des Drüsen- Die Zellen besitzen einen runden, euchromatinreichen
epithels ausgestoBen und gehen danach zugnmde. Das Kern, der meist im unteren Drittel der Zelle liegt. Des
Sekret besteht im Wesentlichen aus komplexen Lipiden, Weiteren zeichnen die serösen Drüsenzellen ein basophiles,
die intrazellulär in Tröpfchenform abgelagert werden. Tei- RER-rciches, basales Zytoplasma (Abb. 3.1.30a), ein großer
lungsbereite Zellen findet man nicht nur basal (hier alle supranukleärer Golgi-Apparat und membranbegrenzte
Zellen), sondern weit verbreitet auch in den mittleren Granula im apikalen Zellpol (Abb. 3.1.30b) aus. In einem
Schichten des Drüsenepithels. Von der Epithelbasis bis zum Endstück aus serösen DrüsenzeHen wird parazeHulär (im
Zentrwn der Drüse lassen sich 2 deutliche Veränderungen Interzellulärraunt zwischen den Zellen) oft auch Natrium
erkennen: in das Lumen des Endstücks transportiert; dem Natrium
• stetige Zunahme der Lipidtropfen folgt dann osmotisch Wasser. Seröse Drüsenendstücke be-
• typische Verändemngen des Kerns: Basal ist der Kern sitzen oft basal Myoepithelzellen (fehlen im exokrinen Pan-
oval mit grobem Chromatinmuster. In der nächsthöheren kreas). Sekretkapillaren sind feine Kanälchenbildlmgen der
Schicht ist er kugelig und hell und in den oberen (apika- serösen Drüsenzellen. Es sind im Prinzip zarte, zum Teil
len) Zellschichten wird er zunehmend dichter, schrumpft verästelte EinstlUpungen der ZeHmembran, die dem Ab-
lmd zcrfcillt in Einzelstücke. Der Vorgang der Schrump- strom des Sekrets dienen.
fung lmd Verdichtlmg des Kerns wird als Pyknose (eine
Form der Apoptose) bezeichnet und kennzeichnetabster-
bende Zellen (Abb. 2.89). Vorkommen Seröse Drüsen sind Pankreas und Parotis,
Spilldrüsen der Zunge und des olfaktorischen Epithels, auch
die Tränendrüse wird hierzu gezählt.
Vorkommen Holokrine Drüsen sind die vielgestaltigen
Talgdrüsen der Haut. Sie stehen zumeist mit Haaren in Be- Muköse Drüsenzellen In mukösen DrüsenzeHen werden
ziehlmg (Haarbalgdrlisen, Abb. 3.1.29), können aber auch Schleime (Muzine) gebildet, das Sekret ist zähfliissig. Mu-
ohne Beziehung zu einem Haar vorkorrunen (z. B. Augenlid, zine sind Glykoproteine: Das zentrale, fadige Protein trägt
Schleimhautseite der Lippen, Nasenflügel, kleine Scham- bis zu 200 Zuckerketten, in denen Sialinsäuremolcküle lmd
lippen, Anus, zwn Teil Vorhaut des Penis). oft auch sulfatierte Zucker vorkommen, sodass das Gesamt-
molckül viele negative elektrische Ladlmgen trägt. Es wur-
Klassifikation nach der chemischen den iiber 10 verschiedene spezifische Muzine (Abkürzung
MUC) beschrieben. Im Magenschleim kommen z. B. MUC
Beschaffenheit des Sekrets
5AC und MUC 6 vor. Manche Muzine sind membranstän-
Diese Klassifikation zielt auf die chemische Beschaffenheit dig und somit Teil der Glykokalyx. Die einzelnen Drüsen-
des Sekrets (Tab. 3.1.4) und beschränkt sich auf die Unter- zellen besitzen einen basalen, relativ dunklen, oft abge-
teilung: flachten Kern und basales RER sowie einen supranukleären

Tab. 3.1.4 Unterschiede zwischen serösen und


mukösen Driisenzellen.

Kriterium Seröse Muköse


Drüsenzellen Drüsenzellen
Zellfonn prismatisch, breit auffallend hoch-
pyramidenförmig prismatisch, schlank
pyramidenförmig
Kern rundlich, hell; abgeflacht und rela-
basale Zellhälfte tiv dun kel; Zellbasis
Zytoplasma im H. [.·Präparat Zellbasis basophil,
untere Zellhälfte oberhalb des Kerns
basophil (blau), hell
Abb. 3.1.29 Talgdrüse. Die Lichtung der venweigten obere Zellhälfte
alveolären Drüse wird von sich allmählich in Sekret umwan- eosi nophi l (rot)
delnden Zellen ausgefü llt (holokriner Sekretionsmechanis- Funktion Protei nbildung, Schleimbildung
mus). Von der Peripherie bis zum Zentrum der Alveolen dünnftüssiges (PAS· und/oder
werden die Zellen umgewandelt und die Kerne werden pyk- wasserreiches Sekret Alci an blau-positiv),
notisch. *Ausführungsgang. Achselhöhlenhaut, Mensch;
zähfl.üssiges Sekret
Färbung: Masson·Trichrom; Vergr. lOO·fach. (Aus [1))
90 3 Gewebe

Abb. 3.1.32 Gemischte seromuköse Endstücke.


Nach der Gestalt der Endstücke ist die Drüse tubuloazinös.
Den tubulösen mukösen Anteilen (1) sitzen die serösen End-
stücke zum Teil halbmondförmig auf (v.-Ebner-Halbmonde,
2), andere seröse Azini (3) münden unabhängig von den
mukösen Tubuli in Schaltstücke. 4 Streifenstück. Gl. sub-
mandibularis, Mensch; Plastikschnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 500-fach. (Aus (1)) Abb. 3.1.33 Brunner-Drüsen. Diese mukösen tubulösen
Drüsen bilden v. a. Schleime und Bicarbonat. Duodenum,
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach.

3.2 Bindegewebe
___________________________________ ZurOrientierung -----------------------------------
Im Bindegewebe bilden die Zellen keine geschlossenen glykane, die Wasser binden und somit Diffusionsräume
Verbände wie im Epithel, sondern sind durch die extra- schaffen. Bindegewebe, bei denen die Stütz- und Skelett-
zelluläre Substanz mehr oder weniger weit voneinander funktion ganz im Vordergrund stehen, sind Knorpel- und
getrennt. Die extrazelluläre Substanz wird auch Matrix Knochengewebe. Im Knochengewebe verkalkt die Extra-
(Bindegewebsmatrix) genannt. Sie füllt den Raum zwi- zellulärsubstanz.
sehen den Zellen, kann unterschiedlich zusammengesetzt Sog. mobile (freie) Zellen des Bindegewebes besiedeln
sein und bestimmt die Funktion und Eigenschaften der in wechselnder Zahl das Bindegewebe und haben ver-
Bindegewebe. Die Matrix wird von den ortsständigen Bin- schicdene Funktionen, insbesondere bei der Abwehr von
degcwebszcllen, v. a. den Fibrozyten und veJWandten Zel- Krankheitserregern. Zu ihnen 1-ählen z. B. Mastzcllen,
Jen, produziert. Die wichtigsten extrazellulären Substanzen Makrophagen und Lymphozyten. Im Bindegewebe spielt
sind verschiedene Fasertypen, v. a. Kollagen- und elasti- sich die Entzlindungsrcaktion ab. Bindegewebe bildet das
sehe Fasern, die eine Gerüstfunktion haben, tmd Proteo- Stroma der Organe.

Die vielfaltigen Erscheinungsformen der Gewebetypen, die • Knorpelgewebe (ein Stützgewebe, Kap. 3.2.11)
heute insgesamt als Bindegewebe zusammengefasst werden, • Knochengewebe (ein Stützgewebe, Kap. 3.2.12)
und eine unterschiedlich gehandhabte Nomenklatur er- • Fettgewebe (Kap. 3.2.13).
schweren das Verständnis für Struktur tmd Funktion des
Bindegewebes. Es besteht auch keine einheitliche Auflas-
3.2.1 Bindegewebsentwicklung, Mesenchym
sung darüber, welche Gewebeformen dem Bindegewebe
zttzurechnen sind (Abb. 3.2.1). Manche Autoren z. B. zäh- Die verschiedenen Bindegewebsformen tmd auch die Mus-
len aus entwicklungsgeschichtlichen und zellbiologischen kulatur entwickeln sich aus dem sog. Mesenchym, das oft
Gründen die gesamte Muskulatur hinzu, manche nur die auch embryonales Bindegewebe genannt wird. Dieses zarte,
glatte Muskulatur. Zum Teil werden Fettgewebe und Blut als zell- und matrixreiche Gewebe (Abb. 3.2.2) ist ein morpho-
eigene Grundgewebe gefUhrt. Es hat sich in der Medizin als logisch kaum differenziertes embryonales Gewebe, das über-
praktikabel eJWiesen, folgende Gewebetypen zum Binde- wiegend mesodermalen Ursprungs ist, aber zu beträchtli-
gewebe zu zählen: chem Anteil auch aus der Neuralleiste stammt. Interessant
• lockeres (kollagen faseriges) Bindegewebe (Kap. 3.2.5) ist, dass die ganz frühen mesodermalen Strukturen, aus de-
• straffes Bindegewebe (Kap. 3.2.6) nen das Mesenchym hervorgeht, primär epithelial organi-
• retikuläres Bindegewebe (Kap. 3.2.7) siert sind, das trifft. z.B. weitgehend flir die Somitcn (Urseg-
• gallertiges Bindegewebe (Kap. 3.2.8) mente der Embryonalentwicklung) zu.
• spinozclluläres Bindegewebe (Kap. 3.2.9)
3.2 Bindegewebe 91

Knochenzelle Knorpelzellen
(OsteoblasVOsteozyt) (Chondl'ozyt)

Fibroblast

Abb. 3.2.1 Familie der


BindegewebszeUen. Die
Pfeile deuten Beispiele für
wichtige Entwicklungsrich·
tungen in dieser Zellfamilie
an. Die glatten MuskelleUen
lassen sich sowohl den Bin· Glatte Muskelzelle
degewebszeUen als auch
dem Muskelgewebe zurech· Fettzelle
nen. (Modifiziert nach [12)) (Adipozyt)

Che ndre zyten, Osteeblasten, Stre mazellen des Kne chen-


marks, Fibrezyten der lymphatischen Gewebe, fettzellen,
glatte-, Skelett- und Herzrn uskelzellen. Die mesenchy-
malen Stammzellen werden von verschiedenen Signalpro-
teinen, z. B. TGFß, beeinflusst, die sie in eine bestimmte
Differenzierungsrichttmg dirigieren. Ans den Blasternen
entwickeln sich Organe eder Organ teile.

Merke Mesenchym ist nicht oder kattm allSdifferenziertes


embryonales Gewebe und besteht aus mehr oder weniger
dicht gelagerten fortsatzreichen Zellen, die in eine
umfangreiche visköse und hyalmonsämereiche Extra-
zellulärsubstanz mit wenigen dünnen Kollagenfibrillen
eingebettet sind.

3.2.2 Grundzüge des s;ndegewebsaufbaus


Bindegewebe ist dadttrch gekennzeichnet, dass seine mehr
oder weniger locker verteilten Zellen (Kap. 3.2.3) in eine
umfangreiche e;\.1razelluläre Matrb: (extrazelluläre Subs-
tanz oder Tnterzcllulärsubstanz, Kap. 3.2.4) eingebettet sind.
Die Matrix ist aus spezifischen Makromolekülen zusam-
mengesetzt (Tab. 3.2.1), und es ist diese extrazelluläre Mat-
Abb. 3.2.2 Mesenchym. ~ Blutgefäße. Embryo, Mensch; rix, die Struktttr und Punktion der jeweiligen Bindegewebs-
Färbung: H. E.; Vergr. 250· fach . typen spezifisch charakterisiert. In der klinischen Literatttr
kann die extrazelluläre Substanz mit dem Begriff "Bindege-
webe" gleichgesetzt werden. Bindegewebe urnhiillt epithelia-
Mes enchymzellen Die Zellen des Mesenchyms sind fort- le Organstruktttren und bildet Septen und Kapseln. Zusam-
satzreiche, bewegliche und teiltmgsfreudige ttrsprüngliche men mit Blut- und Lymphgefäßen sowie Nerven baut es das
Fibroblasten. Sie sind über Nexus und kleine, der mechani- Stroma der Organe attf. Es bildet formgebende Stützstruk-
schen Verbindung dienende Zellkontakte verbtmden tmd tttren und schafft attfgrtmd seines Wassergehalts Diffusions-
liegen mehr oder weniger dicht zusammen. Besonders rättme vor allem filr Sauerstoff, Nährstoffe, C02 tmd auch
dichte Ansarnrnlungen von Mesenchymzellen heißen Blas- Endprodukte des Stoffwechsels. In ihm spielen sich viele
teme. Krankheitsprozesse ab, z. B. die Entziindungsreaktion.

Extraze llulärsubstanz Die umfangreiche Extrazellulär-


substanz ist viskös und hyalmonsättrereich. Sie enthält
3.2.3 s;ndegewebszellen
wenige dünne Kollagenfibrillen. Die Bindegewebszellen werden unterschieden in:
• ortsständige (fixe) und
Differenzi erung Die mesenchymalen Zellen sind im • mobile (freie) Zellen.
Wesentlichen multipe tente Stammzellen und Verläufer-
zellen. Aus ihnen entwickeln sich die typischen Fibre zyten,
92 3 Gewebe

Tab. 3.2.1 Bestandteile ausgewählter Binde- und Stützgewebe.

Bindegewebstyp Bestandteile Ungefährer Kennzeichen und Funktionen


Anteil (in %
Trockengewicht)
Straffes Bindege· Typ· I· Kollagen 80 50- 90 nm dicke Fibrillen, Gerüstfunktion
webe, z. B. Der·
mis, Ligamente, Typ·III·Kollagen 5 - 15 20 - 40 nm dicke Fibrillen, Gerüstfunktion
Sehnen Typ·IV·Kollagen, <5 in Basallamina unter Epithelien und Gef.ißendothelien
Laminin, Nidogen
Typ·V·, Typ·VI- und <5 • Typ-V: oft Komponente von Typ-I- und Typ-III-Fibrillen
Typ-VII-Kollagen • Typ-VI: bildet eigene Mikrofibrillen
• Typ-VII bildet Ankerfibrillen unter mehrschichtigen
Plattenepithelien
Elastin <5 vernetzte Fasern, Elastizität
Fibrillin 1 Teil der elastischen Fasern oder allein vorkommend
Flbronectin <5 vielseitige Funktionen, einerseits mit Kollagenfibrillen
und anderen Matrixkom ponenten, andererseits mit Zell-
oberflächen verbunden
Proteoglykane und 0,5 binden Wasser, schaffen Diffusionsräume, fangen Druck
Hyaluronan auf u. a. m.
Knochen Typ-I- Kollagen 90 komplexe Fibrillensysteme
( entmineralisiert)
Proteoglykane 1 verbinden zum Teil Kollagenfibrillen, Funktion zum Teil
noch unklar
Osteonectin, Osteo- 1- 5 vennutlich Funktion bei Einleitung der Mineralisierung und
calcin, Osteopontin, Regulierung der Mineralisierung
~-Glykoprotein,
Sialoproteine
Knorpel Typ-II-Kollagen 40-50 Arkaden und andere Fonnationen meist dünner Fibrillen
Typ-IX-Kollagen 5- 10 verbindet Typ-li-Kollagenfibrillen
Typ-X-Kollagen 5- 10 in der Umgebung hypertropher Knorpelzellen
Typ-XI-Kollagen < 10 in Typ-TI-Fibrillen
Proteoglykane und 15 -50 binden Wasser, schaffen Diffusionsräume, fangen Druck
Hyaluronan auf u.a. m.

Ortsständige Zellen als Fibrozyten bezeichnet. Auch im Bindegewebe des Er-


wachsenen kommen neben typischen Fibrozyten noch
Zu den ortsständigen Zellen gehören: Mesenchymzellen mit Stammzellcharakter vor, die sich
• Fibrozyten und veiWandte Zellen wie Chondrozyten und aber morphologisch nicht sicher von den nreifen" Fibro-
Ostcozyten sowie zyten unterscheiden lassen.
• Fettzellen.
Charakteristika Die Gestalt der Fibrozyten varüert und
Fibrozyten hängt zum Teil von der Architektur der Matrix ab. Oft lie-
gen sie parallel zu Kollagenfasern und sind spindeiförmige
Fibrozyten/ Fibroblasten Die Fibrozyten sind langlebige Zellen mit langen, schlanken, meist verzweigten Fortsätzen
Zellen, die die extrazelluläre Substanz (Matrix} bilden und (Abb. 3.2.3}, über die sie vermudich zumindest funktionell
deren Menge und Zusammensetzung kontrollieren. Meis- in Beziehung stehen können. Ihre unterschiedliche Gestalt
tens werden die Begriffe Fibrozyt und Fibroblast synonym in verseWedenen Organen geht vermutlich auf spezielle or-
gebraucht Mitunter werden nur besonders aktive Fibro- ganspezifische Aufgaben zurück: In Sehnen und im Stroma
zyten Fibroblasten genannt und eher ruhende Fibrozyten der Kornea sind sie meistens stark abgeflacht, im lockeren
3.2 Bindegewebe 93
··lt'
Jtf
, ..
• •I t •''t I I
', ).

.
t J'
lt
I
•'
I ,,,
• 't

' '• I .~~'


I ••
1
f

...
, • ,,_,,,,
'•'•''I.",,',•. •.•.. '~··~·I
...
.,,,.,.
''t .t.._ . , ,.
'f '.ff'• "-'"
.. ,
,,,"
,'
t .·/'
•..... ,..
'••'•' ..,
,....... .. ,
t

' •' /\~ i ......


I

•• ~
' ' I

I
.')\
,.- ~~ ...-

.••!~
.~

I
I
...
· ~~ .; .
:,1 -. -:~ ••
' ,
~. •

• 4

.·....
••
..... ·.~··,
..•.: :· ,..... ,
•,:
• • •••

...• ...
~


•: I

\ '. ' '


' .\

4 ' l"
I



,, ' ''
..•• -
·~

Abb. 3.2.3 Fibrozyt mit


'' .I
*
'",l.·
langen Fortsätzen (*) und ' • I.J
gut entwickelten Zellorga-
nellen in einer EM-Aufnahme.
tf
1 Zellkern; 2 Golgi-Apparat; I
3 raues ER; 4 amorphe Matrix; I
5 Kollagenfibrillen. Nabel-
schnur, Mensch; Vergr. 6000- ..
fach.

Bindegewebe in allen Richtungen des Raums ziemlich stark Diese Verbindung ist relativ schwach; sie entsteht leicht
verzweigt. Diese Verzweigungen sind veränderlich. Der und kann sich auch wieder leicht lösen. Die Fibrozyten
Zellkern der Fibrozyten ist meistens länglich (Abb. 3.2.4) können mithilfe ihrer Zytoskelettelemente, speziell des
lmd relativ heterochromatinreich (dunkel). Zellorg-anellen Aktins, die Ausrichtung von Matrixkomponenten, z.B. der
sind in aktiven Zellen reich entwickelt (z.B. viel RER in Kollagenfibrillen oder fibrillärer Pibronectinaggregate, be-
Zellen, die viel Kollagen, Elastin, Pibrillin oder Proteogly- einflussen.
kane bilden), in eher ruhenden Zellen dagegen nur mäßig.
Vom Golgi-Apparat wandern Vesikel zur Zelloberfläche Klinik Pathologische Überaktivität von Fibrozyten, z.B. im
(Sekretion der Matrixkomponenten). Das Zytoskelett ist Rahmen chronischer entzündlicher Prozesse, führt zu Kol-
hoch differenziert. Aktin und assoziierte Proteine sind in lagenvermehrung (Pibrose, Sklerose) und damit zu Punk-
der Zellperipherie konzentriert, Myosin-li ist ebenfalls tionseinbußen von Geweben lmd Org-anen.
nachgewiesen. Diese Proteine ermöglichen den Fibrozyten,
sich mit einer Geschwindigkeit von 1 ~un/min fortzube-
wegen. Sie sind über ihre membranständigen Integrine
mit Matrixkomponenten wie dem Fibronectin verbunden.
94 3 Gewebe

• Mastzellen
• Melanozyten.

Die Menge an freien Bindegewebszellen wechselt von Organ

, zu Organ und auch innerhalb eines Organs erheblich. Wäh-


rend verschiedener Punktionsphasen eines Organs können
sich Menge und prozentuale Zusammensetzung der freien
Zellen erheblich voneinander unterscheiden. Neben den ty-
2 \
pischen mobilen Zellen können bei Krankheiten oder loka-
len Prozessen zusätzliche mobile Zellen auftreten.


1
' Makrophagen
Makrophagen sind "Fresszellen", die auch im gesunden Or-
ganismus weit verbreitet vorkommen. Im H.E.-Routinepr'J.-
parat sind sie nicht leicht zu erkennen. Sie sind im Bindege-
webe, in der Leibeshöhle (Peritonealmakrophagen), in den
Lungenalveolen (Alveolarmakrophagen) und häufig in lym-
phatischen Organen und in der Darmschleimhaut zu finden.

Abb. 3.2.4 Fibrozyten(~) im lockeren Bindegewebe. Funktion Makrophagen leiten sich von Monozyten her
1 Arteriolen; 2 Venole. Harnblase, Mensch; Plastikschnitt; und sind darauf spezialisiert, Reste abgestorbener Zellen,
Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. gealterte Matrix, Premdkörper, antikörperbedeckte Bakte-
rien, Tumorzellen u. v. a. zu phagozytieren. Dabei spielt ihr
hoch entwickeltes System an Lysosomen und verwandten
Strukturen eine wesentliche Rolle (Kap. 2.4.4). Makropha-
gen haben aber viele weitere Punktionen im Rahmen von
Immun- und Abwehrprozessen. Eine ganze Reihe von se-
kretorisch abgegebenen Produkten bewirkt pro- und anti-
entzündliche Effekte und reguliert andere Zellen.

Makrophagen Makrophagen kommen als nicht stimu-


lierte ("residente") Makrophagen und als aktivierte Makro-
phagenvor:

/1 • Nicht stimulierte Makrophagen sind im Bindegewebe


lecker verteilt, scheinen aber entlang den Blutgefäßen
stärker kenzentriert zu sein. Merphelegisch sind sie ven
Fibrezyten aufgmnd ihres relativ greßen, hellen und
eher rundlichen Kerns, ihres leicht cesine philen Zyte-
plasmas und ihres hiiheren Gehalts an Lyse semen zu
unterscheiden. Sicher lassen sie sich heute mithilfe im-
munhiste chemischer Reaktienen (Antikiirpcr bindende
Abb. 3.2.5 Makrophagen (~). 1 Lungenalveolen; Fc-Rezepte ren, Rezepte ren für die C3-Ke mpenente des
* Pleura visceralis. Oie Makrophagen sind mittels des immun- Kemplements, C06S-Pre tein u. a.) nachweisen (Abb.
3.2.5). Bese ndcn'! e rtsstä ndige Makre phagen in der Milz
histochemischen Nachweises des C068-Proteins dargestellt,
enthalten z. T. schwarzen Kohlestaub. Lunge, Mensch; und in der Wand der Lebersinuse ide (Kupffer-Zellen)
Vergr. 230-fach. phagezytieren täglich 11 11 gealterte Erythrezyten. Im
Bindegewebe verkemmende und eher ruhende Makre-
phagen werden zum Teil auch "Histie zyten" genannt.
Dieser Begriff wird vielfach in Pathelegie und Klinik ver-
Fettzellen wendet, ist aber e ft nicht scharf definiert
• Aktivierte Makrophagen sind meistens durch Bakterien
Fettzellen sind auf Synthese und Speicherung von Fetten stimuliert und nehmen sehr variable Gestalt an; außer
spezialisierte Zellen. Sie sind mit Fibrozyten vetwandt und verschieden gestalteten Pseudopodien, mit deren Hilfe sie
besitzen einen eigenen (reversiblen) Differenzierungsweg sich fortbewegen, bilden sie undulierende Falten (Lamel-
(Kap. 3.2.13). lipodien, Abb. 3.2.6). Sie sind funktionell durch iiberaus
aktive Phago- und Pinozytose gekennzeichnet, was sich
an ihren zahlreichen Lysosomen, Phagosomen und Pha-
Mobile (freie) Zellen golysosomen ablesen lässt. Außerdem nimmt im Ver-
Zu den mobilen Zellen gehören: gleich zu nicht stimulierten Makrophagcn die Menge an
• Makrophagen RER zu, der Kern ist relativ groß, eingekerbt und hell und
• eosinophile Granulozyten besitzt einen deutlichen Nukleolus (Abb. 3.2.6).
• Lymphozyten
• Plasmazellen
3.2 Bindegewebe 95

c
Abb. 3.2.6 Makrophage.

KHnik Makrophagen spielen eine wichtige Rolle im Rah·


mcn jeder Entzündung. Bei bestimmten Krankheiten
können Makrophagen dicht gelagerte Verbände bilden
(.,Epitheloidzcllen"). Um einen Fremdkörper können meh-
rere Makrophagen zu mehrkernigen Synzytien verschmel-
zen (.,Fremdkörperriesenzellen").

Mononukleä res Phagozyte nsystem (MPS) Die Gesamt-


heit aller Makrophagen bildet ein System phagozytierender
Zellen, die sich von Monozyten und deren Vorstufen herlei-
ten und in vielen Organen - oft an spezifischen Stellen -
wichtige Funktionen im Rahmen von Abräumvorgängen
und Abwehr erfiUlen. Dieses Zellsystem wird als mononuk-
leäres Phagozytensystem bezeichnet (friiher: Makrophagen-
system). Pür die vielkernigen lysosomenreichen Chondro-
und Osteoklasten, die in Knorpel und Knochen abbauende
Funktionen wahrnehmen, isteine relativeigenständige Her-
kunft aus dem Knochenmark nachgewiesen, sie beteiligen
sich auch nicht an der Phagozytose von Fremdstoffen bzw.
Bakterien und Zelltr(inunern. Folgende Zellen gehören dem
MPS an:
• Monozyten und ihre Vorstufen
• ruhende und aktive Bindcgewebsmakrophagen
• Kupffer-Zcllen der Lebersinusaide (v.-Kupffer-Stemzellen) Abb. 3.2.7 Kohlestaubbeladene Makrophagen im
• Alveolarmakrophagen der Lunge (Abb. 3.2.5, Abb. 3.2.6), Lymphknoten. Oie Makrophagen (schwarz, ~) kommen
• Makrophagen in Thymus, weißer Pulpa der Milz, Lymph- überwiegend im Mark vor. 1 Kapsel des Lymphknotens;
knoten, Tonsillen und Knochenmark (Abb. 3.2.7), 2 Lymphfollikel in der Rinde. Mensch; Färbung: Azan;
• Makrophagen der roten Pulpa der Milz Vergr. 120-fach.
• Makrophagen seröser Höhlen (Pleura- tmd Abdominal-
höhle)
• Makrophagen des Zentralnervensystems (Mikroglia)
• Makrophagen der Haut Lymphozyten
• Typ-A-Zellen (= M-Zellen) der Gelenkkapseln Die Lymphozyten sind regelmäßig und ubiquitär im Binde-
• im weiteren Sinne auch Osteoklasten tmd Chondroklas- gewebe tmd speziell in den Schleimhäuten der Atemwege
ten, die spezifische Abbauvorgänge körpereigenen Ske- tmd des Darmtrakts zu finden. Sie stehen im Dienst des Im-
lettmaterials ausführen. munsystems und sind in Kap. 4.2.2 und Kap. 6 ausfuhrlieh
dargestellt.
Eosinophile Granulozyten
Eosinophile Granulozyten (Kap. 4.2.1) sind normale Be- Plasmazellen
standteile des Bindegewebes. Sie sind relativ langlebig, und Charakteristika Plasmazellen sind ovale Zellen mit ex-
ihre Effektivität wird durch verschiedene chemotaktische zentrisch gelagertem Kern, der ein typisches Chromatin-
Faktoren erhöht. Solche Faktoren werden u.a. von Endo- muster (.,Radspeichenkcrn") besitzt, das durch randstän-
thelzellen, Makrophagen, Mastzcllen, T-Lymphozyten und dige, große Heterochromatinschollen tmd einen zentralen
Thrombozyten gebildet. Biologisch scheint ihre Hauptfunk- Nukleolus mit assoziiertem Chromatin gekennzeichnet ist
tion primär in der Abwehr von Würmern (Schistosomen, (Abb. 3.2.8). Der große Golgi-Apparat liegt neben dem
Askariden, Trichinen u. Jl.. ) zu liegen. Zahlreiche weitere Kern und ist im Lichtmikroskop als Authelltmg zu erken-
Funktionen sind bekannt (Kap. 4.2). nen. Das umfangreiche basophile Zytoplasma ist mit dicht
gelagerten RER-Zisternen ausgcfiillt (Abb. 3.2.9).
Vorkommen Besonders häufig in der Schleimhaut der
Atemwege und des Verdauungstrakts. Funktion Plasmazellen sind ausdifferenzierte B-Lympbo-
zyten, die Immunglobuline (Ig, Antikörper, Tab. 3.2.2)
produzieren. Die Immunglobuline repräsentieren den__ hu-
moralen Arm der Inununreaktionen (Kap. 6.1) tmd geboren
96 3 Gewebe

len ist unterschiedlich lang. Manche sterben nach mehreren


Tagen, manche überleben im Knochenmark Monate oder
Jahre, wobei sie ständig Antikörper abgeben.

Vorkommen Dannschleimhaut, lyrnphatische Organe,


Schleimhaut der Atemwege, auch io der laktierenden Milch-
drüse, den Speicheldrüsen und der Tränendrüse.

Mastzellen
Mastzellen entstehen im Knochenmark und haben mit den
basophilen Granulozyten eine gemeinsame Vorläuferzelle.
Sie finden sich als ausgereifte ZeiJen verbreitet in Haut und
Schleimhäuten (Atemwege, Darm) und im tieferen Binde-
Abb. 3.2.8 Plasmazellen (-+). Typisch ist der exzentrisch gewebe oft in der Nähe von Blutgefäßen. Thr Weg aus dem
gelegene rundliche Kern mit der "Radspeichenstruktur'' des Knochenmark über das Blut ins Gewebe Ltnd ihre Ausdiffe-
Chromatingerüsts: Peripher und im Zentrum des Kerns liegen renzienmg bieten noch offene Pragen.
mehrere grobe Heterochromatinschollen. Lamina propria des
Kolons, Mensch; Semidünnschnitt; Färbung: Toluidinblau; Charakteristika MastzeHen sind groß, oft oval oder abge-
Vergr. 600-fach. rundet (Abb. 3.2.10), können aber auch lang gestreckt sein.
Der nmdliche Kern besitzt ein feines Heterochromatin-
muster. Im Zytoplasma kommen die kennzeichnenden
basophilen Granula vor (Abb. 3.2.11). Aufgnmd ihres
Gehalts an Polyanionen wie Heparin lassen sie sich mit Al-
zianblau spezifisch anfärben. Mit Parbstoffen wie dem tief-
blauen Toluidinblau färben sie sich metachromatisch, d.h.
~ in diesem Fall purpurviolett
Abb. 3.2.9 Ultrastruktur
einer Pla.smazelle. Phänotypen und Funktion Vermutlich gibt es beim
Menschen verschiedene Phänotypen der Mastzellen. In
der Schleimhaut (Mukosa) der Lunge, des Darms und der
verschiedenen Klassen an. Sie sind glykosylierte Proteine, ableitenden Harnwege existieren Mastzellen ("mukosale"
die aus 2 leichten und 2 schweren Ketten bestehen Mastzellen), die Tryptase bilden. Tryptase ist eine Protease
(Kap. 6.2.1). Reife Plasmazellen sezernieren bis zu 2000 mit verschiedenartigen Punktionen, z. B. ist sie auch am
Antikörper pro Sekunde. Oie Lebensdauer der Plasmazel- Umbau der Bindegewebsmatrix beteiligt. Dagegen produ-

Tab. 3.2.2 Immunglobuline.

Kriterium lgG (verschie- lgA lgM lgD lgE


dene Subtypen)
molekulare Form Monomer Monomer, Dimer Pentamer Monomer Monomer
durchschnittlich er 8-15 0,9-3,2 0,45-1,5 0-0,08 > 0,00025
Gehalt im Blut
(Erwachsene, gfl)
Bindung über Fe Makrophagen, Makrophagen, Makrophagen, keine Mastzellen,
an folgende Neutrophile, na- B-Lymphozyten B-Lymphozyten Basophile,
Zellen türliehe Killerzel- Eosinophile
len, dendritische
Zellen, B-Lympho-
zyten, Eosinophile
biologische sekundärer Anti- sekretorische primäre Anti- markiert reife Allergien,
Eigenschaften körper gegen die Antikörper körperantwort B-Lymphozyten antiparasitäre
meisten Krank- Reaktionen
heitserreger;
plazentagängig
aktivieren ++ (+) ++++
Komplement
3.2 Bindegewebe 97
zieren die Mastzellen in der Submukosa des Darms und der Lipidmediatoren wie Prostaglandine sowie Leukotriene tmd
Atemwege, der Haut, der Lymphknoten tmd der Brustdrüse zahlreiche Zytokine. Viele dieser Substanzen sind Entzün-
("Bindegcwebs" -Mastzcllcn) nicht mtr Tryptase, sondern dungsmediatoren, die sehr schnell freigesetzt werden kön-
vor allem die Proteasen Chymase tmd Carboxypeptidase A. nen tmd die bei der Immunantwort und bei Allergien vom
Die nttr Tryptase bildenden Mastzellen besitzen in ihren Soforttyp von großer Bedeutung sind. Mastzellen sind die
Granula kennzeichnende kristalline Strukturen, die an auf- Effektorzellen bei allergischen Erkrankungen. Die vielen
gewickelte Schriftrollen (nScrolls") erinnern (Abb. 3.2.llb). Mastzellmediatoren bceinilussen Leukozyten, Fibrozyten,
Die Granula der Mastzellen mit mehreren Proteasen haben Matrixproteine tmd die Mikrozirkulation. Unter normalen
dagegen einen überwiegend feingranulären Inhalt und be- physiologischen Bedingungen sind Mastzellen u.a. an der
sitzen nur selten die Schriftrollenfiguren. Diesen Unter- Regulierung der Gefä&htrchlässigkeit und des Tonus der
schieden entsprechen auch funktionelle Verschiedenheiten. glatten Muskulatur des Bronchialbaums beteiligt. Heparin
Mastzellen enthalten viele weitere aktive Komponenten, ist ein wichtiges Thromboseschutzmolekül.
z.B. das vasoaktive Histamin, Heparin, saure Hydrolasen,

-
'. ' •

.•.. -•
, ...

' ••
I

"'
' •
- •'J

,, - "'•
- #'

- "'• • • ..
a b
Abb. 3.2.10 Mastzellen. a: Plastikschnitt Submukosa des Jejunums, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. b: Die unter-
schiedliche Gestalt der Mastzellen (-+)deutet auf Wanderbewegungen hin (Dermis, Allergiker). Färbung: Giemsa, Vergr. 450-
fach.

'

a b
Abb. 3.2.11 Mastzellen in EM-Aufnahmen a: Mastzellen mit unregelmäßig gestalteten Zellfortsätzen und dicht gepackten
Granula in ihrem Zytoplasma. Bindegewebe des Harnleiters, Mensch; Vergr. 9200-fach. (Aus [1]). b: Mastzellengranula,
höhere Vergrößerung. Kennzeichnend ist die heteromorphe Struktur vieler Granula mit zylindrischen, eng aufgerollt erschei-
nenden Membranfiguren ("Schriftrollenfiguren") sowie feinpartikulären Anteilen. Andere Granula besitzen eine dichte Matrix,
zum Teil mit zentraler Aufhellung, in der lineare Strukturen auftreten. Vergr. 90300-fach. (Aus [1])
98 3 Gewebe

steht, elektrisch negative Ladtmgcn trägt, nicht sulfaticrt ist


Vorkommen Knochenmark, Haut, Schleimhäute und Bin- und kein Core-Protein (Kcrn-Protein) besitzt. Nach Synthe-
degewebe in der Nähe von Vcoolen. se wird es mithilfe spezieller Transportproteine durch die
Zellmembran hindurchgefädelt und ist dann in variabler
Klinik Mastzellen und IgE sind an allergischen Überemp- Menge Bestandteil der Matrix aller Gewebe tmd der Gelenk-
findlichkeitsreaktionen beteiligt. Die IgE-Bildung (durch flüssigkeit. Hyalttronan kann im Knorpel mit Aggrccan rie-
Plasmazcllen) wird durch ein Antigen, das Allergen ge- sige Komplexe bilden.
nannt wird, ausgelöst. Mastzellen haben an ihrer Oberfläche
hochaffine IgE-Rczcptorcn. Der erste Kontakt von IgE, das
bei Allergikern oft deutlich erhöhte Werte aufweist, mit die-
Proteoglykane
sen Rezeptoren wird Sensibilisierung genannt. Diese Sensi- Die Proteoglykane werden wie das Hyalmonan von den Fi-
bilisierung bereitet die Zellen auf antigenspezifische Akti- brozyten synthetisiert und sezerniert. Sie bestehen aus einem
vierung vor. Die a -Kette des Rezeptors bindet das IgE, die Core-Protein und vielen langen, mit diesem Protein verbun-
Signaltransduktion iibernehmen die ß- tmd y-Ketten des denen Seitenketten aus Glycosarninoglykanen (GAGs).
IgE-Rezeptors. Bei der J\ktivieru.ng- beim zweiten Kontakt Glycosaminoglykane sind im Wesentlichen unvcrzweigte
mit dem Antigen - werden die gebundenen IgE vernetzt. lange Ketten aus Disacchariden. Der eine Zucker der Di-
Manche Substanzen aktivieren Mastzellen auch direkt. Die saccharide ist ein Arninozucker, der meist sulfatiert ist. Der
Aktlvienmg führt dazu, dass Calciumionen einströmen und zweite Zucker ist meist eine Uronsäurc. Weil sie Sulfat- und
dann verschiedene Substanzen - Mediatoren - freigesetzt Carboxylgruppen an ihren Zuckern tragen, sind sie in star-
werden (teils dttrch Exozytose, teils durch andere Mechanis- kem Maße elektrisch negativ geladen, sie sind also Polyan-
men). Die Frcisetzung von Histamin tmd der verschiedenen ioncn, die große Mengen Wasser binden können. Typische
Lipidmediatoren erhöht die Durchlässigkeit der Venolen- Glycosaminoglykanc der Protcoglykane sind: Chondroitin-
wände, was u.a. ztml Ei nstrom von Flüssigkeit tmd Plas- sulfat, Dennatansulfat (= Dcrmochondransulfat), Hcparan-
maproteinen ins Bindegewebe flihrt (Quaddeln); andere sulfat und Keratansulfat. In gut fixierten Präparaten sind
Faktoren fiiltrcn zur Einwanderung von Leukozyten. Cystei- diese molekularen Anteile mit Alzianblau nachweisbar.
nyl-Leukotricnc, aber auch Histamin bewirken die Kontrak- Weit verbreitete Protcoglykanc sind:
tion der glatten Muskulatur der Atemwege (Asthma). Typi- • Aggrecan
sche Symptome, die auf Mastzellen zurückzufiihren sind, • Dccoran, Biglykan, Pibromodulin
sind Hauljucken, Hautschwellung. Hautröttmg. Schwelltmg • Syndecan.
der Nasenschleimhaut und Abgabe wässrigen Nascnsekrets,
Spasmen und vermehrte Schleimsekretion der Atemwege. Aggrecan Aggrccan ist das Hauptproteoglykan des
Knorpels. Die Seitenketten des Corc-Proteins sind die stark
negativ geladenen Glycosaminoglykane Chondroitinsulfat
Metaoozyten (ca. 100) und Keratansulfat (ca. 30). Aggrecan hatweit über
An einzelnen Stellen des Körpers, vor allem in der Iris und 100 dieser Seitenketten. Nach Sekretion dttrch die Knorpel-
in der Aderhaut des Auges, kommen im Bindegewebe Mela- zellen bindet ein Aggrccan-Monomer an 2 Verbindungs-
nozyten vor. Es sind verzweigte Zellen, die in eigenen Orga- proteine ("linker proteins"). Etwa 100 solcher Komplexe
nellen, den Melanosomen, das bratme Pigment Melanin bil- verbinden sich dann nicht-kovalcnt mit einem langen Hy-
den (Kap. 2.4.10). alttronanmolekül. Dieses Aggregat bindet Wasser tmd klei-
ne Ionen ttnd schafft damit einen Quelldruck und Elastizi-
tät im Knorpel.
3.2.4 Extrazelluläre Matrix
Die extrazelluläre Matrix des Bindegewebes lässt sich in 2 Decoran, Biglykan, Fibromodulin Decoran, Biglykan tmd
funktionell cngvcrbtmdcne Komponenten gliedern: Fibromodulin sind kleinere Proteoglykanc. Sie verbinden
• Gnmdsubstanz sich mit Kollagenfibrillen (Typ I, II oder III) und spielen
• Bindegewebsfasern. wahrscheinlich eine Rolle bei der räumlichen Ausrichtung
der Kollagenfibrillen. Decoran verbindet benachbarte Kol-
lagenfibrillen, indem es alle 60- 65 nm Brückcnstruktmen
Grundsubstanz zwischen den Fibrillen bildet, die nicht nur mechanischen
Die Gnmdsubstanz ist ein in hohem Maße hydratisiertes Zug- ttnd Druckbelastungen standhalten, sondern auch
Gel, das vor allem einen Raum fiir den Transport von Ga- elastische Eigenschaften haben. Biglykan konm1t auch perl-
sen, Metaboliten, Nältrstoffen tmd Abbauprodukten schafft. zellulär vor tmd kann Wachsttunssignale übertragen.
Aufgrund ihres hohen Wassergehalts erscheint sie in den
lichtmikroskopischen Routinepräparaten hell und tmstruk- Syndecan Syndccan ist Komponente der Zellmembra-
turicrt ("amorph"). Auf biochemischer Ebene besitzt die nen, bindet u. a. Wachsttunsfaktoren tmd hat eine Funktion
Gnmdsubstanz eine komplexe molekulare Struktur. Wich- bei der Signaltransduktion tmd der Wanderung von Zellen
tige makromolekulare Komponenten sind Hyaluronan entlang den Kollagenfibrillen. Es beeinflusst auch die Zell-
(Hyaluronsäurc), Proteoglykane (Abb. 5.6d) und verschie- differenzierung.
dene Glykoproteine.
Perlecan Perlecan ist Teil von Basallaminae.
Hyaluronan (Hyaluronsäure) Versican Versican ist weit verbreitet in der Matrix ver-
Dies ist ein sehr großes, freies Glycosaminoglykanmolekül, schiedener Bindegewebe. Es bindet an Kollagenfibrillen
das aus bis zu 25000 identischen Disaccharideinheiten be- ttnd Hyalttronan.
3.2 Bindegewebe 99

Glykoproteine • Kollagenfasern inkl. retikulärer Pasern


• elastische Fasern.
Wichtige Glykoproteine der Grundsubstanz sind z.B. Nido-
gen, Laminin und Pibrooectin und im Knochen besonders
Osteonectin, Osteocaldn, Osteopentin u. a. Die Verbiodung Kollagenfasern
solcher Proteine zur Zellestellen oft Integrine her, die Mem-
Kollagenfasern sind flexibel, wgfest und kaum dehnbar,
branproteine mit Rezeptorfunktion sind.
sodass sie ein ideales Material für Bänder, Faszien, Sehnen,
Organkapseln, Sklera, Lederhaut (Dermis) und das Stroma
Fibronectin Fibronectin ist ein dimeres ProteiD, dessen 2
der Organe sind. Sie sind außerdem wichtige Bestandteile
identische Einzelkomponenten durch Disulfidbrücken ver-
von Knochen, Dentin und Knorpel.
bunden sind. Fibronectin kommt in 2 Formen vor:
• Plasmafibronectin wird in der Leber gebildet und findet
Mikroskopisches Bild
sich im Blut gelöst. Es ist u. a. an Blutgerinnung und
Wundheilung beteiligt. Lichtmikroskopie Im lichtmikroskopischen Präparat sind
• Fibrilläres Fibronectin wird von Fibrozyten gebildet. Kollagenfasern 1-10 ll!ll (selten bis ca. 20 1m1) dick und
Mehrere Moleküle sind an Zelloberflächen oder in der verlaufen leicht gewellt (Abb. 3.2.12, Abb. 3.2.13). Die Fa-
Matrix zu feinen fibrillären Strukturen verbunden. Es seranordnung ist der Form und Punktion der jeweiligen
hat spezielle Bindungsorte ftir viele Matrixkomponenten Organe oder Strukturen, in denen sie vorkommen, ange-
(z.B. Kollagen, Fibrin, Proteoglykane und Heparin) sowie passt. In Sehnen verlaufen siez. B. leicht gewellt und paral-
für die Integrine der Zellmembran. Fibronectin spielt eine lel, in der Sklera und Kornea bilden sie Schichten, in denen
wichtige Rolle bei der Führung von wandernden Zellen in ihre Ausrichtung tml ca. 90° wechselt, in Faszien bilden sie
der Embryonalzeit Scherengitter. Die Kollagenfasern H.ifben sich je nach Fär-
bemethode unterschiedlich an (s.a. Tab. 1.3): rot mit H.E.,
Nidogen, Laminin Nidogen und Laminin sind typische blau mit Azan, blau mit Masson-Trichrom, türkisgrün mit
Glykoproteine der Basallamina. Goldocr und rot mit van Gieson.

Glykoproteine des Knochens Osteonectin, Osteocaldn Elektronenmikroskopie Irn Elektronenmikroskop zeigt


und Osteopentin sind Komponenten der nicht kollagenen sich, dass die Kollagenfasern aus zahlreichen, meistens
Knochenmatrix, die 7.llln Teil vermutlich eine Rolle bei der 50-90 nm (Typ-I-Fasern) oder 20 - 40 nm (Typ-III-Fa-
Mineralisierung und bei der Bindung der mineralischen sern) dicken, quergestreiften Kollagenfibrillen bestehen.
Phase an die Matrix spielen. Osteonectin ähnelt Fibronectin Das Muster der Querstreifung wiederholt sich alle 67 nm
und ist über lntegrine mi t den Knochenzellen verbunden. (D-Periode, Abb. 3.2. 13) und beruht auf der Art der
Zusammenlagerung der Kollagenmolekiüe. Die Fibrillen
bestehen aus modularen repetitiven Baueinheiten. Das
Bindegewebsfasern Gleiche trifft für das Decoran zu, das die Fibrillen in regel-
Die Bindegewebsfasern sind die strukturgebenden Elemente mäßigem Muster verbindet. Gemeinsam bilden diese re-
des Bindegewebes (Tab. 3.2.3). Die 2 wesentlichen Faserty- petitiven Baueinheiten Perm-Module (engl. "shape mo-
pen des Bindegewebes sind: dules").

Tab. 3.2.3 Bindegewebsfasern mit verschiedenen morphologischen, biologischen und


färbensehen Eigenschaften. (Nach [1])

Typische Kollagenfasern Bastische Fasern Retikuläre Fasern


(sind aus Typ-I-Kollagen (stnd Kollagenfasern aus
aufgebaut) Typ-III-Kollagen)
Anordnungsweise Geflechte unterschiedlicher echte Netze oder gefensterte feine Netze (oft an der Gren-
Webformen oder parallele Lamellen (z. B. Lamina ze zwischen Bindegewebe
Bündel (Sehnen) oder heli- elastica intema der Arterien) und den Epithelzellen eines
kale Fonnationen (Osteone) Organs); typisch für lympha-
tische Gewebe, Schleimhäute

Struktur im Transmissions- Fibrillen (Durchmesser • amorphe Komponente Fibrillen (Durchmesser


elektronenmikroskop 50-90, selten bis 200 nm) (Elastin) 20 - 40 nm) mitQuer-
mit Querstreifung • Mikrofibrillen (Durch- streifung (67-nm-Periodik)
(67-nm-Periodik) messer 10 nm)
Makromolekularer Aufbau Polymerisationsprodukt von Aggregat aus polymeren Polymerisationsprodukt von
Typ-I-Kollagen Elastinmolekülen und Typ·III-Kollagen oft mit
Mikrofibrillen aus Fibrillin Anteil von Typ-I-Kollagen

Mechanisches Verhalten zugfest, nur um ca. S'Yo um 150"/o reversibel dehnbar ähnlich dem der Kollagen-
dehnbar fasern aus Typ-I-Kollagen
100 3 Gewebe
sich aus 3 jeweils helikalen o.-Polypcptid-Ketten aufbauen.
Eine o.-Kettc besteht aus jeweils ca. 1000 Aminosäuren, von
denen jede dritte Glycin ist und in denen Prolin und Hy-
droxyprolin oft vorkommen. Die 3 o.- Ketten bilden- durch
Wasserstoffbindungen zusammengehalten - eine Super-
Tripelhelix.

Klinik Die Hydroxylierung von Prolin erfordert Ascorbin-


säure (Vitamin C). Bei Vitamin-C-Mangel (z. B. Skorbut) ist
daher die Hydroxylierung von Protin gestört und die Kol-
lagensynthese eingeschfcinkt. In der Folge heilen Wunden
schlecht, es kommt zu Blutungen der Mundschleimhaut,
Schwellung des Zahnfleischs, Lockerung der Zähne und
zahlreichen anderen Symptomen der Haut und inneren Or-
gane.
Abb. 3.2.12 Lockeres Bindegewebe (Semidünnschnitt,
Dicke ca. 1 IJm). 1 breite, an Haarsträhnen erinnernde Kollagentypen Die a -Ketten des Kollagens unterschei-
Kollagenfasern. Die tiefblau, purpur granulierten Zellen sind den sich in ihrer Aminosäurenzusammensetzung und -Se-
Mastzellen (~).die meisten Zellkerne gehören zu Fibrozyten quenz. So sind derzeit ca. 25 verschiedene Typen bekannt.
( .... ). 2 Arteriolen; 3 Lymphgefäß; 4 Muscularis mucosae. Manche sind selten tmd erfüllen oflcnbar hochspezialisierte
Bindegewebe der Submukosa des Kolons, Mensch; Färbung: Funktionen, einige sind Begleitmoleküle anderer Kollagene
Methylenblau-Azur II; Vergr. 450-fach. und wieder andere sind Transmembranproteine. Wichtige
Kollagentypen sind.
• Typ I: Dieser häufigste Kollagentyp besteht aus 2 identi-
Kollagen ~ Kollagenfibrille schen a 1(1)-Ketten und einer a 2(I)-Kette (Abb. 3.2.13b).
Kollagenfibrillen bestehen aus Kollagenmolekülen, die von Der Fibrillendttrchmesser beträgt 50 - 90 nm.
Fibrozyten produziert werden und sich im extrazellulären • Typ li: Dieses Kollagen des Kn orpels besteht aus 3 iden-
Ratun in einem Polymerisationsprozess ("self-assembly pro- tischen a 1(Il)-Ketten. Die resultierenden Fibrillen sind
cess") zu Fibrillen (Abb. 3.2.13) oder, wie im Falle des Kolla- meist relativ dünn (Abb. 7.4). Im Gelenkknorpel variiert
gens Typ IV, zu einem zweidimensionalen feinfilamentäsen der Fibrillendurchmesser zwischen ca. l 0 ttod 200 nm.
Netzzusammenlagern. • Typ III: In geringen Mengen ist dieser Typ neben Typ I
in vielen Organen zu finden, besteht aus 3 identischen
Kollagen Kollagen ist das quantitativ wichtigste Protein aliii)-Ketten und bildet Netze aus relativ dünnen Fasern.
des Körpers (ca. 25% der Gesamtproteinmasse). Beim Ko - Fasern aus Typ-III-Kollagen lassen sich mit Silbersalzen
chen bildet es eine klebrige Masse. die als Leim verwendet zu tiefschwarzen Fasern imprägnieren und bilden die sog.
werden kann (gr. kolla, der Leim). Kollagen bildet eine retikulären Fasern (Abb. 3.2.16). Fibrillen aus Typ-III-
Familie nah verwandter, aber genetisch eigenständiger Pro- Kollagen enthalten i.A. auch Typ-I-Kollagen und messen
teine. Alle Kollagene bestehen aus Kollagenmolekülen, die 20-40 nm im Durchmesser.

a b c
Abb. 3.2.13 Kollagenfibrillen in EM-Aufnahmen. a: Grobe Kollagenfasern (* , rasterelektronisches Präparat). Es ist erkenn-
bar, dass die Fasern aus Fibrillen aufgebaut sind. Bauchhaut Ratte; Vergr. 6500-fach. b: Die Kollagenfibrillen vom Typ I wei-
sen eine kennzeichnende periodisch gegliederte Querstreifung auf (D-Periode von ca. 67 nm), die auf die regelhafte Anord-
nung der Kollagenmoleküle in der Fibrille zurückgeht Mamma, Mensch; Vergr. 46 700-fach. c: Kollagenfibrillen mit deutlich
erkennbarer Periodik der Querstreifung. Haarstern, Antedon biftda, Vergr. 120 000-fach. (Präparat Dr. med. Dr. jur. R. Erlinger)
3.2 Bindegewebe 101

• Typ IV: Dieses nicht fibrilläre Kollagen enthält tripelheli- ne fibrilläre Kollagene in einer Pibrille polymerisieren. Re-
kale und globuläre Domänen im Moleki.ü. Es baut in der gelmäßig finden sich an der Oberfläche der Fibrillen Pro-
Basallamina ein komplexes zweidimensionales Netzwerk teoglykanc, v.a. Dccoran (s.o.). Außerdem lagern sich den
auf (Abb. 3.1.2), das Epithel- und Muskelzellen mit der fibrillären Kollagentypen einige der nicht fibrillären Kolla-
extrazellulären Matrix verbindet und im Nier englomeru- gene an (z. B. Typ IX am fibrillären Typ li oder Typ XII am
lus eine funktionell sehr wichtige PUterstruktur bildet. fibrillären Typ I), bcc.i nflussen ihr Dickenwachsttun tmd
• Typ V: Typ V ist ein fibrilläres Kollagen und oft Bestand- verhindern, dass sie miteinander verschmelzen. Abgebaut
teil von Typ-I-Fibrillen. werden die Fibrillen v. a. durch Kollagenasen von Leuko -
• Typ VI: bildet eigene Mikrofibrillen. zyten, Fibrozyten, synovialen B-Zellen und verwandten
• Typ VII: bildet Ankerfibrillen. Zellen.
• Typ VIII: in der Desyemet-Membran.
• Typ X: in der Matrix des hypertrophen Knorpels. Klini k Kollagene können verstärkt abgebaut und zu wenig
• Typ XI: in Typ-li-Fibrillen. oder zu viel synthetisiert werden:
• vermellrter Abbau: während Hungerperioden, Immobi-
Vorkommen lisation, rhemnatoider Arthritis oder bei langen Aufent-
• T}'P I: Haut, Ligamente, Sehnen, Knochen, Dentin, Kor- halten in der Schwerelosigkeit
nea, Sklera, Faszien, Anulus fibrosus der Zwischenwirbel- • gchenlffitc Synthese: bei 1herapie mit hohen Cortison-
scheibe, Organkapscln, Organstroma der meisten Orga- gaben über einen längeren Zeitraum
ne, Duramater • vermehrte Synthese: bei Wundheilung (Typ-I-Kollagen,
• T}'P II: Knorpelund Nucleus pulposus der Zwischenwir- Narbenbildtmg), bei Leberzirrhose, Lungenfibrose, Athe-
belscheibe, Glaskörper rosklerose und Nephrosklerose (die Begrifre Sklerose tmd
• T}'P III: lymphatische Organe, in der Wand von Gefäßen, Fibrosc bczicllen sich generell auf das vermehrte Typ-I-
in der Darmschleimh aut, im Disse-Ratml, an der Ober- Kollagen).
fläche von Fettzellen und Muskclzellen, in der Laminafib-
rorcticularis (kommt ofi gemeinsam mit Typ-I-Kollagen Auch die falsche Zusammensetzung von Kollagenen ist
vor, ztun Teil sogar in einer Pibrille) möglich. Bei der Osteogenesis imperfecta (reduzierte Kno-
• T}'P IV: Basallamina. cbenmasse, brüchige Knochen u.a.) ist eins der 2 Gene, die
für Typ-I-Prokollagen kodieren, mutiert. Beim Ehlers-Dan-
Kollage nfibri llen Die wichtigsten Schritte der Kollagen- los-Syndrom (byperelastische Haut, überdellnbare Gelenke)
synthese und der Fibrillenbildung sind in Abbildung 3.2.14 gibt es Subtypen mit Mutationen in dem Gen, das die a 1(V)-
gezeigt. Der Umsatz (Neubildung. Wachstum und Abbau) Kette des Typ-V-Kollagens codiert. Andere Subtypen haben
von Kollagenfibrillen (Abb. 3.2.13) ist bei Erwachsenen Defekte in anderen Kollagenen. Bei der Chondrodysplasie
langsam - außer im Knochen, in dem Kollagenfibrillen (Zwergwuchs, abnorme Körperproportionen) liegen vererb-
beim ständigen Umba u auch mit ab- tmd neu aufgebaut liebe Defekte des Typ-H-Kollagens und anderer Knorpel-
werden -, bei Kindern und Jugendlichen während des komponenten vor.
Wachstums höher. Bei der Neubildung können verschiede-

Abspaltung von
..
, ,' Propeptiden
''
'

••••••• -- •• Tropokollagen
Abb. 3.2. 14 Kollagensekretion und
Entstehung der Kollagenfib rillen. Das Pro-
kollagen wird intrazellulär im Fibrozyten auf-
gebaut. Extrazellulär werden dem Prokollagen
die Propeptide abgespalten, es entsteht Tropo-
koUagen (Kollagen, Kollagenmonomer), das
sich in einem Polymerisationsprozess zu Kolla-
genfibrillen zusammenlagert. Einige Hydro-
xylysinreste sind glykosyliert. ..::::E55:=i::::::;::::::::;~j. -- --Kollagenfibrille
102 3 Gewebe

Retikuläre Fasern bildeten dünnen Zytoplasmafortsätzen der fibroblastischen


Retikuläre Fasern (Retikulmnfasern, Gitterfasern) sind netz- Retikulumzellen Lunhüllt (Abb. 6.28b ). Die Kollagenfibrillen
artig verbundene, sich verzweigende Fasern, die überwie- der retikulären Fasern sind dünner als die der Typ-I-Fibril-
gend aus Typ-III- und auch zu einem kleinen Teil aus len und messen ca. 20-40 nm im Durchmesser.
Typ-I-Kollagen zusammengesetzt sind (Abb. 3.2.15, Abb.
3.2.16). Die relativ dünnen Pasern sind an ihrer Oberfläche
Elastische Fasern
rnit Glykoproteinen bedeckt, v.a. mit Pibroncctin, was ihnen
ihre zum Teil besonderen Färbeeigenschaften verleiht. Sie Elastische Fasern sind reversibel dehnbar und haben somit
bestehen aus Pibrillcnbiindeln und sind weit verbreitet. Nur Eigenschaften von Gummi. Sie bilden meist unregelmäßige,
in lymphatischen Organen sind sie von scheidenartig ausge- netzartige Strukturen (Abb. 3.2.17a) oder perforierte Jamel-

Abb. 3.2.15 Faserbildende Retikulumzellen. In den Abb. 3.2.16 Retikuläre Fasern. Die retikulären Fasern
Marksinus (* ) erkennt man deutlich die sternförmig ver- (schwarz, ~) sind verzweigt und vernetzt Sie bestehen aus
zweigten faserbildenden Retikulumzellen (~),deren dünne Typ-III-Koll.agen und ziehen durch das Lumen des Randsinus
Fortsätze zarte retikuläre Fasern (- Retikulin-, Gitterfasern) (1) hindurch bis in die Kapsel (2) hinein. Diese besteht ganz
umscheiden. Die vielen kugeligen, kräftig schwarz-blau überwiegend aus typischen (hier bräunlich gefärbten)
gefärbten Zellkerne gehören zu Lymphozyten. 1 Markstränge Kollagenfasern ( Kollagentyp I). Rinde eines Lymphknotens,
mit Plasmazellen und Lymphozyten. Mark eines Lymph- Mensch; Färbung: Versilberung nach Bielschowsky; Vergr.
knotens, Makak; Färbung: H. E.; Vergr. 460-fach. 240-fach.

a b
Abb. 3.2.17 Elastische und kollagene Fasern. a: Elastische Fasern, zu einem flachen Netz verknüpft Häutchenpräparat,
Mesenterium, Mensch; Färbung Resorcinfuchsin, Vergr. 250-fach. b: Kollagene und elastische Fasern. Die kräftig rotbraun
gefärbten, breiten Kollagenfasern werden in allen Richtungen des Ra ums von schwärzlich gefärbten elastischen Fasernetzen
durchquert. Dermis, Mensch; Färbung: Elastika - van-Gieson-Färbung, keine Kerngegenfärbung; Vergr. 450-fach.
3.2 Bindegewebe 103

0
Abb. 3.2.19
Ela.s tische Fa.sem.

Oxytalanfasern genannt. Sie lassen sich mit Aldehydfuchsin


anfcirben.

Elastin Elastin ist ein polymeres, sehr hydrophobes, nicht


glykosyliertes Protein, dessen Ein7.elmoleküle sich aus je
einer einzelnen Polypeptidkette auJbauen, in denen wie im
Kollagen viele Glycin- und Prolinreste, aber auch die kenn-
zeichnenden seltenen Aminosäuren Desmosin und Isodes-
mosin vorkommen. Lösliches Tropeelastin ist die Vorstufe
des Elastins, die von Fibrozyten oder glatten Muskelzellen
in den Interzcllulärralm1 sezerniert wird. Die Tropoelastin-
Abb. 3.2.18 Elastische Ligg. flava der Wirbelsäule im moleküle werden intensiv mlteinander verknüpft, sodass
Querschnitt. Die reich entwickelten elastischen Anteile sind ausgedehnte molekulare Netzwerke entstehen, die die elas-
rot, die kollagenen Anteile blau gefärbt. Pavian; Färbung: tischen Fasern und Lamellen (in Gefäßwänden) auJbauen.
Masson-Trichrom; Vergr. 450-fach. Das fertige Elastinmolekül besteht aus 2 funktionellen
Komponenten:
• hydrophoben Anteilen, die für die elastischen Eigenschaf-
ten verantwortlich sind
Jenartige Gebilde. Elastische Bänder sind b eim Menschen
selten und kommen nur an der Wirbelsäule vor (Lig. nu- • a-helikalen Anteilen, die Querverbindungen zwischen
chae, Ligg. flava zwischen den Wirbelbögen, Abb. 3.2.18). In den Molekülen bilden (Abb. 3.2.20).
speziellen Hautarealen wie in der Brustwarze bilden elas-
tische Fasern kleine sehnenartige Strukturen für komplex Klinik Beim Marfan-Syndr om liegen verschiedenartige ge-
angeordnete glatte Muskelzellen (myoelastisches System). netische Defekte des Pibrillins vor. Die Patienten haben lan-
Elastische Fasern sind immer mit den nicht elastischen Kol- ge, diinne Extremitäten mit Arachnodaktylie (arachne gr.:
lagenfasern verknüpft, die ihre Dehnbarkeit begrenzen. Spiru1e, Finger sind lang und dünn, was an die Beine einer
Spinne erinnert), Sehstörungen sowie Herz- und Gefaßer-
Elastika-Färbungen krankungen, z.B. Mitraiklappenprolaps und Aortcnaneuris-
Elastische Fasern lassen sich mit speziellen Färbungen, sog. ma. Die Sehstörungen treten durch die Dislokation der Linse
Elastika-Färbungen (Resorcinfuchsin, Aldehydfuchsin, Or- auf, da die Linsenfasern aus Fibrillin bestehen. Möglicherwei-
cein, Verhoeff-Färbung) selektiv darstellen, in der H.E.-Fär- se litten Niecola Paganini (1782 - 1840) tmd Abraham Lin-
bung sind sie rot, treten aber nur bei erheblicher Dicke der coln (1809 -1865) an einer Form des Marfan-Syndroms.
elastischen Elemente deutlich hervor (z. B. Elastica intema
der Arterien). Elastische Faser

Molekulare Komponenten
Elastische Fasern enthalten 2 molekulare Komponenten,
Fibrillin und Elastin.

Fibrlllin Im Elektronenmikroskop sind elastische Fasern


homogen (Abb. 3.2. 19), besitzen aber oft am Rand einen
gut erkennbaren unregelmäßigen Saum aus 10 nm dicken

1l
sog. Mikrofibrillcn, die aus Pibrillin und den mikrofibrillen-
assoziierten Glykoproteinen (MAGPs) bestehen. Diese Dehnung Entspannung
Mikrofibrillen werden von Pibrozyten und glatten Muskel-
Einzelnes Elastinmolekül
zellen synthetisiert und bilden ein nicht elastisches Gerüst, Quervert>1ndung
in das hinein das kennzeichnende Protein der elastischen '
Fasern, das Elastin, abgelagert wird. Das Verhalten der Mi-
'
-r-...._;::x
krofibrillen während der Dehnung der elastischen Fasern
bietet noch offene Fragen. Während des Wachstums der
~~ ---~:z;:::::=;::~
elastischen Pasern werden die Mikrofibrillen nach außen
verlagert. In der Entwicklung erscheinen die Mikrofibrillen
vor dem Elastin. Mikrofibrillen können auch für sich allein Abb. 3. 2.20 Elastin, hypothetisches Modell. Elastin-
vorkommen, z. B. an der Oberfläche glatter Muskelzellen, in moleküle sind quer verbunden, die Moleküle nehmen
den Linsenfasern und in der Lamina fibroreticularis der geknäuelte Konformation an, wen n die Dehnung nachlässt,
Basalmembran. Reine Mikrofibrillenbündel werden auch was zur Verkürzung der Fasern führt. (Modifiziert nach [12])
104 3 Gewebe



' .,... .. •

.''
<#

'• *
,• , I
\ ' .....
/' • , * Abb. 3.2.21 Lockeres

" */
;
" -
... .. '
-· /: '
I
Bindegewebe mit zah !reichen
Fibrozyten (~) und gewellt
verlaufenden lockeren Kolla-
genfaserbündeln ( *). 1 Arte-
riole; 2 kleines Ganglion des
"' Meissn er-Plexus. Submukosa
des Jejunums, Mensch; Fär-
bung: H. E.; Vergr. 250-fach.

Straffes parallelfaseriges Bindegewebe Im straften pa-


Vorkommen Elastische Fasern sind weit verbreitet. Beson- rallelfaserigen Bindegewebe verlaufen die Kollagenfa-
ders reich entwickelt sind sie in der Ltmge, in Arterien vom sern dicht gelagert tmd sind parallel ausgerichtet (Abb.
elastischen Typ tmd in den Ligg. flava der Wirbelsäule. 3.2.23).

3.2.5 Lockeres Bindegewebe Vorkommen Sehnen, Bänder.


Im lockeren Bindegewebe liegen locker verteilte Fibrozyten
vor, die in eine locker strukturierte MatrLx aus Kollagen- 3.2. 7 Retikuläres Bindegewebe
fasern (Abb. 3.2.21), einzelnen zarten elastischen Fasern und
proteoglykanreicher Gnmdsubstanz eingebettet sind. In Retikuläre Fasern sind weit verbreitet, aber als retikuläres
diesem Bindegewebe liegen Blut- und Lymphgefäße, Nerven Bindegewebe wird heute nur das Bindegewebe der Sektm-
sowie fixe und freie Zellen. Das lockere Bindegewebe bildet dären lymphatischen Organe (Lymphknoten, Milz, Tonsil-
typischerweise das Stroma der Organe. len, Peyer-Plaques) und des Knochenmarks bezeichnet. Die

Vorkommen Stroma der meisten Organe, Mukosa (relativ


feine Fasern) und Submukosa (hier etwas vermehrte,
scherengitterfdrmig angeordnete Fasern) im Magen-Darm-
Trakt (Abb. 3.2.21).

3.2.6 Straffes Bindegewebe


Im straffen Bindegewebe gibt es mehr Kollagenfasern als
Gnmdsubstanz. Zellen sind vergleichsweise selten. Man tm-
terscheidet zwischen geflechtartigem und parallelfaserigem
Typ.

Straffes geflechtartiges Bindegewebe Im straften ge-


flechtartigen Bindegewebe bilden Kollagenfasern Bündel,
die dicht gepackt sind und in verschiedener Richtung ver-
laufen. Von den Fibrozyten sind meist nur relativ dunkle
abgeflachte Kerne zu sehen. Im Elektronenmikroskop wird
aber sichtbar, dass sie hier sehr lange und flache Fortsätze
bilden können.

Abb. 3.2.22 Straffes geflechtartiges Bindegewebe.


Vorkommen Lederhaut, Sklera des Augenbulbus (Abb.
3.2.22), Kornea, Dura mater, viele Organkapseln.
* quer getroffene Kollagenfasern; ~längs geschnittene
l<ollagenfasern. Äußere Augenhaut, Rind; Färbung: Masson-
Trichrom; Vergr. 150-fach.
3.2 Bindegewebe 105

Abb. 3.2.23 St raffes parallelfaseriges Bindegewebe. Abb. 3.2.24 Gallertiges Bindegewebe. Die Fibroblasten
Von den Sehnenzellen si nd nur die flachen Kerne(~) (rötlich) treten zugunsten der Interzellularsubstanz in den
erkennbar. Der leicht gewellte Verlauf der Fasern ist sehr Hintergrund. Die Interzellularsubstanz besteht aus der Grund-
charakteristisch. Längsschnitt einer Sehne, Mensch; substanz (u. a. Hyaluronsäure, Proteoglykane, verschiedene
Färbung: H. E.; Vergr. 95-fach. Glykoproteine, ungefärbt) und den geformten Elementen
(Kollagenfasern, zum Teil stark gewellt, blau gefarbt). Whar-
ton-Sulze der Nabelschnur, Mensch; Färbung: Azan; Vergr.
380-fach.

oft sternf<irmigen Pibrozyten dieses Gewebes werden auch mationen bilden (Abb. 3.2.25) und zum Teil n och an Mes-
fibroblasti sche Retikulumzellen oder einfach Retikulum- enchymzellen erinnern. Die extrazelluläre Substanz ist auf
zellen genannt (Abb. 3.2.15). Sie bilden einen dreidimensio- relativ schmale Räume zwischen den Pibrozyten beschränkt
nalen netzartigen Verband und produzieren Kollagenfasern und enthält nur wenig Kollagenfasern vom Typ III (Abb.
aus Typ-III-Kollagen (retikuläre Fasern). Die retikulären Fa- 3.2.26). Zum Teil wird auch das Bindegewebe der Uterus-
sern werden von scheidenartigen Portsätzen der fibroblas- schleimhaut, das Endometrium, hierzu gezählt.
tischen Retikulumzellen wuhiült, wobei Pibronectin die
Verbindung vermittelt. Die Kerne der Retikulumzellen sind Vorkommen Ovar (Kortex) und Uterusschleimhaut (Endo-
relativ groß, oval und weisen einen deutlichen N ukleolus metrium). Die zahlreichen Besonderheiten des Endometri-
auf. In den Lücken zwischen den Retikulumzellen sind vor- wus (z.B. zyklische Veränderungen, Dcciduabildung in der
wiegend Lymphozyten, aber auch andere Zellen, wie z.B. Schwangerschaft) Hiliren nicht selten dazu, dass es als eige-
Makrophagen und antigenpräsentierende Zellen, angesie- n er Bindegewebstyp geftihrt wird.
delt. Hier existiert eine spezielle Mikroökologie fU.r die
Differenzierung und Vermehrung der Lymphozyten. Fibro-
blastische Retikulumzellen können auffallend viel Aktin ent- 3.2.10 Sonderformen des Bindegewebes
halten, z. B. in der Milz. Sehr faserarme Bindegewebe sind die Gewebe des Glaskör-
pers tmd des Nucleus pu.lposus (in der Zwischenwirbel-
Vorkommen Lymphknoten {Abb. 3.2.16), Milz, Tonsillen, scheibe). Als zcll- und faserfreies Bindegewebe lässt sich die
Peycr-Plaqucs, Knochenmark. Gelenkflüssigkeit ansehen. Auch das Blut wi rd manchmal
als flüssiges Bindegewebe bezeichnet.
3.2.8 Gallert;ges Bindegewebe
Das gallertige Bindegewebe kennzeichnet die Nabelschnur
3.2.11 Knorpelgewebe
und enthält verzweigte Fibrozyten, die noch an Mesenchym- Das Knorpelgewebe ist ein spezielles Bindegewebe mit
zellen (s. a. Kap. 3.2.1) erinnern. Sie scheiden die umfangrei- Stützfunktion , dessen Eigenschaften von den Komponen-
che hyaluronsäure- und wasserreich e Grundsubstanz tmd ten der Matrix bestimmt werden. Knorpel ist fest, druckelas-
einzelne Kollagenfasern ab (Wharton-Sulze, Abb. 3.2.24) . tisch verformbar und schneidbar. Während der Entstehung
Auch die Zahnpulpa enthält ein Bindegewebe, das dem gal- und des Wachstums des Skeletts spielt der Knorpel eine
lertigen Bindegewebe ähnelt, aber zellreicher ist. wichtige Rolle, denn in der Embryonalentwicklung werden
die meisten Skelettelemente zunächst knorpelig angelegt.
Knorpelgewebe entsteht aus dem Mesenchym. Ausgereifter
Vorkommen Nabelschnur, Pulpa der Zähne, Hahnenkamm
und auffallende Sexualhaut mancher Tierpri.rnaten. Knorpel enthält meist keine Blutgefäße (Ausnahme z.B.
Kehlkopfknorpel) und nie Nerven. Sein zu erheblichem Teil
anaerober Stofuvcchscl weist Besonderheiten auf, seine Zel-
3.2.9 Spinazelluläres Bindegewebe len werden mittels Diffusion versorgt.
Das spinozelluläre Bindegewebe ist das typische Bindege-
webe des Ovars. Dies enthält in seiner Rinde dicht gelagerte Vorkommen Beim Erwachsenen Atemwege, Ohrmuschel,
Fibrozyten mit hellen Kernen, die "fischzugähnliche" For- Rippenknorpel, GelenkknorpeL
106 3 Gewebe

c
Abb. 3.2.26 Spinozellu-
läres Bindegewebe.

fibronectinähnlichcs Protein. Zusätzlich enthält die Knor-


pelmatrix verschiedene Matrix-Metalloproteinasen, die Ma-
trix abbauen können und deren Aktivität streng reguliert ist.

Knorpelstruktur
Chondrone Typisch ist, dass die Knorpelzellen in kleinen
Gruppen beicinanderliegen, die durch eine oder zwei mi-
totische Teilungen aus einer Mutterzelle entstanden sind
(isogene Zellgruppe). Die Matrix in der unmittelbaren Um-
gebung der Knorpelzellen enthält intensiv sulfatiertc Glu-
cosaminoglykane und wird Knorpelhof genannt. Dieser
Hof färbt sich im H. E.-Präparat intensiv blauviolett an
Abb. 3.2.25 Splnozelluläres Bindegewebe. Die Kerne der (Abb. 3.2.28). Knorpelzellgruppe und Hofbilden ein Knor-
zahlreichen Fibrozyten si nd weinrot gefarbt, die spärlichen pelterritorium (Chondron). Die Matrix zwischen den T er-
Kollagenfasern blaugrün. Rinde des Ovars, Mensch; Färbung: ritorien wird Interterritorium genannt. Sie enthält keine
Goldner; Vergr. 250-fach. Zellen und ist blass gefärbt.

Knorpelzellen und Matrix ' • ••

Knorpelzellen Die spezifischen Knorpelzellen werden


Chondrozyten (teilen sich nicht mehr) oder Chondroblas-

ten (teilen sich noch) genannt. Ihr raues ER ist gut entwi-
ckelt, der Golgi-Apparat relativ groß, und die vielen V esikel
sind Zeichen ihrer sekretorischen Tätigkeit (Abb. 3.2.27).
Intennediäre Filamente, die aus Vimentin (Abb. 2.76) auf-
gebaut sind, sind reich entwickelt. Häufig enthalten die Zel-
len Glykogen und öfter auch, zwn Teil große, Lipidtropfen.

Matrix Die Knorpelzellen produzieren die weiträumige


Matrix, die sich zusammensetzt aus:
• Wasser (ca. 80~)
• Kollagen vom Typ li (bildet kennzeichnende diinne Fi-
brillen)
• Kollagen vorn Typ IX (verbindet Typ-li-Fibrillen)
• Kollagen vorn Typ X (wngibt hypertrophe Zellen) •
• Kollagen vom Typ XI (Teil der Typ-li-Fibrillen) ,.,
• Hyaluronan und rnit ihm verbunden das Proteoglykan
.. • 1 .. . .
Aggrecan (Kap. 3.2.4)
• verschiedene Glykoproteine.
'


0

. .. . ,--..... .
• •
...-.::
... .... J '
0 •

Insbesondere die Keratan- und Chondroitinsulfatketten des Abb. 3.2.27 Chondrozyt. Oie Oberfläche bildet zahlreiche
Aggrecans binden Wasser, eine wesentliche Voraussetzung unregelmäßig geformte Mikrovilli (? ), die in die Matrix (1)
für die kennzeichnende elastische Festigkeit des Knorpels. hineinragen. Im Zytoplasma sind die Zellorganellen gut entwi-
Hyaluronsäure und zahlreiche mit ihr verbundene Aggre- ckelt (Golgi-Apparat, Zentriol, Mitochondrien, RER), daneben
canmolekille bilden einen riesigen Molekiilkomplex, der sind aber auch in reichem Maße Glykogen(* ) und oft Lipid-
3-4 rrun groß sein kann. Diese Aggregate machen den tropfen vorhanden. Oie Matrix enthält feine Kollagenfibrillen
größten Anteil des Knorpels aus und geben ihm seine typi· vom Typ ll, kleine dichte Verkalkungsherde und Proteoglyka-
sehe Konsistenz. Auf sie geht auch die Formstabilität des ne, deren Glucosaminoglykan vor allem Chondroitinsulfat ist
Knorpels zuriick. Dieses einzigartige Material kann in Form Unmittelbar an der Oberfläche der Zellen (; perizellulär) fin-
des Gelenkknorpels das ganze Körpergewicht tragen. Ein den sich feine Fibrillen, die aus seltenen Kollagenen bestehen
wichtiges Bindeglied zwischen Matrix und Knorpelzellen ist und die Zellen vor mechanischem Druck schützen. Hyaliner
das Chondronectin in der Membran der Knorpelzellen, ein Bronchialknorpel, Mensch; Vergr. 7830-fach. (Aus (1])
3.2 Bindegewebe 107
.... ":"" ; -_ ,. ...,-.,.,.
• ... - .. ""- c.. •..... ~
•• .:Je :. ,e...; ·';:..1

... .._,
... .-. .. . . . .. ·. .
..... . . .··""
... .. ..:-". .... .
... . . ... ,,:-:
.
-~ ~
~ '~
~ ~

.
..-. ..,. .:. ... ..- ·........ ~
a
.· ..:. .~ ....... ' .'".•' ..;,,....,.,._' .... .•,. ~ .,~··

Abb. 3.2.28 Chondrone


im hyalinen Knorpel.
- .• •• :
. . .
..
.. ...... ..... . . ... ..... ...... .... .. ."'. .. . .. .. ........ . ..
. .. ...... ... "" .,.. . ... ... . .'..
• • • • • • • ·.: • •• , • ' • • ... '!I • • •
.

.
.. .... .·' .........·... ...,.,. ....·... ...' ... ... ... . . "
". .
• 1lo • • • • • • •

.. . . . . . . . . .. . " .. . .
...
.
Lakunen Die Knorpclzcllen liegen in einer Lakune (Knor-
pelzellböhle) der Matrix, deren Wand, also die unmittel-
t
,.


.. .

t
• ,.
•• •

. ...··. ..
t _. 'e '

• • •


t
,.
,.
.. .... ......
'
,. I'
, ·
.. . ... .

.•

I
t

t

I
• •

• t

"


IJ

. . . ..
•• • • • • • •
bare Umgebung der Koorpelzclle, auch Knorpelkapsel ge- •• • •
•• •

•• • • • '

••
• •


j _

nannt wird. Der kapsuläre Bereich besitzt unmitt.e lbar an


der Zelle eine perizelluläre Schicht, der vermutlich eine
.. .
•• •
....
• •
• • • • •• . ... . -···
······.·
••
• • ••
•• • • •
.__.."._ • .
• •

• ••

besondere Schutzfunktion der Knorpelzellen gegen Druck Abb. 3. 2. 29 Fetaler Knorpel mit dicht gelagerten, einzeln
und Zug zukommt. Im histologischen Präparat sind die
Knorpelzellen in ihrer Lakune oft artifiziell geschrumpft.
oder paarweise liegenden Chondrozyten. Perichondrium *
mit Blutgefaßen. Fetales Extremitätenskelett, Mensch; Fär-
bung: H. E.; Vergr. 240-fach.
Merke
• Chondrone = Territorien = Knorpelzellgruppen +
Knorpelhof
• Lakunen = Knorpelzellhöhlen mit einzelnen Knorpel- Hyaliner Knorpel
zellen
Der hyaline Knorpel ist der verbreitetste Knorpeltyp beim
Erwachsenen. Er ist glasig, in dünnen Scheiben durchschei-
Perichondrium Ein Knorpels tück wird von unscharf nend (gr. hyalos = Glas) und von weiß-bläulicher Färbung.
b egrenztem Bindegewebe, dem Perichondrium, umgeben Im mikroskopischen Präparat zeigt er die typische Gliede-
(s.a. Abb. 3.2.30). Dies ist am Rande des Knorpels zellrei- rung in Territorien und Interterritorien (Abb. 3.2.30). Die
cher (Stratmn cellulare) als weiter entfernt (Stratum fibro- Territorien bestehen je nach Anschnitt aus 2 - 6 Knorpel-
surn). In der Zone, die an das Perichondrimn grenzt, ist der zellen, die in eine stark basophile, territoriale Matrix einge-
Knorpel noch nich t in Chondrone gegliedert. Vom Peri- bettet sind. Die Kollagenfibrillen sind im Lichtmikroskop
chondrium kann in beschränktem Umfang Knorpelregene- nicht sichtbar, da sie einen ähnlichen Brechtmgsindex wie
ration ausgehen. Insgesamt ist die Regenerationskraft des die Grundsubstanz besitzen (sie sind " maskiert"). Im Elek-
Knorpels beim Erwachsenen schlecht. tronenmikroskop sind sie jedoch als einzeln e 15-45 nm
dicke Typ-li-Kollagenfibrillen gut erkennbar. Im Gelenk-
knorpel verlaufen solche Fibrillen parallel zur Oberfläche
Knorpelwachstum und bilden arkadenförm.ige, in die Tiefe ziehende Struk-
Zu unterscheiden sind: turen (s. a. Kap. 7).
• interstitielles oder intussus1..eptionelles Wachstum
• appositionelles Wachstum.
Vorkommen Atemwege, Teile des Nasenskeletts, Ansatz
der Rippen, am Brustbein und auf den Gelenkflächen.
Wenn Chondroblasten im lnnern der Matrix Komponenten
und Grundsubstanz der Matrix bilden, spricht man von in-
terstitiellem Wachstum. Wenn der Knorpel vom Rand her Klinik Im Alter zeigt hyaliner Knorpel oft degenerative
neu gebildet wird, wächst er appositionell. Veränderungen: Der Wassergehalt nimmt ab, Proteogly-
kane verändern sich, Kollagenfibrillen werden demaskiert
("Asbestfasenmg"), V erkalktmgen entstehen und Zellen ge-
Knorpeltypen hen unter. Osteoarthritis ist die häufigste Erkrankung des
Es lassen sich 4 Knorpelformen unterscheiden: Gelenkknorpels (Kap. 7.1), sie kann schmerzhalt sein tmd in
• fetaler Knorpel zahlreichen verschiedenen Porm en auftreten.
• hyaliner Knorpel
• elastischer Knorpel Elastischer Knorpel
• Faserknorpel
Der elastische Knorpel kommt in der Ohrmuschel, der Tuba
auditiva, der Epiglottis, lokal im Kehlkopf und in kleinen
Fetaler Knorpel Bronchialknorpeln vor. Er hat leicht gelbliche Farbe tmd ist
Die zahlreichen spindelförm.igen, rundlichen oder auch elastisch. Grundsätzlich ist er wie hyaliner Knorpel aufge-
sternförmigen Knorpelzellen sind gleichmäßig in der Matrix baut, besitzt aber zusätzlich elastische Fasernetze, die
verteilt. Chondrone sind noch keine nachzuweisen (Abb. Chondrone umspinnen, durch die interterritoriale Matrix
3.2.29). Fetaler Knorpel kan n Blutgefäße enthalten. verlaufen (Abb. 3.2.31) und mit elastischen Fasern im Peri-
chondr.imn in Verbindung stehen. Die Chondrone sind oft
kleiner als im hyalinen Knorpel, und die Knorpelzellen sind
oft in einer Reihe angeordnet
108 3 Gewebe

Abb. 3.2.31 Elastischer Knorpel. Die KnorpelzeUen sind


zum Teil geschrumpft, lassen aber deutlich ihren runden
Kern erkennen. Die Chondrone sind 2- bis 4-zellig und oft
in Längsreihen angeordnet. AuffaUend ist das zartfaserige,
aber dichte elastische Fasernetz. Schweineohr; Färbung:
Resorcin-Fuchsin; Vergr. 250-fach.
Abb. 3.2.30 Hyaliner Knorpel mit Territorien(~ ) und
*).
interterritorialer Matrix ( Das Perichondrium (1) ist das
unscharf begrenzte Bindegewebe, das das Knorpelgewebe
umgibt. Trachea, Rhesusaffe; Plastikschnitt Färbung: H. E.; im Körper vorhanden sind, befinden sich 99% im Knochen.
Vergr. 200-fach. Calcium ist wesentliches Ion bci vielen Körperfunktionen
(Muskelkontraktion, Sekretion, Blutgerinmmg u. v.a.). Im
Knochen werden außerdem Magnesium-, Phosphor-, Na-
triwn- und andere Ionen gespeichert.
Vorkommen Ohrmuschel, Tuba auditiva, Epiglottis, lokal
im Kehlkopf (Cartilago corniculata und Cartilago cuneifor- Knochenmatrix
mis, Proc. vocalis des Stellknorpels (Cartilago arytenoidea) Die spezifischen Merkmale und Eigenschaften eines Kno-
und kleine BronchialknorpeL chens beruhen auf den Eigenschaften der KnochenmatrLx.
Da sie verkalkt ist, verleiht sie dem Knochen hohe Druck-
Faserknorpel und Zugfestigkeit. Die Knochenmatrix besteht zu ca. 35%
aus organischem Material, vor allem Kollagenfasern, Kno-
Faserknorpel ähnelt straffem Bindegewebe durch seinen chenproteinen und Protcoglykanen, und zu 65% aus
Reichtwn an nicht maskierten Biindeln von Kollagenfasern anorganischen Salzen, also mineralischem Material. Diese
(Typ I). In Lücken zwischen diesen Fasern liegen kleine Zusammensetzung erlaubt erhebliche Torsions- und Biege-
Chondrone oder einzelne Knorpelzellen in einer Knorpel- beanspruchung.
matrix mit Kollagen vom Typ II (Abb. 3.2.32). In den Zwi-
schenwirbelscheiben geht der Faserknorpel innen (Abb.
3.2.33) ohne Grenze in das hyaluronsäure- und wasserrei- Organische Bestandteile
che, gelatinöse, zellarme Gewebe des Nucleus pulposus über, Kollagen Das Kollagen macht ca. 90% des organischen
in dem wieder Typ-li-Kollagen vorkommt. Knochenmaterials aus. Es gehört dem Typ I an, weist aber
einige molekulare Unterschiede zum Typ I des lockeren
Vorkommen Innere Anteile des AmtJus fibrosus der Zwi- Bindegewebes auf. In einer Lamelle (s.u.) sind die Kolla-
schenwirbelscheiben, Symphysis pubis, Menisci und Disd genfasern parallel zueinander angeordnet, ihre Menge tmd
von Gelenken, Gelenkknorpel einzelner Gelenke (z. B. Kiefer- vor allem ihre Ausrichtung wechseln aber in benachbarten
gelenk) sowie der Bereich der Sehnenansätze am Knochen. Lamellen, was polarisationsmikroskopisch gut analysiert
werden kann. In den Lamellen eines Osteans lattfen die
Kollagenfasern helikal um die Gefäßachse des Osteons. Der
3. 2.12 Knochengewebe Steigungswinkel dieser hclikalen Fasern wechselt von La-
Knochengewebe ist ein in Hinsicht auf Stütz- und Skelett- melle zu Lamelle.
funktion spezialisiertes festes und hartes Bindegewebe, des-
sen besondere Eigenschaften auf der Zusammensetzung sei- Andere Prot ei ne Weitere Knochenproteine sind das Os-
ner Matrix beruhen, in die Calciumsalze eingelagert werden teocalcin, Osteopontin (ein Phosphorprotein), Osteonectin
("Verkalkung"). (fibronectinähnlich), Knochensia\oprotein, Thrombospon-
Knochengewebe ist wesentlicher Teil des Bewegungs- din, alkalische Phosphatase u. a. Die Synthese der Knochen-
apparats. Es schützt und wnschließt im Kopf Sinnesorgane proteine wird in Osteoblasten durch viele Wachstumsfak-
und das Gehirn. Das Knochengewebe hat auch eine zentrale toren, Somatomedine, zwn Teil Vitamin D3 u. a. stimuliert.
metabolische Funktion, u.a. als Calctumspeicher. Von den Die Funktion dieser Matrixproteine ist erst teilweise be-
1- 2 kg Calcium (je nach Körpergröße), die normalerweise kannt, einige spielen bei der Mineralisierung eine Rolle.
3.2 Bindegewebe 109

Abb. 3.2.32 Faserknorpel.


Die unregelmäßig gestalteten
Territorien enthalten große
helle Knorpelzellen (oft in
Längsreihen) und sind von
groben Kollagenfasern (blau)
umgeben. Sehnenansatz am
Kalkaneus, Ratte; Färbung:
Masson-Trichrom; Vergr. 250-
fach.

brillen. Das Apatit tritt auch in kleinen Vesikeln auf, die sich
von Osteoblastenfortsätzen abschnüren (Matrixvesikel)
tmd aus denen es freigesetzt wird. Beide Mineralisierungs-
mechanismen (Kristallisationskeime am Kollagen tmd in
Matrixvesikeln) kommen zusammen vor. Welche Paktoren
in vivo die Mineralisierung in Gang setzen, ist bisher nur
.~
unvollkommen bekannt. Vermutlich spielen die Knochen-
proteine Osteocalcin, Osteonectin und Osteopontin sowie
die alkalische Phosphatase der Osteoblasten eine Rolle bei

., *
* der Entstehung der Apatitkristalle.

Andere Ionen Außerdem kommen in der anorganischen


Matrix u.a. Citrat- und Carbonationen vor. Die Hydroxyl-
gruppe des Apatits ist oft durch ein Fluoridion ersetzt.
Auch Magnesium tmd Natrium kommen im Knochen vor.
Beide werden dort in gewissem Ausmaß gespeichert.

Merke Die Zusammensetzung der Knochen aus organi-


schem und anorganischem Materialunterliegt vielfältigen
I
hormonalen, metabolischen tmd nutritiven Einflüssen.

Abb. 3.2.33 Faserknorpel. Die Territorien bestehen über-


wiegend aus Einzelzellen(~), zwischen denen dichte Kolla- Knochenzellen
genfaserbündel (*)verlaufen. Innenzone des Anulus fibro-
Bei den Knochenzellen (Abb. 3.2.34) werden unterschieden:
sus der Zwischenwirbelscheibe, Mensch; Färbung: H. E.;
• Osteoprogenitorzellen
Vergr. 250-fach.
• Osteoblasten
• Osteozyten
• Osteoklasten.

Anorganische Bestandteile Osteoprogenitorzellen, Osteoblasten tmd Osteozyten sind


Hydroxylapatit, Mineralisierung Das anorganische Ma- dabei verschiedene ftmktionelle Phasen eines Zelltyps.
terial besteht aus einer kristallinen Form des Calciumphos-
phats, dem Hydroxylapatit (Ca11[P04 ] 6 [0H] 2 ). Die nadel- Osteoprogenitorzellen, Vorläuferzellen
förmigen Apatitkristalle sind ca. 40 nm lang und 1,5- 3 nm
dick Die Mineralisierung beginnt an Kristallisationskei-
der Osteoblasten
men der Kollagenfibrillen, an die Apatitkristalle angelagert Osteepregeniterzellen sind Verläuferzellen der Ostee-
werden, und zwar parallel zur Längsachse der Kollagenfi- blasten. Sie di1I"erenzieren sich ständig aus mesenchymalen
110 3 Gewebe

Stammzellen und entwickeln sich schrittweise zu ausgereif- die Osteoklasten ttnd machen so den Weg ztrrn Abbau der
ten Osteeblastcn. Verschiedene Pakteren, z.B. knechen- verkalkten Matrix frei.
merphegenetische Pre tcine, Parathe rme n und Vitamin D
steuern diese Entwicklungsreihe. Osteeblastenverläuferzel- Lebensdauer Osteoblasten entwickeln sich zu Osteozy-
len finden sich auch ne ch bei Erwachsenen und sind als ten, treten in einen Ruhezustand ein (endostale Saum-
schmale, hellkernige Zellen im Endest ttnd Perlest lekali- zellen = Knochendeckzellen = .,bone-lining cells") oder
siert. Bei Frakturen ki nneo sie aktiviert werden ttnd teilen gehen per Apoptose zugrunde. Sie werden nach dem 20. Le-
sich. bensjahr deutlich seltener, ab einem Alter von 45 Jahren
liegt ihre Zahl meistens unter 3- 5~ der Zellen, die die
Knochenoberfläche bedecken.
Osteoblasten
Charakteristika Osteoblasten (Abb. 3.2.34, Abb. 3.2.35,
Osteozyten
Abb. 3.2.36, Abb. 3.2.37) sind die basophilen knochenbil-
denden Zellen wachsender und ausgereifter Knochen. Bei Charakteristika Osteozyten (Abb. 3.2.34, Abb. 3.2.38)
aktivem Wachstum liegen sie in epithelähnlicher Anord- sind in die Knochenmatrix eingemauerte, morphologisch
mtng auf der Matrixoberfläche ttnd besitzen kubische oder veränderte, terminal ausdilferenzierte Osteoblasten. Sie sind
sogar prismatische Form. Es sind aktiv sezernierende Zellen stark verzweigt. Ihr Zellkörper liegt in kleinen Lakunen der
mit großem, hellem Kern, reich entwickeltem RER, vielen Knochenmatrix, die Portsätze Hegen in feinen Kanälen
freien Ribosomen und großem Golgi-Apparat. Osteoblas- (Canaliculi), an ihrer Oberfläche befindet sich ein schmaler
ten sind über Nexus verbunden. Ihre Membran ist reich Satun unverkalkter Matrix (perizcllulärer Raum). Über die
an alkalischer Phosphatase, d ie eine wichtige Rolle bei der Portsätze stehen benachbarte OsteoZyten miteinander in
Mineralisienmg spielt. Neben der Sekretion von Kollagen, Verbindttng; an Kontaktstellen bilden die Fortsätze Gap
Proteoglykanen, Osteocalcin, Osteopontin, Osteonectin htnctions aus. Zellorganellen (RER, Golgi-Apparat, Mito-
und anderen Proteinen produzieren sie para- und autokrin chondrien ttnd Ribosomen) sind in den Osteozyten trrnso
auch Wachstumsfaktoren ttnd haben Rezeptoren ffrr eine geringer entwickelt, je weiter sie von den Osteoblasten der
Reihe von Hormonen, Zytokinen und Vitamin D3• Oberfläche entfernt sind. Öfter enthalten sie Glykogenpar ti-
kel.
Funktion Osteoblasten bilden die Knochenmatrix. Die
Initial von ihnen abgeschiedene Matrix ist dabei noch nicht Funktion Die Pttnktionsfahigkeit der verkalkten Matrix
verkalkt und wird Osteoid genannt (Abb. 3.2.34). Beim hängt von den Osteozyten ab. Sie werden als Mechanosen-
wachsenden Knochen kommt Osteoid praktisch überall an soren angesehen, die den Osteoblasten der Knochenober-
der Oberfläche von Knochengewebe vor. Beim Erwach- fläche Signale zusenden.
senen sind wahrscheinlich nur 10 - 15~ der Knochenober-
fläche von Osteoid bedeckt. Osteoblasten spielen auch eine Lebensdauer Osteozyten sind aufNährstotre aus den Ge-
Rolle beim Knochenabbau, denn sie besitzen als einzige fäßen im Havers-Kanal angewiesen. Bei intakter Gefäß-
Knochenzellen Rezeptoren für Parathormon (Abb. 3.2.37), versorgttng leben sie jahrelang. Der Stoffiransport in den
das die Knochenresorption einleitet. Nach Parathormon- Canaliculi erfolgt durch passive Diffusion, er findet zum
bindttng bilden die Osteoblasten Zytokine und andere Fak- großen Teil im perlzellulären Raum, aber auch durch die
toren, die die Osteoklasten stimulieren. Sie aktivieren also Zellen hindurch statt.

• •


' ...... ·~

* - ' I
' 3"
-
• -- - ,
./ '

Abb . 3.2.34 Knochen-
zellen in der frühen Phase
der direkten Knochenbil-
dung. Knochenbälkchen (* )
mit aktiven Osteoblasten (1)
und wenig aktiven Osteo-
- blasten (2). 3 Osteozyten;
-+ Osteoidsaum; 4 dünnwan-
dige venöse Gefäße. Unter-
. • kiefer, Mensch; Färbung:
H. E.; Vergr. 250-fach.
3.2 Bindegewebe 111
Wachslumshormon

--- ---Osteoid
, Versiegelu~szone
Rezeplor fUr
Insulinahnlichen Lebe~ \ ,_ ~ r .. Adenohypophyse
""' Go~._ ,.----------------.
•• • Apparat : ver1cal ktes
: Knocheng-be :
:
WachstlJmsfaklor
(IGF-1) ." crs·
.IGF-1
Rezeptor rur TGF-jl
L---------------~ (lransformlng growth <r •• · RER
~~-~ ~
-·;- Mitochondrien
----- Lysosom
faclor) ~- ••••
._....
gap-junction Rezeptortor ..........
' Parathonnon -
-
-- - : • ,.ruffled border"
Rezeptor tor
basoc f•broblast •
, •
- - -Howship-Lakune growth faclor

Endozytose-
• ' vesikal V4amln i>J ••••• Gap
--- juncflon
alkallsehe .. (Nexus)
Phosphatase

unver1<alkles
OSteoid
Typ-I-Kollagen-----·-
ver1<alkle
•• Matrix

Fortsatz das Osteoblasten
Im Osteoid, wn dem sich
Blasehen mK Apatl!-Krlstallen
abschnOren
''
·~·Veslkel Abb. 3.2.37 Osteoblast (Schema) mit Rezeptoren und
und
Granula Einbindung in den KnochenstoffwechseL

Abb. 3.2.35 Osteoblasten, Osteoklasten und Osteozyten


(Schema). Der Raum unter den Osteaktasten wird Howship- rere Golgi-Apparate, viele Mitochondrien (Azidophilie)
Lakune oder subosteoklastisches Kompartiment genannt. und Lysosomen sowie gut entwickeltes RER. Im spongiösen
Knochen liegen die Osteoidasten in flachen (von ihnen
selbst geschaffenen) Höhlungen der Knochenoberfläche,
den H owship-Lakunen (Abb. 3.2..35, Abb. 3.2.41). An den
Rändern der Howship-Lakunen liegen die Ostecklasten der
Knochenmatrix besonders dicht an, es entsteht hier eine
gürtelfönnige Vcrsicgelungszone, in der besonders das
a.ß3-Integrin der Zellmembran mit den Matrixkomponen-
ten, insbesondere dem Osteopontin, fest verbtmden ist In
diesem Bereich finden sich auch viele Aktinfilamente. In
den Laktmen selbst bildet die Zellmembran reifer und ak-
tiver Ostcoldasten zahlreiche dicht aneinanderliegende
schmale Falten (Paltensaum, eng!. "ruffled border", Abb.
3.2.39, Abb. 3.2.41). Diese Palten verändern im Gegensatz
zu einem Bürstensaum ständig ihre Gestalt und Hiliren ak-
tive Bewegungen aus. In Nähe dieses Paltensaums befinden
sich viele Mitochondrien und Lysosomen.

Funktion Im lebenslangen Prozess des Umbaus und Neu-


aufbaus von Knochenmatrix übernehmen die Ostecklasten
die Resorption der verkalkten Matrix. Durch die Versiege-
Abb. 3.2.36 Osteoblasten (1) in einer EM-Aufnahme. lungszone am Rande der Howship-Laktmen ist der Falten-
*
2 verkalkte Matrix; Osteoidsaum. Tibia, Ratte; Vergr. saum der Osteoklastcn ftmktionell abgrenzt, es entsteht ein
subosteoldastischcs Kompartiment, in dem die Matrixre-
3 865-fach.
sorption stattfindet (Abb. 3.2.40, Abb. 3.2.41). Dies erfolgt
mithilfe von Säure und lysosomalcn sowie nicht-lysosoma-

Osteoklasten
Charakteristi ka Osteoidasten (Abb. 3.2.35, Abb. 3.2.39,
Abb. 3.2.40) sind im H E-Präparat rötlich-violette, bis ca.
150 fUll große mehr- bis vielkernige Zellen. Ihre bis zu
SO Kerne liegen (wie in den Osteoblasten) auf der der Mat- c
rix abgewandtcn Seite der Zellen. Das wnfangreiche Zyto- Abb. 3.2.38 Osteozyt in
plasma enthält reich entwickelte Organellen, darunter meh- einer EM-Aufnahme.
112 3 Gewebe

Abb. 3.2.39 Osteoklasten.


• An der Oberfläche eines Kno-
chenbälkchens (1) werden in
3 großen Osteaktasten (*)
Kerne in jeweils unterschied-
licher Anzahl angetroffen
(~). Bei den 2 linken Ostea-
ktasten ist der Faltensaum
(,.ruffled border") an der
Grenze zum (grün gefärbten,
entkalkten) Knochenbälkchen
in etwa erkennbar. Unterkie-
fer, Fetus, Mensch; Färbung:
Goldner; Vergr. 460-fach.

Jen Enzymen. Carboanhydrase produziert H•-Ionen, die


mittels einer H•-ATPase in das subosteoklastische Kom-
partiment sezerniert werden können. Die Protonen lösen
dort einerseits Calciumsalze auf und schatren andererseits
a
das saure Milieu, in dem die sauren Hydrolasen, die die or- Abb. 3.2.40 Teil des
ganische Matrix (v.a. Kollagen) abbauen, ihre maximale Faltensaums eines Osteo-
Aktivität entfalten. Calcitonin, ein Polypeptid aus der klasten.
Schilddrüse, unterdrückt die Osteoklastenaktivität, wäh-
rend sie durch Zytokine der Osteoblasten aktiviert wird
(Kap. 11.6.2). Zahlreiche weitere Faktoren (Interleukin-1, Lebenszyklus Osteoklasten sind mit Makrophagen ver-
Twnornekrosefaktor, Interferon -y, koloniestimulierende wandt und entstehen aus Stammzellen im Knochenmark.
Faktoren u. a.) kontrollieren den Aktivitätszustand der Os- Diese differenzieren sich zu noch einkernigen Osteoklas-
teoklasten. tenvorläuferzellen, die an der Knochenoberfläche zu mehr-

Zellkern
' Rezeptoren für
CaJcitonin- Mito~ondrien '' Faktoren der Osteoblasten
Rezeptor ''
''
'

Abb. 3.2.41 Osteoklast (Schema)


mit Rezeptoren und Einbindung in
den KnochenstoffwechseL
3.2 Bindegewebe 113

kernigen Synzytien, den ausgereiften Osteoklasten, ver- Spongiöser Knochen Spongiöser Knochen (Substantia
schmelzen. Die DifferenzJenmg der Vorläuferzellen in spongiosa = trabekulärer Knochen) findet sich als dreidi -
Richtung Ostecklasten wird u.a. von Vitamin D3, dem mensionales System feiner, sich verzweigender Knochen-
RANK-Liganden sowie Interleukin 1 und 6 beeinflusst. bälkchen (Trabekel) im Innern eines Skelettknochens. Zwi-
Ostecklasten sind Zellen, die Lmterschiedliche Aktivitäts- schen den Bälkchen finden sich weite Rätune für Blut
phasen aufweisen können. In der Zellkultur können sich bildendes Gewebe oder Fettgewebe, die Trabekel selbst ent-
aktive tmd inaktive Phasen mehrfach abwechseln. Über das halten keine Blutgefäße (Abb. 3.2.42, Abb. 3.2.43). Die Tra-
Lebensende der Ostecklasten ist noch nicht viel bckarmt. bekel richten sich parallel zur größten Druck- (V\'"irbelkör-
Vermutlich gehen sie wie Makrophagen durch Apoptose per) oder Biegebeanspruchung (proximales Pemurende)
zugrunde. aus, wobei große mechanische Robusthei l mit sparsamem
Materialgebrauch und geringem Gewicht kombiniert wird.
Knochenstruktur
Merke Knochen ist sehr zug- und druckfest, verträgt Bie-
Makroskopische Struktur ge- und Torsionsbeanspruchung und hat eine effiziente
Leichtbauweise. Sein Stoffumsatz ist bemerkenswert, er ist
Mit bloßem Auge lassen sich 2 Typen des Knochengewebes reich durchblutet und wird ständig umgebaut. V erletztm-
Lmterscheiden, die ohne scharfe Grenze ineinander über- gen heilen (gut behandelt) leicht.
gehen:
• kompakter Knochen
• spongiöser Knochen. Klini k J\ls Osteopenie wi rd ganz. allgemein die Verringe-
rung der Knochenmasse be?-elchnet. Sie kann den organi -
Kompakter Knochen Kompakter Knochen (Substantia schen wie anorganischen Anteil des Knochens gleicher-
corticalis oder compacta) erscheint als solide, feste Masse maßen betreffen oder einen der beiden Anteile bevo rzugen.
tmd ist in der Peripherie der einzelnen Knochen des Ske- Ab etwa dem 40. Lebensjahr geht die Knochenmasse (anor-
letts zu finden, z.B. außen in den Röhrenknochen der Ex- ganisch tmd organisch gleichermaßen) langsam zur ück.
tremitäten. Er ist reich mit Blutgeraßen versehen. Prauen verlieren bis zu 60% des spongiösen tmd bis zu 40%
des kortikalen Knochens, Männ er bis zu 40~ des spongiö-
sen und bis zu 25~ des kortikalen Knochens. Geht der Kno-
chenschwund noch über die dem Alter, der Größe tmd dem
Geschlecht entsprechenden Werte hinaus, spricht man von
Osteoporose. Sie ist bei Frauen nach der Menopause beson-
ders häufig und kann zu Wirbel- und Extremitätenfrakturen
führen. Dagegen ist bei einer Osteomalazie (Knochenen.vei-
chung, bei Kindern: Rachitis) der anorganische Anteil auf
Werte bis zu 35% vermindert; Gründe können Vitamin-D-
Mangel oder ein Mangel an Calcium tmd Phosphat in der
Nahrung sein.

Abb. 3.2.42 Spongiöser Knoche n. 1 Knochenbälkchen;


2 Knochenmark mit Fettzellen, Blut bildendem Gewebe und
Blutgefäßen; * Schrumpfspalten. Neuralbogen eines Wirbels Abb. 3.2.43 Spongiosa. Tibiaplateau, Mensch; Präparat
(Pavian); Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 60-fach. Prof. Dr. med. Stefan Milz. Vergr. 35-fach.
114 3 Gewebe

Histologische Struktur Systeme (Abb. 3.2.44). Osteone sind im Querschnitt rund,


oval oder auch tmregelmäßig gestaltet; sie sind mittmter ver-
Ausgereiftes Knochengewebe ist in Kompakta und Spongio- zweigt und können miteinander anastomosieren (Abb.
sa gegliedert, die in histologischer Hinsicht gleichartig stmk- 3.2.45, Abb. 3.2.46). Ihr Dtrrchmesser varüert zwischen 100
turiert sind und mit dem Begriff Lamellenknochen beschrie- und 400 ftm, sie können einige Zentimeter lang werden.
ben wird. Ein Osteon wird dtrrch 4 - 20 Speziallamellen aufgebaut. In
ilinen verlaufen in unterschiedlicher helil<aler Anordnung
Präparationstechniken Lamellenknochen kann in Schliff- Kollagenfibrillen (Abb. 3.2.44). Zwischen den Osteonen lie-
und Schnittpräparc1ten untersucht werden: gen Reste alter abgebauter Osteone (Schaltlamellen, inter-
• Schliffpräparate sind diinn geschliffene Knochenschei- stitielle Systeme), die den Raum zwischen den intakten
ben und werden von gereinigtem, mazeriertem Knochen Osteonen wie mit "Schotter" ausfüllen ("Breccienbau").
hergestellt und zeigen vor allem die Verteilung und An- Schaltlamellen sind Ausdruck des ständigen Umbaus des
ordnung des calciwureichen anorgc~nischen Materials Knochengewebes ("bone remodeling", s. u.). Die Grenzen
und, indirekt, die Gestalt der Osteozyten. der Osteone und Schaltlamellen sind scharf durch sog.
• Schnittpräparate sind entkalkte histologische Schnitt- Zementlinien ( = Kittlinien, enthalten viele Proteoglykane)
präparate, die das organische Material, z. B. Kollagen und markiert. GeneraUamelien verlatuen an der äußeren tmd
Zellen und Gefaße, zeigen. inneren Oberflä.che des kompakten Knochens, tm1geben
also das gc1nze Knochenelement bzw. kleiden die Markhöhle
Lamellenknochen Baueinheiten sind 3-7 fUll dicke Kno- aus (Abb. 3.2.44). Atü einem Querschnitt durch die Mitte
chenlamellen (Abb. 3.2.44). Diese Lamellen sind miteinan- des Femtrrs des Menschen wllfden ca. 5000 Osteone gezählt.
der verbunden und bestehen aus verkalkter Matrix, in der
linsenförmige Lakunen ausgespart sind, die die Osteozyten Havers-Kanal Im Ionern der meist längs verlatuenden
beherbergen (s.o.). Im Schliffpräparat ist dabei gut zu er- Osteone befindet sich der Havers-Kanal (Durchmesser
kennen, dass von diesen Lakunen zahlreiche feine Kanäl- 20-30 1.un), dessen Hauptbestandteil 1 - 2 Kapillaren, post-
chen (Canaliculi) ausgehen, über die die Lakunen mitein- kapilläre Venolen oder gelegentlich auch Arteriolen sind.
ander verbunden sind. Die Lamellen verlaufen in der Oft finden sich 1 -2, seltener 3 Blutgefaße in einem Havers-
Spongiosa unregelmäßig, aber annähernd parc11lel zur Kanal (Abb. 3.2.48). Sie sind in lockeres Bindegewebe ein-
Oberfläche, in der Kompakta sind dagegen Spezial-, Schalt- gelagert. Die Gefäße (tmd die Osteone) können sich ver-
und Generallamellen zu unterscheiden. zweigen. Sie können auch den Havers-Kanal verlassen tmd
Querverbindtmgen zwischen den längs verlaufenden Gefä-
Spezial-, Schalt- und Generallamellen Die meisten La- ßen in den Havers-Kanälen aufbauen. Solche Gefäße ver-
mellen sind in der Kompakta konzentrisch um längs laufen dann in Kanälen, die man Volkmann-Kanäle nennt
verlaufende Gefäße angeordnet(= Speziallamellen) und bil- und deren Wand keine konzentrischen Knochenlamellen
den zylindrische Baueinheiten, die Osteone oder Havers- besitzt.

Einzelne Lamelle
der äußeren -----------------
Gene rallamellen

Osteon mit
Speziallamellen

Abb. 3.2.44 Lamellenknochen


(Schema). Drei Osteone sind teleskop-
artig dargestellt, um den unterschiedli-
chen Steigungswinkel der Kollagenfasern
( -fibrillen) in den Lamellen (Spezial-
Lamellen) zu zeigen. Zum gleichen Zweck
sind 3 Lamellen der äußere n General-
Lamellen in Stufen gezeichnet. Die Blut-
gefäße treten zuerst in den Knochen-
marksraum ein. Von hier wenden sich Havers-Kanal
Verzweigungen zurück in die Substantia - - - mit Blutgefäß
I - - - Periost
corticalis und versorgen die kleinen Knochenmarksraum
Gefäße der Osteone. (Aus [3]) zwischen Spongiosabälkchen
3.2 Bindegewebe 115

Abb. 3.2.45 Osteone in der Kompakta eines Röhren-


knochens. Querschnitt mit zahlreichen quer getroffenen,
konzen trisch um eine Lichtung (= Havers-Kanal *) geschich-
teten Lamellensystemen (= Havers-Systeme = Osteone =
Speziallamellen). Fibula, Mensch; Färbung: Thionin-Pikrin-
säure nach Schmorl; Vergr. 120-fach.

Endost Die Grenzfläche vom Havers-Kanal zur verkalk-


ten Knochenmatrix wird vom bindegewebigen Endost ge-
bildet (s. u.), dessen ionerste Schicht aus flachen endostalen
Abb. 3.2.46 Osteone im ungefärbten Knochenschliff, Quer-
Saumzellen (= Knochendeckzellen = ruhende Osteoblas-
schnitt. Die 2 vollständig sichtbaren Osteone (1, 2) sind aus
ten) besteht (Abb. 3.2.48). Ein vergleichbares Endost kleidet
je 3-4 Knochenlamellen aufgebaut und von weiteren Osteo-
den ganzen inneren Markraum aus und bedeckt die Spon-
nen umgeben. Der Schliff wi rd vom nicht entkalkten Knochen
giosabälkchen.
angefertigt, der kein Weichgewebe mehr enthält. Zu sehen ist
also nur die Hartsubstanz. Erkennbar sind Havers-Kanäle (*),
Gefäße des Knochens Arteriae nutriciae dringen ohne
Verzweigungen durch die Substantia compacta in den Lakunen (... ) und Canaliculi (~ ). In den konzentrisch zum
Markramn vor und versorgen Knochenmark und Substan- Havers-Kanal angeordneten Lakunen liegen die Zellleiber der
tia spongiosa. Einige Gefäße laufen vom Markraum zurück Osteozyten, in den radiär zum Havers-Kanal angeordneten
in die Kortikalis und speisen die kleinen Gefäße der Osteo- Knochenkanälchen ihre Fortsätze. Femurdiaphyse, Mensch;
ne (Havers-Gefäße). Diese Gefäße verlaufen vorzugsweise Vergr. 260-fach.
longitudinal, können aber auch schräg oder spiralig ver-
laufen. Sie können sich verzweigen, wobei kurze, quer ver-
laufende Verbindlmgen entstehen, die Volkmann-Kanäle.
Diese sind also Teil des sich aufzweigenden Gefäßbamns. -• •. • --•- - •
- •

- •


Venöses Blut fließt aus der Substantia compacta in die Sinus
-.._- •
des Knochenmarks, aus denen größere Venen entstehen,
die zusammen mit oder getrennt von den Aa. nutriciae
durch die Corticalis ziehen. Die Gefäße der Substantia com-
pacta stehen auch in Verbindung zu Gefäßnetzen des Peri-
~

- •

osts.

Knochenbildung (Ossifikation, Osteogenese)


Knochengewebe entsteht:
• durch desmale Ossifikation (direkte Knochenbildlmg).
indem sich Mesenchymzellen zu Osteoblasten differen-
zieren
• durch chondrale Ossifikation (indirekte Knochenbil-
-
Abb. 3.2.47
~----
I

*,
Havers-Kanal ( Längsschnitt) im ungefcirb-
dlmg = Ersat:zknochenbildung), indem sich Mesenchym- ten Knochenschliff. Durch Doppelbrechung erscheinen die
zellen zuerst zu Chandrohlasten differenzieren, Knorpel Lakunen (Knochenhöhlchen) und die von ihnen ausgehen-
bilden und dieser dann abgebaut lmd durch Knochenge- den, radiär zum Havers-Kanal verlaufenden Knochenkanäl-
webe ersetzt wird. chen schwarz. Fingerphalanx, Mensch; Vergr. 100-fach.
116 3 Gewebe

Abb. 3.2.48 Osteon mit Havers-Kanal (1). Im Havers-


Kanal sind 3 kleine Blutgefäße (-+) in ein zellreiches lockeres
Bindegewebe eingebettet. An der Grenze zu den verkalkten
Knochenlamellen (2) befinden sich fl.ache Knochendeckzellen
(endostale Saumzellen, ..,. ). Os petrosum einer Weddellrobbe;
Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 450-fach.

Desmale Ossifikation (= desmale Osteogenese)


Die flachen Schädelknochen und die Klavikula entstehen
durch desmale Ossifikation. Knochengewebe entsteht dabei •
-- V

unmittelbar aus Mesenchymzcllen, die sich an gefäßreichen


Abb. 3.2.49 Morphologisch erfassbare erste Schritte der
sog. Ossifikation spunkten konzentrieren und kontinuier- desmalen Knochenbildung. 1 Mesenchymzellen; 2 Osteo-
lich zu Osteoblasten differenzieren. Die Osteoblasten bilden
progenitorzellen; 3 Osteoblasten; 4 Osteozyten; 5 Knochen-
flächige Verbände und sezernieren zunächst Osteoid, also
bälkchen; 6 Blutgefäße. Os parietale, Fetus, Mensch;
noch unverkalkte Matrix, die v. a. Proteoglykane, Glykopro-
Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach.
teine und Kollagen vom Typ I enthält. Anschließend kommt
es zur Verkalkung, also zur Ausfällung von Calciumphos-
phat in Form des Hydroxylapatits. An der Oberfläche jedes
Knochengewebes bleibt stets ein schmaler Osteoidsaum er-
halten. Es entsteht so ein Netzwerk feiner Knochenbälkchen einheitlich ausgerichtet und bleiben iiber ihre feinen Fort-
(T rabekel), die parallel zum Gefäßnetz angeordnet sind sätze mit der Oberfläche in Beziehung. Neue Osteoblasten
(Abb. 3.2. 49). werden aus Ostcoprogenitorzcllen der Umgebung des Kno-
chenbälkchens rekrutiert. Jeder Gellechtknochen differen-
ziert sich später in Lamellenknochen um und aus dem
Geflechtknochen primären Knochenmark wird sckLtndärcs, blutzellbildendes
Das bei beiden Arten der Ossifikation zuerst entstehende Knochenmark.
Knochengewebe wird Geflechtknochen genannt. Es ist ein
dreidimensionales Netz aus Knochenbälkchen, in dem Kol-
lagen ungeordnet verteilt vorliegt. Im histologischen Schnitt
Chondrale Ossifikation (= chondrale Osteogenese)
ist dieses Gewebe als Geflecht anastomosierender Knochen - Das Besondere der chondralen Knochenbildung ist, dass das
bälkchen zu erkennen (Abb. 3.2.50). Das gefäßfUhrende zukünftige Skelettelement zuerst knorpelig angelegt wird.
Bindegewebe zwischen den Knochenbälkchen wird primä- Dieses Knorpelstück wird dann in einem komplexen Pro-
res Knochenmark genannt. Im Geflechtknochen finden rege zess abgebaut und durch Knochengewebe ersetzt (indirekte
Wachstums- und Um- sowie Abbauprozesse statt. In Regio- Knochenbildung). Durch diesen Mechanismus entstehen
nen des Zuwachses sind daher aktive Osteoblasten in epithel- die meisten Knochen des Körpers, z. B. die E:drernitäten-
ähnlichen Verbänden aufgereiht, in Regionen des Abbaus knochen und die WirbeL Nach Anlage eines knorpeligen
sind viele Ostecklasten vorhanden, in weniger aktiven Berei- Skelettstücks findet die chondr ale Ossifikation in 2 Schritten
chen sind die Osteoblasten abgeflacht. Sobald die Knochen- statt:
bälkchen eine gewisse Dicke erreichen, werden in ihnen • perichondrale Ossifikation
Osteoblasten eingemauert, die dann Osteozyten genannt • enchondrale Ossifikation.
werden. Die Osteozyten sind gleichmäßig verteilt, aber nicht
3.2 Bindegewebe 117

-fetaler Knorpel

Abb. 3. 2.50 Geflechtknochengewebe mit Periost(* ).


Rippe, Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 45-fach.

Perichondrium

Die chondrale Ossifikation wird in Kurspräparaten meist


am Beispiel der Verknöcherung von Röhrenknochen der
Extremitäten gezeigt.

Perichondrale Ossifikation
Knochenmanschette Um die Mitte des knorpeligen
Schafts (Diaphyse) des Skelettstücks bildet sich eine Kno-
chenmanschette (Abb. 3.2.5 1). Diese Manschette entsteht
streng genommen a~tßerhalb des Knorpelstücks und ist da-
her eine desmale bzw. direkte Form der Verknöcherung. Sie
wächst in die Länge und stützt das abzubauende Knorpel- Abb. 3.2.51 Chondrale Os.sifikation, frühes Stadium.
stück von außen. l m histologischen Aulbau ähnelt die Kno- Perichondral ist eine dünn e Knochenmanschette entstanden.
chenmanschette dem Geflechtknochen. Im Innem der Diaphyse entsteht Blasenknorpel, und die
Matrix verkalkt hier. Fingerphalanx, Fetus Mens III, Mensch;
Blasenknorpel Das von der Knochenmanschette umge- Vergr. 80-fach. (Aus [1))
bene Knorpelgewebe verii.ndert sich, indem die Zellen groß
und mitochondrienreich ("hypertroph") werden. Es ent-
steht der sog. BlasenknorpeL Die Blasenknorpelzellen sto-
ßen die Verkalkung der Matrix in ihrer Umgebung an, und
in der Folge gehen die Blasenknorpelzellen zugrunde. Es Knorpel-Knochen-Grenze Im verknöchernden Skelett-
dringen dann Blutgefaße in den verkalkten Blasenknorpel stück lässt die Knorpel -Knochen-Grenze zwischen den
vor, womit der Prozess der enchondralen Ossifikation ein- noch knorpeligen Enden zum knöchernen Schaft hin einen
geleitet wird. regelhaften Autbau (Abb. 3.2.53, Abb. 3.2.54) erkennen:
• Fetaler Knorpel: Das zukl'tnft.ige knöcherne Skelettele-
Enchondrale Ossifl kation ment wird ja zuerst knorpelig angelegt. Dieser fetale
Diaphyse Mit den GefaBen wandern einerseits Zellen in Knorpel bleibt an den Epiphysen, den Endabschnitten des
den Blasenknorpel ein, die zu mehrkernigen Chondroklas- Skelettstücks, am längsten erhalten.
ten (ähneln Osteoklasten) verschmelzen, verkalkte Matrix • Säulen.knorpel: In Richtung auf die Verknöchenmgszone
abbauen und Hohlräume schaffen, die dann von Gefaßen folgt dann der Säulenknorpcl, in dem die Knorpelzellen
und Mesenchym besiedelt werden (Abb. 3.2.52). Anderer- proliferieren lmd sich in Reihen (Säulen) anordnen; diese
seits wandern auch Osteoprogenitorrellen in den Blasen- Knorpelzellen sind oft etwas abgellacht.
knorpel, die sich zu Osteoblasten differenzieren. Diese bil- • Blasen.knorpel: Er folgt dem Säulenknorpel und enthält
den in der freigelegten Knorpelhöhle und zum Teil auch auf groBe mitochondrienreiche ("hypertrophe") Zellen, in
Bälkchen oder Lamellen des verkalkten Knorpels eine Ta- deren Umgebung die Knorpelmatrix verkalkt.
pete und scheiden Osteoid ab, das dann verkalkt. Die Höh- • Eröffnungszone: Sie ist die Front zur Zone der Knochen-
len werden so mit Geflechtknochen ausgefüllt, in dem dann bildung. Hier gehen Knorpelzellen zugrunde und werden
auch bald Osteozyten zu erkennen sind. Die Knochenbälk- durch Chondroklasten abgebaut, während Osteoblasten
chen können zuerst noch Reste des verkalkten Knorpels die Knorpelhöhlen und die spießartig dazwischenliegen-
enthalten und verwachsen mit der perichondralen Kno- de verkalkte Knorpelmatrix besiedeln und mit der Ab-
chenmanschette. Von der Mitte des Schafts her breiten sich scheidung von Knochenmatrix beginnen.
die Knorpel -Knochen-Grenzen in Richtung der beiden • Zone mit Knochenbälkchen: Diese Zone ist sehr gefaß-
Enden des Skelettstücks aus. reich, die Knochenbälkchen enthalten oft noch Reste
verkalkter Knorpelmatrix, aber auch schon die ersten
118 3 Gewebe

,. Epiphysen-
knorpel
(fetaler Knorpel)

.'
.,
Säulenknorpel

Perichondrium

Abb. 3.2.53 Chondrale Ossifikation, späte Phase. 1 Säu-


lenknorpeL In der Grenuone zwischen diaphysärer Markhöhle
Abb. 3.2.52 Chondrale Ossifikation, zweites Stadium. (5) und Knorpel befindet sich Blasenknorpel (2) mit verkalk-
Durch eine Einbruchstelle in der perichondralen Knochen- ter (deutlich basophiler) Matrix (3). In der Eröffnungszone
manschette dringt gefäßführendes Mesenchym in den primä- finden sich regelmäßig azidophile rote Chondroklasten. Reste
ren Verknöcherungspunkt vor. Dort bauen Chondroklasten verkalkter Knorpelgrundsubstanz (4) dienen den Osteoblasten
die verkalkte Knorpelgrundsubstanz bis auf wenige Reste ab, (? ) zu ihrer ersten Verankerung und fungieren damit als
Lösen die Knorpelzellen auf und schaffen damit ein waben- .,Richtungssparren" der Verknöcherung, die auch noch eine
ähnliches Hohlraumsystem, die primäre Markhöhle. Sie ist Zeit Lang in den Knochenbälkchen erhalten bleiben. Färbung:
von einem stark proliferierenden Mesenchym, dem primären H. E.; Vergr. 80-fach.
Knochenmark, erfüllt. Aus diesem gehen u. a. Osteoblasten
hervor, die sich an die stehen gebliebenen Reste der verkalk-
ten ehemaligen Knorpelgrundsubstanz anlegen und hier mit
der Produktion von Osteoid beginnen (enchondrale Knochen-
bildung). Färbung: H. E.; Vergr. 100-fach. (Aus [1])

~
Abb. 3.2.54 Chondrale
Ostecklasten als Zeichen flir die sofort beginnenden Um- Ossifikation.
bauvorgänge.

Epiphysen Oie freien Enden des Skelettstücks, die Epi-


physen, bleiben noch knorpelig, während die Ossifikation Epiphysenfuge In der Übergangszone zwischen Epi- tmd
der Diaphyse langsam voranschreitet Schon in dieser Zeit Diaphyse, der Metaphyse, bleibt Knorpel erhalten tmd bil-
werden die Epiphysen allerdings durch eigene Gefaße ver- det die Epiphysenfuge (Wachstumsfuge, Wachstumsplat-
sorgt. Später - je nach Knochen bis zu Jahre nach der Ge- te). Während der Knochen vom Periost aus .,in die Breite"
burt - beginnt auch die Verknöcherung der Epiphysen. In wächst (appositionelles Dickenwachstum), ist das Längen-
ihrer Mitte entsteht ein Ossifikationszentrum (Knochen- wachstum im sonst bereits knöchernen Skelettstück nur
kern), das sich nach dem gleichen Muster wie in der Dia- hier möglich. Vom Prinzip her proliferieren hier auf der
physe ausdehnt. Zum z.ukünftigen Gelenk hin bleibt stets epiphysären Seite Knorpclz.cllcn, die auf der diaphysären
ein schmaler Knorpelsaum erhalten, der GelenkknorpeL Seite durch Umwandlung in Knochen verloren gehen.
3.2 Bindegewebe 119

Wenn diese Knorpelfuge verknöchert, was an den einzel- dem Knochengewebe und dem ruhenden Knorpelgewebe
nen Knochen zu unterschiedlich en Zeiten geschieh t, ist finden sich sehr viele Blutgefäße, die die gesamte Epiphy-
kein Wachstlun mehr möglich. Die Epiphysenfugen b e- senfuge versorgen.
stehen (ähnlich wie an der Knorpel-Knochen-Grenze zu • 2. Zone, p roliferierende Chondrozyten: Die Chondro-
Beginn der enchondralen Ossifikation) aus 4 Zonen, die zyten dieser Zone ersetzen die Knorpelzcllen, die an der
von der Epiphyse zur Diaphyse aufeinander folgen diaphysären Seite der WachstlmlSfuge verloren gehen.
und ohne scharfe Grenze ineinander übergehen (Abb. Die Chon drozytcn bilden im Schnittpräparat oft charak-
3.25 5). teristische Reihen (Säulen; Abb. 3.2..55).
• l. Zone, ruhender Knorpel: Sie liegt an der Grenze zum • 3. Zon e., ausdifferenzierte (hypertrophe) Knorpelzellen:
Knochengewebe der Epiphyse. Hier findet kein Wachs- Die Chondrozyten dieser Zone sind groß und abgerundet
tlun statt, vielmehr dient der Knorpel dieser Zone vor al- und enthalten u. a. raues ER, Mitochondrien, Glykogen
lem dazu, das gesamte Knorpelgewebe der Epiphysenfuge und Lipideinschlüsse sowie einen hellen, kugeligen Kern.
an der knöchernen Epiphyse zu verankern. Zwischen Dieser Knorpelzclltyp bildet in großen Mengen alkalische
Phosphatase, ein Enzym, das die Verkalkung der Matrix
fördert.
• 4. Zon e, verkalkter Knorpel: Die Knorpelzellen sind hier
zunächst noch intakt, gehen aber an der urmuttclbaren
1 Grenze zur knöchernen Diaphyse zugrunde. In die La-
kunen, die durch die absterb enden Ch ondrozyten entste-
h en, wachsen zahlreiche, relativ weite Blutkapillaren ein.
Die Verknöcherung erfolgt nur aufverkalktem Knorpel,
der oft schlanke Septen bildet, auf denen sich Osteoblas-
ten cmsiedeln. An den freien Enden der entstehenden
Knochenbälkchen tinden sich neben Osteoblasten auch
oft schon Ostcoklasten. In den Randregionen der diaphy-
sären Seite der Wachstumsfuge geht das neu entstehende
Knochengewebe in die Kornpakt-a des Diaphysenschafts
über, die aus Osteonen aufgebaut ist.

Merke
• Diaphyse: Mitte des Skelettstücks
• Epiphyse: freies Ende des Skelettstücks
• Metaphyse: Übergangszone zwischen Epi- lmd Dia-
physe.

Klinik Prinzipiell ist der Knochen insbesondere an der Epi-


physenfuge frakturgefahrdet, weil die Zone des proliferie-
renden Knorpels mechanisch relativ schwach ist. Die Epi-
physe kann sich hier von der Diaphyse lösen lmd dabei z.B.
abkippen, oder es läuft eine Fraktur durch die Epiphysen-
fuge und z.B. in den Knochen der Dia· oder Epiphyse wei-
ter. Das Schicksal der Epiphyse hängt weitgeh end davon ab,
ob die kleinen Blutgefaßc, die seitlich in die Epiphyse eintre-
ten und die auch dieEpiphysenfuge versorgen, erhalten oder
zerrissen sind. Eine Epiphysenfugenfraktur muss daher er-
kannt lmd versorgt werden, damit keine vVachstumsstönm-
gen ein treten.

Periost und Endost


Außen werden Knochen vom Periost (Knoch enh aut) umge-
ben, einem besonderen Bindegewebe, das osteogene Potenz
besitzt, das also in der Lage ist, neues Knochengewebe zu bil-
den; sein Erhalt ist daher bei Knochenbrüchen besonders
wichtig.
Die Binnenrälune eines Knochens und der H avers-Kanä-
le werden von einer dünnen, ebenfalls osteogenen Gewebe-
schicht, dem Endost, ausgekleidet.
Abb. 3.2.55 Epiphyse und Epiphysenfuge. 1 Gelenkspalt
2 Gelenkknorpel; 3 verknöcherte Epiphyse; 4 blutzellbilden- Periost Periost unterscheidet sich in seinem Aufbau bei
des Knochenmark; 5 Epiphysenfuge; *verkalkter Knorpel; wachsenden und ausgereiften Knochen. Beim wachsenden
6 Diaphyse. Tibia, Tenrek, Echinops telfairi; Färbung: Masson- Knochen lassen sich im Periost 3 Schichten unterscheiden:
Trichrom; Präparat H. Künzle, München, Vergr. 125-fach. • Adventitia: Sie liegt außen, ist gefM!reich und locker ge-
120 3 Gewebe

baut. Die Gefaßc der Adventitia versorgen das Knochen· BMU Der Umbau wird von einer gut organisierten Grup-
gewebe. pe von Osteoblasten tmd Osteoklasten ausgefiihrt, der
• Fibroelastika (Stratwn fibrosum): Sie ist die mittlere, "basic multicellular ttnit" (BMU). Im kompakten Knochen
straff gebaute Schicht, deren Kollagenfasern und elasti· bohren die Osteoklasten der BMU, ohne dass existierende
sehe Fasern valWiegend längs ausgerichtet sind. Ein Teil Osteone ausgespart werden, einen Ttmnel ins Knochenge-
der Kollagenfasern strahlt in die Kompaktades Knochens webe. Sie bilden eine Art Bohrkopf tmd können an einem
ein (Sharpey-Fasern), die eine feste Verbindungzwischen Tag ca. 50 11m voranschreiten. Im spongiösen = trabekulä-
Periost und Knochen schaffen. Die Sharpey-Fasern ver- ren Knochen dringen die Ostecklasten nicht in den Kno-
kalken oft. chen ein, sondern bleiben an der Oberfläche und bewegen
• Kambiumschicht (Stratwn osteogenicum). In dieser in- sich hier langsam vorwärts.
neren, relativ zellreichen Schicht kommen insbesondere
mesenchymale Knochenstammzellen und Osteoblasten- Osteone Beim Aufbau eines neuen Osteons schreitet die
vorläuferzellen vor. Letztere wandeln sich in reife Osteo- Osteoklastengruppe voraus (Abb. 3.2.56). Die freigelegte
blasten um, die für das appositionelle Dickenwachstrun und exkavierte Oberfläche wird von matrixbildenden Os-
verantwortlich sind. teoblasten besiedelt, erst einer Schicht, dann der nächsten,
usw. Zwischen den Lamellen befindet sich dann eine Lage
Beim ausgereiften Knochen des Erwachsenen ist das Periost von Osteozyten. So entstehen mehrere neue Lamellen, die
schmaler und zcllärmer, die Kambitunschicht ist oft nur den Tunnel auskleiden und im Laufe mehrerer Monate
schwer abzugrenzen un d enthält nur noch wenige Osteo- ein neues Osteon aufbauen. I n den neuen Havers-Kanal
blastenvorläuferzellen. Aber auch das ausdifferenzierte Peri- wandern sofort Blutgefal3e tmd Bindegewebe ein. Erodierte
ost ist blut- und lymphgefaßreich und enthält viele Nerven- Osteone sterben meist ab und bleiben als Schaltlamellen er-
fasern. Es ist bekanntlich sehr schmerzempfindlich. kennbar. Insgesamt ergibt sich so das Bild des typischen
histologischen Präparats mit intakten Osteonen und dazwi-
Endost Endost besteht aus flachen Knochendeckzellen schen liegenden Schaltlamellen.
(endostale Satunzcllen, ruh ende Osteoblasten). Diese Zellen
liegen dem Knochengewebe an und können mitunter 2 Trabekel Auch attf den Trabekeln der Spongiosa wird die
oder 3 Schichten bilden. Im Bindegewebe tmter diesen freigelegte und zu einer Grube vertieften Oberfläche (H ow-
flachen Zellen befinden sich mesenchymale Stammzellen, ship-Lakune) mit einer oder mehr von Osteoblasten gebil-
Osteoblastenvorläuferzellen und wohl auch Vorst ufen von deten Lamellen bedeckt. Zuerst wird immer Osteoid gebil-
Osteoklasten. Im Endost können Lücken auftreten, die det. Wenn das ausmineralisiert ist, flachen die Osteoblasten
Platz fi.ir Osteoklasten scha.ffen. Nur ca. 5~ des Endosts be- an der Oberfläche des Trabekels ab und werden zu den
stehen aus aktiven Osteoblasten und Osteoklasten. Endost ruhenden Knochendeckzellen des Endosts.
kleidet auch die Havers-Kanäle aus tmd kann, z. B. bei Frak-
turen, schnell aktiviert werden.
Frakturheilung
Knochen bietet als dynamisches, ständig im Umbau begrif-
Knochenumbau ("bone remodeling") fenes und reich durchblutetes Gewebe gute Voraussetzun-
Knochen wird das ganze Leben lang ständig umgebaut. Pro gen für die H eilung von Knochenbrüchen (Frakturen). Die
Jahr werden ca. 18~ des gesamten Skelettcaldurns runge- Art dieser Heilung hängt von der Stellung der Frakturenden
setzt. Auslöser des Umbaus sind (auch geringfügige) Ände- und von der mechanischen Stabilität des gebrochenen Kno-
mngen der Belasttmg, die von den Osteozyten wahrgenom- chens ab.
men werden .

Spongiosa Kompakta

~-···
",] /
/~~:=~ •• .. - - - - - - - -

/
Erosionstunnel - -
',
''

a b 1 Erosionskegelt ·front (Osteoklasten)


2 Umkehrzone (monoruldeäre Zellen)
150Tage 3 Verschlusszone (Osteoblasten)

Abb. 3.2.56 Knochenumbau in der Abfolge Osteoklastenzone (1), Umkehrzone, hier beseitigen Makrophagen die von
Osteaktasten abgeräumte Matrix (2) und Osteoblastenzone (3). a: Erosionslakune am Spongiosatrabekel. b: Erosionstunnel in
der Kompakta. (Aus (3])
3.2 Bindegewebe 121

Primäre Fra kturh eHung Sind die Frakturenden direkt Glucagon


Cortisol
und unter Druck anein andergelagert (was das Ziel der Komplementfaktoren
operativen Osteosynthese ist), wachsen aus Havers-Kanä- (wie Faktor 0/Adipsin) \G) / e/ Hormone
len, die aufgrund der Fraktur zerrissen waren, Kapillaren
und Osteoklasten in die gegenüberliegende Bruchfläche
und bilden größere Reso rptionskanäle. Die Resorptions-
kanäle werden dann von Osteoblasten mit Knochengewebe
ausgefüllt, das eine feste Brücke zwischen den Bruchenden
~
" Fettzelle
- Leptin
- Adiponectin
- Resistin

~ Zytokine
aufbaut Makrophagen sind an der Abräurnung eventuell
anfallender kleiner abgestorbener Bezirke beteiligt.
PAI-1
Angiotensinogen ß - TNF-a

Sekundäre Fraktu rheilung Liegt ein breiterer Fraktur-


Insulin ~ G) - IL-6

Substrate
spalt vor, der von einer Blutung (Frakturhärnatom) ausge- Enzyme \ - Freie Fellsäuren
füllt ist, wird dieser Bluterguss in 1- 2 Wochen durch ein - Aromalase Adrenalin - Glyzerin
zcll- und kapillarreiches Reparationsgewebe (Granulations- -11 ~-HS0-1

gewebe) mit vielen Makrophagen und Fibroblasten ersetzt Abb. 3. 2.S7 Regulierung der Fettzellen. Leptin beein-
(Bindegewebskallus). Bei stabilen Verhältnissen entsteht flusst über den Hypothalamus u. a. Appetit, Thermogenese,
daraus desmaler Knochen, der dann später in Lamellen- neuroendokri ne Funktionen, das Immunsystem und Langer-
knochen mngebaut wird. Bei instabilen Verhältnissen ent-
hans-Inseln. Adiponectin erhöht die Insulinsensitivität un d
steht zwischen den Bruchenden faserreiches Binde- und intensiviert die Lipidoxidation. Resistin kann I ns uli nresis-
Knorpelgewebe, oft sterben auch gröBere Bezirke des Frak-
tenz induzieren. Zytoki ne wie Tumornekrosefaktor-lt (TNFa)
turendes ab. Nach 4-6 Wochen wird ein solcher Knorpel-
und Interleukin-6 (IL-6) beeinflussen andere Zellen, insbe-
kallus dann aber oft kn öchern umgewandelt. Die Bruchzo-
sondere Zellen des Immunsystems. Die llß-Hydroxysteroid-
ne bleibt jedoch infolge der intensiven Umbauten längere
dehydrogenase-1 (llß-HSD-1} wandelt Cortison in Cortisol
Zeit mechanisch geschwächt. Bei starker Instabilität kann
um. Glucagon, Cortisol und Adrenalin fördern, Insulin hemmt
die knöcherne Oberbrlickung unterbleiben, tmd die Frak-
den Fettabbau (Lipolyse). PAI-1: Plasminogenaktivator-I nhi-
turenden werden nur durch straffes Bindegewebe verbun-
bitor. (Modifiziert nach [13]}
den (Pseudarthrose).

3.2.13 Fettgewebe
Fettgewebe ist eine besondere Form des Bindegewebes, das tische und kulturelle Faktoren. Ein besonders wichtiger
darauf spezialisiert ist, energiereiche Triglyceride zu spei- Regulator der Aufnahme und Abg-abe energiereicher Ver-
chern. bindungen im Fettgewebe ist das Leptin, das von den Pett-
zellen selbst gebildet wird. Es wirkt v.a. im Hypothalamus
und beeinflusst den Appetit. In Form einer neg-ativen Rück-
Funktion und Regulierung kopplung fördert es die Nahrungsaufna.h me bei Hunger
Energiespeicherung Bei fast allen Tieren variiert in un- oder hemmt sie bei reichem Nahrungsangebot Unter phy-
berechenbarer Weise die zur Verftigtmg stehende Nah- siologischen Bedingtmgen besteht eine Korrelation zwi-
rungsmenge. Dies gilt primär auch für den Menschen. Es ist schen der Größe der Fettzellen tmd der Menge an sezer-
daher sinnvoll, dass es im Körper Zellen gibt, die über- niertem Leptin, je größer die Pett1..cllen sind, desto mehr
schüssige energiereiche Verbindungen, wenn sie denn ein- Lepti.n bilden sie, was zu verminderter Nahrungsaufnahme
mal anfallen, fiir Zeiten speichern können, in denen wenig führt. Bei experimenteller Ausschaltung des Lepti.ngens
oder keine Nahrung zur Verfligung steht. Diese Aufg-abe oder des Leptinrezeptors fehlt ein Signal zur Hemmung der
übernehmen die Fettzellen. Sie speichern Energie - die Nahrungsaufnahme tmd entsprechende Mäuse werden ex-
hauptsächlich aus Glucose und Fettsäuren verschiedener trem fett. Sehr selten gibt es auch beim Menschen Mutatio-
Quellen stammt - in Forrn von T riglyceriden. Sie entlassen nen des Leptingcns, was ähnlich e Polgen hat.
die gespeicherte Energie in Form von freien Fettsäuren.
Entstehung der Fettzellen
Regulierung Die Menge an Fettgewebe tmd seine anatomi-
sche Verteilung werden auf sehr komplexe Weise regtillert Fettzellen entstehen unter normalen Bedingungen aus fibro-
Das Valurnen einer Fettzelle karm sich ttm den Paktor 1000 blastischen Vorläuferzellen (Abb. 3.2.58). Vermutlich gibt
ändern. Bei der Zu- und Abnahme des Fettgewebsvolu- es auch beim Erwachsenen unter den Fibrozyten überall
mens ist es wahrscheinlich so, dass sich Fettzellen innerhalb einzelne besondere Zellen, die sich w Fettzellen entwickeln
eines normalen Schwankungsrahmens nicht vermehren, können. Sobald erkennbar ist, dass sich eine fibrozytische
sondern dass lediglich ihr Gehalt an Triglyceriden (u. U. Zelle auf dem Differenzienmgsweg Zttr Fettzelle (= Adi-
wiederholt) zu- und abnimmt. Im Pali ausgcpr'agter Fett- pozyt) befindet, wird sie auch Präadipozyt genarmt. Frühe
sucht nimmt jedoch die Zahl der Fettzellen zu, wobei v.a. Stadien auf dem Weg der Pettzcllentwicklung können sich
Wachsturnshormon und IGP-1 {insulinähnlicher Wachs- mitotisch teilen, ausdifferenzierte Fettzellen dagegen nicht.
turnsfaktor 1) eine Rolle spielen. Zahlreiche endokrine und Bei der Differenzierung zur Fettzelle spielen genregulato-
neuronale Faktoren wirken auf die Fettzellen ein, und auch rische Proteine eine essenzielle Rolle, z. B. Angehörige der
die Fettzellen selbst geben verschiedene regulatorische Fak- PP AR-Familie (PPAR = .,peroxisome proliferator activated
toren ab (Abb. 3.2.57). All diese Faktoren sind an der Re- receptor"). Fettzellen entwickeln eine eigene Enzymaus-
gulation des Körpergewichts beteiligt, dazu kommen gene- stattung fiir den Import energiereicher Verbindungen und
122 3 Gewebe

Abb. 3.2.58 Entwicklung


Kern einer weißen Fettzelle. Aus
einer fibroblastenähnlichen
Vorläuferzelle entsteht durch
Produktion und Verschmelzung
kleiner Fettkugeln eine reife
Fettzelle mit einem großen
Fetteinschluss. Der Prozess ist
zum Teil reversibel. Frühe und
Fetttropfen Fettzelle mittlere Entwicklungsstadien
können sich teilen, die reife
Fibroblasten-
ähnliche Fettzelle nicht. (Modifiziert
Vorläuferzelle nach (12])

für den Abbau der gespeicherten Triglyceride (für Letzteres Zellen Braune Fettzellen (Abb. 3.2.60) entstehen aus
eigene Lipasen). Das gespeicherte Fett ist einem kontinuier- mesenchymalen Fibrozyten über eigene zytoplasmareiche
lichen Umsatz unterworfen, es hat eine Halbwertszeit von Vorstufen. Siewerden von einer Basallamina tm1geben und
8 Tagen. sind kleiner als die weißen Fett7..cllen. Ihr rundlicher Kern
liegt oft exzentrisch, aber nicht am Rande der Zellen. Das
voltuniDöse Zytoplasma besitzt, neben den unterschiedlich
Formen des Fettgewebes großen Fetteinschlüssen, dicht gepackt rundliche Mito-
Es gibt 2 Formen des Fettgewebes: chondrien. Andere Zellorganellen sind deutlich seltener,
• braunes Fettgewebe (plurivakuoläres Fettgewebe) vor allem ist katun raues ER zu finden.
• weißes Fettgewebe (univakuoläres Fettgewebe).
Funktion Die besondere Aufgabe des braunen Fettgewe-
bes ist, ·wärme zu bilden. Wärme entsteht bei der Fettsäure-
Braunes Fettgewebe oxidation in den zahlreichen Mitochondrien (Abb. 3.2.60).
Gewebe Braunes Fettgewebe bildet läppchenförmige Die innere Mitochondrienmembran besitzt das Protein
Strukturen und wird auch plurivakuoläres Fettgewebe ge- 1hermogenin, einen Protonentransporter, der die Punktion
nannt, da seine Zellen auch in ausdifferenzierter Form stets eines Entkopplers der oxidativen Phosphorylienmg hat. Es
mehrere Petteinschlüsse enthalten (Abb. 3.2..59). Die bräun- bewirkt, dass die Energie der protonenmotorischen Kraft
liche Farbe ist mit bloßem Auge zu erkennen und beruht in Wärme umgewandelt wird. Braunes Fettgewebe ist reich
auf einem hohen Gehalt an Zytochromen und auf der rei- sympathisch innerviert. Das aus den sympathischen Endi-
chen Gefaßversorgung. gungen freigesetzte Noradrenalin stößt den enzymati-
schen Abbau der Triglyceride an, und als Folge entsteht
Wärme. Diese Art der Wärmebildung e.rfolgt ohne Muskel-
zittern.

Vorkommen Braunes Fettgewebe kommt beim Menschen


insbesondere beim Neugeborenen (Schultergürtel, Achsel-
höhle, Nierenhilwn u. v. a.) vor. Winterschläfer akkwnu-
lieren es vor der Winterruhe. Das vVachstum des braunen
Fettgewebes wird bei abnclunender Tageslänge d trrch das
Hormon Melatonin stimuliert.

Vorkommen Insbesondere beim Neugeborenen (zwischen


den Schulterblättern, Achselhöhle, Nierenhilum u. v. a.).

Weißes Fettgewebe
Gewebe Weißes Fettgewebe (Abb. 3.2.61) wird auch als
W1ivakuolärcs Fettgewebe bezeichnet. Es ist weißlich oder
bei karotinoideeieher Nahrung (Karotten) auch gelblich.
Die Fettzellen liegen dicht aneinander, was im Schnitt-
präparat oft zu hexagonaler Konfiguration der Einzelzellen
führt. Eine Gruppe von Fettzellen wird jeweils durch Bin-
degewebsfasern zusammengehalten ("Kissenpolsterung"),
was ihre Ftmktion als Polsterungselemente verbessert (Abb.
Abb. 3.2.59 Braunes (plurivakuoläres) Fettgewebe (1), 3.2.62b). Die Architektur dieses Bindegewebsgerüstes ist bei
in Läppchen gegliedert. 2 Bindegewebsseptum. Rhesusaffe; Märmern tmd Prauen verschieden (bei Frauen sind die
Färbung: Goldner; Vergr. 250-fach. "Kissen" größer, daher kann bei ihnen die sog. "Orangen-
3.2 Bindegewebe 123

a c
Abb. 3.2.60 Braune Abb. 3.2.62 Weiße Fett-
(plurivakuoläre) Fettzellen. zellen in EM-Aufnahrnen.

c
Abb. 3.2.63 Weiße Fett-
zellen im Bindegewebe.

Abgabe von Triglyceridbausteinen eine Rolle spielen. Au-


ßen liegt der Zelle eine besondere Basallamina an, die wie-
dertun von retikulären Kollagenfasern m11geben wird (Abb.
3.2.62b). Die zarte Basallamina enthält Typ-IV-Kollagen
und Larninin (Abb. 3.2.63). Im üblichen histologischen
Schnitt ist der Fetteinschluss herausgelöst, sodass mtr der
sehr schmale periphere Zytoplasmasaum mit dem flachen
dtmklen Kern zu erkennen ist (Abb. 3.2.61 , Abb. 3.2.62a).
Mithilfe von speziellen Techniken, z.B. Gefrierschnitten,
bleibt aber das Fett erhalten und kann mit verschiedenen
Färbtmgen (z. B. Olrot, Sudanrot und Sudanschwarz) sicht-
bar gemacht werden (Abb. 3.2.64).

Differenzierung und Funktion Während der Differenzie-


Abb. 3.2.61 Weißes (univakuoläres) Fettgewebe (1). rungtreten ztmächsteinzelne, dann mehrere Petteinschlüsse
Im histologischen Routinepräparat ist das Fett aus dem im Zytoplasma auf, die schließlich zu einer großen Fettkugel
Gewebe herausgelöst, sodass die ganze Fettzelle wie eine verschmelzen (Abb. 3.2.58). Beim Htmgern verläuft dieser
große Vakuole aussieht. Das Zytoplasma bildet einen sehr Prozess in umgekehrter Richtung und nach einer Hunger-
schmalen Randsaum, in dem auch der platte Zellkern liegt, periode flillen sich die Fettzellen wieder auf. Erst bei ausge-
der jedoch wegen der Größe der Zellen nur selten angetrof- prägter Adipositas entstehen neue Fettzellen. Neben dieser
fen wird. 2 seröse Azini; 3 Streifenstücke. Parotis, Mensch; Energiespeicherfunktion und der Sekretion von regulato-
Färbung: H. E.; Vergr. 130-fach. rischen Faktoren (Abb. 3.2.57) besitzt weiHes Fettgewebe
an manchen Stellen mechanische, strukturelle Funktionen
(Orbita, große Gelenke, Hand- tmd Fu&ohlen u. a.).
haut" leichter entstehen). Pettgewebe ist gut mit kleinen
Blutgefafkn versorgt, wobei jede Pettzelle mit mindestens
einer Blutkapillare in Verbindung steht. Im Endothel der
Kapillaren findet sich lumenseilig die im Fettgewebe gebil-
dete Lipoprotcinlipase, die die Triglyceride der Chylorni-
kronen zu freien Pettsäurcn abbaut. Diese werden von den
Fettzellen aufgenommen und hier als Fett gspeichert.

Zellen Eine ausgereifte weiße Pettzelle besitzt einen riesi-


gen Fetteinschluss, der das Zytoplasma tmd den Zellkern an
den Rand der Zelle drängt (Abb. 3.2.62a). Weiße Fettzellen
sind daher große Zellen und erreichen Durchmesser bis zu
120 ~tm. Der Fetteinschluss entsteht wahrscheinlich zwi-
schen den Membranhälften der RER-Zisternen tmd schnürt
sich dann in Richtung Zytoplasma ab. Er wird daher nur
von einer einfachen Phospholipidschicht umhüllt, der sich
zusätzlich eine Schicht des Proteins Perilipin anlagert. Au- Abb. 3.2.64 Weiße Fettzellen in einer Sudanrotfarbung.
ßerdem wird er vor allem in unreifen Zellen von Vimen- In den Fettzellen sind die großen Fetttropfen erhalten und
tinfilarnenten umhüllt. In der Zellperipherie finden sich mit dem Fettfarbstoff Sudan II rot angefärbt: Sie füllen je-
Mitochondrien und Kaveolen sowie kleine Vesikel, die weils die ganze Zelle aus. Mesenterium, Mensch; Häutchen-
wahrscheinlich sowohl bei der Aufnahme als auch bei der präparat; Kemfärbung: Hämalaun; Vergr. 100-fach.
124 3 Gewebe
ist ein Risikofaktor für Bluthochdruck, Typ-TI-Diabetes und
Vorkomm e n Baufett, z.B. Orbita, groHe Gelenke, Hand- Wirbelsäulen- sowie Gelenkschädigungen. Ursache fiir Fett-
und Fußsohlen u.a.; Speicherfett, z.B. Bauch- und Planken- sucht sind vor allem kulturelle Einflüsse, soziale und psychi-
haut, retroperitoneales Bindegewebe, Mesenterien, Gesäß, sche Bedingtmgen, genetische Disposition tmd manchmal
Kinn, Hals. auch Nebenwirktmgen von Medikamenten, z. B. einigen
Antidepressiva. Bei seltenen Lipodystrophien kommt es zu
Klinik Von großer Bedeutung fiir Gestmdheit und Volks- partiellem oder allgemeinem Schwund des Fettgewebes.
wirtschaft ist Obergewichtigkeit in den Wohlstandsgesell- Nicht ganz selten treten gutartige Tumoren ausgereifter
schaften. Obergewichtigkeit (Adipositas) ist durch über- Fettzellen auf, die von Bindegewebe begrenzt tmd Lipome
millige Vermehrung des Fettgewebes gekennzeichnet und genannt werden.

3.3 Muskelgewebe
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Fast alle Zellen besitzen die Eigenschaft der Kontraktilität, Diese Einteilung gibt nicht wieder, dass es funktionelle
aber in Muskelzellen (Myozyten) steht diese Eigenschaft und morphologische Übereinstimmungen zwischen glat-
im Vordergrund aller Zellleistungen, und die gesamte ter tmd Herzmuskulatur einerseits und viele ganz eigen-
Struktur der Muskelzellen ist auf diese Ptmktion hin aus- ständige Merkmale der Herzmuskulatur andererseits gibt.
gerichtet. In Muskelzellen wird chemische Energie in me- Der kontraktile Apparat baut sich in allen Muskelzellen
chanische Arbeit tungewandelt, was Grundlage für Herz- aus filamentärem Aktin tmd Myosin II sowie weiteren
schlag, Darmperistaltik, die Bewegung der Extremitäten Proteinen auf. In quergestrei.ften Muskelzellen bilden
tmd viele andere Vorgänge ist. Die gesamte Muskulatur diese Proteine in hochgeordneter Weise Myofibrillen, die
macht bis zu 40~ des Körpergewichts aus. Es lassen sich aus vielen gleichartig aufgebauten Sarkomeren bestehen,
verschiedene formen des Muskelgewebes unterscheiden was die Ursache des Phänomens der Querstreiftmg ist. In
(Tab. 3.3.1): glatten Muskelzellen bilden die kontraktilen Filamente
• glattes Muskelgewebe (glatte Muskulatur) weniger regelmäßig aufgebaute Struktttren, denen die
- glatte Muskulatur der Eingeweide Querstreifung fehlt und deren Ordnungsprinzip noch
- Myoepithclzcllen nicht voll verstanden ist. Das Zusammenspiel von Aktin
• quergestreiftes Muskelgewebe tmd dem Motorprotein Myosin Il fUhrt zur reversiblen
- Herzmuskelgewebe (Herzmuskulatttr) Verkürzung (Kontraktion) aller Muskelzellen.
- Skelettmuskelgewebe (Skelettmuskulatur)

3.3.1 Glatte Muskulatur deres Anordnungsprinzip und insbesondere keine Quer-


Glatte Muskulatur bildet die kontraktile Komponente in der streuung erkennen lassen, was Ursache fiir die Bezeichnung
Wand vieler Hohlorgane, wie 7~ B. des Magen-Darm-Trakts, "glatte" Muskelzelle ist. Das Zytoplasma erscheint im H. E.-
der ableitenden Harnwege, der Geschlechtsorgane, der Blut- Präparat einheitlich ("glatt") rot gefärbt. Die polarisations-
geraHe tmd der Atemwege. Glatte Muskulatttr wird vom ve- mikroskopische Analyse spricht für die Existenz fibrillärer
getativen (autonomen) Nervensystem innerviert, reagiert Strukturen. Erst im Elektronenmikroskop sind die sehr dicht
aber auch auf viele andere Ein{)üsse. Sie vermittelt relativ gelagerten kontraktilen Pilamente mit einem gewissen Ord-
langsame Bewegungen, em1üdet aber nicht rasch und kann nungsprinzip zueinander klar erkennbar.
über längere Zeit hin groHe Kraft entwickeln, wie z.B. die
Uterusmuskulatur im Verlauf der Wehen. Myoepithelzel- Zellkern In der Mitte der Zellen befindet sich der zigar-
len gleichen in ihrem Aufbau weitgehend glatten Muskel- renförmige Zellkern. Er ist relativ hell und besitzt einen
zellen, liegen aber in Epi thelien, v.a. Drüsenepithelien, und deutlich erkennbaren Nukleol us und randständige, kleinere
entstehen aus dem Ektoderm. Heterochromatinschollen. In kontrahierten Zellen ist der
Kern korkenzieherartig verformt.
Glatte Muskelzelle Zellorganellen An den beiden Polen des Kerns sind die
Die glatte Muskulatur besteht aus Schichten oder Bündeln wichtigsten Zellorganellen (Golgi-Apparat, Mitochondrien,
tmterschiedlich angeordneter glatter Muskelzellen, die oft RER, Lysosomen) lokalisiert (Abb. 3.3.2). Hier - und oft
eine schlanke, spindelf<irmige Gestalt besitzen (Abb. 3.3.1). auch zwischen den Filamenten - kommt auch Glykogen
Seltener treten auch drei- oder mehrstrahlige glatte Muskel- vor. Am Rande der Zellen befinden sich in unterschied-
zellen auf, öfter bilden sie 2 oder 3 kurze Endausläufer, z. B. licher Menge glatte ER-Zisternen, die Calciun1 speichern.
in der Media der Arterien vom elastischen Typ. Die Zellen
sind meist zwischen ca. 20 und 200 f.ll11 lang und 3 -10 ~trn Zellmembran und Basallami na Die Zellmembran bildet
dick. Sie sind von einer Basallamina wngeben. lokal Gruppen von !1-f<irmigen Einsenkungen, die Kaveo-
len genannt werden (Abb. 3.3.3) und die funktionell einem
Zytoplasma und Fi lamente Die Masse des Zytoplasmas ist einfachen T -System der anderen Muskelzellen entsprechen.
von längs verlaufenden kontraktilen Filamenten (Aktin und Die Kaveolen sind in den glatten Muskelzellen weitgehend
Myosin II, Aktin überwiegt stark) ausgefLillt, die kein beson- konstante Strukturen der Zellmembran. Sie enthalten Ca2•-
3.3 Muskelgewebe 125

Tab. 3.3.1 Wichtige Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Muskelgewebe.


(Aus [1])
Gewebeart Bauelement Kernzahl je Lage tnl FibriLLen Größe des Bauelements
Bauelement Gestaltder
Keme Länge Durchmesser

Skelett· vielkernige, viele Hunderte randständig; quergestreift wenige mm 40-100 ~m


muskulatur sehr große, bis Tausende länglich, bis 10 cm
lange Zelle abgeflacht
(Synzytium)
Herzmuskulatur ein kernige, einer zentral in fib- quergestreift 50-120 ~m 15-20 ~m
verzweigte rillenfreiem
Zelle Hof; plump,
hell, rund-oval

glatte ein kernige, einer zentral; läng- komplizierte, 20-200 ~m 3-10 ~m


Muskulatur meist schlank- Lieh-zigarren- noch nicht völ- (im graviden
spindeiförmige förmig lig verstande- Uterus bis
oder ver- ne Anordnung 800 ~m)
zwei gte Zelle der Myofila-
mente; keine
Querstreifung
Membransysteme der verschiedenen Muskelzellen
Skelettmuskelzelle Von Basallamina umgeben. Zellmembran bildet lange enge T-Tubuli (verlaufen an der
Grenze zwischen A- und I-Bande); Triaden: Je 2 terminale glatte ER-Zisternen (Ca 2'-
Speicher) grenzen an den T-Tubulus. Einzelzellen nur durch Bindegewebe verbunden.
Herzmuskelzelle Von Basallamina umgeben. Basallamina kleidet auch die relativ weiten T-Tubuli
(verlaufen in Höhe der Z-Scheibe) aus; Dyaden: Eine terminale glatte ER-Zisterne
(Ca2 '-Speicher) grenzt an den T-Tubulus. Einzelzellen über Glanzstreifen mechanisch
verbunden (Desmosomen, Fasciae adhaerentes) und elektrisch gekoppelt (Nexus).
glatte Muskelzellen Von Basallamina umgeben, Zellmembran bildet rundlich-ovale Kaveolen, deren Membran
Ca 2'-Pumpen enthält und die locker mit kurzen glatten ER-Zisternen (Ca2'-Speicher)
verbunden sind. Einzelzellen oft durch Nexus verbunden.


.
• • • •I••
.
' • \-.,
..• ._.. • I •
~
~:
,..

'
o .. .....
• .- ,..:.& ,I e 0
• t ' • I

. ....'.... .. -....
'
. '
., •

'·f
'
'·~ ··J' ·
.Da

t •

••

Abb. 3.3.1 Glatte Musku-


• •''•., .*t•• •
.....

'• .. . .
latur, Übersicht. Viele der •

' ·~
• I • f
schlanken, spindeiförmigen
glatten Muskelzellen sind
\ ""
• • • ~
. 1:
~

..••..•
-~

*). •,, .
1
1
quer getroffen ( In der \ • .-.· • •
. '~
Bildmitte verläuft schräg von
links oben nach rechts unten • ~ • •:
ein längs getroffenes Bündel : ,
-~' •
• •t I

*• , '
,
I
1 1
•'~ I' • ' '
' .
glatter Muskelzellen (1). ,1! ~- 1 ""· 1 ' ' ~ ,•
Je nach Anschnitt sind die 1 I ... • \• \ I
' .. , . I , • I • \ •' ' ,,~ \ ~' . \•• """ _ , !>.
..
Kerne rundlich oder länglich. .-,""... .. , ' \ • \' ' • •
\. ~ . ·~ ' ~,
··' • '
Das Zytoplasma ist homogen } ~...• f,• u •''' ,. "'' .. .., ,' , ·:f"e·~::
I r ,, ' • ,\
eosinophiL Uterus, Mensch; ''i , ' 't'l ~ •:,• \ ,"- ""''.~~ ,. ~, -·-, .. ,
Färbung: H. E.; Vergr. 230-
fach.
" \ ,·~
'
......._...•-~.._...._........ ,u_ . '' \
•--:.·-'..;.'-~..i.L-~&.--1•;_-~
; ,
' -.
. .. .. . .
..... ·, • . .....
• ' ' ' -- - - ''' - - -
-•
126 3 Gewebe

c
c Abb. 3.3.3 Kontraktiler
Abb. 3.3.2 Glatte Muskel- Apparat der glatten
zelle. Muskelzelle.

Pumpen und spielen vermutlich eine Rolle bei der Kopp- Vimentin), die auch in die Dense Bodies und Anheftungs-
lung von stimulierendem Signal und Kontraktion. Über die plaques einstrahlen und robuste Stützstrukturen für Zelle
Basallamina (Abb. 3.3.3) sind die Zellen im Bindegewebe und kontraktilen Apparat aufbauen.
verankert. Wichtig ist die Verknüpfung der glatten Muskel-
zellen mit den retikulären Kollagenfasern und Mikrofi-
brillen elastischer Fasern, mit denen sie in funktionellem AktinliliilmE~n te
Zusammenspiel stehen. In manchen Regionen (Mamille,
Haarbalgmuskeln) sind die glatten Muskelzellen mit klei-
Myosinfilament-,,
nen elastischen Sehnen verbunden. Auch untereinander
sind glatte Muskelzellen in mechanischer Hinsicht primär ------ Basallamina
Anheftungs-
durch die extrazelluläre Matrix - einschließlich der Basalla- plaque ------ -..rr· ..,,
mina - verbunden. In Gefclßwänden sind sie mit den elas-
tischen Lamellen verknlipft. Funktionell können sie durch
Gap Jtmctions elektromechanisch gekoppelt sein.

Kontraktiler Apparat der glatten Muskelzelle


Aktin und Myosin Elektronenmikroskopisch lassen sich
im kontraktilen Apparat der glatten Muskulatur (Abb.
3.3.4) 4-8 nm dicke und realtiv lange Aktinfilamente tmd Kaveolen----
15 nm dicke Myosinfilamente (aus Typ-TI-Myosin) tmter-
scheiden. Diese Filamente bilden einen Kontraktionsappa- ,• Mitochondrium
rat, dessen Ordnungsprinzip noch nicht voll verstanden ist.
Glatte Muskelzellen enthalten mehr Aktin als quergestreifte
Muskelzellen. Das Aktin besitzt in der glatten Muskulatur
kein Troponin; ein besonders aktinassozüertes Protein ist
das Caldesmon. Die Myosinfilamente sind anders aufge-
baut als in der Skelettmuskulatur. Sie besitzen entlang dem
ganzen Filament 2 Reihen von Myosinköpfen, die auf einer - -Golgi-Apparat
Seite des Filaments alle in einer Richtung angeordnet sind. I
I
Auf der anderen Seite weisen sie in entgegengesetzte Rich- I
I
tung (seitenpolare Konfiguration). Es gibt also keine mittle- I

re Region des Myosinfilaments, dem Myosinköpfe fehlen. Intermediär-


filamente
13-14 Aktinfilamente sind einem Myosinfilament zuge- I
I
I
ordnet. Diese bilden gemeinsam ein kleines Bündel, das I
I
längs oder schräg in der Zelle angeordnet und das durch I
~-----..H
Zytoplasmaverdichtungen begrenzt ist. Viele solcher Biin-
delliegen ohne klare Begrenzung in der Zelle neben- und
hintereinander, sie sind relativ lang und so organisiert, dass - -Verdichtungs-
starke Kontraktionen möglich sind. Die besondere Art der zone
Anordmmg der kontraktilen Pilamente erlaubt eine stärke- glattes ER--
re Verkürztmg bei der Kontraktion als in quergestreiften
Muskelzellen.

Verankerung Die Aktinfilamente enden in einer klei-


nen länglichen Zytoplasmaverdichttmg (Verdichttmgszone,
"dense body"), die einer Z-Linie in der quergestreiften
Myofibrille entspricht und die a-Aktinin enthält. In der
Zellperipherie sind die Aktinfilamente in langen Verdich- Abb. 3.3.4 Kontraktiler Apparat einer glatten Muskel-
tungen an der Membran (Anhefttmgsplaques), die aus zelle, hypothetische Darstellung. Die Verdichtungszonen
a-Aktinin, Vinculin und Talin aufgebaut sind, verankert_ entsprechen den Z-Linien der quergestreiften Muskulatur,
Diese Proteine sind mit Integrinen der Zellmembran ver- möglicherweise markieren sie funktionelle Einheiten; in
bunden. Im Zytoplasma kommt des Weiteren ein dreidi- ihnen und in den bandförmigen Anheftungsplaques der Zell-
mensionales Netzwerk aus 10 nm dicken Intermediärfila- membran sind die Aktinfilamente vera nkert. Intermediär-
menten aus Desmin vor (in Gefäßmuskulatur auch aus filamente sind wesentliche stützende Strukturen. (Aus [1))
3.3 Muskelgewebe 127

Kontraktion Alle Muskelzellen kontrahieren sich, indem


die Myofilamente aneinander vorbeigleiten. Die Kontr ak-
tion der glatten Muskelzellen wird durch Ca2• ausgelöst,
wobei verschiedene Signale (Neurotransmitter, Hormone,
Dehnung) den Calciumanstieg im Zytosol bewirken. Das
Calcium strömt mithilfe von Ca2•-Pumpen in der Membran
der Kaveolen vor allem aus dem Extrazellulärraum, aber
auch aus den glatten ER-Schläuchen, in das Zytosol - deut-
lieh langsamer als in den Skelettrnuskelzellen. Das einge-
strömte Calcium bildet mit Calmodulin (CaM), einem ubi-
quitären zytosolischen Protein, einen Komplex. Der Ca2 • -
CaM-Komplex fUhrt über 2 Mechanismen zur Kontraktion:
• Er bindet an Caldesmon und bewirkt dadurch, dass sich
Caldesmon vom Aktin löst. Dadurch werden die Stellen
am Aktin frei, an die die Myosinköpfe binden kö nnen.
• Er aktiviert die Myosin-leichte-Ketten-Kinase (MLCK),
die die regulatorischen leichten Kelten der Myosinköpfe
phosphoryliert. Dadurch können die Myosinköpfe mit
Aktin interagieren.

Relaxation Die glatte Muskulatur erschlafft wieder, wenn


die intrazelluläre Ca2•-Konzentration abnimmt und die Abb. 3.3.5 Gap Junctions (-+)zwischen benachbarten
leichten Ketten der Myosinköpfe durch eine spezifische glatten Muskelzellen (1, 2). Zitze, Kuh; Vergr. 50000-fach.
Phosphatase (MLCP) dephosphoryliert werden.

Innervation, Gap Junctions, Single-Unit-Typ, Matrixproduktion durch glatte Muskelzellen,


Multi-Unit-Typ Myofibroblasten
Die glatte Muskulatur steht mehr oder weniger ausgeprägt Matrixproduktion Glatte Muskelzellen sind auch in der
unter dem Einfluss des vegetativen Nervensystems und lo- Lage, Kollagen, Laminin, Fibrillin, Elastin tmd Proteogly-
kaler Faktoren, sie kann aber auch durch Dehmmg beein- kan e zu bilden. Glatte M uskeb.ellen können aufgrund die-
flusst werden. Viele Neurotrdnsmitter, Hormone und Gewe- ser Eigenschaft auch den stationären Bindegewebszellen zu-
befaktoren koordinieren die Tätigkeit dieser Muskelzellen, geordnet werden. Typische glatte Muskelzellen (kontraktile
z.B. Norddrenalin, Acetylcholin, SLickstoffmonoxid, Östro- [K] Muskelzellen) haben auch die Fähigkeit, ihren ganzen
gen, Oxytocin, Histamin und Serotonin. Je nach Rezeptor- Stoffwechsel und ihre Organisation auf Matrixproduktion
besatz werden die glallen Muskelzellen von den Neuro- {metabolische [M] Muskelzellen) umzustellen.
trdnsmittern des vegetativen Nervensystems aktiviert oder
gehemmt. Eine herausragende Rolle spielt das Noradrenalin. Myofibroblasten Zellen, die intermediäre Eigenschaften
Die synaplischen Strukturen der vegetativen Nervenfasern von glatten Muskelzellen und Fibrozyten besitzen, werden
erreichen die Oberfläche der glatten Muskelzellen nur selten als Myofibroblasten bezeichnet. Sie finden sich an vielen
direkt. Meistens bleiben die Nervenfasern 5-20 f.UU von der Stellen im menschlichen Körper, z. B. unter dem Keim epi-
Muskelzelle entfernt tmd bilden in ihrem Verlauf mehrere thel der Hodenkanäkhen, im Bandapparat des Uterus, im
sog. "En-passant-Synapsen" (Varikositäten). Alveolarsepttun der Ltmge, im Bindegewebe hinter dem
Augenbulbus und im Narbengewebe.
Single-Unit-Typ In der glatten Muskulatur mancher
Organ e, z. B. des Uterus, der ableitenden Harnwege, des
3.3.2 Skelettmuskulatur
Magen-Darm-Trakts und vieler größerer Blutgefaße, sind
grö ßere Gruppen glaller Muskelzellen über Gap Junctions Die Skelettmuskulattlf bildet die aktive Ko mponente des Be-
verbunden (Abb. 3.3.5) un d damit elektrisch gekoppelt tmd wegungsapparats. Sie ist fast immer willkürlich innerviert
synchronisiert. Dies ist die sog. glatte Muskulatur vom Sin- tmd in der Lage, schnell für kurze Zeit gro ße Kraft zu entwi-
gle-Unit-Typ.ln dieser Form der glatten Muskulatur gibt es ckeln; ermüdel jedoch vergleichsweise schnell. Baueinheiten
Zentren mit spontaner Erregtmgsbildtmg durch Schritt- sind lange, vielkernige, quergestreille Muskelzellen (Muskel-
macherpotenziale. Die Aktivität solcher Zentren wird durch fasern). Die Skelettmuskulatur baut aber auch Zunge, Gau-
Dehnung verstärkt. Diese glatte Muskulatur ist relativ auto- men, oberen Ösophagus, mimische Muskulatm, Zwerchfell,
nom und wird von der Innervation nur moduliert. äußere Augenmuskeln u.a. auf.

Multi-Unit-Typ In anderen Orlfdnen,z.B. im Ziliarkörper Hierarchischer Aufbau der Skelettmuskulatur


und im Ductus deferens, sind die einzelnen glatten Muskel-
zellen eigenständig und nicht elektrisch gekoppelt und wer- Primärbündel Die Muskelzellen bilden zusammen mit
den einzeln innerviert. Dies ist der Mulli-Unit-Typ der dem kollagenfaserigen Bindegewebe in einem definierten
glatten Muskulatur. Muskel komplexe und hierarchisch angeordnete Systeme.
Eine Reihe von pardllel verlaufenden Muskelfasern (oft ca.
100) bildet die Funktionseinheilen des Muskels, das Pri-
märbündeL Die Einzelzellen des Primärbündels werden
128 3 Gewebe

a Merke Das Prinlärbündel wird vom Perinlysium inter-


numumhüllt und enthält innen das Endomysium; das Se-
Abb. 3.3.6 Primärbündel
mit Endomysi um und Ka- ktmdärbündel wird vom Perinlysium extern um umgeben,
pilla risierung der Skelett- d er Gesamtmuskel wird vom Epimysium umhüllt, das mit
mus kulatur. der Muskelfaszie verbunden ist.

Skelettmuskelzelle
von feinen Bindegewebsfasern umsponnen, die auch be- Die Baueinheiten der Skelettmuskulatur sind die zum Teil
nachbarte Muskelfasern verbinden und insgesamt das En- zentinleterlangen und ca. 40- 100 (seltener bis 500) f11U
domysium, das zarte retikuläre Bindegewebe innerhalb dicken Muskelzellen (Muskelfasern). Eine solche Muskel-
eines Primärbi.tndels, aufbauen (Abb. 3.3.6a). Das Primär- zelle ist eine ungewöhnlich lange, vielkernige Zelle, die im
bündel wird von einer feinen Bindegewebsschicht wnhüllt, Laufe der Entwicklung durch Verschmelzung aus einker-
dem Perimysium intemum, das die Verschieblichkeit der nigen Vorläuferzellen, den Myoblasten, entsteht.
Prin1ärbündcl gegeneinander ermöglicht.
Zytoplasma und Filamente: Querstreifung
Sekundärbündel Gruppen von Primärbündeln bilden
sog. Sekundärbündel (Pieischfasern), die vom Perimysium Querstreifung Das aufrallcndste Merkmal einer Skelett-
externum umhiillt werden. Dieses kann schmale oder breite muskelzelle ist die Querstreiftmg (Abb. 3.3.7). Träger dieser
Septen bilden, in denen Blutgefiiße und Nerven ins Innere Querstreifung sind H undertc, dicht aneinandergelagerte,
des Muskels vordringen. 0,5-1 l'm dicke Myofibrillen, deren Querstreifung auf glei-
cher Höhe liegt, sodass die ganze Muskelfaser quergestreift
Gesamtmuskel Die Sekundärbündel bilden den Gesamt- erscheint (Abb. 3.3.7, Abb. 3.3.9). Im Querschnitt durch eine
muskel, der vom sog. Epimysittm umgeben wird, dem sich Skelettmuskelzelle sind die Pibrillen auf einem lichtmikros-
nach außen hin noch die derbe Paszie anschließt, die den kopischen Präparat oft als feine Punkte erkennbar (Abb.
Muskel verschieblieh in die Umgebung einbaut und teil- 3.3.8). Diese Punkte können Gruppen bilden tmd sind durch
weise Punktion als Urspmngsregion des Muskels haben fibrillenfreie netzförmige Bahnen getrennt (Cohnheinl-
kann. Pelderung, in gewissem Maße ein präparationsbedingtes Ar-
tefakt, weil durch eine nicht optimale Pixierung die Abstän-
Kapillarisierung Die Nerven und Blutgefaße dringen an de zwischen den Myofibrillen künstlich erweitert sind).
bestimmten Stellen (Areae nervovasculosae) in einen Mus-
kel ein, verzweigen sich und dringen über das Perirnysium Merke Muskelfibrille = Myofibrille = längs verlaufendes
extern um in die Tiefe. Im Endomysium liegt ein reich ent- kontraktiles Element der Muskelzelle (aufgebaut aus
wickeltes Kapillarnetz um die einzelnen Muskelfasern vor Aktin und Myosin li mit ihren assoziierten Proteinen).
(Abb. 3.3.6b). Die Kapillaren bilden Schlingen, die An-
passungen an die unterschiedlichen Längenzustände des
Zytoplasma Das Zytoplasma wird in den Skelettmuskel-
Muskels erlauben.
zellen auch Sarkoplasma genannt. Es farbt sich in der H. E.-

a b
Abb. 3.3. 7 Querstreifung der Skelettmuskulatur im Längsschnitt. a: Skelettmuskulatur im H. E. -gefärbten Längsschnitt;
A-Bande (rot) und I-Bande (hell) sind gut zu unterscheiden; in der I-Bande ist vielfach eine feine Linie, der Z-Streifen,
erkennbar, der Abschnitt zwischen 2 Z-Streifen wird Sarkomer genannt Mensch; Paraffinschnitt Färbung H. E., Vergr. 1000-
fach. b: Die Querstreifung von Skelettmuskelzellen tritt durch die Eisenhämatoxylinfärbung besonders deutlich hervor. Schon
bei niedriger Auflösung lassen sich dunkle A- und heUe I-Banden klar unterscheiden. Skelettmuskel, Mensch; Färbung: Eisen-
hämatoxylin; Vergr. 140-fach.
3. 3 Muskelgewebe 129

..'J )
.
:..
-
~

~
'f. ' :., J
·.- c c
'· '
Abb. 3.3.8 Skelett- Abb. 3.3.9 Myofibrillen
muskulatur. und Zellorganellen.

Färbtmg eosinopbll an tmd besteht v. a. aus Myofibrillen Sarcoglykan-


ko~lex
tmd Mitochondrien. In ihm liegt auch das Sauerstoff bin-
L!minin o.2 \ Kola 0 IV
dende Protein Myoglobin gelöst vor. Es ist weitgehend fiir (- • ' ge

!:~~~;
die brätmliche Pärbtmg der Skelettmuskulatur verantwort-
lich. Als Sauerstoffspeicher ist es bei tauchenden Vögeln
und Säugern in besonders reichem Maße vorhanden. Dystro-
glykan- 1!!l!~-1ß~lfiiT~=-=!:f'fll!!!!!!!!!!! Zell-
komplex ~ F membran
Zellkerne Desmin···
In der Zellperipherie liegen Hunderte von länglichen Zell-
· F·Aktln
kernen (ca. 40 pro mm Zelllänge). Sie sind relativ klein
(Längsdurchmesser ca. 8-10 ~m1), oval und etwas abgeflacht
(Abb. 3.3.8). Sie besitzen ein feines Chromatinmuster tmd
enthalten einen deutlichen Nukleolus.

Zellorganellen, Zelleinschlüsse
In der Nähe des Zellkerns finden sich i. A. viele Zellorga-
nellen. Mitochondrien rnit dicht gestellten Cristae lagern Abb. 3.3.10 Strukturproteine der Skelettmuskelzelle,
sich in Reihen parallel zu den Myofibrillen und können in die die Lage der Myofibrillen stabilisieren.
der Nähe der Zellmembran große Ansammlungen bilden
(Abb. 3..3.9). Kleine Golgi-Apparate treten in Vielzahl in
Kernnähe auf. Ribosomen sind zahlreich. H och entwickelt Basallamina Wie alle anderen Muskelzellen sind auch die
ist das glatte ER, während das RER eher gering entwickelt
Skelettmuskelzellen von einer Basallamina umgeben, die
ist. Lysosomen sind in tmterschiedlicher Zahl anzutreffen
den Einbau dieser Zellen ins Bindegewebe vermittelt.
(Abb. 2.50a). Glykogen kommt im gesamten Zytoplasma
vor. Fetttropfen können in Kernnähe und zwischen den
Myofibrillen auftreten. KLinik Es gibt mehrere angeborene Defekte der Membran-
proteine der Skelettmuskelzcllcn. So fehlt z. B. bei der erb-
lichen Duchenne-Muskeldystrophie das Dystrophin. Diese
Basallamina und Zellmembran Muskelschwäche flihrt dazu, dass betrotlcne Kinder bereits
Zellmembran Die Zellmembran (Sarkolemm) wird durch im Alter von 10 - 12 Jal1ren nicht mehr gehen können. Mus-
verschiedene beso ndere Proteinkomplexe stabilisiert, so- kelgewebe wird dttrch Fett- tmd Bindegewebe ersetzt. Diese
dass der mechanische Stress, der vom ständigen Wechsel Kranki1eit führtztm1 Tod.
zwischen Kontraktion und Entspann ung ausgeht, ohne
Schädigung der Membran auf das Endomysitun tmd letzt- Satellitenzellen
lich die Sehnen üb ertragen werden kann. Solche proteinrei-
che Abschnitte der Zellmembran (Abb. 3.3.10) laufen in Skelettmuskulatm regeneriert generell schlecht, stark ge-
Höhe der Z-Scheiben ringförmig tun die ganze Z elle tmd schädigtes Muskelgewebe stirbt meist ab tmd wird dttrch
werden Costamere genannt. An diesen Costameren kom- bindegewebiges Narbengewebe ersetzt. Dies bringt zwangs-
men u.a. Desminfilamente tmd aß-Kristalline (aber auch läufig Ftmktionsverlust mit sich, auch nach operativer
z.B. Integri ne) vor (s.u.). Vor allem an den Cestaroeren Durchtrennung von Muskeln. Leicht oder mäßig geschädig-
wird die Zellmembran innen durch Aktin (das hier zum te Muskelzellen können regenerieren, wenn Zellmembran
Zytoskelett gehört), Dystrophin und Spektrin stabilisiert. tmd Basallamina intakt sind und die Blut- und Nervenver-
Dystrophin verbindet Aktin mit der Zellmembran tmd ist sorgtmg nicht tmterbrod1en ist. Diese Regeneration oder
in speziellen MembranproteiDkomplexen (mit Dystrogly- Reparatur gellt von den geschädigten Muskelzellen selbst
kanen und Sarkoglykanen) verankert (Abb. 3.3.10). Dystro- und/oder von Satellitenzellen (Abb. 3.3.11) aus. Satelliten-
glykane sind über ein besonderes Laminin in der Lamina zellen sind kleine Zellen, die der Oberfläche der Muskelzelle
densa der BasaHamina verankert, in der wiedertun Mikro- direkt anliegen. Sie befinden sich innerhalb der Basallanlina
fibrillen und Kollagenfibrillen des Endomysiums befestigt der Muskclzelle. Die Satellitenzellen sind während der Ent-
sind. wickltmg nicht aufgebrauchte ruhende Myoblasten tmd
Die Zellmembran bildet auch tief ins Zytoplasma einge- haben Stammzellcharakter. Als Reaktion auf Tratuna tmd
senkte fingerföm1ige Einstillpungen, die Transversal(T)-Tu- anderen Stress können sie aktiviert werden, sich teilen tmd
buli. proliferieren. Sie fusionieren dann mit vorhandenen Mus-
kelfasern oder bilden neue Fasern. Die Forschtmg an den
130 3 Gewebe

Filamente (ca. 2000/Sarkomer) sind ca. 6 nm dick tmd ca.


1 11m lang tmd bestehen aus filamentärem Aktin, Tropo-
myosin tmd Troponin. Die dicken Filamente (ca. 1000/
Sarkomer) sind aus Myosin IJ aufgebaut, ca. 15 nm dick
c und 1,5 !iln lang. Die Z-Linie (dreidimensional: Z-Scheibe)
Abb. 3.3.11 SatelUten- ist ein komplexes Pasergitter, in dem die Plus-Enden der
zelle. Aktinfilamente (s. u.) verankert sind. An dieser Veranke-
nmg ist eine Reihe von Proteinen beteiligt, darunter das
a-Aktinin, das Aktin quer vernetzt und zu dickeren Bün-
Stammzellen der Skelettmuskulatur steht im Dienste neuer deln verbinden kann. Ein weiteres Z-Linien-Protein ist das
Therapien der Muskeldystrophien. Cap-Z-Protein. Es ist ein Capping-Protein, das die Depoly-
merisierung der Aktinfilamente am Plus-Ende verhindert
und sie wahrscheinlich mit anderen Proteinen der Z-Linie
Genese der Skelettmuskelzellen verknüpft.
Skelettmuskelzellen entstehen aus früh determinierten
Myoblasten, einkernigen Zellen, die proliferieren und sich Merke Das Segment einer Pibrille zwischen 2 Z-Streifen
zu differenzieren beginnen. Die Myoblasten verlieren mit ist das Sarkomer. Das Sarkomerist die funktionelle Ein-
zunehmender Expression muskelspezifischer Proteine die heit der Fibrillen, die aus Hunderten oder Tausenden
Fähigkeit, sich zu teilen. Ab einem bestimmten Differenzie- solcher Sarkomere aufgebaut sind.
rungsstadiwn fusionieren sie und bilden zunächst längliche
Zellen, in denen dle Kerne hintereinanderliegen und die Aktin und Myosin im Sarkomer In der /\-Bande befin-
Myotuben genannt werden. Die Myotuben wachsen durch den sich sowohl Myosin- als auch 1\ktinfilamente, die
Aufnahme weiterer Myoblasten langsam zu groHen, ausdif- sich hier überlappen. Myosinfilamente kommen nur in der
ferenzierten Skelettmuskelzellen heran. Die Kerne verlagern A-Bande vor tmd verlaufen im Abstand von ca. 45 nm par-
sich in die Peripherie und lm Zentrum differenziert sich der allel zueinander; in der Mitte der /\-Bande (in der M-Linie)
kontraktile Appantt aus Myofibrillen. Das Wachstum der werden sie über V erbindtmgsproteine in Position gehalten.
Muskelzellen wird v.a. durch ein Signalprotein, das Myosta- Aktinfilamente sind im Z-Streifen verankert, machen den
tin, begrenzt, das die Zellen selbst sezernieren. Mutationen wesentlichen Teil des I-Bandes aus tmd dringen zwischen
des Myostatin-Gens können zu enormem Muskelwachstum den Myosinfilamenten in die i\-Streifen ein bis an den Rand
fiiliren, was experimentell bei Mäusen, und aus der Tier- des H -Streifens. Der H -Streifen enthält keine Aktinfilamen-
zucht von Rindern bekannt ist. te, sondern ausschließlich Myosinfilamente. In der A-Bande
sind jeweils 6 Aktinfilamente um ein Myosinfilament an-
geordnet, wobei ein bestimmtes Aktinfilament nicht nur
Kontraktiler Apparat der Skelettmuskelzelle einem, sondern 2 benachbarten Myosinfilamenten zuge-
Myofibrillen in licht- und Elektronenmikroskopie ordnet ist, und auf Längsschnitten ist e.rkennbar, dass von
den Myosinfilamenten kurze dornf6nnige Projektionen
Banden und StreUen Die Myofibrillen sind durch eine ausgehen, die eine Verbindung bzw. eine Brücke zu den
Querstreifung gekennzeichnet, die auf der sich regelmäßig Aktinfilamenten bilden können. Bei einer Kontraktion der
wiederholenden Abfolge heller und dunkler Streifen (Ban- Skelettmuskelzellen verkürzen sich die Sarkomere dadurch,
den) beruht (Abb. 3.3.7, Abb. 3.3.9). Die im lichtmikrosko- dass die Aktinfilamente auf beiden Seiten tiefer in die
pischen Präparat dunklen Streifen verhalten sich im Polari- A-Bande hineingleiten. Dadurch wird die I-Bande kürzer
sationsmikroskop doppelbrechend, also anisotrop, und (auch der H-Streifen wird kürzer), wohingegen die A-Bande
leuchten hell auf; sie werden daher A-Bande CA-Streifen) ihre Breite nicht verändert. Bei starker passiver Dehnung
genannt. Die hellen Streifen sind isotrop (einfachlichtbre- werden I-Bande tmd H -Streifen breiter als im Ruhezustand.
chend). Man bezeichnet sie als I -Bande (I-Streifen). Die
I-Banden verkürzen sich bei der Kontraktion, während die
A-Banden konstant bleiben. In der Mitte jeder I-Bande Filamentäre Moleküle der Fibrille
verläuft eine dunkle, sdunale Z-Linie (Zwischenstreifen, Myosin Die Myosinfilamente sind jeweils polar struktu-
Z-Streifen, Z-Scheibe). Der Teil einer Fibrille, der von den riert tmd aus ca. 300 -350 Myosin-Jl-MolekLüen aufgebaut
Z-Linlen begrenzt wird, wir d Sarkomer genannt, es ist die (ein EinzelmolekLü ist ca. 300 nm lang und 2 - 3 nm dick).
funktionelle kontraktile Einheit der Fibrille. In der Mitte je- Ein Myosinmoleki.ü besteht aus 2 schweren tmd 4leichten
der A-Bande ist noch eine helle H -Bande (Hensen-Streifen, Polypeptidketten. Die beiden schweren Ketten besitzen je
H-Streifen, H-Zone) erkennbar, in dessen Mitte wiederum einen langen Schwanzteil (beide Schwanzteile sind umein-
eine schmale, dunkle M-Linie (Mittelstreifen) verläuft. Die ander gewtmden), je einen biegsamen Halsteil tmd je ein
M-Linie besteht aus Proteinen (M-Linien-Proteine, Myome- globuläres Ende, den sog. Kopf. Dem HaisteH sind je 2 leich-
sin, Creatinkinase), die die Myosinfilamente in der Mitte te Polypeptidketten (eine regulatorischeund eine essenziel-
des Sarkomcrs verbinden. le) assoziiert. Die Köpfe stehen seitlich von der Längsachse
der Schwanzteile ab tmd entsprechen den seitlichen Projek-
Sarkomere Im Elektronenmikroskop ist der Aufbau der tionen im Elektronenmikroskop. Der Kopfteil ist Ort der
Sarkomere, also der Abschnitt zwischen 2 Z-Linien, besser ATPase-Aktivität und kann die Brücken zwischen Myosin
zu analysieren als im Lichtmikroskop (Abb. 3.3.13). Ein und Aktin bilden. Er besitzt je eine hochaffine und eine
Sarkomer ist im Ruhezustand ca. 2,2 f!ID lang und wird im niederaffine Aktinbindungsstelle und eine Nukleotidtasche,
Wesentlichen aus regelmäßig angeordneten dünnen und die ATP oder ADP und P1 (anorga nisches Phosphat) bin-
dicken Filamenten aufgebaut (Abb. 3. 3.12). Die dünnen det. Der Hals zwischen Kopf und Schwanz ist flexibel,
3.3 Muskelgewebe 131

Zellmembran Glykogen
'' '
'
Basallamina

- - -----Aktinfilament

--- ---- Titinfilament

sarkoplasmalisches -: •• ---- Z-Linie


Retikulum

Mitochondrium--- M-:slrf~o- '


f-- H-Zone :-- A-Bande
'

T-Tubulus - - -
- ----------------~
Terminalzisterne --- '

'
''-I-Bande
Desmingürtel --- - -----Z-Linie

Abb. 3.3.12 Kontraktiler Apparat und Membranstrukturen der Skelettmuskelzelle (Schema) mit Außenansicht einer
Myofibrille (links) und 2 längs geschnittenen Myofibrillen (rechts). Der Abschnitt zwischen 2 Z-Linien heißtSarkomer. Die
Myosinfilamente treten über die Myosinköpfe mit den Aktinfilamenten in Kontakt. Die sehr dünnen Titinfilamente (Connektin-
filamente) reichen von der M-linie bis zur Z-Linie. In der A-Bande sind sie mit den Myosinfilamenten verbunden, in der
I-Bande ist das Titin dehnbar und verhält sich wie eine elastische Feder. (Aus (1))

sodass Konfigurationsveränderungen möglich sind (mole- Die polar gebauten Myosinmoleküle sind im dicken Fila-
kulare "Gelenkregion"). Durch Proteolyse kann das Myo- ment so angeordnet, dass der Schwanzteil zur Mitte des Fila-
sinmolekül in schweres Meromyosin (Kopf und kurzer Teil ments zeigt, der Kopfteil liegt dagegen an den Enden des
der Schwanzregion) und leichtes Meromyosin (Hauptteil Filaments. Die Packtmg der Myosinmoleküle ist dann so,
des Schwanzes) gespalten werden. dass die Köpfe spiralfdrmig von den beiden Enden des di-
cken Filaments abstehen, während seine Mitte keine Köpfe
Merke Das Myosinfilament besteht aus den zusammen- besitzt (H -Streifen). Die Köpfe sind an den 2 Enden des Fila-
gelagerten Schwanzteilen von ca. 300-350 Myosin-li- ments entgegengesetzt angeordnet.
Molekülen. Die Köpfe schauen seitlich aus dem Filament
Aktin Die gut 6 nm dicken Aktinfilamente bestehen aus
hervor. 2 Ketten von filamentärem Aktin (F-Aktin), die helikaltml-
132 3 Gewebe

Abb. 3.3.13 Sarkomer~ in Myofibr!ll.en in einer ~M -Aufnahme. Die 3 längs geschnittenen Myofibrillen sind weitgehend
*
erschlafft. 1 Sarkomer zw1schen 2 Z-L1men; 2 I-Stre1fen; 3 A-Streifen; 4 H-Streifen; 5 M-Linie; 6 Z-Linie; ~ Triade; Glyko-
gen. M. gastrocnemius, Ratte; Vergr. 36600-fach.

einander gewunden sind. Das Plusende ist im Z-Streifen Zytoskelett


verankert, das Minusende ragt zur Sarkomermitte. Dem
Aktinfilament ist der Regulatorproteinkomplex Tropomyo- Das Zytoskelett ist hoch entwickelt: An der Zellmembran
sin/Troponin zugeordnet. Das Tropomyosin verläuft in der finden sich:
Furche zwischen den 2 Aktinfilamenten. Dem Tropomyo- • filamentäres Aktin: Stabilisierung der Membran
sin ist in regelmäßigen, 40 nm messenden Abständen ein • Spektrin: direkt mit der Membran verbunden
Komplex aus 3 Troponinpcptiden angelagert, die in der • Dystrophin: verbindet Aktin mit der Zellmembran (s.o.)
glatten Muskulatur fehlen: • Vinculin: Verankerungsprotein, in das auch intermediäre
• Troponin T bindet den Komplex an Tropomyosin. Filamente einstrahlen.
• Troponin C kann Calcium binden.
• Troponin I hemmt im Ruhezustand die Bindtmg der Die Intermediärfilamenten des Zytoskelctts (s. a. Kap. 2.6.3)
Myosinköpfe an das Aktin und somit das Filamentglei- bestehen aus Desmin.
ten. Desmin verbindet benachbarte Myofibrillen und hilft, sie
im richtigen Abstand zu positionieren. Es umspinnt die ein-
Titin Das myofibrilläre Protein Titin (= Connektin) ist zelnen Myofibrillen in Höhe der Z-Scheiben und ist hier
die längste Polypeptidkette des menschlichen Körpers und auch befestigt (Abb. 3.3.9). Desmin übertragt mechanischen
hat elastische Eigenschaften. Es ist in der A-Bande über Stress von der Myofibrille auf die Basallamina tmd das Bin-
Proteine mit den Myosinfilamenten assozüert und erstreckt degewebe und hält die Lage der Myofibrillen stabil. Be-
sich von der M-Linie bis zur Z-Linie (Abb. 3.3.12). Titin nachbarte Desminfilamente sind durch das Protein Piektin
verbindet d ie Myosinfilamente mit dem Z-Streifen und verbtmden. aß-KristaJline sind Hitzcschockproteine, die
verläuft in der A-Bande in einer Zahl von 6 Molekülen im Z-Scheiben bzw. di e Desminfilamente vor mechanischem
Myosinfilament Es stabilisiert die dicken Myosinfilamente Stress schützen.
tmd hält sie ln Position. AuHerdem verleiht es den Myofib-
rillen die Elastizität. Diese beruh t darauf, dass das Molekül Glattes endoplasmatisches Ret;kulum
in der I-Bande (vom Ende des Myosinmoleküls bis zum
Z-Streifen) eine frei verlaufende Domäne besitzt, die wie L-System Das GER (glattes endoplasmatisches Retiku-
eine spiralige Feder aufgebaut ist. Eine ruhende Muskelzelle lwll, sarkoplasmatisches RctikulLUn, SR, L-System) ist tm-
kann so weit gedehnt werden, dass sich Aktin- und Myosin- gewöhnlich hoch differenziert und tritt in funktionelle und
filamente nicht mehr überlappen. Wenn nicht mehr ge- r'äwnliche Beziehung mit schlanken schlauchförmigen Ein-
dehnt wird, stellt sich mithilfe des Titins wieder das nor- stülpungen der Zellmembran, den Transversaltubuli. Die
male Überlappungsmuster her. Schläuche des SR sind überwiegend längs bzw. longitudinal,
d.h. parallel Zltr Längsachse der Zellen, angeordnet (daher
Nebulin Nebulin liegt dem Aktinfilament an, hält es in auch L-System). Sie sind netzför mig miteinander verbun-
Position tmd bestimmt seine Länge. Capping-Proteine sta- den und w11spannen die Myofibrillen (Abb. 3.3.12, Abb.
bilisieren die Enden der Aktinfilamente und verhindem, 3..3.14). Es lassen sich verschiedene Zonen des SR unter-
dass während der Kontraktion Aktinuntereinheiten dis - scheiden:
soziieren. Tropomodulin stabilisiert das Minusende des • Im Bereich des H-Streifens bildet sich ein besonders dich-
Aktinfilaments im Zentrum des Sarkomers, das Cap-Z- tes Netzwerk aus.
Protein stabilisiert das Plusende im Z-Streifen. • Am Übergang von der A- zttr I-Bande finden sich 2 zir-
kulär um die Myofibrillen verlaufende sog. TerminaJ-
3.3 Muskelgewebe 133
auch das ADP vom Köpfchen tmd die Kippbewegtmg geht
ein Stückehen weiter, bis die Myosinköpfchen ihre Endstel-
c lung erreichen. Erst wenn erneut ATP an das Myosinköpf-
Abb. 3.3.14 Längsschnitt chen gebunden wird, löst das Myosinköpfchen seine Bin-
"' durch den peripheren Be- dung ans Aktin und geht in die Ausgangsstellung zurück.
reich einer Muskelfibrille Bei der Regeneration von ATP ist die Creatinkinase in der
eines Skelettrnuskels. M-Linie beteiligt.
Solange genügend Calcium in der Myofibrille vorhanden
ist, folgt ein Zyklus dem anderen. Während jedes Zyklus
gleiten die Filamente um ca. 4 nm aneinander vorbei, insge-
samt verklirzen sich die Sarkomere wn 20-30'>'. Aufgrund
zisternen Qunktionales Retikulum), in die die längs ver- ihrer Anordnung am Myosinfilament sind während einer
laufenden Schläuche (longitudinale Sarkotubuli) des SR Kontraktion viele Myosinköpfchen in der Phase der Kip-
einmünden (Abb. 3.3.12, Abb. 3.3.14). ptmg (des "Ruderschlagsu), während sich andere abgelöst
haben.
Triade Zwischen den 2 Terminalzisternen befindet sich
ein enger Schlauch, der Transversal(T)-Tubulus, der eine
Einstülpung der Zellmembran ist. Die 2 Terminalzisternen
Relaxation
tmd der T-Tubulus sind über junktionale Fiißchen {Abb. Die Membran des SR ist reich an Ca2•-Mg2 -ATPase, die
3.3.13, Abb. 3.3.14) verbunden und bilden einen Membran- nach der Erregung das zuvor freigesetzte Calcium in das Lu-
komplex, der Triade (Abb. 3.3.13) genannt wird. Die jtmk - men dieses Schlauchsystems zuriickpumpt. Die Kontrak-
tionalen Füßchen (Brückenproteine, junktionale Kanal- tionszyklen werden beendet, wenn nicht mehr genügend
komplexe) bestehen aus einem Proteinkomplex, der aus Caldum in der Pibrille vorliegt. Tn1 lebenden Muskel ist
einem spanmmgssensiblen Rezeptor in der Zellmembran, dann das Myosinköpfchen in Ruhestellung, d. h., es hat ATP
dem Dihydropyriclinrezeptor, und einem mit ihm verbtm- gebtmden tmd ist nicht oder nur schwach mit dem Aktin-
denen Rezeptor in der Membran der Terminalzisterne, dem filament verknüpft.
Ryanodinrezeptor, einem speziellen Calciumkanal, aufge-
baut ist.
Klinik Bei der Totenstarre (Rigor mortis) ist ATP vollstän-
Funktion Das SR speichert (sequestriert) in Ruhephasen dig abgebaut, sodass sich die Aktin-Myosin-Komplexe nicht
Caldum, das zu einem erheblichen Teil an 2lösliche Pro- mehr lösen können.
teine gebunden ist; freie Calciumionen liegen hier nur in
relativ geringer Konzentration vor. Ändert sich das Mem-
branpotenzial durch einen N ervenimpuls, ändert sich die Muskelfasern
Konformation des Dihydropyridin- und dann die des
Ryanodinrezcptors, wodurch Ca1•-Ionen aus dem SR ins
Fasertypen
Zytosol gelangen. Muskelfasern im Gesamtorganismus und in einem einzel-
nen Muskel sind nicht gleichartig, z. B. hinsichtlich ihrer
Dicke, ihres Organellenbesatzes und ihrer physiologischen
Kontraktion Merkmale.
Elektromechanische Kopplung Von der motorischen
Endplatte breitet sich ein Aktionspotenzial über die Mem- Zuckungsfasern Die allermeisten Pasern sind Zuckungs-
bran der Muskelzellen aus, das über die T-Tubuli in die fasern, die auf einen Impuls des Axons hin, das sie inner-
Tiefe der Muskelzellen vordringt. Die junktionalen Piillchen viert, mit einer Zuckung reagieren. Beim Menschen werden
zwischen T -Tubuli und Terminalzisternen werden akti- tmterschieden:
viert, Calcium wird aus dem SR freigesetzt, strömt ins Zyto- • Typ-I-Fasern (langsame = rote Zuckungsfasern)
soltmd setzt den Kontraktionsprozess in Gang. = Typ-S-Pasern (s = slow)
• Typ-11 -Fasern (schnelle = weiße Zuckungsfasern)
Mechanismus des Kontraktionszyklus Im Ruhezustand = Typ-F-Fasern (f =fast).
(wenig Ca2• im Zytosol der Muskelzelle) ist das Myosin-
köpfchen nur schwach mit dem Aktin verbunden (Abb. Diese Typen sind grundsätzlich ineinander umwandelbar.
3.3.15). Jedes Köpfchen hat ein ATP gebunden und steht in Typ-I-Fasern enthalten viele Mitochondrien und viele oxi-
einem Winkel von 45° zum Myosinfilament und grob senk- dative Enzyme. Ihnen reicht der normale aerobe Stoffwech-
recht zum Aktinfilament Strömt Calcium ins Sarkoplasma sel. Außerdem enthalten sie viel Myoglobin (Sauerstotr-
ein und bindet an Troponin C, aktiviert Aktin die ATPase- speicher, rote Farbe, Abb. 3.3.16) und öfter Lipidtropfen
Funktion des Myosinköpfchens und das an das Myosin- (Energiespeicher). Sie enniiden nur langsam und erfi'tllen
köpfchen gebundene ATP wird in ADP und P; (anorgani- Funktionen bei der Aufrechterhaltung der Körperhaltung
sches Phosphat) gespalten. Diese Spaltung hat zur Folge, und bei Bewegtmgen, die keine große Kraft entwickeln. TJP-
dass sich das Myosinköpfchen aufrichtet und fest mit der 11-Fasern sind reich an Glykogen und glykolytischen Enzy-
nun freigelegten Bindungsstelle am Aktin verbindet. Das men. Mitochondrien und Myoglobin sind relativ spärlich
anorganische Phosphat löst sich vom Köpfchen ab, worauf- vorhanden (weille Farbe, Abb. 3.3.16). Sie können rasch gro-
hin das Köpfchen eine Kippbewegung von ca. 40° ausführt. ße Kraft entwickeln und haben einen hohen Energiebedarf,
Dieser Vorgang bewirkt, dass Myosin- und Aktinfilament den der normale aerobe Stoffwechsel nicht lange decken
ein kleines Stück aneinander vorbeigleiten. Dann löst sich kann. Sie sind nur kurze Zeit maximal aktiv und ermüden
134 3 Gewebe

Lösung von Pi aus dem


Komplex, Myosinköpfchen
kippen um ca. 40•

•• p.
I

Aktin akliviert die A TPase Abgabe von ADP bewirkt


des Myosins. Annaherung des weiteres Kippen der Myosinköpfchen
Myosins an Aklin. Hydrolyse bis zur Endstellung.
des ATP. ADP und Pi
(anorganisches Phosphat)
bleiben noch gebunden.

ATP
•• ' ATP

Myosin-

erneute ATP-Bindung -
Myosinköpfchen vom Aktin gelöst

Abb. 3. 3.1 5 Molekularer Kontraktionszyklus in einer Skeletbnuskelzelle (Schema). (Aus [5])

rasch. Mit besonderen Tedlniken lassen sich bei den Typ-TI-


Fasern 2 Untertypen erkennen.

Tonusfasern Außer den Zuckungsfasern gibt es noch viel


seltener sog. Tonusfasern. Diese sind sehr dünn und kom-
men in Muskelspindeln und in ge ringer Zahl in den Augen-
bewegungsmuskeln vor. Sie bi.lden mehrere Synapsen aus.
Tonusfasern kontrahieren sich entsprechend dem Ausmaß
der Depolarisation. Ihre Membran kann keine Aktions-
potenziale forlieiten.

Motorische Einheiten
Muskelfasern kontrahieren sich nidlt einzeln, sondern in
Groppen, die von den Venweigungen eines Axons innerviert
Abb. 3.3.16 Typen von Skeletbnuskelfasem. Glykogen- und motorische Einheiten ("motor units") genannt werden.
nachweis. Aufgrund ihres unterschiedlichen Glykogengehalts Kleine motorisdle Einheiten, z. B. in den kleinen Hand-
erscheinen die sehr glykogenarmen "roten" Fasern hier fast muskeln, bestehen aus 100- 300 Muskelfasern, größere, z. B.
ungefarbt (1), die glykogenreichen ,.weißen" Fasern rot- Arm- oder Beinmuskeln, bestehen aus 600-1700 Fasern. Die
violett (2). Eine weitere Differenzierung ist mit anderen einzelnen Fasern einer Einheil können relativ locker verteilt
histochemischen Methoden möglich. M. tibialis anterior, sein und im gleidlen Gebiet wie Fasern mehrerer anderer
Ratte. Färbung: PAS; Vergr. 120-fach. (Aus [1]) Einheiten vorkommen. Das Verhältnis an verswiedenen Fa-
3. 3 Muskelgewebe 135

...

a b
Abb. 3.3.17 Herzmuskulatur im Längsschnitt. a: Histologisches Präparat ~ Glanzstreifen; ... Zellkern. Färbung: H. E.;
Vergr. 300-fach. b: Immunhistochemischer Nachweis des Connexins 43 in den Glanzstreifen (-') ). Mensch; Gegenfärbung mit
Hämalaun, Vergr. 450-fach.

sertypcn in einem bestirrunten Muskel ist ziemlich konstant, 15-20 ~un dicken, meist einkernigen Herzmuskelzellen
aber nicht unveränderlich. Rote Pasern können sich in weiße (Kardiomyozyten) aufgebaut ist (Abb. 3.3. 17, Abb. 3.3.18).
urmv-andeln, was offenbar vor allem von ihrer Innervation be- Kennzeichnend sind:
stimmt wird. Experimentell kann der Austausch der Nerven • Kontaktstrukturen, über die die Herzmuskelzellen an ih-
zu einem langsamen mo rphologischen und funktionellen ren Enden miteinander verknüpft sind und die Glanz-
Umbau der Muskelfasern fiibren. streifen genannt werden
• dreidimensionale Verzweigungen der Herzmuskelzellen,
wodurch insgesamt eine komplexe, räumliche Struktur
3.3.3 Herzmuskulatur der Herzmuskulatur aufgebautwird
Herzmuskulatur ist eine besondere Fonn der quergestreif- • der in der Mitte der Zellen gelegene große Zellkern
ten Muskulatur, die aus großen, 50 - 120 11m langen und • die Vcrknüpfung der Herzmuskelzellen über Nexus (Gap
Junctions), welche im longitudinalen Bereich des Glanz-
streifens liegen und die Herzmuskelzellen elektrisch mit-
einander koppeln
• Erregung durch das Erregungsleitungssystem, das aus
speziellen Herzmuskelzellen besteht (myogene Erregung).

Herzmuskelzelle
Zytoplasma und Filamente Der quergestreifte kontrak-
tile Apparat mit Aktin- und Myosinfilamenten ist im Prinzip
wie bei Skelettmuskelzellen aufgebaut. Die Myofilamente
sind aber nicht durchgehend in einheitlichen schlanken
Myofibrillen angeordnet, sondern bilden zum Teil größere
Gebilde mit unregelmäßigem Umriss im Querschnitt. Sar-
komere sind bis ca. 2,5 1-1m lang und gleichen denen der
Skelettmuskulatur (Abb. 3.3.19, Abb. 3.3.20).

Abb. 3.3.18 Herzmuskulatur im Querschnitt. ... Zellkern, c


die Myofibrillen sind als Punkte oder kurze Striche erkenn- Abb. 3.3.19 Herzmuskel-
bar. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 300-fach. zelle im Längsschnitt.
136 3 Gewebe

Fasaa
adhaerens
''

Basallamina -----

T-Tubulus----

sarkoplasmabsches -Desmo-
...
Retikulum---- som

Mitochondrium

Titin-
filament
-·Z-Linie

-- Aktin-
filament
Glykogen-- Abb. 3.3.20 Kontraktiler
Apparat und Membran-
strukturen der Herzmus-
- M-Streifen kelzelle mit Außenansicht
einer Fibrille (Links) und
Längs geschnittenen Fibril-
Len und Teil eines Glanz-
streifens (rechts). Die Glie-
derung der Myofibrillen
entspricht im Wesentlichen
der der Skelettmuskelzellen.
Das sarkoplasmatische Reti-
kulum ist einfacher gebaut
als in den Skelettmuskel-
zellen, die T-Tubuli sind
relativ weit. (Aus [1])

Zellkem Der plump klssenförmige Zellkern liegt im Zen- T-Tubuli und sarkoplasrnatisches Retikulum Die relativ
trum der Zelle. Selten sind 2 Kerne vorhanden. Während weiten, von der Zellmembran ausgehenden T-Tubuli wer-
des Wachsttuns und bei Hypertrophie der Herzmuskulat m den von der Basallamina ausgekleidet und finden sich in
ist der Kern oft polyploid. Der Kern ist euchromatinreich Höhe der Z-Streifcn, es gibt also nur einen T -Tubulus pro
und hat einen oder zwei Nukleoli (Abb. 3.3.19). An den Sarkomer. Die T-Tubuli können auch längs verlaufende
beiden Enden der Kerne finden sich myofilamentfreie Zweige ausbilden (transversales axiales tubuläres System,
Zytoplasmafelder, die Organellen, zahlreiche Glykogengra- TATS). In den Vorhöfen des Herzens sind die Herzmuskel-
nula, Lipidtropfen und mit zunehmendem Alter immer zellen schlank und haben kaum T -Tubuli. Abbildung 3.3.21
mehr Lipofuszingranula (braunes Abnutzungspigment) weist auf funktionell besonders wichtige Komponenten
enthalten. (Rezeptoren, Pumpen, Ionenkanäle) hin. Das longitudi-
nale sarkoplasmatische Retikulom (SR) ist in geringerem
ZellorganeHen Zwischen den fibrillären Struktmen lie- Ausmaß vorhanden und einfacher struktmiert als in den
gen Reihen sehr großer, cristareicher Mitochondrien, au- Skelettmuskelzellen (Abb. 3.3.20). Es bildet unter der Zell-
ßerdem sind hier viel Glykogenpartikel und Lipidtropfen membran der T-Tubuli sowie an der Oberfläche der Fibril-
eingelagert (Abb. 3.3.19). Die Mitochondrien sind oft lang len flache Schläuche und Zisternen und im Bereich des
wie ein Sarkomer, können aber sogar ca. 3-mal so lang sein A-Streifens ein relativ dichtes Netz. Typische Tenninal-
und 8 f.11U Länge erreichen. Glykogen und Triglyzeride sind zistemen und Triaden fehlen. Stattdessen treten einzelne,
wichtige Energiequellen dieser Zellen. z. T. erweiterte Zisternen an die T-Tubuli, und es entstehen
Dyaden. Beide Membransysteme sind wie in der Skelett-
3. 3 Muskelgewebe 13 7

.
Myofibrillen
'
Kon taktstelle einer
Herzmuskelzelle
mit einer benachbarten

Zellmembran der
Herzmuskelzelle

- -Nexus
-· Desmosom
-- Fascia adhaerens

- - ' 1-adrenerger Rezeptor


-- Calciumkanal
l:rlll:l....-.;:· ~ - ca2•
-- RYR2-Ca2• -Kanal
- -Calcium
'•, DHPR m~ Ca2• .Kanal
' , __ T-Tubu lus

Na•
--;;r"'·l;·~~- -~
2- -- Austauscher
3 Na•Jea2•.

.
sarkoplasmatisches Na•
Retikulum K."."._,. _ _---- Na•-K• ·ATPase

Abb. 3.3.21 Strukrur der Herzmuskelzelle (Schema). Abb. 3.3. 22 Glanzstreifen in der Herzmuskularur in
Dort wo 2 Herzmuskelzellen anei nandergrenzen, bilden sich einer EM· Aufnahme. 1 Fascia adhaerens; 2 Oesmosom;
di e st ufenförmigen Glanzstreifen aus. In deren transversalen ~ Nexus; 3 Mitochondrium; 4 Myofibrille; * Basallamina
Anteilen befinden sich Fasciae adhaerent es, die jeweils hal- der Muskelzelle. Ratte; Vergr. 50000-fach.
ben Z- Linien entsprechen. Hier sind die terminalen Aktin-
filamente verankert. Außerdem kommen hier Desmosomen
vor. In den longitudinalen Anteilen der Glanzstreifen liegen
die Nexus, di e der elektrischen Kopplung dienen . RYR2 =
Ryanodinrezeptor 2; OH PR - Oihydropyridinrezept or.

Herzmuskel-
zelle mit zahlreichen
muskulatur über Protcinrc:z.cpto rmoleküle funktionell ver- dichten Granula.
bunden.

Kontraktion Die Dihydr opyridinre:z.eptoren der Muskel-


zellmembran sind in der Herzmuskelzelle eng mit einem (Abb. 3.3.21, Abb. 3.3.22), die zusätzlich der festen m echa-
spannungsgesteuerten Calciumkanal verbunden, durch den nischen Verbindung der Herzmuskelzellen dienen. In den
bei Erregung infolge eines Aktionspo tenzials Calcium in die Desmosomen sind Desminfilamente verankert. Im Verlauf
Zelle einströmt. Dieses Calcium öffnet die Ryano dinre:z.ep- der longitudinalen Anteile der Glanzstreifen sind größer e
toren der Membran des SR. Nexus (Gap Junctions) ausgebildet (Abb. 3.3.21, Abb.
3.3.22), ftber die die H erzmuskelzellen elektrisch gekoppelt
Glanzstreifen Die Glanzstreifen (Disci intercalares) sind sind, sodass sich die elektrische Erregung verzögerungsfrei
im Längsschnitt durch die Herzmuskulatur treppenförmig in der H erzmuskulatur ausbreiten kann. Connexin 43 ist
str ukturiert. An den transversal verlaufenden Partien der die wesentliche Komponente der Gap Jttnctions im Herzen
Glanzstreifen enden die halben I-Streifen der letzten Sarko - (Abb. 3.3.17).
m ere. Ihre Aktinfilamente sind hler in Fasciae adhaerentes
verankert, die praktisch einem Z-Streifen entsprechen ANP und BNP In den Hcrzmuskel:z.ellen beider Herzvor-
(Abb. 3.3.22). Verbunden sind die Zellen hier über Cadhe- höfe (Atrien), vor allem im rech ten und linken Herrohr
rine (ein spezieller Adhärenskontakt). In den transversalen (Auricula cordis), bilden die Her1..muskel:z.ellen kleine,
Abschnitten der Glanzstreifen liegen auch Desmosomen elektronendichte Sekrctionsgranula (Abb. 3.3.23), die das
138 3 Gewebe

Potential [mV)

Abb. 3.3.24 Erregungsbtldungs- und


-leitungssystem des Herzens (Schema). Den mor-
phologischen Strukturen (links) Lassen sich jeweils
typische elektrische Ableitungen zuordnen (rechts).
rechter und linker.__ __. Sinus- und Atrioventrikularknoten sind über das
Kammerschenkel Arbeitsmyokard des rechten Vorhofs elektrisch ver-
0 0,25 0,5 bunden. Der linke Kammerschenkel bildet 2 große
Zeit [s) Äste. (Aus [5))

atriale n atriuretische Peptid (ANP = Atriopeptin) ent-


halten. Dieses Hormon spielt eine Rolle bei der Volumen-
regulation und wird sezerniert, wenn das Volumen des Ex-
trazellulärratuns anwächst und somit der Druck im Vorhof
erhöht wird. Es fordert die renale Natritunausscheidung
durch Erhöhtmg der Filtrationsfraktion und hemmt in den
Sarnrnelrohren die NaCl-Resorption. Die Kammermusku-
latur bildet das 8 -Typ· natriuret ische Peptid (BNP), das
dem ANP eng verwandt ist. Sein Blutspiegel ist der Richt-
wert flir das Ausmaß einer Herzinsuffizienz.

Klinik Bei andauernder vennehrter Belastung, z. B. bei


3
t
Bluthochdruck, vergrößern sich die Herzmuskelzellen, was
insgesamt zu Herzvergrößerung führt. Das Phänomen der
Zellvergrößerung wird Hypertrophle genannt (s. a. Kap. 5). \ 2'
'
Erregungsleitungssystem
Ablauf tmd Koordination der Kontraktion der Herzmus- 1
kulattLC werden vom Erregungsleitungssystem gesteuert. Es
besteht aus speziellen fibrillenarmen und glykogenreichen Abb. 3.3.25 Purkinje-Fasern. Abgebildet ist der an das
Herzmuskclzcllcn, die autonom Erregungen bilden (myoge- Ventrikellumen (1) grenzende Teil des Septums. An das Endo-
ne Erregung). Die genetisch bestimmte Freq uenz des Erre- kard (2) angrenzend befinden sich Anschnitte durch Teile des
gtmgsleitungssystems wird vom Sympathikus beschleunigt Erregungsleitungssystems (3, Purkinje-Fasern). Sie sind hell
tmd vom Parasympathikus verlangsamt. Die meisten An- (glykogenreich) und enthalten nur spärlich periphere Myo-
teile dieses Systems liegen tmter dem Endokard, also in der fibrillen. Es liegt immer nur ein Kern vor. Am linken Bildrand
Innenschlcht der Herzwand. Polgeode Strukturen gehören sind die kleineren eosinophilen normalen Herzmuskelzellen
dem Erregungsleitungssystem an (Abb. 3.3.24): des Arbeitsmyokards (4) zu sehen. Das Endokardendothel ist
• Sinusknoten (sinuatrialer Knoten, Keith-Plack-Knoten) flach, die Bindegewebsschicht des Endokards im Ventrikel
• atriovcntrikulärer Knoten (AV -Knoten, Aschotr-Tawara- relativ dünn. Herzmuskulatur, Ventrikelseptum, Schwein;
Knoten) Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1])
• His-Bündel (atrioventrikuläres Bündel)
• Kammerschenkel (Tawara-Schenkel)
• Purkinje-Fasern (Abb.3.3.25).

Sinusknote n Der Sinusknoten ist der Schrittmacher der selbst ist kein Gewebe des Erregungsleittmgssystem ausge-
H erztätigkeit. Seine Erregungsleitungsfrequenz ist höher als bildet. Die Muskelzellen des Sinusknotens sind verzweigt
die der anderen, nachgeordneten Stationen des Erregungs- und relativ rnitochondrienreich, sie enthalten wenige, unre-
leitungssystems. Er ist ca. 1,5 cm lang und 2 - 3 1mn breit gelmäßig angeordnete Myofibrillen tmd sind über Nexus
und liegt zwischen Einmündung der oberen Hohlvene in und Desmosomen untereinander ltnd mit den Myokard-
den rechten Vorhofund dem rechten Herzohr. Im Vorhof zellen des rechten Vorhofs verbunden.
3. 4 Nervengewe be 139

AV-Knoten und His- Bündel Der AV-Knoten liegt unter


dem Endokard des Vorhofseptums, dicht an der Grenze zur
H erzkammer. Das His-Btindelleitet die Erregung aus dem
Vorholbereich durch das bindegewebige H erzskelett hin-
durch zu den Ventrikeln weiter. Vor allem im AV-Knoten
Abb. 3.3.26 Zellen der
und im His-Blinde! kommen auch Zellen mit intermediä-
Purklnje-Fasern.
ren Merkmalen zwischen normalen Myokardzellen und
den Zellen des Errcgungsleittmgssystems (Übergangszel-
len) vor.
die Endverzweigungen des Erregungsleitungssystems, die
Kammerschenkel Rechter und linker Kammerschenkel schließlich die Erregung auf die Myokardzellen übertragen.
verzweigen sich, wobei der linke rasch 2 große Aste bildet. Oie PLtrkinje-Fasern sind über Desmosomen, kleine Fasciae
Auch die Kammerschenkel verlaufen unter dem Endokard. adhaerentes und Nexus verbunden, aber typische Glanz-
streifen werden nicht ausgebildet. Das Zytoplasma ist gly-
Purkinje-Fasern Oie zylindrischen Myozyten der Kam- kogenreich tmd arm an Myofibrillen, die vor allem in der
merschenkel und der Purkinj e-Fasern bilden lange Ketten Zellperipherie liegen (Abb. 3.3.26).
tmd sind über Nexus tmd Desmosomen verbtmden. Sie
werden auch PLtrkinje-Myozyten (Zellen der Purkinje-
Merke Purkinje-Myozyten: kürzer tmd doppelt so dick
Pasern) genannt (Abb. 3.3.25). Sie sind ca. 50 ~tm lang tmd
ca. 30 ~tm dick, also kürzer und doppelt so dick wie die wie normale myokardiale Myozyten (fibrillenarm, glyko-
genreich), keine typischen Glanzstreifen.
normalen myokardialen Myozyten. Purkinje-Fasern sind

3.4 Nervengewebe

T. Dellerund U. Welsch
- - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Das Nervengewebe ist das spezifische Gewebe, aus dem Axone sind von Gliazellen tuugeben, die sie isolieren und
das Nervensystem aufgebaut ist. Oie zentralen Aufgaben ernähren (ZNS: Oligodendroglia; PNS: Schwann-Zellen).
sind die rasche Übertragung, Verarbeitung und Speiche- Fortsätze der Gliazellen umwickeln kturzc Strecken des
rung von Informationen und die Fähigkeit zur Anpassung Axons und bilden Lamellen aus Myelin. Zwischen 2 Mye-
an Änderungen in der Umwelt. Das Nervengewebe be- lin-Segmenten liegen kurze Unterbrechtmgen (Ranvier-
steht aus 2 Gruppen von Zellen: Schnürringe). Durch die Myelin-(= Markscheide) wird
• Neurone: Nervenzellen vennitteln elektrische Signale eine besonders rasche Erregungsleittmg (saltatorische
(Aktionspotenziale) über große Distanzen an Zielstruk- Erregtmgsleitung) ermöglicht. Axone und Hüllzellen
turen (z.B. andere Nervenzellen, Muskeln, Drüsen). sind von EndoneLtriwn wngeben, mehrere solche Pasern
Sie bestehen aus Dendriten, Zellleib (Soma!Perikaryon) schließen sich zu Faszikeln zusammen (tungeben von Pe-
tmd Axon. Dendrit tmd Soma nehmen Informationen rineuritun) tmd diese wiederw11 zwn Nerv (tungeben von
auf, das Axon leitet sie an die ZielstruktLtren weiter. Epineuritun).
• Gliazellen: Sie sind z. B. Teil der Blut-Hirn-Schranke, Die Informationsllbertragtmg zwischen Nervenzellen
ernähren die Nervenzellen, gewährleisten ihre Erreg- und ihren Zielzellen findet llber Synapsen statt. Elektrische
barkeit und beteiligen sich an der synaptischen Übertra- Synapsen koppeln 2 Zellen über Gap Junctions. Che-
gung. Aber auch fi.Lr die Bildung von Markscheiden, als mische Synapsen nutzen chemische Botenstoffe (Neuro-
Abwehrzellen oder bei der Auskleidtmg des Ventrikel- transmitter) zttr Informationsweiterlcitung. Sie können
systems sind sie von Bedeutung ihre Übertragtmgseigenschaften ändern, d. h. in Abhän-
Nerven sind von Bindegewebe ttmhtillte Bündel von Axo- gigkeit von ihrer Aktivität verstärkt oder abgeschwächt
nen tmd Schwano-Zellen im peripheren Nervensystem. werden (synaptische Plastizität).

3.4.1 Allgemeine Neuroanatomie Aufgaben des Nervengewebes


Das wichtigste Kontroll- und Koordinationssystem des Informationsverarbeitung Oie zentrale Eigenschaft von
menschlichen Körpers ist das Nervensystem. Das Gewebe, Nervengewebe ist es, Informationen in Porm chemischer
aus dem es besteht, bezeichnet man als Nervengewebe. Es oder physikalischer Signale aufzuneluuen, diese in elektri-
vennittelt sensorische Wahrnelummgen (z.B. Tast- und sche Erregtmgen umzuwandeln, weiterzuleiten, zu verar-
Berührungsgefühl), kontrolliert motorische Bewegungen beiten, zu speichern und auf andere Zellen, die zum Teil
(z. B. beim Klavierspicl) und bildet das biologische Substrat weit entfernt sind, w übertragen. Auch wenn grundsätzlich
für die höheren ge.istigen Leistungen des Menschen (z. B. jede Zelle zur Veränderung ihres Membranpotenzials in
Sprache). der Lage ist und elektrische Signale nutzt, ist nur das Ner-
vengewebe zur schnellen Informationsübertragung über
weite Strecken und Zltf komplexen Integr-ation einer Viel-
zahl von Signalen in der Lage.
140 3 Gewebe

Anpass ungsfähi gkeit Diese Fähigkeiten reichen aber für gend aus den Axonen der Nervenzellen ttn d dem fettreichen
einen komplexen Organismus nicht aus, um in einer sich Myelin der Gliazellen bestehen, erscheinen mit bloßem
ständig verändernden Umwelt zu überleben. Hinzu kom- Auge relativ hell und werden weiße Substanz (Substantia
men muss die Fähigkeit der Anpassung, d.h. die Möglich- alba) genannt. Das komplexe Geflecht von Axonen und
keit, Informationsi:lbertragung und -verarbeittmg bedarfs- Dendriten in der Nähe von Perikarya in der grauen Subs-
gerecht zu verändern (neuronale Plastizität). Erst diese tanz (oder auch in Ganglien des PNS) ist das Neuropil.
Eigenschaft erlaubt es dem Nervengewebe, neue Informa- Ist die graue Substanz an der Hirnoberfläche ausgebreitet
tionen oder neues Wissen zu erkennen, abzuspeichem tmd und überdeckt die weiße Substanz, spricht man von einer
bei Bedarf aus dem Gedächtnis abzurufen. Rinde (Kortex). Ist die graue Substanz umschrieben und
in die weiße Substanz eingelagert, spricht man von einem
Kerngebiet (Nudeus).
Gliederung des Nervensystems Die Axone verlaufen in der weißen Substanz gebündelt als
Gebräuchliche und praktikable Einteilttogen sind: Baltnen (Tractus). Urspntng und Ziel der Bahnen werden
• zentrales und peripheres Nervensystem (ZNS/PNS; Glie- im Namen angegeben (z.B. Tractus corticospinalis).
derung nach der Anatomie und Topographie)
• somatisches und vegetatives Nervensystem (Gliederung PNS - Ganglien und Nerven Auch im PNS finden sich
nach der Funktion). regionale Ansammlungen von Perikarya mit Nettropil. Sie
werden als Ganglien bezeichnet. Die Ganglien des PNS
Das ZNS tunfasst Gehirn Ltnd Rückenmark, zum PNS ge- können entweder dem vegetativen Nervensystem (vegeta-
hören alle nervösen Strukturen außerhalb des ZNS, d. h. alle tive Ganglien) oder dem somatischen Nervensystem zuge-
peripheren Nerven und Ganglien. Das somatische (animale) ordnet werden (sensorische Ganglien; hierzu zählen z. B.
Nervensystem besteht aus den Teilen des Nervensystems, die Spinalganglien). Die vegetativen und sensorischen Gan-
welche die BeziehLmg des Organismus zu seiner Umwelt glien sind streng zutmterscheiden, da ihre Verschalttmgen
steuern und koordinieren. Das vegetative (autonome) Ner- ttnd Fttnktionen sehr unterschiedlich sind (s. a. Kap. 18.2;
vensystem steuert die Tätigkeit der Eingeweide. Sowohl das Tab.l8.2).
somatische als auch das vegetative Nervensystem haben Die Axone der Nervenzellen bilden im PNS anders als
Nervenzellen im ZNS ttnd im PNS. im ZNS keine geschlossene weiße Substanz, sondern lange
Stränge, die Nerven. In den Nerven können Axone zum
ZNS verlaufen (sensorische Axone) oder vom ZNS zur Peri-
Zellen des Nervengewebes und ihre Anordnung pherie (motorische Axone). Die meisten Nerven enthalten
Neurone und Gliazellen Nervengewebe kann - verein- nicht nur einen Fasertyp, sondern sensorische und motori-
fachend - in Nervenzellen (Neurone) tmd Gliazellen sche Axone. Man spricht dann von gemischten Nerven.
(Stützzcllen) eingeteilt werden. Beide werden für die nor-
male Funktion des Nervengewebes benötigt. Sie haben un-
terschiedliche Eigenschaften (Tab. 3.4. 1). Informationsübermittlung
Prinzipien Zur Infonnationsübertragttng tmd -Verarbei-
ZNS - graue und weiße Substanz Im ZNS bilden Neu- tung nutzen Nervenzellen einen gerichteten Informations-
rone Regionen mit mehr oder weniger dichten Ansamm- fluss über ihre Fortsätze, die Dendriten und Axone. Über
lungen von Perikarya (Somata/Zcllleibern, Kap. 3.4.2). die Dendriten erreichen Informationen die Nervenzelle
Diese Regionen sind bei Betrachtung mit blofkm Auge re- (Eingang), iiber Axone und die Endstrukturen der Axone
lativ dunkel ttnd werden daher als graue Substanz (Sub- werden Informationen an andere Nervenzellen oder Ziel-
stantia grisea) bezeichnet. Regionen im ZNS, die übem>ie- organe weitergegeben (Ausgang). Die Kontaktstelle zwi-
schen einer Nervenzellen ttnd ihrer Zielzelle (z. B. eine an-
dere Nervenzelle oder eine nicht neuronale Zielzclle)
Tab. 3.4.1 Funktion der Zellen des Nerven- bezeichnet man als Synapse. An den meisten Synapsen wer-
gewebes. den die elektrischen in chemische Signale umgewandelt,
indem chemische Botenstofic freigesetzt werden, welche die
Nerven- • Übertragung von Informationen Informationen vom Axon der einen Zelle zum Dendriten
zellen • Verarbeitung von Informationen der anderen Zelle übertragen. Diese Botenstoffe werden
• Speicherung von Informationen Neurotransmitter genannt. Sie binden an Rezeptoren der
• Anpassungsf.ihigkeit (Plastizität) Zielzelle ttnd lösen dort wieder ein elektrisches Signal aus.
Begriffe Um Richttmg Lmd Inhalt der vom Nervenge-
Glir • Ernährung und Schutz von Nervenzellen
zeUen • Aufrechterhaltung des extrazellulären webe übertragenen Informationen genauer zu beschreiben,
chemischen Milieus (Homöostase) werden üblicherweise folgende Begriffe verwendet:
• elektrische Isolation der Nervenzellen • Afferenzen nehmen Reize auf Lmd leiten sie zum ZNS,
gegeneinander man nennt sie sensorisch (im Zusarrtn1enhang mit der
• Beeinflussung der Informationsübertragung Tast- und Berllhrungssensibilität sensibel)
• Verbesserung der Informationsweiterleitung • Efferenzen leiten Erregungen vom ZNS zu Zielzellen
• Abwehrfunktion (Effektorzcllen), z. B. Muskelzellcn; man bezeicltnet sie als
• Reparaturfunktion motorisch.
• Abgrenzung des Nervengewebes
Die begriffiiche Unterteilung der Afferenzen in sensorisch
• Stützfunktion
und sensibel ist historisch bedingt ttnd findet sich nur in der
3. 4 Nervengewebe 141

deutschsprachigen Literatur. Sensorisch wird ftlr Informa-


tionen aus den "höheren" Sinnesorg-anen (Retina, Innenohr,
Riechschleimhaut, Geschmacksknospen) verwendet, sensi-
bel für Erregungen aus den "einfachen" Sinnesstrukturen
der Haut und der Eingeweide. Tm internationalen Sprach-
gebrauch ist nur der Begriff "sensorisch" gebräuchlich, da
die zugrunde liegenden physiologischen Prozesse gleich sind
und eine "Hierarchie der Sinne" einer wissenschaftlichen
Grundlage entbehrt. In diesem Buch wird die international
übliche Bezeichnung "somatosensorisch" für die ,,sensiblen"
Afferenzen aus der Haut und dem Bewegungsapparat ver-
wendet
Afferenzen und Efferenzen werden in Abhängigkeit von
ihrer Zugehörigkeit zw11 somatischen und vegetativen Ner-
vensystem weiter untergliedert:
• viszerasen sor ische Afferenzen: vegetatives Nervensys-
tem; leiten Erregungen aus den Eingeweiden
• somatasensorisch e Afferen zen: somatisches Nervensys-
tem; leiten Erregungen aus Haut und Bewegtmgsapparat;
Afferenzen aus den großen Sinnesorganen (z.B. Auge
tmd Innenohr) werden speziell benannt, z.B. optisch,
akustisch oder olfaktorisch
• viszeramotorische Efferen zen: vegetatives Nervensys- Abb. 3.4.1 Perikarya (Ze llleiber) multipolarer Nerven-
tem; leiten Erregtmgen zu den Eingeweiden, vorwiegend zellen (* ) im Routine-H. E.-Präparat. Der Kern( ~) ist groß
zu glatter Muskulatur tmd Drüsenzellen und rundlich und hat einen dichten punktförmigen Nukleo-
• somatornotorische Efferenzen: somatisches Nervensys- lus. Die nach ihrem Entdecker als Nissl-Substanz bezeichne-
tem; leiten Erregungen zur Skelettrnuskulatur, Willkür- ten, stark basophil farbbaren, schoUi~.en Flecken im Zyto-
motorik. plasma sind das lichtmikroskopische Aquivalent eines gut
entwickelten RER. In der unteren großen Nervenzelle ist der
Merke Zellkern nicht angeschnitten. 1 Blutgefäß; 2 Neuropil der
• afferent: zu einem Bezugsptmkt hin (z. B. ztrm ZNS grauen Substanz; 3 quer geschnittene myelinisierte Nerven-
oder zu einer Nervenzelle) fasern der weißen Substanz. Vorderhorn des Rückenmarks,
• efferent: von einem Bezugspunkt weg (z. B. vom ZNS Makak; Färbung: H. E.; Vergr. 380-fach.
oder von einer Nervenzclle).

3.4.2 Zelltypen ;m Nervengewebe


Entwicklung Das Nervensystem stammt von einem em- jeweils interessierenden Teilaspekte des Nervengewebes
bryonalen Epithel ab, dem Ektoderm. Teile des Ektoderms sichtbar machen (s. a. Tab. 18.1 ). So gibt es Färbungen, die
senken sich in das darunter liegende Gewebe ab tmd bilden den Zellkörper darstellen (Niss!- und Pigmentfiirbungen),
ein Rohr, das Neuralrohr. Aus dem Neuralrohr entsteht die Faserverläufe (Markschcidenfarbungen) oder die Einzel-
das ZNS: aus seinem vorderen Abschnitt das Gehirn, aus zellen (Golgi -Silberimpr'agn ationstechn iken; intrazelluläre
seinem hinteren Teil das Rückenmark. Bei der Bildung des lnjektionstechniken). Um ein Bild eines Nervengewebes zu
Neuralrohrs entstehen aus dem Ektoderm dorsolateral vom erhalten, muss man die Ergebnisse dieser verschiedenen
Neuralrohr aufbeiden Seiten Zellhaufen, die Neuralleisten . Färbungen zusammenflihren.
Aus den Neuralleisten bilden sich die Ganglien und große
Anteile des PNS sowie weitere nicht neuronale Strukturen.
Das Nettroepithel des Nettralrohrs und die Neuralleisten-
Nervenzellen (Neurone)
zellenwerden zusammen als Neu roektoderm bezeichnet. Allgemeines
Das Neuroektoderm ist das Vorläufergewebe des Nerven-
gewebes. Aus ilim entstehen sowohl die Nervenzellen als Neu rona les Netz Nervenzellen nehmen chemische oder
auch die meisten Gliazellen (Ausnallme: Mikroglia; dieser physikalische Signale auf, wandeln sie in elektrische Erre-
Gliazelltyp entstammt dem Knochenmark). Oie Viclzalll der gtmgen um, verarbeiten sie tmd leiten das Ergebnis an Ziel-
zellulären Formen im Nervengewebe, z. B. die Vielzahl un- zellen weiter. Die Gesamtzahl der Nettrone im Nerven-
terschiedlich gebauter Nervenzellen, lässt sich somit auf ein system des Menschen ist tmgeheuer groß und wird auf ca.
einziges Vorläufergewebe zurückführen. 10' ._ 1012 geschätzt. Unter diesen Zellen sind nur relativ
wenige, die unmittelbar Kontakt mit der Körperperipherie
Histologische Färbungen Oie Standardrarbungen (H.E.- haben und von ihr sensorische Informationen erhalten bzw.
und Azan-Färbung) stellen im Nervengewebe nur Teile der motorisch Körperfunktionen steuern. Oie meisten Nerven-
Zellen dar. Mit der H. E.-Pärbung (Abb. 3.4.1) lassen sich zellen treten mit anderen Nervenzellen in Kontakt und
z. B. nur die Perikarya der Nervenzellen und die Zellkerne dienen somit der Verarbeitung von Informationen. Je nach
der Gliazellen erkennen, die Dendriten und Axone sind Nervenzelltyp und Punktion kann eine Nervenzelle mit
kaum erkennbare rötliche Linien oder Geflechte. Es wurden wenigen oder mit Tausenden von Nervenzellen verbunden
daher histologische Färbetechniken entwickelt, welche die sein.
142 3 Gewebe

Abb. 3.4. 2 Pyramiden-


zelle.

Merke Die gemeinsame Eigenschaft aller Nervenzellen ist


die Fähigkeit zur Aufnahme und Weiterleitung von Sig-
nalen.

Morphologie und Funktion Neurone sind sehr variabel


in Größe und Form (s.a. Abb. 34.11). Ihre Perikarya kön -
nen klein (ca. 10 ~m1, z.B. Körnerzellen im Hippocampus)
oder groß (100 ~tm, z.B. Bett-Riesenpyramidenzellen der
Schicht V der Großhirnrinde; Abb. 3.4.2, Abb. 3.4.3) sein,
viele den dritisch e Portsätze (z. B. Purkinje-Zellen des Klein-
hirns; Abb. 3.4.4) oder nur einen einzigen (z. B. pseudo uni-
polare Ganglienzellen; Abb. 3.4.11) haben. Die einfachste
Erklärung für diese Formenvielfalt ist, dass die Morpholo-
gie für die jeweilige Funktion optimiert ist.

Dendriten und Axon An einer vollständig gefärbten ein-


zelnen Nervenzelle (Abb. 3.4.2; Abb. 3.4.5) erkennt man ei-
nen Zellleib (Perikaryon, Soma) und 2 Typen von Fortsät-
zen: i. d. R. mehrere Dendriten und ein A..x on . Zellleib und
Dendriten bilden eine funktionelle Einheit (somatoden- Abb. 3.4.3 Perikarya von Neuronen der Schicht V der
dritisches Kompartiment) und sind vom Axon (axonales motorischen Endhimrinde. Dargestellt sind vor allem große
Kompartiment) sowohl funktionell als auch strukturell ver- und kleine Pyramidenzellen. Ratte; Färbung: modifiziert nach
schieden: Dendriten und das Pcrikaryon nehmen von ande- Golgi; Vergr. 250-fach.
ren Nerven- und Sinneszellen Erregungen auf (elektrophy-
siologisch messbar als ,.postsynaptische Potenziale"), die im
Zellleib Stmlllliert werden und, falls sie eine bestimmte
dieser Neuronein Richtung auf das Perikaryon leiten. Attf-
Schwelle überschreiten ("überschwellig werden"), ein Ak-
gnmd der fehlenden Eindeutigkeit wird in diesem Lehr-
tionspotenzial im Abgangsbereich des Axons (Axonini-
buch auf diese Bezcichnllng verzichtet.
tialsegrnent) auslösen. Von dort gelangen die Erregtmgen
weiter bis zur Axonendigung.
Perikaryon (Soma, Zellleib)
Merke
Funktion Das Perikaryon einer Nervenzelle enthält den
• somatadendritisches Kompartiment (Soma, Dendri-
Kern (genetische Information) ltnd viele Organellen Zltr
ten; dendritische Dornen); Eingangvon Signalen
Proteinbiosynthese. Es ist das .,Stotfwechselzen trum" der
• a.xonales Kompartiment (Axon); Ausgang von Signa-
Nervenzelle. Proteine, die im Pcrikaryon synthetisiert wer-
len
den, gelangen über intrazelluläre Transportmechanismen
Die 2 Kompartimente der Nervenzelle verdeutlichen, dass in die Dendriten oder in das Axon. Außerdem bilden Axo-
Neurone in Bezug auf Struktur und Ftmktion polar orga- ne an derer Nervenzellen am Perikaryon erregende und
nisiert sind. Viele Eigenschaften des somatodendritischen hemmende axosomatische Synapsen (außer am Perikaryon
Kompartiments der Nevenzellen finden sich auch in ande- der pseudoltnipolaren Nervenzellen in den sensorischen
ren Zellen des Körpers. So besitzen z.B. Epithelzellen eben- Ganglien). Das Perikaryon kann also, ähnlich wie die
falls eine hohe Polarität (apikal versus basal), und Podozyten Dendriten, Infonnationen aufnehmen und verarbeiten. Die
der Niere oder dendritische Zellen des Immtmsystems kön- Oberfläche eines Perikaryons ist jedoch im Vergleich zur
nen komplexe Verzweigungen von kurzen Fortsätzen bil- Oberfläche des Dendritenbaltms relativ klein, weshalb die
den. Das axonale Kompartiment hingegen findet sich nur meisten Synapsen einer Nervenzelle an den Dendriten zu
bei Nervenzellen. Es unterscheidet sie von allen anderen finden sind. Die rein e Zahl der Synapsen ist bei der In-
Körperzellen. formationsübermittlung im Nervensystem jedoch nur ein
Aspekt, wichtig ist auch ihre genaue Lage und Funktion. So
Neurit Zur Bezeichnung der Nervenzellfortsätze findet ist das Perikaryon einzige Zielstruktltr einer spezialisierten,
sich auch der Bcgntr Neurit. Dieser wird jedoch dreifach hemmenden Nervenzelle (Korbzclle, Abb. 3.4.6). Korbzel-
verwendet: flir das Axon, als Oberbegriff für Axon tmd len kommen im ZNS in fast allen Regionen vor und regu-
Dendrit tmd für die speziellen langen Fortsätze der Spinal- lieren die Erregbarkeit des Nervengewebes (z. B. Schutz vor
ganglienzellen, die die Erregtmgen aus der rezeptiven Zone Übererregung ltnd Epilepsie, s. a. Kap. 18.3.2).
3.4 Nervengewebe 143

a b
Abb. 3.4.4 Dendritenverzweigungen. a: Purkinje-Zellen mit kandelaber- bzw. spalierobstartigen dichten Verzweigungen
der rindenwärts ziehend en Dendriten (1). Das Axon der Purkinje-Zellen entspringt an der unteren Zirkumferenz des fl.aschen-
<• ).
kürbisförmigen Zellleibes (-+ ). Golgi-Zelle Schmaler Bindegewebsraum (Sulcus) zwischen 2 Falten (Folien) der Kleinhirn-
oberfläche(*)· Kleinhirn, Hund; Färbung: Silberimprägnation nach Golgi; Vergr_ 240-fach. b: Die Dendritenverzweigungen
sind reich mit Dornen(-+) besetzt. 1 Perikaryon einer Purkinje-Zelle. Kleinhirn, Hund; Färbung: Silberimprägnation nach Gol-
gi. Die Golgi-Technik imprägniert zufällig einzelne Zellen (Neurone und Glia), aber nie alle Zellen in einem Gewebe. Sie eignet
sich daher hervorragend zur Untersuchung der Einzelzellmorphologie_ Vergr. 460-fach_

Struktur und Ultrastruktur Das Perikaryon einer Ner- hormonen, Neurotransmittern, Lysosomen, Membranen
venzelle kann runde, ovale oder pyramidenähnliche Form der Transmitterbläschen und von Anteilen der sich ständig
haben, es kann mit ca. 8 pm winzig (Körnerzellen des umwandelnden und erneueroden Zellmembran. Golgi-Ap-
Kleinhirns) oder mit 60 - 100 pm riesig sein (Riesenpyra- parate Jassen sich auch in proximalen Dendriten nachwei-
midenzellen des Kortex). Entsprechend seiner Funktion als sen. Mitochondrien sind zahlreich vorhanden. Sie kommen
Stoffwechselzentrale enthält es einen großen euchromatin- auch in Dendriten und Axonen vor, in deren Terminal-
r eich en Kern mit relativ großem, klar begrenztem Nukleo- strukturen sie besonders zahlreich sind. Lysosomen kom-
lus (Abb. 3.4.1, Abb. 3.4.7). Bei erregenden Nervenzellen ist men in ihren verschiedenen Differenzierungsphasen vor
der Kern meist rund, bei hemmenden Nervenzellen hat er und sind in den verschiedenen Nervenzelltypen in charak-
häufig starke Einfaltungen (Abb. 3.4.7). Tm perinukleären teristischer Weise verteilt. Funktionelle Endstadien der Lyso-
Zytoplasma liegen Stapel des rauen ER, die sich aufgrund somen bilden die sog. Lipofuszingra nula, die eine gelblich
ihres Reichtums an Ribosomen im lichtmikroskopischen, braune Eigenfarbe haben (Abb. 2.65) und die in vielen Ner-
mit basischen Farbstoffen gefarbten Präparat als schollen- venzellen mit dem Alter zunehmen. Manche Neurone besit-
fi rmige Strukturen darstellen, den Nissl-Schollen (auch zen aber schon relativ früh viele Lipofuszingranula. Glyko-
Nissl-Substanz, Tigroidsubstanz, Abb. 3.4.1; Pranz Niss!, genpartikel und einzelne Lipid tropfen konu11en regelmäßig
1860-1 919, Psychiater in Heidelberg und Mlinchen). vor. Einzelne Neurone enthalten Melaningranula (Substan-
Nissl-Schollen sind Ausdruck intensiver Proteinsyntbese. tia nigra, Locus cocruleus, Abb. 3.4.8} oder auch Gramt!a
Ihre morphologische Ausprägung ist in den einzelnen Ner- mit cisenhaltigem Pigment (Nucleus ruber u. a.).
venzelltypen verschieden und kann sich bei bestimmten
Krankheitsbildern verändern. Nissl-Schollen fehlen in der
Region des Axonabgangs, des »Axonhügels", sind aber in Merke Das Perikaryon ist die Stoffwechselzentrale der
Nervenzclle. Es enthält den Kern, wichtige Zellorganellen
den Ursprungsregionen der Dendriten zu finden. Auf diese
Weise kann die Abgangsstelle des Axons auch auf Nissi- und Pigmente (z.B. Lipofuszingranula; Melanin). An der
gefärbten Präparaten erkannt werden. Glattes ER ist in Oberfläche des Perikaryons finden sich häufig axosoma-
tische Synapsen (Ausnahme: pseudounipolare Ganglien-
Nervenzellen weit verbreitet und steht mit dem rauen ER
zelle).
in Verbindung. Es reichtbis in die Dendriten und teilweise
Lichtmikroskopisch lassen sich mit Standardfärbun-
bis in die Dornen der Dendriten hinein.
gen nur der Kern und mit der "Nissl-Färbung" die Nissl-
Zahlreiche kleinere Golgi-Apparate sind im gesamten
Pcrikaryon verteilt (Abb. 2.49). Sie sind miteinander ver- Schollen (raues ER) nachweisen. Diese fehlen im Bereich
des 1\.x.onabgangs. Zum Nachweis der Zellorganellen und
knüpft und von überwiegend hellen Bläschen umgeben. Der
der Synapsen benötigt man das EM.
Golgi-Apparat spielt eine Rolle bei der Bildung von Neuro-
144 3 Gewebe
Domapparat innerhalb
synaptiscner Spalt eines dendritischen
, Doms
' ,
''
' ,,

Astrozyt·--

Axoninitialsegment
0
0

Axon
0

Markscheide

----- Astrozytenfortsatz

--Endothel
Mikrotubuli •; ·

Abb. 3.4.5 Neuron (Schema) mit verschiedenen Synapsenformen und seinen Verbindungen mit Gliazellen. 1 Axodendriti-
sche Synapsen (Domsynapsen), 2 axodendritische Synapse (Schaftsynapse), 3 axoaxonale Synapsen, 4 axosomatische Synap-
sen. Astrozyten umhüllen und isolieren die Synapsen voneinander. Sie regeln das extrazelluläre ionale Milieu und können die
synaptische Übertragung beeinflussen (dreiteilige Synapse). Die Blut-Hirn-Schranke wird vor allem vom Kapillarendothel
(mit kontinuierlichen Zonulae occludentes), aber auch von Astrozytenfortsätzen aufgebaut welche die Membrana perivascu-
laris gliae bilden. Oligodendrogliazellen umhüllen mit ihren Fortsätzen die Axone und bilden die Markscheiden. (Nach [1])

Dendriten Pyramidenzelle austreten, und als Basaldendriten, wenn


Funktion Dendriten vergrößern die Membranoberfläche sie ihre Basis verlassen. Viele Stanundendriten verzweigen
einer Nervenzelle. Dadurch können viel mehr Synapsen ge- sich in unmittelbarer Nähe zum Perikaryon und bilden wei-
bildet werden, als dies mit der begrenzten Oberfläche des tere Äste aus, die man als Dendritensegmente bezeichnet.
Perikaryons möglich wäre. An den Dendriten der motori- Diese können sich erneut verzweigen, wodurch mehrere
schen Vorderhornzellen lassen sich ca. 10000 Synapsen Ordnungen von Dendritensegmenten entstehen können.
nachweisen, an den Dendriten der Purkinje-Zellen des Der Dendritenbatml einer kortikalen Nervenzelle erreicht
Kleinhirns ca. 250 000. Gesamtlängen bis zu 4000 ~tm.
Die Dendriten leiten die Reize nicht nur passiv an das Die einzelnen Dendritenäste sind klirzer als der Axon-
Perikaryon weiter -wo es gpf. zur Auslösung eines Aktions- fortsatz und nicht myelinisiert (Kap. 3.4.3). An der Ober-
potenzial$ kommt -, sondern sie können die Reize verstär- fläche der Dendriten findet man erregende und hemmende
ken und verarbeiten. Pür ihre Punktion benötigen die Den- Synapsen, die der Dendrit mit afferenten Axonen anderer
driten ständig neue Proteine. Hierfiir werden sowohl Nervenzellen ausbildet (axodendritische Synapse; Abb.
Proteine als auch mRNAs aus dem Perikaryon in die Den- 3.4.5; Abb. 3.4.37). Der innere Aufbau eines Dendriten än-
driten transportiert. Die mRNAs werden in Abhängigkeit dert sich mit seiner Entfernung vom Pcrikaryon: In den pro-
von der neuronalen Aktivität im Dendriten translatiert. Auf ximalen Anteilen der Dendriten sind - wie im Perikaryon -
dieseWeise werden die Proteine genau dort hergestellt, z. B. viele Neurofilamente und Mikrotubuli vorhanden, diese
im Bereich von Domsynapsen, wo sie benötigt werden. Die werden aber nach distal hin inuuer seltener. Distal sind da-
lokale Proteinsynthese ist für die Plastizität von Nerven-
zellen von großer Bedeutung.

Struktur und Ultrastruktur Dendriten, die besonders


dick und mächtig sind und sich weiter verzweigen, heißen
Stammdendriten. Diese Stammdendriten werden als Api- a
kaldendriten bezeichnet, wenn sie aus der Spitze einer Abb. 3.4.6 Korbzellen.
3.4 Nervengewebe 145

Abb. 3.4.7 VerschiedeneNeurone in einer EM-Aufnahme. Kömerzellen (1) sind erregende Nervenzellen und haben runde
Kerne. Im Perikaryon einer großen, hemmenden Purkinje-Zelte (in der Bildmitte) ist der Zellkern (2) gelappt und weist einen
großen Nukleolus(-+) auf. Im Zytoplasma Liegen zahlreiche Organellen (RER, Golgi-Apparate, Mitochondrien, Lysosomen);
* Hauptdendrit 3 Neuropil mit einzelnen myelinisierten Fasern (IJI> ). Kleinhirnrinde, Ratte; Vergr. 4430-fach. (Aus (1])

gegen viele Mitochondrien zu finden. Darüber hinaus ent- sätze aufeinander zuwachsen und an der Abgangsstelle vom
halten die Dendriten Organellen zur lokalen Proteinsynthe- Soma schließlich miteinander verschmelzen und den T -för-
se (Ribosomen, rdues ER) und Proteinmodifikation (glattes migen Fortsatz der adulten Ganglienzellen bilden. Die sen-
ER, Golgi-Apparate). sorischen Ganglien werden später im Detail abgehandelt
(Kap. 18.2.1 ).
Pseudounlpolare Ganglienzellen Eine wichtige Ausnah-
me von der oben besch riebenen Dendritenstruktur tmd Dendritische Dornen Die Membrdnoberfläche der Den-
-funktion sind die langen T -förmigen Fortsätze der Ner- driten der meisten erregenden Nervenzellen ist durch kleine
venzellen in den sensorischen Ganglien (z. B. in den Spinal- AusstlUpungen vergröl3ert. Diese Portsätze werden Domen
ganglien; s.a. Kap. 18.2). Einer der beiden Fortsätze (Abb. genannt (Abb. 3.4.5, Abb. 3.4.42). Sie sind im Durchschnitt
3.4. 11) zieht in die Körperperipherie und nimmt dort afl'e- ca. 1 ~un lang und häufig »pilzförmig" mit einem Kopf und
rente Reize auf, die er von dort ztun ZNS leitet - wie ein einem Stiel. Am Kopf der Dornen befinden sich die Dorn-
Dendrit. Anders als ein Dendrit ist dieser Fortsatz jedoch synapsen (Abb. 3.4.5, Abb. 3.4.36). Größe, Form tmd mole-
von einer Markscheide umgeben (Kap. 3.4.3) und kann Ak- kulare Zusammensetzung der Dornen hängen von der Ak-
tionspotenziale über große Distanzen fortleiten - wie ein tivität der Dornsynapse ab und können sich innerhalb von
Axon. Man spricht daher von einem »dendritischen Axon". Minuten ändern (Plastizität, Abb. 3.4.42). Der ultrastruktu-
Der andere lange Portsatz zieht ins Rückenmark. Dort relle Bau der dendritischen Dornen ist von dem eines Den-
kann er entweder an Nervenzellen in1 Rückenmark enden
(Kap. 18.3.1) oder in der weißen Substanz bis in den .- .
lt . ...
Hirnstamm ziehen. Er ist ebenfalls von einer Markscheide
umgeben und verhält sich wie ein Axon. Man bezeichnet
\ ..
diesen Fortsatz auch manchmal als »axonales Axon". ••
Die ungewöhnliche Morphologie der pseudounipolaren • •
Ganglienzellen erklärt sich durch ihre Entwicklung. Es han- Abb. 3.4.8 Melaninhaltige
delt sich tun zunächst bipolar angelegte Zellen, deren 2 Fort- Perikarya.
146 3 Gewebe

driten verschieden: Dornen enthalten keine Mikrotubuli Axon


oder Mitochondrien und sie werden durch parallel ange-
ordnete oder verzweigte Mikrofilamente (Aktinfilamente) Funktion Das Axon ist eine Besonderheit der Nervenzelle.
stabilisiert. In manchen Dornen lässt sich eine spezialisierte Seine Hauptfunktionen sind die schnelle und sichere Weiter-
Organelle aus ER nachweisen, der Dornapparat. Er dient als leitung von elektrischen Erregungen (Aktionspotenzialen)
lokaler Calciumspeicher der Dornen und ist von Bedeutung iiber teilweise sehr lange Distanzen und die Signalübertra-
fiir die synaptische Plastizität. An der Basis der Dornen fin- gung von Erregungen auf die Zielzcllen. Die Aktionspoten-
den sich häufig freie Ribosomen (lokale Proteinsynthese). ziale entstehen im ersten Abschnitt des Axons (Axoninitial-
segment). In diesem Bereich liegen sehr viele Natriumkanäle,
Merke die sich beim Erreichen eines bestimmten Schwellenpoten-
• Dendriten sind Fortsätze einer Nervenzelle zur Infor- zials öffnen, wodurch ein Aktionspotenzial ausgelöst wird.
mationsaufnahme und -Verarbeitung. Die Weiterleitung der Aktionspotenziale ist abhängig von
• Synapsen an Dendriten heißen axodendritische Synap- der Art der Myelinisierung des Axons (Kap. 3.4.3).
sen. Das Axon kann darüber hinaus biochemische Signal-
• Dendritische Dornen sind kleine Fortsätze der Dendri- moleküle transportieren (z. B. 'Wachstumsfaktoren). Diese
ten, an denen erregende Synapsen enden (Domsynap- biochemischen Signale können in der Zielregion eines
sen). Dornsynapsen sind Orte synaptischer Plastizität. Axons entstehen (z.B. in einem Muskel oder einer Gangli-



•.•, i"
.. ?- •



.. '\ '
~

.., "s·•
~ "-.)..
.. ~
• ...
....
.. -
:r • •
••

.. ~ • •

• ., .;
• •
(~ •' • •
•. •

r
·~
~
-
••

l ••
. ·1
- t
c
••

.. ,
..... ' •


... -

Abb. 3. 4.9 Axoninitialsegment mit axoaxonaler Synapse. Abgang des Axons aus dem Axonhügel (* )einer Körnerzelle.
Das Axoninitialsegment ist nicht myelinisiert. Es weist eine dünne Schicht aus elektronendichtem Material unmittelbar
unter dem Axolemm auf( ... ). Im Zytoplasma lassen sich Mikrotubuli, Ribosomen und Mitochondrien erkennen. Regelmäßig
(aber nicht immer) finden sich an der Oberfläche des Axoninitialsegments axoaxonale Synapsen (~ ). Diese können die Ent-
stehung von Aktionspotenzialen unterdrücken. A Axonendigung. Hippocampus, Maus; Abbildungsmaßstab: 0,5 ~m.
3.4 Nervengewebe 147
enzelle) und zum Perikaryon transportiert werden (retro- Bestandteile
grader Transport), oder aber von der Nervenzelle gebildet Das Zytoskelett besteht aus
werden und entlang dem Axonverlauf zu einer Zielzclle • Mikrofilamenten (Aktinfilamente)
transportiert werden (anterograder Transport). In manchen • Intermediärfilamenten (Neurofilamente; s. a. Kap. 2.6.3)
Fällen geben die Nervenzellen ihre Signalmoleküle sogar an • Mikrotubuli (Neurotubuli).
Blutgefäße ab (Neurosekretion in der Hypophyse).
Aktinfilamente Aktinfilamente bilden unmittelbar un-
Struktur und Ultrastruktur Das Axon entspringt an ei- terhalb der Plasmamembran ein Stiitzgerüst, das die ganze
nem Vorsprung des Perikaryons, dem Axonhügel oder Ur- Nervenzelle stabilisiert und in ihrer Form hält. Membran-
sprungskegcl (Abb. 3.4.2, Abb. 3.4.9). Der Axonhügel ent- proteine und Rezeptoren sind über Brückenproteine mit
hält kein raues ER und kann daher auf Nissi-gefärbten diesem StiHzgerüst verblmden lmd werden dadurch an ih-
Schnitten erkannt werden. rer Position in der Plasmamembran gehalten. Diese V eran-
An den Axonhügel schließt sich das Axoninitialsegment kerung von Proteinen in der Membran ist gerad e fiir Ner-
an. Es ist der erste, meist relativ kurze, nicht myelinisierte Ab- venzellen wichtig, da z.B. Neurotransmitterrezeptoren an
schnitt des Axons, der zwischen dem Pcrikaryon und dem ganz bestimmten Stellen der Membran (synaptische Mem-
Beginn der Myelinscheide liegt. Das Axoninitialsegment branspezialisierungen) fixiert werden miissen. Aktinfila-
weist eine Schicht elektronendichtes Material unmittelbar mente finden sich darüber hinaus in hoher Konzentration
unter seiner Plasmamembran (Axolemm) auf, anhand der in den dendritischen Dornen der Nervenzellen. Indem sich
man es im Elektronenmikroskop von einem Dendriten ab- die Filamente verlängern oder verkürzen, können die Dor-
grenzen kann (Abb. 3.4.9). Diese Schicht wird von Zytoske- nen ihre Porm und Größe innerhalb sehr kurzer Zeit ver-
lettmolekülen gebildet, die Proteine und Re7..cptoren in der ändern (Kap. 3.4.5, Abb. 3.4.42).
Membran des Axoninitialsegments verankern und dadurch
verhindern, dass Proteine aus der Membran des Perikaryons Neurofilamente Neurofilamente (Abb. 3.4.10) finden
in das Axon hineindiffundieren (Diffusionsbarriere). Dies sich im Perikaryon, in den Dendriten und Axonen. Die ein-
garantiert die strukturelle lmd funktionelle Eigenständigkelt zelnen Neurofilamente stoßen sich aufgrund gleicher Pola-
des Axons gegenüber dem somatadendritischen Komparti- rität ab und bestimmen so die Querdurchmesser von Dend-
ment. riten und Axonen.
1m Anschluss an das Axoninitialsegment wird das Axon
von einer Myelinscheide bedeckt. 1m lnnern des Axons fin- Mikrotubuli Mikrotubuli finden sich im Pcrikaryon, in
det man im Axoplasma tubuläre Anteile des glatten ER und den Dendriten und im Axon. Sie sind jedoch in Dendriten
schlanke Mitochondrien. Es kommen viele, gleichmäßig und Axonen unterschiedlich ausgerichtet: .Lm Axon weist
verteilte Mikrotubuli und große Mengen an Neurofilamen- das Plus-Ende der Mikrotubuli zu den Axonendigungen, in
ten vor. Entlang der Mikrotubnil findet der schnelle axonale Dendriten in beide Richtungen. Auch die mlkrotubulus-
Transport statt (s.u.). assoziierten Proteine (MAPs) sind in Axonen und Dendri-
Projizieren Nervenzellen zu 2 oder mehr Regionen, so ten llßterschiedlich: In Axonen findet sich das Tau-Protein,
können sich die Axone bereits in der Ursprungsregion ver- in den Dendriten das MAP 2.
zweigen. Die einzelnen Aste der Axone (Axonkollateralen)
können einen völlig unterschiedlichen Verlauf nehmen. In
Axonaler Transport
der Zielregion verlieren die Axone ihre Markscheide und
Durch den axonalen (axoplasmatischen) Transport werden
bilden nicht selten viele EndverZ\-.reigungen aus. Die Endäste
Moleküle und Organellen vom Perikaryon zu den Axon-
eines Axons weisen kleine Anschwellungen auf (Boutons),
endigungen und umgekehrt transportiert (Abb. 2.72). Ohne
die mit den Zielstrukturen der Nervenzelle (z.B. Nerven-
diesen Transportmechanismus kann eine Nervenzelle ihr
zellen, Muskeln, Drüsenzcllen) Synapsen ausbilden. Man
Axon nicht ernähren. In Abhängigkeit von der Richttmg
unterscheidet Boutons im Verlauf eines Axons (En-passant-
Bouton) von Boutons am Ende einer Axonverzweiglmg lmterscheidet man:
• anterograden Transport: vom Perikaryon ZllT Peripherie
(Axonendigung).
• retrograden Transport: von der Peripherie zum Peri-
karyon.
Merke Axon
• Fortsatz e.iner Nervenzelle zur Informationsweiterlei-
Weiterhin wird der axonale Transport nach seiner Ge-
tung und zum Transport von Signalmolekülen. schwindigkeit in einen langsamen und einen schnellen
• Im Axoninitialsegment (nicht myelinisierter erster Ab- anterograden bzw. retrograden Transport unterteilt. Die
schnitt des Axons) entsteht das Aktionspotcnz.ial; das
molekularen Mechanismen, die diesen Transportprozessen
Axoninitialsegment grenzt das Axon vom Soma ab.
zugrunde liegen, sind teilweise aufgeklärt worden (Tab. 3.4.2,
• Axone verzweigen sich i.d.R. in ihrer Zielregion (Kol-
s. a. Kap. 2.6).
lateralen). Die Axonendigungen bilden mit den Mem-
b ranen der Zielstrukturen die Synapsen.
Klinik Über den retrograden axonalen Transport können
Gifte (z.B. Tetanustoxin) oder Viren (Herpes-simplex-
Viren; Tollwutvircn) zum Perikaryon einer Nervenzelle ge-
Zytoskelett langen.
Das Zellskelett einer Nervenzelle dient der Formgeblmg
(mechanische Stabilisierung), der Verankerung von Rezep- Für die schnellen Transportprozesse verwendet die Nerven-
toren und Proteinen in der Membran und dem Transport zelle "molekulare Motoren". Diese Motorproteine binden
von Substanzen und Organellen. zum einen an die Mikrotubuli der Nervenzelle, zum anderen
148 3 Gewebe

Merke Für schnelle axonale Transportprozesse werden


Motorproteine benötigt:
• Kinesin - anterograder axonaler Transport
• Dynein - retrograder axonaler Transport

Klinik Der Morbus Alzheimer ist die häufigste neurodege-


nerative Erkrankung, die zu einemVerlustder geistigen Leis-
tungsfähigkeit, zu einer Demenz fUhrt. Histopathologisch
lassen sichkrankhafte Proteineaußerhalb (Amyloid -Plaques)
und innerhalb (pathologische Neurofibrillen) von Nerven-
zellen nachweisen. Die intrazellulären Fibrillen bestehen aus
dem mikrotubulusassoziierten Protein Tau, das sich norma-
lerweise in Axonen befindet. Ist dieses sehr stark phosphory-
liert, kann es verklumpen und im Zellleib und den Dendriten
zu krankhaften Fibrillen aggregieren. Nervenzellen mit die-
a sen krankhaften neurofibrillären Bündeln sterben ab.

• Klassifikation der Neurone


I Zur Unterscheidungvon Nervenzellen werden morphologi-
sche, chemische und funktionelle Kriterien herangezogen:
• morphologische Kriterien:
- Verzweigung von Dendriten und Axonen (s. u.)
- Anwesenheit von Dornen (z. B. dornen tragend, dor-
nenfrei)

I •

- axonale Projektion (z. B. Projcktionsneurone, Interneu-
rone mit lokalen Axonen)
• chemische Kriterien:
- Neurotransmitter und Neurotransmitter synthetisie-
rende Enzyme (z. B. cholinerge Neurone, doparninerge

Neurone)
b - Nachweis von bestimmten Proteinen (z. B. Caldurn
Abb. 3.4.10 Neurofilamente. a: Feines Netzwerk von bindende Proteine)
Neurofilamenten (schwarz gefärbt, ~) in Perikarya und Fort- • funktionelle Kriterien:
sätzen von Neuronen in der Medulla oblongata des Men- - Wirkung auf die Zielzellen (7~ B. erregend oder hem-
schen. Versilberungstechnik. Vergr. 450-fach. b: Ultrastruk- mend)
tur der Neurofilamente (.... ) und Neurotubuli (~) in einem - Muster der AktionspotenZiale (7~ B.: "schnell feuernd",
peripheren myelinisierten Axon. Vergr. 44000-fach. "tonisch feuernd")

Mithilfe dieser Kriterien lassen sich einzelne Nervenzellen


sehr gut beschreiben. So spricht man z. B. von "hemmenden,
GABAergen, schnell feuernden Korbzellen in der CAl-Re-
an die zu transportierenden Objekte (z.B. Vesikel). In An- gion des Hippocampus", um eine bestimmte Gruppe von
wesenheitvon ATP ("Treibstofl" der molekularen Motoren) Interneuronen zu charakterisieren.
wandern die Motorproteine auf den Mikrotubuli und bewe-
gen dadurch die an ihnen befestigten Vesikel ("Güterzüge Dendriten und Axone In der Histologie werden Nerven-
auf einem Schienenweg"). Das Motorprotein fiir den antero- zellen überwiegend nach ihrer Porm unterteilt. Im Vorder-
graden Transport ist Kinesin, das Motorprotein fiir den grund steht dabei das dendritische und axonale Verzwei-
retrograden Transport ist Dynein. Die Motorproteine er- gLtngsmLtster. Dieses kann mithilfe von SpeZlalfarbungen,
kennen ihre Transportrichtung an der Ausrichtung der insbesondere mithilfe der Golgi·Imprägnierung (Abb.
Mikrotubuli. 3.4.4), sichtbar gemachtwerden (Tab. 3.4.3, Abb. 3.4.11).

Tab. 3.4.2 Axonaler Transport.

Transport Richtung nwnfd Objekte Motorproteine


schnell anterograd bis ZU 400 Vesikel, Mitochondrien Kinesin
retrograd 100-200 Vesikel Dynein
langsam anterograd bis ZU 6 Proteine, Aktin Kinesine; teilweise nicht bekannt
3.4 Nervengewebe 149

Weitere Bezeichnun gen Neben dieser traditionellen


morphologischen Klassifikation sind weitere Bezeichnun-
®
gen von Nervenzellen gebräuchlich. Die wichtigste ist die
Unterteilung der Neuro ne nach ihrer Punktion in erregen-
de und hemmende Nervenzellen:
• Erregende Nervenzellen: Die meisten großen Neurone,
die über größere Distanzen projizieren, die »Projektions-
neurone", sind erregend und verwenden überwiegend
Glutamat als Neurotransmitter (nglutamaterge Neurone").
Auch die afferenten Nervenzellen des PNS sind glutamat-
erg. Die efferenten motorischen Neurone des Rücken-
marks (Motoneurone) nutzen hingegen Acetylcholin als
Neurotransmitter (cholinerge Neurone). Beispiele sind:
- Pyramidenzellen besitzen einen spitz-dreieckigen Zell-
leib und kommen in der Endhirnrinde vor (Abb. 3.4.2).
Sie bilden einen Apikaldendriten und mehrere Basal-
dendriten aus.
- Köm erzellen sind sehr kleine Neurone, von denen
man im Routinepräparat nur die Zellkerne (»wie ein
Haufen von Körnern") sieht. Im Kleinhirn (Kap. 18.3.2;
Abb. 3.4.7) finden sich viele, dicht gepackte Körnerzel-
Abb. 3.4.11 Neuronentypen. Multipolares Neuron (1),
len. Auch im Hippecampus gibt es Körnerzellen. Diese
haben aber einen anderen Dendritenbatun als die bipolares Neuron (2), pseudounipolares Neuron (3),
Körnerzellen des Kleinhirns. unipolares Neuron ( 4). Axone sind nach unten gerichtet.
- Mitra.l.zellen sind Neurone des Bulbus olfactorius,
deren Perikaryon einer Mitra (Bischofsmütze, Kopfbe-
deckung altorientalischer Herrscher) ähnelt. Zielzellen und kann diese sehr etl'ektiv h emmen (axo-
• Hemmende Nervenzellen: Hemmende Nervenzellen axonale Zellen).
haben ihre axonalen Endigungen typischerweise in der - Purkin je-Zellen sind die großen Zellen der Klein-
Nähe des Perikaryons. Man bezeichnet sie auch als lokale hirnrinde. Sie wurden nach J. E. Purkinje (Physiologe;
Interneurone. Die meisten herrunenden Nervenzellen nut- 1787-1869) benannt (Abb. 3.4.4, Abb. 3.4.7; s.a.
zen den Neurotntnsmitter (y-Amin obuttersäure, GABA). Kap. 18.3.2).
Im Rückenmark und in1 unteren Hirnstamm finden sich
auch zahlreiche hemmende lnterneurone, die Glycin als Paraneurone Als Pardlleurone werden manchmal epithe-
NeurotrdOsmittcr verwenden. Beispiele sind: liale Zellen bezeichnet, die sowohl rezeptorische als auch
- Sternzellen besitzen kurze, recht gleichförmig über das sekretorische Funktion besitzen. Sie bilden meistens neuro-
Perikaryon verteilte dendritische Fortsätze und ein nentypische Substanzen, z.B. biogene Amine, Peptide oder
Axon (Abb. 18.19). Sternzellen sind i. d. R. hemmende auch Transmittersubstanzen, und enthalten in iliren sekre-
Neurone (Neurotrdnsmitter: GABA). torischen Granula oft die T rägersubstanz Chromogmnin.
- Korbzellen werde n nach ihrem Axon benannt, das In einem weiten Sinne zählen u. a. folgende Zellen zu den
wie ein geflochtener Korb das Perikaryon einer Zielzelle Paraneuronen: endokrine Zellen des Magen-Darm-Trakts
umfasst tmd diese effektiv hemmen kann (Abb. 3.4.6). und der Atemwege, chromaffine Zellen der Carotisk örper-
- Kandelaberzellen haben einen Dendritenbatrm, der ehen und des Nebennicrenmarks, Geschmackssinneszellen,
einem groHen Kerzenleuchter (Kandelaber) ähnlich Muskelzellcn, Pinealozyten und die Lichtrezeptorzellen der
sieht. Das Axon dieser Zellen erreicht die Axone der Retina.

Tab. 3.4.3 Klassifikation der Nervenzellen nach der Zahl der Fortsätze.

Nervenzelltyp Beschreibung Beispiele 1


muttipolare Neurone viele Dendriten und ein Axon; häufigster Nervenzell- Vorderhornzelle im Rückenmark; vegetative
typ im menschlichen Nervensystem Ganglienzelle

bipolare Neurone 2 Fortsätze, die von den gegenüberliegenden Enden Ganglion spirale (Cochlea); Retina
eines spindeiförmigen Perikaryons abgehen

unipolare Neurone 1 Fortsatz mit dendritischer und axonaler Funktion;


beim Säugetier selten

pseudounipolare ursprünglich bipolare Zellen, bei denen die Anfangs- sensorische Ganglienzellen
Nervenzelle abschnitte der beiden Fortsätze verschmelzen

anaxonische Neurone kein Axon; sehr selten amakrine Zellen der Retina
150 3 Gewebe

Grundprinzipien neuronaler Verbindungen a Konvergenz b Divergenz


Unter einem neuronalen Netzwerk versteht man eine
Gruppe von Nerven1..ellen, die miteinander über eine oder •
• i/ • •
mehrere Schaltstellen verbunden sind. In den Neurowissen-
schaften beschäftigt sich ein ganzer Forschungszweig damit,
I\ .........
die Funktion und die Bauprinzipien solcher Netzwerke zu
verstehen. • • • •
Konvergenz, Divergenz Der Signailluss in neuronalen
Netzwerken wird von erregenden Nervenzellen getragen.
i i
Projizieren mehrere Nervenzellen auf eine oder wenige
Zielzellen, bezeichnet man dies als Konvergenz, projizieren y
einzelne Nervenzellen auf viele Zielzcllen, nennt man dies
Divergenz (Abb. 3.4.12). Beispielsweise konvergieren die
®t ®
Sinneszellen der Retina (über die bipolaren Zellen) in gro-
rl i
~.
ßer Zahl auf nur wenige Ganglienzellen, während die
Körnerzellen im Kleinhirn divergieren (Kap. 18.3.2), d. h.
mit ihren Axonen (Parallelfasern) eine grof3e Zahl an Pur-
kinje-Zellen erreichen. rY·
®

Rückwärts-, Vorwärtshemmung, Disinhibition Der Sig-
nalfluss zwischen den erregenden Nervenzellen wird durch
i i i
hemmende N ervenzellen moduliert (Abb. 3.4.12): c rekurrente d Vorwärts- e Disinhibition
• Rückwärtshemmung (rekurrente Hemmung) ist dabei Hemmung hemmung
eine Verschaltung, bei der die Axonkollateralen einer
Abb. 3.4.12 Prinzipien neuronaler Verbindungen.
erregenden Nervem..elle ein hemmendes Interneuron er-
reichen. Dieses wiederwn wirkt auf die erregende Ner-
venzelle zurück und hemmt diese. Dadurch wird eine
Übererregung verhindert. Gliazelltypen
• Vorwärtshemmung ist eine Verschaltung, bei der eine
Man unterscheidet verschiedene Typen von Gliazellen im
hemmende und eine erregende Nervenzelle gleichzeitig
ZNS und PNS. Außer den in Abbildung 3.4.13 und Ta-
von einem Projektionssystem erregt werden. Das hem-
belle 3.4.4 vorgestellten häufigen Typen gibt es noch:
mende Neuron kann durch diese., Vorabinformation" die
• Radialglia: Diese Gliazellen spielen während der Ent-
Aktivität der erregenden Nervenzelle schneller unter-
wicklung eine entscheidende Rolle. Sie crstrecken ihre
drücken.
langen Fortsätze von der ven trikulärcn Zone bis zttr pia-
• Disinhibition (Enthemmung) ist eine Verschaltung, bei
Jen Oberfläche des Ncuralrohrs. An ihnen wandern die
der ein erstes hemmendes Neuron über ein zweites hem-
jtmgen Neurone entlang, bis sie ihre Zellschicht gefunden
mendes Neuron mit einer erregenden Nervenzelle ver-
haben. Im adulten Gehirn sind die Müller-Zellen der
bunden ist. Durch die Aktivienmg des ersten hemmenden
Retina und die Bergmann-Glia des Kleinhirns Abkömm-
Neurons wird das zweite hemmende Neuron seinerseits
linge der Radialglia. BeideZellen isolieren sehr effektiv die
gehemmt (.,Hemmung der Hemmung"), wodurch andere
Neurone ttnd ihre Portsätze voneinander.
(erregende) Einflüsse das erregende Neuron stärker akti-
• Pituizyten: Diese spezialisierten Gliazellen der Nellfohy-
vieren können.
pophyse beeinflussen den Transport, die Speichenmg ttnd
die Freigabe der Neurohormone.
Gliazellen
GliazeHen sind die 2. große Zellgruppe im Nervensystem. Klinik Die häufigsten Tumoren des ZNS gehen von Gliazel-
Thre Funktionen sind vielfaltig (Tab. 3.4.1) und es ist inzwi- len, z.B. von Astrozyten, aus trnd werden Gliome (z.B.
schen unstrittig, dass Nervenzellen ohne Gliazellen nicht Astrozytome) genannt.
funktionsfahig sind. Die Zahl der Gliazellen übertrifft die Nach Verletzttogen im ZNS kommt es zu einer Defekt-
Zahl der Nervenzellen tun das 10-Fache. Man unterscheidet heiltrng. Die Gliazellen umkleiden das geschädigte Areal
die Makroglia. (Astrozyten, Oligodendroglia, Ependymzel- und bilden eine "Glianarbe". Nervenzellen in der Umge-
len) von der kleineren Mikcoglia. bung des geschädigten Areals sind leichter erregbar und nei-
gen zu synchronen Entladungen. Als Folge kann eine "post-
trawnatische Epilepsie" entstehen.
Ursprung und Entwicklung der Gliazellen
Entwicklungsgeschichtlich entstammen die Makrogliazellen
der ektodermalen Anlage des Nervensystems. Die Mikroglia
Astrozyten
ist hingegen mesodermalen Ursprungs und stammt aus dem Astrozyten sind vielgestaltige, über Nexus (Gap Jtmctions)
Knochenmark (Abkömmlinge hämatopoietischer Stamm- verbundene Gliazellen des ZNS. Sie bilden einen metabo-
zellen). Die Gliazellen des ZNS entwickeln sich im Neural- lisch und elektrisch gekoppelten Zellverband tmd verhalten
rohr, die Gliazellen des PNS in den Neuralleisten. Neuere sich daher wie eine funktionelle Einheit (funktionelles Syn-
Forschungen legen nahe, dass Astrozyten die Stammzellen zytitun). Die meisten Astrozyten haben zahlreiche diinne
aller Makrogliazellen ttnd auch der Netrrone sind. Fortsätze, die sternf6m1ig vom Soma ausstrahlen, wodttrch
3.4 Nervengewebe 151

fibrillärer Astrozyt
proloplasmatischer Astrozyt
Oligodendrozyten
Mikrogliazelle

Abb. 3.4.13 Verschiedene Gliazellen im ZNS (Schema).

Tab. 3.4.4 Gliazellen und ihre Funktionen.

Gliazelltyp Entwicklung Funktion


ZNS
Astrozyten Ektoderm (Neuralrohr) Blut-Hirn-Schranke, Stützfunktion, Erhaltung des extrazellulären ionalen
Milieus, chemische Homöostase, Ernährung, elektrische Isolation,
Synapsenfunktion, Narbenbildung nach einer Schädigung des ZNS
Oligodendrozyten Ektoderm (Neuralrohr) zentrale Hüllglia (Verbesserung der Leitungsgeschwindigkeit)
EpendymzeUen Ektoderm (Neuralrohr) Epithel der Ventrikel; eine spezialisierte Form ist das Epithel des Plexus
choroideus
Mikroglia Mesoderm (Knochenmark) Abwehrfunktion, Neuroprotektion
PNS
Schwann·Zellen Ektoderm (Neuralleiste) Hüllglia der Nerven (Verbesserung der Leitungsgeschwindigkeit), Erhal-
tung des extrazellulären ionalen Milieus, Ernährung, axonale Regeneration
Mantel-Zellen Ektoderm (Neuralleiste) Ernährung und Isolierung von sensorischen und vegetativen Ganglien-
(SateUitenzellen) zellen

sich auch ihr Name erklärt (Astrozyt; abgeleitetvon aster, gr. Stützfunktion Die Stlitzftmktion im Nervensystem kön-
fi.ir Stern und kytos, gr. für Zelle). nen die Astrozyten erfi.illen, da ihr Soma und ihre proxi-
malen Portsätze durch astrozytentypische Intermediärfila-
Funktionelle Bedeutung mente versteift werden. Man bezeichnet diese Filamente als
Zu den Atügaben der Astrozyten gehören: saures Gliafaserprotein (GPAP, "glial fibrillary acidic pro-
• die mechanische Stabilisierung des Gewebes (Stützfunk- tein«). Mit Antikörpern, die gegen das GPAP gerichtet sind,
tion) lassen sich die Astrozyten im Nervengewebe sehr gut an-
• die Abgrenzung der Oberflächen des Hirngewebes (Blut- färben (Immunfärbung, Abb. 3. 4.14).
Hirn-Schrdllke)
• die chemische H omöostasc (Regulation des extrazellu- Abgrenzung der Oberflächen Die Astrozyten bedecken
lären Kalitungehalts und des pH; Beteiligung am Trans- mit ihren Fortsätzen alle Gefäße und Kapillaren (Blut-Him-
port von Glucose) Schrdllke) sowie die Oberfläche des ZNS, also alle Grenz-
• die Beeinflussung der synaptischen Informationsübertra- flächen des Extrazellulärraums des Hirngcwebcs. Die ne-
gung (elektrische Isolation; Atünahme von Neurotrans- beneinanderliegcnden, flächigen EndfUße wiiken wie eine
mittern). eigene Schicht und werden daher als Gliagrenzmembran
bezeichnet. An der Oberfläche des Gehirns spricht man von
152 3 Gewebe

c
Abb. 3.4.14 Astrozyten.

Membrana limitans gliae superficialis, in der Umgebung


der Gefäße von der Membrana limitans gliae perivascularis
(Kap. 3.4.3; Abb. 3.4.20).

Chemische Homöostase Die feinsten Fortsätze der Ast-


rozyten liegen überall zwischen den Nervenzellen, wodurch
sie großflächig mit dem Extrazellulärraum verbunden sind. Abb. 3.4.15 Protoplasmatische Astrozyten besitzen
Diese große Oberfläche macht es den Astrozyten möglich, einen relativ großen ZeUleib und kurze, aber reich verzweig-
rasch auf Veränderungen der Kaliumkonzentration oder te Fortsätze. Am oberen Bildrand erkennt man einen der sehr
des pH zu reagieren. Damit regulieren sie das extrazellu- viel kleineren und auch weniger verzweigten Oligodendro-
läre ionale Milieu, das in Wechselwirkung mit den spezifi- zyten (~).Großhirnrinde, Mensch; Färbung: Silberimpräg-
schen Ionenkonzentrationen im Zytoplasma der Nerven- nierung nach Bielschowsky; Vergr. 380-fach. (Aus (1])
zellen das Entstehen eines Membranpotenzials und damit
die elektrische Erregbarkeit von Nervenzellen ermöglicht.
Diese fiir die Punktion von Nervenzellen entscheidende
Rolle wird im PNS von Schwann-Zellen ausgeübt. Die Ast-
rozyten spielen darüber hinaus eine Rolle bei der Ernäh-
rung von Nervenzellen. Sie können u. a. Glucose in Form
von Glykogen speichern und bei Bedarf an die Nerven-
zellen abgeben.

Synaptische Übertragung Oie Astrozyten können die sy-


naptische Übertragung beeinflussen, da sie die Synapsen
mit ihren feinen Portsätzen umgeben. Sie isolieren dadurch
die Synapsen elektrisch und chemisch voneinander. An
ihrer Oberfläche findet man Neurotransmitterrezeptoren,
mit denen Neurotransmittermoleküle (besonders Gluta-
mat) direkt außerhalb der Synapsen abgefangen werden
können. Auf diese Weise können die Astrozyten die Kon-
zentration von Neurotransmittern im Extrazellulärraum re-
gulieren. Die Astrozytenfortsätze sind so bedeutsam flir die
Synapsenfunktion, dass man sie heute als einen wesentli-
chen strukturellen Bestandteil der Synapsen ansieht (Kap.
3.4.5).
Abb. 3.4.16 Fibrilläre Astrozyten (~ ). (IJ!>) Blutgefäße.
Morphologie Mark des Kleinhirns, Hund; Färbung: nach Golgi; Vergr. 240-
Aufgrund ihrer Zellform teilt man die Astrozyten in fach.
2 Hauptformen auf:
• protoplasmatische Astrozyten (Abb. 3.4.14, Abb. 3.4.15)
• fibrilläre Astrozyten (Abb. 3.4.16).
Fibrilläre Astrozyten Pibrilläre Astrozyten finden sich
Protoplasmatische Astrozyten Protoplasmatische Ast- vor allem in der weif!en Substanz des ZNS (Abb. 3.4.16).
rozyten ("Kurzstrahler") kommen vor allem in der grauen Der Durchmesser des Zellleibes misst ca. 10 - 12 !lffi. Sie
Substanz des ZNS vor. Ihre Zellkörper haben einen Durch- besitzen lange, dünne Fortsätze (" Langstrahler") und errei-
messer von ca. 15- 25 ltm· Der Kern ist rundlich und relativ chen oft auch Blutgefäße und die Oberfläche des ZNS. Die
hell. Sie besitzen viele relativ kurze und sehr stark verzweig- Fibrillen bestehen wie in den protoplasmatischen Astro-
te Portsätze (Abb. 3.4.15), die den Raum zwischen den neu- zyten aus GFAP und bilden in den fibrillären Astrozyten
ronalen Perikarya und den Nervenzellfortsätzen auskleiden charakteristische Bündel.
und den Extrazellulärraum kontrollieren. Oie periphersten
Astrozytenfortsätze sind sehr dünn und membranartig
("schleierartig"). Im Elektronenmikroskop erkennt man
Oligodendrozyten
darüber hinaus Glykogengranula und zahlreiche Mitochon - Oligodendrozyten (Abb. 3.4.17) besitzen nur wenige, kaum
drien im Zytoplasma. Mikrotubuli und die astrozytären in- verzweigte Fortsätze. Auch hier erklärt sich der Name der
termediären Filamente si nd locker verteilt. Manchmallie- Zelle anband der Zellmorphologie (oligo-, gr. wenige; den-
gen die Perikarya der Astrozyten neuronalen Perikarya an. dros, gr. Ast).
3.4 Nervengewebe 153

-
-

Abb. 3.4.1 7 Oligodendrozyten sind kleine Zellen, von


deren Soma einige Stammfortsätze (ll> ) abgehen. Diese
verzweigen sich mehrfach und können 10-50 Internodale
Abschnitte von Axonen umhüllen. Färbung: nach Golgi;
Abbildungsmaßstab: 25 IJm.

Funktionelle Bedeutung
Oligodendrozyten bilden das Myelin zur Ausbildung der
Marksch eiden im ZNS (Kap. 3.4.3). Ein Oligodendrozyt
kann 10 - 50 internodaleAbschnitte von Axonen versorgen
und mit einer Myelinscheide umgeben. Dies können Axone
verschiedener Nervenzellen sein, die in der Nähe des Oligo-
dendrozyten verlaufen. Einige Oligodendrogliazellen liegen,
wie auch manche Astrozyten, eng den Perikarya von Neuro-
nen an. Ihre Punktion an dieser Stelle ist Lmbekannt.
Im Gegensatz zu den Astrozytcn enthalten Oligodendro-
gliazellen kein GPAP. Um Oligodendrogliazellen im Ge-
webe nachzuweisen nutzt man, neben den histologischen
Färbungen (Abb. 3.4.17), JnununfärbLmgen gegen Proteine Abb. 3.4.18 Ependymzellen. a: Ependymzellen (~)
der Myelinscheiden (myelinbasisches Protein, MBP; Proteo- kleiden den Zentralkanal (1) des Rückenmarks aus. Apikal
lipidprotein, PLP). tragen die Ependymzellen Kinozilien. Mensch; Färbung:
H. E., Vergr. 250-fach . b: Ependym des Aqueductus mesence-
Morphologie phali in einer EM-Aufnahme. 1 Lumen des Aquädukts,
Der Zellkörper der Oligodendrozyten ist kleiner (6- 8 fUU) 2 Ependymzellen, 3 subependymales Neuropil. Ratte;
als der Zellleib der Astrozyten. Vom Soma gehen einige Vergr. 3000-fach.
Fortsätze ab, die sich nur wenig verzweigen (Abb. 3.4.17).
Der Kern ist oval geformt. Im Elektronenmikroskop fallen
Oligodendrogliazellen aufgrund ihres heterochromatinrei-
chen Zellkerns Lmd ihres elektronendichten Zytoplasmas Liquor resorbieren Lmd den Pllissigkeitsaustausch zwischen
auf ("dunkles" Zytoplasma). Das Zytoplasma enthält raues dem Hirngewebe Lmd Ventrikellumen regulieren. Im Be-
ER, freie Ribosomen, Mitochondrien Lmd Golgi-Apparate reich des Plexus choroideus sind die Ependymzellen (Pie-
sowie eine große Zahl an Mikrotubuli. xusepithel) an der Liquorproduktion beteiligt. Im Bereich
der zirkLunventrikulären Organe, in denen die Blut-Hirn-
Schranke teilweise aufgehoben ist, schränken die Ependym-
Ependymzellen zellen (Tanyzyten) den Pllissigkeitsaustausch zwischen Li-
Die Ependymzellen leiten sich vom Neuroepithel des quor und Hirngewebe stark ein.
Neuralrohrs ab. Sie kleiden epithelartig die inneren Räume
(Hirnventrikcl und Zentralkanal des Rückenmarks) des Morphologie
ZNS aus (sog. Ependym; Abb. 3.4. 18) und überziehen den Ependymzellen sind i.d.R. kubische oder prismatische Epi-
Plexus choroidcus. Dort bezeichnet man die Schicht aus th elzellen. Sie sind durch Nexus, Desmosomen, Zonulae ad-
spezialisierten EpendynlZCilen auch als Plexusepithel {Abb. haerentes und laterale Verzahnungen intensiv miteinander
3.4.22). Darüber hinaus findet man auch im Bereich der verbunden. An ihrer Oberfläche befinden sich sowohl Mik-
zirkumventrikulären Organe (s. u.) spezialisierte Ependym- rovilli als auch Kinozilien. Es wird angenommen, dass die
zellen, die dort als Tanyzyten bezeichnet werden. Kinozilien für den Liquorfluss innerhalb der Ventrikel wich-
tig sind, wäh rend die Mikrovilli die Resorption des Liquors
Funktionelle Bedeutung durch Ependymzcllen erleichtern. Die Ependymzellen im
Ependymzellen trennen die Liquorräume, die mit Liquor Bereich der Plexus choroidei sind mit einer Vielzahl von
cerebrospinalis geftill.t sind, vom Hirngewebe. Sie können Mikrovilli versehen. Basal bilden EpcndynlZCIIen, anders als
154 3 Gewebe

fast alle Epithelien, keine Basallamina. Manchmal findet sich


jedoch eine vom Kapillarendothel stammende unregelmä-
ßige Basallaminaformation. Unter den Ependymzellen liegt
im Bereich der Seitenventrikel die subventrikuläre Zone mit
neuronalen Vorläuferzellen (Kap. 3.4.3).
c
Abb. 3.4.19 Mikroglia-
zellen.
Mikrogliazellen
Im Gegensatz zu den Makrogliazellen stammen die Mikro-
gliazellen von hämatopoietischen Stammzellen des Knochen- Ruhende Mfkroglia Diese typischen Mikrogliazellen des
marks ab. Sie wandern in das ZNS ein und verteilen sich gesunden, adulten ZNS haben einen kleinen Zellleib mit
überall im ZNS. Sie decken das ZNS-Gewebe mitihren Fort- länglichem Zellkern und lange, verzweigte Portsätze (Abb.
sätzen ab und können daher sehr effektiv und schnell Infek- 3.4.19). In diesem Zustand liegen die Somata der Mikro-
tionen des ZNS entdecken und bekämpfen. gliazellen an einer Stelle und ihre Fortsätze bewegen sich,
um die Umgebtmg zu überprüfen. Diese Mikrogliazellen
Funktionelle Bedeutung exprimieren keine MHC-Klasse-II-Proteine.
Die Mikroglia erfüllt Abwehrfunktionen (Phagozytose, Zy-
totoxizität, Antigenpräsentation), ist aber auch für die Auf- Amöbofde Mfkroglfa Diese Zellen finden sich typischer-
rechterhaltung des Gleichgewichts (Homöostase) im ZNS weise während der Entwicklung und nach einer Schädigung
wichtig. der Hirnsubstanz. Es handelt sich um plumpe Zellen mit
einem im Vergleich zur ruhenden Mikroglia relativ großen
Abwehrfunktion Zur Erfüll ung der Abwehrfunktion hat Soma. In dieser Form kann die Mikroglia durch das Ge-
Mikroglia eine Reihe von biologischen Fähigkeiten: Sie tas- webe des ZNS wandern tmd Zelltriimmer phagozytieren.
tet mit ihren beweglichen Fortsätzen ständig das Gewebe ab Sie tmterstützt die Reorganisation des Gehirns nach einer
und phagozytiert Zellreste, Fremdkörper und Infektionser- Schädigtmg. " Vollgefrcssene" Mikrogliazellen können nicht
reger (Bakterien, Viren). Kommt es zu einer Entzfmdung, mehr weiter phagozytiercn. Sie bleiben vor Ort liegen und
kann aktivierte Mikroglia zytotoxische Substanzen (z.B. werden aufgrund ihres Gehaltes an granulärem Material
H2 0 2) freisetzen und dadurch die Krankheitserreger be- Gitterzellen genannt.
kämpfen. Nach der Phagozytose von Krankheitserregern
können Mikrogliazellen an ihrer Oberfläche Antigenbruch- Aktilrierte M;kroglfa Diese Zellen finden sich typischer-
stiicke präsentieren (mithilfe der MHC-Klasse-II-Proteine). weise nach einer Infektion des Gehirns. Sie können
Diese werden von T-Zelleo erkannt, die über die Gefäße in verzweigt sein, aber auch an1öboide Pormen annehmen.
das Hirngewebe gelangen können. Nach ihrer Aktivierung Typischerweise sind die Portsätze kräftiger und stärker aus-
können die T-Zellen ihrerseits viele inllanunatorische Pro- gebildet als die der ruhenden Mikroglia. Sie können phago-
zesse im Gehirn auslösen und unterhalten. zytieren und sich im Gehirn durch Zellteilung vermehren
(proliferieren). Entscheidende Kriterien für "aktivierte"
Neurotoxiz;tät und Homöostase Die Aktivierung der
Mikrogliazellen sind die Expression von MHC-Klasse-II-
Mikroglia im Nervengewebe hat 2 Seiten: Zum einen kön-
Molekiüen, die Antigenfragmente pr"äsentieren, sowie die
nen die von der Mikroglia freigesetzten zytotoxischen Sub- Produktion von Entziindungsmediatoren und Zytokinen.
stanzen noch gesunde Nervenzellen schädigen (Neurotoxi-
zität; "bystander attack"), zum anderen kann die Mikroglia
mit Zytokinen überlebende Nervenzellen schützen und die Schwann-Zellen
neuronale Reorganisation unterstützen (Neuroprotektion).
Schwann-Zellen begleiten Nervenzellfortsätze in peripheren
Die Aktivität der Mikroglia ist daher für die Wiederherstel-
lung des Gleichgewichts (Homöostase) im geschädigten Nerven. Sie können Axone mit einer Myelinscheide (Mark-
scheide der markhaltigen Axone; Kap. 3.4.3) oder mit einer
ZNS wichtig. Wie die Aktivierung der Mikroglia reguliert
einfachen Axonscheide lmlgeben (periphere Hüll-Glia der
wird tmd wie die Mikroglia mit anderen Zellen des Immun-
marklosen Axone). Die Schwann-Zelle wird nach ihrem
systems interagiert, wird auf molekularer Ebene untersucht
Entdecker benannt (1heodor Schwann, 1810-1882; deut-
(Neuroimmunologie).
scher Anatom und Physiologe).
Merke Mikroglia stammt aus dem Knochenmark und Funktionelle Bedeutung
wandert ins ZNS ein. Ihre Funktionen sind: Hüllzellen Schwano-Zellen sind die Hi'lllzellen der peri-
• Abwehrfunktion (Phagozytose, Zytotoxizität, Antigen- pheren Axone. Sie regulieren das extrazelluläre ionale
präsentation) Milieu ttnd damit die elektrische Erregbarkeit von Nerven-
• Neurotoxizität tmd Neuroprotektion nach einer Schä- zellen. An "markhaltigen Axonen" bilden sie die Mark-
digung scheiden (Myelinscheiden). Im Gegensatz zttr zentralen
Hi.illglia, den Oligodcndrozyten, umgeben die Schwaon-
Morphologie Zellen jedoch nur ein einzelnes "markhaltiges" Axon tmd
Die Morphologie der Mikroglia hängt von ihrem Aktivie- bilden hier jeweils genau ein Internodium (s.a. Kap. 3.4.3).
rungszustand und ihrer biologischen Punktion ab. Man Sie ermöglichen die schnelle, scheinbar sprunghafte (salta-
unterscheidet: torische) Erregungsleitung der Axone. Nicht myelinisierte
• ruhende Mikroglia ("marklose") Axone werden auch von Schwann-Zellen um-
• amöboide Mikroglia hiillt, wobei in diesem Pali viele Axone in eine Schwann-
• aktivierte Mikroglia. Zelle eingebettet sein können.
3.4 Nervengewebe 155
Axonernä hrung Schwano-Zellen sind wichtig für die
Ernährung der Axone. Ohne Schwaon-Zellen können
Struktur und Punktion der Axone von den Nervenzellen
nicht aufrechterhalten werden. Umgekehrt wirken die Axo-
c
Abb. 3.4.20 Perivaskuläre
ne auch auf die Schwano-Zellen ein und beeinflussen deren Gliagrenzmembran.
Funktion. Schwano-Zellen und Axone sind somit funktio-
nell eng miteinander verbunden.

Regeneration periphere r Ne Nen Schwaon-Zellen kön- wenige Bereiche (Plexus choroidei, zirkumventrikuläre Or-
nen Zelltrümmer phagozytieren, wenn Nervenzellen unter- gane, Neurohämalorgane) ungefarbt. Somit war der Beweis
geben und unterstützen danach die axonale Regeneration erbracht, dass bestinlmte chemische Substanzen nicht vom
(s. a. Kap. 3.4.4). Blutkreislauf ins ZNS übertreten können.

Morphologie Funktionelle Be de utu ng


Man unterscheidet Schwan n-Zellen, die eine Myelinscheide Die Blut-Hirn-Schranke regelt den Obertritt von Stolren aus
bilden (myelinisierende Schwann-Zellen) von solchen, die dem Blut in das Gehirn. Sie ist eine Barriere für polare, im
Axone zwar umhüllen, aber keine Myelinscheide ausformen Blutgelöste Stoffe (z.B. polare Parbstoffe, viele Medikamen-
(nicht myelinisierende Schwann-Zcllen). Schwano-Zellen te, Bakterientoxine). Apolare, fettlösliche Substanzen (z. B.
lassen sich mit Antikörpern gegen die Proteine PO oder S1 00 Alkohol, Narkoscgase) sowie einige Zellen des I=unsys-
anfarben tmd im Gewebe nachweisen. tems können die Blut-Hirn-Schranke überwinden.
Myelinisierende Schwaon-Zellen bilden eine charakte- Stoffe, die für die Ernähmng des ZNS benöt igt werden,
ristische Myelinscheide Lun die Axone (Kap. 3.4.3). Ihre erreichen das ZNS über erleich terte Diffi.1sion oder über spe-
abgeflachten, ovalen Zellkerne liegen im Zytoplasma außer- zielle Transportsysteme im Kapillarendothel (z. B. Glucose,
halb der Myelinscheide (Abb. 3.4.23). Hier finden sich au- Aminosäuren, aber auch Insulin).
ßerdem ein kleiner Golgi-Apparat Lmd in mäßiger Anzahl
Zisternen des rauen ER, Mitochondrien sowie einzelne Morphologie
Lysosomen. Ihre Intermediärfilamente bestehen aus Yirnen- Die Blut-Hirn-Schranke wird vom Endothel der Kapillaren
tin. Die Schwaon-Zellen sind an ihrer Oberfläche von einer des ZNS, der darunter liegenden Basalmembran sowie der
Basallamina bedeckt. Gliagrenzmembran gebildet. Die Endothelzellen bilden ein
kontinuierliches (Kap. 5. 1.3) und durch Zonulae occluden-
Klinik Ye n den Schwaon-Zellen kann die Bildung ver- tes (Tigbt Junctions) abgedichtetes Endothel, das polare
schiedener Turne ren ausgehen, die Schwannorne genannt Stoffe weder per Diffusion noch auf parazellulärem Weg
werden. Diese Twne ren sind üblicherweise ven einer Kap- überqueren können. Der transendotheliale Transport mit-
sel tungeben und ke nnen Melanese men enthalten. Neuro- hilfe von Transport-(Pinozytose-)Vcsikeln ist kaum ausge-
fibrome sind ebenfalls Turne ren peripherer Nerven, die bildet (s. a. Kap. 5.1.3). Somit sind d ie Endothelzellen die
aber aus verschiedenen Zelltypen aufgebaut werden, darun- entscheidende Transportbarriere der Blut-H irn-Schranke.
ter Schwann-Zellen, Mastzellen u nd Perineuralzellen. Bei Die Ast rozyten-Endftiße (Abb. 3.4.20) bilden dagegen kei-
der Regeneration peripherer Axene bilden Schwaon-Zel- ne kontinuierliche, durch Zonulae occludentes verbundene
len eine Leitschiene flir das auswachsende Neure n; sie fer- Schiebt und sind keine wesentliche Barriere für die Diffu-
dern das Wachstlun u.a. durch Sekrctie n ve n v\Tachsturns- sion von Stoffen. Sie induzieren allerdings die Ausbildung
fakte ren. der Zonulae occludcntes im benachbarten Endothel und
können die Durchlässigkeit des Endothels durch die Aus-
schüttung von chemischen Mediatoren regulieren. Thnen
Mantelzellen kommt somit eine wichtige Vermittlerfunktion zwischen
Die Mantelzellen Lungeben die Perikarya der Ganglien- dem Nervensystem auf der einen Seite und dem Endothel
zellen in den sensorischen und vegetativen Ganglien Lmd auf der anderen Seite zu.
ernähren diese. Morphologisch handelt es sich tml eine Im Bereich des Plexus choroideus (s. u., Blut-Liquor-
Lage platter bis prismatischer Zellen, welche die Somata der Schranke) tmd im Bereich der zirkumventrikulären Orga-
Neurone umgeben (Kap. 18.2). Die Mantelzellen sind spe- ne (periventrikuläre Organe) ist das Gefaßendothel durch-
zialisierte Schwann-Zellen. Sie werden auch Satelliten- lässig. Bei den zirkwnventrikLtlären Organen handelt es sich
zellen genannt. tun eine heterogene Gruppe neuraler Strukturen, die zu-
meist in der Mittellinie des Gehirns liegen (lrnpaar), an die
Ventrikel angrenzen und sehr blutgefaßreich sind. Zu ilmen
Blut-Hirn-Schranke gehören:
Zwischen Blut und Nervengewebe des ZNS ist eine Barriere • Area postrema
ausgebildet. die als Blut-Hirn-Schranke bezeichnet wird. Sie • Subkommissuralorgan (bildet den Reissner-Faden)
dient dazu, die Homöostase des Gehirns aufrechtzuerhalten • Pinealorgan
und das Gehirn vor Krankheitserregern und Giftstoffen zu • Organum vasculoswn laminae terrninalis
schützen. • Subfomikalorgan
Die Blut-Hirn-Schranke wurde von Paul Ehrlich • Neurohypophyse
(1854-1915) bei Experimenten mit Farbstoffen (z.B. Try- • Eminentia mediana.
panblau) entdeckt. Er beobachtete, dass Farbstoffe, die man
Versuchstieren in das Blut injizierte, die meisten Organe Die Funktion der zirkwnventrikulären O rgane ist noch
anfarbten. Gehirn und Rückenmark blieben jedoch bis auf nich t in allen Fällen bekannt. Das Pinealorgan (Kap. 11.4) ist
156 3 Gewebe
Teil des zirkadianeo Systems. In ihr befinden sich Melatonin Merke Im Bereich der zirkumventrikuläre Organe ist
produzierende Zellen. In der J\rea postrema liegen Neu- die Blut-Hirn-Schranke aufgehoben (fenestriertes Endo-
rone mit speziellen Rezeptoren, welche die chemische Zu-
thel). Hier kommt es zu einem Austausch zwischen Blut-
sammensetzung des Blutes überprlifcn tmd bei Bedarf Er- bestandteilen und dem Nervengewebe. Spezialisierte Epen-
brechen auslösen (,.Brcchzentrum"). Neurohypophyse und
dymzellen (fanyzyten) grenzen die zirkumventrikuläre
Eminentia mcdiana sind neorohämale Or gan e. Es handelt
Organe gegenüber dem Liquorrc1um ab.
sich um Regionen, in denen H ormone, die von Nervenzellen
gebildet werden, ins Blut abgegeben werden. In der Netrro-
hypophyse (Kap. 11.3.2) werden die Neurobonnone ADH
und Oxytocin ans Blut abgegeben; im Bereich der Eminentia
Blut-Liquor-Schranke
mediana werden Releasing- und lnhibiting-Faktoren von Die Blut-Liquor-Schranke wird zwischen den Gefäßkapilla-
hypothalamisehen Neuronen an das Pfortadersystem der ren des Plexus choroideus und dem Liquor cerebrospinalis
Hypophyse abgegeben. Für die anderen zlrkumventriku- ausgebildet. Sie ist funktionell und strukturell von der Blut-
lären Orgc1ne werden verschiedene, ztml Teil noch tmbe- Hirn-Schranke zu unterscheiden.
kannte sensorische Funktionen diskutiert.
Der strukturelle Aufbau der zlrkumventrikulären Orga- Aufbau Die Blut-Liquor-Schranke besteht aus:
ne zeigt Gemeinsanlkeiten. Das Endothel ist fenestriert, die • den fenestrierten Endothelzellen des Plexus choroideus
spezialisierten Ependymzellen (Tanyzyten) sind über Zonu- • der danmter liegenden Basalmembran
lae occludentes verbunden tmd tragen apikal eine Kinozilie. • dem Plexusepithel (Abb. 3.4.21, Abb. 3.4.22).
Sie können sehr lange Portsät1-e bilden, die bis an die Blut-
gef<if~e und die Nervenzellen heranreichen. Die Tanyzyten Das Plexusepithel besteht aus einer Lage kubischer Zellen.
dichten das Gewebe der zirkumventrikulären Organe ge- Sie sind über Zonulae occludentes eng miteinander verbun-
genüber dem Liquorratml ab. Auf diese Weise kommt es zu den tmd bilden die eigentliche Diflusionsbarriere für Stofre
einem lokal begrenzten Austausch zwischen Blutbestand- aus dem Blut in den Liquor cercbrospinalis.
teilen tmd den Netrronen der zirkumventrikulären Organe.
Eine Ausbreittmg in den Liquor wird durch die Tanyzyten Uquorproduktion und -flu ss Der Liquor cerebrospinalis
verhindert. wird von den Plexusepithelzellen sezerniert (Abb. 3.4.21).
Die Plexusepithelzellen besitzen an ihrer IuminaJen (ventri-

; --v~~-trik~-- :
' ------- ------'
Glucose

6 er-
Mikrovillus

__ Aqua-
• porin 1
GLUT1 --zonula
occludens

Abb. 3.4.21 Funktion der


Zellen des Plexus choroideus.
Der hydrostatische Druck in den
fenestrierten Kapillaren ist ver-
antwortlich für den transendo-
thelialen Fluss von Wasser,
gelösten Stoffen und Proteinen
in das lockere Bindegewebe.
Die apikalen Zonulae occluden-
0 Q tes sind die Barriere für die
~· Diffusion von Stoffen aus dem
fenestrierte Kapillare 7 ,~' Blut in den Liquor cerebro-
spinalis. Die Na'/K'-ATPase in
,, der luminalen Membran ist Motor
'
''
Basallamina basolaterale 'Zellmembran im Blut gelöste Stoffe lockeres Bindegewebe für die meisten Transportprozes-
und Flüssigkeit se in das Ventrikellumen.
3.4 Nervengewebe 157

3 .4.3 Gliascheiden der Nervenzellfortsätze,


Axonscheiden
Axene werden im Anschluss an ihr Initialsegment (Kap.
3.4.2) ven einer GUascheide umgeben. Die Gliazellen, die
diese Scheide aufbauen, werden H iillgliazellen genannt.
Im ZNS sind das die Olige dendregliazellen, im PNS die
Schwarm-Zellen. Die H i.ill-Glia kann ein Axen mit einer
Markscheide aus zahlreichen dünnen Membranlamellen
lliTigeben. Selche Axe ne werden als myelinisierte (mark-
haltige) A.xone bezeichnet. Die Markscheide (Myelinschei-
de) ennilglicht die schnelle Weiterleittmg ve n Reizen ent-
lang eines A.xens (saltaterische Erregtmgsleitung). Darüber
hinaus gibt es im PNS auch Schwann-Zellen, die mehrere
Axe ne umschließen, ehne dass es zur Ausbildung einer
Markscheide ke mmt. Diese J\xe ne werden als nicht mye-
linisierte (marklose) Nervenfasern bezeichnet. Die GUa-
scheide aus nicht myclinisicrenden Schwano-Zellen dient
der Ernährung des Axens.

Gliascheiden des PNS


Schwaon-Zellen bilden die GUascheiden im PNS. Man
Abb. 3.4.22 DetaiL aus dem Plexus choroldeus des unterscheidet:
dritten Ventrikels. 1 gefaßreiches Bindegewebe; ~ Plexus- • myelinisierende Schwano-Zellen
epithel; 2 Ventrikellumen. pferd; Färbung: Azan; Vergr. 450- • nicht myelinisierende Schwann-Zellen.
fach.

Myelinisierende Schwann-Zellen
Myelinisierende Schwaon-Zellen umgeben Axone des PNS
kelseitigen) Membran eine Na•-K•-Pumpe, die Na- in und mit einer Markscheide (Myelinscheide). Die Markscheide
K- aus dem Liquor cerebrospinalis ptml pt. Dem Na• -Gradi- eines Axons besteht aus vielen einzelnen Schwarm-Zellen,
enten folgen CI--Ionen tmd Wasser. Auch Glucose und an- die jewcils aufeinanderfolgende kurze Abschnitte des Axons
dere Bestandteile des Liquor cerebrospinalis werden von urnhiillen. Zwischen 2 Schwano-Zellen ist die Markscheide
den Plexusepithelz.cllen sezcrnie.rt. Insgesamt enthält der für eine kurze Strecke unterbrochen. Diese feinen Unterbre-
Liquor weniger Glucose als das Blut (2 Drittel der Blutglu- chungen in der Markscheide bezeichnet man als Ranvier-
cose), kawn Eiweiß (20 -40 mgldl) und nur wenige Zellen. Schnürringe.
Das Plexusepithel produziert pro Tag ca. 500 ml Liquor. Da
die Ventrikelräume und der Subarachnoidalraum zusam- Entwicklungsgeschichte
men ca. 140 ml fassen, wird der Liquor mehrfach täglich Im Laufe der Entwicklung lagern sich die aus der Neural-
ausgetauscht. Der Liquor fließt aus den Hirnventrikeln in leiste stanunenden Schwaon-Zellen dem Axon an tmd bil-
den Subarachnoidalrallln und tritt überwiegend im Bereich den zunächst 2lippenformige Ausläufer um das Axon (Abb.
der Arachnoidalzottcn (Pacchioni-Granulationen) ins Blut 3.4.23); von einem von ihnen geht unter Verdrängung des
über (Kap. 3.4.7; Abb. 3.4.48). Ein Teil des Liquors wird Zytoplasmas die Bildung der Myeli nscheide aus. Eine Lippe
auch über Lymphbahnen außerhalb des Schädels tmd des schiebt sich tmter die andere und wickelt sich um das Axon
Wirbelkanals resorbiert. herum. Es entstehen je nach Neurontyp bis zu 100 Mem-
branwickltmgen. Die Entwicklung und Dicke der Myelin-
scheide hängt von einem axonalen Wachsttunsfaktor ab,
Klinik Die Existenz der Blut-Hirn-Schranke muss bei allen
dem Neuregulin.
medikamentösen Maßnahmen bedacht werden. Beispiels-
Myelinscheiden entwickeln sich im Nervensystem des
weise können viele Antibiotika die Blut-Hirn-Schranke
Menschen (Myelinogenese) zu großen Teilen erst nach der
nicht überwinden, was z. B. bei bakteriellen entzündlichen
Geburt. Bereits ztun Zeitpunkt der Geburt sind die periphe-
Hirnerkrankungen ein Problem ist. Auch Dopamin kann
ren motorischen Axone ausgereift. Die langen zentralen
die Schranke nicht ttberschreiten, was bei der Therapie des
Bahnen (Tractus) benötigen dagegen mehr Zeit: Die Myeli-
Morbus Parkinsan ein Nachteil ist. Zum Teil kann man sich
nisierung der Hinterstrangbahnen und der Axone des Trac-
behelfen, indem die Therapeutika (z. B. Antibiotika) an Mo-
tus corticospinalis ist e.rst nach Jahren vollständig abge-
leküle angeheftet werden, für die physiologische Transport-
schlossen. Viele Funktionen des Körpers reifen parallel zum
mechanismen bestehen (z. B. Transferrin).
Myelinisierungsprozcss.
Entzündliche Prozesse im Bereich der Hirnhäute (Menin-
gitis) verändern die Zusammensetzung des Liquors. 1m Fall
Funktionelle Bedeutung
einer Infektion lassen sich im Liquor z. B. Leukozyten nach-
Saltatorische Erregungsausbreitung Große Organismen
weisen. Eine bakterielle Infektion fiihrt zur Einwanderung
müssen Reize über längere Distanzen übermitteln als klei-
von Granulozyten, eine virale Infektion zur Einwanderung
ne Organismen. Damit die Reize trotzdem schnell über-
von Lymphozyten. Der Proteingehalt ist erhöht.
tragen werden können, muss die Leitungsgeschwindigkeit
158 3 Gewebe
Nervenfaser

äußeres Zytoplasma der \
Schwann-Zelle Markscheide
;
mil Kern und Organellen
·.. ',
~
.-~·
,. .. / .....Hauptlinie
.
Schwann-Zelle
••
••

.
' ,'
•• -.....
•I

•• •
••
•• • Inter-
Schwann-
Ze}le
/ •
Mesaxon
Basal-'
Iamina
'
'

Intermediärlinie
äußeres
Mesaxon
mediär-
Iinie '"'....
Sohmidt·
.. ......
* ... .......
Lanlennann- - : : :.
~~ "'

Einkerbungen ••
">Nervenfasern
-- ---
Schwann-Zelle
' ...

Nucleus
''
' ''
'
.... - ----- --,-Nervenfasern Nervenfaser
''
'

' '
''
'
''
· · - Mesaxon

I
Abb. 3.4.23 Entwicklung von Nervenfaserscheiden (Schema). Links oben Entstehung einer Markscheide, die sich um
ein Axon herumwickelt; links unten Entstehung einer Axo nscheide ohne Markscheide (marklose bzw. markarme Nervenfasern);
rechts adulte Schwann-Zelle, die von ihrem Axon abgewickelt wurde. (Teilweise nach [10]).

der Axone zunehmen. Die Leitungsgeschwindigkeit steigt tigt sind. Das Axolcmm der Ranvier-Schnlirringe (nodales
mit dem Axondurchmesser (z.B. Riesenaxone der Tinten - Axolemm) unterscheidet sich vom myelin.isierten Axo-
fische und Neunaugen) oder - da der Vergrößerung des lemm. Es ähnelt auf struktureller tmd molekularer Eben e
Axond urchmessers Grenzen gesetzt sind - mithilfe von dem Axolemm des leicht erregbaren Axoninitialsegments
Myelinscheiden. Letztere isolieren das Axon elektrisch , sen - (s. a. Kap. 3.4.2). So findet man elektronen mikroskopisch
ken die Membrankapazität und ind uzieren eine Akkumula- eine Schicht elektronendichtes Material unterhalb des no-
tion der für ein Aktionspotenzial wichtigen spannungsge- dalen Axolemms, das aus Zytoskelettmolekülen besteht.
steuerten Na•-Kanäle im Bereich der Ranvier-Schnürringe. Diese vemnkern spannungsabhängige Na•-Kanäle irn no-
Kommt es zu einem Akt ionspotenzial an einem Ranvier- dalen Axolemm . Auch eine besonders hohe Konzentration
Schni.irring, entsteht ein axonaler Stromfluss zwischen die- an Na•-K•-ATPase lässt sich nachweisen. Diese molekula-
sem und dem nächsten Schnürring. Dadurch öffnen sich ren Besonderheiten erklären, wieso das nodale Axolemm
die dortigen Na•-Kanäle und es entsteht ein Aktions- besonders leicht erregbar ist.
potenzial. Die Erregung scheint somit von Schnürring zu
Schnürring zu "springen". Tatsächlich ist die Fortleitung Internodien Die Markscheide eines Axons ist aus
des axonalen Potenzials kontinuierlich. Es wi rd lediglich in zahlreichen hintereinanderliegenden Gliazellen aufgebaut.
den Schnürringen wieder auf den W ert des Aktionspoten- Der Abschnitt des Axons zwisch en 2 Nodien, der einer
zials angehoben. Die "sprungh afte" (saltatorische) Erre- Schwano-Zelle entspricht, wird als Internodium bezeich-
gungsausbreitung ist seh r viel schneller (bis zu 120 m/s) net. Ein Internodium ist zwischen 200 ~1m und 1,5 mm
und verbraucht weniger Energie als die Err egungsausbrei- lang, tmd zwar tun so länger, je dicker das Axon ist.
t tmg entlang dem nicht myeli nisierten Axolemm (bis zu
2 m/s). Myelin Unter Myelin (von gr.: myel6s, Mark) versteht
man die Biomembranen der Schwann-Zellen, welch e die
G-Wert Die strukturellen Parameter der Myelinscheide, Axone tunhüllen (Abb. 3.4.23). Myelin besteht zu ca. 75%
wie z. B. die Länge der In ternodien und die Dicke der Mye- aus komplexen Lipiden (Phospholipide, Glykolipide, Cho-
linschich t werden vom Axon mithilfe des Wachstumsfak- lesterin) tmd zu ca. 25% aus verschied enen Proteinen (z.B.:
tors Neuregulin bestimmt. Dabei bleibt das Verhältnis von MBP ["myelin basic protein"J, PMPZZ ["peripherical mye-
Axondurchmesser zu Gesamtd urchmesser konstant (Axon lin protein ZZ"J, PO [ Protein N uJl J, MAG [,,myelin-associa-
plus Marksch eide; sog. G-Wert). Prinzipiell gilt, dass grö- tcd glycoprotein"J, E-Cadherin). Man tmtersch eidet kom-
ßere Internodien und eine dickere Myelinschicht die Lci- paktes Myelin (kompakte Membranwicklung) von nicht
tungsgeschwindigkeit erh öhen. kompaktem Myelin (Zytoplasmazonen der Schwann-Zel-
len, paranodale Zungen, Sch midt-Lantennann-Einkerb un -
Morphologie gen):
Ranvier-Schnürringe Die Ranvier-Schnürringe (= Nodien, • Nicht k ompaktes Myelin: Der schmale periphere Teil der
Abb . 3.4.24, Abb. 3.4.25) unterbrech en in regelmäßigen Schwann-Zellen, die äußere Zytoplasmazone, geht nicht
Abschn itten die Markscheide eines Axons. Die b enachbar- in die Membranwicklungen ein und enthält Zytoplasma
ten Schwano-Zellen b ilden hier locker ineinandergreifende und den Kern. Er ist von einer Basallamina und von Bin-
Zellausläufer (paranodale Zungen, Abb. 3.4.25), die über degewebe umgeben (Kap. 3.4.4). Ganz innen, unmittelbar
Zellhaften am Axolem m (Zellmemb ran des Axons) befes- an der Nervenfaser, befindet sich ein schmaler (innerer)
3.4 Nervengewebe 159

~
• • • • • • N8fVenz.ellfor1satz

• • -Neurofilamente

J
·-.
' . 0
0

' 0
:::;,· · paranodale
: Zungen
0
•• 0

organellhaltiges
··Zytoplasma der
Schwann-Zelle

• • • • ·Mar1<scheide

····--Basallamina

Abb. 3.4.25 Ultrastruktur eines Ranvier-Schnürrings


(Schema).
Abb. 3.4.24 Myelinscheide. a: Längsschnitt eines Nervs,
dessen Markscheiden durch die Behandlung mit Osmiumsäure
fixiert und gleichzeitig geschwärzt wurden. Ranvier-Schnür- • Kompaktes Myelin: Die Struktur der Membranlamellen
ringe (~)sind deutlich zu erkennen, an einigen Neuriten des kompakten Myelins lässt sich nur mit dem Elektro-
sind auch Schmidt-Lantermann-Einkerbungen nachzuweisen nenmikroskop erkennen. Man sieht alternierend dunkle
(.... ). N. ischiadicus, Mensch; Färbung: Fixierung mit Os02; und helle Linien (Perioden, Abb. 3.4.27). In Abständen
Vergr. 240-fach. (Aus (1]) b: Ausschnitt aus einem Längsge- von 12 nm findet man eine dicke dunkle Hauptlinie (in-
schnittenen peripheren Nerv mit myelinisierten Axonen. Die nere Anlagerungslinie), die durch die Verschmelzung der
einzelnen Axone sind außen durch ein sehr zartes Endoneuri- inneren Blätter der Zellmembran der Schwaon-Zelle ent-
um (blau) begrenzt Die Myelinscheiden sind zum Teil vakuo- steht. In dieser Schicht befindet sich das flir die Myelin-
Lig zerfallen (Neurokeratingerüst). Das Axon ist ein dünnes, scheiden charakteristische myelinbasische Protein (MBP).
violett gefärbtes fädiges Gebilde. ~ Ranvier-Schnürringe, Aufgrund derVerschmelzungder beiden Blätter befinden
hier ist das Axon meist gut zu erkennen. Die Längsovalen sich in der Hauptlinie keine Zytoplasmareste. Zwischen
Kerne (vor allem Links unten) gehören zu den Schwa nn-Zel- den Hauptlinien ist eine schwache Intermediärlinie
len. Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 520-fach. (äußere Anlagerungslinie) zu erkennen, die aus den an-
einandergelagerten äußeren Blättern der Membran der
Schwann-Zelle aufgebaut ist und die vor allem durch das
Protein Null (PO) zusammengehalten wird. Hochauf-
Zytoplasmasaum (= innere Zytoplasmazone). Zwischen lösende EM-Aufnahmen zeigen, dass in der Intermediär-
äußerer und innerer Zytoplasmazone liegen kompakte linie die 2 äußeren Membranhälften durch einen extrem
Myelinlamellen, zwischen denen sich kein Zytoplasma schmalen Extrazellulärspalt getrennt sind. In diesen Spalt
mehr nachweisen lässt. .i\ußere und innere Zytoplasma- können Stoffe eintreten. Speziell in den Schmidt-Lanter-
zone sind aber an einigen Stellen miteinanderverbtmden. mann-Einkerbungen ist er an einigen Stellen durch Tight
An diesen Stellen ist das kompakte Myelin tmterbrochen Junctions verschlossen, die größere Moleküle zurück-
und wird von einem längs verlaufenden Zytoplasmakanal halten.
durchzogen. Diese Zytoplasmakanäle sind lichtmikro-
skopisch als schräg verlaufende Linien innerhalb des Die lichtmikroskopische Darstellung der Myelinscheide ist
kompakten Myelins sichtbar (Abb. 3.4.24a). Man bezeich- aufgrund des hohen Fettgehalts (75~) schwierig tmd von
net sie als Schmidt-Lantermann-Einkerbungen (Myelin- der Fixierung und Pärbung des Gewebes abhängig. In den
inzisuren). Im Verlauf dieser Zytoplasmakanäle finden Routinefärbungen werden stark fettlösende Reagenzien ein-
sich viele Gap Junctions, die wie »Abkiirzungen" flir klei- gesetzt, weshalb die Myelinscheide zerfallt und nur die Fra-
nere Moleküle des Zytoplasmas wirken. Diese können teinreste verbleiben, die als Neurokeratingerüst bezeichnet
über die Gap Junctions von Wicklung zu Wicklung über- werden (Abb. 3.4.24b, Abb. 3.4.26). ln Gefrierschnitten lässt
treten, ohne dass sie den langen Weg entlang den Mem- sich die Myelinscheide gut mit Fettfarbstotren und
branwicklungen nehmen müssen. Antikörpern (Immunfärbung) darstellen, da die Gefrier-
160 3 Gewebe

a b c
Abb. 3.4.26 Myelinisierte Nervenfasern im peripheren Nerv im Querschnitt bei verschiedenen histologischen Techniken.
Auf allen Bildern ist erkennbar, dass es unterschiedlich dicke Nervenfasern und unterschiedlich dicke Myelinscheiden gibt.
(Aus [1]) a: Azan-Faärbung: Die rötliche Markscheide der Nervenfasern ist zerfallen, im Inneren der Markscheide ist der
Nervenzellfortsatz oft als hell-bläulicher Punkt erkennbar. Die Nervenfasern sind in ein hier kräftig blau gefärbtes Endo-
neurium eingebettet. Am Rande des Nervenfaserbündels ist das Perineurium zu erkennen. Vergr. 450-fach. b: Sudan-Schwarz-
Färbung (Fettfärbung): Nur die Markscheiden sind (dunkelbraun) gefärbt. Vergr. 450-fach. c: Versilberung nach Bielschowsky:
Die Neurofibrillen in den Axonen sind schwarz gefarbt, die Markscheiden bleiben ungefärbt. Vergr. 450-fach.

Schnitttechnik das Herauslösen von Petten vermeidet. Der Diegenaue Beziehung zwischen Schwano-Zellen und den
komplexe Bau des kompakten Myelins wird erst im Elektro- marklosen Axonen ist erst im Elektronenmikroskop erkenn-
nenmikroskop sichtbar (Abb. 3.4.27). bar. Die Axone liegen in röhrenfOrmigen Rinnen, die von
den Schwano-Zellen gebildet werden (Abb. 3.4.29, Abb.
Merke Markscheiden (Myelinscheiden) werden von 3.4.30). Es bleibt stets ein schmaler, extrazellulärer Rawn
Hüll-Gliazellen gebildet: zwischen Axonmembran und M embran der Schwano-Zelle
• Myelin isoliert die Axone und ermöglicht eine schnelle, erhalten, der auch mit der Oberfläche konununiziert. Dieser
scheinbar von Schnürring zu Schnürring springende Spaltwird mit den begrenzenden Membranen der Schwanu-
Erregungsleitung ("saltatorische Erregungsleitung"). Zelle Mesaxon genannt.
• Die Markscheide wird im PNS von Schwann-Zellen, im
ZNS von Oligodendroglia gebildet.
• Bei Standardfarbungen (7~ B. H.E.) werden Lipide aus Gliascheiden des ZNS
dem Gewebe herausgelöst. Es bleibt daher nur der Pro- Oligodendrozyten bilden die Myelinscheiden tun Axone im
teinrest der Markscheide übrig (sog. Neurokeratin- ZNS. Sie sind in großer Zahl in der weißen Substmz zu
gerüst). finden. Die GUascheide dient zur Beschleunigtmg der Er-
regungsleitung der Axone (saltatorische Erregtmgsleittmg)
und zur Ernährung des Axons. Prinzipieller Aufbau tmd
Nicht myelinisierende Schwann-Zellen Ftmktion der Gliascheiden im PNS und ZNS sind ähnlich, es
Nicht myelinisierende Schwano-Zellen umgeben mehrere gibt jedoch einige wichtige strukturelle Unterschiede (Tab.
Axone (ca. 5- 25) mit einer einfachen Gliascheide. Diese 3.4.5).
Axone werden als marklose Axone (Abb. 3.4.23, Abb.
3.4.28, Abb. 3.4.29) bezeichnet, da ihnen eine Myelin- Morphologie
scheide aus kompaktem Myelin und Ranvier-Schnürringe Oligodendrogliazcllen Lunhilllen mit ihren Fortsätzen
fehlen. 10-50 Axone. Die einzelnen MyeUnwickiLmgen bestehen
aus kompaktem Myelin, Schmidt-Lantermann-Einkerbtm-
Funktionelle Bedeutung gen lassen sich in ihnen nicht nachweisen. Zwischen der
Die einfache GUascheide aus nicht myelinisierenden Wicklung einer Oligodendrogliazclle und der nächsten lie-
Schwano-Zellen ernährt und schützt das Axen. Die Erre- gen Ranvier-Schni.'trringe. Das Axolemm der Schnfminge
gungsausbreitung erfelgt ke ntinuierlich entlang dem Axe- weist - wie im PNS - eine hohe Dichte an spannungsab-
lemm. hängigen Na• -Kanälen auf. Regelmäßig finden sich an den
Schnürringen Astrozytenfiißchen, die in Kontakt zttm Axon
Morphologie treten (PNS: paranodale Zungen der Schwann-Zellen). Eine
Auch die einfache Gliascheide besteht aus vielen hinter- Basallamina fehlt
einanderliegenden Schwann-Zellen. Die einzelne Schwanu- Die Proteinzusammensetzung des Myelins im ZNS unter-
Zelle dehnt sich über ca. 500 lliTI aus und ist mit der nächs- scheidet sich von der des PNS; ein wichtiges Protein des zen-
ten Schwano-Zelle eng verzahnt. Auf diese Weise entsteht tralen Myelins ist das PLP ("proteolipid protein"). Es verbin-
ein Bündel von Axonen, das von Schwaon-Zellen und au- det die äußeren Membranblätter der aneinandergrenzenden
ßen von einer Basallamina wngeben ist. Zellmembranen.
3.4 Nervengewebe 161

AX

Abb. 3.4.27 Typischer


Schichtenbau der Mark-
scheide ( M) ein es myeli ni-
sierten Axons (AX) in einer
EM-Aufnahme. A außen
gelegene Zytoplasmaschicht
der Schwann-Zelle, B schmale
innen gelegene Zytoplasma-
schicht der Schwann-Zelle.
Ratte; Vergr. 80000-fach.

'•

jO

··'
·.·
'·~
~I{
,.
2

( ~\
....
'~·
:•
"'.
'
·~.\
~ '

Abb. 3.4.28 Nicht myelinisierter Nerv. 1 Kern der Schwann-Zelle, in deren Zytoplasma zahlreiche vegetative Axone(*)
eingesenkt sind. 2 Perineuralscheide, die hier offen ist; 3 Kollagenfibrillen; 4 elastische Fasern. Submukosa des Magens,
Mensch; Vergr. 15 200-fach.
162 3 Gewebe

c
a Abb. 3.4.30 Marklose
Abb. 3.4.29 Kleiner Nerv. Nervenfaser.

In der grauen Substanz verlaufen zentrale Axone auch tragung von Informationen von der Peripherie zum ZNS
ohne Myelinscheide. Diese Axone liegen frei im Neuropil (Afferenzen) lmd vom ZNS oder den vegetativen Ganglien
und werden von Astrozyten wngeben. Ein Oligodendroglia- zur Peripherie (Efferenzen).
Pendant zu den nicht myelinisierenden Schwano-Zellen gibt In peripheren Nerven findet man Axone, Gliazellen
es nicht; diese Funktion (Ernährung des Axons) wird im (Schwann-Glia), Bindegewebe und Gefäße. Zur lichtmikro-
ZNS von den Astrozyten übernommen. skop ischen Darstellung der einzelnen Strukturen werden
besondere Fixierungen (z. B. zur Darstellung der Markschei-
den), Spezialfärbungen (z. B. Osmiumsalze; Abb. 3.4.24)
Klinik Entmarkungskrankheiten (demyelinisierende Krank-
heiten) sind durch die Schädigung der Markscheiden ge- oder Spezialpräparationen (z. B. Zupfpräparate) eingesetzt.
kennzeichnet. Zu dieser Krankheitsgruppe wird u. a. die Das bindegcwebige Stroma lässt sich mithilfe der Standard-
färbungen (H.E., Azan, van Gieson) darstellen. Zur Unter-
multiple Sklerose gezählt. Die multiple Sklerose (MS) ist
scheidung mancher StruktlLTen (z. B. markhaltige und mark-
eine Autoimmunkrankhcit, bei der sich das Abwehrsystem
lose Axone; Abb. 3.4.29) benötigt man die EM.
des Körpers gegen das zentrale Myelin richtet. Im Bereich
der Entzlindungsherde kommt es ZLU11 Verlust der Mark-
scheide (Entrnarkung), was zunächst mit einer Verlangsa- Bindegewebshüllen peripherer Nerven
mung und schließlich mit dem Ausfall der Erregtmgsleitung
verblmden ist. Die Symptome der MS sind sehr variabel und Periphere Nerven besitzen hierarchisch geordnete Bindege-
hängen vom Ort des EntziindLmgsherdes ab. Der Liquor websstruktur en , die von innen nach außen folgendermaßen
cerebrospinalis der betrofrenen Patienten ist entzündlich bezeichnet werden (Abb. 3.4.32, Abb. 3.4.33):
verändert und es lassen sich Autoantikörper gegen Myelin • Endonellrium
nachweisen. • Perinellrium
Die erbliche Charcot -Marie-Taotb-Nervenkrankheit ist • Epineurium.
eine Entrnarkungskrankheit des PNS. Bei den betroffenen
Patienten findet sich eine Mutation des Connex:in-32-Gens, Diewesentlichen Eigenschaften der Bindegewebshüllen fasst
das für die Bildung der Gap Junctions (z. B. in den Schwann- Tabelle 3.4.6 zusammen.
Zellen) benötigt wird.

3.4.4 Periphere Nerven


Periphere Nerven bestehen aus Bündeln markloser und a
markbaltiger Axone (Abb. 3.4.29, Abb. 3.4.31), deren Peri- Abb. 3.4.31 Kleine,
karya im ZNS oder in Ganglien liegen. Sie dienen der Über- vegetative Nerven.

Tab. 3.4.5 Hüll-Gliazellen des Nervensystems.

Zelltyp Oligodendroglia Schwann-Zelle


Nervensystem ZNS PNS
Zahl der umhüllten ca. 10-50 1 (myelinisierend); ca. 5-25
Axone (nicht myelinisierend)
Art der Gliascheide myelinisierend myelinisierend (markhaltig) und
nicht myelinisierend (marklos)
morphologische keine Basallamina, Astrozytenfüße im Bereich Basallamina; Schmidt-Lantermann-Einkerbun-
Besonderheiten der Schnürringe, keine Schmidt-Lantermann- gen; paranodale Fortsätze im Bereich der
Einkerbungen Schnürringe
axonale Regeneration hemmt Regeneration fOrdert Regeneration
molekulare Marker Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG); Protein Null (PO); S100
Proteolipidprotein (PLP)
3.4 Nervengewebe 163
Epineurium

Blutgefäße

Fettgewebe

Abb. 3.4.32 Großer peripherer Nerv im Querschnitt. Oie Axone liegen in Bündeln unterschiedlicher Größenordnungen.
Das einzelne Axon und die Schwaon-Zellen werden von einem zarten Kollagenfasergerüst (Endoneurium) umgeben. Bündel
von Nervenfasern, deren Zahl bis in die Hunderte gehen kann, werden vom Perineurium umhüllt, das nicht nur aus dicht
gepackten Kollagenfasern, sondern auch aus elastischen Fasern besteht. Das Epineurium schließlich verbindet die vom Peri-
neurium umschlossenen Bündel, umhüllt sie insgesamt und verbindet den Nerv mit seiner Umgebung. Färbung: van Gieson;
Vergr. 15-fach. (Aus [1))

Arterie Vene Endoneurium Nervenfaserbündel

Abb. 3.4.33 Einzelne Nervenfaser-


bündel in stärkerer Vergrößerung.
Oie Axone sind deutlich als unter-
schiedlich dicke, rundliche Schnitt-
profile zu erkennen, in denen sich
der stärker gefarbte, zentral gelegene
Achsenzylinder gegen die ihn um-
gebende hellere Markscheide abhebt.
Das Perineurium besteht innen aus
flachen Perineuralepithelzellen, die
über Zonulae occludentes verbunden
sind. Das Perineurium umhüllt Faser-
bündel; von ihm können sich Septen
abspalten, die das Bündel weiter
unterteilen. Färbung: van Gieson;
Vergr. 50-fach. (Aus [1)) Perineurium
164 3 Gewebe

Tab. 3.4.6 Bindegewebshüllen peripherer Nerven.

Bindegewebshülle Hter.archle Gewebe Verflälbtts zu Hirnhäuten


Endoneurium umhüllt einzelne Axone retikuläres Bindegewebe InterzeUulärraum verbunden mit
Subarachnoidalraum
Perineurium bündelt Axone Pars fibrosa (kollagenes und kontinuiertiche Verbindung zur
elastisches Bindegewebe) und Arachnoidea und zum Neurothel
Pars epithetiatis
Epineurium fasst mehrere Bündel straffes kollagenes Bindegewebe, kontinuiertich Verbindung zur
zusammen; äußere Hülle elastische Fasern Dura mater

Endoneurium Das .Endoneurium ist ein zartes retikuläres


Bindegewebe, das die einzelnen Nervenfasern umgibt und Klinik Die Perineuralscheide ist eine Barriere für Lokalan-
sich an die Basallamina der Schwaon-Zellen anschließt. In ästhetika. Nur Lokalanästhetika bestimmter Moleklüstruk-
diesem Bindegewebe treten Fibroblasten, Makrophagen, tur (amphiphile Substam.cn) können diese passieren.
Mastzellen und Blutkapillaren auf. Der Interzellulärraum
steht mit dem Liquor cerebrospinalis des Subarachnoidal- Epineurium Mehrere vom Perineuritun umhüllte Ner-
raums (Kap. 3.4.7) in kontinuierlichem Zusammenhang, in venfaserstränge werden untereinander und mit ihrer Um-
ihm ist ein Pli.issigkeitsstrom festzustellen, der von proxi- gebung durch ein strafl'es Bindegewebe zusammengehalten,
mal nach distal läuft. Das ionale Milieu des Endoneural- das Epineurium genannt wird. Hier kommen neben Kolla-
raums ist entscheidend fi.ir die elektrische Erregbarkeit der gen in gröBerem Umfang auch kräftige elastische Fasern
Axone. Es wird von den Schwaon-Zellen reguliert. Die Ka- vor. Fettzellen sind nicht selten, an Arteriolen und Venolen
pillaren versorgen den Nerv mit Nährstofl'en. Sie bilden - treten im Epineurium öfter Mastzellen auf. Die Anordnung
ähnlich wie im ZNS - Tight Junctions aus und grenzen das der Bindegewebskomponenten erlaubt einerseits, dass sich
endoneurale Gewebe mit den Nervenfasern vom Blut ab die Nerven in gewissem Umfang verbiegen können, ver-
(Blut-Nerven -Schranke). hindert aber andererseits, dass sie überdehnt werden und
damit Nervenfasern zerreißen.
Perineuri um Unterschiedlich viele (ca. 10 bis einige IOO) Das Epineurium steht proximal mit der Dura mater
von einem Endoneurium umgebene Nervenfasern werden des ZNS in Verbindung. Peripherwärts wird es zunehmend
vom Perineurium wnhilllt und zusammengefasst. Das Pen- di.inner. Das Perineurium bleibt bis weit in die Peripherie
ncurium besteht aus 2 Schichten: nachweisbar, wird aber ebenfalls immer dünner und löst
• Pars fibrosa: Sie liegt außen und ist aus straffem Binde- sich gegen Ende des Nervs in einzelne flache Zellen auf.
gewebe aufgebaut. Ihre Kollagenfasern verlaufen übetwie- Bis zur Nervenendigung bleibt dann nur die Hlille aus der
gend flach spiralformig, elastische Fasern sind verbreitet Schwano-Zelle erhalten, in der Synapsenregion (Kap. 3.4.5)
vorhanden. ist nur noch deren Basallamina vorhanden.
• Pars epithelialis (Perineu ralepithel): Diese innen liegen-
de Schicht ist aus wenigen abgeHachten fibroblastenähn- Merke
lichen Zellen aufgebaut (Abb. 3.4.34). Sie ist Abkömmling • Endoneurium - umhüllt Axone
der weichen Hirnhaut (Kap. 3.4.7), steht mit dem Neuro- • Perineurium - fasst Axone zu Bündeln zusammen
tbei der Hirnhäute in kontinuierlicher Verbindung tmd • Epineurium - fasst mehrere Biindel zusammen; äußere
wird innen und außen durch eine Basallamina begrenzt. H lille eines N ervs
Die Einzelzellen des Perineuriluns sind i.iber Zonulae
occludentes verbtmden. Das Perineuralepithel bildet eine
Barriere, die als Perineu ralscheide bezeichnet wird, ge- Klassifikation der peripheren Nervenfasern
gen den Durchtritt von größeren Molekülen oder Toxi-
Die Klassifikation der peripheren Nervenfasern beruht vor
nen in den innerhalb des Perlneurituns gelegenen Endo-
allem auf dem Faserdurchmesser und der damit verbunde-
neuralraum (perineur.!les Kompartiment).
nen Leitungsgeschwindigkeit Der Durchmesser schwankt
zwischen 0,3 tmd 20 j.Ul1, die Leitungsgeschwindigkeit zwi-
Die Nervenfasern verlaufen innerhalb des Perineuriurns
schen 0,.5 und 120 m/s. Es existieren in der Literatur ver-
leicht gewellt und schraubenformig. Dadurch kann sich der
schiedene Klassifikationen. Eine gebräuchliche Einteilung
Nerv z.B. bei Dehnung eines Gelenks leicht verlängern.
wnfasst:

Typ-A- Fasem Typ-A-Pasern besitzen eine Markscheide


tmd sind 3 - 20 J.IIl1 dick. Sie leiten Erregungen mit einer
Geschwindigkeit von 15-80 m/s. Die meisten Nerven-
fasern gehören zu diesem Typ. Sie werden weiter unterglie-
a dert (Aa, Aß usw.), woraufhier nicht eingegangen wird.
Abb. 3.4.34 Zweischichti-
ges Perineur.alepithel.
3.4 Nervengewebe 165
Typ-8-Fasern Typ-B-Pasern sind mit einer dünnen Mye- ZNS Schädigttogen von Nervenzellen und Axonen entste-
linscheide versehen und 2-3 pm dick Sie leiten Erregun- hen im ZNS z. B. durch Traumen, Dttrchbluttmgsstönmgen
gen mit einer Geschwindigkeit von 2 -10 m/s. Vorkom- oder entzündliche Erkrankungen. Axone können im ZNS
men: Präganglionäre vegetative Nerven, Afferenzen aus den des Menschen jedoch nicht regenerieren, sie können nur
Eingeweiden. ihre Verbindungen reorg-anisieren. Pür das Regenerations-
versagen werden Moleküle verantwortlich gemacht, welch e
Typ-C-Fasern Typ-C-Pasern sind marklos und haben axonales Wachsttun hemmen können. Einige dieser hem-
einen Durchmesser von 0,5-l,5ftm. Sie leiten Erregungen menden Moleküle befinden sich im Narbengewebe, andere
mit einer Geschwindigkeit von 0,25-1,5 m/s. Dieser Faser- werden von Oligodendrogliazellen des ZNS exprimiert
typ vermittelt z. B. dumpfe Schmerzempfindungen. Vorkom- (z.B. Nogo). Die Reorganisationsvorgänge finden nach
men: Postganglionäre vegetative Nerven, einige Hautaffe- einer Schädigung auf der Ebene des neuronalen Netzwerks
renzen. statt und sind Ausdruck neuronaler Plastizität: Axonver-
zweigungen können sich neu b ilden (Axonsprossung), der
Dendritenbatun kann reorg-anisiert und die Synapsen kön-
Regeneration im Nervensystem nen neu gebildetwerden (reaktive Synaptogenese).
Axonale Regeneration
Klini k In der Rehabilitation von Patienten mit ZNS-
PNS Schwere Verletzungen können einen N erv quetschen Schädigungen nutzt man die Fähigkeit des ZNS zttr Reor-
oder durchtrennen. Ist die Bindegewebshülle des Nervs er- ganisation. Dmch gezielte Übungen werden erhalten ge-
halten (z.B. bei einer Quetschung) oder wird sie chirurgisch bliebene Fttnktionen des Nervensystems gestärkt und die
wiederhergestellt (Nerven naht), können die Axone im Nerv Ausbildtmg neuer Verbindtmgen ttnterstützt. Dieser Pro-
innerhalb von Wochen und Monaten regenerieren. Die zess ist langwierig ttnd fordert dem Patienten mühevolle
Punktion des Nervs ist dann (weitgehend) wiederherge- Übungen ab.
stellt.
Die histologischen Veränderungen nach einer Nerven-
Merke
verletztmg betreffen das abgetrennte Axon (distal der Lä-
• PNS: Axonale Regeneration ist möglich. Schwaon-
sion), den proximalen Axonstumpf, das Soma der verletzten
Zellen tmterstützcn die Regeneration des geschädigten
Nervenzelle tmd die denervierte Muskelzelle:
Axons bis zu seiner Zielregion.
• Das distale Axonfragment ttnd der Verband der
• ZNS: Axonale Regeneration ist nicht möglich. Mole-
Schwaon-Zellen um das Axon zerfallen innerhalb kur-
zer Zeit nach der Läsion (Waller-Degen eration). Die küle im Bereich der Narbe und die Oligodendroglia
hemmen die Regeneration. Aber: Das ZNS reagiert auf
Schwaon-Zellen proliferieren tmd räumen zunächst zu-
sammen mit eingewanderten Makrophagen die Zelltrüm- Schädigungen mit einer Reorg-anisation des neurona-
len Netzwerks (Plastizität). Dadurch können kleinere
mer auf. Sie lagern sich dann aneinander und bilden läng-
Funktionsverluste kompensiert werden.
liche Zellbänder (Biingner-Bänder). Diese werden von
Basallamina umgeben und können als primitive Endo-
neuralscheiden angesehen werden, entlang deren ein re-
generierendes Axon wachsen kann.
Neuronale Regeneration (Neurogenese)
• Das pronmale Axonfragment zeigt ebenfalls degenera- Schädigungen und Erkrankungen des ZNS können zum
tive Veränderungen im unmittelbaren Läsionsgebiet und Tod von Nervenzellen fUhren. Für viele Jahre galt als ge-
wird für eine kttrZC Strecke abgebaut Danach bildet es sichert, dass das erwachsene ZNS solche abgestorbenen
eine Vielzahl von Axonsprossen aus, von denen sich Neurone nicht mehr dmch Neubild ung von Nervenzellen
schließlich einer verlängert und entlang der Büngner- (Neurogenese) ersetzen kann. Inzwischen wmde jedoch
Bändcr zur Zielregion wächst. DieSchwann-Zellen tmter- Neurogenese in 2 Regionen des erwachsenen Gehirns, im
stützcn diesen Vorgang mit neurotrophen Faktoren und Gyrus dentatus der Hippokampusformation ttnd in der sub-
Zytokinen. ventrikulären Zone (Seitenvcntrikel), nachgewiesen. Nach
• Im Soma der Nerven7.clle zerfallen Nissl-Schollen (Chro- Hirnschädigttogen ist die Neurogenese in diesen Regionen
matolyse) ttnd es kommt schlieBlich zu einer Hypertro- verstärkt. Die Zahl der neu gebildeten Neurone ist jedoch
phie (Synthese von Proteinen flir das Axonwachstum). viel zu gering, als dass sie d.ie verloren gegangenen Zellen er-
Wachsttunsassoziierte Gene (z. B. "growth assodated pro- setzen könnten. Man hofft dennoch, dmch ein besseres Ver-
tein-43", GAP-43) werden verstärkt cxprimiert. ständnis der Nettrogenese auf zellulärer und molekularer
• An der denervierten Muskelzelle wird die Endplatte auf- Ebene neue 1herapiestrategien (z.B. Transplantation neu-
gelöst und die Acetylcholinrezeptoren verteilen sich über ronaler Stammzellen) ft.ir die neuronale Regeneration ent-
das Sarkolemm. Trifft ein regenerierendes Axon ein, wird wickeln zu können.
an dieser Stelle eine neue nettromuskuläre Endplatte aus-
gebildet.
3.4.5 Synapsen
Häufig verbinden sich regenerierende Axone mit neuen, bis- Nervenzellen können Erregungen auf andere Zellen (Ner-
lang von anderen Axonen innervierten Muskelfasern. Der venzellen, Sinneszellen, Muskelzellen, Drüsenzellen) über-
Patient muss daher den Gebrauch des Muskels neu erlernen. tragen. Die Übertragung erfolgt an spezialisierten Kontakt-
Hierftir ist die synaptische Plasti.zität im ZNS von großer stellen, den Synapsen (gr. syn, zusammen; gr. haptein,
Bedeutung (Reorg-anisation der Verschaltung im ZNS; mo- fassen, ergreifen).
torisches Lernen). Man tmterscheidet 2 grundsätzlich verschiedene Synap-
senformen:
166 3 Gewebe

• elektrische Synapsen Fusion der synaptischen V esikel mit der Membran tmd so-
• chemische Synapsen. mit fiir die Freisetzung von Neurotransmitter benötigt.

Des \Veiteren können Synapsen - ähnlich wie Neurene - Syna ptischer Spalt Im synaptischen Spalt befindet sich
nach verschiedenen weiteren strukturellen und funktionel- elektronendichtes Material. Dieses besteht u. a. aus präsyn-
len Kriterien klassifiziert werden: aptischen und postsynaptischen Proteinen, die den synapti-
• Lokalisation (Dornsynapse, axodendritische, axosornati- schen Spalt überbrücken und den präsynaptischen Bouton
sche, axoaxonale, dendro-dendritische Synapse) an der postsynaptischen Membran verankern (z. B. EphR-
• Ultrastruktur (symmetrisch, asymmetrisch) Ephrin und Netrroligin-Neurexin-Brücken). Auch Zellad-
• Funktion (erregend, hemmend) häsionsmoleküle finden sich in diesem Bereich.
• Neurotransmitter (z.B.: glutamaterg, GABAerg, Tab.
3.4.7). Postsynaptische Mem bran In der postsynaptischen
Membran befinden sich die Neurotransmitterrezeptoren.
Unter der Membran findet sich eine Verdichttmgszone mit
Elektrische Synapsen einem komplexen Protein netz. Die Proteine der postsynap-
Bedeutung Elektrische Synapsen si nd Kontaktstellen tischen Verdichtungszone stehen einerseits mit den Rezep-
zwischen Nervenzellen. An den Kontaktstellen finden sich toren tmd andererseits mit dem Zellskelett in Verbindung
Gap Tunctions (Nexus, Kap. 2.1.7), die für viele kleinere und können die Rezeptoren der postsynap tischen Mem-
Moleküle (z. B. Ionen, Second Messenger und niedermole- bran verankern. Darüber hinaus können sie die räumliche
kulare Proteine) durchlässig sind. Durch Gap Tunetions Anordnung, Dichte und Empfindlichkeit der postsynapti-
werden 2 Nervenzellen funktionell eng aneinander gekop- schen Rezeptoren beeinflussen.
pelt. Sie reagieren schnell und synchron auf eine Aktivie- Der Aufbau spezieller Synapsen kann vom hier vorgestell-
rung. Erregungen können in beide Richtungen übertragen ten Prototyp abweichen (vgl. Abb. 3.4.3Sd, e).
werden (bidirektionale Reizübertragung).
Dreiteilige chemische Synapse
Nachweis Gap Tunetions zwischen Nervenzellen kom- Inzwischen weiß man, dass die synaptische Übertragung
men im ZNS regelmäßig vor, sind aber viel seltener als die entscheidend von den benachbarten Astrozyten beeinflusst
chemischen Synapsen. Experimentell kann man Gap Tune- wird. Daher kann man die Synapse auch als eine dreiteilige
tians nachweisen, indem man ein e Nervenzelle mit einer Struktur ansehen:
sehr dünnen Glaspipette ansticht und mit einem wässrigen, • präsynaptische Seite (Axonendigung)
niederm olekularen Parbstotr ftillt. Dieser kann durch die • postsynaptische Seite (Dorn, Dendrit, Soma)
Nexus diffundieren und die über Nexus verbundenen Ner- • Astrozytenfortsatz.
venzellen identifizieren. Diesen Effekt bezeichnet man auch
als Farbstoffkopplung ("dye coupling"). Die Astrozyten isolieren nicht nur die Synapse, sie entfer-
nen auch Glutamat aus dem synaptischen Spalt und können
die Nervenzelle durch die Freisetzung von Signalmolekillen
Chemische Synapsen beeinflussen. Sie werden ihrerseits durch neuronale Aktivi-
Chemische Synapsen sind spe7.ialisierte Kontaktstellen zwi- tät beeinflusst. Starke neuronale Aktivität erhöht die intra-
schen Nervenzellen, an denen ein elektrischer Reiz mithilfe zelluläre Calciumkonzentration in den Astrozyten und setzt
eines chemischen Botenstoffs (Neurotransmitter) von einer neuromodulierende Substanzen frei (z. B. ATP).
N ervenzelle auf eine nachgeschaltete Zielzelle übertragen
wird. Der Botenstoffbindet an Rezeptoren der Zielzelle und
Neurot ransmission
löst dort einen Effekt aus.
Präsyna pti sche Seite
Vesikelf usion Trifft ein Aktionspotenzial in einem prä-
Morphologie synaptischen Bouton ein, öfrnen sich in der Membran des
Typisch e Synapse Boutons spannungsabhängige (',alciumkanäle. Extrazellu-
Der Prototyp der Synapsen, die Synapse zwischen 2 Nerven- läres Calcitrrn strömt daraufhin in den Bouton ein tmd
zellen (Abb. 3.4.3Sa-c), besteht aus: b ewirkt, dass synaptische Vesikel mit der präsynaptischen
• präsynaptischer Seite (Axonendigung mit präsynapti- Membran fusionieren. Ktrrz vor dieser Pusion entsteht ein
scher Membran) großer Proteinkomplex (SNARE-Ko mple.x) zwischen Ve-
• synaptischem Spalt (20- 30 nm) sikel und präsynaptischcr Membran; ein Teil seiner Pro-
• postsynaptischer Seite (Dorn, Dendrit, Soma oder Axon- teine liegt in der Membran des V esikels, ein anderer Teil in
initialsegment mit postsynaptischer Membran). der benachbarten präsynaptischen Membran. Der SN ARE-
Komplex wird durch Synaptotagrnin (Calcitrrnsensor) akti-
Präsynaptische Seite Auf der präsynaptischen Seite viert und löst die Fusion aus. Es entsteht ein fusioniertes
(Axonendigung, Bouton) finden sich viele, ca. 30- 40 nm Bläschen, das im Elektronenmikroskop als sog. Omega-
große Bläschen (Vesikel), die Netrrotransmitter enthalten Struktur zu erkennen ist.
(Abb. 3.4.35, Abb. 3.4.36). Die Vesikel sind besonders zahl- In jedem synaptischen Bläschen befindet sich eine be-
reich in der Nähe der pr.isynaptischen Membran. Unter stimmte Menge (Quantwn) an Transmitter (7000 - 10000
dieser liegt eine V erdichtungs1.one aus elektronendichtem Transmittermoleküle). Aktionspotenziale kön nen zur Frei-
Material, das aus einem Netz aus spezialisierten pr.isynap- setzung von Neurotransmitter aus bis zu 500 synaptischen
tischen Proteinen besteht. Diese Proteine werden für die Vesikeln fiihren.
3.4 Nervengewebe 167

d ---12 e

'''
12

---·9>

Abb. 3.4.35 Synapsentypen (Schema). a: Exzitatorische Synapse, Typ Gray I (breite postsynaptische Verdichtung, asymme-
trisch). b: Inhibitorische Synapse, Typ Gray li (schmale postsynaptische Verdichtung, symmetrisch). c: Peptiderge Synapse.
d: Myoneurale Synapse (motorische Endplatte). e: Synapse eines vegetativen aminergen Neurons in der Nähe einer glatten
Muskelzelle; diese Synapse entspricht einer Auftreibung (Varikosität) der Nervenfaser (Synapse en passant). (1) unterschied-
lich geformte Transmitterbläschen mit unterschiedlichen Transmittersubstanzen; (2) kolbenförmig eiWeiterte präsynaptische
Nervenfaserendigungen; (3) präsynaptische Membran mit Verdichtungen; (4) synaptischer Spalt; (5) postsynaptische Mem-
bran mit Verdichtungen; (6) peptidhaltige Granula; (7) Basallamina; (8) Skelettmuskelzelle; (9) glatte Muskelzelle; (10) Mi-
tochondrium; (11) Mikrotubuli (.,Neurotubuli"). Die Nervenfaserendigungen sind in der Peripherie (d, e) bis auf die synapti-
sche Region von Ausläufern der Schwano-Zellen bedeckt (12), die ihrerseits eine Basallamina besitzen. (Aus [1]).

Vesikel-Recycling Nach der Exozytose erhält die Vesikel- Neuromodulatoren ist relativ groß und ihre biologischen
membran einen Belag aus dem Protein Clathrin und wird Wirkungen sind noch nicht vollständig verstanden.
mittels Endozytose ins Zytoplasma zurückverlagert ("Vesi-
kel-Recycling"). Es entsteht innerhalb kurzer Zeit ein neues, Merke Die Synapsen werden nach dem verwendeten
mit Neurotransmitter beladenes, fusionskompetentes syn- Neurotransmitter benannt (z. B. "cholinerge Synapse" im
aptisches Vesikel. Fall des Acetylcholins).
Die molekularen Mechanismen der Vesikelfusion und
des Vesikcl-Recyclings finden sich nich t nur in Nervenzel- Einteilung Neurotransmitter, Ko-Transmi tter tmd Neu-
len. Es gibt gro13e Ahnllchkeiten mit ähnlichen Prozessen in romodulatoren (Tab. 3.4.7) lassen sich biochemisch in
anderen Zelltypen. Auch dort finden sich z.B. SNARE- mehrere Gruppen unterteilen:
Komplexc, welche die Fusion intrazellulärer Vesikel mit • Acetylcholin
Membranen regulieren. • Arninosättrcn und Arninosäurcde.rivate (Glutamat, As-
partat, Glycin, y-Arninobuttersäure [GABA])
Neurotransmitter und synaptischer Spalt • Monoamine (Serotonin, Oopamin, Noradrenalin, Hist-
Transmitter, Ko-Transmitter und Modulatoren Neuro- amin)
transmitter sind chemische Botenstotre, die aus präsynap- • Nettropeptide (Substanz P, Nettropeptid Y, Vasopressin,
tischen Vesikeln freigesetzt werden, innerhalb etwa 0,1 ms Somatostatin u. v. a.)
zur postsynaptischen Membran ditli.tndieren tmd dort an • Pttrine (Adenosin tmd Adenosinphosphate)
transmitterspezifische Rezeptoren binden. Zusätzlich zum • Lipide (Endocannabinoide)
"Haupttranstnitter" setzen Axonendigtmgen noch eine • Gase (NO).
ganze Reihe weiterer biologisch aktiver Substanzen frei
(z.B. ATP, Substanz P). Diese Substanzen können die syn- Wirkungen Die Wirkung der Transmitter und Neuromo-
aptische Neurotransmission beeinflussen. Werden sie zu- dulatoren auf das nachgeschaltete Neuron hängt von den
sammen mit dem Haupttransmitter freigesetzt, bezeichnet postsynaptischen Rezeptoren ab. Haben 2 Zellen unter-
man sie als "Ko-Transmitter". Unter Neuromodulatoren schiedliebe Rezeptoren flir einen bestimmten Neurotrans-
versteht man gc1nz allgemein Substanzen, welche die syn- mitter, kann der ausgelöste biologische Effekt unterschied-
aptiscbe Übertragtmg beeinflussen können. Oie Zahl der lieb, zuweilen sogar gegensätzlich sein. Beispielsweise kann
168 3 Gewebe

Tab. 3.4. 7 Basiswissen Neurotransmitter/ Neuromodulatoren.

Neuro- Wichtigste Lokalisationen Rezeptoren (ohne Subtypen) Wirkung auf das


transmitter der Neurone postsynaptische Neuron

Acetylcholin postganglionäre parasympathi- muskarinische Rezeptoren Erregung/Hemmung


sehe Axone im vegetativen Ner-
vensystem

vegetative Ganglien nikotische Rezeptoren Erregung

Motoneurone nikotische Rezeptoren (motori- Erregung


sehe Endplatte)

Glutamat ZNS (z. B. Pyramidenzellen) und ionotrope Rezeptoren (AMPA; Erregung


PNS (ein Teil der Afferenzen). NMDA)
Häufigster erregender Neurotrans-
mitter des ZNS. metabotrope Rezeptoren diverse biologische Funktionen
(Signaltransduktion)

GABA ZNS (z. B. Interneurone) iontotrope GABA-A-Rezeptoren Hemmung; wichtigster hemmen-


metabotrope GABA-B-Rezeptoren der Neurotransmitter des ZNS

Glycin Rückenmark, Hirnstamm Glycin-Rezeptoren Hemmung; wichtigster hemmen-


(z. B. Intemeurone) der Neurotransmitter des Rücken-
marks

Substanz P Schmerzfasern im Rückenmark, Neurokinin-1-Rezeptoren erregend


ZNS

Seroton in ZNS (Raphekeme) 5-HydroxytJyptamin-Rezeptoren erregend/hemmend

Oopamin ZNS (Substantia nigra) Oopaminrezeptoren erregend/hemmend

Noradrenalin ZNS und PNS; postgangtionärer • ...Rezeptoren erregend/hemmend


Transmitter des Sympathikus • ß-Rezeptoren

Acetylcholin z. B. über m 1-Rezeptoren erregend oder über synapseoder in benachbarte Gliazellen aufgenommen wird.
m 1-Rczeptoren herrunend wirken. N eurotransmitter und Die rasche Beseitigung des Transmitters ist entscheidend
Neuromodulatoren beeinflussen nicht nur die Erregbarkeit fiir die Kinetik der synaptischen Signalübermittlung.
der nachgeschalteten Nervenzelle - über metabotrope Sig-
nalwege und Second-Messenger-Kaskaden können sie viele Postsynaptische Seite
zelluläre Prozesse steuern, also 1- B. über eine Proteinphos- Die Rezeptoren ftir Neurotra nsmjtter (Tab. 3.4.7) in der
phorylierung die Synapse lokal verändern oder die Genex- postsynaptischen Membran sind teilweise Ionenkanäle tmd
pression ändern. teilweise transmembranäse Proteine. Ionenkanäle werden
durch die Anlagerung eines Neurotransmittermoleküls ge-
ötlnet (ionotrope Rezeptoren), trc1nsmembranöse Proteine,
Klinik Zahlreiche Medikam ente zur Behandlung neuro-
also z.B. G-Protein- oder enzymgekoppelte Rezeptoren,
logischer und psychiatrischer Erkrankungen greifen in den
lösen eine intrazelluläre Signalkaskade aus (metabotrope
Neurotransmitterstoffwechsel ein. Beispielsweise interagie-
Rezeptoren).
ren die Tranquilizer aus der Gruppe der Diazepame und
Barbiturate mit GABA-A-Rezeptoren und verstärken deren
inhibitorische Wirkung. Dadurch senken sie das Aktivi-
tätsniveau der Nervenzellen und können "beruhigend" bzw. Neurotrophe Faktoren
"sedierend" wirken. Nervenzellen ttnd Gliazellen können neurotrophe Faktoren
BeimMorbu s Parkinsou kommt es durch den Untergang abgeben. Zu diesen chemischen Botenstoffen gehören z. B.
von dopaminergen Neuronen in der Pars compacta der Sub- die Neurotrophine (NGP, BDNP, NT-3) und viele Zytokine
stantia nigra zu einem Mangel an Dopamin im Gehirn. Dies (z.B. CNTF, LIF).
führt bei den Patienten zu einer krankhaft gesteigerten
Erhöhung ihres Tonus (Rigor) und zur Bewegungsarmut Funktion Neurotrophe Paktoren steuern während der
(Akinesie). Die Gabe der Dopaminvorstufe L-DOP A kann Entwicklung die Proliferation, Differenzierung und Zielfin-
diese Symptome für eine gewisse Zeit bessern. dungvon Nerven- und Gliazellen. lm erwachsenen Gehirn
sind sie bei der adulten Neurogenese (Kap. 3.4.4 ), der syn-
Abbau Der freigesetzte Neurotransmitter wird aus dem aptischen Plastizität (s. u. ), bei Alterungsvorgängen und bei
synaptischen Spalt entfernt, indem er abgebaut, in die Prä- Schädigungen des Gehirns beteiligt.
3.4 Nervengewebe 169

Wirkmechanismus Neurotrophe Paktoren wirken häufig fortsätzein der direkten Umgebung des synaptischen Spalts
über bestimmte enzymgekoppelte Rezeptoren, die Re- nachweisen (dreiteilige Synapse).
zeptortyrosinkinasen. Diese übertragen Phosphatreste auf
die OH-Gruppe von Tyrosinrcsten. Dies initiiert eine intra- Funktion Die Synapse am Kopf eines Dorns ist eine
zelluläre Signalkaskade, die über Änderung der Genexpres- asymmetrische, erregende Synapse (Typ I nach Gray). Der
sion längerfristige biologische Verändenmgen der Zellen Neurotransmitter ist i. d. R. Glutamat. Er aktiviert ionotro-
auslöst. pe Glutamatrezeptoren (AMPA-Rezcptoren) der postsyn -
aptischen Membran un d löst dadurch eine Depolarisation
aus. An der raschen Entfernung von Glutamat aus dem syn-
Zentrale Synapsen aptischen Spalt sind die Astrozytenfortsätze beteiligt. Am
Die meisten Synapsen finden sich im ZNS, wobei an einer Stiel des Doms finden sich manchmal symmetrische, hem-
Nervenzclle von einigen wenigen bis hin zu einer Viertel- mende Synapsen (Typ II nach Gray), die vermutlich die
million (Purkinje-Zellen des Kleinhirns) Synapsen gebildet Weiterleitung von erregenden Signalen bereits auf Höhe
werden können. d es Doms regulieren kö nnen.
Nach Struktur und Punktion lassen sich 2 Gruppen un-
terscheiden: Schaftsynapsen und somatische Synapsen
• asymmetrische Synapsen (Typ I n ach Gray): breiter syn- Auch an Dendritenschäften und am Soma einer Nervenzelle
aptischer Spalt {bis 30 nm) und breite postsynaptische finden sich Synapsen (Abb. 3.4. 37). Sie sind eb enfalls typi-
V erdichtungszone; L d. R. cxzitatorisch sche Synapsen, wobei sowohl asyrnmetrische (erregende) als
• symmetrische Synapse (Typ II nach Gray): engerer syn- auch syi11J1letrische (hemmende) synaptische Spezialisie-
aptischer Spalt, schmale postsynaptisch e Verdichttmgszo- rungen vorkoi11J1len. Letztere verwenden GABA oder Gly-
ne (damit der präsynaptischen Zone ähnlich, d.h. "sym- cin als hei11J1lende Neurotransmitter.
metrisch"); Ld. R. inhibitorisch.

Vom Typ her sind axodendritsche Synapsen am häufigsten. Motorische Endplatte


Je nachdem, wo sie enden, werden dabei Dorn- tmd Schaft- Das Axon eines a-Motoneurons (motorisches Axon) ver-
synapsen tmterschicden. zweigt sich in der Körperperipherie und innerviert mit
seinen Axonendigungen mehrere Skelettmuskelzellen. Die
Dornsynapsen neuromuskuläre Kontaktstelle wird motorische Endplatte
Die Dornsynapsen sind die häufigsten Synapsen im Nerven- (neuromuskuläre Junktion) genannt. Es ist eine chemische
system. Fast alle glutamatergen, err egenden Neurene (ca. Synapse, die Acetylcholin als Neurotransmitter nutzt.
80- 90~ der Neurene des ZNS) sind mit Domen besetzt, die Ein einzelnes a-Motoneuron kann mehrere tausend Mus -
als Zielstrukturen fiir afl"erente Axone dienen. kelfasern innervieren. Jede Muskelfaser wird jedoch nur von
genau einem a-Motoneuron innerviert. Man bezeichnet ein
Dendritische Dornen Dendritische Dornen sind filigrane a-Motoneuron und die Gesamtheit der von ihm innervier-
Ausstülpungen der Dendriten. Sie sind ca. 1 llffi lang und ten Muskelfasern als motorische Einheit. Die motorischen
haben häufig eine "Pilzform" mit einem dünnen Stiel und Einheiten sind unterschiedlich groß (wenige Muskelfasern
einem etwas größeren Kopf (Abb. 3.4.4, Abb. 3.4.5, Abb. bis hin zu mehreren tausend; Kap. 3.3).
3.4.36). Sie enthalten Aktintilamente, die im Stiel gebündelt
verlaufen und im Kopf ein dichtes, mit der postsynapti- Entwicklung
schen Verdichtung in Verbindung stehendes Netz bilden. Während der Entwicklung se1.crn ieren die wachsenden mo-
Durch Polymerisation der Akti nfilamente können die Dor- torischen Axone das Molekül Agrin. Trifft dieses auf eine
nen ihre Form tmd Länge innerhalb von Sekunden ver- Muskelfaser, bindet es an die Rezeptortyrosinkinase MuSK
ändern (s. u., synaptische Plastizität). In einigen Dornen (muscle-specific kinase), die iiber verschiedene Signalwege
befindet sich ein Domapparat, eine ZeHorganelle aus Acetylcholinrezeptoren rekrutiert und eine motorische End-
gestapeltem, glattem endoplasmatischem Retikulum. Der platte unterhalb der AxonendigtLOg ausbildet.
Dornapparat ist vermutlich ein lokaler Calciumspeicher der
Domen. An der Basis des Stiels der Dornen finden sich Merke Die motorische Endplatte ist eine der größten Syn-
häufig Ribosomen, die für die lokale Proteinsynthese im apsen des Nervensystems mit einer sehr charakteristischen
Rahmen der synaptischen Plastizität benötigt werden. Morphologie. Sie ist meist in verschiedene Bereich e aufge-
gliedert und dehn t sich über 10-20 Sarkomere aus.
Morphologie Dornsynapsen (Abb. 3.4.36) sind typische
Synapsen. Die präsynaptische Endigtmg enthält Vesikel
(30 -40 nm) mit Neurotransmitter. Die präsynaptische Morphologie
Membran ist teilweise verdichtet. Dort können die Vesikel
mit der präsynaptischen Membran verschmelzen und Neu- Axonendigung Die Axonendigung senkt sich in eine tm-
rotransmitter in den synaptischen Spalt abgeben (aktive regelmäßig gestaltete Grube oder Rinne an der Oberfläche
Zone). Der synaptische Spalt (20- 30 nm) enthält Brücken- der Muskelzelle ein (Abb. 3.4.38, Abb. 3.4.39). Die Endi-
proteine, welche die prä- und postsynaptische Membran gung wird von einer Schwaon-Zelle bedeck~ d ie hier keine
verbinden. Unter der postsynaptischen Membran (meist Markscheide mehr aufbaut Der präsynaptische Bouton
am Kopf des Dorns) befindet sich eine breite Verdichtungs- enthält Mitochondrien und synaptische Bläschen mit Ace-
zone mit einem komplexen Proteinnetz. Dieses verankert tylcholin. Das Acetylcholin synthetisierende Molekül ist die
die Rezeptoren in der Membran und erfilllt Funktionen bei Cholinacetyltransferase (ChA T).
der Signaltransduktion. Regelmäßig lassen sich Astrozyten-
170 3 Gewebe

-
s
• •

.,

Abb. 3.4.36 Domsynapse in einer EM-Aufnahme. Aus einem Dendriten (0) tritt ein pilzförmiger Fortsatz (Dorn, engl.
"spine", S) heraus. Am Kopf des Dorns befindet sich eine asymmetrische Synapse(~). Erkennbar sind auf der präsynaptischen
Seite, der Seite des axonalen Boutons (A), zahlreiche präsynaptische Vesikel. Auf der postsynaptischen Seite, d. h. der Seite
des dendritischen Dorns, befindet sich eine charakteristische postsynaptische Membranverdichtung. Im Innern des Dorns liegt
ein Dornapparat (*). Im umgebenden Neuropil lassen sich darüber hinaus weitere Synapsen erkennen. Die Pfeilspitze (~)
zeigt auf eine symmetrische Synapse. Gyrus dentatus, Maus; Abbildungsmaßstab: 0,5 11m.

Synaptischer Spalt Endigung und Muskelzelle sind Schwann-Zellen aufgebaut wird. Die präsynaptische Axon-
durch den 50 - 100 nm weiten synaptischen Spalt getrennt. endigtmg wird durch Proteinbriicken, die den synaptischen
In diesem Spalt befindet sich eine gemeinsame Basallamina, Spalt durchziehen, an der postsynaptischen Membran ver-
die von der Muskelzelle tmd den das Axon begleitenden ankert.


Postsynaptische Membran Die postsynaptische Mem-
bran der Muskelfaser ist im Bereich der neuromuskulären

U ,
, A
~~~
·p•
~.

~
J
.. a
Endplatte stark gefaltet (Abb. 3.4.38, Abb. 3.4.39). Für
ihre Falttmg ist das Protein Dystrophin mitverantwortlich.
In der postsynaptischen Membran liegen bis zu 10000
Acetylcholinrezeptoren{fll112 , die zur Gruppe der nikoti-
Abb. 3.4.3 7 Schaft- nischen Acetylcholinrezeptoren (ionotrope Rezeptoren) ge-
synapse. hören.
3.4 Nervengewebe 171

Funktion
Ein an der A-xonendigung ankommendes Aktionspotenzial
öffnet spannungsabhängige CaZ<-Kanäle. Ca2• strömt in die
Endigung ein und mehrere hundert präsynaptische Vesikel
Axon-
verschmelzen mit der präsynaptischen Membran. Acetyl-
cholin wird freigesetzt und bindet an die postsynaptischcn
Acetylcholinrczcptoren. Oie Acetylcholinrezeptoren sind
Ionenkanälc, die durch die Bindung von Acetylcholin geöff-
net werden und Na• in die Zelle und K• aus der Zelle strö- Mark- _
scheide
men lassen. Dies fUhrt zur postsynaptischen Depolarisation.
Durch das Enzym Acetylcholinesterase, das sich im Bereich
der Basallamina befindet, wird Acetylcholin sehr rasch ge- Endosom --
spalten und damit inaktiviert. Ocr Cholinrcst wird vom
Bouton wieder aufgenommen Lllld zur Synthese von neuem synaptische ••
Vesikel
Acetylcholin genutzt.
Die postsynaptische Depolarisatio n breitet sich entlang Endkolben des
der Membran der Muskelfasern bis in die T-Tubuli aus. Sie Axons
löst dort über Oihydropyridin- und Ryanodinrezeptoren
eine Preisetzung von Ca2• aus dem longitudinalen sarkoplas- präsynaptische
matischen Retikuhun aus (Kap.3.3). Membran

Schwann·Zelle ---- --
Merke Oie motorische Endplatte (neuromuskuläre Junk-
tion) ist die Synapse zwischen der Axonendigung eines
a -Motonemons und einer Skelettmuskelzclle. Sie nutzt
Basallamina•
Acetylcholin als Netrrotransmitter, die postsynaptische
Seite enthält nikotinische Acetylcholinrczcptoren.

Abb. 3.4.39 Motorische Endplatte (Schema).


Klinik Die vielen verschiedenen Komponenten von Moto-
neuron und motorischer Endplatte sind Ziel biologischer
Gifte, die im Dienste des Beuteerwerbs und der Feindabwehr
entwickelt wurden. Beispiele bieten Gifte von Schlangen, Viszeramotorische Synapsen
Skorpionen und Mecresschnecken, Eisenhut und Bakterien. Glatte Muskulatm und Herzmuskulatur werden von visze-
Auch in der Medizin wird gezielt in die Signalübertragung romotorischen, nicht myclinisierten, postganglionären ve-
an der motorischen Endplatte eingegriffen . So ist es i.d.R. getativen Pasern innerviert (Abb. 3.4.40).
erforderlich, während einer Operation die Muskelaktivität Der Aufbau dieser Synapsen unterscheidet sich von dem
zu blockieren (Muskelrehu:ation; erforderlich zur Beat- der zentralen Synapsen und der motorischen Endplatte.
mung und zur Ruhigstellung der MuskulattLr während der Einzelne Axone nähern sich ihren Zielzellen und bilden in
Operation). Die heute genutzten Muskelrelaxanzien sind unterschiedlichen Abständen Anschwellungen (Varikosi-
Abkömmlinge des indianischen Pfeilgifts Curare. Dieses täten) mit präsynaptischen V esikeln aus. Diese Anschwel-
blockiert kompetitiv den nikotinischen Acetylcholinrezep- ltmgen sind mrr von der Basallamina der Schwann-Zelle
tor der motorischen Endplatte. Es kann dmch eine Erhö- bedeckt tmd haben häufig einen erheblichen Abstand (meh-
hung der Acetylcholinkonzentration im synaptischen Spalt rere hundert nm) von den Zielzellen (Synapsen par dis-
(z.B. durch die Gabe von Hemmern der Acetylcholineste- tance, Abb. 3.4.41, Abb. 3.4.45).
rase) antagonisiert werden. Oie Zielzellen bilden i. d. R. keJne postsynaptische Mem-
Von klinischer Bedeutung ist auch eine Autoimmtlll- bran aus. Die Rezeptoren sind ilber die Membran diffus ver-
erkrankung, bei der sich das Tmmtmsystem gegen die kör- teilt. NtLr selten werden auch auf der postsynaptischen Seite
pereigenen Acetylcholinrezepto ren wendet (Myasthenia synaptische Strukturen ausgebildet.
gravis). Dadurch kommt es zu einer Muskelschwäche
(Myasthenie), da zu wenige Rezeptoren an der Endplatte
vorhanden sind, um eine Depolarisation auszulösen. Als Synaptische Plastizität
medikamentöse Therapie wird die Konzentration des Ace- Das Nervengewebe dient nicht mrr der sicheren und schnel-
tylcholins im synaptischen Spalt durch die Gabe von Hem- len Übertragung von Reizen, sondern auch der Anpassung
mern der Acetylcholinesterase erhöht. des Org-anismus an Veränderungen der Umwelt ("Ler-
nen"). Im einfachsten Pall ist dies z. B. die Erfahrung "eine
Herdplatte kann heiß sein", in komplizierteren Fällen sind

a
Abb. 3.4.38 Motorische Abb. 3.4.40 Innervation
End platte. einer muskulären Arterie.
172 3 Gewebe

Abb. 3.4.41 Periphere


vegetative Nervenfasern (1)
und Varikosität (2) in Nähe
der glattmuskulären Wand
einer Vene. Die Varikosität
enthält zahlreiche synapti-
sche Vesikel (*) und kleine
Mitochondrien (~ ). 3 Zyto-
plasmalamelle der Schwann-
Zelle. Diese fehlt im Bereich
des funktionellen Kontaktes
(... ) zwischen Varikosität und
Muskelzelle (4). 5 Endothel
der Vene. NahederSchiW-
drüse, Ratte; Vergr. 50 000-
fach .

dies z. B. Kapitel eines Lehrbuchs. Beide Erfahnmgen lösen Merke Man unterscheidet verschiedene Formen synap-
einen Lernvorgang aus und führen zu Erinnerungen, die tischer Plastizität:
abgerufen werden können. • nach der Dauer: Kurzzcitplastizität, Langzeitplastizität
Einer der Pioniere auf den1 Gebiet Lernen auf zellulärer • nach dem Effekt: Potenzierung, Depression
Ebene war der Psychologe Donald 0. Hebb (1904-1985), • nach dem Ort der Entstehung: präsynaptisch, postsyn-
der die Hypothese fo rmulierte, dass Lernvorgänge auf der aptisch
Ebene der NervenzclJen zu chemischen oder strukturellen
Verändenmgen führen müssen. Tatsächlich gelang es, der-
artige zclJulären Veränderungen nachzuweisen und damit Strukturelle Änderungen bei synaptischer Plastizität
zu belegen, dass sich Nerven7.ellen beim Lernen verändern. Synaptische Plastizität führt zu funktio nellen, chemischen
Als "Ort des zellulären Lernens" wird heute die Synapse und strukturellen Änderungen von Synapsen. Strukturelle
zwischen 2 Nervenzellen angesehen. Synaptische Verbin- Änderungen sind am Beispiel der Dornsynapse, der am bes-
dungen sind nämlich nicht immer gleich stark, sondern ten verstandenen zentralen Synapse, nachzuvollziehen. Wird
können durch synaptische Aktivität verändert werden. Selu diese Synapse auf eine bestimmte Art und Weise stinmliert,
vereinfacht formuliert bedeutet dies, dass besonders aktive kann die synaptische Übertn1gung verstärkt werden (Poten-
Synapsen verstärkt Lmd wenig aktive Synapsen abge- zierung). Kurze Stimulationen führen zu kurz anhaltenden
schwächt werden. Diese Pähigkeit zur Veränderung und funktionellen Änderungen (z. B. durch die Phosphorylie-
Anpassung der synaptischen Transmission bezeichnet man rung von Rezeptoren), stärkere Stimulationen können die
als synaptische Plastizität. Synthese neuer Proteine auslösen (z.B. Synthese Lmd Einbau
neuer Rezeptoren) Lmd zur Änderung der Genexpression
Formen synaptischer Plastizität des stimulierten Neurons führen (z. B. Transkription von
Strukturgenen). Eine zentrale Rolle spielen bei diesen Vor-
Dauer Kurzzeitplastizität ist eine Änderung der synapti- gängen Glutamatrezeptoren vom AMPA- und NMDA-Typ,
schen Übertragung, die nur Sekunden bis Minuten dauert, die Erhöhlmg der intrazellulären Ca2•-Konzentration und
Langzeitplastizität ist dagegen eine Änderung der synap- das Protein Ca2 • -abhängige Calmodulinkioase (CamKJD.
tischen Übertragtmg für mehrere Stunden bis zu Jahren.
Langzeitpotenzierung Die sehr lang anhaltenden Ände-
Effekt Eine synaptische Übertragung kann verstärkt (Po- rungen (Langzeitpotenzierung; "long· term-potentiation",
tenzierung) oder abgeschwächt werden (Depression). LTP) gehen i.d.R. mit strukturellen Veränderungen der
Dornen einher: Je aktiver Do rnen sind, desto größer ist ihr
Ort Änderungen an der Präsynapse werden als präsynap- Kopfumfang (Abb. 3.4.42). Von funktioneller Bedeutung
tische, solche an der Postsynapse (z. B. höhere Depolarisa- ist, dass die Größe des Dornkopfes und d ie synaptischen
tion bei gleicher pr'cisynaptischer Transmitterfreisetzung) Übertragungseigenschaften der an ihm befindlichen Synap-
als postsynaptische Plastizität bezeichnet. sen miteinander in Beziehung stehen. So enthalten die
3.4 Nervengewebe 173
Bedingungen synaptischer Plastizität sind noch nicht ver-
standen.

3.4.6 Vegetatives Nervensystem


Das vegetative Nervensystem steuert unwillkürlich ("auto-
nom") die Funktionsweise der lebenswichtigen inneren
Organe und der physiologischen Regelkreise. Es dient zur
Aufrechterhaltung eines konstanten inneren Milieus des
Körpers (Homöostase).
Das vegetative Nervensystem besitzt Anteile im ZNS
(z.B. Hypothalamus, Hirnstamm- und Rückenmarksneu-
rone) und im PNS (z. B. vegetative Ganglien). Es erhält vis-
zerosensorische Infonnationcn (vegetative Afferenzen) aus
dem Körperionern und steuert die inneren Organe über vis-
zeromotorische Signale (vegetative Efferenzen).

Einteilung
Man gliedert das eflcrente vegetative Nervensystem in 2
funktionellund strukturelltmterschiedliche Teile, das sym-
pathische und das parasympathische Nervensystem. Davon
abgegrenzt wird das enterische Nervensystem:
• Sympathisches Nervensyst em: Es wird aktiviert, um die
Leisttmgsfahigkeit zu erhöhen (z. B. bei körperlicher
Anstrengung oder in Notfallsituationen). Es erhöht die
Herzfrequenz, erweitert die Bronchien und erhöht den
Blutdruck. Haupttransmitter sind Adrenalin und Nor-
adrenalin.
• Parasympathisches Nervensystem: Es wird aktiviert, um
die Eingeweidetätigkeit anzuregen (z. B. bei einem Ver-
dauungsschlaf nach dem Mittagessen). Es wirkt dämp-
fend auf die Aktivität von Herz und Lunge (Verengung
der Bronchien), fördert hingegen den Körperstoffwechsel
(z.B. Verdauung, Niercnfunktion). Haupttransmitter ist
Acetylcholin.
• Enterisches Nervensystem: Es steuert die Motilität (Peri-
staltik) und Verdauungstätigkeit (z. B. Magensaftsekre-
tion) des Magen-Darm-Trakts. Es wird von Sympathikus
und Parasympathikus beeinflusst, funktioniert aber auch
autonom (intramurdle vegetative Plexcn, Plexus submu-
Abb. 3.4.42 Strukture lle Plastizität von Dornen. Dendri- cosus und myentericus).
tensegment einer lebenden Körnerzelle in einer Zellkultur.
Durch das Einschleusen eines Gens für das grün fluoreszieren- Merke Das vegetative Nervensystem erhält das innere
de Protein (GFP) lassen sich die Dornen des Segments ( ~ ) Milieu des Körpers (Homöostase). Anteile des vegetativen
mit einem konfokalen Mikroskop über 30 Minuten beobach- Nervensystems liegen im ZNS und PNS.
ten. In dieser Zeit verändern sich die Dornen (Plastizität).
Dornen können innerhalb dieses Zeitraums neu entstehen
(1 ), abgebaut werden (2) oder überwiegend konstant bleiben Verschaltungsprinzipien des peripheren
(3). Abbildungsmaßstab: 1 IJm.
vegetativen Nervensystems
Viszeromotorisc he Efferenze n Sympathische tmd para-
sympathische Efl.erenzen bestehen aus 2 hintereinanderge-
schalteten Neuronen. Das 1. Neuron liegt im ZNS (Rücken-
Synapsen eines großen Dorns mehr Glutamatrezeptoren mark oder Hirnstamm) tmd wird als präganglionäres
(AMPA-Rezeptoren) als die eines kleinen Dorns. Dadurch Neuron bezeichnet. Es erreicht mit seinem Axon (präg-m-
bedingt, kommt es an den Synapsen der großen Dornen zu glionäres Axon) ein vegetatives Ganglion (Kap. 18.2.2) und
einer stärkeren postsynaptischen Antwort als bei Synapsen wird dort auf ein 2. Neuron (postganglionäres Neuron)
von kleinen Dornen. umgeschaltet. Dieses erreicht wicderwn mit seinem Axon
(postganglionäres Axon) das Ziclorgm (Abb. 3.4.43).
NeubHdung von Dornen Oie Stimulation einer Nerven- Der Neurotransmitter zwischen prä- und postgmglionä-
zelle kann auch die Neubildung von Dornen auslösen. rem Neuron ist immer Acetylcholin. Der Neurotrmsmitter
Diese werden innerhalb einiger Minuten gebildet. Die ge- zwischen postganglionärem Neuron und Zielorgan ist im
nauen Mechanismen der Neubildung von Domen unter Fall des Parasympathikus Acetylcholin, im Fall des Sympa-
174 3 Gewebe

: Skelett- :
1 1•-------::::~a:-:-::::--------<( : muskel- :
cholinerg ,: ________
fasern ,:

2e a
cholinerg
~ noradrenerg
I> ~ r-~~~~~~~1
• ~~ organ : I /r
~-----------~ I I
b ·--------'

3 ;:. rg_____-<~ cho~nerg ~ r~~~i 1


••------c.,.h""'ol;ain-e- \
b ·--------·

Abb. 3.4.43 Periphere Innervation im somatischen und


vegetativen Nervensystem. Somatornotorisches Neuron (1 ),
viszeramotorisches Neuron des Sympathikus (2), viszera- •
motorisches Neuron des Parasympathikus (3).

thikus überwiegend Noradrenali n (Ausnahme: Innervation Abb. 3.4.44 Nervengewebe in der Muskularis des Dünn-
der Schweißdrüsen und einiger Blutgefäße. Hier wird auch darms. 1 Längsmuskulatur; 2 Ringmuskulatur. Neben zahl-
vom Sympathikus Acetylcholin als Neurotransmitter ver- reichen kleinen einzelnen Nervenfaserbündeln ( ~) kommt
wendet). Die Zielorgane sind mit unterschiedlichen Rezep- es im Bereich zweier Gangllen (3) des Auerbach-Plexus zu
torsubtypen für die Neurotransmitter besetzt. Dies ist be- starker Konzentration von Nervengewebe. Schwein; immun-
deutsam für die Wirkttngsweise von Medikamenten, die histochemischer Nachweis (S-100-Protein); Vergr. 250-fach.
selektiv die Funktion bestimmter innerer Organe, z.B. des
Herzens (,,kardioselcktive" Medikamente), beeinflussen.

Viszerasensorische Neurone Die viszerasensorischen Sympathikus Im Sympathikus liegt das Perikaryon des
Neurone liegen mit ihren Perikarya in den sensorischen präganglionären Neurons im Seitenhorn der grauen Sub-
Ganglien (Kap. 18.2.1). Es sind pseudounipolare Ganglien- startZ des Rückenmarks. Das schwach myelinisierte Axon
zellen, die mit ihrem zcntralw'.irts gerichteten Axon ins verlässt das Rückenmark über die ventrale Wurzel des Spi-
Rückenmark oder in den Hirnstanm1 ziehen (Hirnnerven, nalnervs und endet in einem Ganglion der paravertebralen
besonders N. vagus). Die Verbindungen zwischen den vis- Ganglienkette (vegetativer Grenzstrang. Truncus sympathi-
zerasensorischen Neuronen und den viszeramotorischen cus) oder in den großen unpaaren prävertebralen Ganglien
Neuronen in Hirnstanun und Rückenmark sind die anato- (Ganglion coeliacllll1, oberes und unteres Ganglion mesen-
mische Basis für viele vegetative Reflexbögen (z. B. Baro- teriC1lln). Dort enden die präganglionären Axone an multi-
rezeptor-Reflcx). Daneben gibt es zahlreiche Reflexbögen polaren postganglionären Neuronen.
atillerhalb des ZNS auf Ebene der vegetativen Ganglien. Die Axone der p ostganglionären Neurone enden in der
Hierbei enden Viszcroaflerenzcn aus den Organen an Nähe ilircr Zielzcllen, z. B. glatte M uskelzcllen oder Drüsen-
viszeramotorischen Ganglienzellen (z. B. lokale Regelung zellen. Transmitter ist hier meistens Noradrenalin (Norepi-
der Organdurchblutung). Diese periphere Vernetzung ist nephrin), das in spezifischen Vesikcln mit dichtem Inhalt
Grundlage der autonomen Regulation des peripheren vege- gespeichert und mehrheitlich aus Aufueibungen des Axons
tativen Nervensystems. (Varikositäten) an die Umgebung abgegeben wird.

Parasympathikus Der Parasympathikus ist im Prinzip


Morphologie ähnlich strukturiert wie der Sympathikus. Die Perikarya des
Zentrales vegetatives Nervensystem Der Hypothala- präganglionären Neurons liegen im ZNS in den Kernen
mus des Zwischenhirns ist das höchste Steuerungszentrllll1 der Hirnnerven III, VII, IX und X und im Seitenhorn des
des vegetativen Nervensystems. Er kontrolliert die wesent- Sakralmarks. Die Ganglien liegen in der Nähe oder in der
lichen Körperfunktionen wie Kreislauf und Atmung, Er- Wand der Zielorgane. NetLTOtransmitter des 1. und
nährung tlDd Säure-Basen-Haushalt, Wärmehaushalt tlOd 2. N etLrons ist Acetylcholin.
Sexualfunktionen. Über die Hypophyse (Kap. 11.3.2) steu-
ert der Hypothalamus auch den Hormonhaushalt Enterisches Nervensystem Das enterische Nervensys-
Informationen aus dem Körper erreichen den Hypothala- tem bildet einen weitgehend autonomen Plexus in der
mus über viszerasensorische Afferenzen, die überwiegend Wand ("intramural") des Magen-Darm-Trakts (Abb.
im unteren Hirnstamm enden (N. vagus) und über eine 3.4.44). Man findet in der Darmwand 2 funktionelle Grup-
Kette von vegetativen Hirnstammzentren zum Hypothala- pen von Axonen und Ganglienzellen:
mus aufsteigen. • myenterischer (Auerbach) Plexus in der Tunica muscu-
Efferenzcn des Hypothalamus kontrollieren über diesel- laris (Steuer ung der Tunica muscularis)
ben Hirnstammzentren die Viszeramotorik in Hirnstamm • submuköser (Meissner) Plexus in der Tela submucosa
und Rückenmark (zentrale Anteile des Sympathikus und (Steuerung der Lamina muscularis mucosae; Drüsen-
Parasympathikus). sekretion; Durchblutung)
3.4 Nervengewebe 175
Das enterische Nervensystem arbeitet autonom, erhält aber cerebraspinals gefilllten Spalt, lmd bildet bindegewebige
modulierende Einflüsse von postganglionär en Neuron en Trabekel bis Zllf Pia mater.
des Sympathikus und Parasympathikus. Es steuert die Peri- • Pia mater (Pia): Sie liegt dem Gehirn unmittelbar an und
staltik (Durchmischung des Darminhalts und Beförderung folgt den Furchen der Hirnoberfläche.
des Speisebreis in Richtlmg Anus), Drüsentätigkeit (z. B.
Magensaftsckretion, Gallcnsckrction) und Aufnahme der Die Dura rnater wird auch als Pachymeninx (harte Hirn-
Nahrungsbestandteile (Resorption) lmd enthält neben mo- haut) bezeichnet und der Lept omeninx (weiche Hirnhaut)
torischen Neuronen auch viszera sensorische Anteile, die aus Arachnoidea und Pia mater gegenübergestellt (Abb.
Störungen, die sich in Porm von Schmerzen äußern, sogar 3.4.45, Abb. 3.4.46, Abb. 3.4.47).
bis in das Bewusstsein heben können.
Morphologie
3.4.7 Hirn- und Rückenmarkshäute
Duramater
Einteilung Die Dura mater besteht aus straffem, kollagenfaserigem Bin-
Das ZNS wird von 3 spe7lellen Bindegewebsschichten (Häu- degewebe mit relativ wenigen elastischen Fasern. Sie ist gut
ten) umgeben, die jedoch strukturell und flmktionell mitein- innerviert.
ander in Beziehung stehen. Von außen nach innen sind dies:
• D ura mater (Dura): Diese feste Bindegewebshaut liegt Schäde l Im Schädel verbindet sich die Dura rnit dem in-
dem Schädelknochen unmittelbar an lmd lmterteilt den neren Periost der Schädelknochen. Man untersch eidet dort
Innenraum des Schädels in mehrere Kompartimente. 2 "Blätter" der Dura, ein periostalesäußeres (Lamina exter-
• Arachnoiden (Spinnwebhaut): Diese weiche, dfmne Bin- na) lmd ein meningeales inneres (Lamina interna). Das pe-
degewebsschicht liegt der Duramater an lmd steht mit ihr riostale Blatt ist zellreicher als das meningeale und nur rela-
über das Neurothel in Verbindlmg. Sie überzieht den da- tiv locker rnit den Schädelknochen verblmden. Lediglich im
runter liegenden Subarachnoidalramn, einen rnit Liquor Bereich der Suturen ist die Verbindung fester. An manch en

~
I
I
I

- - - Membrllll8 11ml.".gt.ae
- A51rozyl

I
I
I
I
I
~,..... I I
I I
I I I
I
I I
I I
I I I
I
Al4one auslretendef Aulna 1 I : Tun.ca med•a det c;.tABes
I
~ Pla~l
~enM!Ie Mlltoolo

Abb. 3.4.45 Mikroskopische Anatomie der Hirnhä ute. Leptameninx (Pia materund Arachnoidea), matt-gelblich; Sub-
arachnoidalraum (SAR, Cavitas subarachnoidea), hell, mit Makrophagen; Dura materund Neurothel, grau. Am linken Bildrand
ist die Beziehung der Hirnhäute zu den Nervenscheiden zu erkennen. Grün: Basallamina. Das Neurothel besteht aus einem
ein- oder mehrschichtigen Verband dicht gepackter abgeflachter fibroblastenähnlicher Zellen, die über Desmosomen, Nexus
und auch light Junctions verbunden sind. Die braun gezeichneten Zellen in Arachnoidea und Pia werden auch Meningeal-
zellen genannt; sie kleiden den Liquorhaitigen Subarachnoidalraum aus; im Allgemeinen wird das gesamte Neurothel der
Arachnoidea zugezählt. Das Neurothel steht in Zusammenhang mit dem Perineurium. (Aus [4))
176 3 Gewebe

Abb. 3.4.46 Wirbelkanal mit Rückenmark (*) und Abb. 3. 4 . 47 Rückenmarks häute. 1 Nervengewebe des
Rückenmarks häuten. 1 Pia mater; 2 Arachnoidea; 3 Dura Rückenmarks (weiße Substanz); 2 Pia mater; 3 Arterie in der
mater; 4 Epiduralraum; 5 Periost am Wirbelkörper (6); Pia mater; 4 Arachnoidea mit Subarachnoidalraum (5) und
7 hinteres Längsband; 8 ventrale SpinalnervenwurzeL Im feinen Bindegewebstrabekeln (... ), die von flachen Menin-
Bereich des Rückenmarks und der Rückenmarkshäute sind gealzellen (zarter roter Saum der blau gefärbten Trabekel)
präparativ bedingt einzelne Artefakte (v. a. Risslinien) *
bedeckt werden. ~ Neurothel; artifizieller Subduralraum;
aufgetreten. Pavian; Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 6 Dura mater; 7 Epiduralraum. Pavian; Färbung: Masson-
5-fach. Trichrom, Vergr. 250·fach.

Stellen treten die beiden Blätter auseinander tmd bilden die Arachnoidea
Wände der Sinus durae matris. Die Arterien der Dura (Äste
der Aa. meningeae) liegen iru periostalen Blatt Sie können Die Arachnoideaisteine locker gebaute Schicht, zu der auch
bei Schädelverletzungen bluten (Epiduralblutung). der Subarachnoidalrawn gezählt wi rd. Die vielgestaltigen
Zellen der Arachnoidea heißen Meningealzellen und ent-
Wirbelkanal Im Wirbelkanal sind Dura und Periost der sprechen modifizierten Pibroblasten. Der Subarachnoidal-
Wirbeiknochen durch den Epidttralraum, der Venenplexus raum enthält Liquor cercbrospinalis und wird von zarten
und Fettgewebe enthält, getrennt (Abb. 3.4.46, Abb. 3.4.47). Bindegewebstrabckeln einrehzogen (Abb. 3.4.45, Abb. 3.4.47).
Er wird von flachen, über Desmosomen und Nexus ver-
Subdurales Neurothel Zwischen Duramater und Arach- knüpften Meningealzellen ausgekleidet, die auch die Trabe-
noidea liegt eine Schicht aus mehreren Lagen flacher Zellen kel bedecken. Die Trabekel ziehen bis zttr Pia mater ttnd ver-
(Abb. 3.4.45, Abb. 3.4.47). Diese Schicht wird als Nettrothel binden die Arachnoidea mit ilhr. Arachnoidca und Pia mater
(in Analogie zu Mesothcl) bezeichnet tmd baut sich aus epi- sind also aus dem gleichen Material und können mtr dttrch
thelähnlichen, über Tight Junctions verbttndenen flachen den Abriss der Trabekel voneinander getrennt werden (da-
Zellen (Meningealzellen) auf. Die Innerste Zellschicht des her werden Arachnoidca und Pia auch als Leptomeninx,
Nettrotbels ist mit der Arachnoidea über Zellhaften verbun- weiche Hirnhaut, zusammengefasst und der Subarachno-
den, die äußerste Zellschicht ist mit der Dura venvachsen. idalrawn als CaVttrn lcptomeningiClllll bezeichnet).
Einen physiologischen Spaltrawn zwischen Dura und Die Arachnoidca wölbt sich an einigen Stellen in die Sinus
Arachnoidea gibt es somit nicht Dieser kann mtr unter pa- durae matris vor. An diesen Arachnoidalzotten (Pacchioni-
thologischen Bedingungen entstehen. Das Nettrothel gilt als Granulationen; Abb. 3.4.48) wird der Großteil des Liquors
Diffusionsbarriere zwischen Arachnoidea und Dttra und abgegeben. Dies geschieht sehr schnell; Farbstoffe, die in
setzt sich in das Perlneuralepithel der Nerven fort. den Subarachnoidalrawn gegeben werden, finden sich schon
3.4 Nervengewebe 177

Merke
• Dltra mater: liegt dem Schädelknochen unmittelbar an;
derbes Bindegewebe
• Arachnoidca: liegt der Dllf3 mater an; mit der Dura
materüber das Neurothel verbunden; überzieht den mit
Liquor cerebraspinals geflillten Subarachnoidalraum,
mit der Pia matcr über Bindcgcwebstrabekel verbunden
• Pia mater: liegt dem Gehirn unmittelbar an und folgt
den Furchen der Hirnobcrfläche.

Hirnhäute und Bindegewebshüllen der Nerven


Die Hirnhäute setzen sich an den Nervenaustrittsstellen in
die Bindegewebshüllen der Nerven fort. Die Dura steht in
Abb. 3.4.48 Pacchioni-Granulatton (1) in der Wand des Verbindung mit dem Epineuriwn, das Neurothel setzt sich
Sinus sagittalis superior (2). 3 Arachnoidea; 4 Dura. Mensch; in das Perineuralcpithel fort und der Arachnoidalraum steht
Färbung: van Gieson; Vergr. 130-fach. mit dem Interzcllulärramn des Endencuriums in Verbin-
dung.

nach 10-30 Sekunden im Blut. Ein Teil des Liquors wird Klinik Die Hirnhäute und die Rälm1e zwischen den Hirn-
auch über Lymphbahnen außerhalb des Schädels, z. B. über häuten sind von praktischer Bedeutung, da es in diesen Be-
die Endoneuralrämne der Hirn-und Spinalnerven, resorbiert. reichen zu Blutungen kommen kann. Man unterscheidet:
• Epidurale Blutung: Arterielle Blutung einer Meningeal-
arterie (meistens A. meningca media) in den Bereich zwi-
Pia mater schen Knochen llnd Dura mater. Durch die Blutlmg wird
Die Pia mater liegt der Hirn- und Rückenmarkseberfläche die Dura mater vom Knochen abgelöst. Es entstel1t da-
unmittelbar auf. Auf Seite des Gehirns befindet sich die dmch ein pathologischer, beim Gesunden nicht vorhan-
eberflächliche Gliagrenzmembran, Membrana limitans dener "cpiduraler RaLun".
gliae superficialis, die das Gehirn gegenüber den Hirnhäu- • Subdurale Blut ung: Venöse BlutLmg einer Brückenvene
ten abgrenzt. Sie besteht aus e.iner eberflächlichen Basalla- (zieht vom Subarachnoida.lraum zu einem Sinus dmae
mina und den EndfUßen ve n Astrezyten (Kap. 3.4.2, Blut- matris und dltrchquert die Arachnoidea und Dura) in den
Hirn-Schranke). Bereich des Nemothcls zwischen Oltra und Arachnoidea.
H istologisch besteht die Pia mater aus flachen Menin- Dadmch entsteht hier ein pathologischer, beim Gesunden
gealzellen, die abgeflachten Fibroblasten entsprechen. Sie nichtvorhandener ,,subduraler Raum".
ähneln den Meningealzellen der Arachnoideatrabekel, die • Subarachnoidalbl utun g: Arterielle Blutung aus einem
in der Pia verankert sind (Abb. 3.4.45, Abb. 3.4.47). An fa- Gefaß im Subarachnoidalraum (meist Blutung aus einem
serigen Matrixkomponenten sind feine Kollagenfasern und arteriellen Anemysma am Orculus arteriosus). Der Li-
einzelne elastische Fasern ausgebildet. Makrophagen, Mast- quor ist blutig.
zellen und Lymphozyten sind regelmäßig zu finden. • Intrazerebrale Blutung: Zumeist arterielle Blutung aus
Die Pia ist gefaßrcich und begleitet die Blutgefäße, die einem Gcfaß innerhalb des Gehirns. Das Blut verdrängt
von der Oberfläche ins Gehirn eindringen, in die Tiefe. Die das umliegende Gewebe. In manchen Fällen kommt es zu
größeren Gefaße werden dabei zunächst noch von einem Blutungen in das Ventrikclsystcm.
Ausläufer des Subarachnoidalraums begleitet, dem perivas-
kulären Raum (Virchow-Robin-Raum). H ier lassen sichre- Blutlmgen innerhalb des Schädels sind für den Patienten
gelmäfMg perivaskuläre Makrophagen nachweisen, denen sehr gefahrlich, da der Rawn innerhalb des Schädels be-
eine Rolle bei der Immunabwehr des Gehirns zugeschrieben grenzt ist und die Blutungen Hirngewebe verdrängen kön-
wird. Mit zunehmender Verjiingung der Gefaße verengt nen (Hirnd ruck). Bei einer Verdrängung des Hirnstamms
sich der perivaskuläre Raum, und im Bereich der Kapillaren können zudem das Atemzentrum Llnd das Kreislaufzentrltrn
liegt schließlich das Gefaßendothel unmittelbar der Mem- geschädigt werden. Dies ist für den Patienten lebensbedroh-
brana limitans gliae perivascularis an. lich.

C 03 Lernhinweise zu Kapitel 3
KAPITEL

Blutzellen
4.1 Erythrozyten ..................... 180 4.4 Blutzellbildung (Hämatopoiese) ....... 191
4.4.1 Blutzellbildung während der
4.2 Leukozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Ern bryon alentwicklung . . . . . . . . ....... 191
4.2.1 Granulozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4.4.2 Blutzellbildung im Knochenmark
4.2.2 Lymphozyten ...................... 186 des Erwachsenen ................... 191
4.2.3 MonozytenjMakrophagen . . . . . . . ...... 188 4.4.3 Differenzierung der Blutzellen .......... 193

4.3 Thrombozyten . . . . . . . . . . . . . . ...... 189

Zellen und Blutplasma Blut besteht aus Zellen und Blut-


flüssigkeit (Blutplasma, Plasma; Blutplasma, dem Fibrin Tab. 4.1 Normale Blutwerte erwachsener
durch Gerinnung entzogen ist, heißt Blutserum) besteht. Menschen.
Beim Erwachsenen zirkulieren um die 4,5 l (bei Frauen Zusammensetzung
65 mllkgKG, bei Männem 69 ml/kgKG) Blut im Herz-
Kreislauf-System. Die Blutzellen entstehen im Knochen- • Gesamtvolumen: 4-4,5 l (Frauen), 4,5-5 l (Männer)
mark. Man unterscheidet Erythrozyten (rote Blutzellen), • Anteil der Zellen (ganz überwiegend der Erythrozyten)
Leukozyten (weiße Blutzellen) tmd 1hrombozyten (Blut- am Gesamtvolumen: 45% (Hämatokrit)
plättchen). Erythrozyten sind die bei Weitem zahlreichsten • Anteil der Leukozyten und Thrombozyten am Gesamt-
Zellen und erfiillen ihre gesamten Ftmktionen im Blut. Leu- volumen: 1%
kozyten bleiben dagegen nicht im Blut, sondern wandern in • Anteil des Blutplasmas am Gesamtvolumen: 54%
den Bindegewebsraum außerhalb des Bluts tmd dienen der
Abwehr. 1hrombozyten verschließen Verletzungen der Ge- Erythrozyten
faßwand. Der Anteil der zellulären Bestandteile des Bluts
am Gesamtblutvolumen wird Hämatokrit genannt. Er be- • Anzahl: Frauen: 4,2-5,4 Mio.fmm3,
trägt bei Männern ca. 48%, bei Frauen ca. 43%. Der Wert ist Männer: 4,6-5,9 Mio.fmm 3 (= 11l)
veränderlich, z.B. steigt er beim Aufenthalt in großen Hö- • Gestalt: bikonkave Scheibe
hen an, weil der Sauerstoftinangel in der Höhenluft die • Durchmesser: 7,5 11m, Oberfläche: 140 11m2
Hämatopoiese stimuliert. • Gesamtoberfläche aller Erythrozyten: 3800 m2
(2000-mal größer als die Körperoberfläche!)
Funktionen Hauptfunktionen des Blutes sind der Trans- • Lebensdauer: 90-120 Tage
port von: • Hämoglobin: Männer 14-18 gjdl (140 -180 g/l)
• Atemgasen (Sauerstoft"tmd Kohlendioxid) • Frauen 12-16 gfdl (120 -160 gfl)
• Nährstoft"im, Elektrolyten tmd Vitaminen
• Stoffwechselendprodukten Leukozyten
• Signalrnoleki.üen, z. B. Hormonen.
• Anzahl: 4500 -11000fmm 3 (= 11l), meistens
um 5000-6000
Des Weiteren hat das Blut wesentliche Ftmktionen bei der
Abwehr von Krankheitserregern, Puffenmg der Körperflüs- • Differenzialblutbild der Leukozyten:
sigkeiten im physiologischen Bereich, 1hermoregulierung - segmentkernige Neutrophile 40-70%,
tmd der Blutstilltmg. absolut: 4000 -7000/11l
In Tabelle 4.1 sind wichtige medizinische Daten zu Blut - Stabförmige 3-6%, absolut: 300-600/111
tmd Blutzellen zusammengefasst. - Lymphozyten 22 -44"1o, absolut: 2200- 4400/11l
- Monozyten 4-10%, absolut: 400 -1000/11l
Färbung des Blutausstrichs Im Histologiekurs tmd in - Eosinophile 2-7%, absolut: 200 -700/11l
der Hämatologie werden die Blutzellen für die grtmdlegen- - Basophile 0- 2%, absolut: 0- 200/111
de Orientienmg und spezifische Diagnosen im Blutaus-
strich studiert. Dieser Ausstrich wird i. A. nach Pappen- Thrombozyten
heim (Abb. 4.1) gefcirbt. Die Färbelösung enthält saure tmd 150000-450000/mml
basische Farbstofte. Die Pappenheim-Färbtmg ist eine
180 4 Blutzellen

Kombination der May-Grünwald-Färbung (Eosin, Methy-


lenblau) und der Giemsa-Pärbung (Azur, Eosin und Me-
thylenblau).

Abb. 4.1 Blutausstrich mit Erythrozyten. Das aufgehellte


Zentrum entspricht dem dünnsten Bereich der bikonkaven
scheibenförmigen Zellen. Mensch; Färbung: Pappenheim;
Vergr. 1250-fach.

4.1 Erythrozyten
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Erythrozyten sind als ausgereifte Zellen kernlos und be- Protein Hämoglobin, das auch flir die Eosinophilie der
sitzen keine Organellen. Sie sind bikonkave Scheiben mit Erythrozyten verantwortlich ist. Sie machen ca. 45'Xo des
einem Durchmesser von ca. 7,5 11111. Die eigenar tige Zell- Blutvolumens aus. Ihre Zahl beträgt ca. 4,5 -5,5 Millionen
gestalt wird durch spezielle Zytoskelettelemente an der pro mm3 . Eine Anämie ist durch zu niedrigen Hämoglo-
Innenseite der Zellmembran aufrechterhalten. Wesentli- bingehalt oder eine zu geringe Erythrozytenzahl gekenn-
cher Inhalt der Erythrozyten ist das sauerstoffbindende zeichnet

Morphologie Retikulozyten Ein kleiner Teil (0,4 - 2'l') der Erythro-


Erythrozyten sind als reife Zellen ganz anders als andere zyten enthält nach Färbung mit Brillant-Kresylblau ein fei-
Zellen gebaut. Sie sind bikonkave Scheiben, die an ihrem nes basophiles Netzwerk, das auf Ribosomen zurückgeht
Rand dicker als in der Mitte sind (Abb. 4.1, Abb. 4.3), und (Retikulozyten). Es handelt sich wn noch tmrcife Erythro-
enthalten weder Zellkern noch Organellen. Für die Gestalt zyten; ihre Zahl ist nach einem Blutverlust erhöht
und Verformbarkelt der Erythrozyten sind spezielle, funk-
tionell dem Zytoskelett zuzuordnende Proteine, insbeson-
dere Spektrin und Aktin, die unmittelbar tmter der Zell-
Funktion
membran liegen, verantwortlich (Abb. 4.6). Das Spektrin ''Nesentliche Ptmktion der Erythrozyten ist der Sauerstoff.
bildet an der Innenseite der Zellmembran ein polygonales transport. Dies wird durch das Häm gewährleistet, das auch
Netz, das mithilfe spezifischer Proteine, dem Bande-4.1-Pro- ftir einen Teil der pH-Puftcrung des Blutes verantwortlich
tein, Aktin, Tropemyosin und dem Ankyrin, mit der Zell- ist. Erythrozyten sind außerdem stark verformbar, was es
membran verbunden ist. ihnen ermöglicht, auch sehr enge Kapillaren und die engen
Schlitze in der Wand der Milzsinus zu passieren.
Mikroskopie Im gefarbten Blutausstrich sind Erythro-
zyten (Abb. 4.1, Abb. 4.9) kleine, bikonkave, rötliche Schei- Alterung Gealterte Erythrozyten-ca. 10 11 am Tag - wer-
ben mit dunklem Rand tmd zentraler Aufhelltmg (Abb. den von Makrophagen in der Milz und von den Kupfl"e r-
4.1). Im elektronenmikroskopischen Präparat sind ausge- Zellen in der Leber abgebaut. Die Paktoren, die zur Alte-
reifte Erythrozyten homogen mit Hämoglobin geftillt, Zell- rung der Erythrozyten fUhren, sind noch wenig bekannt.
kernttod Organellen fehlen (Abb. 4.3). Man weiß jedoch, dass die Membranen bei älteren Erythro-
zyten weniger flexibel sind tmd dass jtmge Erythrozyten vor
Hämoglobin Oie Rotfärbung der Erythrozyten im Blut- dem Abbau durch ein Membranprotein geschützt sind, das
ausstrich beruht auf dem hohen Gehalt an Hämoglobin an einen inhibitorischen Rezeptor auf den Makrophagen
(ca. 30 pg pro Erythrozyt; ca. 140 g (Prauen] bzw. ca. 160 g bindet und dadurch die Phagozytose blockiert.
(Männer] pro Liter Blut). Beim Hämoglobin ist in jede der
4 Globinketten ein Hämmolckül eingebettet. Das Eisen des
Härns trägt den Sauerstoff. Hämoglobin transportiert auch
C02 und ist ein wichtiger Puffer des Blutes.
4.1 Erythrozyten 181
Zuckerketten
Zuckerketten
•'
••• r------------
1Extrazellulärraum :
~------------~
Protein 3


' •• Cholesterin

••
Phospholipid
'

''
Protein 4.1

Troporhyosin
: Intrazellulärraum :
Abb. 4.2 Molekularer Aufbau der Zellmembran eines Erythrozyten. Protein 4.1, Aktin, Spektrin und Tropomyosin bilden
ein Laminäres Netzwerk unter der Zellmembran. Glykophorin und Protein 3 (Bande-3-Protein, anionentransportierender Kanal,
erlaubt Transport von Bicarbonat durch die Membran im Austausch gegen Chlorid) durchqueren die Membran. Glykophorin,
Protein 3 und bestimmte Lipide tragen außen Zuckerketten. Ankyrin und Protein 4.2 verbinden Spektrin mit Protein 3.
Protein 4.1 ist mit Glykophorin verbunden. Die Membran enthält unterschiedliche Phospholipide, die sich in der inneren und
äußeren Membranhälfte unterscheiden, außen finden sich insbesondere Sphingomyelin und Phosphatidylcholin. (Verändert
nach (7))

C]
Abb. 4.3 Erythrozyten.

aAbb. 4.4 Erythrozyten.


Abb. 4.5 Blutausstrich bei Malaria. Malaria wird durch
einzellige Parasiten der Gattung Plasmodium verursacht
(im vorliegenden Fall durch Plasmodium vivax). 2 Erythrozyten
enthalten Parasiten im Stadium der Siegelringform (~ ).
1 Neutrophiler. Mensch; Färbung: Pappenheim; Vergr. 750-
fach.
182 4 Blutzellen

Klinik Im Zusammenhang mit Veränderungen an oder in Merke Erythrozyten sind 7,5 !Ull große, scheibenförmige
den Erythr oZ}1en gibt es eine ganze Reihe von Krankheiten. Zellen mit beiderseitiger zentraler EindellLmg. Diese spe-
Die Zahl der Erythrozyten oder ihre Gestalt kann verändert zifische Gestalt ist dLLTch das submembranäse Netzwerk
sein, sie können weniger Hämoglobin enthalten oder durch aus Spektrin und Aktin bedingt. Die Erythrozyten besit-
Parasiten befallen werden: zen keinen Kern und keine Organellen. Ihr Zytoplasma
• Zahl: Eine Anämie ist durch zu geringe Erythrozytenzahl enthält fast nur Hämoglobin.
oder zu geringe Hämoglobinmenge charakterisiert. Ur-
sache kann z.B. chronischer Blutverlust, Vitamin-B12-
Mangel oder eine zu geringe Erythrozytenproduktion in-
folge Erythropoietinmangels sein, wie er für chronische
Nierenerkrankungen typisch ist. Bei einer Eiserunangel-
anämie liegen z.B. relativ kleine, blasse Erythrozyten vor,
man spricht von mikrozytärer, hypochromer Anämie.
• Größe: Erythrozyten können kleiner oder größer als im
Normalfall sein (Mikrozyten, Makrozyten). Liegen unter-
schiedlich große Erythrozyten vor, spricht man von An-
isozytose.
• Gestalt: Gibt es unterschiedlich gestaltete Erythrozyten,
spricht man von Poikilozytose. Rundliche Erythrozyten
heißen Kugelzellen (Sphärozytcn). Die Kugelgestalt be-
ruht auf unterschiedlichen genetischen Defekten der sub-
membranäsen Proteine des Zytoskeletts, die zu abnormer
Zcllgestalt führen; Kugelzellen werden intensiv in der Abb. 4.6 Blutausstrtch bei Sichelzellenanämie. Die
Milz abgebaut (Kugclzcllenanämie). (hämoglobinarmen) Erythrozyten sind generell blass und ihre
• Parasiten: Malaria ist eine Krankheit, die sich vor allem in Gestalt ist oft atypisch ( -')). Mensch; Färbung: nach Wright;
den Erythrozyten abspielt und die durch Plasmodien Vergr. 450-fach.
(Protozoen) verursacht wird (Abb. 4.5).
• Hämoglobin: Eine Reihe von erythrozytären Krankheiten
ist durch abnormes Hämoglobin gekennzeichnet (Hämo-
globinopathien), z. B. die Sichelzellenanämie (Abb. 4.6).

4.2 Leukozyten
_____________________________________ ZurOrtentierung -------------------------------------
Die Leukozyten sind auch als ausdifferenzierte Zellen Neutrophilcn, Eosinophilen und Basophilen), Lympho-
kernhaltig. Sie unterscheiden sich v. a. in Zellgröße, Kern- zyten (mit B- und T -Lymphozyten) und Monozyten. Die
morphologic, Gehalt an typischen Granula und Zytoplas- Zahl der Leukozyten im Blut beträgt ca. 4500 - 11 000 pro
marnenge. Sie dienen vor allem der Abwehr pathogener mm3 (meistens umS000 -6000).
Mikroorg.~nismen. Zu ihnen gehören Granulozyten (mit

Einteilung und Anzahl Leukozyten (weiße Blutzellen) Lmd verschiebt sich bei einem eitrigen Infekt oft auf über
sind die kernhaltigen Blutzellen. Pro mm3 kommen norm a- 80~ der gesamten Leukozyten.
Ierweise 4500- 11 000 Leukozyten vor. Sie mach en nur 1~
des Blutvolw11ens aus. Die Leukozyten werden unterteilt Diapedese Leukozyten gehen, wie alle Blutzellen, auf
in: Stantrn- Lmd Progenitorzellen im Knocherunark zmück
• Granulozyten, (s.u.). Als ausgereifte Zellen erfiillen sie ihre Funktion meist
• Lymphozyten und außerhalb des Blutes, d. h., sie werden im Blut nur trans-
• Monozyten. portiert tmd müssen es verlassen (in den postkapillären Ve-
nolen), um ihre PLmktion erfiillen zu können. Die Auswan-
In der klinischen Hämatologie werden Lymphozyten und denmg der Leukozyten aus dem Blutstrom wird Emigration
Monozyten wegen ihres nicht segmentierten Kerns auch als oder Diaperlese genannt. Die Leukozyten haften am Endo-
"mononuklcäre Zellen" zusammengefasst. In der klinischen thel an und bilden feine Plilichen aus, die sich in das Endo-
Routine werden 5 Leukozytentypen Lmterschieden: neutro- thel vorschieben. Ein Püßchen übernimmt dann die Füh-
phi.le Granulozyten, cosinophile Granulozyten, basophi.le rung, schafft sich eine größere Öffnung in Endothel und
Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten. Das Differen- Basallamina und zieht schließlich die ganze Zelle durch das
zialblutbild erfasst den mengenmäßigen Anteil der einzel- Endothel. Die Öffnung befindet sich oft im Zytoplasma der
nen Leukozytentypen in Prozent, wobei die Gesamtzahl der Endothelzellc, karm aber auch zwischen 2 Endothelzellen
Leukozyten 100~ entspricht (Tab. 4.1). Die Anzahl der Leu- liegen, wobei dann die Zellkontakte geöffnet werden. Die
kozyten kann sich bei Krankl1eiten ver'cindern. Der Nornlal- Leukozyten verhalten sich beim Kriechen wie eine Amöbe;
wert für neutrophile Granulozyten betr'.igt z. B. oft ca. 609' Motor der BewegLmg sind Aktin und Myosin.
4.2 Leukozyten 183

Tab. 4.2 Auswahl von CD-Oberflächenmolekülen


und den zugehörigen Leukozyten, die durch sie
charakterisiert werden können.

Oberflächen- Zelltypen
moleküle
CDl kortikale Thymozyten, Langerhans-Zellen

CD3 T-Lymphozyten

CD4 T-Helferzellen (TH,- und TH 2-Zellen)


CD8 zytotoxische T-Lymphozyten

CD20 B-Lymphozyten Abb. 4.8 Zwei segmentkernige Neutrophile (1} und


CD21 • reife B-Lymphozyten ein relativ großer Lymphozyt {2) im Blutausstrich {Mensch}.
• follikuläre dendritische Zellen Färbung: Pappenheim; Vergr. 650-fach.

CD57 NK-Zellen

CD68 • Gewebemakrophagen
• Monozyten
• Neutrophile

CD-Klassifikation Die heutige Klassifikation der Leuko-


zyten beruht auf unterschiedlichen Oberflächenmolekülen
dieser und verwandter Zellen und wird CD-Klassifikation
genannt. CD bedeutet "duster of düferentiation": Der
Nachweis eines CD-Oberflächenmoleküls (Abb. 4.7) weist
auf einen bestimmten Leukozytentyp hin. Derzeit werden
ca. 150 CD-Typen tmterschieden (Tab. 4.2). Abb. 4.9 Neutrophiler Granulozyt im Blutausstrich
{Mensch), höhere Vergrößerung. Färbung: Pappenheim;
Vergr. 1250-fach.
4.2.1 Granulozyten
Aufgrund des Färbeergebnisses im nach Pappenheim ge-
färbten Ausstrich tmterteilt man Granulozyten in:
Neutrophile
• neutrophile Granulozyten, 90% der Neutrophilen befinden sich in einem Speicherkom-
• eosinophile Granulozyten tmd partment im Knochenmark, ungefähr 10% im Blut, einige
• basophile Granulozyten. im Gewebe. 1m Blut halten sie sich zumeist nur 6-8 h auf.

Merke Man benutzt häufig die Kurzform für die verschie- Morphologie
denen Granulozytentypen: Neutrophile, Eosinophile und
Basophile. Die ausgereiften Neutrophilen sind 8,5-10 fUll große Zellen
mit segmentierten Kernen tmd rosa bis zartviolettem Zyto-
Der Name "Granulozyten" beruht auf der Existenz zahl- plasma (Abb. 4.9, Tab. 4.3). Diese Anfärbtmg bentht im We-
reicher Granula im Zytoplasma. Diese färben sich entweder sentlichen auf den zahlreichen zytoplasmatischen Granula.
mit sauren Farbstoffen wie dem Eosin (rot) oder mit basi-
schen Farbstoffen wie Methylenblau und Azur dunkelblau/ Kerne Die heterochromatinreichen Kerne besitzen 3-4
violett an. Die Kerne der reifen Granulozyten sind dtmkel Segmente, die über sehr dünne Kernabschnitte (Kernbrü-
tmd in tmregelmäßiger Art tmd Weise in Segmente geglie- cken) verbtmden sind (Abb. 4.8, Abb. 4.9, Abb. 4.10). We-
dert, die durch schmale Kernanteile (Kernbrücken) mitein- gen dieser segmentierten Kerne werden die ausgereiften
ander verbunden sind. Neutrophilen auch Segmentkernige genannt. Die Gestalt
der Kerne ist im Detail bei jedem Neutrophilen etwas ver-
schieden, weswegen sie auch polymorphkernige Granulo-
zyten genannt werden. Der biologische Vorteil der segmen-
tierten Kerne liegt möglicherweise darin, dass sich solche
a Kerne leichter an die Verformbarkeit der Zellen anpassen
Abb. 4. 7 Immunhisto- können, wie sie z. B. bei der Emigration aus dem Blut oder
chemischer Nachweis des der Wandenmg durch die BindegewebsmatrLx zu beobach-
CD20-Proteins. ten ist.
184 4 Blutzellen
Jugendliche Neutrophile besitzen einen dichten, band- produktion, Histanlinase, Rezeptoren für Laminin ltnd
bzw. stabformigen Kern (Stabformige), der noch nicht verschiedene Faktoren, die das Anheften der Zellen am
und nur angedeutet segmentiert ist. Ihre Zahl ist in Zeiten Endothel fördern. Diese Granula sind im Elektronen-
mit hohen Verlusten an ausgereiften Neutrophilen, wie mikroskop nur von mittlerer Dichte ltnd länglich, ilire
bei vielen bakteriellen Eotzltndungen, im Blutstrom er- Zahl übertrifft die der primären Granu.la erheblich.
höht.
Das Chromatin der Kerne ausgereifter Neutrophiler ist
überwiegend sehr dicht. Bei Prauen ist öfter das hyperme-
Funktion
thylierte X-Chromosom als kleiner trommelschlägelformi- Neutrophile haben eine Schlüsselrolle bei der akuten Ent-
ger Anhang arn Kern der Neutrophilen erkennbar ("drum- ziindungsreaktion. Ihre wichtigste Punktion ist die Phago-
stick", Trommelschlägcl). Im Zytoplasma konu11t neben den zytose, v. a. von Bakterien, aber auch von manchen Viren.
Granula viel Glykogen vor (Abb. 4.10). Diese Phagozytose findet im Gewebe statt, sodass die Neu-
trophilen zuerst aus dem Gefäß (postkapilläre Venole) ein-
Granula Unter den Gr.mula im Zytoplasma sind 2 Typen dringen (Diapedcse) und sich dort einen Weg zwn Krank-
zu ltnterscheiden: heitsherdbahnen müssen (Chemotaxis).
• Azurophile (= primäre) Granula färben sich mit dem
Azurfarbstoff violett an und sind im Elektronenmikro- Diapedese Neutrophile sind sowohl mitten im Blutstrom
skop dltnkel und entsprechen Lysosomen. Sie enthalten (frei schwimmende Ncutrophile) als auch am Rand der
u. a. Hydrolascn, Elastase, Myeloperoxidase, katlenisehe Gefäße (randständige, marginicrte Neutrophile) zu finden.
Proteine, das bakterizide Protein, das beim Abtöten gram- Randständige Neutrophile stehen im Kontakt mit dem
negativer Bakterien eine wichtige Rolle spielt, und De- Endothel. Dieser Kontakt wird im groBen Kreislauf durch
fensine, Polypcptide tnlt breiter antim ikrobieller Aktivität spezifische Zelloberllächcnmoleküle, die Selektine, vermit-
gegen Bakterien, Pilze und bestimmte Viren mit einer telt. Diese Glykoproteine kommen sowohl auf den Neutro-
Hlillstruktur. philen (L-Selektin = CD62L und Sialyl-Lewis X= CD15S)
• Spezifisch e (= sekundäre) Granula enthalten u. a. Lakto- als auch auf dem Endothel (E-Sclektin = CD62E und P-Se-
ferrin, Vitan1in-B12-bindende Proteine, alkalische Phos- lektin = CD62P) vor. Die Expression von Selektinen auf den
phatase, NADPH-Oxidase fi.ir die Wasserstoflperoxid- Endothelzellen wird durch aktivierte Makrophagen (über
TNFa ltnd IL-1) stimuliert. DieSelektine der Neutrophilen
binden an die der Endothelzellen (Abb. 4. 11). Der Kontakt
ist Zltnächst relativ locker (" rolling"). Bei Verletzungen
oder Entzündungen entstehen chemotaktische Stimuli, wel-
che den Kontakt intensivieren. Als Folge "kleben" die N eu-
trophilen am Endothel postkapillärer Venolen, wobei die-
c ser Kontakt durch granulozytäre lntegrine (LFA-1 und
Abb. 4.10 Intravaskulärer Mac-1) und endotheliale Adhäsion smolekiile (ICAMl =
neutrophiler Granulozyt. CD54 und ICAM2 = CD102) vermittelt wird (Abb. 4.11) .

Neutrophiler
,,r_-"c=:"'>_.-
2
'''
' '
Endothelzelle
MAC-1
CD31
'
'' '
Selelctin der. __
Endothelzelle

Tumomekrose- ''
faktor-a (TNF-a) '
lnter1eukln-1
(IL-1)

Abb. 4.11 Rollen, Adhäsion und


Durchtritt eines neutrophilen Leu-
kozyten durch die (intakte) Wand
Makrophage einer postkapillären Venole (Diape-
dese). Details s. Text.
4.2 Leukozyten 185
Die NeutraphiJen durchwandern dann das Endothel, wobei Eosinophile
sie zwischen den Zellen, aber auch durch das Zytoplasma
hindurchwandern (Diapedese). Hierbei spielt ein Adhä- Morphologie
sionsmoleki.U, das sowohl auf den NeutraphiJen als auch auf Die vor über 100 Jahren von Paul Ehrlich (1854 - 1915) ent-
dem Endothel exprimiert ist und PECAM1 (= CD31) ge- deckten EosinephiJen (s.a. Kap. 3.2.3) sind 11-141ffi1 groß
nannt wird, eine Rolle. Im kleinen (Lungen-)Kreislauf emi- (Tab. 4.3).
grieren die NeutraphiJen im Bereich der Kapillaren. Hier
sind aufgrund der Enge der Kapillaren überwiegend physi- Kern Ausgereifte Eosinophile besitzen zumeist einen
kalische Faktoren für die Marginalion (Randständigkeit) zweigelappten heterochromatinreichen Kern.
verantwortlich.
Granula Die Granula sind charakteristisch eosinophil
Chemotaxis und Phagozytose Mittels Chemotaxis bah- (rot) und relativ groß (Abb. 4.13). Sie haben generell Lyso-
nen sich die Leukozyten ihren Weg Zlllll Kranklleitsherd. somencharakter und lassen im EM-Präparat ein kristalloi-
Dabei helfen Enzyme wie z. B. Kollagenase tmd Elastase, die desZentrumerkennen (Abb. 4.14). Dieses charakteristische
Bindegewebsmatrix abbauen und an der Schaffung von
Zentnun besteht aus einem argininreichen Protein mit
Abszesshöhlen beteiligt sind. Bei der Phagozytose (Abb. Histaminaseaktivität ("major basic protein"), das vermut-
4.12) werden Superoxidanionen gebildet, die in Wasser- lich eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Parasiten spielt.
stoftperoxid tmd andere toxische Sauerstoffverbindungen Des Weiteren enthalten die Granula viele andere Enzyme.
umgewandelt werden. Wasserstofl'peroxid, Chlorid tmd
Neutrophilenmyeloperoxidase bilden ein besonders toxi-
sches System, das Hypochlorsäure, Hypochlorit tmd Chlor
produziert. Diese Verbindungen, kationische Proteine tmd
die Defensine beteiligen sich am Abtöten der Mikroorga-
nismen.

Abbau Neutrophile sind Teil des entzündlichen Exsudats


und des Eiters. Nach 1-4 Tagen im Gewebe sterben die
NeutraphiJen ab. Beim Gesunden verlassen die gealterten
NeutraphiJen den Körper durch das Epifuel des Darm-
traktes, in dessen Lumen sie zugrunde gehen, oder sie wer-
den von Makrophagen in Lunge und Milz abgebaut.

Klinik Die NeutraphiJen spielen eine wesentliche Rolle bei


Abwehr und Entziindungsprozess, speziell bei bakteriellen
Entzündungen. Leukämien der NeutraphiJen (= myeloische
Leukämien) sind bösartige Erkrankungen, die in akute tmd Abb. 4.13 Eosinophiler Granulozyt im Blutausstrich.
chronische myeloische Leukämien tmterteilt werden. Der rote Farbton in den relativ großen eosinophilen Granula
ist typischerweise ziegelrot, schwankt aber mit dem jeweils
verwendeten Eosin. Mensch; Färbung nach Pappenheim.
Vergr. 1250-fach.


• • ~--'( •:. •:".- r ·-r:- -~'::.
.,-w- ""'
.J"~

• ~:''-i• • ·~
.•• •,••.•J,,•.I .~I t ,._..~,...
. .. -# 1
/'1·". • •. ~ •. I
• • • '" ., i ~• • "'~':t'r.. .••
t')'J C
~.•
0
,;. .. ' 0 I • -' ' < . . .' J .. ' ,·
',•~ ,.. .... ~.I "• I ,'• -.t •,

~!:~····~;.· :•','\
~ ... . . " '(•'
.. :~~
~
Abb. 4.12 Neutrophiler c
'"._,, ~-· - •. · • ,,,.:~
ii. '·.·-.
., .:· , ·,: ~.'" . ·.· "'."~.· Granulozyt mit phago- Abb. 4.14 Eosinophile
ll:lh • >-,...,.•.• ~··:.•<'J+'· i! zytierten Herpesviren. Granulozyten.

Tab. 4.3 Unterscheidungsmerkmale der Granulozyten.

Kriterium Neutrophile Eosinophile Basophile

Anzahl 4000- 7000/lll 200-700/lll 0- 200/lll


Größe 8,5-10 11m 11-141-'m 8-11 11m
Kern 3-4 Segmente, dünne Kern- meistens zweigelappt, relativ groß, unterschiedlich
brücken, heterochromatinreich heterochromatinreich gestaltet, heterochromatinreich

Granula azurophile und spezifische Granula rot und relativ groß, unterschiedlich groß und tintenblau,
kristaUines Zentrum in der EM fein granulierter Inhalt in der EM
186 4 Blutzelle n

Abb. 4.16 Basophiler Granulozyt (1) im Blutausstrich.


Abb. 4.15 Eosinophile (-+)im ausgehusteten Sputum Die basophilen Granula überdecken größtenteils den gelapp-
eines chronisch allergisch erkrankten Menschen. Färbung: ten Kern . 2 neutrophiler Granulozyt. Mensch; Färbung:
Pappenheim; Vergr. 650-fach. Pappenheim; Vergr. 1250-fach.

Funktion Basophile
Eosinophile können phagozytieren Lmd sind viellanglebiger
Morphologie
als die Neutrophilen. Sie können im Gegensatz zu Neutro-
phllen rezirkulieren und sind fi'lr die Abwehr von Parasiten Die 8-1 1 11m großen Basophllen (Tab. 4.3) ähneln funktio-
(v.a. Würmern) wichtig. Sie besitzen Fe-Rezeptoren, mit nell in vieler Hinsicht den Mastzcllen.
deren Hilfe sie an antikörperbedeckte (lgG und/oder IgE)
Parasiten oder Parasitenlarven binden Lmd diese abtöten Kern Sie besitzen einen relativ großen heterochromatin-
können. Wenn siez. 8. aufSchistosomalarven treffen, lagern reichen Kern, der unterschiedlich gestaltet sein kann. Er ist
sie sich in großer Zahl und zum Teil in mehreren Schichten oft mndlich und wenig eingekerbt, kann aber auch zwei-
auf deren Oberfläche an und setzen toxische Substanzen frei. lappig sein. Im Ausstrich wird er oft von den großen baso-
Zu den Enzymen der Eosinophllen gehört lL a. eine Eosi- phllen (blauen) Granula verdeckt (Abb. 4.16).
nophllenperoxidasc, die die Oxidation mehrerer Substrate
durch Wasserstoffperoxid katalysiert und dadurch am Ab- Granula Die Granula (Abb. 4.17) sind unterschiedlich
töten von Mikroorganismen beteiligt ist. Dieses Enzym leitet groß, von einer Membran begrenzt sind und besitzen einen
auch die Sekretion der MastzeUgranula ein. Im Zytoplasma fein granulierten Inhalt.
kommt auch das Charcot-Leyden-Kristallprotcin vor, das
im SputLUn von Astlunapatienten zu tinden ist, Lysophos-
pholipaseaktivität besitzt und wahrscheinlich eine Rolle bei
Funktion
der Entgiftung von Lysophospholipiden spielt. Viele weitere Die Granula der basophilen Granulozyten enthalten u.a.
Faktoren sind in Eosinophilen nachgewiesen, darunter ein Peroxidase (wie die der anderen Granulozyten), Histamin
sehr wirksames Neurotoxin. und Heparin, Zytokine (IL-4), Mediatoren, eosinophilen
chemotaktischen Paktor und neutrale Protease. Zur nonna-
len Funktion dieser seltenen Zellen ist erst wenig bekannt.
Klinik Die Zahl der Eosinophilen ist bei WurmerkrankLm-
Sie besitzen manche funktionelle Übereinstimmungen mit
gen (Schistosomen, Hakenwürmer, Trichinen, Echinokok-
ken, Blasenwürmern, Askariden u.a.), vielen allergischen den Mastzcllen, z. B. haben sie an ihrer Oberfläche hochaffi-
ne IgE-Rezeptoren und setzen nach Vernetzung des gebun-
Reaktionen (z. 8. bei Allergien gegen bestimmte Medika-
denen IgE dLrrch Antigen Histamin frei.
mente, bei Asthma bronchiale und Ekzemen) Lmd anderen
Erkrankungen erhöht (Eosinophilie, mehr als 700 Eosino-
phllc/mm3). Ihre Zahl im Gewebe kann erhöht sein, ohne 4.2.2 Lymphozyten
dass das im Blutbild nachweisbar ist. Bei schwerem Astluna
bronchiale wandern sie in größerer Zahl sogar in das Epithel Zirka 22-44% der Blutleukozyten sind Lymphozyten, in
der Atemwege ein (Abb. 8.1) und tinden sich auch im Aus- absoluten Zahlen sind das ca. 2200 - 4400 Lymphozyten im
wurf (Abb. 4.15). Sie spielen eine komplexe Rolle als Aktiva- mm3 Blut. Lymphozyten sind die spezifischen Zellen des
toren und Mediatoren bei entzündlichen und immunologi-
schen Prozessen.

a
Abb. 4.17 Intravaskulärer
basophiler Granulozyt.
4.2 Leukozyten 187
Inummsystems (Kap. 6); ihr Name bezieht sich auf die Tat- phozyten nicht voneinander zu unterscheiden, dies gelingt
sache, dass sie fast als einzige Leukozyten auch in der nur mit immtmhlstochemischen Methoden (Abb. 6.31, Abb.
Lymphflüssigkeit vorkonunen und in den lymphatischen 6.32). Sie haben einen rundlichen, recht dtmklen Kern mit
Organen beheimatet sind. ganz schmalem ZytoplasmasalUu (Abb. 4.18), in dem sich
vor allem Ribosomen und einzelne Mitochondrien finden
(Abb. 4.19). Andere Organellen (Golgi-Apparat, RER und
Einteilung Lysosomen) sind nur spärlich vorhanden bzw. auffallend
Lymphozyten gehören 2 großen Klassen an, den B- und den klein. Solche Zellen mit wenigen Organellen und schmalem
T -Lymphozyten: Zytoplasmasaum sind i. A. naive Lymphozyten (Kap. 6).
• 8 -Lymph ozyten entstehen im Knochenmark (engl
"h one marrow") oder, bei Vögeln, in der Bursa fabricü
und machen 10-15~ der zirkulierenden Lymphozyten Funktion
aus. Lymphozyten sind in der Lage, sich aktiv zu bewegen und
• T -Lymphozyten entstanuuen letztlich auch dem Kno- z. B. dttrch Endothelien hindurchzuwandern. B-Lympho-
chenmark, wandern aber sehr früh in den Thymus und zyten sind die Träger der hlUuoralen, I-Lymphozyten die
reifen hier aus. Im peripheren Blut sind 70-80% der der zellulären Immunität (Kap. 6).
Lymphozyten T -Lymphozyten.
Klinik Speziell bei Viruserkrankungen finden sich öfter
Beide Lymphozytentypen leiten sich ebenso wie alle anderen
mittelgroße oder große Lymphozyten. Bei diesen Zellen
Blutzellen von einer gemeinsamen Stammzelle im Knochen-
handelt es sich tun aktivierte Lymphozyten. Besonders gro-
mark her. Zu den Lymphozyten werden außerdem natür-
ße, sog. monozytoide Lymphozyten erreichen einen Durch-
liche Killerzellen (NK-Zellen) gerechnet. messer von 15-18 11m. Bei ihnen handelt es sich mehr-
heitlich tun CD8-positive I -Lymphozyten. Sie heißen auch
8- und T-Lymphozyten "Pfeiffer-Zellen" (benannt nach Emil Pfeiffer, 1846-1921,
Internist tmd Pädiater in Wiesbaden). Man findet sie beim
Morphologie Pfeifler-Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose), einer vom
Im Blutausstrich variiert die Größe der Lymphozyten von Epstein -Barr-Virus verursachten Infektionskrankheit.
ca. 6 bis ca. 12 1un, im Pappeoheim-Präparat sind die meis- Lymphatische Leukämien sind bösartige Erkranktmgen
ten Lymphozyten 6-8 !!m groß. Man spricht von kleinen, lymphatischer Vorläuferzellen im Knochenmark bzw. in
mittelgroßen und großen Lymphozyten. Oie Ursachen für lymphatischen Geweben. Sie können akut oder chronisch
die Größemmterschiede sind in vieler Hinsicht noch tmk!ar, verlaufen. Im Blut sind vor allem in späteren Stadien unreife
aber wahrscheinlich sind die größeren Formen aktivierte pathologische Zellen vermehrt nachzuweisen, und normale
Lymphozyten. Speziell Virusbefall aktiviert Lymphozyten. Blutzellen der weißen oder anderer Blutzellreihen werden
Im gefärbten Routine-Blutausstrich sind B-und T-Lym- verdr'.ingt (Abb. 4.20).

Abb. 4.18 Lymphozyt im Blutausstrich mit rundlichem,


dunklem Kern und schmalem Zytoplasmasaum. Mensch;
Färbung: Pappenheim; Vergr. 1250-fach.

Abb. 4.20 Blutausstrich bei chronisch lymphatischer


Cl Leukämie. Die Lymphozyten (-+)sind stark vermehrt und
Abb. 4.19 Intravaskulärer erscheinen relativ einheitlich. Mensch; Färbung: Pappen-
kleiner Lymphozyt. heim; Vergr. 700-fach.
188 4 Blutzellen

Natürliche Killerzellen tUllfangreichen Golgi-Apparat sowie mäßige Mengen an


Ribosomen, RER tmd Mitochondrien gekennzeichnet. Die
Charakteristika Oberfläche bildet Falten tmd tmregelmäi3ig gestaltete Fort-
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) machen 5 - lO'Mt der sätze {Abb. 4.23).
peripheren Blutlymphozyten aus. Sie besitzen große azuro-
phile zytotoxische Granula, phagozytieren aber nicht {Abb. Funktion
4.21).
Makrophagen sind wichtigster Bestandteil des mononukleä-
ren Phagozytensystems (Kap. 6). Sie haben außerdem zahl-
Funktion reiche weitere Punktionen (Kap. 3.2.3).
NK-Zellen besitzen sowohl antikörperabhängige zelluläre
Zytotoxizität (ADCC) als auch NK-Aktivität (natürliche
Killeraktivität). Zelluläre Zytotoxizität entwickeln NK-Zel-
len, wenn sie- als Fe-Rezeptor-tragende Effektorzellen - an •
antikörperbedeckte {opsonisierte) Zielzellen binden, was zur
Lyse der Zielzellen führt. Die natürliche Killeraktivität ist
ein direkter Mechanismus, der ZUI11 Abtöten von virusinfi-
zierten, transplantierten oder Ttm1orzellen führt.
Wie zytotoxische T-Zellen bilden die NK-Zellen zyto-
toxische Moleküle, z. B. Perfarin und lysierende Enzyme.
Diese Moleküle werden exozytotisch aus den Granula frei-
gesetzt. Perfarin bildet Poren in der Membran der Ziel-
zellen, durch die lysierende Enzyme in das Zytoplasma die-
ser Zellen eindringen können, wo sie über eine Reilie von
biochemischen Schritten eine Apoptose auslösen.

4.2.3 Monozyten/Makrophagen
Die relativ großen (Durchmesser 15-20 j.Ull) Monozyten a
entstehen wie die anderen Leukozyten im Knochenmark
und befinden sich meistnur 12-24 h im Blut, wo sie 2-8'Mt
der Leukozyten ausmachen. Sie wandern dann ins Binde-
gewebe, wo sie sich zu verschiedenen Typen von langlebigen
Makrophagen entwickeln.

Morphologie
Blutmonozyten sind die größten Leukozyten im Blut und
besitzen oft einen nierenförmigen, gelegentlich auch einen
zweilappigen Kern mit "wolkiger" Struktur {Abb. 4.22). Das
taubengraue-blaue Zytoplasma enthält einzelne azurophile
Granula (Lysosomen). Die Ultrastruktur ist durch einen

b
Abb. 4.22 Mono- und Thrombozyt. a: Monozyt mit nieren-
förmigem Kern im Blutausstrich. Mensch; Färbung: Pappen-
heim; Vergr. 1150-fach. b: Thrombozyten(~) im Blutaus-
strich. Im Ausstrich verklumpen die Thrombozyten öfter und
bilden kleine Gruppen. Hyalomer (heller Randsaum) und
Granulomer (dichtes Zentrum) sind gut zu unterscheiden.
Mensch; Färbung: Pappen heim; Vergr. 1150-fach.

Abb. 4.21 Natürliche Killerzelle im Blutausstrich.


Im etwas breiteren Zytoplasmasaum sind große azurophile 0
Gran ula sichtbar. .... Thrombozyt. Mensch; Färbung: Pappen- Abb. 4.23 Intravaskulärer
heim; Vergr. 1250-fach. Monozyt.
4.3 Thrombozyten 189

4.3 Thrombozyten
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Thrombozyten sind Zytoplasmafragmente mit konstan ter Rolle bei der Blutstillung. Pro mm3 Blut kommen 150 000
hochorganisierter Struktur, die durch Abschnürung aus bis 450 000 Thrombozyten vor.
den Megakaryozyten entstehen. Sie spielen eine wichtige

Thrombozyten (Blutplättchen) sind Teil des komplexen, speziellen Kollagenrezcptor, der zur lntegrinfarnilie gehört.
blutstillenden (härnostatischen) Systems. Ein Drittel der Diese Verbindung wird durch den Von-Willebrand-Faktor
Thrombozyten wird in der Milz gespeichert ("sequestriert"), stabilisiert, der sowohl von den Thrombozyten als auch von
zwei Drittel zirkulieren im Blut. Ihre Lebensdauer im Endothelzellen gebildet wird und der normalerweise in einer
Blut beträgt 7-10 Tage. Sie werden von Makrophagen vor Menge von 10 mg/1 im Blut vorkommt. Durch die Adhäsion
allem in der Milz abgebaut. Normalerweise kommen werden die Thrombozyten aktiviert und bilden viele schlan-
150000-450000 Thrombozyten in einem mm3 Blut vor. Bei ke kontraktile Fortsätze aus. Sie setzen dann den Inhalt ihrer
Frauen sinkt ihre Zahl vor Beginn der Menstruation. Granlila frei. Weitere aktivierte Plättchen aggregieren an der
verletzten Stelle (Abb. 4.25a). Sie bilden in wenigen Minuten
zusammen mit Fibrin und mehr oder weniger zahlreich en
Morphologie Erythrozyten einen an der GefäBwand haftenden Thrombus,
Thrombozyten sind linscnfOrmigc, 2 -4 jll11 große, kernlose der die Verletzungsstelle abdich tet.
Zytoplasmatische Gebilde mi t geordneter Struktur (Abb.
4.22), die durch Abschniirung von Zellfortsätzen der Mega- Klinik Ein Mangel an Blutplättchen (unter I S0 000/1!1) heißt
karyozyten des Knoch enmarks entsteh en (Abb. 4.24). Sie Thrombo(zyto)p enie, was akute Blutungsgefahr bedeutet.
besitzen eine hohe Glykokalyx. Ihr Zytoplasma ist in ein Ursachen einer 1hrombozytopenle sind Bildungsstörungen,
zentrales Granulomer und ein periph eres Hyalomer geglie- vor allem infolge von Erkrankungen des Kn ochenmarks,
dert. pathologische Sequcsticrung in der Milz oder pathologisch
beschleunigter Abbau, wie er bei einer ganzen Reih e von
Granulomer Thrombozyten besitzen ein Zentrum mit Krankheiten auftritt, z.B. bei viralen tmd bakteriellen Infek-
verschiedenen Granulmntypen, Ribosomen, Glykogenpar- tionen. Eine Reihe von Medikarnenten kann zu Thrombo-
tikeln, einzelnen glatten ER-Schläuchen Ltnd wenigen Mito- zytopenie flihren.
chondrien, das Granulomer (Abb. 4.2.5). Zmn Granulomer Ein Oberschuss an Blutplättchen (über 450000/ltl) wird
gehören auch Lysosomen (mit Endeglykosidasen und He- Thrombozytose genannt. Zu einer 1hrombozytose kommt
parin spaltendem Enzym). Unter den Granula lassen sich es im Rahmen einer ganzen Reihe von Krankheiten, z. B. bei
dichte Granula (enthalten Calcium, Serotonin und Adeno- proliferativen Erkrankungen des Knochenmarks.
sindiphosphat) von hellen, sog. a-Granula abgrenzen (ent- Bei den meisten Formen der Von-Willebrand-Krankheit
halten u. a. Von-Willebrand-Faktor, Fibronectin, Thrombo- ist der Von-Willebrand-Faktor erniedrigt. was die Blutungs-
spondin, Blutplättchen-Wachsturnsfaktor [PDGF, wichtig zeit verlängert. Dieser Faktor transportiert den Gerinnungs-
für Stimulation der Fibrozyten bei späteren Reparaturvor- faktor VIII, den antihämophilen Faktor, und ist an der Be-
g'J.ngen] und ein Heparin neutralisierendes Protein). Kenn- festigung der 1hrombozyten am freigelegten Bindegewebe
zeichnend sind außerdem tubuläre Membransysteme: im Fall von Gefäßverletzungen beteiligt.
• Ein gewunden und unregclmäBig verlaufendes Tubulus-
system steht mit der Oberfläche in Verbindung Ltnd ent-
spricht einer schlauchfOrmig eingestlilpten Zellembran. Megakaryozyten-
Es kann im EM -Präparat in Form von rundlichen oder Lumen eines fortsatz mit sich
ovalen oder "labyrin thartigen" Ausschnitten angetrofren Endothelzelle Knochen- abschnürenden
der Sinuswand markssinus Erythrozyt. Thrombozyten
werden. über dieses System werden Sekretionsprodukte • • ·. ~
der Thrombozyten abgegeb en.
• Ein zweites, geschlossenes Tubulussystem enthält fein- •'
•• IL
I

..
•' •
••
flockiges Material. Es steht nicht mit der Zellob erfläch e in
~
~<:>
I

I

...
.,.'
,.".
.",.

Verbindung und entspricht glattem ER. Es kann Calcium-


ionen konzentrieren tmd spielt vermutlich eine Rolle bei
der Steuerung der Kontraktilität der Blutplättchen. Die
Kontraktilität kommt erst nach Aktivienmg ins Spielttod
beruht auf Aktin- und Myosinfilarnenten.

Hyalomer Die granul.urnfreie Peripherie wird Hyalomer


genannt; sie enthält einen Ring aus 10- 15 Mikrotubuli und
kontraktile Filamente (Abb. 4.25b). Abb. 4.24 Entstehung von Thrombozyten aus Mega-
karyozyten. Megakaryozyten sind sehr große, hoch poly-
ploide Knochenmarkszellen, die jeweils ca. 10 000 Thrombo-
Funktion zyten (Blutplättchen) hervorbringen. Diese schnüren sich
Bei einer Verletzungder Gefäßwand kommt es in Sekunden von oft langen Fortsätzen ab, die sich ins Lumen der
zur Plättchenadhäsion am freigelegten Kollagen über einen Knochenmarkssinus vorschieben. (Modifiziert nach [12])
190 4 Blutzellen

Merke Thrombozyten sind 2-4 1-1m große Zytoplasma- und tubulären Strukturen und ein peripheres Hyalomer,
fragmente, die durch Abschnürung aus den Megakaryo- in dem sich Mikrotubuli und kontraktile Proteine befin-
zyten des Knochenmarks entstehen. Sie besitzen ein zent- den. Sie haben eine wichtige Funktion bei der Blutgerin-
ral gelegenes Granulomer mit verschiedenen granulären nung.

Abb. 4.25 Thrombozyten in ei-


ner EM-Aufnahme. a: Aggregat von
Thrombozyten (Blutplättchen) in
einer Hirnvene (Mensch). Im Zen-
trum (= Granulomer) der Thrombo-
zyten kommen verschiedene Granu-
la (1) und Mitochondrien (2) sowie
Glykogen (-+) vor. Der schmale
periphere Zytoplasmasaum wird
Hyalomer genannt; in ihm und im
Granulomerfinden sich schlauch-
förmige Einstülpungen der Zell-
membran. Die Anschnitte der Ein-
stülpungen erscheinen auf der
• Abbildung mehrfach als helle Vesi-
kel (~ ). Die aggregierten und
aktivierten Thrombozyten bilden
schlanke Füßchen aus, die kontrak-
tile Elemente enthalten (*). Hirn-
vene, Mensch: Vergr. 23 623-fach.
(Aus (1]) b: Quer getroffener intra-
. vaskulärer Thrombozyt; in der
. '
'
..
·--t.•
.~>.-~...
Peripherie der scheibchenförmigen
Thrombozyten verlaufen Mikro-
tubulibündel (~ ). Mensch; Vergr.
b 40770-fach. (Aus (1))
4.4 Blutzellbildung (Hämatopoiese) 191

4.4 Blutzellbildung (Hämatopoiese)


___________________________________ ZurOrientierung -----------------------------------
Blutzellen entstehen in unvorstellbar großer Zahl täglich denen Linien der Blutzellen aus multipotenten hämato-
neu: z.B. ca. 200 Milliarden Erythrozyten und 70 Milliar- poictischen Stammzellen über verschiedene Vorläufer-
den Neutrophile. Zahlreiche Faktoren, z.B. Zytokine, sind zellen mit ztmehmend eingeschränkten Differenzierungs-
an der Regulation der BI utzellbild tmg beteiligt. Es gibt in möglichkeiten entwickeln.
der Ontogenese 3 Phasen der Blutzellbildung: Im Laufe der Erythropoiese entstehen die Erythrozyten,
• die megaloblastische Phase früh in der Embryonalzeit die Granulozytopoiese fUhrt zu den 3 Zelltypen der Gra-
• die hepatolienale Phase in Leber und Milz im mittleren nulozyten; außerdem gibt es: Monopoiese, Lymphopoiese
Abschnitt des vorgeburtlichen Lebens und 1hrombopoiese. Alle diese Entwicklungslinien laufen
• die medulläre Phase im Knochenmark ab dem 5. Monat über verschiedene morphologisd1 und inummhistoche-
vor der Geburt bis zum Lebensende. misch gekennzeichnete Differem..ierungsstufen. Die Mut-
terzellen der 1hrombozyten sind die polyploiden Megaka-
Das Knochenmark ist aus einem lockeren retikulären Bin- ryozyten. Weitere Komponenten des Knochenmarks sind
degewebe aufgebaut, in dessen Maschen sich die verschie- sehr weite und dünnwandige Sinusaide und Fettzellen.

Die reifen Blutzellen leben nur relativ kurze Zeit (Tage bis Merke Phasen der Hämatopoicse: mcgaloblastische Pha-
Monate), sodass sie ständig neu gebildet werden müssen. Es se, hepatolienale Phase, medulläre Phase.
wird geschätzt, dass bei Erwachsenen täglich ca. 200 Milliar-
den Erythrozyten tmd ca. 70 Milliarden Neutrophile neu ge-
bildet werden. Die Neubildung der Blutzellen tmd der Blut- 4.4.2 Blutzellbildung im Knochenmark
plättchen erfolgt beim Erwachsenen im Knochenmark und
wird Hämatopoiese genannt. Auch die Vorstufen der Lym- des Erwachsenen
phozyten entstehen im Knochenmark. T-Lymphozyten Alle Blutzellen gehen auf eine Stammzelle im Knochenmark
verlassen das Knochenmark dann sehr früh und reifen im zuriick, die multipotente hämatopoictische StallllUZC!le. Bei
Thymus heran. B-Lymphozyten reifen größtenteils im Kno- der Differenzierung und Ausreifung der einzelnen Blutzell-
chenmark (engl. "bone marrow") oder beim Vogel in der linien spielen vor allem Zytokine eine wesentliche Rolle.
Bursa fabricii; ihre letzten Differenzierungsschritte finden in
Lymphknoten, Tonsillen und Milz statt.
Einflussfaktoren der Blutzellbildung
4.4.1 Blutzellbildung während der Zahlreiche rcgulatorische Paktoren kontrollieren die be-
darfsgerechte Bildtmg neuer Blutzellen, besonders wichtig
Embryonalentwicklung sind einige Zytokine.
Megaloblastische (mesoblastische) Phase Erste Anzei- Zytokine sind lösliche Proteine oder Peptide, die von
chen der Blutzellbildung findet man schon in der 3. Schwan- zahlreichen hämatopoietischen und nicht hämatopoieti-
gerschaftswoche, und zwar im Mesenchym von Dottersack schen Zellen gebildet werden. Sie sind Signalpeptide bzw.
und KörperstieL In sog. Blutinseln entstehen erste Vorstu- rcgulatorische Mcdiatoren, die wichtige Ftmktionen bei
fen der Erythrozyten, die sich zu primitiven Erythrozyten der Hämatopoiese, bei der Entwicklung und Aktivienmg
entwickeln (enthalten noch einen Zellkern tmd werden Me-
galoblasten genannt).

Hepatotienale Phase Ab der 6. Schwangerschaftswoche


findet Blutzellbildung in der Leber und kurze Zeit später
auch in der Milz statt. Die Erythrozyten besitzen zunächst
noch einen Kern (Abb. 4.26). Gran ulozyten und Mega-
karyozyten sind eher spärlich anzutrefren.

Medulläre Phase Ab dem 5. Schwangerschaftsmonat be-


ginnt die Blutzellbildung im Knochenmark, tmd mit ihr be-
ginnt auch voll die Entstehung aller Leukozyten. Die Blut-
zellbildung in Leber und Milz geht dann langsam zurück,
kann aber bei Knochenmarkserkrankungen tmd Leuk-
ämien wieder aufblühen. Bei viclen Säugetieren ist in der
Milz das ganze Leben lang die Bildtmg von Blutzellen nach-
weisbar, was immer leicht an der Anwesenheit der Mega-
karyozyten erkennbar ist. Die Blutzellbildung im Knochen-
mark beginnt in allen Knochen; beim Erwachsenen findet
sie dann nur noch im platten Schädelkoochen, im Sternum, Abb. 4.26 Blutzellbildung in der Leber. 1 Blutzellen
in den Wirbelkörpern, in den Rippen und in den proxima- bildendes Nest; 2 Mitoseflgur; 3 embryonale rote Blutzellen
len Enden von Hwnerus und Fenmr statt. (mit Kern) in einem Sinusoid, 4 Hepatozyten. Fetale Leber,
Mensch; Färbung: H. E., Vergr. 450-fach.
192 4 Blutzellen
des Immunsystems und auch bei der Entzündungsreak- großen Extremitätenknochen aus. Es umfasst ca. 5~ des
tion haben. Zytokine sind horm onähnliche Paktoren tmd Körpergewichts. Während beim Neugeborenen das gesamte
können autokrin, parakrin und auch endokrin aktiv wer- Knochenmark Blutzellen bildet, ist die Blutzcllbildtmg beim
den. Im Bereich des Immunsystems und der Härnatopoiese Erwachsenen auf Wirbel, Rippen, Stermtrn, Iliwn tmd die
gehören ihnen die Interleukine und Kolonie stimulieren- proximalen Enden von Httmerus und Femur beschränkt
den Paktoren (CSP) an, z. B. der Granulozyten-Makropha- (rotes Knochenmark). In den übrigen Knochenhöhlen ist es
gen-Kolonie stimulierende Paktor (GM-CSF). Der Name dmch Gewebe ersetzt, das Fettgewebe gleicht, hier aber aus
"Kolonie stimulierender Faktor" leitet sich von experi- den Retikulumzellen hervorgeht (gelbes Knochenmark,
mentellen Untersuchungen an Stamm- tmd verschiedenen Fettmark). Bei vermehrter Blutzellbildung können sich die
Vorläuferzellen der Blutzellen her. Es handelt sich um Gly- fettspeichernden Retikulwnzclleo rasch wieder in normale
koproteine, manche haben Eigennamen wie das Erythro- Retikulwnzellen ohne Petteinschluss rückverwandel n.
poietin.
Weitere Zytokine sind: Wachsttumfaktoren, transformie-
rende Wachstwnsfaktoren, Chemokine und Virokine. Die
Histologischer Aufbau des Knochenmarks
vielgestaltigen hochaffinen Zytokinrezeptoren werden der- Blutzellen Die verschiedeneo Entwicklungsstufen der
zeit 5 Zytokinrezeptorfamilien zugeordnet. Blutzellen beherrschen das histologisch e Bild des Knochen-
marks (Abb. 4.27, Abb. 4.31). Sie füllen dicht gedrängt den
Ramn zwischen den Retikuhunzelleo aus.
Knochenmark
Das Knochenmarkbesteht aus retikulärem Bindegewebe, in Retikulumzellen Die blassen Retlkulum1..cllen mit läng-
dessen weiten Lücken sich die verschiedenen Blutzelltypen lichem, hellem Kern sind nur schwer im histologischen
differenzieren (Abb. 4.27). Wesentlicher Bestandteil des Präparat zu erkennen. Sie besi tzen lange Portsätze und bil-
Knochenmarks sind des Weiteren die weitlumigen, kapillar- den ein dreidimensionales Ge rüst aus retikulären Pasern
ähnlichen Sinusoide. In unterschiedlichem Ausmaß treten (Kollagen-Typ III) und auch W achstmusfaktoren fiir die
Fettzellen auf. Blutzellbildtmg. Viele Portsätze dieser Pibroblasten liegen
in der Nähe der Blutsinus, deren Endothelzellen ebenfalls
Zytokine und andere Faktoren zur Regulation der Hämato-
Retikuläres Bindegewebe poiese prodtlzieren.
Aufbau Das retikuläre Bindegewebe bildet im Knochen- Die Retikultunzcllen können sich in fettspeichernde Zel-
mark ein Grundgerüst aus retikulären Fibrozyten (Reti- len ttrnwandeln, die strukturell Fettzellen des Bindegewebes
kulmnzellen, "Stromazcllen", fibroblastischen Retikulum- anderer Zellen gleichen, sich aber von diesen in einer Reihe
zellen) und retikulären Fasern. Diese Fibrozyten können von biochemischen und Stoffwechselmerkmalen unterschei-
Fett einlagern und gleichen dann morphologisch Fettzellen. den.
Das retikuläre Bindegewebe bietet den Stanun- und Proge-
nitorzcllen das "Mikroklima", sich zu differenzieren. An Makrophagen Makrophagen sind gleichmäßig im Stroma
der Schaffung dieser " Mikroökologie" sind die Retikulum- verteilt, manche sind stark abgeflacht und liegen unmit-
zellen, das Endothel, die Makrophagen, die T -Lymphozyten telbar unter dem Endothel der Sinus, oft liegen sie im
und die Bindegewebsmatrix beteiligt. Die Glycosamino- Zeotrmn von Ansammlungen sid1 entwickelnder roter
glykane dieser Matrix können z. B. spezielle Wachstums- Blutzellen ("erythropoietische Inseln", Abb. 4.28). Sie pha-
faktoren ftir die Differenzierung der Blutzellen binden, und gozytieren, bilden aber auch Zytokine und Wachstwns-
die Matrix enthält beso ndere Adhäsionsmoleküle. faktoren. In den erythropoietischen Inseln phagozytieren
die Makrophagen auch die ausgestoßenen Zellkerne der
Stammzellen Das Knochenmark enthält multipotente Normoblasten, aber auch apopto tisch abgestorbene Lmreife
hämatopoietische Stammzellen (HSC), die sich zu allen Blutzellen und alte Erythrozyten.
Blutzellen differenzieren können. Darüber hinaus kommen
im Knochenmarkmesenchymale Stammzellen vor (können Knochenmarksinus In das retikuläre Bindegewebe des
sich zu Bindegewebs- und Muskelzellen weiterentwickeln) Knochenmarks sind viele dünnwandige Blutgefäße, die
sowie eine weitere Stammzellart, die das Potenzial besitzt, Knochenmarksinus genannt werden, eingelagert. Es han-
sich zu Leber-, Endothel- und oettralen Zellen zu differen- delt sich LLm weitltmlige (Durchmesser ca. 30 - 75 !•m)
zieren. sinusoidale Kapillaren. Ihre W and wird von einem unregel-
mäßig perforierten, sehr dünnen Endothel gebildet, das
eine vielfach unterbrochene Basallamina besitzt. Ob die
Rotes und gelbes Knochenmark zwn Teil wenige !Lm weiten Poren permanent oder transi-
Das Knochenmark füllt die Rättme zwischen den Knochen- torisch sind, ist noch nicht sicher geklärt. Dem Endothel
bälkchen der Spongiosa und die weiten Räume im Schaft der sind basal lediglich einzelne retikuläre Pasern und Aus-

c a
Abb. 4.27 Knochenmark Abb. 4.28 Makrophage,
des Menschen mit Gitter- umgeben von orthochroma-
fasergerüst tischen Normoblasten.
4.4 Blutzellbildung (Hämatopoiese) 193
Iäufer der retikulären Zellen angelagert. Durch dieses Endo- Die Beziehungen der Lymphozytenformen untereinander
thel wandern die ausgereiften Blutzellen in das Sinuslumen sind in mancher Hinsicht noch ungck:lärt. Granulozyten,
aus. Im Endothel entstehen dabei wenige f.UU weite Poren Erythrozyten, Monozyten und Megakaryozyten besitzen
(Migrationsporen), die sich nach Durchtritt der Zelle wie- eine gemeinsame Progenitorzclle (GEMM). Diese Zelle ist
der schließen können. Ausgangspunkt für je eine Linie zu Megakaryozyten und
Erythrozyten und eine für Monozyten und Granulozyten.
Die Linie zu Mcgakaryozyten und Erythrozyten trennt sich
4.4.3 Differenzierung der Blutzellen dann nach Durchlaufen eines weiteren Progenitorzell-
staillums. Granulozyten, Mastzellen, Monozyten und (inter-
Überblick
illgitierende) dendritische Zellen besitzen eine Progerntor-
Ausgangszelle der Entwicklung und Differenzierung der zelle (GM), von der aus Eosin ophile und Basophile
Blutzellen (Abb. 4.29) ist die multipotente hämatopoietische (+ Mastzelle) früh eine eigene Entwicklung einschlagen.
Stammzelle. Deren Proliferation wird vom Stammzellfaktor Monozyten, dendritische Zellen und Neutrophile bleiben
(SCF) angeregt und fUhrt zur Bildung einer Progenitorzelle vermutlich noch über eine weitere gemeinsame Progenitor-
(GEMML = Progernto rzolle für Granulozyten, Erythrozyten, zelle verbunden und trennen sich relativ spät.
Megakaryozyten, Monozyten und Lymphozyten) für alle Es ist schwer, die vielen Entwicklungsstufen der roten
Blutzelltypen. Von dieser Zelle gehen vermutlich 2 große und weißen Blutzellen zu identili7leren. Zellen der Erythro-
Entwicklungslinien aus: poiese bilden Ansammlungen, die an den dichten, nmden
• zu den 3 Lymphozytenformen (T- bzw. B-Lymphozyten, Kernen der Normoblasten erkennbar sind. Megakaryozyten
natürliche Killerzellen) sowie zu lymphoiden dendriti- (s. u.) sind große zytoplasmareiche Zellen mit vielfältig ge-
schen Zellen und Jappten, polyploiden Kernen. Sie liegen oft an der Wand der
• zu Erythrozyten, Megakaryozyten, Monozyten, Granulo- Sinus, in deren Ltm1cn sie schlanke Portsätze strecken, von
zyten (und Mastzcllen) sowie den interdigitierenden den- denen sich die 1hrombozyten abschnüren.
dritischen Zellen.

Eosinophiler

Neutrophiler

lnterdigitierende
dendritische Zelle
Basophiler

Mastzelle

TPO Megakaryozyt,
Blutplättchen
HSC EPO
--=:.:...=.-1-- e Erythrozyt
IL-1 5 natDrtiche
Killerzelle
IL-2o I
T-Lymphozyt

IL-7
f------. ~
B-Lymphozyt Plasmazelle
Multipotente Stammzellen flOh intermedilr spät
0

----------------- -- -- ---r---------••••••••••••••·---
0
0
I
0
Vorlauferzellen
Abb. 4.29 Hämatopoiese (Schema). Die Entwicklung geht von den multipotenten Stammzellen (links im Bild) aus, verläuft
über Vorläuferzellen, die in ihren Entwicklungsmöglichkeiten zunehmend eingeengt werden, bis zu den ausgereiften Blutzel-
len (rechts im Bild). Bei der Teilung der Stammzellen entstehen u. a. auch wieder Stammzellen. HSC • Hämatopoiese-Stamm-
zelle; GEMML - Ursprungszelle für Granulozyten, Erythrozyten, Monozyten, dendritische Zellen, Megakaryozyten und Lympho-
zyten; GEMM - Ursprungszelle für Granulo-, Erythro-, Mono- und Megakaryozyten sowie dendritische Zellen und Mastzellen;
L = Ursprungszelle der Lymphozyten und natürliche Killerzellen; GM = Ursprungszelle der Granulozyten und Monozyten;
ME= Ursprungszelle für Megakaryozyten und Erythrozyten. Die Entwicklung der Blutzellen wird zunächst durch die Expression
verschiedener Transkriptionsfaktoren (z. B. c-Myb, PU.l, E2A) gesteuert. Sobald die Entwicklung zu bestimmten Blutzellen
festgelegt ist. regulieren Zytokine (Interleukine) und Kolonie stimulierende Faktoren die weitere Differenzierung (IL-5, G-CSF,
M-CSF, IL-3, TPO, EPO, IL-15, IL-2, IL-7).
194 4 Blutzellen

Multipotente Stammzellen Paktoren gehören v. a. Zytokine mit den Interleu.kinen tmd


Kolonie stimulierenden Faktoren, die von Ma.krophagen,
Hämatopoietische Stammzelle Endothelzellen, Fibroblasten tmd T-Zellen gebildet werden
Die Bildung der Blutzellen geht auch beim Erwachsenen von (Abb. 4.29). Die Zytokine beeinflussen in komplexer Weise
einer nicht determinierten, sog. multipotenten hämatopoie- und in unterschiedlichen Kombinationen synergistisch die
tlschen Stanmll.clle (HSC, "hematopoietic stem cell") aus. Proliferation der verschiedenen Differenzienmgsformen
Die Zahl dieser Stanunzcllen im Knochenmark ist gering, der Blutzellen, wobei für Stamm- und Vorläuferzellen je-
und die meisten von ihnen ruhen. Es gibt Berechnungen, weils bestimmte Kombinationstypen kennzeichnend sind.
wonach 400 - 500 aktive Stanmll.cllen für die gesamte Hä- Stimulierende Paktoren für spätere Stadien einzelner Zell-
matopoiese ausreichen würden. Bei Mäusen kann eine ein- linien haben Eigennamen:
zige hämatopoietische Stammzelle das gesamte System aller • Thrombopoietin (Bildungsstätte Leber und Niere) stimu-
Blutzellen wieder aufbauen. Die Stammzellen können nach liert die Blutplättchenbildtmg
Stimulation auch im peripheren Blut auftauchen. Stamm- • Erythropoietin (EPO) treibt die Bildtmg roter Blutzellen
zellen sind Zellen, die sich nach einer Teilung einerseits an. Erythropoietin wird wie Titrombopoietin bei Er-
selbst erneuern tmd andererseits einen Differenzienmgs- wachsenen in der Leber und vor allem in der Niere gebil-
weg einschlagen können. Morphologisch handelt es sich um det. In der Niere entsteht es im peritubulären Bindegewe-
kleine (Durchmesser ca. 12 !!ID), rundliche Zellen mit tm- be im Grenzbereich zwischen Rinde tmd Mark.
auffiilligem, nmdlichem Kern, der 2 oder mehr Nukleoli
enthält, und schmalem, basophilem Plasmasaum. Sie ähneln Hemmende Faktoren Neben fördernden gibt es auch
also morphologisch in gewisser Hinsicht Lymphozyten. hemmende Faktoren der Blutzellbildung, z. B. Interferone,
Tmnornekrosefaktor, Makrophagenproteine. Die Familie
der transformierenden Wachsttunsfaktoren (TGFß- Pro-
Progenitorzellen teinfamilie) kann differenziert hemmende und fördernde
Aus den Stammzellen gehen Progenitorzellen (Vorläufer- Wirkung ausüben.
zellen) hervor. Sie sind schon mehr oder weniger stark dif-
ferenzierte tmd determinierte Zellen, die jedoch rein Erythropoiese
morphologisch ztmächst noch nicht von Stammzellen tm-
terschieden werden können und ihnen strukturell gleichen. Unter Erythropoiese versteht man die Differenzierung der
Ihre Differenzienmgspotenz schränkt sich dann über ver- Erythrozyten, der roten Blutzellen. Erythrozyten entstehen
schiedene Entwicklungsschritte zunehmend ein. Daher tm- wie alle anderen Blutzellen aus den multipotenten hämato-
terscheidet man frühe, intermediäre tmd späte Progenitor- poietischen Stammzellen. Unter dem Einfluss insbesondere
zellen. Letztere lassen sich zumeist auch morphologisch des Erythropoietins entsteht eine Reihe ztmehmend speziali-
unterscheiden. sierter Progenitor- und Vorläuferzellen (Abb. 4.30).

Einflussfaktoren Proerythroblast
Stimulierende Faktoren Wesentlich für die Hämato- Die ersten dieser Vorläuferzellen der Erythrozyten sind die
poiese sind Paktoren bzw. hormonähnliche Substanzen, die Proerythroblasten (E1, Abb. 4.30), nmdliche, ca. 15 f.Ull gro-
in geordneter Weise die verschiedenen Linien der Blutzell- ße Zellen mit großem, hellem Kern, der 2 Nukleoli enthält,
bildtmg stimulieren und hemmen. Zu den stimulierenden tmd basophilem Zytoplasma.

primitive/reife erythrolde kolon iebildende Einheit


Vorläuferzelle (erythroid colony forming unit = CFU-E)

- - -
Ursprungszelle für pluripotente
Megakaryozyten und Stammzelle
Erythrozyten

- @ - @- @- 0 - @- 0
Pro- basophiler poly- poly- ortho- Retikula- Erythro-
erythroblast Erythroblast chromatischer chromatischer chromatischer zyt zyt
E1 E2 Erythroblast Normoblast Normoblast
E3 E4 E5 Abb. 4.30 Erythropoiese.
4.4 Blutzellbildung (Hämatopoiese) 195

Erythroblasten Retikulozyt
Basophiler Erythroblast Wenn sich Proerythroblasten Die ganz jungen Erythrozyten, die fti.r 2 -3 Tage im Kno-
teilen, entstehen basophile Erythroblasten (E2). Diese be- chenmark verbleiben, enthalten noch Ribosomenaggrcgate,
sitzen ein stark basophilcs Zytoplasma und einen etwas die mit Brillant-Kresylblau als feines Netzwerk erkannt wer-
kleineren Kern mit etwas vermehrtem Heterochromatin. den können; solche Zellen heißen Retikulozyten und sind
Elektronenmikroskopisch enthalten sie zahllose freie Ribo- oft nach Blutverlust vermehrt.
somen (noch kein RER) und auch schon erste Hämoglobin-
partikel im Zytoplasma.
Granulozytopoiese
Polychromatischer Erythroblast Aus basophilen Eryth- Unter Granulozytopoiese versteht man die Differenzierung
roblasten entstehen die kleineren polychromatischen Ery- der Granulozyten. Diese leiten sich auch von den multi-
throblasten (E3), deren Kern vermehrt Heterochromatin potenten hämatopoietischen Stammzellen ab. Die 3 Granu-
enthält und in deren Zytoplasma die Hämoglobinmenge lozytentypen durchlaufen morphologisch ähnliche Diffe-
zunimmt, was im gefarbten Ausstrichpräparat zu wech- renzierungsstadien (Abb. 4.32) Diese Proliferations- und
selnder Färbung, die von blaugrau bis zu olivgriin reicht, Differenzierungsstadien dominieren das histologische Bild
fi.ihrt. des Knochenmarks und sind viel zahlreicher als die Zellen
der Erythropoiese. Der Grund hJerftir ist wahrscheinlich,
dass die Erythrozyten viellanglebiger (bis 120 Tage) sind als
Normoblasten die kurzlebigen (2- 3 Tage) Granulozyten, die also ständig
Aus den polychromatischen Erythroblasten entstehen poly- neu gebildet werden müssen.
chromatische Normoblasten (E4). Diese Zellen teilen sich
nicht mehr und entwickeln sich zu orthochromatischen
Normoblasten (ES), die sich dann weiter ausdifferenzieren.
Myeloblasten
Das Zytoplasma wird immer hämoglobinreicher, was sich Die ersten Vorläuferzellen sind die Myeloblasten. Sie sind
an zunehmender Eosinophilie (Rotfarbung) ablesen lässt. ca. 15 pm große Zellen mit großem, relativ hellem Kern, der
Der Kern wird kleiner und immer dichter (Abb. 4.30, Abb. mehrere Nukleoli enthält. Das Zytoplasma ist mäßig baso-
4.31 ); helles Euchromatin verschwindet völlig, ebenso alle phil und enthält noch keine Granula.
Zellorganellen. Das gesamte Zytoplasma ist schließlich weit-
gehend mit Hämoglobin gefüllt. Der Kern wird ausgesto-
ßen, womit der fast ausgereifte, kernlose Erythrozyt entstan-
Promyelozyten
den ist. Wenn sich die Myeloblasten teilen, entstehen relativ große
(ca. 25 pro im D urchmesser) Promyclozyten, die in ihrem
stark basophilen Zytoplasma azurophile Granula enthalten.
Der Kern ist eingekerbt und enthält v. a. zum Rand hin ver-
mehrt Heterochromatin. Sie teilen sich ein- oder zweimal,
wobei sie kleiner werden und dann späte Promyelozyten ge-
nannt werden. Diese besitzen einen heterochromatinreichen
Kern, die Zahl der azurophilen Granula nimmt etwas ab. Bis
Werher sind die Entwicklungswege der NeutrophJien, Eosi-
nophilen und Basophilen morphologisch nicht zu tmter-
scheiden.

Myelozyten
Eine Unterscheidung ist erst möglich, wenn die jeweils spe-
zifischen Granula entstehen, was mit dem nächsten Diffe-
renzienmgsstaditml, dem Myelozyten, der Fall ist. Bei der
weiteren Differenzienmg mlissen also neutrophJle, eosino-
phile und basophile Myelozyten unterschieden werden. Sie
können vor allem an ihren spezifischen Granula erkannt
werden.

Neutrophile Myelozyten Neutrophile Myclozyten sind


kleiner als die Promyelozyten, ihr Kern ist heterochroma-
tirueicher, und im Zytoplasma tauchen neben den azuro-
philen Granula die spezifischen Gran ula auf (Kap. 4.2.1).
Die azurophilen Granula sind spezielle Lysosomen (die u. a.
Abb. 4.31 Rotes Knochenmark mit unterschiedlich aus- Peroxidase enthalten) und im Elektronenmikroskop relativ
differenzierten Blutzellen. 1 Fettzellen; 2 Megakaryozyt; dicht erscheinen. Die spezifischen Gra nula dagegen enthal-
-+ Stadien der Erythropoiese ( Normoblasten mit dichtem, ten u. a. alkalische Phosphatase und Lysozym und sind im
rundem Kern). Retikulumfasern sind hier nicht angefärbt. Elektronenmikroskop von mittlerer Dichte und länglich.
Maus; Plastikschnitt Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. Die Myclozyten teilen sich noch zwei- oder dreimal
196 4 Blutzellen

Proerythroblast, E1 Eoslnophlloblast Basophlloblast Myeloblast

. .
Erythroblast, E2
I
-·"'
Ptomyelozyt-Eo
-·-
Promyelozyt-Baso
. . .~
Ptomyelozyt-N

I
Erythroblast, E3

I
Myelozyt-Eo Myelozyt-Baso Myelozyt-N

I I I
Nonnoblast, E4

I
Metamyelozyt-Eo Metamyelozyt-Baso Metamyelozyt-N

I I I
Normoblast, ES

I
<; •
(I
Stabkemlger-Eo Stabkemlger-Baso Stabkemlger-N
Retlkulozyt I I I
I Abb. 4.32 Vorläuferzellen der E..ythrozyten und
Granulozyten, die im Knochenmarkausstrich mit der
Pappeoheim-Färbung differenziert werden können.
Eiyth"ozyt Die Ausgangsformen aller Granulozyten werden oft
Segmentkemlger-Eo Segmentkemlger-Baso Segmentkei'I'Vger-N
Myeloblasten genannt (neutrophiter, basophiter,
E2 = Basophller Erythroblast
E3 = Polychromatischer Erythroblast
eosinophiter Myeloblast). Die Ausgangsformen der
Eo = EosinophilerGranulozyt (Reihe)
E4 = Polychromatischer Nennoblast Baso = Basophller Granulozyt (Reihe) Eosinophiten und Basophiten werden auch Eosino-
ES = Orthochromatischer Jlbrmoblast N = Neutrophiler Granulozyt (Reihe) phitoblast und Basophitoblast genannt. (Aus [4)}

Die neutrophilen Metamyelozyten teilen sich nicht mehr, bei Bedarf, z. B. einer bakteriellen Infektion, rasch mobili-
sondern difl'erenzieren sich nur noch aus. Im Metamyelo- siert werden.
zyten sind die Kerne nierenförmig, die Zahl der spezifischen
Granula nimmt zu, die der azurophilen nimmt ab. Der Kern Eosinophile Myelozyten In den eosinophilen Myelozy-
verdichtet sich weiter und nimmt längliche Gestalt an, es ten tauchen neben den azurophilen Granula die spezifi-
entstehen die Stabkernigen. Diese wandeln sich zu den rei- schen, großen, eosinophilen Granula auf. Typische Stab-
fen segmentkernigen Neutrophilen um (Kap. 4.2.1}, deren kernige fehlen in der Entwickltmg der Eosinophilen. In den
Kern 3-4 Segmente auhveist (Abb. 4.8, Abb. 4.9). Metamyelozyten nehmen die spezifischen Granula die typi-
Die Entwickltmg der Neutrophilen dauert ca. 10 Tage, sche Morphologie mit dem kristallinen Kern an. In den
ihre Lebenszeit im Blut beträgt i. A. nur 6-8 h. Im Binde- reifen Eosinophilen ist der Kern meist zwei-, seltener drei-
gewebe leben sie 2-3 Tage. Die Entwicklung vom Myelo- lappig.
blasten dauert ca. 5 Tage, die Dül'erenzierung vom Meta-
myelozyten bis zum frühen Segmentkernigen ca. 3 Tage. Basophile Myelozyten Die basophilen Myelozyten sind
Im Knochenmark verbleibt stets eine große Reserve an nur selten zu finden. Die großen spezifischen Granula sind
Metamyelozyten, Stabkernigen und reifen Neutrophilen, die metachromatisch. In den ausgereiften Basophilen ist der
4.4 Blutzellbildung (Hämatopoiese) 197
Kern zumeist rundlich kompakt oder zweilappig. Es gibt
eine Hypothese, der zufolge sich aus den Basophilen unter
dem Einfluss von Interleukin-3 und -4 Mastzellen entwi- . ~
\
-
ckeln können. ct. 1 • . ...,'
Lymphopoiese
• .j j
.. .. . . ..
Auch die Lymphozyten besitzen eine Stammzelle im Kno-
'C : ; ; /.
.. ..·,. ..."/.\.
.,.- ' .. ..
\,-:~ ..
chenmark. Verschiedene Interleukine regulieren die Diffe-
. . .. .,. .. . ~

renzienmg zu B- lmd T-Lymphozyten sowie zu natürlichen


.. ••

.,• .:.-~
...
•. .

\ .>,r.• ...
' •
* : •
(;
/II
.# .. ,
.\..
_,. . '
. f.. . . . ... .. .. .. .. ... .. .
Killerzellen (Abb. 4.29).
• . .... •
;--... \ .
, • . :
. ' •

T-Lymphozyten Die T-Lymphozyten verlassen das Kno- ..: •:·.. .;. ·.. : . ·.. <-.
••.- ., ·
1-~
.•.)
(
'\ .-:_".
''-·1•••
.• ••••·
chenmark auf einer frühen Difl"erenzierungsstufe lmd be- ;•

siedeln als Pro-I-Lymphozyten die 1hymusrinde, wo sie . ·. . . .


0 .1": • ... .
: ·;
...

"'""~; .
·. .. ~17' .I


: •... . ., "'' •'![.."•., • . ••.
. .
.: - :: • •• • • 0 ...
...

sich weiterentwickeln. ReifeT-Lymphozyten befinden sich ·:·


dann im 1hymusmark, von wo aus sie ins Blut übertreten
(Kap. 6).
·. *
'..Ci'·J .. ·~. :-·..:·:\ -L· ..
;~·:.· • • ,; b.
• .. t

.' · .· .........._._."""
.:.
, ~ ......
•' ~
B-Lymphozyten Die B-Lymphozyten entwickeln sich
über mehrere Difi'erenzierungsstufen lebenslang im Kno-
chenmark bis zu einem fast reifen Stadium mit Ober-
flächen-Immunglobulinen (slg+ ). Bis zu diesem Stadimn
entwickeln sich die B-Zellen ohne Einfluss von Antigenen.
Nachdem sie das Knochenmark verlassen haben, besiedeln
die B-Lymphozyten die Follikel der sekundären lympha-
tischen Organe (Lymphknoten, Milz, Tonsillen, Peyer-
Plaques), wo sie sich lmter dem Einfluss von Antigenen
weiter differenzieren. Dieser Einfluss hat ständige Verän-
derung der Imnumglobulingene - ein Prozess, der "somati-
sche Mutation" genannt wird- zur Polge.

Natürliche Killerzellen Natürliche Killerzellen differen-


zieren sich wahrscheinlich nicht nur im Knochenmark,
sondern auch im 1hymus.

Monopoiese
Auch die Monozyten leiten sich von den Blutstammzellen
her. Sie entwickeln sich anfangs gemeinsam mit den Gra-
nulozyten und dendritischen Zellen. Über Monoblasten lmd
Promonozyten entstehen Monozyten. Die Entwicklung der
Monozyten ab der Stammzelle dauert nur gut 2 Tage. Sie
bleiben nur ca. 12-24 h im Blut und wandern dann ins
Bindegewebe ein. Hier difi'erenzieren sie sich unter Ver-
mehrung der Lysosomen vor allem zu Makrophagen (Kap.
3.2.3). Abb. 4.33 Rotes Knochenmark in einer EM-Aufnahme.
1 Megakaryozyt mit stark gelapptem Kern, der zweimal (*)
Thrombopoiese angeschnitten ist; aus dem Megakaryozyten gehen durch
Abschnürung peripherer Zytoplasmateile die Thrombozyten
Entstehung der Thrombozyten hervor; 2 unreife eosinophile Granulozyten; 3 noch kern-
haltige Zellen der Erythropoiese; 4 weitgehend ausgereifte
Mit dem Begrifi' 1hrombopoiese wird die Entstehung der Erythrozyten ohne Kern; 5 Knochenmarksinus mit dünnem
Blutplättchen (1hrombozyten) bezeichnet. Die Blutplätt- Epithel; im Lumen des Sinus Lymphozyten. Ratte; Vergr.
chen bei Säugetieren und Mensch sind kleine, kernlose 2840-fach. (Aus (1))
Zytoplasmastrukturen, die durch Abschnürungsprozesse
aus den Megakaryozyten entstehen (Abb. 4.33). Von diesen
großen Zellen gehen Portsätze aus, die bis in das Lmnen der
Blutsinus reichen und von denen sich die Blutplättchen Struktur der Megakaryozyten
ablösen (Abb. 4.24). Die Megakaryozyten entstehen lmter Megakaryozyten sind auffällige, 50-70 (gelegentlich bis
Einfluss stimulierender Paktoren innerhalb von ca. 10 Tagen 150) f1111 groHe Zellen im Knochenmark, die meist in Nähe
aus den hämatopoietischen Stanunzellen. 1hrombozyten der Sinus liegen (Abb. 4.33).
werden lmter dem Einfluss des 1hrombopoietins gebildet,
das vor allem in der Leber synthetisiert wird und dessen Re- Polyploider Kern Der große Kern ist variabel gestaltet
zeptor (Mpl) auf der Membran der Megakaryozyten sitzt. lmd bildet Lappen lmd Segmente aus (Abb. 4.31 , Abb. 4.34).
198 4 Blutzellen

a
Abb. 4.35 Megakaryo-
zyten.

Demarkationskanäle Durch sog. Demarkationskanäle


wird das Zytoplasma der reifen Megakaryozyten in kleine
Bezirke unterteilt, in deren Zentnm1 Granula (Abb. 4.35)
tmd wenige Organellen liegen. Diese Bezirke entsprechen
Vorformen der Blutplättchen. Die Demarkationskanäle
Abb. 4.34 Blutzellen bildendes Knochenmark. Mega- entstehen, indem intrazytoplasmatische Vesikel verschmel-
karyozyten (1) mit unregelmäßig gelappten, polyploiden zen, wodurch zunächst schlauchfcirmige und dcmn drei-
Kernen ..... Normoblasten; ~ eosinophiler Myelozyt; 2 Sinus; dimensionale Strukturen entstehen, die die zukünftigen
3 Fettzelle. Die Giemsa- Farbung stellt die Kernstruktur be- Thrombozyten abgrenzen. Einer anderen Aufiasstmg zu-
sonders klar dar und wird deswegen in der hämatologischen folge entstehen die Demarkationskanäle durch tiefe spal-
Routinediagnostik verwendet. Mensch; Vergr. 500-fach. tenfcirmige Einsenkungen der Zellmembran.
(Aus (1))
Freisetzung der Plättchen Fortsätze, die viele solcher
Plasmabezirke enthalten, erstrecken sich in das Lumen der
Die Kerne reifer Megakaryozyten sind polyploid tmd Blutsinus. Hier zerfallen die Fortsätze tmd setzen so die
enthalten 8, 16 oder noch mehr Chromosomensätze. Die Plättchen frei. Aus einem solchen Portsatz entstehen bis zu
Chromosomen vermehren sich durch eine Serie von Endo- 1200 Blutplättchen. Ein Megakaryozyt bildet in seinem Le-
mitosen, bei der der Kern größer wird, sich aber nicht teilt, ben waluscheinlich bis zu 6 solcher Fortsätze. Danach ge-
auch die Zellteilung unterbleibt. Folgende Ploidiezahlen hen die Megakaryozyten wohl zugrunde tmd werden von
wurden ermittelt: 4n: 1,6% der Zellen, Sn: 10%, 16n: 71,2%, Makrophagen abgebaut. Nicht selten treten ganze Mega-
32n: 17%, 64n: 0,1 %. Je höher die Ploidiezahl, desto größer karyozyten ins Blut über, bleiben dann aber vor allem im
sind Zelle tmd Kern. Bei jeder Endomitose verdoppeln sich Kapillarsystem der Ltmge hängen und zerfallen hier.
auch die Zentriolen. Nur die ausgereiften Megakaryozy-
ten bilden Blutplättchen, tmd zwar in einer Anzahl von
4000-8000. a 04 Lernhinweise ZU Kapitel4
KAPITEL

Organe des Kreislaufs


und Lymphgefäße
5.1 Blutgefäße . . . . . . ................. 200 5.2 Lymphgefäße ..................... 217
5.1.1 Kennzeichen der Blutgefäße ........... 200
5.1.2 Arterien des großen Kreislaufs ......... 202 5.3 Herz ............................ 219
5.1.3 Endstrombahn, Bereich der Mikrozirkulation 207 5.3.1 Wandaufbau ...................... 219
5.1.4 Venen ........................... 213 5.3.2 Herzskelett ....................... 221
5.1.5 Blutgefäße des Lungenkreislaufs ........ 215 5.3.3 Erregungsbildungs- und Erregungsleitungs-
5.1.6 Arteriovenöse Anastomosen ........... 216 system . ......................... 221
5.1.7 Entstehung von Blutgefäßen ........... 216

Die Organe des Kreislaufs bestehen aus Herz und Blutge- l~


in \llll~e~ !Winlwl
fäßen (Abb. 5.1). Das Herz besteht aus 2 Hälften tmd ist eine tinlftÜncleftCI
Doppelpumpe, die das Blut sowohl in den großen Körper- •I
I
kreislauf wie auch in den kleinen Lungenkreislauf ptmlpt. I
I
Die Blutgefäße bilden - mit Ausnahme einer bestil1m1ten I
Gefäßstrecke in der Milz- ein geschlossenes Röhrensystem, I

in dem das Blut unidirektional zirkuliert. Die Gefäße, die


das Blut aus dem Herzen in die verschiedenen Organe leiten,
werden grtmdsätzlich Arterien genannt, unabhängig vom
Sauerstoffgehalt des Blutes, das sie transportieren. Dieser ist
in den Arterien des großen Kreislaufs (systemischer Kreis-
lauf) hoch, in denen des kleinen Kreislaufs (Ltmgenkreis-
lauf) dagegen niedrig. In den Arterien des großen Kreislaufs
fließt das Blut bei hohem Druck (120/80 mmHg) schnell in
die Peripherie (in den Arterien des kleinen Kreislaufs be-
trägt der Druck nur 25/8 mmHg). Die Arterien verzweigen
sich vielfach. Ihre Endabschnitte heißen Arteriolen. Diese
regeln im Wesentlichen die Durchblutung der Gewebe und - lebiJ(
gehen schließlich in die zahllosen dünnen und engen Kapil- - v.llO'Ill8
laren über. In diesem Gefäßabschnitt fließt das Blut relativ
langsam tmd hier finden Stoff- und Gasaustausch statt. Die _Gaf6BeYOn
Venolen sammeln das Blut aus dem Kapillarsystem tmd Magen, Datm.
~. M.rz
schließen sich zu Venen zusan1men, die schließlich ztml
Herz zurückführen. Der Kreislauf nimmt auch die im Inter-
stitium entstehende Lymphe auf, die ihm durch die Lymph-
gefäße zugeführt werden.
Die große Bedeutung der Blutgefäße ergibt sich daraus,
dass sie die Transportwege des Blutes sind, das alle Zellen
und Gewebe mit den lebensnotwendigen Nährstoften, Sau-
erstoft· und molekularen Signalstonen versorgt. Daher fiih-
ren Gefaßerkrankungen, die die Versorgtmg der Organe
behindern oder unterbrechen, zu Einschränkungen oder
Verlust von Organfunktionen. Ausfall der Herzfunktion
führt zum Tod.

- lyn'CIIllcnoten
--lJ'•'P'91.a&

Abb. 5.1 Herz-Kreislauf-System mit Lymphgefäßen (Schema).


200 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

5.1 Blutgefäße
----------------------------------- ZurOnen~erung -----------------------------------
Das Syst em der Blutgefäße lässt sich in 3 große Abschnitte kräftige durchgehende Komponente der Intima ausge-
gliedem: bildet. In den Kapillaren ist die Wand nur aus Endo-
• die Arterien thelzellen und aus einzelnen Perizyten aufgebaut.
• die Endstrombahn mit Arteriolen, Kapillaren und • Die Media besteht aus glatter Muskulatur und in ganz
Venolen verschiedener Ausprägung aus Bindegcwebsmatrix, in
• die Venen. der elastische Lamellen und feine Kollagenfasern domi-
nieren.
Die Arterien leiten Blut vom Herzen weg. Die Endstrom- • Die Adventitia besteht vor allem aus elastischen Fasern
hahn versorgt die Gewebe und Organe mit Sauerstoff, und kräftigen Kollagenfasern. In der Wand der Venen,
Nährstoffen und verschiedenen regulatorischen Stoffen; speziell der unteren Körperbereiche und der Beine, ent-
den Arteriolen kommt bei der Regulation der Kapillar- hält die Adventitia auch längs verlaufende glatte Mus-
durchblutung eine wesentliche Bedeutung zu. Die Venen kulatur. In der Adventitia größerer Gefäße kommen
leiten das Blut zum Herzen zurück. auch Blutgefäße vor, die die äußere Media versorgen.
Die Wände der Gefäße (bis auf die der Kapillaren) las- Außerdem sind die Gefaße von vegetativen Nerven um-
sen sich in 3 Schichten gliedern: Intima, Media und Ad- sponnen, am dichtesten im Bereich der Arteriolen.
ventitia. Die spezifische Ausgestaltung dieser 3 Schichten
variiert jeweils in den einzelnen Körperregionen tmd Or- Arteriovenöse Anastomosen sind direkte Verbindungs-
ganen tmd ist i. A. mit dem jeweiligen Blutdruck korreliert. kanäle zwischen kleinen Arterien und kleinen Venen.
Arterien sind meist kompakter und muskelzellreich er auf- Die Entstehtmg von Blutgefcil3en in der Embryonalzeit
gebaut als Venen. wird Vaskulogenese genannt, wenn neue Gefäße im
• Die Intima besteht aus Endothel, zarter Bindegewebs- Erwachsenenalter entstehen, z.B. nach Verletzungen, im
schicht und einer Elastica interna. Die Elastica interna Corpus luteum und in Ttunoren, spricht man von Angio-
ist in der Wand der Arterien immer gut erkennbar, in genese.
der Wand der Venen ist sie dagegen meistens nicht als

5.1.1 Kennzeichen der Blutgefäße ven und kleine Blutgefäße., die die äußeren Anteile der
Gefäßwand versorgen.
Baumaterialien und Wandschichten
Baumaterialien Die Blutgefäße (Tab. 5. 1) sind aus fol- An der Grenze der Intima zur Media hin ist bei Arterien
genden Zellen und cxtra7..cllulären Baumaterialien aufge- (und zum Teil auch bei Venen) eine kräftige Lamelle elasti-
baut: schen Materials ausgebildet, die Elast ica intema, die noch
• Zellen zur Intima gezählt wird. Am Überg-ang der Media zur Ad-
- End othelzellen sind flache Epithelzellen, die alle Ge- ventitia ist bei muskulären Arterien eine Elastica extema
feiße und das Herz innen auskleiden. In den Kapillaren ausgebildet.
sind sie besonders flach und bilden als einziger Zelltyp
die Gefaßwand.
Endothel
- Glatte Muskelzellen kommen in tmterschiedlicher
Menge und Anordnung vor. Sie bilden die Pulswelle, Das Endothel besteht aus einer !lachen Schicht von Epithel-
regulieren die Spannung der Gefäßwand und beein- zellen, die im H erz-Kreislauf-System Endothelzellen genannt
flussen die Gefäßweite. werden, und kleidet das Ltu11en aller Gefäße tmd des Her-
• Extrazelluläres Baumaterial zens aus. Es bildet die Barriere zwischen Blut und Gewebe.
- Proteoglykane
- elastische Pasern und Lamellen
Funktion
- Kollagenfasern Typ I (Adventitia), Typ ill (Media) und
Typ IV (Endothel- ttnd glatte Muskelzellen) Die Hauptftmktion des Endothels ist der geregelte Gas- tmd
- andere Glykoproteine tmd Proteine. Stoffaustausch zwischen Blut und Gewebe. Es besitzt jedoch
viele zusätzliche Funktionen, z. B.:
Wandschichten Die verschiedenen Komponenten sind in • Bildtmg antikoagulativer tmd antithrombotischer Fakto-
der Gefaßwand in kennzeichnenderWeise angeordnet tmd ren (Heparansttlfatproteoglykan, Prostacyclin, 1hrombo-
bilden 3 Schichten (außer bei den Kapillaren): modulin, Plasminogenaktivator)
• Intima (= Tunica intima): besteht aus Endothel und einer • Bildtmg von Matrixkomponenten (Kollagen IV, Proteo-
darlmter liegenden, meist diinnen Bindegewebsschicht glykane, Laminin)
• Media (= Tunica media): besteht aus glatten Muskel- • Modulation des Blutflusses und der Gefäßreaktionen (Bil-
zellen, Kollagenfibrillen (Typ ill), elastischem Material dung von Vasokonstriktoren: Endothelin, ACE [angioten-
(Fasern tmd v.a. Lamellen) sowie Proteoglykanen sin convcrting enzyme] und Vasodilatatoren: NO [Stick-
• Adventitia (= Tunica adventitia): besteht aus Bindegewe- stoffmonoxid] und Angiotcnsinase)
be mit Kollagenfasern (Typ I) und ztun Teil zahlreichen • Beteiligung an der Regulation von Entzündung und Im-
elastischen Fasern und, speziell bei Venen, oft auch aus munität (Bildung von IL-1, IL-6, IL-8, Adhäsionsmole-
glatten, längs verlaufenden Muskelzellen. Sie enthält Ner- kii.len, Histokompa tibili tätsmolckiUen)
5.1 Blutgefäße 201

Tab. 5.1 Charakteristika der Blutgefäße.

Kriterium Arterien Mikrozirkulation Venen

Arteriolen ICapiUaren Venolen

Typen • elastischer Typ einheitlich gebaut • fenestriertes • postkapilläre • muskelarme


• muskulärer Typ Endothel Venolen Venen
• kontinuierliches • muskuläre • muskelreiche
Endothel Venolen Venen
• diskontinuierli· • Drosselvenen
ches Endothel
Innendurch· Aorta 12,5 mm, mit- ca. 20 ~m 6-12 ~m postkapiUär mittelgroße
messer telgroße muskuläre 15-30 ~m. mus· Venen 2-9 mm,
Arterien 2 mm kulär 50- 100 ~m V. cava 15 mm
Dreischichtung vorhanden, mit Etas- Elastica interna nur Endothel • postkapilläre vorhanden, häufig
der Gefäßwand tica interna und bildet sich im Ver- Basallamina und Venolen wie ohne klar erkenn-
(Intima, Media, externa sowie deut- lauf der Arteriolen Perizyten Kapillaren bare Elastica in-
Adventiti a) Iichen Grenzen zwi- zurück, erst 2, • muskuläre terna, Trennung
sehen den Schichten; dann 1 Schicht Venolen mit von Intima und
in der Media elasti- glatter Muskulatur dünner, locker Media oft nicht
scher Arterien domi- gebauter Media deutlich; Media
nieren elastische meist mit locker
Lamellen, in der gefügten Bündeln
Media der muskulären glatter Muskulatur
Arterien dicht ge-
packte glatte Muskel-
zellen
Endothel kontinuierliche, kontinuierliches sehr flache Zellen, • postkapilläre kontinuierliche,
dünne Zellschicht. Endothel teils kontinuier- Venolen: mit dünne Zellschicht.
Weibel- Pa lade-Körper lieh, teils mit Fenestrationen Weibei-Palade-
im Zytoplasma Fenestrationen, • muskuläre Ve- Körper im Zyto-
teils mit Poren, nolen: kontinu- plasma
zahlreiche Caveo- ierlich
lae und Vesikel
Gesamt- • Aorta ca. 5 cml ca. 500-700 cml ca_ 3500 cml Venolen große Venen
querschnitt • große Arterien ca. 2600 cml zusammen
zusammen ca. 30 cml
ca. 20 cm 2

• Regulation des Zellwachsttmls (Bildung von wachstlUns- 5.1.3) kann es auch Pencstrationcn oder offene Poren besit-
stimulicrenden Paktorcn: PDGP ("plateletderived growth zen.
factor") und PGP ("fibroblast growth factor")
• Abbau von Blutfetten, der LDL-Rezeptor des Endothels Morphologie Die einzelnen Endothelzellen sind länglich
bindet LDL, das mittels Endozytose aufgenommen tmd polygonal (Längsdmchmcsser 25 - 50 f.UU, Querdurchmes-
dann weiterverarbcitet oder transzytotisch durch das ser ca. 10-20 ~-tm), wobei ihre Ausrichtung von der Blut-
Endothel geschleust wird. Die Lipoproteinlipase kata- strömung beeinflusst wird, d. h., ihre Längsachse liegt paral-
lysiert die Abspaltung von Triglyceriden von VLDL tmd lel zur Längsachse der Gefäße. Die Endothelzellen tragen
Chylomikronen. eine hohe Glykokalyx, die viele negative Ladungen trägt
• Ausbildtmg mechanorczeptiver molekularer Strukturen, und vielfältige Ftmktionen hat, z. B. Anreicherung von ge-
die die auf die Zelle einwirkenden Scherkräfte registrie- rinnungshemmenden Stoßen und Regulation der Adhäsion
ren, was die Anpassung des Gefäßwanddurchmessers und von Leukozyten. Sie sind dmch verschiedene ZellkontaL.1e
der Gefäßwanddicke auf das erforderliche Maß ermög- (Zonulae occludentcs (2- 5 Leisten), Nexus und Adhärenz-
licht. kontakte) verbunden. Basal bilden die Endothelzellen
schlanke Füßchen aus, die iiber kleine Gap }tmctions mit
den ionersten Muskelzellen der Media verknüpft sind.
Zellen
Das Endothel der Gefäße und des Herzens ist meistens ein Zellmembran und Zytoplasma Endothelzellen enthalten
kontinuierlich diinnes Epithel; in den Kapillaren (s. a. Kap. neben Caveolac und von ilinen abgeleiteten V esikeln auch
202 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefaße

alle wichtigen Zellorganellen: RER, Mitochondrien, einen (Aktin, Spektrin) stabilisiert vor allem die luminale tmd
kleinen bis mittelgroßen Golgi-Apparat, einzelne Lysoso- basale Membran.
men. Clathrinbedeckte Invaginationen und Vesikel sind
nicht selten. Regelmäßigtriffiman auf rundliche oder ovale Zellumsatz und Neubildung Endothelzellen haben einen
Sekretionsgranula. Im Zytoplasma vieler Endothelzellen langsamen Umsatz und können Jahre alt werden. Bei Verlet-
von Arterien und (am häufigsten) Venen kommen als zungen des Endothels können sie sich aber sehr rc!.Sch teilen
kennzeichnendes Organell We ibel-Palade-Kö rper vor und den Defekt heilen. Von ihnen geht auch die Bildung
(längliche, 2-4 p.m lange Granula mit tubulären Binnen- neuer Gefäße (Angiogenese) aus.
strukturen, Abb. 5.2b), die den Von-Willebrand-Faktor
(Abb. 5.3) enthalten. Der Von-Willebrand-Faktorwird api- 5.1.2 Arterien des großen Kreislaufs
kal und basal sezerniert, transportiert im Blutplasma Faktor In den Arterien herrscht ein relativ hoher Druck
VIII und spielt eine wichtige Rolle bei der Adhäsion von (120/80 mmHg, Hochdrucksystem), was sich im Wandbau
Blutplättchen und dem Verschluss einer Verletzungsstelle widerspiegelt. Dabei lassen sich 2 Arterientypen unterschei-
des Gefäßes.
den:
• Arterien vom elastischen Typ: Media vorwiegend mit
Klinik Beim überwiegend autosomal-dominant vererbten elastischen Lamellen Lmd Fasern
Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom fehlt der Von-Wille- • Arterien vom muskulären Typ: Media vorwiegend mit
brand-Faktor, ist stark vermindert oder qualitativ defekt. glatten Muskelzcllen.
Klinisch kommt es häutig zu Haut- und Schleimhautbluttm-
gen, z. B. Nasenbluten. Bei leichteren Pormen sind petechia- Elastische und muskuläre Arterien gehen graduell ineinan-
le Bluttmgen häufig. der über.

Zytoskelett Das Zytoskelett der Endothelzellen ist hoch


differenziert, in ihm sind intermediäre Filamente aus Vi- Wandaufbau der Arterien
mentin dominant (Abb. 5.2). Insbesondere können basal in Bei Arterien liegt grundsätzlich innen die Intima, in der Mit-
den Zellen auffallende Aktinfilamentbündel ausgebildet te die Media und außen die Adventitia (Abb. 5.4).
sein, z.B. im Endothel von Arterien, die in fokalen Kontak-
ten derbasolateralen Zellmembran verankert sind und dem Intima Unter dem Endothel befindet sich eine unter-
strömenden Blut Widerstand leisten. Mikrotubuli sind schiedlich ausgeprägte Bindegewebsschicht, deren Dicke
zahlreich vorhanden, das membranassozüerte Zytoskelett mit dem Alter zunimmt und in die oft glatte Muskelzellen

a
Abb. 5.2 Endothelzellen.
a: Endothelzelle (1) einer
Arteriole mit zahlreichen
Kaveolen (-+ ), Vesikeln und
Zytoskelettfilamenten. a Mikro-
tubuli, b Intermediärfilamente,
c Aktinfilamente; 2 schmaler
subendothelialer Bindegewebs-
raum mit Elastica intema,
3 glatte Muskelzelle, 4 Lumen.
Vergr. 17 000-fach. b: Endo-
thelzelle (1) einer Vene mit
Weibel-Palade-Körpem (-+) im
*
EM-Präparat. Intermediär-
filamente, 2 z. T. verdoppelte
oder verdreifachte Basallamina,
3 glatte Muskelzellen, 4 Lumen
des Gefäßes mit Erythrozyten.
Mensch; Vergr. 12 000-fach.
5.1 Blutgefäße 203
Media Sie ist die dickste Schicht der Arterienwand und
besteht aus konzentrisch oder flach-spiralig angeordneten,
meist dicht gepackten glatten Muskelzellen, zwischen de-
nen Gap Tunetions und punktförmige Adhärenzkontakte
(stehen mit Aktin in Beziehtmg) ausgebildet sind. Elastische
und kollagene Fasern sowie Proteoglykane sind in unter-
schiedlichem Ausmaß regelmäßig vorkommende Kompo-
nenten der Media tmd werden von der glatten Muskulatur
gebildet. In den Arterien vom elastischen Typ dominieren
in der Media die elastischen Lamellen tmd Fasern. Eine
Elastica externa ist vorhanden.

Adventitia Sie besteht überwiegend aus faserreichem


Bindegewebe mit mehrheitlich längs verlaufenden elasti-
schen Fasern, die in der Grenzregion zur Media konzent-
riert auftreten, und - wie in vielen anderen Hohlorganen
mit wechselnder Weite des Ltm1ens - aus scherengitterartig
Abb. 5.3 Von-Willebrand-Faktor ( ~) im Endothel angeordneten Kollagenfasern. Arteriolen, Kapillaren tmd
zweier kleiner Venen (links mit Venen klappe). Wand der Venolen bilden an der Grenze zur Media Netze, die die
Trachea, Ratte; immunhistochemischer Nachweis (Braun- äußeren Teile der Media versorgen tmd auch in die Media
farbung); Vergr. 450-fach. eindringen (die inneren Teile der Gefaßwand werden vom
Lumen her ernährt). An der Grenze zur Media kommt
außerdem ein dichtes Geflecht sympathischer Fasern vor,
die aber nicht in die Media eindringen.
aus der Media einwandern, die vor allem extrazelluläre
Matrix bilden. In der Intima spielen sich die krankhaften
Prozesse der Atherosklerose ab (s.u.). In manchen Gefaßen Merke In den Arterien des Körperkreislaufs herrschen
treten regelmäßig Bündel längs verlaufender glatter Mus- hoher Druck und Strömungsgeschwindigkeit, was mit
kelzellen auf, z. B. in den Herzkranzarterien, speziell an einem kompakten Wandbau korreliert ist. Stets sind
Verzweigungsstellen. Die Elastica interna ist gut ausge- 3 Wandschichten klar voneinander abgrenzbar: innen die
Intima, in der Mitte die Media und außen die Adventitia.
prägt.

--Vasa
vasorum

-vegetativer
Nerv

I
I

Basalmembran I
I
I

Elastica
intema
Abb. 5.4 Wandaufbau der Arterie.
Schema einer Arterie vom muskulären Typ. extema
204 5 Organe des Kreis laufs und Lymp hgefäße

Arterien vom elastischen Typ Intima Das Endothel zeigt Anpassungen an das unter
hohem Druck lließende Blut und die regelmäßigen Verfor-
Elastische Arterien besitzen wie alle Arterien einen deut- mungen durch die Pulswellc: Das Zytoskelett ist hoch ent-
lichen Dreischichtenbau (Abb. 5.5). wickelt, im gesamten Zytoplasma tinden sich intermediäre
Das wesentliche Merkmal dieser Gefäße ist ihre Wind- Filamente (Vimentin), basal sind die Zellen über besonders
kesselfunL.."tion : Während des Blutauswurfs aus dem linken kräftige Stressfasern (Aktin) an der Basallamina befestigt.
Ventrikcl wird die Gefäßwand durch den hohen systoli- Die subendotheliale Bindegewebsschicht ist beim Men-
schen Druck gedehnt, was aufgrund der zahlreichen, dicht schen gut ausgebildet und enthält einzelne Pibrozyten, Kol-
gepackten elastischen Lamellen leicht möglich ist. Dadurch lagenfibrillen vom Typ III SO\IIie einzelne zarte elastische
werden erhebliche Anteile des ausgeworfenen Bluts für kur- Fasern mit einem hohen Anteil an Mikrofibrillen. Außer-
ze Zeit im erweiterten Gefäßlumen "gespeichert". Wenn die dem enthält die Intima zarte glatte Muskelzellen, deren
Aorten-(und Pulmonal-)Kiappe geschlossen ist, geht die Zahl variabel ist, aber zwn Teil erstaunlich hoch sein kann
Dehnung zurück und sorgt dafiir, dass das Blut auch in der (Abb. 5.6a, c), mitunter treten diese gla tten Muskelzellen in
Diastole weiterströmt. Die elastischen Arterien wandeln also längs orientierten Bündeln auf. Die Elastica interna ist die
aufgrundihrer Volumendehnbarkeit (Compliance) die am ionerste der vielen elastischen Lamellen der Media (Abb.
Anfang der Aorta stoßweise Blutströmung in eine kontinu- 5.6b).
ierliche Strömung wn.
Das Gewebe der Wand der elastischen Arterien wird so- Media Die Media besteht aus vielen konzentrischen elas-
wohl vom Lwnen her ernährt als auch von eigenen kleinen tischen Lamellen (in der Aorta ascendens ca. 80-100, in
Gefaßen, die von außen in die Arterienwand eintreten (Vasa der Aorta thoracica ca. 50, in der Aorta abdominalis ca. 30),
vasormn). Letztere versorgen zumindest die äußere Hälfte die durch feine elastische Pasern verbunden sein können.
der Arterienwand. Sie sind dicht gepackt und mlt - unterschiedlich weiten -
Poren und Lücken versehen. Zwischen ihnen liegen mehr
Vorkommen Arterien vom elastischen Typ: Aorta, A. sub- oder weniger zirkulär, vereinzelt auch längs angeordnete
davia, A. brachiocephalica, II.. carotis commlmis, A. iliaca glatte Muskelzellen sowie Kollagenfibrillen und Proteogly-
communis, II.. pulmonalis. kane (Abb. 5.6d). Die glatten Muskelzellen können ver-
zweigt sein und sind sowohl mit dem Kollagen als auch mit
dem elastischen System verknüpft, mit Letzterem v.a. über
Fibrillin-Mikrofibrillen. Sie sind nicht nur kontraktile Ele-
mente, sondern auch die Produzenten des Elastins, des Kol-
lagens und der Proteoglykane.

Adventitia Die Adventitia ist relativ dünn und setzt sich
aus Fibroblasten, vorwiegend längs verlaufenden Kollagen-
fasern (Typ I, Abb. 5.5) und einem lockeren Netz elastischer
Fasern zusammen. In dieses Bindegewebe sind kleine Blut-
gefäße (Vasa vasonun) und vegetative Nerven eingelagert.
Die Vasa vasorwn dringen in die Media ein und versorgen
annähernd ihre äußere Hälfte. Die Nerven dringen dagegen
nicht in die Media vor.

Arterien vom muskulären Typ


Abb. 5.5 Wandschichten der Aorta. Die Intima (1) ist Die Arterien vom muskulären Typ besitzen stets einen be-
relativ breit, trägt innen ein Endothel und enthält u. a. ein- sonders gut erkennbaren Dreischichtenbau (Abb. 5.4) lmd
zelne gla tte Muskelzellen und freie Zellen. Die breite Media eine muskelzellreiche Media. Allerdings ist der Wandaufbau
(2) erscheint bei niedriger Vergrößerung recht homogen und sehr variabel, was die lokalen physiologischen Besonderhei-
besteht vor allem aus glatter Muskulatur, elastischen Lamel- ten widerspiegelt und oft eine Beziehung zum Blutdruck
len und elastischen Fasern, Kottagenfasern und Proteogly- erkennen lässt. Arterien vom muskulären Typ machen die
kanen. Die vielen Zellkerne der Media gehören den glatten Menge der größeren, mittelgroßen und kleineren Körperar-
Muskelzellen an. 3 Adventitia. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. terien aus (Abb. 5.7, Abb. 5.8). Diese GefaBe sind im histolo-
100-fach. (Aus [1]) gischen Schnitt meistens stark kontrahiert, sodass Endothel

Abb. 5.6 Elastische Arterien des Menschen am Beispiel der A. carotis communis (a, c, d) und der Aorta (b). a: Breite .,..
Intima (1) mit zarten glatten Muskelzellen (rot gefärbt, ~) die oft längs, aber auch zi rkulär verlaufen. In der Media (2) glat-
te Muskelzellen (rot) und Kollagenfasern (blau), die elastischen Lamellen si nd als gewellte helle Bänder erkennbar. Färbung:
Azan, Vergr. 250-fach. b: Darstellung elastischer Lamellen in den inneren Teilen der Aortenwand. Zahlreiche elastische Lamel-
len in der Media (2). Die Elastica intema (~)ist dieinnerstekräftige elastische Lamelle. 1 Intima. Färbung: Verhoeffs
Hämatoxylin, Vergr. 250-fach. c: Aktinnachweis (braun) in schlanken glattmuskulären Zellen der Intima (1 ) und in den kräfti-
geren glatten Muskelzellen der Media (2). Immunhistochemischer Nachweis glattmuskulären Aktins, Vergr. 250-fach. d: Nach-
weis von Proteoglykanen und Glucosaminoglykanen (Blaufärbung) in Intima (1) und Media (2). Färbung: Alcian-Blau bei
pH 2,5 und Gegenfärbung mit Kernechtrot, Vergr. 250-fach.
5.1 8 lutgefäße 205
206 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

tmd Elaslica interna gewellt verlaufen (postmortales Arte- Media In der Media finden sich je nach Gefäßgröße zwi-
fakt). schen mindestens 3 tmd 30 Schichten überwiegend konzen-
trisch angeordneter, dicht gepackter glatter Muskelzellen
Intima Die Intima ist zumeist diinne.r als die der elasti- (Abb. 5.8). Nicht selten sind einzelne längs oder steilspiralig
schen Arterien, aber sonst ähnlich gebaut. Die subendothe- verlaufende glatte Muskelzellen am Innen- tmd Außenrand
liale Bindegewebsschicht nimmt mit dem Alter an Dicke zu. der Media vorhanden. Die relativ schlanken und kurzen
In manchen Gefäßen kommen lokal polsterförmig regel- glatten Muskelzellen (Länge: 90- 130 J.lm) sind von einer
mäßig Bündellängs verlaufender glatter Muskelzellen vor, Basallamina umgeben und über Gap Junctions verbtmden.
z.B. in den Herzkranzarterien, speziell an Verzweigungen Sie sind oft verzweigt und von zarten Kollagenfibrillen
(Abb. 5.9a). Hier können sie mächtig ausgeprägt ("Intima- (fyp-ID-Kollagen) und Proteoglykanen umgeben, die
polster") sein. Die Elastica interna ist kräftig (2- 3 J.1ffi dick) ebenso wie Mikrofibrillenbündel und wenige zarte elasti-
tmd klar abgesetzt (Abb. 5.7). sche Fasern von den glatten Muskelzellen selbst produziert

..
- ------- - - -- E/astica interna

----------- Elaslica extema

Abb. 5. 7 Arterie vom muskulä-


ren Typ (rechts) und begleitende
Vene (Links), Elastika-gefärbt. Die
Elastica internaist deutlich sicht-
bar. Mensch; Färbung: Resorcin-
Vene Arterie Fuchsin; Vergr. 65-fach. (Aus [1])

Adventitia Media Intima Fettgewebe


I I I I
I • I I I
t I I ~
I• ~ "/
I .•. • •• ._' •l • I
1t
\
'.
..,
'
I
I ' .
# r·-· I":-·
• ..:• , '~ .
• • -
, t , • • • .,......, ..
, I '· ' • l
I
:• •! ~..[·~·I' '\
i •u•?::,..."-- ~ • ;(< '• • • •
.; ~;zf.·~ ::- ~}\': ... ~ ~.••
• t,' 'rl, .. •-.:r ~, ' '
., • 'V ..... .,,_, \. •• ,, •
·~··~.
, 1·. , ·v·
·~:,'"i,y.•'··
...~{~ '! ,.' . . ••
•' •\1 ·"' • . '~r._., .,~ . •
, ,·J'·t~&·
, ' ~ •~- •- ~""".!"'\~'\
~!.;.· .. , ',...
. •
' '''( .' ..... ·' ~i .. . . .
'·IJ;I ~~·· ·~ ..' •.:t~ ~\;· • .:• •
, I, ·'1. 1 ~· • ,, . '}'' ••
\.~"'•.'•
• •'''t!l -, , .l\
L'\ •" . •.•'
, '
\ ·~·.'\J 1i"', .:..~11:"~. ,', •
.. ,."~•1..,·o·
f ..,,i.
'• • ,~,\
\f. ,,-.- . ,
.,.P ,
.
.J:..,,.z.
'' \'f,.•'. • '' •'•
t •

I ' (fO~j•:
,•• l. 'T.-· J.
~<- ) J
•,:•
.•~ t t
• •... 7b · / • ,. • : "'·' •
-~~~!-··
,;:..~ir-. ~·
,"., '· .
·' ., '" ..
.•,.·~I;,l·'-"'t1)~·1:
k>...•• ,'• •'
\ ·' • . •
., Abb. 5.8 Arterie vom muskulä-
ren Typ (rechts) und begleitende
C.... •' •
·~
.., •
•• I
.. ,, . .
. -. t• t
\' '
•• :II' , ...,, •• • • •

'i • • •

Vene (Links), gleiches Gefäßpaar


.. :U'r ~: : ;.: . · wie in Abb. 5.7, im H. E.-Präparat.
t. ''' ~: '\...'••'•
... :~>.t':J: In der Media sind zahlreiche Mus-
: , ·.r tt l'tJ , ..
. "1.,.t:-,.... . t • kelzellen angefärbt, die Adventitia
~ :-,,~ .. (!/ . ·.. ! ist relativ breit. Vergr. 65-fach.
Vene Arterie (Aus [1])
5.1 Blutgefäße 207

a b
Abb. 5.9 Arterien vo m muskulären Typ mit besonderen Merkmalen. a: A. coronaria sinistra. Muskuläre Arterie mit längs
verlaufenden glatten Muskelzellen in der Intima (1 ), 2 Media. Azan-Färbung; Vergr. 250·fach. b: A. thoracica interna.
Die Media (2) dieser muskulären Arterie enthält re lativ viele kräftige elastische Lamellen. Elastica-Färbung (Aldehydfuchsin);
Vergr. 250-fach.

werden . Die Elastica cxterna ist als oft dünne, zum Teil
auch mchrlamclligc Schicht am Übergang zur Adventitia
.-:... '
erkennbar (Abb. 5.7). Außen enden an der Media vegetative
Nervenfasern, die nicht in sie eindringen.
In manchen muskulären Arterien, z. B. der A. thoracica
interna, treten auch dickere elastische Lamellen in der
(

~~
. .
...
.
Media auf (Abb. 5.9b). Dieses Gefaß eignet sich besonders
gut für Bypass-Operationen am Herzen.

Adventitia Die Adventitia enthält kräftige Kollagenfasern
(fyp I) und kann dicker als die Media sein. An der Grenze
zur Media finden sich zahlreiche vegetative, v.a. sympa- •
thische Nervenfasern (Abb. 5.10).

Merke In Arterien vom elastischen Typ besteht die Media •


aus zahlreichen konzentrischen elastischen Lamellen und Abb. 5.10 Kleine Arterie mit vielen Nervenfasern
dazwischenliegender glatter Muskulatur. In Arterien vom (braun) außen an der Media. Ösophagus, Schwein; immun-
muskulären Typ besteht die Media ganz überwiegend aus histochemischer Nachweis des S-100-Proteins, Vergr. 450-
dicht gepackter, mehr oder weniger zirkulär angeordneter fach.
glatter Muskulatur.

Klinik Ab dem mi ttleren Lebensalter nehmen in allen Arte- gen tmd in der Matrix (oft. mit krlstalliner Ablagerung des
rien Kollagen und Proteoglykane zu. In der Intima vermeh- Cholesterins) der Intima, sondern auch Fasern und reichlich
ren sich besonders die extrazellulären Matrixkomponenten, aus der Media eingewanderte glatte Muskelzellen, die auch
und glatte Muskelzellen werden häufiger. Diesem physiolo- Lipide einlagern können. Vielfach entstehen auch Verkal-
gischen Altcrsprozess stehen pathologische Verändenmgen kungen. Bei weiterem Portschreiten des Prozesses kommt es
gegenüber, die tmtcr dem allgemeinen Namen Arterioskle- zu Zellnckrosen, zu Erosion des Endoth els, zum Einreißen
rose (Verhärtung der Arterienwand durch Sklerosienmg der Plaques, Zltr Aggregation von Blutplättch en tmd Zltr Bil-
und Verkalktmg) zusammengefasst werden . Im Rahmen der dtmg von Wandthromben, die das Gefaßlumen einengen
Arteriosklerose hat die Atherosklerose eine ganz besondere oder verschließen können. Darin liegt die eigentliche Bedeu-
Bedeutung. Dabei handelt es sich um Intirnaverdicktmgen ttmg der Atherosklerosc, denn ein Arterienverschluss kann
durch extra- und intrazelluläre Lipidablagerungen (Plaque- die Blutversorgung der nachfolgenden Organregion unter-
bildung), die manchmal schon im Alter von 25 Jahren 30?' brechen, sodass das abhängige Gewebe abstirbt (Infarkt).
oder mehr der Gefaßwand verändert haben könn en.
5.1.3 Endstrombahn, Berekh der
Man findet in solchen (atherosklerotischen!) Regionen an-
Mikrozirkulation
fangs mit Lipiden beladene Makrophagen (Schaumzellen,
Abb. 5.11) und dann auch extrazelluläre cholesterinreiche Zur Endstrombahn gehören Arteriolen, Kapillaren, postka-
Ablagerungen. Solcherart veränderte Areale können sehr pilläre Venolen und kleine (oft noch lückenhaft) mit glatten
dick werden und enthalten nicht nur Lipide in Makropha- Muskelzellen versehene muskuläre Venolen (Abb. 5.12). Es
208 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

a b
Ab b. 5.11 Atherosklerose. a: Experimentell erzeugte frühe Phase der Atherosklerose in der A. carotis extema. Die Intima
ist verdickt und zellreicher als normal. Viele eingewanderte Makrophagen (Schaumzellen) haben orange gefärbte Lipidtröpf-
chen phagozytiert (~) . .... Endothel Schwein; Farbung: Sudan III und Hämatoxylin; Vergr. 250-fach. (Aus [1)) b: Voll aus-
geprägte Atherosklerose in der linken Koronararterie des Menschen; alle lipidhaltigen Zellen und nichtzelligen Bereiche sind
rot gefärbt Die lipidhaltigen Zellen finden sich in der verdickten Intima (1), aber auch in der Media (2) liegen lipidreiche
Areale vor. Farbung: Sudan-Rot, Vergr. 120-fach.

ist funktionell der Bereich des Stoffaustauschs zwischen Blut Adventitia Die dünne Adventitia besteht aus Kollagen
tmd Gewebe. Die Endstrombahn ist in verschiedenen Orga- tmd einzelnen elastischen Pasern. Der dichte Nervenplexus
nen tmterschiedlich aufgebaut. der Adventitia besteht aus sympathischen (noradrenergen)
Fasern, die nicht nur die Arteriolen, sondern auch die letz-
ten Abschnitte der kleinen Arterien versorgen. In der Ad-
Arteriolen ventitia findet man nicht selten Mastzellen.
Arteriolen (Abb. 5. 13, Abb. 5.14) sind funktionell wichtig,
weil sie die Durchblutung des ihnen nachgeschalteten Kapil-
larnetzes regulieren (Widerstandsgefaße). Die Weite ihres
Blutkapillaren
Lumens liegt bei ca. 20 ftm. In den Blutkapillaren (Kapillaren, Haargefaf.lc) findet der
gröfSte Teil des Stoffaustauschs zwischen Blut tmd den Zel-
Intima Sie besteht aus Endothelund extrem dfmner (bis len der Gewebe statt (Austauschgefaßc), sie sind die Diffusi-
fehlender) subendothelialer Bindegewebsschicht mit eini- ons- tmd Filtrationsbarriere zwischen Blut tmd Gewebe. Die
gen kollagenen und schlanken elastischen Fasern sowie der gesamte Austauschfläche wird mit 700-1000 m2 angegeben.
Elastica interna (Abb. 5.13). Die Elastica internabildet sich Die Kapillaren einer Region anastomosieren vielfaltig tmd
im Verlauf der Arteriolen zurück. Zwischen Endothel und bilden dreidimensionale Netze oder Netzschlingen, die in
glatten Muskelzellen bestehen viele myoendotheliale Kon- enge rättrnliche Beziehung zu den zu versorgenden Zellen
takte mit kleinen Gap Junctions. treten (Abb. 5.15). Ihre Gesamtlänge beträgt Zehntausende
von Kilometern. Normalerweise sind aber in einer Gewebe-
Media Sie besteht anfangs aus ca. 2 -3, am Ende aus einer region nur ca. 25')(. der Kapillaren offen. Nttr bei vermehr-
Schicht glatter Muskulatur, die jeweils das ganze Gefäß tem Or und Nährstoffbedarf öffnen sich mehr und mehr
umfasst (Abb. 5.17). Im Obergangsgebiet zu den Kapillaren Kapillaren. Die funktionellen Eigenschaften der Kapillaren
lockert sich die verbliebene Schicht glatter Muskulatur auf tmterscheiden sich in den einzelnen Organen zum Teil er-
(Metarteriolen). heblich.
5.1 Blutgefäße 209
Eine arterlovenöee Anastomose (Shunt),
kann Blut am Kapillarbett vorbeiführen. '., Venole
' •,

Offene oder geschlossene prikapillira Sphinktenln . Kspllsren


regulieren den Blutfluss durch das KapllartJetl (Kaplllsrbett)

sympathische NeM!Il . (-

···-==~ • • postkapillAre Venole


(ohne glatte Muskelzellen)

• • Metarteriole

Abb. 5.12 Komponenten der Mlkrozirkulation.

3 ,
'
c
Abb. 5.14 Arteriolen,
Ultra.stru kt ur.

und basalen Zellmembran ausgebildet sein k önnen und die


vom Protein Caveolin gestützt werden. Sie sind omegaför-
mige Membraneinstülpungen, die viele Membranproteine
enthalten, z. B. Aquaporine, Ca2--ATPase, Rezeptor-16-
Moleküle und Ca2 --Kanäle. Sie können sich von der Zell-
membran abschnüren. Im Zytoplasma können sie Vesikel
Abb. 5.13 Arteriole (1), begleitende Venole (2) sowie
oder traubenförmige Gebilde (miteinander verschmolzene
Lymphgefäß (3) aus der Dickdarmwand. Die kompakte Arte- und abgeschnürte Vesikel) aufbauen, die Anschluss an Ca-
riolenwand besteht hier aus 2-3 Muskelschichten und Endo- veolae der gegenüberliegenden Membran finden können.
thel. Die Wand der deutlich größeren muskulären Begleit- Öfter fusionieren Caveolae der sich gegenüberliegenden
venole ist dagegen dünner und lockerer gebaut. Die Wand Membranen und können so einen transitorischen Kanal
der kleinen Lymphgefäße besteht nur aus Endothel. Mensch; bilden. Die Caveolae dienen sehr wahrscheinlich v. a. der
Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach . (Aus [1]) Oberflächenvergrößerung. Sie können an ihrer Öffnung
von einer zarten proteinhaltigen Schicht bedeckt sein, die
den Diaphragmen der fenestrierten Kapillaren ähnelt und
die vermutlich auf die hohe Glykokalyx zurückgeht . Es
wurde berechnet, dass in Kapillaren bis zu ca. 1000 Caveo-
Wandaufbau lae pro llffi2 vorkommen. In Endothelien k önnen auch Sta-
Die Kapillaren sind 6 - 12 11m weite Gefäße (Abb. 5.16a - c), chelsaumbläschen (rezcptorvermittelte Endozytose) in tm-
deren Wand nur noch aus sehr dünnen Endothelzellen und terschiedlicher Menge auftreten. In Bezug auf das
deren Basallamina sowie einem zarten Netz retikulärer Fa- Zytoskelett enthalten die Endothelzellen in ?iernlich rei-
sern und einzelnen Mikrofibrillenbiindeln besteht. ehern Maße Intermediärfilamente (oft Vimentin), außer-
dem tritt verbreitet Aktin auf. Benachbarte Endothelzellen
Endothelzellen In kleinen Kapillaren kann die ganze sind über Zonulae ocdudentes, Nexus und Adhärel12kon-
Wand von einer einzigen Endothelzelle gebildet werden takte mit dem speziellen VE Cadherin verbunden. Die
(Abb. 5.16a), in größeren Kapillaren beteiligen sich 2 oder Leistensysteme der Zonulae occludentes weisen wenige nrn
auch 3 Endothelzellen am Aufbau der Wand. Die Endothel- weite Unterbrechungen auf, di e m öglicherweise den
zellen der Kapillaren sind besonders dünn und sind außer- parazellulären Transportweg repräsentieren.
halb der Kernregion nur 0,2- 0,4 11m dick. Die oft spärlich
entwickelten Organellen finden sich in Kernnähe. Kenn- Perizyt en Den Kapillaren liegen lang gestreckte Zellen
zeichnend sind zahlreiche Caveolae, die an der luminalen (Perizyten) mit zahlreichen schlanken Seitenfortsätzen an,
210 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

Abb. 5.15 Kapillaren


und andere kleine Gefäße.
Gefä ßausguss mi t einem
Gemisch aus roter Tusche
und Ge la tine. Rückenmark,
Katze; Vergr. 250-fach.

die als Bestandteil der KapillaiWand anzusehen sind. Diese lieh über die Offnungen neigt und sie funktionell "ver-
Fortsätze umgreifen und stabilisieren die KapillatWand schließt". Die Penestrationen sind für Wasser Lmd klei-
(Abb. 5.16c). Perizyten sind kontraktile Zellen, die von nere hydrophile Stoffe ganz besonders durchlässig, nicht
einer Basallamina umgeben sind und die Durchblutung der jedoch fiir Proteine.
Kapillaren und postkapillärer Venolen beeinflussen. Sie • Diskontinuierliche Kapillaren (Kapillaren mit offenen
verhindern eine überschießende Neubildung von Kapilla- Poren, Abb. 5.17b) kommen in den Nierenglomeruli
ren und können sich nach Gewebeverletzungen beim Neu- (Abb. 12.6) und in den weitlwnigen Kapillaren (Sinusoi-
aufbau der kleinen Gefäße in glatte Muskelzellen der neu den) der Leber vor (Abb . 10.86). Oie oft'enen Poren er-
gebildeten Arteriolen und Venolen wnwandeln. Zwischen möglichen einen ungehinderten raschen Durchtritt aller
Perizyten und Endothelzellen sind einzelne Gap Junctions (Leber) oder der meisten (Nierenglomeruli) Bestandteile
ausgebildet. Im Kontaktbereich sind die Basallaminae von des Blutplasmas.
Perizyten und Endothelzellen oft verschmolzen.
Merke Es werden Kapillaren vom kontinuierlichen, fenes-
Merke Die Wand der Kapillaren besteht im Wesentlichen trierten und diskontinuierlichen Typ Lmterschieden.
aus Endothelzcllen, Basallamina und Perizyten.

Vorkommen
Kapillartypen • Kontinuierliche Kapillaren: Lunge, Skelettmuskulatur,
Es lassen sich 3 Kapillartypen unterscheiden: H erz, Bindegewebe, Nervensystem, exokrine Drüsen,
• Kontinuierliche Kapillaren hab en eine einheitliche dün- Haut, Fettgewebe, 1hymus
ne Endothelschicht ohne Unterbrechungen (Abb. 5.16). • Fenestrierte Kapillaren: peritub ulär in der Niere, endo-
Die Endothelzellen sind - außer in den H irnkapillaren - krine Organe, Darmschleimhaut, endokrines Pankreas,
reich an Caveolae. Fettgewebe, Nasenschleimhaut, Harnblase u.a.
• Fenestrierte Kapillaren haben ganz ähnliche Eigen- • Diskontinuierliche Kapillaren: Leberläppchen, Nieren-
schaften wie kontinuierliche Kapillaren, besitzen aber als glomeruli. Auch in den Knochenmarksendothelien kön-
Besonderheit in ihrem Endothel Penestrationen (Abb. nen transitorisch ZLun Teil große offene Poren auftreten.
5.17a). Diese befinden sich in unterschiedlicher Zahl in
speziellen Feldern des Endothels, sind 20-100 (oft um Kapillaren des Gehirns Sie sind Kapillaren vom kontinu-
50) nm weit und ähneln Poren, die aber nicht oii'en, son- ierlichen Typ und wesentlicher Bestandteil der Blut-Hirn-
dern durch ein Diaphragma verschlossen sind. Die Dia- Schranke. Sie besitzen kawn vesikuläre transepitheliale
phragmen sind ca. 4 nm dick und bestehen aus extrazellu- Transportmechanismen, haben aber selektive Mechanis-
lärem, überwiegend radiär angeordnetem feinfibrillärem men für den Transport, z.B. von Glucose und Amino-
Material, das auf seiner lunlinalen Seite ein Heparan- säuren . Insgesamt gesehen sind sie wenig penneabel (ca.
sulfat-Proteoglykan mit negativen elektrischen Ladungen 100-mal weniger als andere Kapillaren). Ihre Tight Junc-
trägt. Im Zcntrwn der Diaphragmen ist eine kleine Ver- tions sind gut ausgebildet, Lysosomen sind relativ zahlreich,
dickung (Zentralknötchen) erkennbar. Wahrscheinlich sie besitzen relativ viele Pcrizyten und sind von Endfüß-
ist so ein Diaphragma ein gewisses Pixierungsartefakt, das chen der Astrozyten bedeckt.
auf die hohe Glykokalyx zurückgeht, die sich in vivo seit-
5.1 Blutgefaße 211

''\

~ 3 ~·
b 1 , •;
1. c
Abb. S.16 Kapillaren vom kontinuierlichen Typ. a: Kapillare in der Herzmuskulatur. 1 Zellkern der Endothelzelle; 2 Zyto-
plasma der Endothelzelle mit vielen Pinozytosevesikeln; ~ Zellkontakt der Endothelzelle; 3 Herzmuskelzellen; 4 Kapillar-
lumen. Meerschweinchen; Vergr. 15300-fach. b: Kapillare der Großhirnrinde. 1 Erythrozyt im Kapillarlumen; 2 Zytoplasma
der Endothelzelle mit Mitochondrien; 3 Astrozytenfortsätze an der kräftigen Basallamina ?. Ratte; Vergr. 20000-fach.
c: Kapillare in der Herzmuskulatur. 1 Endothel mit Perizyten (2); 3 Herzmuskelzelle. Meerschweinchen; Vergr. 5200-fach.

Transportmechanismen im Kapillarsystem
Kapillaren sind Austauschgefäße. Substanzen werden über
~
die Kapillarwände mithilfe verschiedener Mechanismen
Abb. S.17 Fenestrierte
transportiert:
und diskontinuierliche • Diffusion: Sie spielt eine große Rolle und betrifft Oz, C02
Kapillare. und kleine hydrophobe Stoffe.
• Wasser- und Stoffaustausch, Filtration: Wasser und
Sinusoide Sinusoide sind weitlmnige und variabel gestal- hydrophile Stoffe können nicht passiv durch das Kapil-
tete kapilläre Gefäße in den Leberläppchen, im Knochen- larendothel hindurchtreten, sondern benötigen spezielle
mark tmd in einzelnen endokrinen Organen wie der Ade- Transportmechanismen tmd -wege. Es gibt den trans-
nohypophyse. zellulären Transportweg, v. a. mittels Vesikeln und der
212 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

Caveolac (Transzytose, s. u.), und den parazellulären


Transportweg mittels kleiner Lücken in den ohnehin nur Klini k Oie krankhafte Vermehrung interstitieller Flüssig-
schwachen (2- 3 verschließende Leisten) Zonulae occlu- keit wird Ödem genannt. Die Ursachen sind vielfältig. So
dcntes. Mittels trans- und parazellulären Wegs kann Flüs- führt z.B. bei Allergien eine vermehrte Mastzellaktivität
sigkeit über das Kapillarendothel hinweg transportiert (Histamin) zu Durchlässigkeit von Kapillaren ltnd post-
werden, ein Vorgang, der meistens Filtration genannt kapillären Venolen. Bei Unterernährung liegt zu wenig Al-
wird. Täglich werden ca. 20 Liter FltlSSigkcit aus dem bumin im Blut vor. Dies führt zur Abnahme des onkoti-
Kapillarlumen ins umgebende Interstitium filtriert und schen Drucks im Blutplasma, sodass Gewebefllissigkcit
ca. 18 Liter zurück ins Kapillarlumen resorbiert. Etwa nicht in die Kapillaren zurücktransportiert wird (H ttnger-
2 Liter Flüssigkeit verbleiben im extrazellulären perikapil- ödeme).
lären Ramn und werden über Lymphkapillarcn abtrans-
portiert. Der Motor der transendothelialcn Filtration ist Venolen
der hydrostatische Druck des fließenden Bluts in der ers-
ten Hälfte der Kapillaren. Im venennahen zweiten Ka- Postkapilläre Venolen
pillarabschnitt nimmt der kolloidosmotische (onkotische)
Postkapilläre Venolen sind ca. 15- 30 J.ll11 weit und ähneln
Druck im Kapillarlmnen zu, wohingegen der hydrosta-
im Wandaufbau noch den Kapillaren (Abb. S.l8a). Thr En-
tische Druck deutlich abnimmt. Ocr kolloidosmotische
dothel besitzt Penestrationen (Abb. 5.18b), ihre Perizyten
Druck fUhrt jetzt zur Resorption von Flüssigkeit und
sind relativ stark verzweigt. Wegen der vielen Fenestratio-
darin gelösten kleinen Molekülen aus der Umgebung der
nen ist die Wand besonders durchlässig, ttnd hier wandern
Kapillaren in das Kapillarlumen. Im Lungenkreislaufwird
auch, besonders massiv bei Entziindtmgen, Leukozyten aus
unter physiologischen Bedingungen praktisch keine FHis-
sigkci t filtriert. dem Blutstrom aus (Diapedese). Die Leukozyten können
• Transzytose: Der Mechanismus der Transzytose erfolgt einerseits dmch das Zytoplasma der Endothelzellen hin-
durchtreten, andererseits aber auch unter Sprengung der
mittels kleiner Vesikel, die sich von der apikalen oder ba-
salen Zellmembran abschnüren, durch die Zelle wandern ZeHkontakte zwischen benachbarten Endothelzellen hin-
durchwandern.
und auf der anderen Seite der Zelle wieder öffnen. Ver-
mutlich sind es oft Kaveolen, die sich von der Membran
abschnüren und in solche Vesikel mnwandeln. Wahr- Klinik Bei einer Entzündung ist nicht mtr die Diaperlese
scheinlich können Vesikel verschmelzen und vorüberge- verstärkt, sondern zwischen den Endothelzellen können
hend einen transzellulären Kanal bilden. Per Transzytose dttrch Lösung der Zellkontakte auch bis zu 500 nm weite Lü-
werden in Wasser gelöste auch größere Moleküle über das cken entstehen, dttrch die massiv Flüssigkeit austreten kann
Endothel transportiert, dessen Ein- und AtlSgang i. A. (ÖdembildLmg). Substanzen, die die Gefaßdttrchlässigkeit
durch eine diaphragmenähnliche Membran bedeckt ist. erhöhen, wie z.B. Histamin ltnd Serotonin, liben ihren
An Albtunirr gebundene Stoffe benötigen ca. 5 min, mn Eftekt vor allem hier aus. Histamin und Entzündungsmedia-
durch das Kapillarendothel durchzutreten. Ein Teil der toren bewirken einen Umbau des Zytoskeletts und lösen das
Transportvesikel ist mit einem Belag aus Clathrin be- Aktin von den Adhärenzkontakten, die dadurch ihre zell-
deckt, solche Vesikel vermitteln meistens spezifische re- verbindende Krdft verlieren. Die Zonulae occludentes halten
zcptorvcrmittelte Bindung und entsprechenden Trans- dann dem lmninalen Flüssigkeitsdruck nicht stand, sodass
port, u. a. von Signalmolekülen ttnd Proteinen (Abb. massiv Plüssigkeit ausströmen kann. Interessanterweise be-
S.l7b ). Dieser Vorgang heißt rezeptorvermittelte Trans- sitzt das Endothel der postkapillaren Venolen besonders
zytose. viele Histaminrezcptoren.
• E.nd ozytose: Stoffe werden in die Zelle (nicht durch die
Zelle) mittels vesikulärer Mechanismen aufgenommen In Lymphknoten ttnd den Tonsillen sowie in anderen
und in Lysosomen abgebaut. schleimhautassowerten lymphatischen Geweben besitzen
• Elektrische Ladung: Wichtig für den Transport durch die postkapillären Venolen ein relativ dickes Endothel ohne
das Endothel ist auch die elektrische Ladtmg der zu trans- Fenestrationen, zum Teil ist es fast kubisch (hochendothe-
portierenden Stotre. Die lmninale Membran des Endo- liale Venolen, Abb. 5.19). Diese Endothelzellen besitzen
thels und die lttminale Seite der Diaphragmen sind nega- spezifische Oberflächenmoleküle, die von Lymphozyten er-
tiv geladen, wohingegen die Transportbläschen innen kannt werden können. Ein solcher Erkennungsmechanis-
offenbar elektrisch neutral sind. Da Proteine elektrisch mus ist die Voraussetzung für die Auswanderung von Lym-
negative Ladungen tragen, werden sie von den negativen phozyten in den lymphatischen Organen (Kap. 6).
Ladungen der Endotheloberfläche abgestoßen, sodass sie
normalerweise im Blut verbleiben oder nur mittels spe-
zieller Mechanismen über die Kapillarwand transportiert
werden können.

Merke In den Kapillaren findet der transendotheliale


Gas- ttnd Stoffaustausch zwischen Blut und den Zellen der
Gewebe und Organe statt. Wichtige Mechanismen des
Transports über die Kapillarwand sind Diffusion, Filtra-
a
Abb. 5.18 Post kapilläre
tion, Rückresorption ttnd vesikulärer Transport.
Venole.
5.1 Blutgefäße 213
Blut ztlliihren, haben dünnere tmd muskelärmere Wände
als Venen in den Beinen, in denen ein höherer hydrostati-
scher Druck herrscht. Im lockeren Bindegewebe liegende
Venen tmterscheiden sich deutlich von fest in straffes
Bindegewebe eingebauten Venen wie, im Extrem, den Sinus
der harten Hirnhaut, die keine Muskulatur in ihrer Wand
besitzen.

Gliederung der Venenwände Die Gliederung der Venen-


wände in Intima, Media und Adventitia bleibt öfter tmdeut-
lich, ist aber im Prinzip vorhanden (Abb. 5.8, Abb. 5.20):
• Die Intima ist relativ dünn und besteht öfter nur aus En-
dothel und wenigen Fasern. Eine Elastica interna kann
klar ausgebildet sein, ist aber oft schwach tmd unvollstän-
dig; die Hohlvenen älterer Menschen besitzen eine relativ
dicke Intima.
• Die Media ist im Vergleich mit der Media in parallel ver-
laufenden Arterien dünn, und die glatte Muskulatur bil-
det Bündel, die meist zirkulär oder flach-spiralig angeord-
Abb. 5.19 Hochendotheliale Venole (1) aus einem net sind (Abb. 5.20). Nicht selten (V. poplitea, V. femoralis
Lymphknoten, deren Lumen (*) hier weitgehend kollabiert u. a.) bildet die Muskulatttr innen einige längs verlaufen-
ist. ~ kennzeichnende helle Zellkerne der fast kubischen de Bündel. In der unteren Hohlvene überwiegen längs
Endothelzellen dieser Gefäße; .,_ Lymphozyt, der aus dem verlattfende Btmdcl (Abb. 5.20). Zwischen den Bündeln
Gefäß auswandert; 2 T-Lymphozyten in der Umgebung der aus Muskelzellen finden sich relativ breite Straßen aus
hochendothelialen Venole. Mensch; Plastikschnitt; Färbung: Bindegewebe mit Kollagen- tmd elastischen Fasern, wo-
H. E.; Vergr. 680-fach. durch die Venenwand e.ine locker erscheinende Textur
erhält. An Verzweigungen kann die Muskulatur Schlingen
bilden.
• In größeren Venen ist die Adventitia die dickste Schicht.
Muskuläre Venolen Sie besteht oft aus Längsmuskulatur (Abb. 5.20) und viel
Muskuläre Venolen sind etwas größer als postkapilläre Ve- kollagenfaserreichem Bindegewebe, das auch vorwiegend
nolen (ca. 50-100 ~un), besitzen ein kontinuierliches En- längs ausgerichtete elastische Netze und Vasa vasorum
dothel, einen schmalen subendothclialen Bindegewebssaum enthält. Dttrch die Längsmuskulatur kann die Längsspan-
mit Kollagenfibrillen, einzelne elastische Fasern und einen nung der Wand dieser Gefäße verändert werden und
lockeren Belag von vorwiegend zirkulär angeordneten glat- wechselnder Druckdifferenz zwischen Lumen und Umge-
ten Muskelzcllen. Mit zunehmender Größe der Venolen bung der Gefäße Widerstand entgegensct2.CO. Das Lumen
wird dieser Muskelzellmantel dichter. Die Adventitia ist kann folglich auch bei Unterdruck ofren gehalten werden.
kräftig und enthält viel Kollagen.
Merke Venen bilden das Niederdrucksystem des Blut-
kreislattfs. Ihre relativ dünnen Wände sind sehr variabel
5.1.4 Venen gebaut. Intima, Media Lmd Adventitia sind oft unscharf
Venen Hiliren das Blut aus den Kapillarnetzen ztun Herzen gegeneinander abgrenzt.
zurück Sie verlaufen im großen Kreislauf normalerweise pa-
rallel 2.t1 den Arterien (Abb. 5.7, Abb. 5.8), im Lungenkreis-
lauf von ihnen getrennt. DasVenensystem hat eine viel grö- Venen mit besonderem Wandaufbau
ßere Kapazität (Biutreservoir) als das der Arterien tmd Einige Venen haben keine oder nur sehr wenig Muskulatur.
enthält im großen Kreislauf ca. 65 ~ des zirkulierenden Blu- Dazu gehören die Venen in den Milztrabekeln, der Retina
tes. In den Venen herrscht ein relativ niedriger Druck (Nie- und verbreitet in der Pia mater und in der Dura mater
derdrucksystem, in her2.11ahen Venen ca. 2-4 mmHg). Mit- (Sinus). Muskelreiche Venen sind dagegen die Venen im
telgroße Venen (Durchmesser 2 -9 mm) bilden die Masse Uterus schwangerer Prauen tmd die im Plexus pampini·
der Venen des Körpers. forrnis des Samenstrangs (Abb. 5.22) tmd in der Nabelvene.
Venen mit muskulären sphinkterähnlichen Einrichttmgen,
Grundsätzlicher Wandaufbau der Venen die das Blut in den stromaufwärts liegenden Regionen
attfstauen können (Drosselvenen), sind Venen im Neben-
Vergleich mit Arterien Venen sind weitlumiger und zu- nierenmark. der Nasenschleimhaut (Venengeflechte, Abb.
meist dünnwandiger als Arterien. Letzteres liegt vor allem 5.2.3) und des Corpus spongiosum der Urethra (Venenge-
daran, dass Muskulatur ttnd elastische Membranen weniger flechte).
kompakt entwickelt sind. Die gesamte Textur der Venen-
wand ist lockerer, kollagenfaserreiche Bindegewebszüge
treten deutlicher hervor als in Arterien. Die glatten Muskel-
Venenklappen
zellen bilden eher miteinander verflochtene Bündel als Viele mittelgroße Venen besitzen Klappen, die den Rück-
Schichten. Der Wandbau der Venen ist sehr variabel und fluss des Blutes verhindern, sie sind in den Venen der Beine
hängt vom Birmendruck und von außen einwirkenden häufiger anzutreffen als in denen der Arme. Es liegen sich je-
Kräften ab: Venen, die dem Herzen von Kopf und Hals her weils 2 Klappenhälften (Klappensegcl) gegenüber. Sie ent-
214 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

c
Abb. 5.20 Untere Hohlvene eines jungen Menschen, verschiedene Vergrößerungen und Färbungen (a -c). 1 Lumen.
Wichtigste Komponenten dieser Venenwand sind Endothel (~ ), überwiegend längs gerichtete Bündel glatter Muskulatur (2)
und kräftige Kollagenfasern (3). Eine kla re Gliederung in Intima, Media und Adventitia liegt nicht vor, die mittlere Zone mit
den Bündeln glatter Muskulatur lässt sich jedoch als Media bezeichnen. Nach innen zu liegt dann die Intima(*) und nach
außen zu die kollagenfaserreiche und mit einzelnen Muskelzellbündeln versehene Adventitia. Die in c schwarzviolett gefärb-
ten elastischen Fasern (~)befinden sich vor allem an der Oberfläche der MuskelzellbündeL Färbung: H. E. (a, b) bzw. Elastika
(Resorcin-Fuchsin, c); Vergr. 45-fach (a) und 260-fach (b).
5.1 Blutgefäße 215



3

- ..
• • ••• • •

~-
• )
-;,' ·'
'
••
• ... ·
.... -..

Abb. 5.21 Größere Beinvene (Wandsektor) im Querschnitt. Abb. 5.22 Muskelreiche Vene des Plexus pampiniformis,
1 Lumen, 2 Media, 3 Adventitia. Die Intima ist sehr schmal. Querschnitt. 1 Lumen der Vene; 2 Ringmuskulatur der Venen-
Die Adventitia ist relativ breit und enthält quer geschnittene, wand; 3 außen liegende, längs verlaufende Bündel glatter
d. h. längs verlaufende Muskelbündel (-+ ). Mensch; Plastik- Muskulatur der Venenwand. Samenstrang, Mensch; Färbung:
schnitt Färbung: H. E.; Vergr. 150-fach. Azan; Vergr. 45-fach.

sprechen dünnen Intimafalten, sind somit von Endothel


bedeckt, tmd besitzen im Innern eine sehr schmale stiitzen-
de Lamelle aus Kollagen tmd feinen elastischen Fasern. Vor
einer Klappe ist das Venenlumen erweitert (Sinus).

Klinik Venenerkranktmgen spielen in der praktischen Me-


dizin eine große Rolle.
Wichtig sind u. a. Thrombosen (Blutgerinnselbildtmg mit
anhaftendem Thrombus) infolge von Gefaßwandschäden,
verlangsamter Blutströmtmg tmd veränderter Blutzusam-
mensetztmg (insbesondere gesteigerter Gerinnbarkeit). Ge-
fahrlich sind 1hrombosen tiefer Beinvenen, da sich ein
1hrombus lösen karm tmd in der Ltmge eine Ltmgenembo-
lie tmd einen Ltmgeninfarkt verursachen kann. Eine 1hrom-
bose mit Entziindtmg oberflächlicher Venen wird 1hrombo-
phlebitis genannt.
Varizen sind knotenfdrmige, meist einseitige Aussacktm-
gen der Venenwände. Primäre Varizen sind zwneist auf das
Gebiet der V. saphena tmd ihrer Aste begrenzt. Ursache der
primären Varikose ist oft eine Venenklappeninsuffizienz.
W erm Venen ihre Ftmktion hinsichtlich Abtransport von
Gewebeflüssigkeit nicht erfüllen körmen, spricht man von
venöser Insuffizienz.
Abb. 5.23 Drosselvenen(*) in der Nasenschleimhaut.
Die Wand dieser Venen weist unterschiedlich dicke Muskel-
schichten auf, die zum Teil Sphinkterstrukturen bilden (~). 5.1.5 Blutgefäße des Lungenkreislaufs
1 Drüsen. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach. Im System des Ltmgenkreislaufs herrscht ein relativ gerin-
ger Blutdruck (in der A. pulmonalis: 25/8 mmHg), was
sich auch im histologischen Bau der Blutgefaße wider-
spiegelt. Sie sind generell dürmwandiger als entsprechend
216 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

große Gefäße im Körperkreislauf Intrapulmonal ist ihr


Lumen relativ weit.

Arteria pulmonalis
Stamm, große Äste Der Stamm und die großen Äste der
A. pulmonalis sind im Prinzip elastische Gefäße und haben
Windkcsselfunktion. Die Intima ist sehr dünn und un-
schärfer gegen die Media abgegrenzt als in der Aorta. Die
elastischen Membranen der Media sind aber insgesamt we-
niger zahlreich und dünner als in der Aorta. Das kollagen-
faserige Netz der Media ist gut entwickelt. In dieses Gerüst
aus elastischen Lamellen und Kollagenfasern sind die rela-
tiv dicken und großen glatten Muskelzellen eingelagert. Sie
verlaufen im Truncus pulmonalis überwiegend in Längs-
richtung, weiter distal zirkulär oder in flachen Spiralen. Die
schwache Adventitia enthält v.a. Kollagenfasern und ein-
zelne elastische Fasern. In der Lunge verlaufen die Aste der
A. pulmonalis dicht neben den Bronchien. Distal, wenn die
Gefäße einen Durchmesser von etwa 1 mm unterschreiten,
ist die Media wie bei einem Mischtyp zwischen elastischen
und muskulären Arterien gebaut. Unter einem Durchmes-
ser von 40-50 ~1m verschwindet die Elastica interna und Abb. 5.24 Arteriovenöse Anastomose im Bereich der
auch die Media verliert die glatten Muskelzellen. *
ligg. ftava. Lumen eines Gefäßabschnitts der Anastomose
mit dicker epitheloider Wand. 1 elastische Fasern des lig.
Arteriolen Arteriolen sind relativ weitlurnig, typische ftavum. Pavian; Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 460-fach.
arterielle Widerstandsgefäße fehlen. Die Elastica externa
bleibt bis zu den unmittelbar präkapillaren Gefäßen erhal-
ten.
Epithelaide Zellen AVA besitzen in ihrer Mitte einen
Kapillaren Das reich entwickelte Kapillarnetz der Alveo-
speziellen kontraktilen Abschnitt, der relativ dick ist und
larsepten besitzt ein kontinuierliches Endothel (Kap. 8.2.2). aus einem dicken oder mehreren dünneren Bündeln plum-
per, längs verlaufender, modifiUerter glatter Muskelzellen
Merke Die intrapulmonalen Aste der A. pulmonalis in der Intima besteht. Diese Zellen sind im Präparat meis-
laufen neben den Asten des Bronchialbaums, wodurch sie tens hell und werden wegen ihres Aussehens "epitheloide"
gut zu ident:ifizieren si nd (die Lungenvenen verlaufen Zellen genannt (Abb. 5.24). Die Elastica internafehlt hier.
weiter entfernt vom Bronchialbaurn).
Brücken- und Glomusanast omosen AV A können relativ
einfache gestreckte Kanäle (Brückenanastomosen) sein
Vena pulmonalis
oder in ihren mittleren Abschnitten geknäuelt (Knäuel- =
Extrapulmonale Äste Intima und Media der extrapulmo- Glomusanastomosen) verlaufen. Die kleinen Gefaf~knäuel
nalen Aste der V. pulmonalis und der großen, in die Lunge der Knäuelanastomosen werden auch Glomera (Sing. Glo-
eintauchenden Äste sind relativ dünn und morphologisch mus) oder Glomusorgane genannt. Sie enthalten eine pro-
kaum voneinander zu trennen. Hier findet sich tmter dem teoglykanreiche Matrix und sind von einer Bindegewebs-
Endothel ein rclati v <lichtes elastisches Gerüst, in das locker kapsel umgeben und reich mit adrenergen, aber auch mit
verteilt überwiegend zirkulär verlaufende kleine Bündel cholinergen Nervenfasern wngeben, die wahrscheinlich mit
glatter Muskulatttr eingelagert sind. Die Adventitia der ex- thermoregulatorischen Zentren im Gehirn in Beziehung
trapulmonalen Ltmgenvenen besitzt eine relativ kräftige stehen. Sie kommen vor allem in der Haut vor, wohingegen
Schicht aus Herzmuskelzellcn, die überwiegend ringförmig Brückenanastomosen in anderen Körperregio nen vorherr-
oder spiralig angeordnet sind ttnd die von kräftigen elasti- schen.
sehen Fasern begleitet werden.
Funktion AV A regulieren die Durchbluttmg der zugehö-
Intrapulmonale Äste Die intrapulmonalen Venen besit- rigen Kapillarbetten, v. a. in der Haut, ttnd spielen somit
zen eine dünne Wand mit spärlicher Muskulatur. auch eine Rolle bei der 1hermoregulation.

5.1.6 Arteriovenöse Anastomosen 5.1.7 Entstehung von Blutgefäßen


In vielen Regionen des Körpers (v. a. in der Haut und in den
Vaskulogenese
Akren) sind kleine Arterien tmd kleine Venen nicht nur
über das Kapillarbett, sondern auch über direkte Verbin- Vaskulogenese ist die Entstehung von Blutgefäßen aus mes-
dungen ("Kurzschlüsse"), die arteriovenösen Anastomosen enchymalen Zellen in der Embryonalzeit Sie geht von An-
(AVA), verbunden. gioblasten aus, die Vorstufen von Endothelzellen sind. Es
formieren sich schlanke, zwn Teil vernetzte Zellsäulen, die
dann ein Lumen ausbilden. Zuerst entstehen Kapillaren, die
5.2 Lymphgefäße 217

sich dann zu grögeren Gefäßen weiterentwickeln. Die ersten Dann entsteht eine Basallamina, und Perizyten (oder, bei
Gefäße entstehen im Dottersack und im Rumpf. Die Vas- größeren neu entstehenden Gefäßen, glatte Muskelzellen)
kulogenese wird durch spezifische Faktoren angeregt. Ein besiedeln dieses Rohr. Angl interagiert mit dem Endothel-
besonders wichtiger Paktor ist der vaskuläre endotheliale zellrezeptor Tie2 bei der Reifung der Gefäße Lmd bei deren
Wachstumsfaktor (VEGF), der von Mesenchymzellen gebil- Besiedlung mit glatten Muskelzellen.
det wird. Er bindet an die vaskulären endothelialen Wachs-
tumsfaktorrezcptoren VEGP-R2 an den Angioblasten und Matrixmetallo proteinasen Wichtig ist der Umbau der
VEGF-Rl an der basalen Zellmembran der sich zu einem extrazellulären Matrix in der UmgebLmg neu auswachsen-
Rohr fonnierenden Endodtelzellen. der Kapillaren. Hierbei spielen die Matrixmetalloproteina-
sen, z. B. Kollagenase, eine große Rolle, die auch bei der Me-
tastasierung von Bedeutung sind. Die Aktivität dieser
Angiogenese Proteinasen wird komplex reguliert, z. B. kann Ang2, ein
Angiogenese ist die Bildung neuer Blutgefäße bei Erwach- weiteres Angiopoielin, die Effekte von Angl blockieren,
senen, die meist von bestehenden Kapillaren ausgeht und was zu Umbauten in Endothelzellen oder zu deren Apo-
eine wichtige Rolle bei vielen Prozessen spielt, z.B. bei ptase fiihrt.
Wundheilung und Bildung des Corpus lutetun. Dort, wo
Gefäßsprossen entstehen, wird erst die Basallamina abge- Tumorangiogenese Bei der Tumorangiogenese produzie-
baut. Die Proliferation von Endothelzellen wird durch die ren Tumorzellen angiogenetische Peptide, die das Wachs-
angiogenetischen Paktoren VEGF (s.o.) und Angl (Angio- tum von Endofuelzellen stimulieren. Eine reiche Gefaßver-
poietin 1) stimuliert. Die Endothelzellen bauen zunächst sorgtmg ist für das Oberleben der Tumorzellen wesentlich
einen Zellstrang auf, reifen aus und bilden dann ein Rohr. und eine wichtige Voraussetzung fur die Metastasierung.

5.2 Lymphgefäße
- - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Flüssigkeit aus dem Extrazellulärratun der Gewebe wird Lymphknoten mit Lymphsinus (Kap. 6.3.2) ~ Lymph-
in das Lymphgefäßsystem aufgenommen und über stämme ~ Lymphgänge) den Venen oberhalb des Her-
die Lymphgefäße (Lymphkapillaren ~ Lymphgefäße ~ zens zugeführt.

Lymphgefäßsystem 8-10 n m dicken Mikrofibrillen veranke.rt, diewiederum mit


elastischen Pasern verbunden sind, welche die Lücken offen
Funktion
halten. Dort, wo Mikrofibrillenbündel an die Zellen heran-
Das Lymphgefäßsystem ist ein Drainagesystem, das aus treten, bilden diese fokale Adhärenzkontakte und eine
blind endenden Lymphkapillaren und einem System von Basallamina aus (Abb. 5.25).
stetig größer werdenden Lymphgefäßen besteht, deren
größte Stätrune (Ductus lymphatici) in die Venen oberhalb Vorkommen Lymphkapillaren: alle Organe außer ZNS,
des Herzens einmünden. Es nimmt täglich ca. 2 Uter aus Knochen, Thymus
dem ExtrazcllulärraLun der Gewebe aLlf, die Ztull größten
Teil dem BlutkreislaLlf selbst entstammen, und fiihrt sie dem
BlutkreislaLlf wieder zu. In den Lymphstrom sind die Größere Lymphgefäße
Lymphknoten als biologische Filter eingeschaltet. Die Plüs- Die Lymphe der Lymphkapillaren sammelt sich in Lymphge-
sigkeit in den Lymphgefäßen ist die Lymphe. fäßen (Kollektoren, Sammelgcfaßc), die sie in die Lymphkno-
ten (zuerst in die regionären und dann in nachgeschaltete
Sammellymphknoten) leiten. Der Wandaufbau der kleinen
Lymphkapillaren tmd mittelgroßen Lymphgefäße ähnelt dem kleinerer Venen,
Sie sind blind endende, sehr variabel gestaltete, meist relativ die dünne Muskelschicht kontrahiert sich rhydlmisch. Die
weite, schlauch- oder spaltförmige kleine Gefäße, die von Adventitia besteht aus Kollagen und elastischen Fasern.
einem sehr dünnen Endothel begrenzt werden (Abb. 5.25,
Abb. 5.26). Das Endothel ist v.a. durch zalllreiche Caveolae
Lmd walmeheinlieh von ihnen abgeleitete Vesikel gekenn-
zeichnet. Öfter finden sich auch größere Vakuolen. Die
Endothelzellen sind über Kontaktstrukturen verbunden, die
aber stellenweise fehlen. Die Endothelzellen überlappen sich
oft in ihren Randbereichen, wodurch ventilklappenähnliche
Strukturen entstehen, die geölfuet Lmd geschlossen werden
können. Durch solche Lücken können Plüssigkeit, Chylomi-
kronen, Zellen u. a. mül1clos durchtreten. Lymphkapillaren D
fehlen Perizytcn und eine durchgehende Basallarnina. In Abb. 5.25 Wandbau einer
den verbleibenden Basallaminastreifen sind Bündel aus Lymphkapillare
218 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefaße

- Klappen
Kleine und mittelgroße Lymphgefäße besitzen in relativ
dichten Abständen Klappen (Abb. 5.27), die denen der
Venen ähneln und außen von Endothel bedeckt sind. Diese
' ... * Klappen sind wichtiger Bestandteil der Lymphgefäße und
sichern den unidircktionalen Fluss der Lymphe, dessen
"Motor" v.a. rhythmische Kontraktionen ihrer Wandmus-
,_ kulatur (ca. 10/min) Lmd Bewegungen der Skelettmusku-
latur sind.

Lymphe
Die Lymphe enthält stets deutlich weniger Protein als das
Blut, aber der Proteingehalt schwankt je nach Körperregion
erheblich. In der Leber ist die Lymphe besonders protein-
reich, ihr Quellgebiet ist der Disse-Raum. Die Lymphe, die
aus dem Diinndarm abfließt, enthält nach einer Mahlzeit re-
sorbierte Fette Lmd kann milchig aussehen. An Zellen kom-
Abb. 5.26 Zwei größere Lymphkapitlaren (*)im Binde- men in ihr v.a. Lymphozyten (T-Lymphozyten überwiegen
gewebe. Das Lymphgefäß links unten ist zum Teil kollabiert deutlich gegenüber B-Lymphozyten), Makrophagen Lmd
und enthält präparativ bedingt keine Lymphflüssigkeit (helles noch Lmausgereifte dendritische Zellen vor.
Lumen); das Lymphgefäß rechts oben enthält dagegen pro-
teinreiche Lymphe, die hier rot gefärbt ist. Es wird deutlich, KUnik Aus verschiedenen Grl'lnden kann der Lymphabfluss
wie schwer auch größere Lymphkapillaren im Präparat er- behindert werden, was zu Ödembildung (Lymphödeme)
kennbar sein können. 1 Skelettmuskelzellen. Zunge, Rhesus- führt. Ursachen fi'rr solche Blockienmgen des Lymphflusses
affe; Plastikschnltt; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. sind z. B. wiederholte Entzündungen der Lymphgefäße, der
Befall mit Filarien (Nematoden) oder Tmnorbildungen.
Auch nach chinrrgischen Eingrifl"en kann der Lymphabfluss
gestört sein. Seltener ist ein angeb orener Mangel an Lymph-
Lymphstämme und Lymphgänge gefäßen, z.B. gelegentlich beim Turner- oder Klinefelter-
Es folgen Lymphst'cimme Lmd schließlich Lymphg'cinge Syndrom. Über Lymphgefäße können sich Metastasen bös-
(Ductus lymphatici), die in H erznähe in die 2 Anguli venosi artiger Tumoren ausbreiten. Metastasierende Tumorzellen
zwischen V. jugularis interna und V. subclavia einmünden. können ii.ber die meist offenen Liicken zwischen den Zellen
Die Wand der Ductus lymphatici ähnelt der vieler mittel- (s.o.) leicht in die Gefäße eintreten, Karzinomzellen kön-
großer Venen. Zu den Lymphsinus der Lymphknoten nen aber auch das Wachstwn neuer Lymphkapillaren an-
s. Kap.6. regen.

"
/
/ -
• -
---- -"""' 1

•. . . Abb. 5.27 Ein zum Lymph-

• knoten führendes Lymph-


gefäß mit Klappen. 1 Lumen
des Lymphgefaßes, ~ Klappe,
' die im Bereich ihrer Basis an-
geschnitten wurde. Mensch;
Färbung: H. E.; Vergr. 260-
fach.
5.3 Herz 219

5.3 Herz
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Die Wand des Herzens besteht- von innen nach außen- Das Erregungsleitungssystem des Herzens (Sinusknoten
aus Endokard (mit Herzklappen), Myokard tmd Epikard. -7 AV-Knoten -7 His-Biindcl -7 Tawara.Schenkel -7
Zwischen Vorhöfen und Kammern liegt das Herzskelett, Purkinje-Fasem) ist ein eigenes rnyogencs System, das
deren straffes kollagenes Gewebe die Anuli fibrosi bildet. vom Nervensystem nur moduliert wird.

Das Herz ist eine Saug-/Druckptunpe mit 2 Hälften, die un- schmalen subendothelialen Schicht aus lockerem Binde-
terschiedliche Funktionen haben, aber ständig gemeinsam gewebe mit Kollagenfasern und elastischen Fasern. Weiter
den Blutkreislauf antreiben. Die rechte Herzhälfte (.,das nach außen schließt sich eine dickere Schicht aus faserrei-
rechte Herz") nimmt das sauerstollarme Blut aus dem Kör- chem Bindegewebe an, in das glatte Muskelzellen eingela-
per auf und pumpt es in die Lunge. Die linke Herzhälfte gert sind. Noch weiter außen folgt eine gefaß- tmd nerven-
(.,das linke Herz") nimmt das aus der Ltmge kommende führende Schicht, die ztun Teil in das Myokard eindringt
sauerstollreiche Blut auf und verteilt es im Körper. und die auch Faserbiindel des Erregungsleittmgssystems
enthält (Abb. 3.3.25).
5.3.1 Wandaufbau Herzklappen Vom Endokard geht auch die Bildtmg der
Wie die Wand der Blutgefaf~e besteht die Wand des Herzens Herzklappen aus (Tab. 5.2, Abb. 5.28). Diese sind reich an
aus 3 Schichten, die Endokard, Myokard und Epikard ge- Kollagenfasern, enthalten aber auch viele elastische Pasern
nannt werden. tmd werden von Endothel überzogen. Ihnen fehlen Musku-
latur und Blutgefaße. In den Segelklappen bilden die Kolla-
Endokard genfasern auf der Seite, die Ztll11 Ventrikel weist, eine dichte
Aufbau Das Endokard besteht innen aus dem konti- Matte (.,Fibrosa"), die mehr als die Hälfte der Klappe ein-
nuierlichen Endotheltmd einer ihm unmittelbar folgenden nehmen kann. Sie ist in den Anuli fibrosi verankert tmd in

Tab. 5.2 Charakteristika der Herzklappen.

Typ der Klappen Linkes Herz Rechtl!s Herz


Segelklappen MitTalklappe zwischen linkem Vorhof und linkem Trikuspidalklappe, zwischen rechtem Vorhof und
Ventrikel rechtem Ventrikel

2 Segel, Chordae tendineae 3 Sege~ Chordae tendineae

Taschenklappen Aortenklappe zwischen linkem Ventrikel und Aorta Pulmonalklappe zwischem rechtem Ventrikel und
Truncus pulmonalis

3 Taschen 3 Taschen

Abb. 5.28 Längsschnitt


durch die linke Herzwand.
1 relativ dünnes Myokard des
Atriums; 2 Lumen des Atri-
ums; 3 Segel-(Mitral-) Klap-
3
pe; 4 muskelstarkes Myokard
des Ventrikels; 5 Lumen des
Ventrikels; 6 Koronararterie
im Epikard; 7 Fettgewebe im I
Sulcus coronarius. Rhesus-
affe; Färbung: H. E.; Vergr. 5
5-fach.
220 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

sie strahlen die Chordae tendineae ein. Auf der atrialen Sei-
te ist das Bindegewebe locker ("Spongiosa") tmd proteogly-
kanreich. Die Chordae tendineae sind feine Sehnen, die von
den Papillarmuskeln entspringen tmd an der Unterseite der
Segelklappen inserieren (Abb. 5.29). Die Taschenklappen
sind di.inner als die Segelklappen tmd enthalten auf der
vaskulären Seite besonders viele kollagene und elastische
Fasern (Abb. 5.30). Ihre Taschen hängen wie Schwalben-
nester an der Innenwand der großen Gefäße.

Klinik Wochen nach einem Racheninfekt mit ß-hämoly-


tischen Streptokokken der Gruppe A kann akut rheuma-
tisches Fieber auftreten, das zur Entziindtmg der Herz-
muskulatm (Myokarditis) tmd insbesondere auch der
Herzklappen führen kann. Nach Abheilen können die Klap-
pen vernarben und dann nicht mehr dicht schließen.

Myokard
Abb. 5.29 Ansatz der Chordae tendineae (~) an der Das Myokard besteht aus komplex angeordneten Herzmus-
Unterseite einer Bikuspidalklappe (*)· Präparat Dr. med. kelzellen (Kardiomyozyten, Kap. 3). Die Herzmuskelzellen
Tobias Lahmer. Schwein; rasterelektronenmikroskopisches bilden lange verzweigte Ketten (Fasern), die im Myokard in
Präparat, Vergr. 43-fach. unterschiedlichen Richtungen verlaufen. Die Ausrichtung

Abb. 5.30 Schnitt durch eine geöffnete Pulmonalklappe. Abb. 5.31 Epikard. Flaches Epikardepithel (-+),unter
Die Klappe (1) ist geöffnet und weist in den Truncus pulmo- dem sich eine feste Schicht aus Kollagenfasern und dann
nalis (2) hinein. 3 Anulus fibrosus. Auf der Gefäßseite ist Fettgewebe befindet. Mensch; Färbung: Goldner, Vergr. 250-
eine schmale dichte Schicht aus Kollagenfasern ausgebildet. fach.
Schwein; Färbung: Masson-Trichrom, Vergr. 25-fach.
5.3 Herz 221
moduliert das Nervensystem lediglich den autonomen
Rhythmus mit seiner Prequenz von 60 -70/min.
c
Abb. 5.32 Kollagenreiche Bestandtei le Das Erregungsbildungs- tmd -leittmgssys-
Narbe. tem (.,Reizleitungssystem") besteht aus:
• Sinusknoten: Er liegt an der Einmiindung der oberen
Hohlvene in den rechten Vorhof tmd ist der Schrittma-
ist optimal an die Hcr7funktion angepasst. Die Kardiomyo- cher der Erregung des Herzens. Der Name Sinusknoten
zyten sind in den Pasern durch komplexe Zellkontakte geht auf den Sinus venosus der Pisehe und den embryo-
(Glanzstreifen, Kap. 3.3) verbunden. Einige Herzmuskelzel- nalen Sinus venosus zurück, in dessen Bereich dieser
len besitzen endokrine Punktion (Kap. 3.3). Das Myokard ist Knoten liegt.
reich an Blutkapillaren, in denen das Blut fast nur während • Atrioventrikularknoten (= AV -Knoten): Er ist wie der
der Diastole fließen kann. Die myokardialen Arteriolen und Sinusknoten besonders gut durchbl utet. Sein GC\vebe ist
epikardialen Arterien besitzen physiologische Besonderhei- reich an Bindegewebsfasern. Die Zellen sind durch ein be-
ten und können die Durchblutung ideal dem Sauerstoff- sonders dichtes Geflecht von vegetativen Nervenfasern
bedarf des Myokards anpassen. wnsponnen, die die angeborene Her7frequenz steigern
(Sympathikus) oder herabsetzen (Parasympathikus) kön-
Merke Die Durchblutung des Myokards findet in der nen.
Diastole statt! • His-Bündel (= Atrioventrikularbündel = AV· Biindel): Es
ist die einzige Struktur, die das Herzskelett überbrückt.
• Tawara -Schenkel: Es gibt einen rechten und einen linken
Epika rd Tawara-Schenkel, der linke Schenkel spaltet sich rasch in
Das Epikard ist eine außen dem Myokard anliegende Binde-
2 große Paszikcl.
und Fettgewebsschicht, die von einem flachen Epithel (Me-
sothcl) bedeckt wird. Das Epikard ist das viszerale Blatt des
Herzbeutels (Lamina visceralis pericardii). Hier verlaufen
die großen Blutgefaßc, die i. A. von Fettgewebe umgeben
sind (Abb. 5.31).

Klinik Wenn Erkrankungen der Her7kranzarterien (Koro-


nararterien), vor allem die Atherosklerose mit Verengung
des Gcfaßlwnens, die Sauerstoffversorgtmg des Herzmus-
kels behindern oder unterbrechen, kann ein Myokardin-
farkt entstehen. Da die Herzmuskulatur dann abstirbt und
nicht regeneriert, wird der betroffene Bezirk durch kollagen-
faserreiches Narbengcvvebe ersetzt, wenn der Infarkt über-
lebt wird (Abb. 5.32).

5.3.2 Herzskelett
Das Herzskelett trennt die Herzmuskulatur der Vorhöfe von
der der Kammern (lediglich das His-Biindcl überbriickt das
Herzskclett) und dient dabei beiden als Ursprungsort Es be-
steht aus straffem kollagenem Bindegewebe, das im Bereich
der Herzöffnungen (Ostien) feste Ringe, die Anuli fibrosi,
bildet, an denen die Segelklappen und die Taschenklappen
(Abb. 5.30) verankert sind. Die 2 Trigona fibrosa sind Bin-
degewebszwickel, die dort entstehen, wo die Paserringe der
Segelklappen mit dem der Aortenklappe zusammentreffen.
In ihnen kommen faserknorpelartige Areale vor.

5.3.3 Erregungsbildungs- und


Erregungsleitungssystem
Funktion Im Herzen entwickelt sich aus besonderen
Herzmuskelzellen ein eigenes System, das spontan elektri-
sche Impulse aussendet, die die Kontraktion des Arbeits-
myokards auslösen. Somit hat das Herz sein eigenes myo-
genes System (Errcgungsautonomie des Herzens), das
Erregungen bildet und weiterleitet. Dieses System koordi-
niert d ie Kontraktion von linkem und rechtem Herzen und
die Abfolge der Kontraktionen von Vorhöfen und Kam- Abb. 5.33 Purki nj e-Fasern (~)zwischen Endokard (E)
mern (Abb. 3.3.24). Die Kontraktionen der Skelettmuskula- und Myokard (M) im linken VentrikeL Schwein; Färbung:
tur sind dagegen vom Nervensystem abhängig. Im H erzen Masson Trichrom, Vergr. 250-fach.
222 5 Organe des Kreislaufs und Lymphgefäße

• Purkinje-Fasern: Sie bestehen aus relativ dicken und hel- Zellmorphologie Die Zellen des Erregungsbildtmgs- tmd
len Zellen des Erregungsleitungssystems (Abb. 5.33), die -leitungssystem sind arm an Myofibrillen un d reich an Gly-
untereinander und mit dem Arbeitsmyokard über Nexus kogen (Kap. 3.3.3). Sie sind untereinander auch über Nexus
(Gap )unctions) verknüpft sind. Die Erregung der Pur- mit tmterschiedlichem Conncxinmuster verbunden tmd
kinje-Fasern erreicht zuerst die Papillarmuskcln, die über sind im Sinus- und AV-Kn oten schlanker, in den Purkinje-
die Chordae tendincae mit den Segelklappen verbtmden Fasern aber dicker als die Zellen des Arbeitsmyokards.
sind, und dann das Myokard der Kammerwände.

Merke Sinusknoten und AV-Knoten sind nicht über


C OS Lernhinweise zu KapitelS
Strukturen des erregungsbildenden Systems, sondern
über das Arbeitsmyokard der Vorhöfe verbunden.
KAPITEL

Immunsystem (lymphatisches
System, Abwehrsystem)
6.1 Angeborenes (unspezifisches) 6.2.3 Aktivierung der 8- und T-Lymphozyten
Immunsystem • • • • 0 0 • 0 0 0 ••••• 0 •••• 223 und Ablauf der Immunantwort 0 • 0 •• 0 0 •• 233

6.2 Erworbenes (adaptives = spezifisches) 6.3 Lymphatische Organe ............... 233


Immunsystem • • • • • 225
0 • 0 0 ••••••••• 0 •
6.3.1 Primäre lymphatische Organe • 234
• 0 ••• 0 0 • 0

6.2.1 8- und T-Lymphozyten ............... 226 6.3.2 Sekundäre lymphatische Organe 237 0 0 • 0 ••••

6.2.2 Antigenpräsentation • 229


• • • 0 • • ••••••• 0 •

Das Immunsystem schützt den Menschen vor vielfältigen zählen, ltnd leitet Maßnahmen zu ihrer Bekämpflmg ein.
schädlichen Einwirklmgen ltnd Gefahren, die von der be- Das Immlmsystem begrenzt mlthiJfc der Entzündungs-
lebten, aber auch der unbelebten Umwelt ausgehen können. reaktion den Schaden, den die Krankheitserreger anrich-
Es wird überwiegend durch verschiedene Zellen repräsen- ten. Es richtet sich nicht gegen körpereigene Zellen und
tiert, z. B. Makrophagen, Neutrophile und Lymphozyten. Gewebe.
Es bedient sich aber auch anderer Mechanismen, z. B. spe- Das Immunsystem lässt sich in 2 miteinander kooperie-
zieller im Blut und in anderen Körperflüssigkeiten gelöster rende Anteile gliedern: das angebo rene (= unspezifische)
Proteine und anderer chemischer Stoffe. Die Zellen des Immunsystem und das erworbene ( =adaptive =spezifische)
Immunsystems erkennen auf verschiedene Art und Weise, Immunsystem.
insbesondere mit speziellen Rezeptoren, z. B. die Toll-like- Beide Anteile des Immunsystems sind fast ubiquitär im
Rezeptoren, die T-Zcll-Rczeptoren ltnd die B-Zell-Rezep- Körper präsent. Es gibt jedoch auch eigene lmrnunorgane,
toren, potenzielle Krankheitserreger (Pathogene), zu denen die lymphatischen Organe, die strategisch angelegte Zentren
Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen und vierzellige Parasiten der Abwehr sind.

6.1 Angeborenes (unspezifisches) Immunsystem


_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Das angeborene (= ltnspczifischc) Immunsystem lunfasst virusinfizierte Zellen und Tumorzellcn. Die dendritischen
folgende Abwehrzellcn: Makrophagen, neutrophile Gra- Zellen stellen eine wichtige Brücke zum adaptiven Im-
nulozyten, eosinophilc Granulozyten ltnd natürliche Kil- munsystem dar.
lerzcllen. Außerdem gehören zu diesem Teil des Imrnlm- Viele der Zellen des angeborenen Immunsystems besit-
systcms u. a. antimikrobielle Pcptide (Defensine, Lysozym, zen Rezcptormolcklüc ("pattcrn-rccognltion receptors" =
u. a.), die in vielen Epithelzellen gebildet werden, Schleim- PRRs), die krankmachende molekulare Muster ("patho-
schichten, der mukoziliärc Apparat, Hornschichten, Ma- gen-associated molccular patters" = PAMPs) auf Mikro-
gensältre sowie in mancher Hinsicht dendritische antigen- organismen erkennen. Zu diesen Mustern zählen wichtige
präsentierende Zellen und Mastzcllcn. Makrophagen und Virulenzfaktoren von Mikroo rganismen, z. B. Lipopoly-
Neutrophile phagozyticren und töten generell alle poten- saccharidegramnegativer Bakterien. Körpereigene Prote-
ziellen Krankheitserreger. Eosinophile bekämpfen Proto- inmuster und Proteinmuster gutartiger Mikroben werden
zocn und ganz besonders Würmer und Wurrnlarven, z.B. nicht angegriffen. Zu den PRRs gehören z. B. die weit ver-
die Schistosomula-Larven. Natürliche Killerzellen töten breiteten Toll-like·Rczeptorproteine.

Das angeborene Immunsystem ist ein phylogenetisch altes wird in Porm einer Entzün dungsreaktion erkennbar. Ihm
Abwehrsystem und beim Menschen schon vor der Geburt stehen eine ganze Reihe von verschiedenartigen Abwehr-
aktiv. Es richtet sich generell gegen ein breites Spektrum ge- mechanismen zur Verfügung:
fährlicher, krankmachender Bakterien, Viren, Pilzen, Proto- • zelluläre Komponenten (Abb. 6.1)
zoen und Parasiten. Es reagiert, auch bei einer Erstinfektion, • lösliche Komponenten
sofort und unspczifisch auf eine Infektion (das erworbene • andere.
Immunsystem erst nach 4 - 7 Tagen), lmd seine Tätigkeit
224 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

Makrophagen, Bekllmpfung von pathogenen


Neutrophlle - Mikroorganismen, u.a.
Granulozyten von Bakterien und Pilzen
dendrltisdle
Zellen - lnterieukine
eosinophile _ Beldlmpfung von
Granulozyten Wurmparasiten
Mastzellen - lnteneuklne
natürliche _ Toten von virusinfizierten
Killerzelen Zellen
Eplthelzslen - antimikrobielle Peptide

B-LyrnphoZ:yl8n _ Sekratiotl von


bzw. Plasmazellen AntlkOrpem

T-Lymphozyten

a) C04-poeitive
T-Lymphozylen Sekretion von IFN-y, TNF·a. TNF-p,
1. TH1·Zellen . _ aktivieren
IL-2, Fas-Ugand, MCP-1,
Makrophagen bei
Hllfszellen der B- und Entzündungsreaktionen
T-L.ymphozyten:
Makrophagen, Sekretion von IL-4, IL-10,1L-5,
antlgenprlaentlerande 2. TH2-Zelen, IL-6, TGF-p, aktivieren
Zellen (= APZ) Hetfer-T- - • B-LymphoZyten,lnduzleren
Lymphozyten lsotyp-Swltchlng
Toten IntrazellulAre Bakterien,
b) ~ virusbefallene Zellen, bösartige
ZJ'totoxilche - Tumorzellen sowie parasitische
Rymphozytan Protozoen, Induzieren Apoptose
der Zielzellen
c) awcoB-.
C025-poeltiYe Aufreclrtert1altl.lng dler
reglhtorlsche _.,. peripheren Toleranz
Rymphozytan
Abb. 6.1 Zellen des Immunsystems.

PRR und PAMP außerdem Zytokine und Chemokine (s. u.). Neben diesen
Funktionen, die Teil der unspezifischen Immunantwort
Die Zellen des angeborenen Immunsystems besitzen gene- sind, leisten Makrophagen einen entscheidenden Beitrag
tisch detenniniert Rezcptormoleknle, die krank machende zur spezifischen Immunantwort, indem siez. B. IL-1, TNF,
molekulare Konfigurationen von Mikroorganismen erken- IL-12 und IL-6 produzieren und somit g-anz wesentlich an
nen. Diese Rezeptoren heißen generell "pattern-recognition der antigenspezifischen Aktivierung von B- tmd I-Lym-
receptors" = PRRs. Zu ihnen gehören zahlreiche Proteine, phozyten beteiligt sind. Sie können in gewissem Maß auch
darunter Collectine und die leutinreichen Toll-like-Rezep- Antigenbruchstücke präsentieren.
toren (TLR, "toll-like", weil sie dem zuvor entdeckten Toll-
ProteiD von Drosophila ähneln). Die TLR kommen auch Dendritische Zellen Verschiedene Typen dendritischer
auf vielen Epithelzellen und auf T - tmd B-Lymphozyten Zellen entstammen der myeloiden tmd lymphoiden Zell-
vor. Krank machende (pathogene) molekulare, zum Teil linie des Knochenmarks. Ausgereift dienen sie dem adap-
viele htmdert Millionen Jahre alte Motive von Mikroorga- tiven lmmtmsystem tmd sind die wichtigsten antigenprä-
nismen werden "pathogen-associated molecular patterns" sentierenden Zellen. Die interdigitierenden dendritischen
(= PAMPs) genannt. Ein Beispiel sind die Lipopolysaccha- Zellen (IDC, Abb. 6.8) aktivieren die T -Lymphozyten, die
ride gramneg-ativer Bakterien. follil'UI.ären interdigiticrenden Zellen stimulieren die B-
Lymphozyten. Die plasmazytoiden dendritischen Zellen
Zellen des angeborenen Immunsystems beeinflussen NK- und T"l-Zellen (s.u.). Unausgereift sind
die interdigitierenden und die plasrnatoiden dendritischen
Ma krop hagen Makrophagen (Kap. 3.2..3) differenzieren Zellen wichtige Zellen des angeborenen lmmtmsystems, in-
sich aus Monozyten und finden sich überall im Körper. Sie dem sie bei Infektionen massiv Chernokine und auch Inter-
phagozytieren zugrunde gegangene körpereigene Zellen so- feron (IN F-a), sezernieren und damit die angeborenen Ab-
wie Fremdkörper und töten potenzielle Krankheitserreger wehrreaktionen in Gang setzen.
(s. a. Abb. 3.2.6). Die PhagoZytose wird dadurch erleich-
tert, dass diese Zellen Fragmente von Komplementfaktoren Natürliche Kille rzellen NK-Zellen haben zahlreiche
(s. u.) erkennen und binden können, die sich an extrazellu- Funktionen. Sie phagozytieren nicht, erkennen aber z. B.
läre Bakterien angelagert haben. Makrophagen sezernieren den Fe-Teil von IgG und über den TLR molekulare Motive
6.2 Erworbenes (adaptives~ spezifisches) Immunsystem 225

krank machender Mikroorganismen. Im Rahmen der ange- Lösliche Komponenten


borenen Immunität töten sie Zellen, die kein oder kaum
Komplementfa ktoren Komplementfaktoren sind Plas-
MHC-Klasse-I-Protein exprimieren, z.B. maligne Tumor-
maproteine, die eine Kaskade proteolytischer Re-aktionen
zcllen. Sie attackieren auch transplantierte Zellen und virus-
an der Oberfläche pathogener Krankheitserreger auslösen
infizierte Zellen (s. a. Kap. 4.2.2).
und diese zerstören. Bestimmte Fragmente dieser Plasma-
proteine binden an die Oberfläche der Krankheitserreger
Neutrophile Sie besit7.en T LR und Rezeptoren für akti-
und erleichtern deren Phagozytose (s.o.).
vierte Komplementfaktoren. Neutrophile können phagozy-
tieren und verschiedene bakterizide Stoffe und mikrobizide
Zytokine Sie sind kleine Proteine, die von Zellen abgege-
Superoxidradikale freisetzen. Oie Superoxidradikale schä-
ben werden und das Verhalten anderer Zellen beeinflussen.
digen das Gewebe und set1.en die Entzündungsreaktion in
Hierzu gehören u.a. die Interleukine, Interferone und Tu-
Gang (s.a. Kap. 4.2.1).
mornekrosefaktor. Von Lymphozyten produzierte Zytoki-
ne werden manchmal Lymphokinegenannt. Aber auch an-
Eosinophile Sie attackieren verschiedene Parasiten (z. B. dere Zellen, z. B. Mastzellen, Fibroblasten und Nierenzellen,
Fadenwürmer und Schistosomulalarven) und töten sie mit produzieren Zytokine: So bilden Nierenzellen Erythropoie-
zytotoxischen Stoffen. Ihre Abwehrmechanismen sind sehr tin, das die Erythrozytenbildtmgstimuliert.
komplex und werden Ztun Teil von T -H elferzellen reguliert
(s.a. Ka p. 4.2.1). Chemokine Zytokine, die die W anderung und Aktivierung
von Zellen, speziell phagozytlerenden Zellen und Lympho-
Mastzellen (und Basophile) Sie erkennen bakterielle zyten, stimulieren, heil3en auch Chemokine. Sie werden von
PAMPs tmd setzen daraufhin u.a. T umornekrosefaktor a Makrophagen, interdigitierenden dendritischen Zellen, Fi-
(TNFa), IL-6 und Interfero n y (JPNy) frei. Neben ihrer Ef- broblasten, Endothclzcllen, 1hrombozyten, T-Lymphozyten
fektorftmktion bei allergischen Krankheiten haben sie also u. a. Zellen abgegeben, binden an G-Protein-gekoppelte
entscheidende Ftmktionen bei der Abwehr von Pathogenen Rezeptoren tmd spielen eine wesenllichc Rolle bei Entzün-
und spielen eine wichtige Immunregulatorische Rolle bei dtmgsreaktionen.
Prozessen wie Wundheihmg, Ttunorkontrolle und Trans-
plantattoleranz (s. a. Kap. 3.2.3).
Weitere Abwehrmechanismen
Epithelzellen Viele Epithelzellen, z. B. der Epidermis, der Weitere Abwehrmechanismen des angeborenen Immun-
Atemwege, des Darms und der Harnwege, bilden antimik- systems sind schützende Oberflächenstrukturen (z.B. die
robielle Peptide, z. B. Defensinc, Lysozym und Lactoferrin. Hornschicht der Haut und die Glykokalyx an der Oberflä-
Außerdem bilden Epithelien verschiedenartige mechani- che von Epithelien), mukoziliäre Apparate, die Magensäure,
sche Barrieren auf. saure Hydrolasen, NO LL v.a.m.

6.2 Erworbenes (adaptives= spezifisches) Immunsystem


___________________________________ ZurOrientierung -----------------------------------
Das erworbene Immunsystem bekämpft ganz spezifisch körperfremdes Antigen mithilfe eines Antigenrezeptors.
jeweils bestimmte krank machende Bakterien, Viren, Pilze, Dieser Rezeptor (B- bzw. T-Zell-Rczcptor) tritt in zahl-
Protozoen, Parasiten oder auch virusbefallene Körperzel- losen molekularen Varianten auf, sodass praktisch alle
len oder bösartige Tumorzcllen. Ein essenzielles Merkmal potenziell infrage kommenden Antigene der Umwelt er-
des erworbenen Jmmtmsystems ist, dass es körpereigene kannt werden können. Wahrscheinlich können ca. 10 12
und körperfremde Molektile unterscheidet und sich nor- verschiedene Antikörper gebildet werden. Dass dabei kei-
malerweise nicht gegen körpereigene Moleküle richtet. ne körpereigenen Moleki.ile (Antigene) gebunden werden,
Die Auslöser einer adaptiven hrummreaktion werden wird dadurch verhindert, dass Lymphozyten mit Rezepto-
auch als Antigene bezeichnet. Bei Erstkontakt mit einem ren, die körpereigene Molekülkonfigurationen erkennen
Antigen wird die Reaktion des adaptiven Immunsystems und angreifen, meistens vor Abschluss ihrer Reifung eli-
(im Gegensatz ztun angeborenen Immtmsystem, das so- miniert werden (klonale Deletion). B-Lymphozyten bedie-
fort re-agiert) erst nach 4-7 Tagen sichtbar, weil es erst ak- nen sich bei der Abwehr der Antikörper, T -Lymphozyten
tiviert werden muss, bei allen folgenden Kontakten mit besitzen ein sehr differenziertes Arsenal von Signalen oder
demselben Antigen aber sehr schnell. Es entwickelt sich in direkt auf z.B. virusbefallene Zellen gerichtete tödliche
früher Kindheit, aber im Prinzip das ganze Leben lang in Moleki.ile.
Anpasstmg an spezifische Antigene. Oft verleiht das adap- Ein Charakteristikum des adaptiven Immunsystems ist
tive Immtmsystem lebenslangen Schutz (lebenslange Im- sein "Gedächtnis«, mit dessen Hilfe es Krankheitserreger
munität) gegen Reinfektion mit einem Antigen. bei einer Reexposition rasch wiedererkennt und bekämpft,
Wesentliche Trager des Systems sind die Lymphozyten, sodass die Krankheit nicht erneut ausbricht (Immunität).
insbesondere die beiden potenziell infrage kommenden Das Gedächtnis ist in spezifischen B-tmd T -Gedächtnis-
Haupttypen, die 8 -Lym phozyten und die T-Lymphozy- zcllen lokalisiert. Bei Rccxposition vermehren sich die für
ten . Beide gehen auf eine gemei nsame Vorläuferzelle im dieses Antigen spezifischen Lymphozyten mittels klonaler
Knochenmark zurück und beide binden ihr spezifisches, Selektion innerhalb weniger Tage.
226 6 Immunsystem (Lymphatisches System, Abwehrsystem)

6.2.1 8- und T-Lymphozyten Oberflächenmolekiile in der Lage, ein Antigen direkt zu


erkennen und darauf zu reagieren. Meistens benötigen sie
8-Lymphozyten (8-Zellen, Kap. 4.2.2) jedoch die zusätzliche Stimulation durch TH2-Helferzellen
Sie machen ca. 20% der Blutlymphozyten und 80% der Milz- und follikuläre dendritische Zellen. Nur wenige, CD5-po-
lymphozyten aus. In Lymphknoten und Milz leben B-Zcllen sitive B-Lymphozyten (BI-B-Lymphozyten) proliferieren
zumeist nur wenige Tage, in Schleimhäuten und Knochen- ohne I-Helferzellen und reagieren auch ohne sie effektiv
mark können sie monate- und wahrscheinlich jahrelang am auf bakterielle Lipid- und Polysaccharidantigene. B-Lym-
Leben bleiben. Die primäre Punktion ausgereifter B-Zellen phozyten können auch Antigene prozessieren und präsen-
(Plasmazcllen, s. a. Kap. 3.2.3, Abb. 3.2.8 und Abb. 3.2.9) ist tieren. Unter Prozessieren versteht man die Aufnahme und
die Bildung von speziellen Proteinen, die der Abwehr dienen zelluläre Verarbeitung von Antigenen. Teile der Antigene
und die Antikörper (lnuuunglobuline = Ig) genannt werden. werden dann in die Plasmamembran eingebaut und zusam-
men mit MHC-IT-Molekiilen den I-Helfer-Lymphozyten
.,prasentiert".
Entwicklung
B-Zellen entwickeln sich zunächst im primären lympha- Antikörper
tischen Organ Knochenmark, tmd zwar zuerst völlig unab-
hängig von Antigenen. Sie werden in diesem Stadium "un- Ausdifferenzierte B-Lymphozyten (Piasmazcllcn) produzie-
reif' genannt. Wenn sie das Knochenmark verlassen, tragen ren Antikörper (Immunglobuline, Ig) und geben sie zumeist
sie an ihrer OberUäche Imrmmglobulinmoleküle (slg = ins Blut ab (sie sezernieren wahrscheinlich bis zu 2000 Anti-
"surface Imrnunoglobulin"), die als Antigenrezeptoren der körpermolekiile pro Sekunde). B-Lymphozyten sind somit
B-Zellen fungieren (B-Zell-Rezcptor). Diese Ig-Molekiile die Träger der spezifischen humoralen Immunantwort (hu-
(speziell IgD und IgM) sind Teil eines Komplexes, dem noch mor [griech.] = Fliissigkeit, die Antikörper llnden sich über-
a- tmd ß-Signai-Molekiile angehören, die Informationen in wiegend in der Blutiliissigkeit).
das In nere der Zelle weitergeben. Die B-Zcllen sind jetzt reif,
aber naiv, weil ihre Rezeptoren noch keinen Kontakt mit Funktion Antikörper verbinden sich mit ihrem spezifi-
einem Antigen hatten. Sie wandern zu den sekundären lym- schen Antigen und leiten seine Zerstörung ein. Beispiels-
phatischen Organen, also vor allem in die Lymphknoten, in weise wird ein antikörperbedecktes Bakterium von Makro-
die tvlilz, in die Tonsillen und in die Peyer-Plaques. Hier in- phagen oder NeutraphiJen erkannt und phagozytiert oder
teragiert das slg eines B-Lymphozyten mit seinem spezifisch durch chemische Mechanismen im Bindegewebe abgetö-
zu ihm passenden Antigen, das ihm meistens von den folli- tet. Antigen-Antikörper-Komplexe können außerdem das
kulären dendritischen Zellen präsentiert wird. DieB-Zellen Komplementsystem aktivieren.
werden jetzt aktiviert (ein Vorgang, bei dem auch T -Helfer-
zellen eine aktive Rolle spielen), was zur Plasmazellbildung Aufbau Antikörper sind Y-forrnig gebaut (Abb. 6 .2). Je-
führt (klonale Expansion). Plasmazellen besitzen keine des Antikörpermolekül enthält 4 Polypeptidketten: 2 iden-
Oberflächeninuuunglobuline mehr und erfüllen die Haupt- tische leichte Ketten (ca. 220 Aminosäuren) und 2 identi-
aufgabe der B-Zellen, nämlich die Antikörperproduktion sche schwere Ketten (ca. 440 Aminosäuren). Die 4 Ketten
und -sekretion. werden dmch nicht kovalente und kovalente (Disulfid-)
Bindtmgen zusanuuengchalteo. Jede Kette setzt sich aus
Gedächtniszellen Gleichzeitig mit der Aktivierung der konstanten und variablen Anteilen zusammen. Die kons-
B-Zellen entstehen auch B-Gedächtniszcllen, die nicht zu tanten Regionen der schweren Ketten bilden die Schwanz-
Plasmazellen werden und lange überleben können. Sie region (Fe-Region), die je nach Antikörperklasse (s. u.) an
garantieren, dass die hruuunantwort im Fall einer erneuten Makrophagen oder andere Zellen oder Komplementfak-
Infektion wesentlich schneller abläuft als beim ersten Mal. toren binden kann. Die variablen Regionen beider Ketten-
typen bilden 2 gleichartige Antigenbindungsstellen (Pab).
Die Diversität der variablen Regionen ist zumeist auf 3 klei-
Morphologie und Funktion ne Stellen, die hypervariablen Regionen, beschränkt. Diese
Naive B-Lymphozyten sind kleine, etwa 6 - 8 f.liU große Zel- hypervariablen Regionen umfassen nur 5-10 Aminosäu-
len mit heterochromatinreichem rundlichem Kern, der von ren. Daher sind auch die Antigendeterminanten, die ein
einem schmalen Zytoplasmasaum tungeben ist (Abb. 4.18, Antikörper erkennt, relativ klein, und sie bestehen oft nur
Abb. 4.19). Ihr Organellenbestand ist spärlich. Durch Anti- aus wenigen (bis gut 20) Aminosäuren an der Oberfläche
genkontakt aktivierte B-Lymphozyten sind größer und ha- eines globulären Proteins. Die variable Aminosäurezusam-
ben eine hellere Kernstruktur. mensetzung der hypervariablen Regionen ist die Ursache
für die Vielzahl der Antigenbindungsstellen.
BCR, Oberflächenproteine Der B-Zell-Antigen-Rezcptor
(B-Zell-Rezeptor, BCR) ist eine membranständige Form Vielfalt der Antikörper und somatische Hypermuta-
von IgM- und IgD-Immunglobulinen (s. u.). Er erkennt tion Das adaptive Inununsystem hat ein paar einzigartige
ganze Antigene, im Gegensatz zum I-Zell-Antigen-Rezep- genetische Mechanismen entwickelt, um eine riesige Viel-
tor, der nur prozessierte Antigenbruchstücke erkennt. Au- falt verschiedener leichter und schwerer Ketten, die die
ßerdem tragen die B-Lymphozyten z.B. Zytokinrezcptoren essenziellen Komponenten der Antikörpermolekiüe sind,
und Rezeptoren für aktivierte Komplementkomponenten. zu bilden. So können getrennte Gensegmente, die für die
Kodierung der Antikörperkomponenten verantwortlich
Funktion Die primäre Funktion ausgereifter B-Zellen sind, in verschiedener Weise zusammengefügt werden, be-
(Piasmazcllen, Abb. 3.2.8 und Abb. 3.2.9) ist die Bildung vor sie transkribiert werden. Ein weiterer Mechanismus,
von Antikörpern. Prinzipiell sind B-Zellen dtrrch ihre der zur enormen Vielfalt der Antikörperspezifität führt:, be-
6.2 Erworbenes (adaptives - spezifisches) Immunsystem 227
Antigen- variable Region Antigen- einem spezifischen ProteiD, der sekretorischen Kompo-
bindungsstelle der schweren Kelte bindungsstelle
nente, durch das Epithel in das Lumen der Drüse bzw. des
'
' ''
hypervariable • ~- Darm- bzw. Atemtrakts transportiert.
Regionen \ • Antikörper der Klasse IgD finden sich als Antigenrezep-
:1 Gelenk-
toren auf der Oberfläche reifer, naiver B-Lymphozyten,
'' '' die damit in die Lage versetzt werden, auf fremde Antige-
'
~
ne zu reagieren.
/ ' ' ',,
• Antikörper der Klasse IgE sind normalerweise nur in ge-
variable Region ringer Menge im Plasma vorhanden. Sie sind aber bei All-
der leichten Kette leichte Kelte ergikern stark vermehrt. Sie binden mit ihrer Fe-Region
DisulfldbrOcken •• an einen Fe-Rezeptor auf Mastzellen und Basophilen.
--- •• -· 'schwere Kette
Binden Antigene an IgE-Molckülc auf Mastzellen, werden
diese Zellen aktiviert und sezernieren biologisch aktive
Fc-(Schwanz-)
Region Amine, speziell Histamin, und verschiedene Zytokine. Als
a Folge werden u.a. Venolen weit gestellt Lmd durchlässig
für Blutflüssigkeit (Ödembildung). Dies erleichtert Leu-
Antigen- kozyten, An tikörpern und Komplement in einer Entzün-
bindungsstelle
' dungsregion den Austritt in das Gewebe. Mastzellen se-
a.-Kelte , "',. •I ---- " -----I _. ~-Kette
zernieren außerdem Faktoren, die Eosinophile anlocken.
'•
Diese Zellen haben auch Pc-Re1.cptoren, die IgE binden,
Lmd töten Parasiten, insbeso ndere, wenn diese mit IgE
bedeckt sind. Das aus Mast1.cllen freigesetzte Histamin
ist für die typischen Symptome einer Allergie verant-
wortlich, z.B. Hau~ucken, -schwellung Lmd -rötung,
konstante Region
Schwellung der Nasenschleimhaut, Abgabe wässrigen Na-
sensekrets, EntzündLmg der Ko njunktiva und Bronchial-
spasmus.
• Antikörper der Klasse IgG sind am häufigsten; sie werden
von Plasmazellen in den sekundären lymphatischen Or-
' , zytoplasmatischer ganen (Lymphknoten, Tonsillen, Peyer-Piaques im Darm,
b Schwanz Milz) gebildet. Ihre Pe-Region bindet Komplement. IgG
Abb. 6.2 Aufbau von Antikörper und T-Zell-Rezeptor. sind die einzigen plazentagängigen Antikörper. Sie sind
a: Antikörper bestehen aus 2 identischen leichten und auch in der Muttermilch enthalten, werden im Darm des
2 identischen schweren Polypeptidketten. b: T-Zell-Rezep- Säuglings aufgenommen und schützen ihn gegen Infek-
toren bestehen aus 2 unterschiedlichen Polypeptidketten. tionen.
• Antikörper der Klasse IgM finden sich als Antigenrezep-
toren auf der Oberfläche unreifer naiver B-Lymphozyten.
lgM ist die erste Antikörperklasse, die bei einer adaptiven
ruht darauf, dass leichte und schwere Ketten unterschied- Immunantwor t produziert und sezerniert wird. Wie IgG-
lich kombiniert werden kö nnen. Die schon ausgereiften binden auch IgM-Antikörper Komplementfaktoren. Vie-
und stimulierten B-Lymphozyten besitzen dann noch einen le B-Zellen stellen die IgM-Bildung nach kurzer Zeit
Mechanismus, die Spezifität der Antikörper zunehmend zu auf eine andere Antikörperklasse um (Antikörper-Swit-
verfeinern: ein Prozess, der somatisch e Hypermutation ching).
oder Affinitätsreifung genannt wird. Die Affinitätsreifung
beruht auf zufaJ.Iigen Punktmutationen der Gensequenzen, Antikörper-Switching B-Lymphozyten tragen zuerst ihre
die für die variablen Abschnitte der schweren Ketten und Antikörper als Rezeptorproteine auf der Zelloberfläche.
der leichten Ketten zuständig sind. Solche Mutationen tre- Nach Aktivienmg durch ein An tigen stellt die Zelle sich tllll
ten ca. einmal pro leichter Kette pro Zellgeneration auf. Lmd sezerniert die Antikörper, die ihre Spezifität behalten,
Dies istviel häufiger als die spontane Mutationsrate anderer in den ExtrazellulärraLlll1. Es gibt weitere solcher Umstel-
Gene, daher der Begriff "Hypermutation". Nur wenige lungen, die mit dem Begriff "Switching" bezeichnet werden.
dieser Punktmutationen bringen eine Affinitätsverbesse- Ein B-Lymphozyt bildet zuerst membranständiges lgM,
rung. Diejenigen aber, die die Spezifität verbessern, bringen dann bildet er zusätzlich membranständiges IgD. Nach
B-Lymphozyten einschließlich ihrer Gedächtniszellen einen Antigenkontaktsezernieren sie IgM, später stellen sich viele
Vorteil und schützen den Körper zunehmend besser vor B-Lymphozyten auf die Sekretion von IgG, IgA oder IgE
Pathogenen. um.

Antikörperklassen Es gibt 2 Typen leichter Ketten (A, K)


und 5 Typen schwerer Ketten (a, ö, e, y und J.i). Anband des
T-Lymphozyten (T-Zellen, Kap. 4.2.2)
Typs der schweren Kette werden Antikörper in 5 Klassen T-Lymphozyten sind die Effektorzellen der spezifischen zell-
eingeteilt: vermittelten (zellulären) Immunität. Reife T-Lymphozyten
• Antikörper der Klasse TgA fin den sich in Sekreten, z.B. in machen 70 -80~ der Blutlymphozyten, 90~ der Zellen im
der T ränenflüssigkeit, im Speichel, in den Sekreten des Ductus thoradcus, 30- 40~ der Lymphknotenzellen und ca.
Darms und der Atemwege und in der Muttermilch. IgA 20~ der Milzlymphozyten aus.
wird von Plasmazellen im Bindegewebe gebildet und mit
2 28 6 Immunsyst em (lymphatisches System, Abwehrsystem)

Entwicklung ebenfalls MHC-1 und MHC-II cxprimieren und mithilfe


dieser Moleküle Bruchstücke des ganzen Spektrums kör-
T-Zell-Vorläufcrzellcn entstammen auch den hämatopoieti- pereigener Selbstpcptide präsentieren. 1hymozyten, die
schen Stammzellen im Knochenmark, verlassen dieses aber solche körpereigene Selbstpcptide "Hilschlicherwcise" als
früh (im 3. EntwickltUJgsmonat) tUld besiedeln den Thymus fremd erkennen und stark an sie binden, wären später au-
(Kap. 6.3.1), wo sie als 1hymozyten heranreifen. In der Rin- toreaktiv tUld werden daher .,aussortiert" ("negative" Se-
de des 1hymus befinden sich 1hymusepithelzellen (Abb. lektion). So entsteht die sog. zentrale Toleranz, also das
6.12 tUld Abb. 6.14), deren Signalpeptide tUld Wachsturns- Phänomen, dass T-Lymphozyten, die den 1hymus verlas-
faktoren dazu fUhren, dass sich die 1hymozyten rasch ver- sen, körpereigenes Gewebe nicht angreifen (zentral, weil
mehren. Sie cxpri..miercn dabei verschiedene Oberflächen- derThymus ein zentrales ImmunorgclO ist).
proteine (erst den T-Zell-Rezeptor und CD3, s. u., später
dann CD4 und CDS) auf ihrer Oberfläche und werden, so- Bei diesen 2 Selektionsprozessen gehen ca. 95~ der Thy-
bald sie CD4 und CDS expri..miert haben, doppelt positiv ge- mozyten zugrunde. Pür die restlichen 5~ gilt, dass sie im
nannt. In der Folgezeit unterliegen die 1hymozyten einer 1hymus funktionsfähige nützliche CD4- oder CD8-positive
positiven und einer negativen Selektion: naive 1hymozyten geworden sind. Sie verlassen den 1hynms
• Positive Selekt ion: 1hymuscpithelzellen sind nicht nur und wandern in die sekundären lymphatischen Organe.
für die Yennehrung der 1hymozyten wichtig, sondern Von Antigenen angetrieben, reifen hier das ganze Leben
tragen auch an ihrer Oberfläche bestimmte körpereigene I-Lymphozyten heran tUld entwickeln sich stetig zu sich
Proteine (MHC-Klasse-1- und MHC-Klasse-11-Proteine, selbst erneuernden Gedächtnis- oder Etlcktorzellen. In den
s. u.). Nur die 1hymozyten, die diese körpereigenen Lymphknoten besiedeln sie cUc parakortikalen Zonen, in der
MHC-Molekiile erkennen können, ab er sich nicht so Milz die periar teriolärcn Scheiden der weif~en Pulpa.
stark an sie binden, dass sie durch die Bindung aktiviert
werden und die Zellen mit körpereigenem MHC angrei-
fen, entwickeln sich weiter (MHC-Restriktion). Alle an- Morphologie
deren, die also das körpereigene MHC nicht erkennen T-Lymphozyten ähneln morphologisch weitgehend den
oder sich zu stark daran binden, sterben durch Apoptose B-Lymphozyten, lassen sich aber von diesen gut mit im-
ab und werden von Makrophagen eliminiert. Die Bin- mtUlhistochernischen Methoden tmterscheiden (Abb. 6.3,
dtUlg der I -Lymphozyten an MHC darf also nur relativ Abb. 6.4).
schwach sein. Es werden im Prinzip die (noch unreifen)
I -Lymphozyten ausgewählt, die in der Lage sein werden, TCR, Oberflächenproteine Jeder I -Lymphozyt trägt an
ein Bruchstück eines Premdantigens, das auf körpereige- seiner Oberfläche ca. 30000 T -Zeii-Antigen-Rezeptoren
nen MHC-Molckülen präsentiert wird, zu erkennen, und (I-Zell-Rezeptor, ICR). Ihr Aufbau ähnelt entfernt dem
die also dem Körper nützlich sind ("positive" Selektion). der Immunglobuline: Der TCR besteht aus 2 unterschied-
Thymozyten, die MHC-I erkannt hatten, exprimieren von lichen, über eine Disulfidbrücke verbundenen Polypeptid-
nun an kein CD4 mehr, und 1hymozyten, die MHC-11 er- ketten (meist a und ß, selten y und eS). Beide Ketten weisen
kannt hatten, stcllen die Expression von CD8 ein. Es gibt einen variablen, antigenbindenden und einen konstanten
ab jetzt also nur noch entweder CD4- oder CDS-positive Anteil auf. Letzterer ist in der Membran des I -Lymphozy-
Entwicklungslinien. ten verankert (Abb. 6.2b). Die a - und die ß-Kette (bzw. die
• Negative Selekt ion: Die jetzt einfach positiven Thymo- y- und die eS-Kette) des TCR bilden in der Membran des
zyten gelangen ins 1hymusmark und kommen hier in I-Lymphozyten eine funktio nelle Einheit mit weiteren
Kontakt mit interdigitierenden dendritischen Zellen, die Polypeptiden:
• mit dem CD3-Komplex, der für die Signalübermittlung
ins Innere der T -Zelle verantwortlich ist,
• je nach DifferenzienUJg des I -Lymphozyten mit dem
CD4- oder CDS-Komplex, cUe auch als Korezeptoren be-
zeichnet werden. Diese Komplexe binden an MHC-Pro-
teine, die bei der Antigenerkennung durch I -Lymphozy-
ten eine wesentliche Rolle spielen (s.u.), tUld verstärken
das Signal, das bei Antigenerkennung ztrr Aktivienmg des
T-Lymphozyten führt.

T-Zell-Rezcptoren erkennen mrr Antigenfragrnente, die an


MHC-Moleküle gebtUlden sind.

T-Lymphozyten-Typen
Es gibt 3 H aupttypen von T -Lymphozyten, nämlich CD4-
positive (Abb. 6.3), CDS-positive (Abb. 6.4 ) und regulatori-
Abb. 6.3 CD4-positive TH2-Lymphozyten im immunhisto- sche T-Lymphozytcn.
chemischen Präparat (rotbraun gefärbt). Die Zellkerne sind
mit dem lila-blauen Farbstoff Hämalaun gegengefarbt. Die CD4-positive T- Lymphozyten Sie aktivieren Zellen des
CD4-positiven Lymphozyten sind insbesondere im Keimzent- ImmtUlsystems, wobei sich aufgrund der Bildung tmter-
rum eines sekundären Lymphfollikels anzutreffen. Lymph- schiedlicher Interlcukine 2 große Untergruppen unterschei-
knoten, Mensch; Vergr. 250-fach. den lassen:
6.2 Erworbenes (adaptives= spezifisches) Immunsystem 229

asen, die Apoptose der Zielzellen verursachen. Ein weiterer

.. t
L
Mechanismus zytotoxischer CD8-Zellen (und einiger CD4-
Zcllen) beruht auf der Expression von Pas-Liganden in
der Membran der zytotoxischen I -Lymphozyten, die, nach
Bindung an Pas in der Zielzelle, Apoptose auslösen. Fas ist


..

.. -
/
. Mitglied der Tumornekroserezeptoren.

Regulatorische T-Lymphozyten Regulatorische T -Zellen


(u.a. meist CD4- und CD25-positiv) entstehen als eigene
Entwicklungslinie im Thymus. Sie besitzen immunsuppres-
sive Mechanismen und hemmen die Aktivierung der dend-
ritischen Zellen und anderer T-Lymphozyten. Sie inaktivie-
ren auch autoaggressive I -Lymphozyten. Möglicherweise
brauchen sie für ihre Entwicklung die Präsenz der Hassall-
Körperchen.
Bei der Stimulation von I -Lymphozyten entstehen im-
mer auch T-Gedächtniszcllen.

Abb. 6.4 CD8-positive T-Lymphozyten im immunhisto- 6.2.2 Antigenpräsentation


chemischen Präparat. Die CD8-positiven zytotoxischen T-
Lymphozyten (-+)sind in der Mukosa und auch im Epithel Im Gegensatz zu B-Lymphozyten erkennen und binden
weit verbreitet. Die spezifische Immunreagibilität ist durch I-Lymphozyten Antigene nicht direkt, sondern nur, wenn
die Braunfärbung der Zelle- mit Ausnahme des Zellkerns - ihnen Bruchstücke davon auf der Obertläche antigenpräsen-
sichtbar gemacht. L Darmlumen. Zotten des Jejunums, tierender Zellen (s. u.) präsentiert werden (Abb. 6.6). Diese
Mensch; keine Gegenfärbung der Zellkerne, Vergr. 250-fach. Zellen nehmen Antigen auf und zerlegen (= prozessieren)
sie. Die Bruchstückewerden an sog. MHC-Proteine (= MHC-
Molcküle) gebunden. Anschließend wird der Komplex aus
MHC-Protein und Antigenfragment an die Zelloberfläche
transportiert, in eine molekulare Purehe des MHC-Proteins
eingebaut und den Lymphozyten präsentiert.
n
Abb. 6.5 Zytotoxischer
T-Lymphozyt in direktem MHC-Proteine
Kontakt mit einer Krebs- Aufbau und Funktion
zelle.
Aufbau MHC-Proteine (MHC-Molcküle, beim Menschen
= HLA-Antigene) sind Heterodimere. Es lassen sich zwei
Hauptgruppen von MHC-MolekUien unterscheiden: MHC-
• THl (,,Entzündungs-I -Zellen") aktivieren Makrophagen I besteht aus einer a -Kette und einem ß2-IV1ikroglobulin,
und bewirken so die Abtötungphagozytierter Krankheits- MHC-II aus einer a - und einer ß-Kette. Bei MHC-1 bilden
erreger. die a -Kette, bei MHC-II a - und ß-Kette gemeinsam eine
• TH2 ("I-Helferzellen") aktivieren insbesondere molekulare furche aus, in der das Antigenfragment gebun-
- B-Lymphozyten und induzieren ihre Differenzierung den wird.
zu Plasmazellen, die die Antikörper produzieren,
- CD8-positive T-Lymphozyten (s.u.). Funktion Aufgabe der MHC-Proteine ist es, Bruchstücke
von Antigenpcptiden zu binden und diese auf der Zellober-
Die Differenzierung in THl- oder TH2-Zellen erfolgt nach fläche zu präsentieren. MHC-Proteine werden auf Chro-
Aktivierung von naiven CD4-positiven I-Lymphozyten mosom 6 von einem Komplex zahlreicher Gene mit wiede-
durch interdigltierende dendritische Zellen. rum zahlreichen Allelen codiert, der bei der Erforschung
von Immunreaktionen gegen Transplantate entdeckt und
CD8-positive T-Lymphozyten Sie töten vor allem Zellen, Major Histocompatibility Camplex (MHC) genannt wurde.
die durch Viren infiziert wurden, seltener auch solche, die Man nirrunt an, dass die große Zahl an MHC-Genen und
von Bakterien oder Protozoen (z.B. Toxoplasma gondii) -allclen evolutionär vorteilhaft ist und die Erkennung eines
befallen sind. Sie können aber auch entartete Zellen töten sehr breiten Antigenspcktrwns ennöglichen soll. Teder
und werden deshalb auch als zytotoxische T -Lymphozyten Mensch hat eine ganz individuelle Ausstattung mit MHC-
bezeichnet. Zellvermittelte Zytotoxizität ftihrt nach direkter Proteinen.
Anlagerung der I -Lymphozyten an die Zielzellen (Abb.
6 ..5) zu deren Lyse durch Perfarin (ein Protein, das in der
Zellmembran der Zielzellen Poren bildet), lytische Enzyme
MHC-Klasse-1-Proteine
und Zytokine (wie Tumornekrosefaktor oder Interferon). Sie finden sich auf allen kcrnhaltigen Körperzellen und bin-
Einige zytotoxische T-Lymphozyten können sich mit ihrem den Antigenpeptidbruchstücke, die im Zytosol der Zelle an
Fe-Rezeptor an antikörperbedeckte Zielzellen binden und Protcasomen entstehen. Proteasomen bauen Proteine zyto-
diese zerstören. Ein weiteres Produkt der zytotoxischen solischen (=endogenen) Ursprungs ab, die ihnen durch Ubi-
I-Lymphozyten sind Defensine und die Granzyme, Prote- quitin zugeführt werden. Deshalb binden MHC-Klasse-I-
230 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

a T-Helferzelle Klasse-I-Proteine cxprimieren, können mit dem Malaria-


0
0
0 erreger Plasmodium infizierte Erythrozyten nicht von CD8-
T -Zen-Rezeptor
Antigen (TCR) positiven T -Lymphozyten erkannt werden.
'
0
' Antigen-
0 0
CD4- •• • -·· fragment MHC-Klasse-11-Proteine
0
0 - MHC II Sie finden sich auf antigenpräsentierenden Zellen des Im-
munsystems (vor allem Makrophageno dendritischen Zellen,
B-Lyrnphozyten und antigenaktivierten I-Lymphozyten) so-
wie auf Epithel- und Endothelzcllen, die durch Interferon ak-
tiviert sind. Sie binden Antigenpeptidbruchstiicke, die dem
Golgi-Apparat·· proteolytischen Abbau extrazellulärer Proteine, Bakterien
interdigitierende o. a. Antigene in vesikulären Zellkompartimenten (späte En-
dendritische Zelle
dosomen, Lysosomen) der Zelle entstammen (Abb. 6.6a). Die
Antigenfragmente werden anschließend an MHC-Kiasse-II-
Proteine gebunden und an die Zelloberfl äche transportiert.
Dieser Komplex wird von CD4-positiven I-Lymphozyten
zytotoxischer erkannt, indem der CD4-Komplcx das MHC-Kiasse-II-Pro-
b Äf\tlgen (Virus) CD8- T-~ym phozyt tein und der TCR das Antigen bi ndet (Abb. 6.6a). Daraufhin
Korezeptor
0 ',
' '
werden die CD4-positlven T -Lymphozyten aktiviert. "Cross-
Präsentation" bedeutet, dass im lysosomalen Abbau entst<m-
Endosom c: '
''
-- dene Peptide auch an MHC-1 gebunden präsentiert werden
können, was in dendritischen Zellen vorkorrunt und bei der
Aktivienmg der CD8-positiven T -Lymphozyten wahrschein-
lich wichtig ist.

Die Prozessierung (Aufnahme und intrazelluläre Verarbei-


tung) von Antigenen ftir die Aktivicrung von CD4- oder
CD~-positiven I -Lymphozyten erfolgt in den antigenprä-
,
,, sentierenden Zellen auf unterschiedliche Weise (Abb. 6.6):
interdigitierende dendritische Zelle • h'trazelluläres Fremdprotein: Ein extrazelluläres Premd-
(oder Zielzelle) protein (Antigen) wird per Endozytose von einer dendri-
Abb. 6.6 Antigenpräsentation. Die intrazelluläre Verarbei- tischen Zelle aufgenommen und in ein frühes Endosom
tung der Antigene in den dendritischen Zellen unterscheidet übertragen. Dieses entwickelt sich zu einem späten Endo-
sich bei Material extrazellulären (a) und intrazellulären (b) som, in dem das Fremdprotein in Bruchstücke zerlegt
Ursprungs. a: In antigenpräsentierenden Zellen werden Frag- wird. Das späte Endosom erhält dann aus dem Golgi-Ap-
mente von Antigenpeptiden extrazellulären Ursprungs an parat ein Klasse-II-MHC-Protein, das sich mit einem An-
MHC-Klasse-II-Proteine gebunden und auf der Zelloberfläche tigenbruchstück verbindet Solche Komplexe aus MHC li
tmd Antigenbruchstücken wandern dann mithilfe eines
präsentiert. Dort binden CD4-positive T-Lymphozyten mit
vesikulären Transports an die Zellobcrfläche, wo sie von
1hrem CD4-Korezeptor an das MHC-Klasse-Il-Protein, mit
CD4-positiven T -Helferzellen erkannt werden.
ihrem TCR an das Antigenfragment b: Fragmente von Anti-
genpeptiden intrazellulären Ursprungs (ganz überwiegend • Intrazelluläres Protein: Bei einer Virusinfektion kann
ein Virus endozytotisch in eine dendritische (oder eine
zelleigene Peptide oder zuvor aufgenommene Viruskompo-
andere) Zelle aufgenommen tmd in ein Endosom trans-
nenten) werden von antigenpräsentierenden Zellen an MHC-
portiert werden. Von hier aus können RNA und Proteine
Klasse-1-Proteinen auf der Zelloberfläche präsentiert. Dort
des Virus ins Zytosol gelangen, wo die Virusproteine -
binden CD8-positive T-Lymphozyten (zytotoxische T-Lympho-
wie intrazelluläre Eigenproteine - von Proteasomen ab-
zyten) mit ihrem CD8-Ko rezeptor an das MHC-Klasse-1-Pro-
gebaut werden. Es entstehen Peptidbruchstiicke, die in
tein, mit ihrem TCR an das Antigenfragment.
das Lumen des ER transportiert werden, wo sie sich mit
einem Klasse-1-MHC-Protein verbinden. Der Peptid-
MHC-I-Komplex wird dann in den Golgi-Apparat tmd
Proteine zelleigene Peptide, die das "Selbst" repräsentieren, von hier aus an die Zelloberfläche transportiert, wo
aber auch Fragmente von Virusproteinen (Viren vermehren das Viruspeptid von einem CD8-positiven, zytotoxischen
sich intrazellulär) und von entarteten Proteinen (Tmnoran- I-Lymphozyten erkannt wird.
~genen). MHC-IGasse-1-Proteine und die gebundenen Pep-
tidfragmente werden an die Zelloberfläche transportiert und Merke
dort von CD8-positiven T -Lymphozyten erkannt, indem der • MHC-I: auf allen kemhaltigen Körperzellen, zuständig
CD8-Komplex das MHC-IGasse-I-Protein und der TCR das ftir intrazelluläre (v. a. körpereigene) Antigene, Viren,
Antigen bindet (Abb. 6.6b). Im Pali körperfremder Antigene Tumorantigene; Erkennung durch CD8-positive I-Zel-
(z. B. viraler Proteinfragmente) werden die CDS-positiven T - len, die in1 Falle fremder pathogener Antigene aktiviert
Lymphozyten aktiviert. Pro Zelle finden sich 100 000 -200 000 werden.
MHC-Kiassc-I-Proteine. Sie können Tausende verschiede- • MHC-II: auf antigenpräsentierenden Zellen des Im-
ner Pcptide präsentieren, die meisten davon sind natiirlich munsystems, zuständig für extrazelluläre Proteine, Bak-
"Sclbst"-Peptide. Da Erythrozyten (kernlos!) keine MHC- terien; Erkennung durch CD4-positive T -Zellen.
6.2 Erworbenes (adaptives a spezifisches) Immunsystem 231

Antigenpräsentierende Zellen
Antigenpräsentierende Zellen sind ein wesentlicher Be-
standteil des Immunsystems. Sie sind darauf spezialisiert,
überall im Körper Antigene aufzunehmen und dann in Ton-
sillen, Lymphknoten oder Milz vor allem I-Lymphozyten
zu aktivieren. Diese Zellen wnfassen v. a.
• die interdigitierenden dendritischen Zellen,
• die plasmazytoiden dendritischen Zellen,
• die follikularen dendritischen Zellen,
• die Makrophagen und
• die B-Lymphozyten.

Interdigitierende denddtische Zellen


Morphologie Interdigitierende dendritische Zellen (IDC,
oft einfach: dendritische Zellen) besitzen einen gefurchten
Kern und typische verzweigte tentakel- oder schleierartige Abb. 6.8 Langerhans-Zellen (verzweigt, kräftig rot-braun
Fortsätze, die zunächst Antigene einfangen und später mit gefärbt, -+)sind noch nicht ausgereifte interdigitierende
I-Lymphozyten in Kontakt treten (Abb. 6.7). Sie lassen sich dendritische Zellen (IDC). Haut, Mensch; Färbung: immun-
arn besten immunhistochemisch nachweisen. Sie finden histochemischer Nachweis des 5·100-Proteins; Vergr. 250-
sich ausgereift in den I-Lymphozyten-Regionen in Lymph- fach.
knoten, Milz, Tonsillen und im 1hymusmark.

Entwicklung IDC entstammen der myeloischen Reihe des


Knochenmarks. Noch unreife IDC finden sich weitverbrei- Plasmazytoide dendritische Zellen
tet im Körper, z. B. in der Epidermis (Langerhans-Zellen, Dies sind ebenfalls antigenpräsentierende Zellen der naiven
Abb. 6.8), im Bindegewebe und in der Darmschleimhaut I -Lymphozyten. Sie gehören zur lymphoiden Zelllinie tmd
Sie besitzen viele aktiv bewegliche Fortsätze, mit denen sie kommen in den I-Lymphozyten-Regionen der Lymphkno-
pathogene Mikroorganismen und andere Antigene einfan- ten, Milz und der schleimhautassoziierten lymphatischen
gen und die sie sogar auf Epitheloberflächen vorschieben Organe (Kap. 6.3.2) vor. Sie sind die wichtigsten Produzen-
können. Sie nehmen das eingefangene Material durch einen ten des antiviralen Zytokins lnterferon-a (IPNa). Dieses sti-
eigenen Endozytosemechanismus (manchmal etwas verein- muliertNK- und THl-Zellen, sich mitbakteriellen und vira-
fachend Endozytose oder Phagozytose genannt) auf und len Infektionen auseinandcrzusetzen.
zerlegen es aufverschiedenen Wegen intrazellulär in Bruch-
stücke. Ein ultrastrukturelles Merkmal der unreifen IDC
sind die Birbeck-Granula (Abb. 6.7), deren Funktion nicht Follikuläre dendritische Zellen
sicher bekannt ist, die aber möglicherweise funktionell Morphologie Follikuläre dendritische Zellen (FDC) sind
Endosomen vergleichbar sind. Die Gestalt dieser Granula stark verzweigte Zellen mit langen Fortsätzen, die über Des-
ähnelt der eines Tennisschlägers. Über a1rerente Lymph- mosomen verknüpft sind. Sie besiedeln die Lymphfollikel
gefäße wandern sie mit ihrer Antigenfracht in die regiona- der sekundären lymphatischen Organe und bilden ein dich-
len Lymphknoten, wo sie zu reifen IDC differenzieren. Jetzt tes Netzwerk vor allem in den Keinw..cntren.
phagozytieren sie nicht mehr, sondern exprimieren viele
MHC-Proteine {Klassen I und li), an denen die von ihnen Entwicklung Die Herkunft der PDC ist noch unbekannt,
"eingesammelten" Antigenfragmente an der Zelloberfläche ihre Entstehung ist von Proteinen der TLm1ornekrosefak-
präsentiert werden. Für eine erfolgreiche Aktivierung nai- tor-Familie abhängig, die vermutlich von B-Lymphozyten
ver T -Lymphozyten sind über die Präsentation des Antigen- abgegeben werden.
bruchstUcks am MHC-Molekül hinaus ko-stimulierende
Signale erforderlich. Funktion PDC stehen in besonders enger Beziehtmg zu
den B-Lymphozyten, die sie mit ihren Portsätzen eng um-
Funktion IDC sind die antigenpräsentierenden Zellen der hüllen. Im Unterschied zu anderen antigenpräsentierenden
naiven T -Lymphozyten, für deren Aktivierung sie wesent- Zellen prozessieren sie Antigene nicht, sondern binden
lich sind. mithilfe eines Fe-Rezeptors Antigen-Antikörper-Komplexe
(= Immunkomplcxe) an ihre Zellobcrfläche, zum Teil mo-
Klinik IDCkönnen in Form einer ",mpfung" (Zellvakzinie- natelang. Sie exprimieren keine MHC-K.lasse-II-Proteine
rung) gegen bösartige Tumoren eingesetzt werden. Lmd phagozytieren nicht. Sie können auch HIV in Form
von Immtmkomplcxen binden tmd sind dann, ebenso wie
infizierte CD4-positive T-Zellen, ein Speicher infektiöser
Viren. Sie sind auch ftir die Bildung der Lymphfollikel
wichtig.

Makrophagen
a
Abb. 6. 7 lnterdigitierende Makrophagen binden extrazelluläre pathogene Mikroor-
dendritische Zellen. ganismen mithilfe verschiedener Rezeptoren (Mannose-
232 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

aktivierte
TH2-Zelle
Aktivierung einer '' '
T-Helferzelle ' follikuläre
--dendritische
Antigen Zelle
''
0

0
membranständiges
'
'•
0 lmmunglobulilb komplement-
0 ; bindender
\ \ I ,0 Co-Rezeptor
0 Antigene
interdigitierende aktivierter
dendritische Zelle •' B-Lymphozyt
'( '(

Abb. 6.9 Aktivierung eines


B-Lymphozyten durch TH2-(T-Helfer)-
-- Plasmazelle Zellen, follikuläre dendritische Zellen
und direkt durch Antigene.

rezeptor, Komplementrezeptor, "Scavenger-Rezeptor", apoptotischer Kern


'
"toll-like-Rezeptoren"), phagozytieren sie und bauen sie virusinfizierte \ ' f 'I t 0
t \ S ~·~ ~ •". f. 'l lt
in Lysosomen ab. Siewerden vielfach durch T Hl-Zellen akti- Zelle I 1..._, (1 l,o ' "\1 \1 \

I0 'o '
viert. Anschließend beginnen sie, MHC-Klasse-I- und -Klas-

J ~!
se-li-Proteine zu exprimieren. Fragmente der abgebauten
Mikroorganismen werden an MHC-Klasse-II-Proteine ge-
bunden und an der Zelloberfläche des Makrophagen prä-
sentiert. Im Makrophagen induzieren die Fragmente die
Expression des kostimulierenden B7-Proteins, das für die
!.... -... --..... -... - " t
Auslösung der Immunreaktion besonders wichtig ist. Pha-
gozytose körpereigenen Materials oder nicht pathogener Zell-Zell-
Substanzen führt nicht zur Expression von B7 und hat des- -----~ Adhllsio~sprotein
halb keine Immtmreaktion zur Folge. '
''
Antigen-
B-Lymphozyten Mikrotubuli - fragment
0
0
0
B-Lymphozyten kommen überall in lymphatischen Gewe-
ben tmd auch im Blut vor. Sie erkennen Antigene - vor al-
lem lösliche Antigene (z.B. Toxine) und virale Antigene -
auch ohne Hilfe <mtigenpräsentierender Zellen. Sie binden Zyto:zentrum-
die Antigene an ihre Antigenrezeptoren (membranständige
Immunglobuline), nehmen sie auf, prozessieren sie tmd prä-
sentieren sie auf ihrer Oberfläche (an Antigenrezeptoren ' Perforin,
Granzyme,
gebunden) naiven T-Lymphozyten. Granulysin

Klinik Das humane Imrnundetizienzvirus (HIV) wird von Fas:·


den PDC in großer Menge gebtmden, wodurch die Lymph- Ligand ' Fas
'' '
follikel der sekundären lymphatischen Organe ein Reservoir ' 87
CD28
für HIV und eine Quelle ftir die "Infektion" der CD4-posi-
tiven T-Lymphozyten werden, die hierher wandern, um co-stimulatorisches
Protein
Virusantigen-spezitische B-Lymphozyten zu aktivieren. Bei
Portschreiten der HIV-Infektion gehen die PDC zugrunde,
was alle Immunreaktionen schwer beeinträchtigt.
Abb. 6.10 Tötungsmechanismen einer zytotoxischen
(CDS-positiven) T-Zelle und die Folgen.
6.3 Lymphatische Organe 233

6.2.3 Aktivierung der B- und T-Lymphozyten steht ein Klon identischer Zellen, deren Rezeptor das glei-
che Antigen bindet (Theorie der klonalen Selektion). Die
und Ablauf der Immunantwort Zellen dieses Klons differenzieren sich
Lymphozyten werden durch 2 Signale aktiviert. • im Fall von B-Lymphozyten zu Plasmazellen, die antigen-
spezifische Antikörper produzieren, und zu B-Gedächt-
B- Lymphozyte n Bei B-Lymphozyten geht das 1. Signal niszellen.
vom Antigen aus, das an den B-Zell-Rczcptor gebunden ist, • im Fall von T-Lymphozyten zu THl- oder TH2-Zellen
das 2. Signal von einer aktivierten T H2-Zelle. Das Signalpro- (CD4-positiv) oder zu zytotoxischen T-Zellen (CD8-posi-
tein der TH2-Zclle ist ein CD40-Ligand, der sich mit dem tiv). THl-Zellen aktivieren Makrophagen, T H2-Helferzel-
CD40-Protcin auf der B-Zelle verbindet. Gleichzeitig ver- len (= T-Helferzcllen) aktivieren B-Lymphozyten (Abb.
bindet sich der T -Zell-Rezeptor auf der T H2-Zelle mit dem 6.9) und zytotoxische T-Zcllen. Zytotoxische T-Zellen
MHC-II-Molekül (mit Antigenfragment) auf der Membran binden mithilfe des TCR-CD8-Komplexes an den Kom-
der B-Zelle. Zusätzlich werden die B-Lymphozyten durch plex aus viralem oder bakteriellem Peptidfragment und
follikuläre dendritische Zellen sowie durch Komplement MHC-Klasse-II-Protein auf der Oberfläche einer infizier-
stimuliert (Abb. 6.9). ten Zelle. Dann setzen sie Proteine frei, die Zlll11 Abster-
T- Lymphozyten Bei einer T-Zelle geht das 1. Signal von ben der infizierten Zelle fi.ihren: 7~B. Perfarin (Abb. 6.10),
einem an MHC gebundenen Antigenfragment auf der Ober- Granzyme und Apoptose initiierende Faktoren. Außer-
fläche einer an tigenpräsentierenden Zelle (IDC) aus, das in dem sezernieren sie Zytokine (z. B. IL-2) und beeinflussen
die molekulare Grube des passenden T-Tell-Rezeptors passt. so sich selbst ttnd andere Zellen des Immunsystems.
Das 2. Signal geht von eineru ko-stimulatorischen Molekül
derselben antigenpräsentierenden Zelle aus, das sich mit Gedächtniszellen Ist das Antigen eliminiert, ist die lm-
dem CD28-Protein in der Membran des T-Lymphozyten munantwort beendet. Auch nach ihrern Ende bleiben B-
verbindet. Bei der Aktivierung der T -Lymphozyten spielen und T-Gedächtniszellen bestehen, die bei erneutem Kon-
auch CD3 ttnd lnterleukine eine wichtige Rolle. takt mit diesem Antigen sehr schnell proliferieren und das
Antigen meist ohne Auftreten von Krankheitszeichen elimi-
Klonale Selektion Im Anschluss an die Aktivientng be- nieren.
ginnen sich die B- bzw. T-Lymph ozyten zu teilen. So ent-

6.3 Lymphatische Organe


----------------------------------------- ZurOrientierung ---------------------------------------
Die lymphatischen Organe lassen sich in primäre und se- wird, die sich dann hier differenzieren. In den sekundären
kttndäre lymphatische Organe gliedern (Tab. 6.1). Primäre lymphatischen Organen, v. a. Tonsillen, Peyer-Plaques,
lymphatische Orgdne sind Knochenmark und 1hymus. Im Lymphknoten, Milz, besiedeln die B-Lymphozyten die
Knochenmark befindet sich die Stammzelle aller Lympho- Lymphfollikel. Die T -Lymphozyten befinden sich in para-
zyten, aber mrr die B-Lymphozytcn machen hier einen follikulären Zonen (Lymphknoten, Tonsillen) oder einer
großen Teil ihrer Differem.lenmg durch. Der Thymus ist perlarteriellen Lymphozytenscheide (P ALS, Milz). CD4-
ein Organ mit epithelialem Grundgeri.ist, das von ganz positive Lymphozyten sind auch Bestandteil der Follikel
frühen Entwicklungsstddien der T -Lymphozyten besiedelt (T-Helferzellen).

Die Zellen des Inununsystems sind als Einzelzellen, z. B. als Fabricü, in der die B-Lymphozyten heranreifen. Die Be-
antigenpräsentierende Zellen, Makrophagen und Lympho- zeichnung B-Lymphozyt stammt ursprünglich von dieser
zyten, im ganzen Körper verbreitet. Sie bauen jedoch auch Bursa; er bezieht sich in der Medizin auf "bone marrow"
eigene Orgdne atlf, die traditionell lymphatische Organe (Knochenmark). Die Lymphozyten erhalten hier spezilische
heißen, heute aber auch Immunorgane genannt werden. Sie
sind stets besonders reich an Lymphozyten. Es werden
primäre und sekundäre lymphatische Orgdne tmterschieden
(Tab. 6.1). Tab. 6.1 Lymphatische Organe.

Primäre lymphatische Orga ne In diesen Orgdnen diffe- Primäre lymphatische Sekundäre lymphatische
renzieren sich die Lymphozyten aus Stammzcllen, vermeh- Organe Organe
ren sich und reifen heran. Die Stammzellen aller Blutzellen,
• Thymus • Lymphknoten
auch der Lymphozyten, befinden sich im Knochenmark. Die
• Knochenmark • Milz
T-Lymphozyten verlassen dieses sehr früh und reifen im
• mukosaassoziierte Lym-
1hyrnus. Sie erwerben hier die Fähigkeit, zwischen körper-
phatische Organe (MALT)
eigenen und körperfremden Antigenen zu unterscheiden
- TonsiUen
("Selbst" und .,Nicht-Selbst"). DieB-Lymphozyten verblei-
- Peyer-Plaques
ben länger im Knochenmark und machen hier einen ersten
- bronchusassoziierte
Abschnitt ihrer Entwicklung durch. Die Vögel besitzen ein
Lymphatische Organe
eigenes Organ in der dorsalen Wand der Kloake, die Bmsa
234 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

Antigenrezcptoren, die es ihnen ennöglichen, auf Antigene Kindlicher Thymus


zu reagieren. B-Lymphozyten erwerben die Fähigkeit der
Unterscheidung zwischen Selbst tmd Nicht-Selbst sowohl Das Gewebe des kindlichen 1hymus gliedert sich in eine
im primären als auch im sektmdären lymphatischen Organ. äußere Rinde und ein innen gelegenes Mark (Abb. 6.11). In
der Rinde sind die I-Lymphozyten sehr dicht gepackt, im
Sekundäre lymphatische Organe Dies sind Lymphkno- Marksind sie verhältnismäßig locker verteilt.
ten, Milz tmd mit Schleimhäuten assoziiertes lymphatisches
Gewebe (Tonsillen und Peyer-Piaques). Im Gewebe dieser Rinde Das Gnmdgewebe der Rinde besteht aus locker
Organe reagieren Lymphozyten mit An tigenen und koope- verteilten Epithelzellen , die Fortsätze ausbilden und des-
rieren hier mit ihren Hilfszellen. mosomal verknüpft sind ("retikuläre" Epithelzcllen) und an
der Oberfläche des Organs eine epitheliale Grenzschicht
bilden. Sie sind im H.E.-Präparat an ihren relativ hellen
6.3.1 Primäre lymphatische Organe und großen Zellkernen zu erkennen (Abb. 6.12). Die Epi-
thelzellen sind reich an Zytokeratinfilamenten und spielen
Thymus eine wesentliche Rolle bei der Differenzierung der T-Lym-
Der Thymus (deutsch Bries) ist das primäre lymphatische phozyten, die in großer Zahl die Räume zwischen ihnen
Organ der T-Lymphozyten. Er befindet sich bei Kindem besiedeln (Abb. 6.12). Die Epithelzellen besitzen MHC-
und Erwachsenen vorn üb er dem Herzen im 1horax. Kiasse-1- tmd -Klasse-li-Proteine in ihrer Zellmembran
und bilden die hormonähnliche Faktoren lhymopoietin
und 1hymosin. In der ganzen Rinde und auch im Mark fin-
Entwicklung den sich zahlreiche Makrophagen. Oft sind sie in der Tiefe
Der l hymus besteht aus 2 Lappen und entsteht unter dem der Rinde konzentriert. Im l hymus treten auch einzelne
Einfluss mehrerer Gene aus dem entodermalen Epithel der quergestreifte Muskelzellen (myoide Zellen) auf, die aber
linken und rechten 3. Schlundtasche und wird dementspre- oft Zeichen der Degeneration zeigen und deren Myo-
chend von einer Basallamina umhüllt. Yennutlieh ist an der sinfibrillen oft ungeordnet im Zytoplasma liegen. Im lhy-
Entstehung der epithelialen Anlage auch die Interaktion mit mus von Reptilien ttnd Vögeln sind solche Muskelzellen
Mesenchym aus der Neuralleiste wesentlich. Das ztmächst häufig zu finden.
kompakte Epithel lockert sich auf und bildet das epitheliale,
über Desmosomen verknüpfte Grundgerüst (Stroma) des Mark Das Mark enthält ausgereifte I -Lymphozyten, in-
Thymus, das ab dem 3. Embryonalmonat von T-Lympho- terdigitierende dendritische Zellen, Makrophagen ttnd Epi-
zyten, die aus dem Knochenmark kommen, besiedelt wird. thelzellen. Letztere neigen im Mark dazu, Gruppen zu bil-
Sobald diese T-Lymphozyten im Thymus sind, werden sie den und sich zu konzentrischen Spiralen oder schalenartig
auch Thymozyten genannt. Das Organ wird durch Rinde- geschichteten Strukturen zusammenzulagern (Abb. 6.13).
gewebssepten von der Oberfläche her zerklüftet, sodass im Solche Zellgruppen werden Hassall-Körperehen genannt.
Schnittpräparat der Eindruck von Läppchen entsteht (Abb. Sie sind un terschiedlich groß ttnd bestehen im Ionern aus
6.11). Auf dem H öhepunkt seiner Entwickltmg, der Puber- Zusammenballttogen verhornter degenerierender Epithel-
tät, wiegt der 1hymus zwischen 30 tmd 40 g. zellen. Bei Kindern sind die Hassall-Körperehen relativ
klein, bei Erwachsenen sind sie deutlich größer. Ihre Funk-

Abb. 6.11 Thymus eines


Neugeborenen mit deutlicher
Gliederung in läppchenähn-
liche Bezirke, die aber in
einem Lappen alle miteinan-
der zusammenhängen und in
dunkle Rinde (1) und helles
Mark (2) gegliedert sind.
Größere Bindegewebsstraßen
(3) mit Blutgefäßen trennen
das Organ in Läppchenbe-
zirke. Färbung: H. E.; Vergr.
15-fach.
6.3 Lymphatische Organe 235

Abb. 6.12 Thymusrinde. Peripherie der Rinde des kind- Abb. 6.13 Kleines Hassall- Körperehen im Thymusmark
lichen Thymus. ~ Th ymusepithelzellen, deren große helle eines Kindes. Der Verhornungsprozess ist u. a. am Auftreten
Kerne sich gut gegen die kleinen dunklen Kerne der T-Lym- von Keratohyalingranula (1) gut erkennbar. Das Thymusmark
phozyten ( ~ ) abgrenzen. * Kapsel. Plastikschnitt; Färbung: ist locker strukturiert. ~ Epithelzellen; ~ T-lymphozyten.
H. E.; Vergr. 650-fach. Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 500-fach.

tion ist nicht bekannt, aber vielleicht spielen sie eine Rolle Thymus des Erwachsenen
bei der Entwicklung der regulatorischen T -Lymphozyten.
Der Thymus der Erwachsenen ist zu erheblichem Teil zu-
Blutgefäße Größere Blutgefäße ziehen in Bindegewebs- rückgebildet (atrophiert). Die Rückbildtmg beginnt mit der
Pubertät und hält das ganze Leben über an. Die Ursache der
septen in die Tiefe des Organs und dringen an der Mark-
Rinden-Grenze (Abb. 6.11 ) in das Parenchym ein, wo sie "pubertären" Atrophie ist nicht bekannt. Die Rückbildung
ist aber mit dem Anslieg der Geschlechtshormone korre-
sich verzweigen und sowohl das Mark als auch die Rinde
versorgen. An der Mark-Rinden-Grenze finden sich auch liert. Die Rinde verschwindet langsam. Es bleiben aber stets
Reste des Marks und meist auch der Rinde erhalten (Abb.
Venolen, über die Lymphozyten aus dem Thymusgewebe
austreten. 6.15). Das Mark besteht im Alter oft nur aus epithelialen
Zellsträngen. Der Rawn, der dttrch die Altersatrophie frei
wlrd, wird dttrch Fettgewebe ersetzt (1hymusfettkörper).
Blut-Thymus-Schranke Die Blut-1hymus-Schranke ist
insbesondere im Rindenbereich ausgebildet und behindert
das Eindringen von Premdantigenen. Die Schranke besteht Klinik 1hymus-T-Lymphozyten sind sehr empfindlich
aus einer speziellen Hlille um die Rindenkapillaren. Diese gegen Corticosteroide. Stress f'cirdert den Untergang der
Hülle besteht aus dem kontinuierlichen Endothel der Ka- T-Zellen. Infektionen, Vergiftungen, chronische Erkran-
pillarwände, einer sehr dünn en perikapillären Binde- kungen und Unterernährung rcdu1Jcren ebenfalls die Zahl
gewebsschiebt und einer ebenfalls geschlossenen Schicht der Lymphozyten in der 1hymusrinde.
aus 1hymusepithelzellen, die mit der geschlossenen Schicht Das SCID-Syndrom ("sevcre combined immunodefi-
aus 1hymusepithelzellen an der Oberfläche des Organs in dency syndrome") geht, auf genetischer Basis, mit ftmktio-
kontinuierlicher Ver bind ung steht. Kapillaren tmd Venolen neller und morphologischer Pehlentwicklung der 1hymo-
des Marks fehlt eine solche Schranke, sie sind flir Antigene zyten und defekten B-Lymphozytcn einher. Das DiGeorge-
aus dem Blut durchlässig. Syndrom beruht auf Fehlentwickltmg der Organe der 3. und
4. Schlundtasche infolge mangelhafter Interaktion zwischen
T-Zell-Differenzierung Die Außenzone der 1hymusrin- Epithel und nettroektodermalem Mesenchym; u. a. fehlt ein
de wlrd schon früh von Vorläuferzellen der T-Lymphozy- normaler 1hymus.
ten besiedelt, die dem Knochenmark entstammen und noch Die Myasthenia gravis ist eine schwere Autoimmtmer-
keinen T-Zcll-Rezeptor-Komplex exprimieren. Sie reifen krankung, die sich gegen die quergestreifte Muskulatur rich-
tmter dem Einfluss der kortikalen 1hymusepithclzcllen tet. DieAutoantikörper richten sich gegen den Acetylcholin-
(Abb. 6.14), die sowohl MHC-Klasse-1- als auch MHC- rezeptor auf den Muskelzellen. Vermutlich spielt der
Klasse-ll-Protcine cxprimieren. Thymus, speziell seine quergestreiften Muskelzellen, eine
Rolle bei der Entstehung dieser Krankheit.
236 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

Makrophage -

Rindenkapillare ·

Abb. 6.14 Funktionelle


Histologie des Thymus. Die
Epithelzellen gehen auf das
entodermale Epithel der
Rinden-Mark-Grenze -- J, 3. Schlundtasche zurück.
~-
dendritische Zellen --- Vermutlich gibt es eine
Stammzelle und verschiedene
Vorläuferzellen für Rinde und
medulläre Epithelzellen --- Mark, die sich funktionell
''
Hassall-Körperehen unterscheiden.

Abb. 6.15 Thymus eines


Erwachsenen. 1 Fettgewebe
(Thymusfettkörper); 2 insel-
förmige Rindenbezirke;
3 strangförmige Markanteile
des Thymusgewebes. Färbung:
H. E.; Vergr. 45-fach.

Merke Das Gnmdgewebe des Thymus besteht aus epithe- Knochenmark


lialen Zellen, in deren Zwischenrätunen T-Lymphozyten Das Knochenmark ist das primäre lymphatische Organ der
eingelagert sind. Beim Kind ist der Thymus deutlich in B-Lymphozyten, die sich hier unter dem Einfluss verschie-
Rinde tmd Mark gegliedert. Die Rinde ist besonders lym- dener Faktoren der Stromazellen (spezieller Fibroblasten)
phozytenreich, in ihr durerenzieren sich die I -Lympho- tmd ohne Antigenstimulation entwickeln. B- tmd T -Lym-
zyten. Im Mark finden sich reife CD4- bzw. CD8-positive phozyten gehen auf die pluripotente Blutstammzelle zurück.
T-Lymphozyten tmd die diagnostisch wichtigen Hassall- Zur Morphologie des Knochenmarks s. Kap. 4.
Körperchen. Mit der Pubertät bildet sich der Thymus
langsam zurück.
6.3 Lymphatische Organe 237

6.3.2 Sekundäre lymphatische Organe stützendes Gerlist auf (Abb. 6.16a). Die Trabekel begrenzen,
mehr oder weniger gut erkennbar, kammerartige Bezirke im
Nach ihrer Bildung in den primären lymphatischen Orga- Organinneren, die M1lzkammern, die jedoch immer über
nen besiedeln die Lymphozyten die sekundären lymphati- weite Maschen im Trabekelsystem miteinander verbtmden
schen Organe. Zu diesen gehören gut abgegrenzte, von einer sind.
Kapsel umgebene Organe wie die Milz und die Lymphkno- Kapsel tmd Trabekel sind grtmdsätzlich sehr ähnlich auf-
ten. An verschiedenen Stellen im Körper sind des Weiteren gebaut. Sie bestehen aus straffem kollagenem Bindegewebe,
Ansammlungen lymphatischen Gewebes lokalisiert, die das meist viele elastische Pasern enthält (Dehmmgsfcihigkeit,
mehr oder minder scharf von ihrer Umgebung abgegrenzt Anpassung an Volumcnschwankungen). Die matrixbilden-
sind und sich oft an Oberflächen von Schleimhäuten befin- den Zellen der Kapsel und Trabekel sind durch ein sehr
den (mukosaassozüertcs lymphatisches Gewebe= ,,mucosa-
associatcd lymphoid tissue" = MALT).
Gemeinsam ist den sekundären lymphatischen Organen,
dass in ihnen sowohl T-Zcll-vermittelte zelluläre als auch
hwnorale (mittels Antikörpern) Abwehrmechanismen an- , J
gesiedelt sind. Die Milz ist im Wesentlichen für Antigene
und Krankheitserreger zuständig, die im Blut zirkulieren,
' K
die Lymphknoten reagieren vor allem gegen Antigene, die
in Gewebe eingedmngen sind und sich über Lymphge-

J' p
faße ausbreiten. Das sekundäre lymphatische Gewebe der
Schleimhäute (MALT) schlitzt gegen Antigene, die durch
die Oberfläche der Schleimhäute in den Körper eindringen.
Lymphatisches Gewebe findet sich in der Schleimhaut des
Rachens, des Darmtrakts ("gut-associated lymphoid tis-
sue" = GALT), der Atemwege ("bronchus-associated lym-
phoid tissue" = BALT) und des Urogenitaltrakts. Ein wichti-
ger Abwehrmechanismus in diesen schleimhautassozüerten
lymphatischen Geweben ist auch die Sekretion von lgA (Im-
- a

munglobuline vom Typ A) auf die OberBäche der Schleim-


häute. Kleinere Ansammlungen lymphatischen Gewebes
sind oft auch in anderen Organen wie exokrinen Drüsen
(z.B. Tränendrüse} zu finden.
K

Milz
Die Milz ist ein annähernd faustgroßes, 150-200 g schwe-
res, intraperitoneales Organ im linken Oberbauch mit einer
komplexen Gefaßarchitektur. Die Milz bekämpft insbeson-
dere ins Blut eingedrungene pathogene Erreger und dient
außerdem dem Abbau alter Erythrozyten.
Die Milz besteht aus 2 Anteilen,
• der Kapsel und den von ihr in die Tiefe des Organs zie-
henden Trabekeln und
• der Milzpulpa, die als orga nspezifisches Gewebe das In-
nere der Milz ausfL'tllt und die in weiße und rote Pulpa
gegliedert ist.

Die mikroskopisch anatomische Struktur der Milz weist


in den verschiedenen Säugetiergruppen zum Teil deutliche
Unterschiede auf, was bei Kurspräparaten und beim Studi-
tun der Ergebnisse tierexperimenteller immunbiologischer
Arbeiten zu berücksichtigen ist. Der folgende Text bezieht
sich, wenn nicht anders vem1erkt, auf die Milz des Men-
schen. Diese zeigt nicht nur beachtliche individuelle histo-
logische Unterschiede, sondern ist auch hinsichtlich ihrer
der Abwehr dienenden Komponenten bei Kleinkindem und
Erwachsenen im Allgemeinen unterschiedlich aufgebaut. Abb. 6.16 Kapsel (K) und Trabekel (T) der Milz des
Menschen. a: Milz des Erwachsenen, Übersicht. Kapsel und
Trabekel sind blau gefärbt, die Pulpa (P) rötlich. Färbung
Kapsel und Trabekel Azan, Vergr. 15-fach . b: Milzkapsel (K) mit Peritonealepithel
Die Milz wird von einer kräftigen, von Peritonealepiiliel be- (~). Oie rote Pulpa (P) grenztdirekt an die Kapsel. Färbung
deckten Bindegewebskapsel umgeben. Von dieser Kapsel H. E., Vergr. 250-fach. c Trabekel (T) mit Trabekelarterie (A)
aus ziehen sich verzweigende und zum Teil miteinander ver- und -vene (V) in einer kindlichen Milz. Färbung H. E., Vergr.
netzte Trabekel (Balken) in das Organinnere und bauen ein 120-fach.
238 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

reich entwickeltes System aus kontraktilen Pilamenten ge-


kennzeichnet und können daher als Myofibroblasten oder
sogar glatte Muskelzellen bezeichnet werden. Sie sind wohl
überwiegend durch Nexus verbunden, reagieren auf adren-
erge Reize und sind im Wesentlichen für die beim Men-
schen allerdings nicht besonders gut ausgebildete Kontrak-
tionsfähigkeit der Milz verantwortlich. In den Trabekeln
verlaufen die Trabekelarterien Lmd -venen (Balkenarterien
und -venen) sowie einzelne Lymphgefaßc.

sich terminal in Pinselarteriolen (ein kleines Büschel aus


Gefäße ca. 5-10 Arteriolen) aufspalten oder als einzelne Arteriole
Arterielles System Am MilzhiiLun spaltet sich die Milz- weiterlaufen. Ein solcher Arteriolenbiischel wird "Penicii-
arterie meistens in 4 oder 5 Äste auf, die in die Milz ein- Ius" (= "Pinser) genannt. Die Pinsel- oder Einzelarteriolen
dringen. Diese Äste teilen sich in der Milz weiter auf und tragen keine PALS mehr, können aber eine dünne Man-
verlaufen in den Trabekeln als Trabekelarterien (Balkenar- schette aus B-Lymphozyten besit7..cn und gehören schon
terien) (Abb. 6.16c). Sie besitzen eine gut ausgebildete glatt- zur roten Pulpa. Sie können in 2-3 Kapillaren der Pulpa-
muskuläre Media und sind im Durchmesser deutlich klei- stränge übergehen.
ner als die weitlumigen Venen der Trabekel (Trabekel- oder
Balkenvenen). Die Trabekelarterien bilden Zweige, die in Merke Trabekelarterien ~ sich verzweigende Zentral-
die Pulpa eintreten und Zentralarterien (kleinere Aste: arterien mit PALS und Seitenästen ~die Zentralarterien
Zentralarteriolen) genannt werden, da sie mehr oder weni- gehen terminal über in Pinselarteriole oder Einzelarte-
ger im Zcntrll111 einer Hlille (Scheide) aus Lymphozyten riole, die keine I-Lymphozyten-Scheide mehr besitzen,
verlaufen (Abb. 6. 17). Diese periarterielle Lymphozyten- ~ Kapillaren
scheide (PALS) ist Lmterschiedlich dick und kann Unter-
brechungen aufweisen; sie besteht aus T -Lymphozyten. Die Die Kapillaren der roten Pulpa sind vereinzelt sog. Hiilsen -
Zentralarterien geben zahlreiche Seitenäste ab, die die der kapillaren, die beim Menschen eher selten Lmd klein sind.
P ALS anliegenden Lyrnphfollikel versorgen oder in die rote Typische Billsenkapillaren kommen in der Milz von man-
Pulpa eintreten, wo sie wahrscheinlich oft als Arteriolen chen Säugetieren, z.B. der Katze, vor (Abb. 6.18). Sie
offen enden. Die Zentralarterien bzw. -arteriolen können bestehen aus Kapillaren mit sehr durchlässigem Endothel,
die von einem mehrlagigen Geflecht aus retikulären Fasern
(= Hillse = Ellipsoid =Spindel = Schweigger-Scidel-Hülsc)
ll111geben sind; in dieses retikuläre Fasergeflecht sind zahl-
reiche Makrophagen eingelagert.
Die Kapillaren - und wahrscheinlich Zll111 Teil auch die
Marginalzone.. Sekundärfollikel
penfol""ku1~- z
... e one
• • Kapillare des
•: P lpa offenen KreiSaus
terminalen Arteriolen - können entweder offen im retiku-
•, ,. •• •, , .1 f
lären Bindegewebe der Pulpastränge der roten Pulpa en-
Zentralarterie ••• >.. ·.. \
.. .. .. ...... .. .. .. .. ~-"''
U
strange
-
:
I

den ("offene" Zirkulation) oder gehen direkt in die Milz-

>. ..
periarterieUe
'
sinus über ("geschlossene" Zirkulation). Wahrscheinlich
LymphCR:yten· •••••• Kapmare des überwiegt beim Menschen sehr deutlich die "offene" Zirku-
scheide ··- • • , -geschlossenen lation, die eine einzigartige Besonderheit im sonst geschlos-
Kreislaufs
senen Kreislauf des Menschen ist. Die Sinus repräsentieren
·---HOlsenkapillare
in der Milz den Gefai~abschnitt, der den Kapillaren folgt.
'' "'' ~---- -- Pinselarteriolen
Pulpavene-- Lmd der den Beginn des venösen Systems der Milz darstellt.
- Primärfollikel Das arterielle Blut gelangt also indirekt oder direkt in die Si-
pariarterielle nus.
: -Lymphozyten-
scheide (PALS)
Trabekei - Venöses System Die Sinus sind weitlurnig, anastomosie-
ren miteinander und nehmen einen großen Teil der roten
Trabekel-. • Marginalzone
arterie Pulpa ein. Sie gehen in kurze, dünnwandige Pulpavenen
Trabekel- __ • •
Sekundärfollikel
über, die in die Trabekel eintreten und hier die Trabekel-
vene • • venen bilden. Trabekelvenen besitz.cn eine sehr dünne
• '. Zentralarterie
• • Wand mit nur vereinzelten glatten Muskelzellen und bil-
Lymphgefäß '.
den schließlich die Milzvenc, die in die Pfortader einmiin-
Primärfollikel
det.
Abb. 6.17 Blutgefäße in der Milz (Schema). Das arterielle
Blut ftießt über Milz- und Balkenarterien in die Zentralarte-
rien der weißen Pulpa. Die Zentralarterien verzweigen sich
Pulpa
terminal zu Pinselarteriolen. Den kapillären Endabschnitten Das Innere der Milz wird von der Milzpulpa ausgeflillt, die
der Penicilli liegen zum Teil sog. Hülsen an. Die Endkapilla- das Organparenchym repräsentiert und die der Kapsel und
ren münden offen in die rote Pulpa oder zum Teil auch direkt den Trabekeln unmittelbar anliegt- es fehlt der Randsinus
in die Mitzsinus. Diese sammeln sich in Pulpavenen, die über der Lymphknoten!
die Balkenvenen die Milz verlassen. Seitenzweige der Zent-
ralarterien münden ebenfalls offen in die Marginalzone.
6.3 Lymphatische Organe 239

w
R R

Abb. 6.19 Pulpa der Milz.


a: Kleinkind; die Pulpa glie-
dert sich in lymphozyten-
reiche weiße (W) und blut-
und gefäßreiche rote (R)
Pulpa. Die weiße Pulpa ent-
hält viele SekundärfollikeL
K Kapsel. Färbung H. E.;
Vergr. 25-fach. b: Die weiße
Pulpa einer erwachsenen
Milz mit sich verzweigender
Zentralarterie (A) und
PALS (1) und Primärfollikeln
(2), Sekundärfollikel sind
selten. Färbung H. E., Vergr.
120-fach.

Weiße und rote Pulpa Die Pulpa gliedert sich in (Abb. Grundgerüst Gemeinsam ist weißer tmd roter Pulpa ein
6.19): Grundgerüst aus retikulärem Bindegewebe mit fibroblas-
• die weiße Pulpa und tischen Retikulumzellen und retikulären Fasern. Diese Fa-
• die rote Pulpa. sern werden immer von diinnen Ausläufern der Retiku-
lumzellen bedeckt. Dadurch sind sie den 1hrombozyten
Die weiße Pulpa repräsentiert das Immunsystem der Milz, nicht zugänglich, und die Auslösung der Blutgerinnung
die rote Pulpa ist eine Art Blutfilter, baut vor allem alte Ery- wird verhindert. Die fibroblastischen Retikulwnzellen ent-
throzyten ab und speichert 1hrombozyten. Beide Bereiche halten in unterschiedlichem Ausmaß Aktin tmd sind wahr-
stehen in enger Beziehung zu bestimmten Abschnitten des scheinlich in der Lage, sich zu kontrahieren, was ftir alle
Blutgefäßsystems. Der jeweilige Anteil von weißer und roter 1heorien zur Fortbewegung der Erythrozyten in der roten
Pulpa ist individuell unterschiedlich: Bei Erwachsenen macht Pulpa von Interesse ist.
die weiße Pulpa ca. 25'Mt, die rote Pulpa 75% aus, bei Klein-
kindern ist der Anteil der weißen Pulpa i. A. deutlich größer. Weiße Pulpa
Bei einer Sepsis oder bestimmten Leukämien kann sich der Der weißen Pulpa gehören folgende Bereiche an (Abb. 6.20):
Anteil der weißen Pulpa erhöhen. • die perlarterielle Lymphozytenscheide (PALS)
• die Lymphfollikel
• die Marginalzone.
240 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

T-Lymphozyten nur auf der gegenüberliegenden Seite der


Follikel vorkommen.

Lymphfollikel Die sekun dären Follikel (= Milzknöt-


chen, = Malpighi-Körperchen) bestehen vor allem aus
B-Lymphozyten und follikulären dendritischen Zellen lmd
sind aus Keimzentrum und Corona aufgebaut. Die Corona
entspricht dem Lymphozytenrandwall ( = Mantelzone) der
Follikel im Lymphknoten und ist vorwiegend aus ruhenden
naiven B-Lymphozytcn aufgebaut. Ein Keimzentrum (mit
dunkler und heller Zone, mit Makrophagen und CD4-posi-
tiven T -Lymphozyten) ist in den Milzfollikeln gesunder Er-
wachsener nur selten zu finden, tritt aber bei Kleinkindern
häufig auf. Das helle Keimzentrum (Abb. 6.20a, c) besteht
vorwiegend aus aktivierten und proliferierenden B-Lym-
phozyten (Kap. 6.2). Bei ge5llnden Erwachsenen findet man
meistens allenfalls in Rückbildung begriffene Keimzentren.
Die Follikel der Erwachsenen sind also zu allermeist Pri-
märfollikel (eine AnsammlLmg naiver B-Lymphozyten), die
im Paraffinschnitt nicht leicht zu erkennen sind und oft nur
wie eine verdickte Stelle der PALS aussehen (Abb. 6.19). Die
variabel gestaltete Blutgefaßversorgung der Follikel geht
von der Zentralarterie aus.

Marginalzone Die Corona wird von einer etwas helleren


Marginalzone umgeben, die durch eine Schicht von Myo-
fibroblasten noch in eine innere und äußere Marginalzone
untergliedert ist. Zwischen Corona lmd Marginalzone be-
findet sich beim Menschen kein Sinus, der diese Grenze bei
der Ratte markiert. Die Marginalzone enthält große helle
B-Lymphozyten (vor allem B-Gedächtniszellen). Die äuße-
re Marginalzone setzt sich mit ihren B-Lymphozyten auf
der Außenseite der PALS fort. In der Marginalzone treten
auch- vor allem CD4-positive - T-Lymphozyten auf.

Perifollikuläre Zone Die perifollikuläre Zone wird schon


der roten Pulpa zugezählt, ist aber funktionell eng mit der
weißen Pulpa, speziell mit den Follikeln verbunden. Sie
liegt der Marginalzone außen an und ist in1 Routinepräpa-
rat oft schwer eindeutig abzugrenzen. Da hier aber Arterio-
len, Seitenäste der Zentralarterie, offen ausmiinden, kann
der Bindegcwcbsralun dieser Zone auffällig reich an Ery-
throzyten sein, was auch im H.E.-Präparat auffallt (Abb.
6.20a, c). Die hier aus dem Blutstrom gespülten T-Lympho-
Abb. 6.20 Weiße Pulpa des Menschen (Kind). zyten streben in die PALS, die B-Lymphozytcn wandern in
a: Perlarterielle Lymphozytenscheide (PALS) und Follikel (F) die Follikel. Diese Region dient also auch der Rezirk ulation
in der Übersicht. ~ Zentralarterie. Färbung H. E., Vergr. der Lymphozyten lmd entspricht somit funktionell den
120-fach. b: PALS mit Zentralarteriole ( ~),Färbu ng H. E., hochendothelialen Venolen der Lymphknoten und Tonsil-
Vergr. 450-fach. c: Sekundärer Lymphfollikel mit Keim zent- len, die es in der Milz nicht gibt. Diese Zone ist auch reich
rum (1 ), Corona (2), Marginalzone (3) und perlfollikulärer an Granulozyten. In der perifolliku.lären Zone gibt es eigen-
Zone (4). Färbung: H. E., Vergr. 250-fach. artige Kapillaren, die eine Scheide aus Makrophagcn besit-
zen tmd deren spezifische Punktion noch nicht bekannt
sind (es sind keine "Hülscnkapillaren").
PALS Die periarterielle Lymphozytenscheide (PALS) be-
steht ganz überwiegend aus T -Lymphozyten (vorwiegend Rote Pulpa
CD4-positiv (Abb. 6.21), nur relativ wenige sind CD8-posi- Wichtigste Komponenten der roten Pulpa sind die Pul-
tiv) und besitzt interdigitierende dendritische Zellen. Die pastränge (= Milzstränge, = Billroth-Stränge, benannt nach
Scheide ist unterschiedlich dick und speziell in ihrem End- Tbcodor Billroth, 1829- 1894, Chirurg in Zürich und Wien,
bereich manchmal unterbrochen. In dickeren Abschnitten einem engen Freund von Johanncs Brahms) und die venö-
der PALS sind die T-Lym phozyten oft konzentrisch ange- sen Milzsinus (Abb. 6.22).
ordnet, die einzelnen T-Lymphozyten-Schichten sind durch
fibroblastische Retikulwnzellen mit myofibroblastischen Pulpastränge Die Pulpastränge haben ein Grundgerüst
Eigenschaften getrennt. Dort, wo Follikel vorkommen, aus retikulärem Bindegewebe, d.h., die Kollagenfibrillen
grenzen diese oft direkt an die Zentralarterie, sodass die der retikulären Fasern werden scheidenartig von flachen
6.3 Lymphatische Organe 241

a b
Abb. 6.21 T- und B-Lymphozyten in der weißen Pulpa eines Kindes. a: lmmunhistochemischer Nachweis von CD4-
positiven T-Lymphozyten (braun) in der PALS, ~ Zentralarterie. Vergr. 250-fach. b: Immunhistochemischer Nachweis von
CD20-positiven B-Lymphozyten in einem Sekundärfollikel (F), Vergr. 120-fach.

a b
Abb. 6.22 Rote Pulpa der Milz (Mensch). a: Hauptkomponenten sind die zahlreichen, sich zum Teil verzweigenden Milz-
sinus (1), in deren Lumen Erythrozyten (rot gefärbt) erkennbar sind, und die zwischen den Sinus liegenden zellreichen
Pulpastränge (2) retikulären Bindegewebes. Färbung: Azan; Vergr. 250-fach. (Aus [1]) b: Immunhistochemischer Nachweis
des Vimentins, Baustein der Intermediärfilamente, in den Endothelzellen der Milzsinus (1), Vergr. 450-fach.

Ausläufern der fibrob lastischen Retikulumzellen umhüllt. be, durch das Maschenwerk des retikulären Bindegewebes
In diesem sehr weitmaschigen Bindegewebe kommen viele wieder in das Blutgefäßsystem zurückzukehren, tmd sie
Makrophagen, Plasmazcllen, 1hrombozyten und auch Lym- müssen zusätzlich von außen durch Schlitze zwischen den
phozyten vor. In die Maschen dieses Bindegewebes mün- Endothelzellen der Sinus hindurchtreten. Wie diese Wande-
den offen Kapillaren - wahrscheinlich auch Arteriolen - , rung der nicht eigenbeweglichen Erythrozyten (auch der
die terminal aus den Pinselarteriolen hervorgehen. Ver- 1hrombozyten) genau vor sich geht, ist noch nicht eindeutig
mutlich gehen nur wenige Kapillaren der Pulpastränge klar. Vermutlich werden sie durch den Strom des Blutplas-
direkt in die Sinus über. mas vorangetrieben und ihre stark ausgeprägte Verfarm-
Die vielen Makrophagen im Bindegewebe erkennen alte barkelt erleichtert ihnen den Durchtritt durch Schlitze zwi-
Erythrozyten und bauen sie ab. Durch die Erythrozyten- schen den Endothelzellen der Sinus (Abb. 6.23, 6.24). Es ist
bruchstücke erhalten sie eine brätmlich-gelbe Eigenfarbung aber nicht gesichert, ob diese Schli tzc permanent o tren sind
und lassen sich mit hislochemischen Eisenreaktionen spezi- oder ob die Endothelzellen aktiv die Schlitze vorübergehend
fisch darstellen (Abb. 2.66). Vermutlich liegt der biologische ausbilden. Oie Pulpastränge sind auch Speicherraum für
Sinn der offenen Gefäßstrecke der Pulpastränge darin, dass 1hrombozyten und in ihnen reifen viele Retikulozyten (fast
hier Makrophagen relativ leicht direkt in Kontakt mit den reife Erythrozyten) aus.
Erythrozyten treten und gealterte rote Blutzellen erkennen
können. Hier können sie auch pathologisch veränderte oder Milzsinus Oie zahlreichen, meist verzweigten, weitlurni-
von Parasiten (z.B. Plasmodien) befallene Erythrozyten er- gen Milz.sinus besitzen eine einschichtige Wand aus beson-
kennen. deren, längs verlaufenden Endothelzellen (Abb. 6.22, 6.23).
Oie nicht gealterten Erythrozyten stehen vor der Aufga- Diese Zellen sind schlanke Stäbe mit zugespitztem Ende
242 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

Ba salmembran-
streifen
Makrophage

Makrophage
Kollagenfibrillen

Abb. 6.23 Milzsinus (Schema) . Die Wand besteht aus längs verlaufenden Endothelzellen, zwischen denen Lücken auftreten
können. Durch die Lücken wandern intakte Erythrozyten aus dem Bindegewebe der Pulpastränge in den Blutstrom zurück.
Außen bedecken Basalmembranstreifen die Endothelzellen. Diesen Basalmembranstreifen liegen Fortsätze von fibroblastischen
Retikulumzellen und zum Teil auch Kollagenfibrillen an, die sonst im retikulären Bindegewebe der Pulpastränge ein Maschen-
werk aufbauen. (Aus (1])

und recht organellreichem Zytoplasma, das auch Granula


und viele Vesikel enthält. Sie sind wahrscheinlich durch
Nexus und besondere Adhäsionsmoleküle verbunden und
enthalten reich entwickelte Filamentsysteme aus
~
• Intennediärfilarncntcn (Abb. 6.22b) tmd
Abb. 6.24 Wand der
• aus Aktinfilamenten, die vor allem basal in den Zellen ge-
Milzsinus.
legen sind und hier stützende .,Stressfasern" bilden (Abb.
6.24c).

Ihre Basallamina ist auf dicke ri ngförmige sclumlle Streifen


begrenzt, denen retikuläre Pasern anliegen (Ringfasern), ne Lymphkapillaren, die in etwas größere Lymphgefäße in
welche ihrerseits von Ausläufern der fibroblastischen Reti- den Trabekeln übergehen. Letztere erreichen das Milzhilum
kulumzellen bedeckt werden (Abb. 6.23, 6.24). und finden Anschluss an Lymphgefäße des Abdominal-
ratuns.
Merke Die Milz wird von einer BindegewebskapsellliU-
geben, von der aus Trabekel ins Innere ziehen. Das Or-
Klinik Splenomegalie ist eine Milzvergrößerung auf über
ganparenchym grenzt direkt an die Kapseltmd wird Milz-
350 g. Der Befund ist klinisch wichtig, aber nicht spezifisch
pulpa genannt, die in rote und weiHe Pulpa gegliedert ist.
und kommt z.B. bei Kreislaufstönmgen, Entzündungen,
Die rote Pulpa tunfasst die Pulpastränge tmd die Milz-
Stoffwechselstönmgen wie Lipidosen und Mucopolysaccha-
sinus. Hier werden alte Erythrozyten abgebaut. In den ridosen, aber auch bei neoplastischen Systemerkranktmgen
Pulpastreingen ist das Blutgefäßsystem weitgehend offen.
vor.
Die weiße Pulpa ist in perlarterielle Lymphozytenscheide Bei der Kugelzellenanämie, einer angeborenen Erkran-
tmd Lymphfollikel gegliedert. Sie repräsentiert das Im-
kung der Erythrozyten, die durch mehr oder weniger kuge-
munsystem in der Milz. lige Erythrozyten gekennzeichnet ist (Ka.p. 4.1), können die
Erythrozyten nur schlecht durch die Spalten der Milzsinus-
wände hindurchtreten. Sie werden dann auch in nicht ge-
Lymphgefäße der Milz altertem Zustand vermehrt abgebaut, was zu einer so schwe-
Die Lymphgefäße der Milz sind schwach entwickelt und ren Anämie Hiliren karm, dass die Milz operativ entfernt
verlaufen nur efferent. Sie entspringen in der PALS als fei- werden muss.
6.3 Lymphatische Organe 243

follikuläre dendr~ische
Zelle (FDC)
Makrophage, afferentes
Lymphgefäß
''

Makrophage Sinus-

-_ • ~ndothel

hbroblastlsche
I I 1
1
Retikulumzelle
Marksinus ::

Markst ränge' •
-Arterie fibroblastlsche
efferentes Lymphgefäß· Retikulumzelle

Abb. 6.25 Lymphknoten, schematisch in 4 Sektoren (I-IV) gegliedert, deren Komponenten aber im ganzen Lymphknoten
in gleicher Weise entsprechend verteilt sind. I mit B-und I-lymphozyten assoziierte Strukturen; n Makrophagen und antigen-
präsentierende Zellen (APC): Follikuläre dendritische Zellen (FDC) präsentieren den B-lym phozyten, interdigitierende dendri-
tische Zellen (IDC) den I -lymphozyten die Antigene; III Mikrozirkulation; IV Follikel und fibroblastische Retikulumzellen. In
den hochendothelialen Venolen emigrieren Lymphozyten aus dem Blutstrom. (Aus (1])

Die Milz ist oft bei neoplastischen hämatologischen artige Kompartimente tmtergliedern. Kapsel und Trabekel
Krankheiten betroffen. Bei manchen Anämieformen, Leuk- bestehen aus straffem kollagenem Bindegewebe (Typ-I-
ämien und manchen Vergiftungserkrankungen kann die Kollagen) mit Fibroblasten tmd elastischen Fasern.
Milz des erwachsenen Menschen wieder Blutzellen bilden
(mycloide Metaplasie). Damit nimmt sie eine Funktion wie- Rinde und Mark Das In n ere der Lymphknoten wird von
der auf, die sie als Normalfunktion in der Embryonalzeit ge- einem retikulären Bindegewebe ausgefüllt, in das unter-
leistet hat Bei gesunden Kindern und Erwachsenen erfolgt schiedliche Formationen von Lymphozyten eingelagert
die Blutzellbildung aber nur im Knochenmark sind. In der Randzone der Lymphknoten sind die Lympho-
zyten dichter gelagert als im Zentrum (Abb. 6.24, 6.26),
dementsprechend unterscheidet man in Rinde (Ko rtex) und
Lymphknoten Mark (Medulla). Die Grenze zwischen beiden is t tmscharf.
Es gibt beim Menschen ca. 600- 700 Lymphknoten, die oft
rundlich oder nierenförmig gestaltet und in das System der Sinus Wichtig fiir das Verständnis der Funktion der
Lymphgefaße eingeschal tet sind. Größere Ansammhmgen Lymphknoten ist das System der Sinus, die im Lymphkno-
finden sich vor allem in der Leistengegend, im Hals, in der ten spezielle Bahnen für cUe Lymphe bilden, die über die
Achselhöhle, im Mcdiastinum, paraaortal tmd in den Me- afferen ten Lymphgefäße in die Lymphknoten flieHt. Unter
senterien. der Kapsel b efindet sich der Randsinus (Abb. 6.25, 6.27),
Lymphknoten sind ca. 2 - 20 mm groß tmd filtern die der die afferente Lymphe attfnimmt und von dem aus sie in
Lymphe der verschiedenen Körperregionen, die durch sie die Radiärsinus (Intermediärsinus) übertritt, die parallel zu
tmidircktional hindmchlließt. Sie besitzen ein Hilum, an den Trabekeln ins Innere verlaufen. Im Zentnun nehmen
dem Blutgefaße ein- tmd austreten (Abb. 6.25). Am Hilum die zahlreichen, miteinander anastomosierenden Mark-
findet sich auch ein (selten 2 oder mehr) austretendes (effe- sinus die Lymphe attf, aus ihnen fließt sie in das efferente
rentes) Lymphgefaß. Die typischen zufiih renden (afferen- Lymphgefäß tmd verlässt den Lymphknoten.
ten) Lymphgefaße treten in gröHerer Zahl an verschiedenen
Stellen der Oberfläche in die Lymphknoten ein. Die histolo- Merke Weg der Lymphe im Lymphknoten: afferente
gische Struktm der Lymphknoten eines Individuums vari- Lymphgefäße -+ Randsinus-+ Radiär(= Intermediär)si-
iert erheblich und spiegelt Alter sowie überstandene oder nus -+ Marksinus -+ efferentes Lymphgefäß. Cave: Sinus
akute Krankheiten wider. sind im Lymphknoten Lymphgefaße, in der Milz venöse
Blutgefäße.
Aufbau Die Sinus sind von flachen Endothclzcllen begrenzt (Abb.
Kapsel und Trabekel Das Organ wird von einer Kapsel 6.27, Abb. 6.28), denen sogar auf der Seite der Sinus, die an
wugeben, von der aus sich verzweigende Trabekel ins Inne- Kapsel oder Trabekel grenzt, eine durchgehende Basallami-
re ziehen, die den Lymphknoten unvollständig in kammer- na tmterlicgt Auf der Seite der Sinus, die an das Parenchym
244 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

grenzt, ist das Endothellockerer gefügt, die Basallamina ist


vielfach unvollständig. In den Lücken des Endothels liegen
Portsätze von Makrophagen. Die Natur der Sinusendothel-
zellen wird unterschiedlich beurteilt, zum Teil werden sie als
abgeflachte fi.broblastische Retikulumzcllen angesehen, zum
Teil als Endothelzcllen. Das Ltunen der Sinus wird von reti-
kulären Pasern durchquert, die von Fortsätzen der fibroblas-
tischen Retikulumzellen ummantelt werden (Abb. 3.2.16,
Abb. 6.25, Abb. 6.27). Nach anderer Auffassung sind die Zel-
len, die die retikulären Fasern im Sinuslumen wnhüllen und
begleiten, Sinusendothelzellen, die aus dem Endothelver-
band ausscheren. Zweifelsohne sind die infrage stehenden
Zellen in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht verwandt.

Blutgefäße Die Blutgefaße (Abb. 6.25) dienen der Ver-


sorgung des Parenchyms. In einem besonderen Gefaßab-
schnitt, den hochendothelialen Venolen (HEV) in der para-
kortikalen Zone (Abb. 6.29), können die Lymphozyten den
Blutstrom verlassen und in das Parenchym übertreten. Die
HEV, die es auch in Tonsillen un d Peyer-Plaq ues gibt, bin-
den Lymphozyten und sind eine wichtige Station auf der
Wanderung dieser Zellen durch den Körper. Ihr Endothel
besitzt eine spezifische Glykokalix mit dem CD34-Molekül
und einem spezifischen Adhäsionsmolekül (GlyCAM-1).
Es exprimiert außerdem bestimmte Adhäsionsmoleküle der
Immunglobulin-Superfamilie (z. B. ICAM-1 und -2 sowie
VCAM) und der Selektin-Pamilie (z.B. ELAM-1 tmd
P-Selektin). Auf der Seite der Lymphozyten spielen Mem-
branproteine wie z. B. L-Selektin, G-Prote.in-gekoppelte Re-
zeptoren und lntegrin LFA-1, eine wichtige Rolle beim an-
fanglichen lockeren Rollen und Anhaften sowie schließlich
beim Pesthaften an den endothelialen Adhäsionsmolekü-
len. Nach der Adhäsion treten die Lymphozyten durch das
Endothel hindurch (Abb. 6.30).

Abb. 6.26 Lymphknoten, Übersicht 1 Rindenregion; Rinde mit Lymphfollikeln und parakortikaler Zone
* Lymphfollikel in der Rindenregion, umgeben von den Im Kortex befinden sich einerseits Lymphfollikel, in denen
parakortikalen (• parafollikulären) Regionen; 2 Mark mit die B-Lymphozyten angesiedelt sind (Abb. 6.26, Abb. 6.31).
Marksträngen und Marksinus; 3 Kapsel; 4 Hilum. Mensch; Zwischen den Follikeln und unterhalb von ihnen liegt ande-
Färbung: H. E.; Vergr. 5-fach.

a b
Abb. 6.27 Randsinus eines Lymphknotens (Mensch). a: Durch den Randsinus (S) ziehen zahlreiche schlanke retikuläre
Fibroblasten hindurch (~),außerdem finden sich hier Lymphozyten (kleine kugelige Kerne). 1 Kapsel des Lymphknotens,
2 T-Region der Rinde. Färbung: H. E., Vergr. 450-fach. b: Randsinus (S) mit Darstellung der (schwarzgefärbten) feinen retiku-
lären Fasern(~), 1 Kapsel (Braunfärbung: Typ-I-Kollagen), 2 T-Region der Rinde (siehe auch Abb. 3.2.16). Färbung: Silber-
imprägnation nach Gomori, Vergr. 250-fach.
6.3 Lymphatische Organe 245

a c
Abb. 6.28 Ultrastruktur Abb. 6.30 Emigrierender
des Randsinus. Lymphozyt..

rerseits die sog. parakortikale (= parafollikuläre) Zone, die (so wie ca. 60~ aller B-Lymphozyten im Blut), d. h., sie sind
dem T-Zell-Areal entspricht (Abb. 6.26, Abb. 6.31, Abb. noch nicht antigenstimuliert Der Follikelmantel ist oft an
6.32). Die Follikel können differenziert sein als Primärfolli- der zur Kapsel weisenden Seite verdickt und bildet hier eine
kel, Sekundärfollikel oder Tertiärfollikel (zugnmde gehende sog. Kappe.
Follikel).
Keimzentren In den Keimzentren machen die B-Lym-
Primärfollikel phozyten wichtige Verändenmgcn durch:
Die Primärfollikel sind einheitliche Ansarrmlltmgen von rei-
fen, aber noch naiven B-Lymphozyten. Diese B-Lymphozy-
ten sind also noch nicht mit Antigenen in Kontakt gekom-
men, sodass sie weder proliferieren noch in einen komplexen
Diftcrenziemngsprozess eingetreten sind. An Aufbau tmd
Organisation der Follikel sind sowohl fibroblastische Reti-
kulumzellen als auch follikuläre dendritische Zellen betei-
ligt. Letztere sind über kleine Desmosomen verbunden.

Sekundärfollikel
Aufbau In den auffilligen Sekundärfollikeln lässt sich ein
dichter peripherer Sawn (= Lymphozytenmantel =Follikel-
mantel = Randwall) aus kleinen Lymphozyten mit Ober-
flächenantikörpcrn der IgM- und IgD-Klasse von einem
helleren Zentrum, dem Keim- oder Reaktionszentrum, un-
terscheiden (Abb. 6.25, Abb. 6.26, Abb. 6..33). Das Grundge-
rüst bilden fibroblastlsche Retikulwnzellen und retikuläre
Fasern. Die Zellen des Randwalls sind ruhende naive Zellen Abb. 6.31 B-Lymphozyten im Kortex eines Lymph-
knotens. Oie B-Lymphozyten kommen vorwiegend in den
Lymphfollikeln (1) vor; 2 parafollikuläre (= parakortikale)
Region. Mensch; Färbung: immunhistochemischer Nachweis
des C020-Proteins, das B-Lymphozyten markiert. Vergr.
100-fach. (Aus [1))

Abb. 6.32 T-Lymphozyten im Kortex eines Lymph-


knotens. Oie T-Lymphozyten sind zwischen den Follikeln
Abb. 6.29 Hochendotheltale Venole (HEV) in der para- (parafollikuläre Region, 3) sowie im Reaktionszentrum der
kortikalen Zone (• T-Region, 1) eines Lymphknotens. Foll.ikel nachweisbar. OieT-Zellen im Reaktionszentrum sind
* Lumen; ? ovale helle Kerne der Endothelzellen; .." emi- TH2-Helferzellen (T· Helferzellen). 1 Randwall; 2 Reaktions-
grierende Lymphozyten im Endothel. Mensch; Plastikschnitt zentrum. Mensch; Färbung: immunhistochemischer Nachweis
Färbung: H. E., Vergr. 450-fach. des C03-Proteins. Vergr. 150-fach. (Aus [1))
246 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

• Hypermutationen fnhren ZLLT Affinitätsreifung, in deren ge Zeit Antigen-Antikörper- Komplementkomplexe binden


Verlauf B-Lymphozyten mit zunehmender Antigenaffini- (nantigen-trapping"). Das Fremdantigen wird den B-Zellen
tät selektioniert werden, und im Keimzcntrum, vor allem auf dem Entwicklungsstadium
• Umschaltung auf verschiedene Immtmglobulin-Isotypen, der Zentrozyten, präsentiert. Zentrozyten, die das präsen-
was die Feinabstimmung der Antikörperbildung für ver- tierte Antigen nicht oder nur schwach binden (90'l' aller
schiedene Funktionen erlaubt. Zentrozyten!), werden in der hellen Zone durch Apoptose
eliminiert. Es überleben diejenigen Zentrozyten, deren Im-
Die Keimzentren sind Orte der B-Zell-Preliferatien und munglobulinrczcptoren eine hohe Affinität ZLun präsentier-
-Differenzierung sewie des Absterbens ve n fehldifferen- ten Antigen aufweisen. Solche Zentrozyten entwickeln sich
zierten B-Lymphezyten (s.a. Abb. 6.39b) und lassen eine zu langlebigen Plasmazellen oder zu Gedächtnis-B-Zellen
helle Ze ne (nach außen weisend) ve n einer dunklen Zene weiter (Abb. 6.34). Letztere können bei neuem Kontakt mit
(nach irlnen weisend) unterscheiden (Abb. 6.33). Die dunk- demselben Antigen rasch reagieren. Die Plasmazellen bil-
le Ze ne enthält ve r allem Zentreblasten, die helle Ze ne ver den zuerst IgM, später IgG oder IgA (Isotyp-Switching).
allem Zentrezyten, beide entsprechen verschiedenen Diffe- Die letzten Schritte der Gedächtniszell- und Plasmazellbil-
renziemngsfermen der B-Zellen. dLmg finden außerhalb der Sekundärfollikel statt.

Zentrablasten Die Zentrohlasten sind eine relativ große, T- Helferzellen Außerdem kommen im Keimzentrum
frühe Differenzierungsphase (Abb. 6.34). Sie entstehen ca. 4 (Abb. 6.32) bestimmte T-Helferzellen (CD4-positive TH2-
Tage nach Antigenkontakt aus aktivierten B-Zellen, die in Helferzelle, Kap. 6.2.1) Lmd Makrophagen vor. Die T-Hel-
den Primärfollikel eingewandert sind. Die Zentrohlasten ferzellen machen ca. lO'l' der Lymphozyten des Keimzent-
teilen sich schnell, und bei ihnen kommt es im Bereich nun s aus Lmd sind für die B-Lymphozytcn-Diflerenzierung
der variablen Region der Immunglobuline zu Hypermuta- unentbehrlich. Die Makrophagen sind an der Elimination
tionen. der apoptotischen Zentrozyten beteiligt (Abb. 6.34).

Zentrozyten Die Zentrohlasten entwickeln sich in Kon- Marginalzone Die Zone, die sich tmmittelbar außerhalb
takt mit den follikulären dendritischen Zellen zu den klei- des Follikelmantels befindet, wird Marginalzone genannt.
neren Zentrozyten weiter. Die Zentrozyten besitzen einen Die Marginalzone ist besonders reich an B-Gedächtnis-
eingekerbten Kern und kurze lamellenförmige Zellfortsät- zellen. Die langlebigen Plasmazellen wandern bevorzugt in
ze. Sie tragen an ihrer Oberfläche viele membranständige das Knochenmark und in die Darmschleinlhaut.
Immunglobuline und können auch proliferieren. Die folli-
kulären dendritischen Zellen sind in der hellen Keimzcnt- Parakortikale Zone
nunszone besonders zahlreich. Sie sind stark verzweigt, In der parakortikalen Zone (Parakortex, T -Region) sind die
besitzen einen hellen ovalen Kern und tragen an ihrer T-Lymphozyten relativ homogen verteilt (Abb. 6.26, Abb.
Oberfläche Komplementrezcptoren, mit denen sie tLber lan- 6.33). Hier werden die T -Lymphozyten durch interdigitie-
rende dendritische Zellen aktiviert und proliferieren darauf-
hin. Hier finden sich auch die hochendothelialen Venolen.
Die aus den hochendothelialen Zellen austretenden T-Lym-
phozyten bleiben in der parakortikalen Zone. Die B-Lym-
phozyten durchwandern meist rasch die parakortikale Zone
auf dem Weg zu den Follikeln. Sie können auch auf ein spe-
zifisches Antigen stoßen und es binden. Dadurch werden sie
in der T-Zell-Zone aLUgehalten Lmd können mit antigenspe-
ziiischen T H2-Zellen interagieren. Es entsteht tmmittelbar
ein kleiner nPrimärfokus", der eine erste lmmLmantwort
gibt Lmd oft nach einigen Tagen zugnmde geh t. B-Lympho-
zyten aus einem solchen Primärfokus können auch Primär-
follikel erreichen Lmd sich hier vermehren, sodass Sekun-
därfollikel entstehen, wo es dann zu anhaltender intensiver
Immunantwort kommt.

Mark
Im Mark bildet das Lymphknotengewebe anastomosierende
Stränge (Markstränge) zwischen den Marksinus (Abb. 6.35).
In ihnen verlaLLfen kleine Blutgefäße, und sie enthalten viele
Lymphozyten, Makrophagen und auch Plasmazellen sowie
in Mesenterialyrnphknoten oft auch Mastzellen. Die Makro-
phagen können verbreitet auch in den Marksinus vorkom-
Abb. 6.33 Sekundärfollikel in der Rindenregion eines men (Abb. 3.2.15), was besonders auffällt, wenn sie Kohlen-
Lymphknotens. Keimzentrum mit heller (1 ) und dunkler Zone staub phagozytiert haben (Anthrakose, Abb. 6.36).
(2); 3 Randwall; 4 Randsinus; S parakortika le Region mit
T-Lymphozyten. Einzelne Makrophagen am Randwall sind mit
Pigment beladen (Braunfärbung). Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 150-fach. (Aus [1])
6.3 Lymphatische Organe 247
Plasmazelle

• Zentrozyten

Makrophage
mit apoptotischem-
Zentrozyt

follikuläre
dendritische· •fibroblaslische
Zelle Retikulumzelle


Zentrablasten

©
antigenstimulierter
B-Lymphozyt

Abb. 6.34 Struktur und zum Tell hypothetische Funktionen des lymphfollikels. Ein antigenstimulierter reifer B-Lyrn-
phozyt unt erliegt im Keimzentrum Hypermutationen und Differenzierungsprozessen, sodass er sich nach Durchgang durch
das Stadium des Zentrablasten und Zentrozyten entweder zu einer Gedächtniszelle oder zu einer Plasmazelle entwickeln kann.
Der Randwall besteht aus naiven B-Zellen. Zugrunde gegangene Zentrozyten werden durch Makrophagen eliminiert.

tionell wichtige Rolle spielen. Sie finden sich insbesondere in


Klinik Infektionen der Lymphknoten werden Lymphade- Schleimhäuten von Organen, die mit der Umwelt eng in
nitis genannt. Die Lymphknoten sind vergrößert und oft Kontakt stehen und damit ständig Infektionserregern aus-
auch druckschmerzbaft. Dabei können u. a. die Sinus eJWei- gesetzt sind. Solche Epithelien, die lymphatisches Gewebe
tert und zellreich oder auch die parafollikuläre Zone verbrei- bedecken, werden auch follikelasso7jierte Epithelien (FAE)
tert sein. genannt. Gegen diese mit einem Obertlächenepithel asso-
Bösartige Vergrößerungen und Veränderungen der ziierten "lymphoepithelialen" Organe werden Milz Ltnd
Lymphknoten (maligne Lymphome) gehen meistens von Lymphknoten als "lymphoretikuläre" Organe abgegrenzt.
B- und nur selten von T -Lymphozyten aus. Die heutige,
hoch differenzierte Systematik kann solche Lymphome his-
tologisch bewerten Ltnd die verschiedenen Differenzierungs- Tonsillen
formen der Lymphozyten erfassen. Die Tonsillen sind mehr oder weniger eingekapselte An-
sammlungen lymphatischen Gewebes am Eingang in den
Merke Die Lymphknoten sind von einer Kapsel umgeben. Rachen (Pharynx) und sind Teil des Waldeyer-Rachen-
Sie besitzen ein hoch entwickeltes System lymphatischer rings. Es lassen sich un terschciden:
Sinus, das aus Randsinus, Radiärsinus ( = Intermediärsi- • Tonsilla palatina (Gaumenmandel),
nus) und Zentralsinus besteht. Das Parenchym ist in Rinde • Tonsilla Iingualis (Zungenbälge),
und Mark gegliedert. In der Rinde befinden sich Lymph- • Tonsilla pharyngea (Rachenmandel) und
follikel (B-Zcll-Region) und die parakortikale Zone • lymphatisches Gewebe der seitlichen Rachenwand (Sei-
Cf-Zell-Region). tenstrang) mit der Tonsilla tubaria am Eingang der Tuba
auditiva.

Mukosaassoziierte lymphatische Organe Morphologie Die Oberfläche der Tonsillen ist durch tiefe
Die mukosaassoziierteo lymphatischen Organe und Gewebe Einsenkungen (Krypten) und Aufwölbungen unruhig ge-
werden vielfach auch lymphoepitheliale Gewebe und Orga- staltet und zerklüftet. In den Krypten ist das Epithel von
ne genannt, da in ihnen Oberflächenepithelien eine funk- Lymphozyten und anderen Leukozyten durchsetzt Ltnd oft
248 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

nur n och mit Mühe erkenn bar. Das Lumen der Krypten
enthält oft "Pfröpfe" aus abgestoßenem Epithel, Schleim
und Leukozyten.
Das Oberfläch enepithel, zum eist ein mehrschichtig un-
verh orntes Plattcncpithcl, ist über dem lymph atischen Ge-
webe oft stark aufgelockert; zwischen Epithelzellen finden
sich in großer Zahl Lymphozyten, dendritische Zellen, Neu-
trophile und Makrophagen. Die Auflockerung des Oberflä-
chenepithels durch eingewanderte Leukozyten und dendri-
tische Zellen erleichtert den Kontakt zwischen pathogenen
Mikroorganismen und Abwehrzellcn. Die obersten Zell-
schichten bleiben meist geschlossen und können M-Zellen
enthalten. Bei einer floriden eitrigen Tonsillitis wird auch
der Verband der oberen Epithelschichten von Neutrophilen
aufgebrochen.
Unter dem Epithel befinden sich Lymphfollikel (B-Zell-
Region) tmd parafollil"lllläres Gewebe (T -Zell-Region) mit
hochendothclialen Vcoolen. Die Sekundärfollikel können
sehr groß sein und bilden zwu Oberflächenepithel hin oft
eine auffallende halbmondf6 rmige Kappe aus, die einem
verdickten Randwall entspricht. Aus den To nsillen führen
efferente Lymphgefaße Lymphe zu den tieferen Lymphkno-
ten. Gegen die Umgebung sind di e Tonsillen durch eine
Bindegewebskapsel abgegrenzt, aus der sie operativ heraus-
geschält werden können.

Tonsilla palatina Die 2 Tonsillae palatinae (Tab. 6.2) ent-


stehen im Bereich der 2. Kiementasche tmd liegen links tmd
rechts am Eingang in den Rachen in der Possa tonsillans
zwischen vorderem tmd hinterem Gatunenbogen. Ihre
Abb. 6.35 Markregion eines Lymphknotens. 1 Mark- Oberfläche wird von mehrschichtigem tmverhom tem Plat-
strän ge.; 2 Marksin us, in denen ein Netzwerk fibroblastischer tenepithel überzogen, das auch die zum Teil gut 1 crn tiefen
Retikulumzellen (-+) vorkommt, di e parallel zu ihren Fort- Krypten auskleidet (Abb. 6.37, Abb. 6.38). In den Krypten
sätzen retikuläre Fasern abscheiden. 3 Kapsel. Mensch; ist das Epithel wie in allen Tonsillen von Leukozyten durch-
Färbung: H. E.; Vergr. 10-fach. setzt und zum Teil kaum erkennbar (Abb. 6.38, Abb. 6.39 ).
Die kräftige Kapsel entsendet Bindegewebssepten in die
Tonsille tmd unterteilt deren Gewebe in Läppchen. In der
Nähe der Kapsel konuueo auch muköse Speicheldrüsen
vor, die neben der Tonsille (außerhalb der Kapsel) an der
Oberfläche ausmünden.

Tonsilla Lingualis Sie liegt in der Schleimhaut des Zun-


gengrundes tmd wird auch von mehrschich tigem unver-
homtem Plattenepithel bedeckt (Tab. 6.2). Die Krypten sind
relativ ktlTZ, in ihrer Tiefe mUnden muköse Drüsen (Gil.
linguales postcriorcs). Die kraterförmigen Miind tmgen der
Krypten befinden sich aufkleinen linsenf6rmigen Schleim -
hauthöckern. Jeder größeren Krypte ist lymphatisches Ge-
webe mit Follikeln un d parafollikulären Zonen zugeordnet
(Abb. 6.40). Ein solches Aggregat mit einer zentralen
Krypte wird Zungenbalg genannt, ihm entspricht der an
der Oberfläche erkennbare linsenformige H öcker. Zwi-
sch en den einzelnen Zungenbälgen befindet sich Bindege-
webe, das in der Tiefe mit der Kapsel in Verbindtmg steht.
Alle Ztmgenbälge zusammen bilden die T onsilla Iingualis.

Tonsilla pharyngea Oie Tonsilla pharyngea (Tab. 6.2) ist


unpaar und liegt in der Schleimhaut des Dachs der oberen
Rachenetage. Sie wird von mehrreihigem Flinunerepithel
mit Becherzellen (respiratorisches Epithel) bedeckt, das von
Abb. 6.36 Kohlenstaubbeladener Lymphknoten. Die Lymphozyten durchsetzt ist (Abb. 6.4 1). Lokal finden sich
schwarzen Rußpartikel sind ganz überwiegend in Makro- regelmäßig Inseln von mehrschich tigcm unverhom tem
phagen der Markregion abgelagert. 1 Rinde; 2 Randsinus; Plattenepithel im OberflächenepitheL Typische Krypten
3 Kapsel. Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 150-fach. fehlen, stattdessen bildet die Oberfläche tmregelmäßige Fal-
6.3 Lymphatische Organe 249

Abb. 6.37 Tonsilla palatina, Übersicht. Das mehrschich- Abb. 6.38 Tonsilla palatina. Das mehrschichtige unver-
tige unverhomte Plattenepithel bildet tiefe, verzweigte homte Plattenepithel der Krypten (1) ist als zusammenhän-
Einsenkungen (s Krypten, * ). Diese werden von lymphati- gender Zellverband auf zum Teil 2-3 dünne Zelllagen (~)
schem Gewebe mit zahlreichen lymphatischen Sekundär- reduziert. lnfolge einer Durchsetzung mit Lymphozyten ist
follikeln (F) unterlagert. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 12- das Epithel zu einem lockeren, netzförmigen epithelialen
fach. Zellverband transformiert worden. Unter diesem Epithel er-
kennt man im lymphatischen Gewebe (2) Anschnitte von
Sekundärfollikeln mit Randwall (3) und Reaktionszentrum
( 4 ). Letzteres ist hier gut erkennbar in helle (* ) und dunkle
(**) Zone gegliedert; 5 normales OberflächenepitheL
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 60-fach.

ten und Buchten. Das lymphatische Gewebe bildet nur ein e Lymphatisches Gewebe im Darmtrakt
ungefähr 2 mrn dicke Schicht. Die Kapsel enth ält viele elas-
tische Fasern. Unter der Kapsel liegen gemischt seromu- Die Peyer-Plaques (Polliculi lymphatlci aggregati) sind 2 -5
köse Drüsen, die an der Oberlläche dieser Tonsille aus- (bis 20) cm große Verdickungen der Mukosa und zum Teil
münden. auch der Submukosa des terminalen Ileums. Ähnliche, aber
deutlich kleinere Strukturen kommen im ganzen Dünn-
darm, in der Appendix und manchmal auch im Kolon vor.
Klinik Die Tonsillen als .,vorgeschobene Posten" des Im-
munsystems müssen sich häufig mit Krankheitserregern Plaques Die Verdickungen (.,Platten", Plaq ues) werden
(Bakterien, Viren) auseinandersetzen, und es kommt daher durch zahlreiche Lymphfollikel (B-Zell-Region) und para-
oft zu Entzündungen (Tonsillitis, Mandelentzündung). Da- (inter)folllkuläres Gewebe (T -Zell-Region) hervorgerufen,
bei kann das Oberflächenepithel massiv mit NeutraphiJen die sich gegenüber dem Mesenterialansatz primär in der
infiltriert (eitrige bakterielle Entzünd ungen) oder sowohl Mukosa bilden (Abb. 6.42). In den parafollikulären T-Zell-
mit Lymphozyten als auch NeutraphiJen durchsetzt sein. Bei Regionen liegen hochendotbcliale Venolen und efferente
eitriger Tonsillitis finden sich auch im Oberflächenschleim Lymphgefäße.
zahllose Neutrophile.
Vom lymphatischen Gewebe der Tonsillen können auch Domepithel Ober den Lymphfollikeln bildet das Darm-
bösartige Lymphome ausgehen. epithel flache Vorwölbungen, in deren Nachbarschaft durch-
250 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

Tab. 6.2 Besonderheiten der Tonsillen.

TonstUa palattna Tons;Ua lingualis Tonstlla pharyngea, Tonsllla


tubarta

Oberflächen- mehrschichtiges unverhomtes mehrschichtiges unverhomtes respiratorisches Epithel, zum Teil


epithel Plattenepithel Plattenepithel lokal auch mehrschichtiges unver-
horntes Plattenepithel
Krypten tief, verzweigt, stehen relativ relativ flach, wenig verzweigt, keine typischen Krypten, nur un-
dicht stehen relativ weit auseinander regelmäßige Falten und Buchten
Besonder· außerhalb der kräftigen Kapsel am Grund der Krypten münden unter der Tonsille liegen gemisch-
heiten befinden sich einzelne muköse muköse Gll. linguales, in der te Drüsen, die an der Oberfläche
Drüsen, die meist neben der Ton- Umgebung befindet sich Zungen· münden, Tonsilla pharyngea ist
sille münden, zum Teil sind außen muskulatur, Kapsel weniger gut am Periost befestigt
einzelne Skelettmuskelzellen im abgrenzbar
Präparat sichtbar (Pharynxmusku-
latur)

a b
Abb. 6.39 Tonsuta palatlna. a: Lymphfollikel (1} mit zur Oberfläche gerichteter Kappe in der Wand einer Krypte. Im Reak-
tionszentrum des Follikels sind die dunkle (**) und helle (*) Zone gut erkennbar. In das mehrschichtige unverhomte Kryp-
tenepithel sind zahlreiche Lymphozyten eingedrungen, sodass vom Epithel nur ein grob netzförmiger Rest erkennbar ist (2).
3 Lumen der Krypte. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 110-fach . b: Reaktionszentrum eines Follikels bei Tonsillitis mit gut
erkennbaren Makrophagen (-+}, die apoptotische Lymphozyten phagozytieren. Mensch; Färbung: Giemsa, Vergr. 450-fach.

Abb. 6.40 Tonsilla Lingua-


lis, Übersicht. 1 Oberflächen-
*
epithel; 2 Krypten; Lymph-
follikel; 3 muköse Drüsen.
Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 25-fach. (Aus [1])
6.3 Lymphatische Organe 251
aus typische Zotten und Krypten vorkommen (Abb. 6.42,
Abb. 10.65). Das flach gewölb te Oberflächenepithel (Abb.
6.43) wird auch Domepithel genan nt und ist in Hinsicht auf
Immunfunktionen spezialisiert. Es wird auch als besonde-
res follikelassoziiertes Epithel (FAE) bezeichnet. Es enthält
spezielle Zellen, die M-Zellen, die Antigene durch das Epi-
thel schleusen. Becherzellen fehlen hier meistens (Abb.
6.43). Die Enterozyten dieses Epithels sind nur in geringem
Maße resorbierend aktiv und bauen aufgenommene Anti-
gene in Lysosomen ab.

M-Zellen M-Zellen entstehen aus Stammzellen in benach-


barten Krypten. Ihre Oberfläche bildet schlanke Mikrofalten
aus, ihre Glykoka!Lx ist n ur spärlich entwickelt. Sie besitzen
basolateral weite Taschen, in denen Lymphozyten (vor allem
B-Lymphozyten, aber auch T-Lymphozyten), aber auch
Makrophagen und intcrdigitlerende dendritische Zellen
vorkommen. Der apikale Zelltell ist meistens relativ dünn.
M-Zellen transportieren mittels eines Transzytoseprozesses
Antigen aus dem Lumen durch ihr Zytoplasma hindurch
(Abb. 6.44). Die Antigene werden in speziellen Vcsikeln
transportiert und in diebasolateralen Taschen entleert. Hier
werden die Antigene insbesondere immunkompetenten
B-Zellen präsentiert. Sie erreichen aber auch antigenpräsen-
tierende Zellen, v. a. dendritische Zellen. Dendritische Zel-
len treten aber auch mit An tigenen in Kontakt, indem sie
vermutlich fortsätzc bis ins Darmlumen vorschieben (Abb.
6.44) .

Dom Zwischen dem Dornepithel und dem follikel liegt


ein schmaler, B-Lymphozyten-reicher Gewebestreifen der
Lami na propria, der Dom genannt wird und auch Makro-
phagen, dendritische Zellen, Plasmazellen lmd T-Lympho-
Abb. 6.41 Tonsilla pharyngea. 1 Oberflächenepithel zyten enthält. Domepithel und Dorn werden auch als Dom-
mit Kinozilien und Becherzellen; 2 sekun därer Lymphfollikel areal zusammengefasst.
(mit hellen Makrophagen); 3 parafollikuläres Gewebe. Aktivierte Lymphozyten und dendritische Zellen wan-
Im Oberflächenepithel sind viele Lymphozyten erkennbar. dern in Follikel (B-Zell-Rcgio n) und parafollikuläres Gewe-
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 130-fach. be (T-Zell-Rcgion). In den Follikeln entstehen Vorstufen

Abb. 6. 42 Peyer-Plaques
im Ileu m. Dichtes lymphati-
sches Gewebe ( *) besiedelt
hier gegen über vom Mesen-
terialansatz (nicht im Bild)
vor allem die Mukosa, kann
aber auch in die Submukosa
(1) vordringen. 2 Lymph-
follikel; 3 Dom; 4 normale
Darmzotten; 5 Darmlumen;
6 Muskularis. Über den
Lymphfollikeln bildet das
Oberflächenepithel eine
6
flache Vorwölbung, die sich
von den schlanken Zotten
abhebt. Rhesusaffe; Färbung:
H. E.; Vergr. 45-fach.
252 6 Immunsystem (lymphatisches System, Abwehrsystem)

der Plasmazellen, die sich außerhalb der Follikel ausdiffe- Komponente vom Rezeptor abgespalten. Die sekretorische
renzieren und die ganze Darmschleimhaut, die Schleim- Komponente schützt das lgA vor dem Abbau.
häute anderer Organe und alle exokrinen Driisen besiedeln.
Hier bilden sie !gA-Dimere, die an den sog. Poly-lmmtm- Vorkommen Vor allem Dünndarm und Appendh-: (Abb.
globulin-Rezeptor benachbarter Epithelzellen binden. Der 6.45), hier verdrängt das reich entwickelte lymphatische Ge-
Rezeptor besitzt eine extrazelluläre Domäne, die sekretori- webe oft die Krypten der Mukosa; im Oberflächenepithel
sche Komponente, an die das !gA-Dimer gebtmden wird. kommen auch hier M-Zellen vor.
Der ganze Komplex wird transzytotisch durch die Epithelien
all dieser Organe geschleust. An der Oberfläche des Organs
wird das !gA-Dimer zusammen mit der sekretorischen Klinik Bei Entzündtmgen des Darms (Enteritiden) reagie-
ren die Peyer- Plaques mit Vergrößerung und Aktivienmg des
lymphatischen Gewebes. Dies trifft besonders ftir schwere In-
fektionen wie Typhus zu. Die M-Zellen sind Ziel mancher pa-
thogener Mikroorganismen im Darm, möglicherweise auch
für HIV. Auch vom mukosaassoziierten lymphatischen Ge-
webe des Magen-Darm-Trakts können maligne Lymphome
ausgehen.

Merke Die Peyer-Plaques befinden sich im terminalen Ile-


mn tmd bestehen aus Lymphfollikeln tmd parafollikulärem
Gewebe in der Mukosa. Sie repräsentieren wesentliche Be-
reiche des Immtmsystems des Darmtrakts. Ähnliche, aber
meist kleinere Strukturen kommen auch im übrigen Dlinn-
darm tmd in der Appendixvermiformis vor.
Im Darmepithel über den Follikeln (Domepithel) kom-
men M-Zellen vor.

Abb. 6.43 Domepithel im Bereich der Peyer-Plaques mit a


M-Zellen (~)und intraepithelialen Lymphozyten (dunkle Abb. 6.45 Lymphatisches
kleine Kerne, IJJJ> ). Typisch sind die vielen freien Zellen - Gewebe in der Appendix
vor allem Lymphozyten - unter dem Epithel. 1 normale vermiformis.
*
Darmzotte mit Becherzellen; Darmlumen. Ileum, Mensch;
Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. a 06 Lernhinweise ZU Kapitel 6

B-und T-Lymphozyten
in Taschen der M-Zellen

Antigen --- •

e •• • : ' Zonula

MikroviiJus -
Mikrofalte M-Zelle
I
'
/
I ••
.. ocpludens

Lysosom---

Enterozyt- ---

Basallamina - ---
antigenpräsentierende (inter-
Zelle (Makrophage) --- , digitierende)
dendritische
Zellen
T-Lymphozyt- -

Follikel-- - -
' B-Lymphozyt
Abb. 6.44 Funktionelle Histologie der
'•follikuläre dendritische Zelle Peyer-Plaques.
KAPITEL

Bewegungsapparat
7.1 Gelenke ••••• 0 • • • • • ••• 0 • 0 0 ••••••• 253 7.3 Zwischenwirbelscheiben ............. 259
7.1.1 Diarthrosen •••• 0 ••• 0 • 0 • 0 • 0 ••• 0 •••• 253
7.1.2 Synarthrosen • • ••••••• 0 • 0 • • 0 • • ••••• 256 7.4 Bandapparat der Wirbel • • • • • • • • 0 • • ••
261

7.2 Sehnen .......................... 257 7.5 Chorda dorsalis • • 0 • • • 0 ••• 0 0 • 0 ••••• 262
7.2.1 Aufbau • • • • • • 0 •••• 257 0 • 0 ••••• 0 • 0 • 0 ••

7.2.2 Sehnenscheiden und Schleim beutel ..... . 258

Der Bewegungsapparat umfasst einen aktiven Teil, der aus Die histologischen Grundkomponenten des Bewegtmgs-
Skelettmuskulatur besteht, und einen passiven Teil, der aus apparats, z. B. straffes Bindegewebe, Knorpel-, Knochen- tmd
unterschiedlichen Typen des Binde- und Stützgewebes auf- Muskelgewebe, sind in Kapitel 3 dargestellt. Im Folgenden
gebaut ist. Von Altcrsveränderungen tmd Krankheiten sind soll der Schwerpunkt auf ausgewählte, funktionell wichtige
besonders die Gelenke, die Sehnen, die Wirbelund die Zwi- Anteile des passiven Bewegungsapparats gelegt werden, die
schenwirbelscheiben betroflcn. besonders häufig erkranken und daher im ärztlichen Alltag
eine Rolle spielen.

7.1 Gelenke
___________________________________ Zu r Orientierung -----------------------------------
Diarthrotische Gelenke bestehen aus Gclenkflächen, Ge- Die Gelenkkapsel besteht aus der äußeren Membrana
Ienkhöhle und GelenkkapseL Im hyalinen Gelenkknorpel, fibrosa aus straffem Bindegewebe und der inneren Mem-
der die Gelenkflächen bildet, lassen sich aufgrund der brana synovialis (mit Fibroblasten, die auch Synovialilüs-
Architektur der Kollagenfasern und der Anordmmg und sigkeit bilden, Makrophagen tmd reich entwickelter Mi-
Gestalt der Knorpelzellen 4 Schichten unterscheiden: Tan- krozirkulation).
gentialfaserschicht, Obergangswne, Radiärwne, minera-
lisierter Knorpel.

Gelenke sind Verbindtmgcn zwischen zumeist knöchernen Gelenkknorpel


Skelcttelementen, die erlauben, dass die Skelettelemente ge-
Der Gelenkknorpel besteht aus hyalinem Knorpelgewebe
geneinander bewegt werden können. Es lassen sich 2 große
(Kap. 3.2. 11), selten aus Faserknorpel (Kiefergelenk, Sterno-
Gruppen an Gelenken unterscheiden:
klavikulargelenk). Die Oberfläche ist glatt. Die Dicke variiert
• Diarthrosen (Spaltgclenke, Articulationes synoviales,
in Abhängigkeit von der Bcanspruchttog an Fingergelenken
"echte" Gelenke), die Skelettelemente sind diskontinuier-
ist der Gelenkknorpel ca. 1 mm, am Hüftgelenk ca. 2 - 3 mm
lich verbtmden
dick
• Synarthrosen, die Skelettelemente sind kontinuierlich
verbtmden.
Schichten Kennzeichnend ist der arkadenf6rmige Ver-
lauf der 5-200 nm dicken Kollagenfibrillen (aus Typ-li-
7.1.1 Diarthrosen Kollagen), was zusammen mit einigen anderen Kriterien
Basis Hir die Gliederung des Gelenkknorpels in 4 Schichten
Diarthrosen erlauben freie, unterschiedlich weite Bewegun-
ist (Abb. 7.3):
gen zwischen 2 Skelettclementen, die durch einen Gelenk-
• Schicht I, oberflächlich; Tangentialfaserschicht Die Kol-
spalt getrennt sind. Das Gelenk besteht aus knorpeligen Ge- lagenfibrillen verlaufen annähernd parallel zur Oberfläche
lenkflächen, Gelenkhöhle und Gelenkkapsel (Abb. 7.1, Abb.
oder bilden b ogenfonnige Strukturen mit einem Scheitel-
7.2).
punkt, der zur Oberfläche weist. Die Fibrillen sind zahl-
reich und dünn. Die Chondrozyten sind oft spindel-
fönnig und verlaufen parallel zur Oberfläche (Abb. 7.3,
2 54 7 Bewegungsapparat

---- - subchondrales Knochengewebe

hyaliner Gelenkknorpel

- - - - -Membrana fibrosa

--- Membrana synovialis


Plica synov1alis --
-- Blutgefaße
,.-----------·
• Gelenkspalt •
·------------·
- - - Fetlzelle

_. Grenzlinie

• • Mineralisierungszone

Abb. 7.1 Diarthrose (Schema). Diarthrosen bestehen aus Abb. 7.3 Gelenkknorpel eines Fingergelenks, höhere
knorpeligen Gelenkflächen, Gelenkhöhle und GelenkkapseL Vergrößerung. Der Gelenkknorpel wird, ausgehend vom
Im Gelenkknorpel ist der arkadeoffinnige Verlauf der Kolla- Gelenkspalt (1) in 4 Schichten eingeteilt: Tangentialzone
genfibrillen angedeutet. Die Mineralisierungszone ist die (2), Übergangszone (3), Radiärzone (4) und mineralisierter
Verkalkungszone des Gelenkknorpets. Membrana fibrosa und Knorpel (6). Zwischen Radiärzone und mineralisiertem
Membrana synovialis bilden die GelenkkapseL Die locker an- Knorpel befindet sich die Grenzlinie (5 ); 7 subchondraler
einandergefügten A-Zellen in der Membrana synovialis sind lamellenknochen. Mensch; Färbung: Masson-Trichrom;
spezielle Makrophagen, die B-Zellen sind aktive Fibroblasten, Vergr. 250-fach.
die neben Kollagen und Proteoglykanen auch das Hyaluronan
der Synovia bilden. Die Synovia (Gelenkflüssigkeit) befindet
sich im Gelenkspalt. (Aus [1))

a
Abb. 7.4 Chondrozyt.

Abb. 7.4). Von hier geht während des Wachstums der


Nachschub an Knorpelgewebe aus.
• Schicht II, Übergangszone. Oie Chondrozyten liegen oft
einzeln oder treten in Paaren auf Oie Kollagenfibrillen
kreuzen sich.
• Schicht III, Radiärzone. Oie Kollagenfibrillen laufen an-
nähernd senkrecht zur Oberfläche, sind lockerer verteilt
Abb. 7.2 Kleines Fingergelenk. Typische Diarthrose mit und dicker als an der Oberfläche. Oie Chondrozyten die-
Gelenkknorpel (3), Gelenkspalt (* ) und Gelenkkapsel (5). ser breiten Schicht bilden überwiegend längliche, isogene
1 Markhöhle in der Diaphyse; 2 subchondraler Knochen; 4 Syn- Zellgruppcn, die parallel zu den radiären Kollagenfibrillen
ovialzotte. Mensch; Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 5-fach _ angeordnet sind. Oie Chondrozyten sind reich an RER
7.1 Gelenke 255

und besitzen einen aktiven großen Golgi-Apparat. Sie durch wiederholte geringfügige Krafteinwirkungen geschä-
enthalten viel Glykogen. digt werden. Dies ist der Beginn einer Arthrose (degenerativ
• Schicht IV, mineralisierter Knorpel, der dem subchon- oder tratunatisch bedingt). Wenn die Risse tiefer werden, re-
dralen Knochen auiliegt. Er besitzt verhältnismäßig we- agiert der Knorpel sowohl mit Proliferation (Brutkapseln)
nige und zum Teil abgestorbene Chondrozyten. Diese als auch mit Degeneration. Dann brechen Stücke aus dem
Schicht hat eine Funktion bei der Druckübertragung tmd Gelenkknorpel heraus und liegen frei in der Gelenkhöhle.
verhindert offenbar, dass der Knorpel vom Knochen ab - Dies wirkt als Fremdkörperreiz, der zu einer Entzündung
schert. An der Knorpel-Knochen-Grenze bilden sich aus- der Gelenkkapsel führt. Der Gelenkknorpel schwindet
geprägte Verzahn ungen der beiden Gewebe, deren Kol- schließlich, der verdickte subchondrale Knochen liegt frei,
lagenfasern aber nicht vom einen zum anderen Gewebe Gefäße wachsen aus der Tiefe in den Defekt ein.
übertreten. Bei Kindern findet hier enchondrales Kno- Die Regenerationskraft des Gelenkknorpels wird ver-
chenwachstum statt. Auch nach Beendigung des Wachs- schieden beurteilt, wobei Alter und Belastung eine Rolle
tums kann es in Schicht IV zu Um- und Neubildung von spielen. Es ist immer wieder gezeigt worden, dass nach Um-
Knochen kommen. stellungsoperationen neues Knorpelgewebe an der Gelenk-
fläche entsteht, jedoch offenbar stets nur in Form von Faser-
Grenzlinie Zwischen Schicht Tli und IV befindet sich die knorpel.
Grenzlinie ("tide mark"; Abb. 7.1, Abb. 7.3), die 2-5 fUU
dick tmd besonders calciumreich ist. Bei älteren Menschen
ist diese Linie oft doppelt, bei Kindern fehlt sie; ihre Funk- Gelenkkapsel
tion ist nicht bekannt. Aufbau Die Gelenkkapsel besteht aus der äußeren Mem-
brana fibrosa (Stratum fibrosum) und der inneren Mem-
Menisken Menisken und ähnliche Gebilde bestehen aus brana synovialis (Strattm1 synoviale):
Faserknorpel (Kap. 3. 2.11), Zttm Teil mit erheblichen Bei- • Die Membrana fibrosa besteht aus straft'em Bindegewe-
mengungen von straflcm Bindegewebe. Im Alter dominier t be und ist kontinuierlich mit dem straften Bindegewebe
eindeutig das strafte Bindegewebe aus dicht gepackten Kol- des Periosts verbunden. Sie dient der Stabilität des Ge-
lagenfasern vom Typ I, die in Korrelation zur funktionellen lenks.
Belasttmg Lamellen, ringförmige und radiäre Strukturen • Die Membrana synovialis bildet vielgestaltige, in den Ge-
sowie sich überkrettZCnde Pasern aufbauen (Abb. 7.5). Die lenkraum ragende Palten ttnd Zotten (Abb. 7.6) und baut
Kerne der Fibroblasten können sehr flach und nur blass sich aus der inneren synovialen Intima (synoviale Deck-
anHiebbar sein. Im Kniegelenk dringen Blutgefäße und Ner- schicht) und der äußeren subintimalen (subsynovialen)
ven bis ins mittlere Drittel vor. Schicht auf.
- Die synoviale Intima ist durch 1-4 Schichten synovia-
Kli nik Im Alter gehen oft Anteile der Grundsubstanz, vor- ler Deckzellen (Synoviazyten) gekennzeichnet (s.u.).
wiegend die Proteoglykane, verloren. Damit kommt es zu - Das subintimale Gewebe ist ein lockeres Bindegewebe;
Wasser- und E!astizitätsverlust, die Kollagenfibrillen de- es ist reich an Blut- und Lymphgefäßen und enthält
maskieren sich, der Knorpel fasert an der Oberfläche auf, viele Fettzellen sowie vegetative Nervenfasern und auch
und es bilden sich Spalten (Pibrillation). Im gleichen Sinn einzelne Sinneskörper. Die Kapillaren sind fenestriert.
kann der Knorpel auch durch eine einmalige starke oder Neben Kollagenfibrillen kommen hier auch elastische

Abb. 7.5 Meniskus.


Flachschnitt durch den Basis-
bereich des Außenmeniskus.
~ Blutgefäße. Die Menisken
des Kniegelenks bestehen
basal aus straffem Binde-
gewebe, zentral kommt zu-
sätzlich Faserknorpel vor.
Mensch; Färbung: H. E., Vergr.
120-fach.
2 56 7 Bewegungsapparat

mit Kollagenfibrillen als auch Bestandteile der Synovial-


fli.issigkeit, v.a. Hyaluronan. Im Übrigen ist die Gelenk-
fli.issigkcit ein Dialysat des Blutes.

Klinik Bei der chronisch rheumatoiden Arthritis, bei der


meist mehrere Gelenke (chronische Polyarthritis) befallen
sind, ist die Membrana synovialis geschwollen und entzünd-
lich infiltriert, ztmächst mit Neutrophilen tmd im späteren
Verlauf mit T-Lymphozyten, Plasmazcllen, Makrophagen
und Mastzcllen. Die Synoviazyten, v.a. wohl die A-Zcllen,
sind groß und vermehrt. Die Zo tten sind ödematös und ge-
fäßreich. Das entzündlich veränderte Gewebe wächst auf
den Gelenkknorpel vor (Pannus), was zu dessen Schädigung
führt. Vom Entzi.indungsprozcss, dessen Ursache noch un-
b ekannt ist, werden auch Gelenkknorpel, Knochen, Sehnen
und Muskeln der Umgebung erfasst, was zu großen Schmer-
zen, teils grotesken Fehlstelltmgen tmd Punktionsverlust
ftihren kann. Im Gelenkknorpel wird u. a. das Kollagen ver-
ändert und der Proteoglykangehalt geht zurück, wodurch
die physikalischen Eigenschaften des Knorpels beein-
trächtigt werden. In der Gelenkflüssigkeit finden sich neben
Neutra phiJen später auch T-Lymphozyten sowie Immun-
Abb. 7.6 Oberfläche von Syno1rialzotten. 1 Blutgefäße;
globuline, darunter Rhettmafaktoren: Autoantikörper, die
2 an den Gelenkspalt grenzende Zellschicht; 3 Gelenkspalt;
gegen den Pe-Teil von (körpereigenem) IgG gerichtet sind.
4 Kollagenfasern. Fingergelenk, Mensch); Färbung: Masson-
Rhemnafaktoren sind für die rheurnatoide Arthritis nicht
Trichrom; Vergr. 450-fach.
hochspezifisch, sondern treten auch ohne diese Erkran-
kung auf, und zwar bei 10 - 20~ aller Menschen über 65
Jahre.

Fasern vor, die verhindern, dass synoviale Falten zwi-


schen den Gelenkflächen eingeklemmt werden. An
Gelenkhöhle
Stellen, an denen die Gelenkkapsel tmter Druck steht, Die Gelenkhöhle enthält die klare, fadenziehende Synovial-
ist das subintimale Gewebe nur sehr schmal und ent- ßüssigkeit (Synovia), die sowohl Dialysat des Blutplasmas
hält keine Fet:ttcllen. als auch Sekretionsprodukt der Synoviazyten, vorwiegend
der fibroblastischen B-Zellen, ist. Sie enthält v. a. Proteine,
Merke Reihenfolge der Gewebeschichten in der Gelenk- Hyaluronan, Glucose und Wasser, hat Schmier- und Stoß-
kapsel von der Gelenkhöhle her: dämpferfunktion und ernährt den Gelenkknorpel:
• synoviale Intima (rnit synovialen Deckzellen = Syno- • Schmierftmktion: Ein von den fibroblastischen Synovia-
viazyten) als unterschiedlich hohe innere Schicht der zyten gebildetes schleimähnliches Glykoprotcin, das Lub-
Membrana synovialis ricin, erh öht an der Oberfläch e des Gelenkknorpels des-
• subintimale Schich t als äußere Schicht der Membrana sen Glcitfahigkeit.
synovialis • Ernährtmg: Die Bewegtmg des Gelenks verteilt die Ge-
• Membrana fibrosa lenkflüssigkeit, Bewegung mit Druck und Schub auf den
Gelenkknorpel fördert seine Versorgung mit Nährstoffen.
Synoviazyten Die Synoviazyten = synovialen Deckzellen
Vereinzelt treten in der Synovia Zellen auf, v. a. Lympho-
sind keine Epithelzellen und bilden somit auch kein Epi-
zyten.
theL Auch eine Basallamina fehlt. Es werden 2 Zelltypen
unterschieden (Abb. 7.7):
• makrophagenähnliche Zellen (A-Zellen), mit typischen Vorkommen Die meisten Gelenke des Bewegungsapparats
Vakuolen und Lysosomen, die ph agozytieren können sind Diarthrosen, z. B. Fingergelenke, Spnmggelenke, Knie-
und bei Erwachsenen überwiegen, tmd sowie Hüftgelenk.
• fibroblastenähnliche Zellen (B-Zellen), die reich an
rauem ER sind tmd Sekretionsgranula enthalten können.
Diese Zellen bilden sowohl typische Bindegewebsmatrix
7.1.2 Synarthrosen
Die Skelettelemente sind durch ein kontinuierliches Füll-
gewebe (Bindegewebe oder Knorpelgcwebe) verbunden, so-
dass sie nur geringe Bewegungen ermöglichen. Ist das Füll-
gewebe straffes Bindegewebe, spricht man von Syndesmosen,
besteht es aus Faserknorpel, von Synchondrosen:
• Syndesmosen sind z.B. die Schädelnähte. Sie bilden
c sich meist rnit zunehmendem Alter zurück und werden
Abb. 7.7 Syno1rial- durch Geflechtknochen ersetzt. Es entstehen sornit Synos-
membran. tosen.
7.2 Sehnen 257

• Ein typisches Beispiel fLir eine Synchondrose ist die Nester aus Chondronen befinden. Im Alter treten in der
Schambeinfuge. Die Schambeinknochen sind hier von Schambeinfuge oft Spalten und flüssigkeitsgeftillte Räume
hyalinem Knorpel überzogen. Im Innern der Fuge finden auf. ·während der Schwangerschaft kommt es zu einer
sich bogenformige, kräftige Kollagenfaserzüge, die in das hormonbedingten Lockerung der Fuge.
Knochengewebe einstrahlen und zwischen denen sich

7.2 Sehnen
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Sehnen bestehen ganz überwiegend aus zugfestem Kolla- strukturierte Verbindung zur Muskulatur wird myotendi-
gen I und verbinden Knochen und Skelettmuskulatur. nale Verbindung genannt. Am Knochenansatz findet sich
Das Kollagen wird von speziellen Fibrozyten der Sehnen, FaserknorpeL
den Tenozyten {Plügelzcllen ), gebildet. Die komplex

7.2.1 Aufbau
Sehnen sind primär zugfeste Strukturen, die Muskulatur der Analyse des histologischen Querschnittspräparats deut-
und Skelett verbinden. Sie besitzen ganz unterschiedliche lich wird. Dadurch und durch den geringen Elastingehalt
Form und Länge und bauen sich aus straffem parallelfase- besitzt eine Sehne eine geringe, begrenzte Dehnbarkeit, und
rigem Bindegewebe auf (Abb. 7.8, s. a. Kap. 3.2.6). Beim Kol- es kommt zu einer gedämpften, "weichen" Kraftüber-
lagen überwiegt der Typ I, Proteoglykane und elastische Fa- tragtlOg zwischen Sehne und Muskel. AuBerdem hat das
sern treten dagegen deutlich zurück Decoran, ein Proteoglykan, das benachbarte Fibrillen ver-
bindet, elastische Eigenschaften, ttnd die Tenozyten enthal-
Peritendineum Eine Sehne setzt sich aus vielen Kollagen- ten Aktin- tmd Myosinfilamente, deren Zusammenspiel
faserbündeln zusammen, die jeweils von lockerem Binde- eine "gedämpfte" Kraftübertragung fordern soll.
gewebe, dem Peritendineum internum, umgeben werden.
Es enthält Nervenfasern und kleine Blutgefaßc. Außen wird Sehnenzellen Die Sehnenzellen (Tenozyten, Tendinozy-
die Sehne insgesamt vom Peritendineum cxternum um- ten, Abb. 7.8, Abb. 7.10) sind flache Fibroblasten mit feinen,
hüllt, das kontinuierlich in das Perimysium übergeht. Seh- flügelformigen Zellfortsätzen (Plügelzellen); sie enthalten
nen werden auf unterschiedliche Art und Weise von ge- wie andere Fibroblasten Aktin und Myosin. Gleitsehnen
schlängelten Blutgefaßcn versorgt. (Sehnen, deren Zugrichtung deutlich von der des Muskels
abweicht) enthalten dort, wo sie wn ein Widerlager (Hypo-
Kollagenfasern Die Fibrillen der Kollagenfasern sind mochlion) herumziehen, Knorpelzellen. Bei Zugsehnen
zwischen ca. 60 nm und ca. 170 nm dick Die Kollagen- stimmt die Zugrichtung mit der des Muskels überein.
fasern sind generell in Zugrichtung angeordnet (Abb. 7.8,
Abb. 7.9), die einzelnen Faserbündel verlaufen in Schrau- Myotendinale Verbindung Die Verbindung zwischen
bentouren mit untersch.iedlichem Steigungswinkel, was bei Sehne ttnd Skelettmuskulatur ist so komplex (Abb. 7.11),
dass sie erst im Elektronenmikroskop deutlich analysierbar
wird (Abb. 7.12). Die Muskel1.cllen sind an ihrem Ende zer-
klilftet ttod haben viele spalt· oder fingerförmige Einstül-
pungen, in die auch die Basallamina hineinzieht. Innerhalb
der Muskelzellmembran setzen an einer proteinreichen
VerdicktLOg (Anheftungsplaq ue) - praktisch einem halben
Z-Streifen - die Aktinfilamente des ersten Sarkomcrs der

:.~A~~'i
·· . ~ D
Abb. 7.9 Bündel von
Kollagenfibrillen in einer
Sehne.

Abb. 7.8 Sehne, längs geschnitten. Zwischen den leicht


gewellt verlaufenden Kotlagenfasern der Sehne liegen die
Sehnenzellen (Fibrozyten der Sehne~ Tenozyten) mit ab-
geflachten Kernen (? ). Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 250-
fach. Abb. 7.10 Se hne.
258 7 Bewegungsapparat

Sehnenansatz eine raue Oberlläche mit Grübchen. Von ih-


rem Ansatz aus erfolgt das Wachstrun der Sehne.

7.2.2 Sehnenscheiden und Schleimbeutel


Sehnenscheiden
Sehnenscheiden (Vaginae tendinwn) treten an Stellen auf,
wo die Verlaufsrichtung der Sehne rungelenkt wird oder wo
sie unmittelbar einem Knochen aufliegt. Sie kennzeichnen
die langen Sehnen von Händen, Fingern, Füßen und Zehen.

Aufbau Sehnenscheiden sind doppelwandige Röhren, de-


ren innere Wand mit dem Peritendineum cxternwn der
Sehne verwachsen ist und ihrer Bewegung folgt und deren
äußere Wand mit dem Bindegewebe der Umgebung ver-
knüpft ist. Am Ende der Röhre geht die innere Wand in die
äußere über (Sehnenscheidenpforten). Dort ist eine Ver-
schiebeschicht ausgebildet, die bei Kontraktion der Musku-
latur eine Verlagerung bzw. Verschiebung der Sehne (zru11
Teil einige Zentimeter) tmter Ausbildung einer Einstülptmg
Abb. 7.11 Myotendinale Verbindung. Die genaue Struktur der Sehnenscheidenwand zulässt. Der Raum zwischen in-
der Verbindung (~)zwischen Muskel (1) und Sehne (2) ist nerer und äußerer Wand wird von Synovia ausgefiillt, die
nicht ersichtlich. Unterarmsehne, Pavian; Färbung: Goldner; der Gelenklliissigkeit ähnelt tmd die Reibung der Sehne bei
Vergr. 450-fach . Bewegungen herabsetzt.

Wandschichten Beide Wände der Sehnenscheiden be-


stehen aus einem äußeren Stratum fibrosum aus straffem
Bindegewebe und einem inneren Stratum synoviale. Letztc-
a res ist oft vergleichsweise zellreich und enthält Blutgefaßc.
Es bildet Falten tmd Zotten, die in den synoviahaltigcn
Abb. 7.12 Myotendinale Spaltraum hineinragen. Zwischen innerer und äußerer
Verbindung. Wand kann ein Mesotendinewn, eine längs verlaufende
schmale bindcgcwebige Verbindung, ausgebildet sein, be-
sonders dort, wo eine Sehne einem Knochen anliegt. An
Fingern tmd Zehen ist das Mesotendinetun auf schmale
Myofibrillen an. In die Ei nstiilpungen ziehen die Kollagen-
Brücken reduziert.
fibrillen der Sehne hinein und verflechten sich hier mit den
feinen Kollagenfibrillen vom Typ HI, die die gesamte Mus-
kelfaser runspinnen (Abb. 7.12), sowie mit Mikrofibrillen Klinik Sehnen heilen nach Durchtrennung relativ rasch
aus Typ-VI-Kollagen, die beide mit der Basallamina ver- durch Bildung einer bindegewebigen Narbe. Die neuen Kol-
bunden sind. Auf molekularer Ebene trägt die Muskelzell- lagenfibrillen sind zunächst unregelmäßig verteilt, ordnen
membran außen viele lntegrine, also Rezeptoren fiir Lami- sich aber bald in Längsrichttmg an. Die Regeneration der
nin, Fibronectin und Kollagen. Hierdurch wird auf der Sehnen geht vom Peritendinewn aus. Die typische Sehnen-
Außenseite der Membran eine Verbindung zum Kollagen struktur wird aber in der Narbe nicht wieder erreicht.
der Sehne aufgebaut. Intrazellulär sind die Integrine über
verschiedene Proteine in der Anheftungsplaque (a-Aktinin,
Vinculin, Talin) mit den Aktinfilamenten verbtmden.
Schleimbeutel
Schleimbeutel (Bursae) sind mit Synovia gefüllte Säcke,
Sehnenansatz Der Sehnenansatz am Skelett weist auch deren Wand wiedertun aus Strattun synoviale tmd Strattun
Besonderheiten auf. Die Sehne ist in Faserknorpel einge- fibroswn besteht. Schleimbeutel finden sich vor allem in
bettet, der unmittelbar arn Knochen mineralisiert. Die Gelenknähe oder zwischen Sehnen tmd Knochen. In Gc-
Kollagenfasern strahlen bis in den Knochen ein (Sharpey- lenknähe können sie mit der Gelenkhöhle kommunizie-
Fasern). Am mazerierten Knochen findet man daher am ren.
7.3 Zwischenwirbelscheiben 259

7.3 Zwischenwirbelscheiben
- - - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Die Zwischenwirbelscheiben bestehen aus Nucleus pulpo- lus fibrosus besteht aus einer Innenzone aus Faserknorpel
sus, Amtlus fibrosus und den knorpeligen Deckplatten der und einer Außenzone aus kompakten Kollagcnlamellen.
Wirbelkörper. Der gallertigc Nucleu s pulposus ist reich Die Deckplatten sind aus hyalinem Knorpel aufgebaut,
an wasserbindenden Protcoglykanen, die im Alter zu er- dessen histologische Struktur der von Gelenkknorpel äh-
heblichem Teil durch Kollagen ersetzt werden. Der Anu - nelt.

Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben, Disd interverte- elastischen Pasern aufgebaut ist, bilden die Außcnzone.
brales) sind Synchondrosen und Teil eines Bewegungsseg- Innerhalb einer Lamelle sind die Kollagenfasern über ver-
ments der Wirbelsäule. bindende Fasern verknüpft und verlaufen parallel zuei-
Ein Bewegungssegment besteht aus: nander. Von Lamelle zu Lamelle wechselt dann die Rich-
• zwei benachbarten Wirbeln mit der sie verbindenden tung der Fasern. Sie schneiden sich spitzwinklig (Abb.
Zwischenwirbelscheibe, 7.14) und sind in den Randleisten der Wirbelkörper ver-
• den Wirbelbogengelenken (Diarthrosen), ankert.
• dem zugehörigen Bandapparat, • In nen zon e: Sie besteht aus einem faserknorpeligen Ge-
• den zugehörigen Muskeln und webe mit Typ-I- und Typ -li-Kollagen (Innenzone), das
• dem Inhalt des Wirbelkanals und der Zwischenwirbcl- ohne scharfe Grenze in das Gewebe des Nucleus pulposus
löcher. übergeht. Zunächst sind die Lamellen noch erkennbar,
aber breiter ttnd lockerer gebaut und weniger scharf be-
Strukturell und funktionell zeigt die Region zwischen 2 Wir- grenzt als in der Außenzone. Sie sind im hyalinen Knor-
bclkörpcrn - also im Bereich der Zwischenwirbelscheibe - pel der Deckplatten verankert. In Richtung zum Zentrum
durchaus Ahnlichkeiten mit einem Gelenk. Der wasserrei- verschwinden die Lamellen aus Kollagenfasern und wer-
che Binnenraum dieser Region, der Nucleus pulposus, ist den durch locker verteilte Pasern ersetzt. Parallel zur
weich und verformbar, enthält jedoch Gewebestmkturen. Rückbildung der Lamellen nimmt die proteoglykanreich e
Die Zwischenwirbelscheiben (Abb. 7.13) entstehen ge- Matrix zu, und es treten zttnehmcnd Chondrozyten auf
meinsam mit den Wirbelan lagen. Sie bestehen aus: (Abb. 7.15).
• dem Amtlus fibrosus (Paserring),
• dem NuclettS pulposus (Gallertkem) und Bei Kleinkindern sind Blutgefäße im Bereich der Außen-
• den hyalinen Knorpeldeckplatten an der Oberfläche der und Innenzone des Anulus fibrosus noch recht gut ausge-
Wirbclkörper. bildet. Ab dem 2. Lebensjahr bilden sich die Gefaße jedoch
allmählich zurück.
An ulus fibrosus Der Anulus fibrosus (Abb. 7.14) liegt in
der Peripherie des Discus intervertebralis und nimmt Nucleus pulposus Der gallertige Nucleus pulposus (Abb.
Schubkräfte auf. Er besteht aus Außen- und Innenzone: 7.16) enthält locker verteilt Kollagen vom Typ II und in
• Außenzone: Dicht gelagerte Lamellen straffen Bindege- reichem Maße Glycosaminoglykane (in der Jugend Chon-
webes, das vorwiegend aus Typ-I-Kollagen und eirligen droitin-6-Sulfat und Keratansulfat, im Alter Dermatansul-

Abb. 7.13 Halswirbelsäule


mit Bandscheibe, Übersicht
1 Wirbelkörper; 2 knorpelige
Deckplatten (zum Teil mit
Verkalkungs- oder Verknö-
cherungsbezirken); 3 Anulus
tibrosus; 4 Nudeus pulposus.
Pavian; Färbung: Masson-
Trichrom; Vergr. S·fach.
2 60 7 Bewegungsapparat

Abb. 7.14 Anulus fib rosus der Bandscheibe im BWS- Abb. 7.15 Innenzone des Anulus fibrosus. Faserknorpel
Bereich, Längsschnitt. Gut erkennbar sind die Lamellen aus mit verstreut Liegenden Chondrozyten (-+) und noch zahl-
Kollagenfasern (blau gefärbt). Die Ausrichtung der Kollagen- reichen gewellt verlaufenden Kollagenfasern (Typ-I-Kolla-
fasern ist innerhalb einer Lamelle einheitlich, in den be- gen). Der Matrixhof der Chondrozyten ist an der angeschnit-
nachbarten Lamellen aber unterschiedlich. Oft überkreuzen tenen Stelle schmal und ist in der H. E.-Färbung besser
sich die Kollagenfasern in benachbarten Lamellen spitzwink- zu erkennen. Lendenwirbelsäule, älterer Mensch; Färbung:
Lig, wobei sich im Schnittpräparat das sog. Fischgräten- Masson-Trichrom; Vergr. 450-fach.
muster ergibt. Rhesusaffe; Färbung Masson-Trichrom. Vergr.
120-fach.

fat).lm Alter nimmt das Kollagen zu und die Glycosamino- Grenzzone zum Knochengewebe der Wirbelkörper bilden
glykane ab. Die Glycosaminoglykane binden viel Wasser, die Knorpelzellen oft Säulenstrukturen. Die Knorpelmatrix
sodass der Nucleus pulposus ei ne Art Wasserkissen dar- ist hier verkalkt. Oft zeigen der Knorpel der Deckplatten
stellt. Das morphologische Erscheinungsbild des Nucleus und die subchondrale Knochenschicht Verwerftmgen und
pulposus ist sehr variabel: Degenerationszcichen.
• Bei Kindern können im Nucleus pulposus noch epithelia-
le Reste der Chorda dorsalis vorkommen. Klinik Im Alter nimmt der W assergehalt der Bandscheiben
• In der Jugend enthält er zarte Kollagenfasern und locker ab und der Kollagengehalt zu (Degeneration der Band-
verteilte Zellen, darunter einzeln liegende Chondrozyten, scheiben). Die Spannkraft des Nucleus pttlposus wird im-
aber auch Zellen, die am ehesten an Fibrozyten erinnern. mer niedriger. Kalksalze und Knorpelzellnester werden in
• Beim Erwachsenen kann er im Jnnern, wie eine Gelenk- die Bandscheiben eingelagert, und auch die Knorpeldeck-
höhle, weitgehend zellfreie Abschnitte enthalten tmd be- platten verkalken und werden brüchig. Durch die entstehen-
steht hier nur aus g-<~llertiger Matrix. den Spalten können Blutgefaße aus der Spongiosa der Wir-
• Im Alter finden sich häufig Areale, die aus Geweberesten belkörper vordringen, oder die Spalten werden durch
und Kalksalzen aufgebaut sind. Sie sind Ausdruck dege- Narbengewebe gefilllt. Auch von der Peripherie her können
nerativer Vorgänge. Blutgefaße in geschädigte Bandscheiben einwachsen. Als
Folge können Wirbelkörper sogar kn öchern zusammen-
Zentrischer Druck auf den Nucleus pulposus überträgt sich wachsen.
gleichmäßig auf den J\nulus fibrosus und die Deckplatten. Sich allmählich in diesem Sinne verändernde Bandschei-
Bei einseitiger Belastung weicht der Nudeus pulposus zur ben können relativ leicht geschädigt werden - besonders
weniger stark belasteten Seite der Zwischenwirbelscheibe beim oft übergewichtigen und unsportlichen Menschen der
aus. westlichen lndustrienationen. Wird der Anulus fibrosus ge-
schädigt, dringt der Nucleus pulposus bis in die Peripherie
Hyaline Knorpelde ckplatten Die hyalinen Knorpeldeck- vor und kann sie sog-ar durchbrechen. Ein solcher Durch-
platten (Abb. 7.17) sind entwicklungsgeschichtlich Teil der bruch durch den J\nulus fibrosus wird Bandscheibenvorfall
knorpelig angelegten Wirbelkörper. Sie ähneln dem Ge- (Prolaps) genannt. Das Material kann das Rückenmark und
lenkknorpel eines typischen Gelenks, bilden aber keine freie (häufiger) die Spinalnervenwurzeln komprimieren, was sehr
Oberfläche, sondern gehen ziemlich abrupt oder auch mehr schmerzhaft ist. Der Schmerz wird durch eine akute Ent-
kontinuierlich in das Gewebe des Nucleus pulposus oder zündungsreaktion, die durch den Vorfall ausgelöst wird,
des Amtlus fibrosus über (Abb. 7.13, Abb. 7.16). In der verstärkt.
7.4 Bandapparat der Wirbel 261

Abb. 7.17 Hyaline Knorpeldeckplatte. In der breiten


Knorpelschicht ist die Umwandlung von typischem hyalinem
Knorpel (1) zu Säulenknorpel (2) und Blasenknorpel (3) zu
Abb. 7.16 Region des Nudeus pulposus. Es dominiert erkennen. Die subchondrale knöcherne Schicht (4) ist sehr
*,
hier wasserreiche amorphe Matrix ( ungefärbt). ~ Regio-
nen mit Chondrozyten; 1 hyaliner Knorpel der Deckplatten.
dünn und an einzelnen Stellen unterbrochen (~),was ein
Zeichen für degenerative Veränderungen ist. 5 rotes Kno-
Zum Teil kommen klar begrenzte flüssigkeitshaltige Räume chenmark. Zum Übergang zum Nucleus pulposus s. Abb.
vor. Lendenwirbelsäule, älterer Mensch; Färbung: Masson- 7.15 (unten). Lendenwirbelkörper, Mensch; Färbung: Mas-
Trichrom; Vergr. 45-fach. son-Trichrom; Vergr. 250-fach.

Unkovertebralgelenke In der Halswirbelsäule bilden sich


lateral in den Zwischenwirbelscheiben Spalten, die tief in
die Zwischenwirbelscheibe eindringen und sie schließlich in
2 Hälften zerlegen. Diese Spalten bilden sich zu gelenkähn-
lichen Strukturen um tmd werden Unkovertebralgelenke
genannt.

7.4 Bandapparat der Wirbel


Zwischen den Wirbelbögen befinden sich die Ligg. flava,
Bänder, die ganz überwiegend aus elastischen Fasern aufge-
baut sind (Abb. 7.18). Vorderes und hinteres Längsband der
Wirbelkörper sind dagegen weitgehend aus Kollagenfasern
aufgebaut (Abb. 3.4.46).

Klinik Im Bereich des vorderen Längsbandes spielen sich


beim Morbus Bechterew entzündliche Prozesse ab, die nach
Ausheilen in Narbengewebe übergehen, was zur Verkriirn- Abb. 7.18 Lig. flavum im Querschnitt. Die zahllosen dicht
mtmg der Wirbelsäule flihren kann. Das hintere Längsband gepackten, dicken elastischen Fasern sind rot, die Kollagen-
kann verkalken oder verknöchern und Dmck auf Rücken- fasern blau gefärbt. ~ Fibrozyten. Wirbelsäule, Mensch;
mark und Spinalnerven ausüben. Farbung: Masson-Trichrom; Vergr. 450-fach.
2 62 7 Bewegungsapparat

7.5 Chorda dorsalis erfüllt in der Embryonalentwicklung wichtige induktive


Ftmktionen bei der Entwicklung des Neuralrohrs.
Die Chorda dorsalis ist das primäre Achsenorgan der Wir- In der Embryonalentwickltmg ist die Chorda zuerst ein
beltiere (Abb. 7.19), das als ungegllederter Gewebestab von durchgebender Strang blasenförmiger Zellen. Mit Ausdeh-
der Hypophyse bis zum Schwanzende zieht. Es wird dann nung der mesodermalen Anlage der Wirbelkörper wird sie
in der Phylogenese zunehmend von den Wirbeln ersetzt, aufkompalkte sog. Chordasegmente in den Zwischenwirbel-
ein Vorgang, der in der Embryonalentwickhmg der Säuger scheiben begrenzt, die sich alsbald in das Chordareill..'Ulum,
nachvollzogen wird. einen lockeren, netzforrnigen Verband von Epithelzellen,
Die Chorda beteiligt sich nicht am Aufbau der Zwischen- umwandeln (Abb. 7.20). Das Chordaretikulum löst sich
wirbelscheibe, sondern ist aßenfalls ein .,Platzhalter" des schließlich auf.
Nucleus pulposus. Sie ist primär ein epitheliales Gewebe und

.,....,_,. ,,
o
... o .. .,., • - I ~
.. I ,
·'7
• •· I. .·,.·'~} - '
• •• , • •I •• , •, I•,,~ I ~ .-' ""'
':l'-•''' '.
..
' I
- '• I '1 t , . , 1 I • .I.
•••
•' I
' t •
~, , ••I "'f 1' f
' ....
~ ... \ \

,:,···•. ·r •••'· ,'II>J.• , ,,, • I I

-.- ..
't
"' ,:.·:·'•
:.•
,.
• ' •
.• •• •.• ~

. ... .... .,, .


, ,,~
t
••
• •
, ..
t ,.
ttl
• '" \ • ~ I~
,
• .... ',
• '
~ ~ \. ' '
•I • •
.., - ..
I f
I ,'\ 0 fo
• : I •
• .. f.
• ... I I •

. . . .. . ''
I , ' I '
• • •\.' \ '
• ·' ..
I \ I ' ' • ' '
••I


"
* .
r

:

t

,
..
\

-,
-. •
I,
• • #
.. • "

• • I



I

I
t \

.....,
. .' .
., • '• '•t • .. '
' . ,. '
• '
.....- ' . .'. ,

'
\' '•
•• •. II • "' I
I
I ..

I 0
·. '..'. .
0
...'

f ~ ' • • • \ • ' I

. ....
I\

• ..I •• \•
j I 0

I
I .: '\. ' ' • ".. . .· • ' ' \'
' :l I \

Abb. 7.19 Chorda dorsalls (1) im Querschnitt. Das Zen- Abb. 7.20 Chordaretikulum. Abgesehen von der epithe-
trum der Chorda wird von den Chordaepithelzellen ausge- Lialen Chordaanlage ( ~ ) ist das Gewebe der Zwischenwirbel-
füllt. Diese enthalten jeweils eine große helle Vakuole und scheibe weitgehend mesenchymal ( Zwischenwi rbel- *).
sind untereinander durch Desmosomen und Nexus verbun- scheibe, Mensch, 4. Schwangerschaftsmonat; Färbung: Azan;
den; 2 Chordascheide; 3 Knorpel des dorsal gelegenen Vergr. 120-fach.
Wirbelbogens (Neuralbogen); 4 Rückenmark; 5 ventral gele-
gener Hämalbogen; 6 Spinalganglion; 7 Skelettmuskulatur.
Wirbelsäule, Schwanzregion eines Katzenhais; Färbung:
Azan; Vergr. 45-fach. a 07 Lernhinweise zu Kapitel7
KAPITEL

Atmungsorgane
8.1 Atemwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 8.3 Abwehrsystem der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . 282
8.1.1 Wandaufbau der Atemwege .............. 264
8.1.2 Obere Luftwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 8.4 Blutversorgung der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . 283
8.1.3 Untere Luftwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 8.5 Fetale Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

8.2 Alveolarraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 8.6 Pleurahöhle, Pleura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285


8.2.1 Ductus alveolares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 8.6.1 Ri ppenfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
8.2.2 Alveolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 8.6.2 Lungenfell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Zu den oberen Atemwegen zählen Nasenhöhle, Nasen- Alveolen bilden das Parenchym der Lunge. Das Bindegewe-
nebenhöhlen und Rachen, zu den unteren Kehlkopf, be in den Alveolarsepten und in der Wand der Atemwege
Trache-a, Hauptbronchien, intrapulmonale Bronchien und entspricht dem Stroma der Lunge. Es ist sehr reich an elasti-
Bronchiolen. Aufgabe der Atemwege ist die Luftleitung, schen Fasern, die bei der Inspiration gedehnt werden und
d. h., sie leiten die Atemluft in die Ltmge, erwärmen, rei- bei der Exspiration helfen, das Lungenvolumen zu verklei-
nigen und befeuchten sie dabei tmd leiten auch die "ver- nern ttnd die Luft aus der Ltmge herauszubefördern. Das
brauchte" Luft wieder heraus. Stroma enthält auch die Vasa publica ttnd die Vasa privata
Die Lunge ist ein paarig angelegtes Organ. Sie besteht der Ltmge.
vornehmlich aus Bronchien mit ihren Verzweigtmgen, Al- In der Lunge findet der Austausch der Atemgase Sauer-
veolen tmd Blutgefäßen. Jede Lunge ist in äußerlich abgrem- stoff (OJ tmd Kohlendioxid (COJ statt. Dieser Gasaus-
bare Lappen (rechts 3,links 2) und des Weiteren in Lungen- tausch in der Lunge wird äußere Atmung genannt. Ihr ge-
segmente, Lungenläppchen (D urchmesser ca. l -2 cm) und genüber steht die innere Atmtmg, die Gewebeatmung,
Lungenazini (Durchmesser l - 2 mm) gegliedert. Die Lun- worunter 0 2-Verbrauch und C0 1-Bildung der Zellen ver-
gen sind beweglich in der spaltförmigen Pleurahöhle ein- standen werden. Der Gasaustausch erfolgt im Ionern der
geschlossen, die vom Pleuraepithel ausgekleidet ist. Die Be- Lungen über eine im Mittel nur gut 2 1un dicke Gewebe-
wegungen und V cr'.inderungen der Ltmgen während der schranke (Blut-Luft-Schranke) durch Diffusion zwischen
Atmung werden durch den dünnen Flüssigkeitsfilm in der ca. 300-400 Millionen luftgefüllten Lungenbläschen (Lun-
Pleurahöhle ermöglicht. Das Ltmgenhiltun enthält die Ver- genalvcolen) und einem sehr dichten Nett aus Blutkapil-
sorgtmgsstrukturen der Lunge, also die großen Hauptbron- laren. An den funktionell wichtigen, besonders dünnen
chien, die Lungenarterlen und -venen, Lymphgefäße und Stellen ist die Blut-Lttft-Schranke nur 0,4-0,6 f.U11 dick. Die
vegetative Nerven. Die Epithelien der Atemwege und der Gesamtfläche ftir den Gasaustausch beträgt ca. 130 m 2•

8.1 Atemwege
----------------------------------- ZurOrientierung -----------------------------------
Die Atemwege dienen der Leitung, Erwärmtmg und Be- mit Flimmerepithelzellen und Becherzellen ausgekleidet.
feuchtung der Atemhtft und ihrer Reinigungvon Schmutz- Die KinoWien und der Oberflächenschleim bilden den
partikeln. Sie fiihren während der Inspiration sauerstoff- muko1..iliären Apparat, der ein wichtiger Teil der Abwehr
reiche Luft in die Alveolen tmd während der Exspiration der Lunge ist. In der Wand der tmteren Atemwege finden
kohlendioxidreiche Luft nach außen. Das Lumen der sich außerdem Bindegewebe mit vielen elastischen Fasern,
Atemwege bildet den Jungenphysiologisch bedeutsamen glatte Muskulatur, gemischte exokrine Drüsen (bis zum
"Totraum"'. Die Atemwege gliedern sich in: Ende der Bronchien), Stützgewebe (v. a. hyaliner Knorpel),
• obere Atemwege: Nasenhöhle, Nasennebenhöhlen und viele fr eie Zellen der Abwehr, 1... B. Mast7..Cllen und Lym-
Rachen phozyten und vegetative Nerven.
• untere Atemwege: Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien, Die Bronchiolen besitzen ein Epithel mit PlimmCT1..Cllen
Bronchiolen und Bronch.ioli respiratorii. und den sekretorischen Clara-Zellen. l n ihr er Wand ist
relativ viel glatte Muskulatur vorhanden.
Die unteren Atemwege sind ein System von Röhren, das Die Bronchioli respiratorii sind Übergangsstrukturen
sich bis zu ca. 20-mal dichotom verzweigt. zwischen typischen Atemwegen und den gasaustauschen-
Die Atemwege sind von einem respiratorischen Epithel den Alveolen.
264 8 Atm ungso rgane

8.1.1 Wandaufbau der Atemwege


Die meisten Abschnitte der Atemwege haben einen typi-
schen Wandauibau:
• Schleimhaut mit respiratorischem Epithel und Lamina 0
propria Abb. 8.2 Flimmerepithel
• Tunica fibro-musculo-cartilaginea. der Trachea.

Schleimhau t An das Lun1en grenzt eine Schleimhaut mit


respiratorischem Epithel. Dieses Epithel ist mehrreihig • Nasennebenhöhlen
prismatisch und enthält Plimmer-, Becher- tmd Basalzellen • Rachen.
(Abb. 3.1.3, Abb. 3.1.14, Abb. 8.1, Abb. 8.2). Lediglich in
den distalen Abschnltten, den Bronchiolen, ist das Epithel
einsdlichtig prismatisch. Unter dem Epithel findet sich eine
Nasenvorhof
Lamina propria (Schleimhautbindegewebe), die mlt Aus- Der Nasenvorhof (Vestibulum nasi) ist der Eingang in die
naltrne der distalen Abschnitte seromuköse Drüsen enthält. eigentliche Nasenhöhle. Seine seitliche Wand wird vom Na-
senflügel (Abb. 8.3) gebildet. Der Nasenflügel wird von hya-
Tunica fibro-musculo-cartilaginea Unter der Schleim- linem Knorpel gestützt, an dem quergestreifte Skelettmus-
haut findet sich zumeist in verschiedener Ausgestaltung kulatttr ansetzt. Außen wird der Nasenflügel von Epidermis
Binde-, Stütz- tmd Muskelgewebe. Das Stützgeweb e ist im bedeckt, mit der einzelne feine Haare, umfangreiche Talg-
Kopfbereich Knochengewebe, im Hals und innerhalb der drüsen tmd einzelne ekkrine Schweißdrüsen in Verbindung
Ltmgen ist es Knorpelgewebe. Manchmal wird in den un- stehen. Der Nasenvorhof wird vorn von der Epidermis und
teren Atemwegen die Muskulatur einer eigenen "Tunica weiter hinten von unverhorntern Plattenepithel ausgeklei-
muscularis" zugeordnet. Binde- und Stützgewebe können det. An Drüsen finden sich holokrine Talgdrüsen tmd ein-
dann auch "Tunica fibro -cartilaginea" genannt werden. zelne apokrine Drüsen. Die Nasenlöcher werden innen von
Punktioneil sind aber Stütz-, Binde- und Muskelgewebe be- kräftigen Haaren (Vibrissen) umstell t, die eine grobe Reuse
sonders in Trachea tmd Bronchien immer eng verbunden. gegen Sehrnutz bilden.
Die Muskulatttr ist über elastische Sehnen mit dem Knor-
pelgewebe verknüpft. Die Muskulatttr ist in den Bronchien
zirkulär bzw. netzformig (scherengitterf6rmig) angeordnet.
Nasenhöhle
Im Bereich der mittleren und kleinen Bronchien findet sich In der Nasenhöhle (Cavum nasi) liegt die Mukosa (Abb. 8.4)
zwischen Muskulatur und Knorpelstücken ein gut abgrenz- auf dem Knochengewebe der Nasenmuscheln und dem
barer Venenplcxus. Die Muskulatur ist im Kehlkopf quer- Knochen- und Knorpelgewebe des Nasenseptums. An der
gestreift, sonst glatt. Die Drüsen gehören zwar primär der Nasenschleimhaut lassen sich eine Regio rcspiratoria und
Lamina propria an, können aber bis zwischen die Knorpel- eine Regio olfactoria unterscheiden.
stücke vordringen und sogar außerhalb dieser zu finden
sein. Das Bindegewebe der unteren Atemwege ist auffallend
Regio respiratoria
reich an elastischen Fasern.
Zur Regio respiratoria gehört der weitaus größte Teil der
Nasenschleimhaut. Sie dient der Erwärmtmg und dem An-
8.1.2 Obere Luftwege feuchten der Atemluft und dem Abfangen von Schmutz-
Zu den oberen Luftwegen zählen: partikeln aus der eingeatmeten Luft. Kennzeichen der Regio
• Nasenhöhle mit Nasenvorhof respiratoria sind (Abb. 8.5).

a b
Abb. 8.1 Respi ratorisches Epithel (1 ). a: An der Obert\äche des Epithels sind die Kinozilien gut erkennbar (~ ). die den
Basalkörpern (typische dichte Linie an der Basis der Flimmerhaare) entspringen. Trachea, Mensch; Färbung: Azan, Vergr. 250-
fach. b: Spezifische histochemische Anfärbung (lila) der Schleime in den Becherzellen und auf der Oberfläche der Kinozilien.
Trachea, Mensch; PAS-Färbung, Vergr. 250-fach.
8.1 Atemwege 265

Abb. 8.3 Nasenflügel vom


inneren Vestibulum nasi (1)
bis zur Epidermis auf der
Außenseite (8); 2 mehr-
schichtiges Plattenepithel
des Vestibulums; 3 Wurzel-
bereich einer Vibrisse;
4 Talgdrüsen; 5 Venen-
geflecht; 6 hyaliner Knorpel;
7 Skelettmuskulatur.
Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 25-fach.

Abb. 8.4 Schleimhaut


einer Nasenmuschel.
1 knöcherne Nasenmuschel
(dunkelrot); 2 weit gestell-
ter Venenplexus; 3 Drüsen;
4 respiratorisches Epithel.
Das knöcherne Gerüst der
Nasenmuschel ist nach Ent-
kalkung (Freilegung der
Kollagenfibrillen) kräftig rot
gefärbt. Mensch; Färbung:
H. E.; Vergr. 25-fach.

• ein hohes respiratorisches Oberflächenepithel mit einer Respiratorisches Oberflächenepithel Im respiratori-


Schlagfrequenz der Zilien von 10 - 20/s tmd einzelnen schen Epithel der Nasenschleimhaut (Abb. 8.4, Abb. 8.5)
endeepithelialen mukösen Drüsen (Abb. 3.1.18), finden sich, wie in anderen Regionen der Atemwege, regel-
• eine Lamina propria, die zellreich ist und gemischte sero- mäßig Leukozyten (Lymphozyten, Eosinophile [v. a. bei
muköse Drüsen enthält, Allergikern], Neutrophile [bei bakteriellen Entzündungen]
• ein komplexes Gefäßsystem mit einem speziellen Venen- und auch Mastzellen [bei Allergikern)). Die Oberfläche des
plexus als Besonderheit, der tlie Funktion eines Schwell- Epithels ist von einem Schleimfilm bedeckt, der von den Ki-
körpers besitzt. nozilien der Flimmerzellen rachenwärts bewegt wird. Auf
dem Schleimfilm bleiben eingeatmete Schmutzpartikel und
Krankheitserreger haften. Die Basalmembran des Epithels
266 8 Atmungsorgane

ist oft auffallend dick (Abb. 8.5), was ln Zusammenhang mit


chronisch rezidivierenden Entzi:mdungen steht.

Lamina propria Im Bindegewebe der Lamina propria


sind freie Zellen, vor allem Plasmazcllen, Mastzellen, Ma-
krophagen und Lymphozyten, häufig. Bei Allergikern sind
außer den Mastzellen auch eosinophile Granulozyten zahl-
reich. Speziell bei dunkelhäutigen Menschen kommen im
Epithel und in der Lamina propria auch Melanozyten vor.
Das Bindegewebe besitzt auffallend zahlreiche elastische
Fasern. Sensible Nervenendigungen des N. maxillaris ver-
mitteln Schutzreflexe wie den Niesreflex und den reflektori-
schen Verschluss der Stimmritze.

Gefäßsystem Das komplexe Gef<ißsystem der Nasen-


schleimhaut geht von kräftigen Arterien am Periost aus.
Ihre Seitenäste verlaufen zur Epitheloberfläche, wo sie sich
arkadenfcirrnig verzweigen. Daraus entwickelt sich ein
dichtes, oberflächlich gelegenes Kapillarnetz mit zahllosen
Fenestrationen im Endothel. Das kapilläre Blut sammelt
sich in kurzen absteigenden V enolcn, die bald in einen
weitlurnigen Venenplexus (venöse "Lakunen") übergehen
(Abb. 8.4, Abb. 8.6). Das venöse Blut des Plexus sammelt
sich in größeren Venen in der Tiefe. Außer dem Venen-
plexus gibt es zahlreiche geknäuelt verlaufende arteriovenö-
se Anastomosen, die zum Teil auch in den Venenplexus
einmünden.

.... ·- Merke Besonderheit der Nasenschleimhaut: komplexes


Gefäßsystem mit Venen plexus (Schwellkörper) und arte-
Abb. 8.5 Regio respiratoria der Na.s enschleimhaut.
riovenösen Anastom osen.
Unter dem mehrreihigen respiratorischen Epithel (1) liegen
eine auffallend breite Basalmembran (*) und zellreiches Die Plexusvenen besitzen zum Teil dicke, spiraligverlaufen-
Bindegewebe (2) mit kleinen Blut- und Lymphgefäßen. de Muskelbündel in ihrer Wand. Diese haben Sphinkter-
Im Epithel einzelne Lymphozyten. Mittlere Nasenmuschel, funktion und können Blut stauen, was zur Verdickung der
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. Schleimhaut führt. Der Plexus bildet also einen Schwell-
körper. Die Plexusvenen nelunen einen großen T eil der
Schleimhaut ein und sind auf den Nasenmuscheln beson-
ders gut entwickelt (Abb. 8.4). Die venösen Schwellkörper
beeinflussen die Luftströmung durch die Nase tmd helfen
bei der Erwärmung der Atemluft. Außer den vielgestaltigen
Blutgefäßen kommen auch Lymphgefäße tmd vegetative
Nervenfasern verbreitet vor.

Klinik Behinderte Nasenatmung mit Schwellung der


Schleimhaut ist ein sehr häutiger Befund bei Erkrankungen
der oberen Atemwege. Ursachen sind u. a. verschiedenartige
akute oder chronische virale oder bakterielle Entziindtmgen
tmd allergische Rhinitis. Die Schwellung der Nasenschleim-
haut fiihrt oft zttr Verlcgung der Offnungen derNasenneben-
höhlen und daraus resultierender Abllussbehinderung.
Bei der allergischen Rhin itis spielen Mastzellen fiir die
Entstehung der Krankheitssymptome eine wichtige Rolle
(Kap. 3.2.3). Die Schleimhäute sind geschwollen und hyper-
ämisch. Das Bindegewebe ist ödematös tmd reich an Eosino-
philen. Kapillaren von Schleimhaut und Oberflächenepithel
werden relativ dttrchlässig. Als Polge entstehen wässrig-
klare "Nasentropfen". Die Riechfähigkeit ist bei einer Rhini-
tis oft eingeschränkt.
Nasenblut en kann durch mechanische Verletztmg eines
Abb. 8.6 Venenplexus (1) in der Nasenschleimhaut. besonderen Kapillar- und Venenplexus am Nasenseptum
Die glatte Muskulatur der Venenwände (*) ist relativ dick (Locus Kiesselbachi), aber auch durch Infektionen, z.B. Ty-
und unregelmäßig ausgerichtet 2 Arterien; 3 Nerv. Mensch; phus, angeborene Gefäßanomalien, Gerinnungsstörungen
Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach. u. a. verursacht werden.
8.1 Atemwege 267

Regio olfactoria unverhorntes PlattenepitheL In der Schleimhaut ist lym-


phatisches Gewebe verbreitet, sowohl in Form von Ton-
Die Regio olfactoria ist ein kleiner Bereich auf der oberen sillen als auch in Form von einzelnen Lymphfollikeln
Nasenmuschel (Kap. 17.4.1). Sie enthält Riechsinneszellen (Kap. 6.3.2). Außerdem enthält die Schleimhaut überwie-
und dient der Wahrnehmung von Gerüchen. gend muköse Drüsen.
• Muskelschicht: DieMuskulatur ist quergestreift.
Merke Die Schleimhaut der Nasenhöhle trägt ein respira- • Adventit ia: Die Adventitia ist relativ locker gebaut.
torisches Epithel, das vor allem Reinigungsfunktion hat
und auch zur Befeuchtung der Atemluft beiträgt. Die La-
mina propria baut einen venösen Schwellkörper auf, der Klinik In der Rachenschleimhaut kommt es häufig zu einer
eine Rolle bei der Erwärmung der Atemluft und der Re- EntziindLmg (Pharyngitis). Solche viralen Lmd bakteriellen
gulation der Luftströmung und des Atemluftvolumens RachenentzlindLmgen gehören zu den häufigsten Krank-
spielt. Sensible Nervenendigungen vermitteln Schutzrefle- heiten überhaupt. Da über Nase Lmd MLmd leicht Krank-
xe. Die kleine Regio olfactoria dient der Prüfung der Nah- heitserreger in den Körper eindringen können, ist das reich
nmg und Orientierung in der Umwelt. entwickelte lymphatische Gewebe (Kap. 6.3.2) an dieser Ein-
g-angspfortein den Körper biologisch sinnvoll. Vom Rachen
ausgehende Entzündungen können bis ZllDl Mittelohr Ltnd
Nasennebenhöhlen in die "Zellen" des Processus mastoideus vordringen.
Die Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales) werden wie die
Merke Im Rachen kreuzen sich Speise- Lmd Atemwege;
Nasenhöhle von respiratorischem Epithel ausgekleidet, das
der obere Rachen besitzt viel lymphatisches Gewebe.
aber relativ niedrig ist Lmd weniger Becherzellen enthält. Se-
ro muköse Drüsen sind selten, die Mukosa ist relativ dünn.
Der von den Flimmerhaaren bewegte Schleimstrom ist auf
die natürlichen Offnungen der Nebenhöhlen (Ostien) ge- 8.1.3 Untere Luftwege
richtet und wandert mit einer Geschwindigkeit von ca. Zu den unteren Luftwegen zählen folgende Abschnitte der
1 cm/min auf diese zu. Luftwege (Tab. 8.1):
• Larynx (Kehlkopf)
Klinik EntzündLmgen der Nasennebenhöhlen (Sinusiti- • Trachea (Luftröhre)
den) sind häufige Erkrankungen. Betroffen sind vorwiegend • Bronchien
die Kieferhöhlen (Sinus maxillares), seltener die Siebbein- • Bronchiolen
zellen (Cellulae etlunoidales), die Stirnhöhlen (Sinus fronta- • Bronchioli respiratorü.
les) und die Keilbeinhöhlen (Sinus sphenoidales). Bei Ge-
burt sind Kiefer- und Keilbeinhöhle als erst wenige mm Kehlkopf
große Taschen angelegt, vor dem 1. Lebensjahr erkranken
nur die Siebbeinzellen (Sinusitis ctlunoidalis). Bei Kleinkin- Funktion Der Kehlkopf (La rynx) liegt an der Grenze
dern erkranken nur Siebbeinzellen Lmdloder die Kieferhöh- zwischen oberen Lmd Ltnteren Luftwegen (Abb. 8.7). In der
le, weil die Stirnhöhle erst ab dem 6. -10. Lebensjahr so weit Klinik wird er zu den oberen Luftwegen gezählt, in der ana-
entwickelt ist, dass darin eine Entzündung entstehen kann. tomischen NomenklatLrr zu den Lmteren. Eine besonders
Die relativ kleinen Ostien schwellen bei den Entzün- wichtige Funktion im Rahmen des Soziallebens liegt in der
dungen oft zu, was das Abheilen einer Sinusitis erschwert. Erzeugung von Lauten, Tönen und v.a. Sprache und Ge-
ViruserkrankLmgen können zu vermehrter Schleimbildung sang. Außerdem schützt er die unteren Atemwege. Die
fiihren und die Flimmerzellen schädigen, wodurch die Schleimhaut des Kehlkopfes ist reich sensibel innerviert.
Transportgeschwindigkeit des mukoziliären Apparats her- Eingedrungene Partikel oder Essensbestandteile lösen so-
abgesetzt wird. Auch allergische Rhinitis fiihrt oft zur Ver- fort einenHustenreiz aus.
legung der Ostien. Initialen viralen EntzlindLmgen folgen oft
bakterielle (eitrige) Sinusitiden. Bei chronischer Sinusitis Aufbau Im Larynx lassen sich 3 Etagen unterscheiden:
kommt es zur Dysfunktion des Epithels Ltnd zur Herab- • Supraglottis: Epiglottis (Kehldeckel), Vestibulumlaryngis,
setzLmg der Reinigungskraft der Kinozilien. Zu beachten Plica vestibularis (Taschenfalten) Ltnd Ventriculus Iaryn-
sind die verschiedenen anatomischen Strukturen in der gis (Morgagni-Tasche)
Umgebung der Nasennebenhöhlen, z. B. der Orbita oder der • Glottis: Plica vocalis, stimmbildender Teil des Kehlkopfes
Hirnhäute, die mit erkranken können. • Subglottis: Region unter der Plica vocalis bis ZllDl Unter-
rand des Ringknorpels (Cricoid).
Rachen D er Larynx ist ein komplexes Org-dn, in dem Knorpelstücke
Etagen Im Rachen (Schlund, Pharynx) kreuzen sich Spei- und vom N. vagus innervierte quergestreifte Muskulatur
se- und Atemwege. Er gliedert sich in 3 Etagen: eine wesentliche Rolle spielen. Die Skelettelemente des
• Epipharynx (obere Etage) Kehlkopfs sind vor allem Schildknorpel (Cartilago thyro-
• Mesopharynx (mittlere Etage) idea), Ringknorpel (Cartilago cricoidea) Lmd Stellknorpel
• Hypopharynx (untere Etage). (Cartilago thyroarytenoidea). Sie bestehen mehrheitlich aus
hyalinem Knorpel, der ab dem 20. Lebensjahr verknöchert.
Wa ndbau In der Wand des Rachens lassen sich 3 Schich- Diese Verknöchenmg ist bei Männern oft vollständig, bei
ten Lmterscheiden: Frauen bleibt sie im Allgemeinen unvollständig. Der Pro-
• Schleimhaut: Sie tragt im Epipharynx ein respiratorisches cessus vocalis des Stellknorpels besteht aus elastischem
Epithel, im Meso- und Hypopharynx ein mehrschichtiges Knorpel und ist mit dem elastischen Lig. vocale Lmmittelbar
268 8 Atmungsorgane

Tab. 8.1 Abschnitte der unteren Luftwege mit histologischen Merkmalen.

Abschnitt Durchmesser Schleimhaut Tunlca flbro-musculo-cartilaginea

Larynx (Kehlkopf) ca. 4 cm respiratorisches Epithel, Stimmfalte komplexes Kehlkopfskelett mit quer-
mit mehrschichtigem unverhomtem gestreifter Muskulatur
Plattenepithel
Trachea ca. 1,5 cm mit respiratorischem Epithel und ventrolateral ca. 20 hufeisenförmige
(Luftröhre) seromukösen Trachealdrüsen hyaline Knorpelspangen, dorsal Partes
membranaceus mit glatter Muskulatur
typische mittel· ca. 10-2 mm mit respiratorischem Epithel und unter der gesamten Mukosa Schlauch
große und kleinere seromukösen Bronchialdrüsen von netzförmig und zirkulär angeordne-
Bronchien ten Bündeln glatter Muskelzellen, die
auch in die weiter außen Liegende
Schicht mit einzelnen hyalinen Knorpel-
stücken einstrahlen
Bronchiolen ca. 1-0,4 mm einschichtiges prismatisches Epithel subepitheliales Bindegewebe mit netz-
mit Flimmer- und Clara-Zellen und ringförmig angeordneten glatten
Muskelzellen, keine subepithelialen
Drüsen, keine Knorpelstücke
Bronchioli ca. 0, 2- 0,15 mm einschichtiges prismatisches bis kubi- subepitheliales Bindegewebe mit netz-
respiratorii sches Epithel mit vielen zilienlosen und ringförmig angeordneten glatten
Epithelzellen, dazwischen Clara-Zellen, Muskelzellen, keine subepithelialen
einzelne Flimmerzellen und Pneumo- Drüsen, keine Knorpelstücke
zyten II, einzelne Alveolen

verbunden. Die Schleimhaut des Kehlkopfs ist - mit Aus- gestellten schlitzförrnigen Spalt, der Stinunritze (Rima glot-
nahme der der Stimmfalte - von respiratorischem Epithel tidis), eingeengt. Die Stimmfalten selbst (Abb. 8.8) sind
bedeckt und enthält seromuköse Drüsen und zum Teil auch von mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel bedeckt.
Lymphfollikel. Unter diesem Epithel befindet sich, durch einen schmalen
Bindegewebsraum (Reinke-Raum, s. u.) getrennt, das Lig.
Supraglottis Der Eingang in den Kehlkopf wird von der vocale (Stimmband), das überwiegend aus elastischen Fa-
beweglichen Epiglottis bedeckt. Diese besteht aus einem sern und nur relativ wenigen Kollagenfasern besteht. Die
löffelartigen Stück elastischen Knorpels, der größere mit elastischen Fasern des Stimmbandes sind der kraniale Rand
Bindegewebe geftillte Poren aufweist und von Schleimhaut des röhrenförmigen Con us elasticus, der unter der Schleim-
bedeckt ist. Die Schleimhaut trägt auf der lingualen (oralen) haut nach kaudal bis zur Innenseite des Ringknorpels
Oberfläche des Kehldeckels und auch über weite Strecken (Cartilago cricoidea) zieht tmd hier endet. Das Stimmband
der pharyngealen Oberfläche ein mehrschichtiges unver- b edeckt den quergestreiften M. vocalis, der den medialen
horntes PlattenepitheL Auf der laryngealen Seite findet sich Anteilen des M. thyroarytenoideus entspricht.
vorwiegend respiratorisches Epithel und außerdem in indi- Der schmale Rawn zwischen dem Plattenepithel der
viduellunterschiedlichem Ausmaß mehrschichtiges unver- Stimmfalten tmd dem elastischen Stimmband wird Reinke-
horntes PlattenepitheL In der Lamina propria lagern sero- Raum genannt. Er enthält ein lockeres Bindegewebe tmd
muköse Drüsen. Beim Schlucken bewegt sich der Kehlkopf nur einzelne Blutkapillaren, Lymphkapillaren fehlen. Karzi-
nach oben und wird gegen den Kehldeckel gedrückt und nome des Epithels breiten sich hier daher nur langsam aus,
somit verschlossen. tmd pathologische Flüssigkeitsansammlungen (Ödeme) flie-
In der Tiefe der Supraglottis bildet die Schleimhaut die ßen hier nur langsam ab.
2 Taschenfalten, die ins Lumen vorspringen und eine
Schutrlunktion haben. Sie begrenzen einen sagittal gestell-
ten Spalt. Unter den Taschenfalten befindet sich der Ventri- Klinik Heiserkeit ist ein häufiges Syndrom von Erkranktm-
culus laryngis (= Morsani-Tasche), eine Erweiterung des gen des Kehlkopfes, ebenso Husten. Chronische Exposition
Luftraums, die unterschiedlich tiefe Aussackungen (Sacculi von Reizstoffen (z. B. Zigarcttenrauch) fiihrt zu parakerato-
laryngis) ausbildet. Solche Aussacktmgen können bei man- tischen Bezirken mit untypischcr Verhornung an der Ober-
chen Tierprimaten große, schallverstärkende Säcke bilden. fläche des Epithels der Stirnmfalten.
Bei chronischen Ödemen können sich Knoten und Poly-
Glottis Als Glottis werden in HNO-ärztlichem Sprach- pen auf den Stimmfalten bilden. Häufig sind Entziindungen
gebrauch alle stimmbildenden, die Stimmritze begrenzen- die Ursache.
den Wandteile des Kehlkopfs zusammengefasst. Am Boden Kehlkopflcrebs ist bei Männern 1O-ma! häufiger als bei
des Ventriculus laryngis wird der Luftweg erneut durch 2 Frauen tmd entsteht an den St:inunfalten oder in deren Um-
Falten, die Stimmfalten (Piicae vocales), zu einem sagittal gebung.
8.1 Atemwege 269

.,

I
Zungenbein- Nerven I
I
muskulatur •
{ Epiglottis

pharyngea/e Fläche

Sacculus laryngis

Ventriculus Iaryngis

Plica vestibularis (Ventricularis)

M. voca/is

Plica vocalis

Ug. vocale

Schildknorpel M. cricoarytenoideus Iat.

Flimmerepithel

G/andulae laryngeae

Ringknorpel
M. cricoarytenoideus
post.

Tracha1fknorpel
' - - - - . _ _ _ _ . . . #C

Trachea

Abb. 8.7 Kehlkopf im Frontalschnitt. Im Kehlkopf lassen sich 3 Etagen unterscheiden: Supraglottis, Glottis und Subglottis.
Das Lig. vocale ist in der H. E.-Färbung oft kräftiger rot gefärbt als auf der vorliegenden Abbildung. Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 4,5-fach. (Aus (1])
2 70 8 Atmungsorgane

2 1
3

Abb. 8.8 Stimmfalte. 1 mehrschichtiges unverhorntes


Plattenepithel, 2 Reinke-Raum, 3 Lig. vocale, 4 M. vocalis.
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach.

Trachea, Bronchien und Bronchiolen


Die Schleimhaut der Luftröhre und Bronchien ist ähnlich
aufgebaut: respiratorisches Epithel, subepitheliales Binde- Abb. 8.9 Trachea im Querschnitt. 1 hufeisenförmige hyali-
gewebe und Tracheal- bzw. Bronchialdriisen. Das respirato- ne Knorpelspange; 2 Mukosa (Schleimhaut); 3 glatte Musku-
rische Epithel von Luftröhre und Bronchien entspricht dabei latur des M. trachealis dorsal zwischen den Knorpelspangen.
dem respiratorischen Epithel der oberen Luftwege. In den Junge Ratte; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach.
Bronchiolen ist das Epithel dagegen einschichtig prisma-
tisch und enthält vor allem Plimmerzcllen und Clara-Zcllen.
In den Bronchioli respiratorii ist das Epithel meistens ku- sich z.B. beim Zurückneigen des Kopfes. Die Weite kann
bisch. In seinen Verlauf sind schon kleine Alveolen einge- durch den M. trachcalis aktiv um ca. ein Viertel vermindert
schaltet. Alle Abschnitte der unteren Luftwege besitzen in werden. Beim Schlucken großer Speisebrocken wird die
ihrer Wand glatte Muskulatur. Diese wird sowohl von sym- Luftröhre passiv von hinten eingedellt. Der Knorpel ist bei
pathischen als auch parasympathischen Nervenfasern inner- älteren Menschen in unterschiedlichem Ausmaß verkalkt.
viert, welche die Weite der unteren Luftwege regulieren.
Dies ist besonders im Bereich der Bronchien und Bronchio-
len von Bedeutung.
Schleimhaut
Die Schleimhaut der Trachea besteht aus mehrreihigem res-
piratorischem Epithel, einer subepithelialen Lamina propria
Trachea (Luftröhre) und subepithelialen TrachealdrUsen (Abb. 8.11).
Die Trachea (Luftröhre) ist eine vor dem Ösophagus verlau-
fende ca. 12 cm lange w1d ca. 1,5 cm weite Röhre (Abb. 8.9). Respiratorisches Epithel In Trachea tmd Bronchien be-
Sie hat einen typischen Wandaulbau (Kap. 8.1.1) und be- finden sich im respiratorischen Epithel außer Flimmer-,
steht aus der Schleimhaut, der Tunica fibro-musculo-cartila- Becher- und Basalzellen (Abb. 8.12) einzelne Bürstenzellen
ginea tmd einer außen gelegenen Adventitia. (Epithelzcllen mit kräftigen, ca. 211m langen Mikrovilli), die
möglichenveise die Punktion von Sinneszellen haben, sowie
einzelne seröse tmd endokrine Zellen. Die Basalzellen sind
Tunica fibro-musculo-cartilaginea die Stammzellen des Epithels, d. h., sie sind die Vorläufer-
Wichtigste Elemente der Tunica fibro-musculo-cartilaginea zellen fl.ir Flimmer- tmd Becherzellen; sie spielen aber auch
sind ventrolateral ca. 20 hufeisenfOrmige hyaline Knorpel- eine Rolle bei der Befestigung des Epithels an der dicken
spangen und dorsal der M. trachealis (Abb. 8.10). Die Knor- Basalmembran. Des Weiteren können im Epithel Lympho-
pelspangen festigen die Wand und verhindern, dass das zyten tllld Mastzellen auftreten.
Lumen beim Atmen, speZiell beim Einatmen, kollabiert. Die
freien Enden dieser Knorpelspangen werden dorsal durch Mukoziliärer Apparat und Trachealdrüsen Die Schleime
überwiegend quer (außen auch längs) verlaufende glatte der Tracheal- und Bronchialdrüsen tmd der Becherzellen
Muskulatur (M. trachealis) und Bindegewebe verbunden bilden zusammen mit den Kinozilien des respiratorischen
(Parics membranaccus). Die Paries membranaceus enthält Epithels den mukoziliär en Apparat (Abb. 8.12). Eingeat-
in reichem Maße elastische Pasern, die sich in die bindege- mete Schmutzpartikel bleiben am Schleim haften und wer-
webige Bedeckung der Außenseite des Knorpels fortsetzen. den gemeinsam mit diesem von den Kinozilien in Richtung
Zwischen den benachbarten Knorpelspangen findet sich Rachen befördert, wo sie verschluckt oder ausgespucktwer-
straffes Bindegewebe, das auch viele, überwiegend längs aus- den können.
gerichtete elastische Pasern enthält und die sog. Ligg. anula- Der Schleim bildet eine förderbandähnliche Schicht, an
ria bildet. Das Baumaterial der Trachea erlaubt erhebliche deren Unterseite sich die Zilien reversibel anheften. Die Zi-
Veränderungen ihrer Länge und Weite. Die Länge ändert lien schlagen 12 - 20-mal pro Sekunde und bewegen den
8.1 Atemwege 271

Abb. 8.10 Dorsale und


laterale Anteile de r Tra-
chealwand. 1 Tracheal·
Lumen; ~ Trachealepithel;
2 Paries membranaceus;
*
3 Trachealdrüsen; glatte
Muskulatur (M. t rachealis);
4 Knorpelspange. Mensch;
Färbung: H. E.; Vergr. 5-fach.

Schleimfilm mit einer Geschwindigkeit von ca. 1 cm/min


rachenw'ärts. Die Zahl der Kinozilien in den Atemwegen ist
ungeheuer groß, pro cm1 kommen mindestens 109 Kino-
zilien vor. Die Menge an produziertem Schleim wechselt in
Abhängigkeit von inneren und äußeren Reizen. Die oral ge-
richtete Schlagrichtung der Zilien ist angeboren. Sie schla-
gen in einem w'.isserigen Flüssigkeitsraum unter dem
Schleim, der sog. Hypophase. Am Wassertransport in die-
sem Raum sind Aquaporine beteiligt.

Klinik Die Zusammensetzung und Menge der Flüssigkeit in


der Hypophase sind reguliert. Bei der Mukoviszidose sind
das Volmnen und die Zusammensetzung der Hypophase
vermindert bzw. verändert und der Oberflächenschleim ist
viel zäher als beim Gesunden.

Abb. 8 .11 Schleimhaut der Trachealwand. Sie besteht aus


Bronchien mehrreihigem respiratorischem Epithel (1) mit Flimmerzellen,
Die Bronchien bilden ein System sich wiederholt teilender, Becherzellen und Basalzellen und aus einer subepithelialen
enger werdender Röhren (Abb. 8.13). Die Trachea teilt Lamina propria, die in reichem Maße Kollagen- und elastische
sich in 2 Hauptbronchien (Stammbronchien, Durchmesser Fasern enthält. Subepithelial sind die seromukösen Tracheal-
rechts ca. 14 mm, links ca. 12 mm), denen die Lappen- und drüsen (2) zu finden, die auch zwischen die Knorpelspangen
Segmentbronchien folgen. Die sich daran anschließenden vordringen. Der angrenzende Knorpel (3) ist hyalin. Mensch;
Bronchien werden oft Subsegmentbronchien genannt. Letz- Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus [1])
tere lllllfassen mittelgroße und kleine Bronchien. Diese bil-
den 6-12 Teilungsgenerationen, wobei sich ihr Durchmes-
ser auf ca. 1 mm verringert. Die Teilungen sind dichotom, Tunica fibro-musculo-cartilaginea
wobei die jeweils entstehenden 2 Tochterbronchien oft
unterschiedlich groß sind und unterschiedlich verlaufen: Muskelschicht und Knorpelfasermantel der Bronchienwand
Ein meist dickerer Ast verläuft gestreckt weiter, wohingegen werden oft als Tunica fibro -musculo-cartilaginea zusam-
der andere Ast gekrümmt auf die zentralen Teile der Lunge mengefasst:
zuläuft. Die Bronchien besitzen einen ähnlichen Wandauf-
bau (Abb. 8.14, Abb. 8.15) wie die Trachea, wobei aber die Mus kelschicht Die Muskelschicht (Tunica muscularis)
Bezeichnung der einzelnen Wandschichten uncinheitlich ist schlauchfönnig, enthält zirkulär und schraubenfönnig
gehandhabt wird. verlaufende glatte Muskelzellen und liegt der Schleimhaut
außen an. Die glatten Muskelzellen bilden Bündel, die oft
in entgegengesetzten Schraubentouren verlaufen tmd zwi-
272 8 Atmungsorgane


F c

•. 0 t
• J
I
....
,.;

'oJ 3

Abb. 8.12 Respiratorisches Epithel in einer EM-Aufnahme. Das Epithel enthält Basalzellen (nicht abgebildet), Becher-
zellen (1 ) mit Schleimgranula (*.enthalten das Muzin MUC 2) und mitochondrienreiche (4) Flimmerzellen (2) mit Kinozilien
(3); .,.. Basalkorn; -+ Zilienwurzeln. Trachealepithel, Mensch; Vergr. 10450-fach.

sehen sich Lücken freilassen (Scherengittemmster). Inner- Respiratorisches Epithel Das respiratorische Epithel der
halb und außerhalb der Muskulatur bilden die Bronchial- Bronchien enthält Plimmerepithel-, Becher-, Basal- und
venen Venenplcxus, von denen der äußere - zwischen vereinzelte endokrine Zellen:
Muskulatur und Knorpelschiebt - der tmlfangreichere ist. • Jede Flimmerepithelzelle trägt neben zahlreichen Mikro-
villi gut 200 Kinozllien. Diese sind ca. 5-7 ~m lang, schla-
Fibrokartilaginäre Schicht Ocr Muskelschicht schließt gen ca. 20-mal pro Sekunde und bewegen den oberfläch-
sich ein Mantel aus Knorpclstiicken tmd Bindegewebsfasern lichen Schleimfilm rachenwärts (mukoziliärer Apparat).
an. Die kleinen, unregelmäßig geformten Knorpelstücke Die Flimmerepithelzcllen sind gut über das Zytokeratin 8
(hufeisenförmige Spangen sind nur in den Stammbronchi- zu iden tifizicren.
en zu finden, Abb. 8.13) sind über Bindegewebe verbunden, • Die Becherzellen bilden Schleim (MUC2). Sie sind, an-
das reich an elastischen Pasern ist. Ocr Knorpel ist hyalin, ders als die Bronchialdri"lscn, nicht innerviert. Ihre Zahl
enthält aber weiter distal auch elastische Anteile, die dann in nimmt bei chronischer Bronchitis zu.
den Knorpelstücken der kleinen peripheren Bronchien do- • Basalzellen (Abb. 8.16) sind zu einem Teil die Stamm-
minieren. Außen liegt dem Stützgerüst aus Knorpel und zcllen des Epithels. Ein großer Teil der Basalzellen dient
straffem Bindegewebe eine lockere Bindegewebsschicht der Befestigtmg der Plimmcrepithelzellen im Epithel und
(Adventitia) an, die Gefäße und Nerven enthält und in die ist über Hemidcsmosomcn mit der Basallamina ver-
zumTeil die Bronchialdrüsen vordringen können. knüpft.
• In den einzelnen endokrinen Zellen im Epithel wurden
Scrotonin und verschiedene Pcptide nachgewiesen, z. B.
Schleimhaut Cal.citonin, Somatostatin und antidiuretisches Hormon.
Die Schleimhaut (Tunica mucosa) mit respiratorischem Vor allem an Verzweigungsstellen von Bronchien Ltod
Epithel, subepithelialem Bindegewebe (Lamina propria) und Bronchiolen kommen neuroepitheliale Körper vor, die
seromukösen Drüsen (Bronchialdrüsen) liegt der Muskel- aus bis zu 80 endokrinen Zellen bestehen. Sie sind reich
schicht tmd dem Knorpelfasermantel innen an. sensorisch innerviert. In ihnen wurden Serotonirr und
8.1 Atemwege 2 73

In Atemwegsepithelien des Menschen wurden die Expres-


sion und die Sekretion von Zytokinen, Wachstumsfaktoren,
antimikrobiellen Pcptiden und Adhäsionsmolekülen nach-
gewiesen. Das gesamte Epithel beteiligt sich an der Produk-
tion der Flüssigkeit der wässrigen Hypophase.

Bronchialdrüse n In der Schleimhaut kommen regelmä-


ßig seromuköse Bronchialdrüsen (Abb. 8.17) vor , die nicht
selten sogar außerhalb der Knorpelstücke zu finden sind. In
ihnen liegen, wie generell in den Drüsen der Atemwege, die
serösen Azini und Halbmonde distal, die mukösen Tubuli
proximal. Die Wand der Ausflihrungsg'.inge besteht aus
mitochondrienreichen, eosinophilen Epithelzellen, die ver-
mutlich Ionen transportieren. Tm Epithel der gemischten
Tracheal- und Bronchialdrüsen kommen Myoepithelzellen
vor. Die Bronchialdrüsen bilden u.a. Schleime (MUC5)
und antibakterielle Enzyme. Tm Sekret ihrer serösen Drü-
senzellen ist z. B. das antibakterielle Lysozym nachgewiesen
(Abb. 8.18). In den serösen Drüsenzellen (und im respira-
torischen Epithel) werden auch Defensine und andere anti-
mikrobielle Polypcptide gebildet. In den mukösen Zellen
von Tracheal- und Bronchialdrüsen und den Becherzellen
des Oberflächenepithels lassen sich (sekretorische) Blut-
gruppenantigene des ABO-Systems nachweisen.
6

Bronchusassoziiertes Lymphatisches Gewebe


In der Schleimhaut der Bronchien treten lokale Ansamm-
lungen von lymphatischem Gewebe auf (bronchusassozi-
iertes lymphatisches Gewebe = BALT). Es besteht aus Ein-
zelfollikeln oder kleinen Gruppen solcher Follikel sowie
einfachen Lymphozytenansammlungen, vielen Plasmazellen
und einzelnen Lymphozyten, unter denen letztere bis in das
Bronchialepithel vordringen können. Die meisten Einzel-
lymphozyten sind CD8-positive T -Lymphozyten. Beim Ge-
sunden bilden Plasmazellen der Lamina propria vor allem
lgA. Dieses wird von den Epi thelzellen der Bronchien und
Bronchialdrüsen aufgenonunen, mit der sog. sekretorischen
Komponente gekoppelt und durch das Epithel ins Bron-
chiallumen transportiert. Bei Allergikern bilden Plasmazel-
len vermehrt IgE.
Die Lymphfollikel, die nur relativ selten Keimzentren
enthalten, nehmen mit dem Alter an Zahl zu tmd sind öfter
an Verzweigungsstellen der Bronchien zu finden. Zwischen
den Follikeln befinden sich unterschiedlich ausgedehnte Fel-
Abb. 8.13 Bronchialsystem (Mensch), vereinfachte Dar- der mit T-Lymphozyten. In Regio nen mit T -Lymphozyten
stellung. 1 Trachea; 2 Stammbronchus; 3 Lappenbronchus; kommen auch hochcndotheliale Venolen vor. In den mitt-
4 Segmentbronchus; 5 klei ner Bronchus; 6 Bronchiolus; leren tmd kleineren Bronchien ist das Epithel über dem lym-
7 Bronchiolus respiratorius; 8 Ductus alveolaris; 9 Sacculus phatischen Gewebe abgeflacht und relativ dünn und enthält
alveolaris; ? Alveolen (links in der Ansicht von außen, M-Zellen oder Aquivalente dieser Zellen.
rechts im Schnittpräparat. Blau gefarbt: Knorpelspangen
oder Knorpelstücke in der Wand der Atemwege). Innervation
Die Bronchial- und Trachcalmuskulatllf ist sympathisch
(erweitert die Luftwege) und parasympathisch (stellt die
endokrine Polypcptide gefunden. Sie sind wahrscheinlich Luftwege enger) innerviert, was im Rahmen von Stress- oder
sauerstoffsensible Chemorezeptoren (reagieren auf Abfall Fluch treaktionen biologisch sinnvoll ist. Bei einer akut auf-
des 0 2-Partialdrucks im Blut) und auch Mechanorezepto- tretenden Gefahr unterstützt die Weitstellung der Bron-
ren. Sie sind wahrscheinlich an der Regulation der Lun- chien die Fluchtreaktion durch vermehrte Versorgung der
gendurchblutung und der Atemwegsmuskulatur beteiligt. Lungen mit Luft. Dadurch kann der erhöhte Sauerstoff-
Von den endokrinen Zellen der Atemwege können Kar- bedarf der Muskulatur befriedigt werden. Auch über das
zinome (kleinzclliges Bronchialkarzinom) und das poten- Blut transportiertes Adrenalin wirkt über ß2-Rezeptoren auf
ziell maligne Karzinoid ausgehen. die Bronchialmuskulatur, und zwar, wie der Sympathikus,
bronchienerweiternd. Bei pathologischer Engstelltmg wer-
274 8 Atmungsorgane

Abb. 8.14 Wandbau eines


Bronchus (B); 1 Schleim-
haut 2 glatte Muskulatur;
3 Knorpelstücke; A Ast der
A. pulmonalis; ~ Bronchial-
arterie; AV Alveolen.
Schwein; Färbung: Azan,
Vergr. 45-fach.

~~~---8
--9

--1 0
• - 11
J;;~~~~h'YN'#r-··1 2
® @
• -- •• -13

® --- --- 14
® Abb. 8.16 Basalzellen ( ~) im respiratorischen Epithel (1)
Ii\
eines Bronchus. Immunhistochemischer Nachweis von CK14
Abb. 8.1S Wandschichten eines Bronchus (Schema) funk- (Braunfärbung); Mensch; Vergr. 250-fach.
tionell wesentlicher Anteile. Oberflächenepithel mit Becher-
zellen (1), mit Flimmerzellen (2) und mit Basalzellen (3);
4 Kollagenfibrillen; S Blutgefäße; 6 Mastzelle; 7 Plasmazelle;
8 Ausführungsgang, dessen Wand aus kubischen oder prisma- Klinik Die Bronchien erkranken relativ häufig; eine Bron-
tischen mitochondrienreichen Epithelzellen besteht; 9 elasti- chitis geht mit vermehrter Schleimproduktion in Becher-
sche Fasern; 10 seromuköse Drüse, die auch endokrine Zellen zellen und Bronchialdrüsen einher (Abb. 8.19). (Mit-)
(12) enthält; 11 autonomer Nerv; 13 glatte Muskulatur; Ursache einer Bronchitis ist die Beeinträchtigung der Zilien-
14 hyaliner Knorpel. (Aus (1]) funktion (z.B. durch Rauchen, das die Zilienschlagfrequenz
herabsetzt) tmd damit des mukoziliären Apparats. Angebo-
rene Defekte der Zilien (Abb. 8.20), die Syndrome der im-
motilen Zilien genannt werden, führen zu oft schweren
den daher Sympathikomimetika gegeben, die die Punktion
des Sympathikus verstärken. chronischen Bronchitiden.
Lungenkrebs ist in 95o/o der Pälle ein Karzinom des Bron-
chialepithels. Wichtig ist die klare Korrelation zwischen
Merke Die Wand der Bronchien ist aus respiratorischem Bronchialkarzinom tmd dem Rauchen. Wie andere Karzi-
Epithel, Bronchialdriisen, Kollagenfasern, elastischen Pa- nome entstehen Bronchialkarzinome auf der Basis geneti-
sem, Knorpel, glatter Muskulatur und vegetativen Nerven scher Veränderungen, die Onkogene und Ttmlorsuppres-
aufgebaut sorgene betrefiim. Beim kleinzelligen Bronchialkarzinom
8.1 Atemwege 275

Abb. 8 .17 Bronchialdrü-


sen. 1 seröse Drüsenzellen;
2 muköse Drüsenzellen;
3 Gang mit eosinophilen
mitochondrienreichen
Zellen. Mensch; Färbung:
H. E.; Vergr. 250-fach.

Ausmaß des bösartigen Verhaltens und den Verlauf des


jeweiligen Karzinoms. Asbest kann Bronchial- und auch
Pleurakarzinome (Mesotheliom) verursachen.
Beim Asthma bronchiale liegt einerseits ein chronisch
entziindlicher Prozess, andererseits eine erhöhte Reaktions-
bereitschaft der Bronchialmuskulatur auf verschiedene,
meist in der Luft transportierte Stimuli vor. Hierzu zählen
allergene, pharmakologische, aus der Umwelt (Luftver-
schmutzung!) oder aus dem beruflichen Umfeld (Stäube,
Waschmittel, Mehl usw.) stammende oder infektiöse Reize.
Begleitende Emotionen, z. B. Angst, können den Zustand
verschlimmern. Die Muskulatur kontrahiert sich, die Atem-
wege werden enger (Obstruktion), und es korrunt zu Luft-
not. Die Kontraktion wird zumindest zu einem erheblichen
Teil durch Mastzellmediatoren ausgelöst, die durch die In-
teraktion eines Antigens mit mastzellgebundenem IgE aus
den Mastzellen freigesetzt werden. Weitere Merkmale sind
eine ödematöse Schleimhaut und die Sekretion eines dicken,
zähen Schleims, in dem reichlich Eosinophile vorkommen
(Abb. 4.15).

Bronchiolen
Den Bronchien folgen die Bronchiolen (Bronchioli). Bron-
Abb. 8 .18 Bronchialdrüsen. Immunhistochemischer chioli besitzen einen Durchmesser von ca. 1,2 - 0,4 mm und
Nachweis des Lysozyms (Braunfärbung, ~) in den serösen bilden öfter die 12.-15. Generation des sich verzweigenden
Drüsenzellen. Die mukösen Zellen (1) bilden kein Lysozym. Batuns der At emwege (Abb. 8.13, Abb- 8.21). Das Ltmgen-
Mensch; Vergr. 450-fach. gewebe, das von einem Bronchiolus versorgt wird, heißt
Lungenläppchen. Ein solches Läppchen ist durch unvoll-
ständige Bindegewebssepten begrenzt und misst 1 - 2 cm im
Durchmesser. Die Läppchen sind oft als feines Netzmuster
sind z.B. verschiedene Onkogene verändert und die myc-
an der Ltmgenoberfläche zu erkennen. Die letzte Teilungs-
Onkogene erheblich vermehrt. Bei diesem Karzinom existie-
generation der Bronchiolen wird terminaler Bronchiolus
ren auch Deletionen des k urzen Arms von Chromosom 3,
(Bronchiolus terminalis) genannt. Das Lungengewebe, das
wo bestimmte Tumorsuppressorgene lokalisiert sind. Be-
von einem solchen terminalen Bronchiolus versorgt wird,
kannt ist, dass beim kleinzelligen Bronchialkarzinom die
wird als Lungenazinus (Durchmesser 3-6 mm) bezeichnet.
Tumorsuppressorgene p53 und Rb durch Mutationen in-
Mehrere Azini bilden ein Läppchen.
aktiviert sind. Das Expressionsverhalten dieser Gene und die
Funktionen der Endprodukte beeinflussen vermutlich das
2 76 8 Atmungsorgane

Abb. 8.19 Kleiner Bronchus bei schleimig-eitriger Abb. 8 .21 Lungengewebe, Übersicht. 1 Bronchus;
Bronchitis. Das Lumen ist weitgehend mit Eiter und Schleim- 2 Bronchiolus; 3 Bronchiolus termina lis, der in Bronchioli
masse gefüllt. Zelluläre Komponente dieses eitrigen Schleims respiratorii übergeht; 4 Ductus alveolaris; 5 Alveolen.
sind vor allem zahllose Neutrophile (-+). 1 Epithel, Mensch. Schwein; Färbung: Azan; Vergr. 20-fach. (Aus (1))
Färbung: H. E.; Vergr. 450·fach.

Schleimhaut
Das Epithel ist nur anfangs zweireil1ig, ansonsten einschich-
tig prismatisch. Es enthält vor allem Plimmerzellen und
~ Clara-Zellen (Abb. 8.23); daneben kommen vereinzelt endo-
Abb. 8.20 Angeborene krine und seröse Zellen vor. Becherzellen sind selten und
Ziliendefekte. fehlen distal. Vor allem an Verzweigungen der Bronchiolen
treten auch einzelne neuroepith eliale Körper auf, die wohl
vor allem die Wandmuskulatur beeinflussen. Drüsen fehlen.

Clara-Zellen Die Clara-Zellen des Bronchiolarepithels


Tunica muscularis (benannt nach dem Südtiroler Arzt und Anatomen Max
Diese Schicht entspricht der Tunica fibro·musculo-cartilagi- Clara, 1899-1966) sind prismatisch und dtrrch einen weit
nea, wie sie in der Trachea und den Bronchien vorkommt, ins Lttmen vorgewölbten zilienfreien Zellapex gekennzeich-
enthält aber in den Bronchiolen keinen Knorpel mehr. Die net (Abb. 8.23, Abb. 8.24, Abb. 8.25), der beim Menschen
glatte Muskulatur (Abb. 8.22) bildet ein Netzwerk oft recht Sekretionsgranula enthält. Die Ultrastruktur und vermut-
kräftiger schraubenfö rmiger, sich zttm Teil überkreuzender lich auch die Funktion der Clara-Zellen sind bei den einzel-
Bündel aus. Bei der Einatmung entspannt sie sich, bei der nen Säugetierarten sehr verschieden und in vielen Einzel-
Ausatmung kontrahiert sie sich leicht. Wenn diese Kon- heiten noch nicht sicher bekannt. Bei Katzen enthalten sie
traktion pathologischeJWeise anhält, wie bei einem Asthma- z. B. ein reich entwickeltes glatt es ER. Sie sezernieren auch
anfall, kann die Luft nur mühsam den Alveolarratun verlas- beim Menschen Proteine, die der Abwehr und der Begren-
sen. zung von Entzündungsreaktionen dienen. Möglicherweise
geht von ilinen der Ersatz von Epithelzellen in den Bron-
chioIi aus.
8.1 Atemwege 277

Abb. 8.22 Bronchiolus


des Menschen mitschmalen
Schleimhautfalten (F) und
schräg bis zirkulär angeord-
neter glatter Muskulatur (M),
fehlendem Knorpelgerüst und
fehlenden Drüsen. L Lumen.
Infolge der Kontraktion der
glatten Muskulatur haben
sich schmale Schleimhaut-
falten gebildet und das Lu-
men ist erheblich eingeengt.
Färbung: H. E.; Vergr. 250-
fach. l

c
Abb. 8.24 Bronchiolus
respiratorius.

a
Abb. 8.25 Typischer Apex
einer Clara-Zelle.
Abb. 8.23 Epithel eines Bronchiolus. Das einschichtige
prismatische Epithel enthält Flimmer-(Wimper-)Zellen (1)
und Clara-Zellen (2). Mensch; Vergr. 3800-fach. (Aus (1))

Merke Die Wand der Bronchiolen besteht aus einem nur und ca. 1 - 2 mm lang und bilden beim Menschen i. A. 3 Tei-
einschichtigen prismatischen Epithel mit Flimmer- und lungsgenerationen.
Clara-Zellen, aus Bindegewebsfasern und glatter Musku-
latur. Den Bronchioli fehlen Knorpel und Drüsen. Muskulatur Die Muskulatur ist noch recht kräftig, aber
lückenhaft.

Epithel Das Epithel der Bronchioli respiratorii ist pris-


Bronchioli respiratorii matisch und am Ende kubisch; hier treten neben einzelnen
Dem terminalen Bronchiolus folgt der Bronchiolus respi- Flimmerzellen viele unbewirnperte Epithelzellen, danmter
ratorins (Abb. 8.13, Abb. 8.21, Abb. 8.26), eine Übergangs- typische Clara-Zellen, auf. Außerdem kommen einzelne se-
region zwischen den Atemwegen und dem Alveolarraum. röse Zellen (mit dichten Granula im apikalen Zytoplasma)
Die Bronchioli respiratorii sind nur ca. 0,15-0,2 mm weit tmd bereits Pnetunozyten II (Abb. 8.24) vor, die typischer-
278 8 Atmungsorgane

weise in den Alveolen zu finden sind. Zusätzlich treten Zel-


len auf, die Merkmale verschiedener der genannten Zellen
zeigen. In den V erlattf dieses Epithels sind dünnwandige
Aussacktmgen eingeschaltet, die Alveolen genannt werden
und in denen schon ein Gasaustausch erfolgt. Der Über-
gangshereich zwischen Bronchioli respiratorii tmd Ductus
alveolares ist unterschiedlich struktur iert. Es gibt abrupte
Übergänge zwischen prismatischem Epithel und Platten-
epithel, es ist aber auch ein alhnählicher Übergang möglich.
Häufig kommen in diesem Übergangsbereich viele kubi-
sche Pnewuozyten II vor.

Abb. 8.26 Bronchiolus resptrat or1us (1) und begleitende


A. pulmonalis (2) mit gleichem Durchmesser. 3 Alveolen.
Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach.

8.2 Alveolarraum
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Der Austausch der Atemgase 02 Ltnd co2 findet in den mozyten I des Alveolarepithels und dem Endothel der
300-400 Millionen Alveolen im Inneren der Lunge statt. Blutkapillaren aufgebaut ist. Die Pnew11ozyten II des Al-
Zwischen Luft tmd Blut befindet sich eine dünne Gewebe- veolarepithcls produzieren den Surfactant , einen Fihn aus
sehranke (im Mittel ca. 2 IJ.IU dick, an den funktionell Proteinen, Phospholipiden und 010lesterin, der die Span-
wichtigen dünnen SteHen nur 0,4-0,6 IJ.IU), die Blut-Luft- nung an der Oberfläche der Alveolen herabsetzt.
Schranke (= Atemschranke), die vor allem aus den Pneu-

8.2.1 Ductus alveolares von 0 2 und Abgabe von C02) statt . Eine einzelne Alveole ist
Aus dem letzten Bronchiolus respiratorins gehen die Ductus nmdlich oder polygonal und misst 200- 300 f UU im Durch-
alveolares hervor (Abb. 8. 13, Abb. 8.21, Abb. 8.27), die sich messer. Die Anzahl der Alveolen in beiden Lungen wird
2- oder 3-mal verzweigen und deren Lumen mit den weiten beim erwachsenen Menschen attf 300-400 Millionen be-
Öffmmgen der dicht nebeneinanderliegenden Alveolen rechnet, was eine Fläche von 80-140 m2 fiir den Gasaus-
kommtmiziert. Eine eigene Wand existiert kaum, wird aber tausch zwischen Luft und Blut bereitstellt. Das Kapillarnetz
durch die freien Kanten der Septen zwischen benachbarten des kleinen Kreislaufs in den Wänden der Alveolen ist
Alveolen (Alveolarsepten) repräsentiert. Die Ductus alveo- extrem dicht (Abb. 8.27, 28, 32). Der Gasaustausch erfolgt
hU"es enden blind mit einer Gruppe von Alveolen, dem Al- durch Diffusion nach dem Pick'schen Diffusionsgesetz.
veolarsack. Mitunter ist im Präparat erkennbar, dass arn
Ende eines Duk tus sogar 2 Alveolarsäcke vorkommen. Ein
Wandaufbau
Ductus alveolaris mit seinen Alveolen ist (abgesehen von
den Dimensionen) mit einem Maiskolben zu vergleichen: Benachbarte Alveolen werden durch das schntale Alveolar-
Die Maiskörner wären die Alveolen, der faserige Strunk der septwn (= Intcralveolarseptwn, Abb. 8.30, Abb. 8.31) ge-
Ductus alveolaris. Benachbarte Alveolen werden dLU"ch ein trennt; es ist beidseitig von Alveolarepithel bedeckt. In den
Alveolarseptwn (= Interalveolarseptum) getrennt (Abb. Septen können sich ca. 8 11m große Poren befinden, die
8.28). Das freie Ende der Alveolarsepten trägt einzelne Bron- benachbarte Alveolen direkt miteinander verbinden. Das
chlolarepithelzcllen, unter denen zarte Bündel glatter Mus- subepitheliale Bindegewebe der Septen wird auch Lungen-
kulatLU" tmd elastische Pasern liegen. interstitiwn genarmt.

Lungeninterstitium Das Interstitium enthält einzelne Fib-


8.2.2 Alveolen roblasten, Kollagenfasern und elastische Fasern (Abb. 8.29)
In den bläschenf<innigen Alveolen, die den Ductus alveo- sowie Proteoglykane, aber vor allem Blutkapillaren 1nit kon-
lares seitlich ansitzen, findet der Gasaustausch (Aufnahme tinuierlichem Endothel (Abb. 8.30, 32). Die Kapillaren eines
8.2 Alveolarraum 279

-
\t" """ 1
.•~..... Abb. 8.29 Elastische Fasern (dunkelviolett gefärbt) im
2 \ ~ Bereich der Alveolen. Mensch; Färbung: Resorcin-Fuchsin,
_,
.... . / _.
•' .
J
Vergr. 250-fach.

••
1
'

Abb. 8.27 Ductus alveolaris (1) mit Alveolen (2) in der


Lunge. Rhesusaffe; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach.

Abb. 8.30 Alveolarsepten in der Lunge. 1 Blutkapillaren


mit Erythrozyten; ~ Zellkern im Kapillarendothel; 2 Kern
Abb. 8.28 Alveolarlumen (1) und -septen (2) in der eines aktiven Fibroblasten; 111> Kern eines Pneumozyten I;
Lunge. 3 Blutkapillaren (oft mit rot gefärbten Erythrozyten) +-+ Blut-Luft-Schranke; 3 Alveolarlumen; 4 Alveolarmakro-
in den Alveolarsepten; 4 Alveolarmakrophage; ~ Kern eines phagen. Mensch; Semidünnschnitt; Färbung: Methylenblau-
Pneumozyten I. Rhesusaffe; Färbung: H. E.; Vergr. 460-fach. Azur II; Vergr. 700-fach.
280 8 Atmungsorgane

AJveolar- r---- ---------••••••


0

makrophage
0
: Luftraum
0 0
0
:: __________________
der Alveole J:

elastische Fibrozyt Pneu mqzyt Typ I


Faser 0
0
• 0

Blutkapillare

0
0
0
0
0
gemeinsame 0 Kollagen
Basallamina Phospholipidfilm

Pneu mozyt Typ II • Lamellenkörper

Abb. 8.31 Feinstruktur eines Alveolarseptums (Schema). Oie Pneumozyten II bilden in ihren Lamellenkörpern den Phos-
pholipidfilm (Surfactant), der die Alveolen auskleidet. Oie Blut-luft-Schranke (Durchmesser an dünnen Stellen 0,4-0,6 11m,
an besonders dünnen Stellen bis 0,2 11m) besteht aus dem Endothel der Kapillaren, den dünnen Pneumozyten I und deren
gemeinsamer Basallamina. (Aus (1])

Abb. 8.33 Teil eines


Alveolarseptums mit Blut-
kapillare.

Lungenpartien erheblich herabsetzen. Dadurch wird verhin-


dert, dass sauerstoffarmes Blut in größerem Umfang in den
großen Kreislauf zurückfließt. Besonders wichtigsind die vie-
len elastischen Pasern (Abb. 8.29). Sie sind wesentlich für die
Integrität der Alveolen und kleinen Luftwege und stehen mit
den anderen elastischen Pasern der Llmge in Verbindung.
Abb. 8.32 Alveolarkapillaren in der Lunge. In die Kapil- AlveolarepHhel Das Alveolarepithel besteht aus 2 Zell-
laren wurde schwarze Tusche injiziert, um das dic hte Kapillar- typen (Abb. 8.30, Abb. 8.31):
netz sichtbar zu machen. Kaninchen; Vergr. 250-fach . • flachen Pneumozyten vom Typ I (= Pneumozyten I =
Alveolarzellen vom Typ I)
• kissenförmigen oder kubischen Pneumozyten vom Typ II
Septruns stehen funktionell mit beiden benachbarten Alveo- (= Pneumozyten II = Alveolarzellen vom Typ II).
len in Beziehung (Abb. 8.33). Die Fibrozyt en besitzen lange
Fortsätze, in denen Bündel von Aktinfilamenten vorkom- Alle PnelUnozyten sind untereinander durch Zonulae occlu-
men. Es wird angenommen, dass sie kontraktile Eigenschaf- dentes verbunden und liegen einer Basallamina auf. Die
ten haben (Myofibroblastcn). Diese Zellen können den Blut- stark abgeflachten Pneumozyten I sind ca. 0,2 j.!!U dick lmd
fluss beeinflussen und ihn z. B. in krankhaft nicht belüfteten nehmen ca. 90~ der Alveolaroberfläche ein, ihre Gesamt-
8.2 Alveolarraum 281
wo er in den dortigen Oberflächenfilm übergeht. Ein Teil
des Surfactant-Films wird wohl von den Alveolarmakro-
phagen phagozytiert.

Bestandteile Surfactant besteht zu 80- 909' aus Phos-


pholipid (hauptsächlich Dipalmitoyl-Phosphatidylcholin
[DPPC] und Cholesterin) und zu ca. 109' aus Protein.
Die wichtigsten Proteinkomponenten sind ein hydrophiles
Glykoprotein (SP-A) und 2 hydrophobe Proteine (SP-B,
SP-C). Letztere sind u. a. an der Stabilisierung des Phospho-
lipidfilms beteiligt. SP-A und SP-D wirken (auch) anti-
mikrobiell.

Funktion Surfactant setzt die Oberflächenspannung der


wässrigen Oberfläche des Epitllels herab. Er reduziert die
Kollapsneigt.mg der i\lveolcn am Ende der Exspiration und
erleichtert die Wiedcrausdehmmg der Alveolen bei der In-
spiration. Ohne Surfactant könnten sich kollabierte Alveo-
Abb. 8.34 Immunhistochemischer Nachweis des Zyto-
keratins 19 (Braunfarbung) in hier relativ zahlreichen len nur schwer wieder öffnen, da die feuchten Oberflächen
benachbarter Alveolarsepten aneinanderkleben würden.
Pneumozyten II (-+) in den Lungenalveolen des Menschen.
Vergr. 450·fach.
Klinik Bei Frühgeborenen ist das Surfactant-System noch
nicht ausgereift. Kollabierte Alveolen öfrnen sich daher nur
zahl in einer i\lvcole ist aber kleiner (40 ~) als die der Pneu- mit groHer Mühe unter intensiver Zuhilfenahme der Atem-
mozyten II (60~). Sie besitzen in Nähe des abgeflachten muskulatur (Atemnotsyndrom der Friihgeborenen). The-
Kerns einige Zellorganellen. In den weiten peripheren An- rapeutisch wird versucht, einen Sttrfactant-Ersatz in die
teilen des Zytoplasmas treten vor allem zahlreiche Pinozyto- Lunge einzubringen. Beim Atemnotsyndrom der EIWach-
sevesikcl auf. Hier tinden sich des ·w eiteren Mikrotubuli senen kommt es bei verschiedenen Grunderkrankungen
und Mikrofilamcnte. Die Gestalt der Pneumozyten II wech- sekundär auch zu einer Minderung der Surfactant-Produk-
selt von kissenformig bis kubisch, sie nehmen ca. 10~ der tion.
Oberfläche einer i\lvcole ein und tragen apikal einige Mi-
krovilli. Der Kern der Pneun1ozytcn IJ ist rundlich. Das Zy-
Blut-Luft-Schranke
toplasma enthält große Mengen von Zytokeratinfilamentcn
(Abb. 8.34), einen wnfangreichen Golgi-Apparat, gut ent- Die Blutkapillaren der i\lvcolarsepten sind vom kontinuier-
wickeltes raues ER und zahlreiche Mitochondrien. Charak- lichen Typ. Sie nähern sich regelmäßig der epithelialen
teristisch sind Lamellenkörper (Abb. 8.33), die aus multi- Oberfläche, sodass hier allem Anschein nach die Basallami-
vesikulären Körpern entstehen und dicht gepackt lamelläres nae von Epithel und Endotllcl zu einer gemeinsamen Basal-
phospholipidreiches Material enthalten. lamina verschmelzen. An diesen dünnen Stellen der Blut-
Bei Verletzungen des i\lvcolarcpithels können Pneumo- Luft-Schranke besteht sie also nur aus dem Epithel der
zyten II proliferieren und sich zu Pnewnozyten I differenzie- Pncumozyten I, dem Endotl1el der Kapillaren und einer ge-
ren. Pnetunozyten I sind dagegen ausdifferenzierte Zellen, meinsamen Basallamina (Abb. 8.35) und ist in diesem Fall
die sich nicht mehr teilen können. nur etwa 0,4-0,6 ~m1 dick. An den d ickeren Stellen liegt
zwischen Epithel tmd Endothel eine schmale Bindegewebs-
Merke Das Alveolarepithel besteht aus flachen Pneumo- schicht. Werden alle gasaustauschenden Bereiche einbe-
zyten I und annähernd kubischen Pneumozyten II. Be- zogen, also auch das Interstitium oder die Pneumozyten II
nachbarte Alveolen sind durch Alveolarsepten getrennt, mit einberechnet, ergibt sich im Mittel ein Diffusionsweg
die ein dichtes Netz aus Blutkapillaren enthalten. von bis zu 2 ~tm fi.ir die i\temgase.
Über die groge Austauschfläche für die Atemgase werden
nicht Dltr 0 2 und co2 ausgetauscht, sondern hier gehen in
Surfactant der Lunge täglich ca. 800 mi Wasser verloren.
Entstehung und Abbau Die Lamellenkörper der Pneu-
Merke Die Luft in den i\lveolen und das Blut sind durch
mozyten II enthalten den alveolären Surfactant (Anti-
die Blut-Luft-Schranke getrennt, die im Wesentlichen aus
Atelektase-Paktor) tmd geben ihn mittels Exozytose in das
dem Endothel der Kapillaren und den Pnewnozyten I
Alveolarhunen ab. Nach der Exozytose bildet der Inhalt der
besteht.
Lamellenkörper in der Hypophase ztmächst einen Lipo-
protcinkomplex, der tubuläres Myetin genannt wird. Tu-
buläres Myelin ist eine Art Reserve flir den Oberflächen-
Alveolarmakrophagen
film. Es bildet Röhrenstrukturen, die je nach Bedarf in den
Surfactant-Film eingebaut oder bei Verkleinerung der Morphologie In den i\lvcolen sind regelmäßig Makro-
Oberfläche aus ihm herausgenommen werden. Surfactant phagen anzutreffen, die i\lveolannakrophagen genannt
breitet sich als monomolekularer Film über der dünnen werden (Abb. 8.30, Abb. 8.33, Abb. 8.36). Sie besitzen lange
Flüssigkeitsschicht (Hypophase) auf den Pneumozyten aus fingcr- und lamellenformige Fortsätze, haben zahlreiche
und erstreckt sich dabei vennutlich bis in die Bronchiolen, Lysosomen im Zytoplasma und eine oft bräunliche Eigen-
282 8 Atmungsorgane

Abb. 8.35 Blut- Luft-Schranke. Teil eines Alveolarseptums mit Blutkapillare, die sich dem Alveolarepithel von innen eng
anlegt. Hier bi lden Alveolarepithel (1), Kapillarendothel (2) und eine gemeinsame Basallamina (3) die Blut-Luft-Schran ke
(Ooppelpfeil); 4 Erythrozyt in der Kapillare; 5 Fibrozyt; 6 Kollagenfibrillen; 7 Luftraum der Alveolen. Mensch; Vergr. 9400-
fach. (Aus [1))

vermehren sich nicht nur bei manchen Herzerkrankungen,


sondern auch bei regelmäßigem Amphctamingenuss, wo

• sie in reichem Maße lamelläres Material enthalten. Auch


bei Zigarettenrauchern sind sie vennehrt vorhanden. Ihre
manchmal bräunliche Farbe entsteht, weil sie z. B. Ruß-
oder Staubpartikel oder Bakterien phagozytieren, die bis
in die Alveolen vorgedrungen sind. Im Bindegewebe der
Ltmge, z. B. tmter der Oberfläche der viszeralen Pleura oder
2 1 in der Wand von Bronchien, kön nen in erheblichem Maße
Makrophagen vorliegen, die Kohlestaub enthalten.

Abbau Zum Teil werden zugrunde gegangene Makropha-


2 gen über den bronchialen Schleimlilm abtransportiert tmd
• über das Sputttm ausgeschieden. Bei Katzen wurde fest-
gestellt, dass 2 x 106 Alveolarmakrophagen pro Stunde auf
diesem Wege eliminiert werden. Möglicherweise wandern
Abb. 8.36 Alveolarmakrophagen (-+)in der Lunge. einzelne Makrophagen in das Interstitittm zmück.
Immunhistochemischer Nachweis von C068 (Braunfärbung).
C068-positiv sind auch größere Lymphozyten . 1 Alveolar-
lumen; 2 Alveolarsepten. Rhesusaffe; Vergr. 450-fach. 8.3 Abwehrsystem der Lunge
Die Ltmge ist wegen ihrer offenen Verbindtmg zur Umwelt
mit einem komplexen und sehr ditferen7ierten Abwehr-
farbe. Sie sind durch Expression von CD68 (Abb. 8.36) und system versehen. Angeborene Abwehnnechanismen sind
CD74 gut geken nzeichnet. tLa. die muko7iliäre Clearance, die Sekretion antimikrobiel-
ler Peptide und verschiedene MediatormolekiUe, die auch
Funktion Alveolannakrophagen gehen aus Blutmono- von Epithelzellen der Atemwege freigesetzt werden können.
zyten hervor und haben einen recht hohen Umsatz; es wird Zwn erworbenen Anteil der Abwehr gehören u. a IgA-se-
vermutet, dass sie sich auch mitotisch teilen können. Sie zernierende Plasmazellen und T-Lymphozyten lymphati-
8.4 Blutversorgung der Lunge 283

scher Strukturen der Bronchialschleimhaut . Die zahlreichen troffenen Regionen ist dadurch die Perfusion im Verhältrtis
Makropbagen in den Alveolen pbagozytieren eingeatmete zur Ventilation vermindert, wds zu reduzierter Sauerstoff-
Stäube oder Mikroorganismen und stehen im Zentrum aufnahme tmd zu verminderter körperlicher Leistungskraft
mancher Lungenkrankheiten. Die zahlreich en Mastzellen fiilirt.
der Lunge können eine wichtige Rolle bei obstruktiven Lun- Emphysem tmd chronische Bronchitis sind die Haupt-
genkrankheiten wie allergischem Asthma spielen. kennzeichen chron isch obst.r uktiver Lungen erkrankun-
Die wichtigsten Abwehrmechanismen der Lunge sind: gen. Verschiedene Inhalationsnoxen führen hier zu chro-
• H ustenreflcx nischer Entziindung der Atemwege und auch von
• mukoziliäre Clcarance Alveolarsepten und Blutgefaßen. Erste H inweise auf solche
• Sekretion verschiedener antimikrobieller Proteine (z. B. Veränderungen sind vermehrte Schleimbildung und Hus-
Lysozym) und Pcptide (z.B. Defensine) ten. Später kommt es in der Matrix zu verrnehrer Kollagen-
• Sekretion von IgA (schützt insbesonderegegen Viren) bildung und zur Rückbildung der elastischen Fasern. Akti-
• Sekretion von IgG (schützt gegen Bakterien und Viren, vierte Entzündungszellen setzen Mediatoren frei, die zur
kann auch Parasiten schwächen) Zerstönmg der Lungenstruktur führen. Dabei spielen Pro-
• Alveolarmakrophagen teinasen, die aus Makrophagen und Neutropbilen freigesetzt
• Bronchialepithelzellen werden, eine wesentliche Rolle. In Gang gesetzt werden
• lymphatisches Gewebe der Bronchialschleimhaut diese Prozesse vor allem dttrch Inhalation von Zigaretten-
(BALT). rauch. Der Rauch behindert den Zilienschlag tmd aktiviert
Makrophagen. Diese tmd zytotoxische I -Lymphozyten
Insbesondere das Atemwegsepithel spielt eine aktive Rolle aktivieren weitere Entzündungszellen. Schleimbildende
bei vielen Entzündungspro1..cssen und immunologisch en Drüsenzellen nehmen an Zahl und Aktivität zu. Schon bei
Reaktionen in der Lunge, weil die Bronchialepithelzellen jtmgen Rauchern wird oft ei ne Obstruktion der kleinen
z.B. die folgenden Mediatormoleküle freisetzen können: Luftwege beobachtet.
Interleukin-1, -6, -8 und -10 sowie Tumornekrosefaktor a
(TNPa) und " transforming growth factor" ß (TGPß).
8.4 Blutversorgung der Lunge
Klinik Die Alveolen können von einer Pülle von Krank- Vasa publica
heiten befallen werden.
Bei Lungen entziinduogen (Pnettmonien) ist das gasaus- Die A. pulmonalis und ihre Äste sind die Vasa publica der
tauschende Gewebe durch verschiedenartige Bakterien, Vi- Lunge, sie bringen sauerstoffarmes Blut (5 Umin) aus dem
ren, Pilze oder Parasiten entzündet, was die Atemfunktion rechten Herzen in die Lunge. Sie begleiten Bronchien und
der Lunge massiv beeinträchtigen kann. Oft sind sowohl die Bronchiolen (Abb. 8.14, 26, 37) und besitzen einen ähnlichen
Bronchien als auch der Alveolarbereich entzündet (Bron- Durchmesser wie diese. Im Bereich der Ductus alveolares
cbopneumonie). entstehen tenninale Arteriolen mit muskelschwacher Wand.
Einen schleichenden Verlauf nehmen fibrot ische Lun- Diese gehen in den Alveolarsepten in ein außerordentlich
generkrankungen. Diese gehen mit einer Bindegewebsver- dichtes Kapillarnetz über, das dem Gasaustausch dient (Abb.
mehrung in den Alveolarsepten einher, was die Diffusions- 8.37). Das abfließende sauerstoffreiche Blut sammelt sich in
barriere verdickt und somit die respi ratorische Leistung der Venolen, die zu kleinen Venen zusammentreten, welche in
Lunge herabsetzt. den Bindegewebssepten zwischen Läppchen und Segmenten
Bei kardiologischen und nicht kardiologischen Erkran- der Ltmge und auch in der Pleura verlaufen. In der Nähe des
kungen kann sich ein Lungenödem entwickeln. Bei man- Ltmgenhiltuns nähern sieb die Lungenvenen den Ltmgen-
chen Herzerkranktmgen steigt der Druck in den Lungen- arterien tmd großen Bronchien. Morph ologisch sind die klei-
venen. Die relativ schwachen Zonulae occludentes, die die neren Äste von Lungenarterien und -venen oft nur schwer
Endothelien der Alveolarkapillaren verbinden, können sieb voneinander zu unterscheiden. Ihre Wände sind ähnlich
öffnen und Makromoleküle und Wasser in das Bindegewebe gebaut, weil die Druckunterschiede in ihnen gering sind.
der Alveolarsepten übertreten. Es entsteht ein Ödem im Bin-
degcwebsratun, ein interstitielles Ödem . Steigt der Druck
in den Blutgcfaf3en weiter an, öfrnen sich auch die dichteren
Vasa privata
Zonulae occluden tcs der Alvcolarepithelien. Zusätzlich tritt Die Versorgtmg des Lungengcwebes, v.a. der Wände der
Flüssigkeit, oft zusammen mit Erythrozyten, in den Alveo- Bronchien tmd Bronchiolen, übernehmen die Rr. bron-
larratun über (alveoläres Ödem). Der h oh e Wassergehalt in chiales, die auch Bronchialarterien genannt werden. Die
Alveolarsepten und Alveolen behindert dann die Sauerstoff- Rr. bronchiales entspringen der Aorta und den oberen In-
aufnahme; die intraalveolären Erythrozyten locken zum Teil terkostalarterien tmd bilden mit den Bronchialvenen die
erbebliche Mengen von intraalveolären Makrophagen an Vasa privata der Ltmge. Die Bronchialarterien verlaufen vor
(Herzfehlerzcllen). allem in der Wand der Bronchien, aber auch in den Rinde-
Antbrakose ist die Belastung der Lunge mit Kohlestaub - gewebssepten sowie in der Pleura. In ihrer Nähe sind die
partikeln. Die Alveolarmakrophagen phagozytieren diesen Bronchialvenen zu finden, deren Blut in die V. azygos und
Staub und werden mit ihm zum großen Teil abgebustet. Es V. bemiazygos fließt.
können aber auch Stäube im Bindegewebe, speziell der Pleu-
ra visceralis., abgelagert werden.
Anastomosen
Ein Emphysem ist durch permanente Erweiterung der
Lufträtune distal der Bronchioli terminales mit Zerstörung Es gibt viele Anastomosen zwischen den terminalen Ästen
und Abbau von Alveolarsepten gekennzeichnet. In den be- der Lungen- tmd Bronchialarterien sowie auch zwischen
284 8 Atmungsorgane

Bronchialvene-

Endast einer
Bronchialarterie-

mit

Abb. 8.37 Terminale Luftwege (Schema) der Alveolen und der Endabschnitte des Blutgefäßsystems in der Lunge. Zwischen
Bronchial- und Pulmonalvenen bzw. Bronchial- und Pulmonalarterien bilden sich Anastomosen (~ ). Die Alveolen sind mit
einem feinen Netz aus Alveolarkapillaren überzogen. Links unten: Schnittdurch die Alveolarsepten; rech ts unten: Ansicht
von außen. Die Farbe der Blutgefäße kennzeichnet ihren Sauerstoffgehalt Rot: sauerstoffreich; blau: sauerstoffarm. Pfeile:
Strömungsrichtung.

Lungen- und Bronchialvenen. Die Anastomosen zwischen


Merke
Lungen- tmd Bronchialvenen haben zur Folge, dass der in
• Vasa publia:l (A. pulmonaUs und Vv. pulmonales) brin-
der Ltmge zunächst erreichte Sättigungsgrad mit Sauerstoff
gen sauerstoffarmes Blut in die Lunge und leiten sauer-
wieder geringgradig herabgesetzt wird. Die Anastomosen
stoftreiches Blut aus der Lunge
können reversibel verschlossen werden.
• Vasa privat:\ (Rr. bronchiales) versorgen das Lungen-
gewebe.
Lymphgefäße Die verschiedenen Gefäße sind im histologischen Präpa-
Lymphgefäße finden sich in der Pleura, der Wand der Bron- rat vor allem an ihrer Lage in Bezug auf die Atemwege zu
chien und der großen Arterien. erkennen.
8.6 Pleurahöhle, Ple ura 285

8.5 Fetale Lunge tmd Ausatmung. Glatte Muskulatttr ist spärlich entwickelt.
Sensible Endknäuel finden sich vor allem an den Lappen-
Die fetale Lunge ähnelt oberflächlich einer exokrinen Drüse. rändern. Die Dicke der viszeralen Plettra ist bei den einzel-
Alle Epithelien, die die Anlagen von Atemwegen und Alveo- nen Säugern recht verschieden.
larraum auskleiden, entstehen aus dem Entoderm am Ende
des Schlunddarms. Sie haben eine prismatische oder kubi- Klinik Er güsse im Pleuraspalt treten auf, wenn die Resorp-
sche Form (Abb. 8.38). Das Gewebe zwischen den epithe- tionsleisttmg der Lymphgefäße in der parietalen Pleura über-
lialen Stntkturen ist ein faserarmes, zellreiches, mesenchym- fordert ist. Häufige Ursache ist Linksherzversagen. Exsuda-
ähnliches Bindegewebe., in das Blutgefäße eingebettet sind. tive Ergüsse können Lungenentzündtmgen begleiten oder
Falls schon ein Knorpel angelegt ist, erscheint dieser in Form bei Kaninomerkrankungen in der Lunge auftreten.
von embryonalem BlasenknorpeL Ein bösartiger Tumor des Pleuraepithels, das Pleura-
mesotheliom, ist mit Asbestexposition korreliert. Gestörte
Resorption eines Entzündungsexsudats kann zu Verwach-
8.6 Pleurahöhle, Pleura stmg von parietaler und viszeraler Pleura führen.

Die Lungen werden von der spaltfönnigen Pleurahöhle Merke Die Plettrahöhle wird vom dünnen Plettraepithel
umgeben, die ca. 10 ml klare Plüssigkeit enthält tmd ihnen ausgekleidet. Zusammen mit einer dünnen Bindegewebs-
Bewegungen bei Ei n- und Ausatmung erlaubt. In dieser schicht bildet dieses Epithel die Pleura, die entweder die
Höhle herrscht ein negativer Druck. Die Wand der Pleura- Ltmge bedeckt (viszerale Pleura) oder die 1horaxhöhle
höhle wird von parietaler (Rippenfell) und viszeraler Pleura auskleidet (parietale Plettra). Die blut- und lymphkapillar-
(Ltmgenfell) gebildet, dle durch Plettraflüssigkeit verschieb- reiche Plettra bildet wenige Milliliter Pleuraflüssigkeit, die
lieh aneinanderhaften. die Atembewegttogen der Ltmgc ermöglich t.
Zttr Bildung tmd Resorption von Pleuraflüssigkeit gibt es
ein Modell, dem zttfolge die Pllissigkeit als Transsudat der
Blutkapillaren vor allem in der parietalen, aber auch in der
viszeralen Plettra gebildet wird, die Resorption aber nur
dttrch die Lymphkapillaren der parietalen Pleura stattfindet.

8.6.1 Rippenfell
Die parietale Plettra (Rippenfell) kleidet weite Teile der 1ho-
raxhöhle aus und bedeckt seitlich das Mediastinum und die
kraniale Oberfläche des Zwerchfells. Sie besteht aus einem
diinnen Epithel (M esothel), das an den Pleuraspalt angrenzt,
und einer gut entwickelten Bindegewebsschicht mit Blut-
kapillaren und Lymphgefäßen. Bei Reizzuständen ist das
Epithel kubisch und trägt dann auch viele Mikrovilli. Die
parietale Pleura kann Staubbestandteile, Flüssigkeit und
auch Luft aus der Pleurahöhle resorbieren; sie ist sensibel
gut innerviert.

8.6.2 Lungenfell
Die viszerale Plettra (Lungenfell) ist ähnlich der parietalen
Plettra aufgebaut, aber relativ dick (Abb. 8.39, Abb. 8.40). Sie
ist außen von einem dünnen Plattenepithel (Mesothel) be-
deckt und enthält auch Blut- und Lymphgefäße. Elastische
Fasern kommen verbreitet vor und bilden insbesondere eine
kräftige äußere submesotheliale (Abb. 9.4) Schicht. Das Kol- Abb. 8.39 Pleura vtsceralls (*)· ~ Epithel der Pleura
lagen (Abb. 8.39) des Pleurabindegewebes bildet 2 Schich- visceralis (= Mesothel); 1 Ablagerung von Kohlestaub;
ten, die sich recht- oder spitzwinklig überkreuzen. Dies 2 Alveolen; 3 Ductus alveolaris; ..,. Alveolarmakrophage.
erleichtert Gewebeverschiebungen in der Pleura bei Ein- Rhesusaffe; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach.

a a
Abb. 8.38 Fetale Lunge Abb. 8 .40 Pleura visceralis
des Menschen. ei nes älteren Menschen.

C 08 Lernhinweise zu Kapitel 8
KAPITEL

Seröse Häute
9.1 Serosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 9.2 Versorgung mit Blut- und
9.1.1 Serosaepithel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Lymphgefäßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
9.1.2 Subepitheliales Bindegewebe .......... 288

Die Körperhöhlen (Pieurahöhle, Perikardhöhle, Peritoneal- Der spaltfönnige Rattm der Höhlen enthält eine geringe
höhle, aber auch die Tunlca vaginalis testis) entstammen Menge (im Falle der Pleurahöhle ca. I 0 ml) Flüssigkeit, de-
dem Coelom des Embryos, also epithelial ausgekleideten ren Bildung tmd Resorption beim Gesunden im Gleich-
Höhlen des Mesoderms. Sie werden von Ltmge, Herz, gewicht steht. Sie ist klar, proteinarm, aber relativ kohlen-
Magen-Darm-Trakt tmd Hoden ausgefüllt. Die eigentliche hydratreich. Durch die Flüssigkeit sind Lungen, Herz,
Höhle ist ein schmaler, mit hyaluronanreicher Flüssigkeit Magen-Darm-Trakt und Hoden beweglich tmd verschieb-
ausgefiillter Spaltrattm. Die Wand der Höhlen wird Serosa lieh. In der Peritoncalhöhle kommen verbreitet Makropha-
genannt. Sie besitzt ein parietales Blatt (bildet die äußere gen vor.
Wand) und ein viszerales Blatt (bedeckt die Organober-
fläche), die im Bereich eines "Meso" ineinander übergehen. Klini k Bei verschiedenen Krankheiten, v.a. bei Entz[mdtm-
Die feuchte glatte Oberfläche der Serosa erlaubt Bewegtm- gen, ist diese Flüssigkeit der Körperhöhlen vermehrt. Man
gen und Verschiebungen der Org-ane in ihrer Höhle. spricht dann von einem Erguss. Ein Erguss kann exsudativ
Innerhalb der Abdominalhöhle haften die intraabdomi- (relativ eiweißreich) oder transsudativ sein. Ursachen eines
nalen Organe (Milz, Magen, Darm tmd Leber) über Kapil- Ergusses sind u.a. Entzündungen, bösartige Tumoren,
larkräfte verschieblieh aneinander, an der Wand der Höhle Linksherzversagen und Mangelzustände der Ernährung, v. a.
und am Zwerchfell, sodass die kapilläre Adhäsion dem Hypalbtuninämie. Bei einem fibrinhaltigen Exsudat kann
Eigengewicht der Organe entgegenwirkt. Auch bei physio- es zu V erklebung von viszeralem und parietalem Blatt der
logischer Verkleinerung von Organen (z.B. im Falle der Serosa kommen.
Harnblase) entstehen in der Bauchhöhle keine "freien" Räu-
me.

9.1 Serosa
Pleura-, Perikard-, Abdominalhöhle und Tunica vaginalis
testis werden von einer serösen Membran ausgekleidet. Die
Oberfläche dieser Serosa ist glatt und feucht und wird von
einem Plattenepithel (Mcsothel) gebildet. Die Organe, die in
diesen Hüllen liegen, sind außen ebenfalls von einer Serosa
bedeckt und können sich in ihr leicht bewegen oder auch
ihre Form verändern.
DieSerosa bildet insgesamt 2 Blätter:
• parietales Blatt (kleidet die Wand der Höhle aus)
• viszerales Blatt (bedeckt die Oberfläche der Organe, Abb.
9.1, Abb. 9.2).

Beide Blätter sind im Bereich von Umschlagfalten oder an


der Wurzel eines "Meso" kontinuierlich miteinander ver-
bunden. Ein "Meso" ist eine Serosaduplikatur, eine dünne,
von Mesothel bedeckte Bindegewebsplatte, in der die Ver-
sorgungsstrukturen ftir die in der Körperhöhle gelegenen
Organe verlaufen. Die spiegelglatte, feuchte Serosa (Abb.
9.1) besteht aus dem Serosaepitheltmd einer subepithelialen Abb. 9.1 Serosa (1) des viszeralen Peritoneums.
(submesothelialen) Bindegewebsschicht Beide gehen aus ~ Peritonealepithel; .... Blutkapillare; 2 Tunica muscularis
dem Mesoderm hervor, das Epithel wird daher auch Meso- des Kolons. Colon transversum, Rhesusaffe; Färbung: H. E.;
thel genannt. Vergr. 450-fach.
288 9 Seröse Häute


\
c c
Abb. 9.2 Serosades Abb. 9.3 Serosaepithel des
parietalen Peritoneums. parietalen Peritoneums.

9.1.1 Serosaepithel \

Die Epithelzellen sind meist flach oder seltener auch kubisch


(Abb. 3.1.3, Abb. 9.1, Abb. 9.2, Abb. 9.4, Abb. 10.31, Abb. c
13.43) und liegen auf einer Basallamina. Sie enthalten so- Abb. 9.4 Serosaepithel
wohl Vimentin- als auch Keratinfilamente und tragen apikal des viszeralen, milz-
locker angeordnete, relativ lange Mikrovilli (Abb. 9.2), an bedeckenden Peritoneums.
deren Spitzen Adhäsionsmoleküle vorkommen. Das raue
ER ist reichlich in der Zelle zu finden. Mitochond rien kön-
n en recht zahlreich sein. Der Golgi- Apparat ist gut ent-
wickelt. Pinozytosebläschen si nd häufig (Abb. 9.3), und grö- pillar en, die in unterschiedlicher Häufigkeit vorkommen
ßere Vakuolen finden sich rcgelmäBig. Die Epithelzellen (Abb. 95).
sind über Tight Junctions, Gap Junctions, Zonulae adhae- In verschiedenen Bereichen der einzelnen Körperhöhlen
rentes tmd zttm Teil auch Desmosomen (z.B. auf der Milz) ist die subepitheliale Bindegewebsschicht Lmterschiedlich
verbtmden. Vom Peritonealepithel ist bekannt, dass in die- aufgebaut, was den jeweiligen funktionellen Anpassungen
sem Epithel Lücken auftreten können. entspricht. Parietal ist das Bindegewebe z. B. faserreicher als
viszeral. Bei manchen Organen, z. B. Milz tmd Leber, ist ein
eigenes viszerales Bindegewebe katml abgrenzbar. Unter der
9.1.2 Subepitheliales Bindegewebe Faserschicht insbesondere der parietalen Serosaschlebten
Das subepitheliale Bindegewebe ist relativ arm an Fibroblas- treten vielfach Fettzellen auf. Das parietale Blatt ist reich
ten und besteht vorwiegend aus Kollagenfasern (Typ I und sensibel innerviert tmd sehr schmerzempfindlich (Schmer-
Typ III), elastischen Fasern, Hyaluronan, Protooglykanen zen bei Pleuritis tmd Peritonitis). Auch im viszeralen Blatt
und Glykoproteinen. Sowohl Epithelzellen als auch Zellen treten sensible Fasern auf, unter denen aber nur wenige
des subepithelialen Bindegewebes reagieren rasch auf ver- Schmerzfasern sind.
schiedene Stimuli und können schnell proliferieren. Zum Eine typische Verteilung von elastischen Fasern im visze-
subepithelialen Bindegewebe gehören auch freie Zellen, z.B. ralen Blatt der Serosa der Pleurahöhle (= viszerale Pleura)
Makrophagen und Mastzcllen, sowie Blut- und Lymphka- des Menschen verdeutlicht Abbildung 9.6. Auch im Binde-

Abb. 9.5 Viszerales Peri-


toneum. Die Oberfläche der
Serosa ist in diesem Präparat
in folge der Kontraktion der
Muskularis (M) gefaltet. Gut
erkennbar sind die zahl-
reichen kleinen Blutgefäße
(*), hier vor allem von post-
kapillären Venolen. Ileum,
Rhesusaffe; Plastiksch nitt,
Färbung: H. E.; Vergr. 450-
fach.
9.2 Versorgung mit Blut- und Lymphgefäßen 289

9.2 Versorgung mit Blut- und


Lymphgefäßen
Wichtig fiir dasVerständnisder Funktion der serösen Mem-
branen ist die Kenntnis ihrer Versorgnng mit Blut- und
Lymphgefäßen. Sowohl viszerale als auch parietale Serosa
besitzen nicht fencstrierte Blutkapillaren und Venolen. Bei-
den Kapillarnetzen entstammt mittels eines Transsudations-
prozesses die Flüssigkeit der jeweiligen Körperhöhle, was
man sich z.B. bei der Peritonealdialyse :w Nutze macht. In
der Pleurahöhle überwiegt vermutlich normalerweise der
Beitrag der parietalen Kapillaren. Diese Flüssigkeit wird im
Falle der gut ootersuchtcn Pleurahöhlen ganz überwiegend
über Lymphgefaßc der parietalen Serosa abgeführt, in deren
Epithel2-12 1-1m große Löcher (Stomata) beschrieben wor-
den sind, über die Ab-, aber auch Zufluss von Flüssigkeit
möglich ist. Auch im Peritonealepithel kommen solche
Stomata vor, über die Lymphkapillaren mit der Bauchhöhle
ko1111nunmeren. Nach klinischen Erfahrungen kann Fliis-
sigkeit aus der Peritoncalhöhle durch kleine Löcher im
Zwerchfell in die Pleurahöhle eindringen. Produktion ood
Rückresorption dieser PHissigkeiten stehen beim Gesunden
Abb. 9.6 Viszerale Pleura. Viszerales Blatt der Serosa der im Gleichgewicht. In den Membranen des Serosaepithels
Pleurahöhle (Mensch). ~ elastische Fasern; ..,. Makrophagen kommen Aquaporine vor.
mit Kohlestaub in der KoUagenfaserschicht; 1 Alveolen der
Lunge. Färbung: Elastika; Vergr. 250-fach . Merke Die Serosa der Körperhöhlen besteht aus flachem
Serosaepithelood subepithelialem Bindegewebe mit vielen
Blut- ood Lymphgefäßen. DieSerosa produziert hyaluro-
nanreiche Fliissigkeit, die Bewegungen ood Verschiebun-
gewebe der viszeralen Scrosa von Darm und Herz sind elas-
gen der Organe, die in diesen Höhlen liegen, ermöglicht.
tische Fasern reich entwickelt. Weitere Besonderheiten der
Produktion und Resorption der Flüssigkeit stehen beim
Pleura visceralis sind in Kap. 8.6.2 beschrieben. Dicke und
Gesunden im Gleichgewicht. Ein Erguss entsteht, wenn
Struktur der Pleura visccralis (und auch anderer seröser
Häute) sind bei den einzelnen Säugetieren recht unter- die Prodttktion durch Krankheitsprozesse stark gesteigert
oder wenn der Abluss behindert ist.
schiedlich.

C 09 Lernhinweise zu Kapitel 9
KAPITEL

Verdauungsorgane
10.1 Kopfdann . . . . . . . ...... ... ...... .. 292 10.2.4 Dünndarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
10.1.1 Mundhöhle . . . . . . ...... ... ...... .. 292 10.2.5 Dickdarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
10.1.2 Zunge . . . . . . . . . ...... ... ...... .. 292
10.1.3 Zähne . . . . . . . . . ...... ... ...... .. 293 10.3 Leber und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . 332
10.1.4 SpeicheldrUsen . . . ...... ... ...... .. 303 10.3.1 Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
10.1.5 Rachen . . . . . . . . . ...... ... ...... .. 308 10.3.2 Galle, Gallenwege, Gallenblase . . . . . . . . . 342

10.2 Rumpfdann . . . .. ..... .... ..... .. 308 10.4 Bauchspekheldrüse . . ..... . ... .. ... 344
10.2.1 Wandaufbau . . . .. ..... .... ..... .. 308 10.4.1 Bauplan . . . . . . . . . . . ..... . ... .. ... 344
10.2.2 Speiseröhre . . . . . .. ..... .... ..... .. 310 10.4.2 Endokrines Pankreas . . ..... . ... .. ... 345
10.2.3 Magen . . . . . . . . .. ..... .... ..... .. 313 10.4.3 Exokrines Pankreas . . . ..... . ... .. ... 345

Die Verdauungsorgane bilden ein komplexes System von Resorption über das Dünndarmepithel in die Blut- und
netval, endokrin und ztun Teil psychisch koordinierten Ein- Lymphbahnen der Darmwand. Tm Betun, dem Endabschnitt
zelorganen, die alle der Ernährung dienen. Es lassen sich des Dünndarms, befindet sich ein großes Organ des Im-
die folgenden großen Abschnitte unterscheiden: Kopfdarm, mtmsystems, die Peyer-Plaques. Der Dickdarm nimmt die
Rtunpfdann und die großen Darmdrüsen Pankreas und Le- unverdaulichen tmd nicht resorbierten Anteile des Speise-
ber. breis auf tmd entz.ieht ihnen Wasser. Er beherbergt eine ei-
Im Kopfdarm wird die Nahmng mithilfe der Zähne zer- gene physiologische Bakterienflora. Am Ende des Dick-
kleinert und auf Verträglichkeit und Geschmack geprüft. darms befindetsich der Anus, über den die auszuscheidenden
Nach der EinspeicheJung mit dem Sekret der großen und Anteile der Nahmng kontrolliert abgegeben werden.
kleinen Speicheldrüsen wird die Nahmng geschluckt. Die D er Dünndarm besitzt 2 große Drüsen, das Pankreas
Tonsillen am Eingang in den Rachen sind Abwehrorgane. tmd die Leber. Beidc haben primär eine wesentliche Aufga-
Dem Rumpfdarm werden Speiseröhre, Magen, Dünn- be im Rahmen der Verdauung. Das Pankreas bildet die Ver-
darm, Dickdarm und Analkanal zugezählt. Der Wandbauall dammgsenzyme tmd die Leber die Galle, die für die Fett-
dieser Abschnitte ist im Prinz.ip gleichartig tmd besteht aus resorption unerlässlich ist. Im Pankreas konm1en auch die
4 Schichten: Mukosa, Submukosa, Muskularis und Serosa/ Langerhans-Inseln vor, deren Hormone (z. B. Insulin und
Adventitia; im Detail bestehen histologische Unterschiede, Glucagon) eine wichtige Rolle im Stoffwechsel spielen. Die
die eine Anpassung an jeweils spez.ielle Punktionen verraten, Leber hat neben der Gallebildung so viele andere Punk-
WelS sich im histologischen Präparat besonders gut am Auf- tionen, dass sie als zentrales Stoffivechselorgan bezeichnet
bau der Schleimhaut und ihrem Epithel ablesen lässt. Die wird.
Speiseröhre leitet die aufgenommene Nahrung in den Ma- Das System der Vcrdauungsorgane wird folgendermaßen
gen. Im Magen wird die Nahrung gespeichert, und die ers- gegliedert:
ten Schritte der Verdamtng werden eingeleitet. Das stark • Kopfdarm: Lippen, Mtmdhöhle (mit Zunge tmd Zähnen),
sallte Milieu tötet Keime ab tmd schaffi die Voraussetztmg Speicheldrüsen, Mandeln und Rachen
für die Aktivität der Verdauungsenzyme im Magen, die an • Rlllnpfdarm: Speiseröhre, Magen, Dünndarm, Dickdarm
das sallte Milieu angepasst sind. Im Dünndarm finden die tmd Analkanal
wesentlichen Funktionen des Verdauungssystems statt: Ver- • Leber tmd Gallenwege
dauung, d. h. chemischer Abbau der Nährstoffe, und deren • Bauchsp eicheldri.:tSe.
292 10 Verdauungsorgane

10.1 Kopfdarm
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Besonders wichtige Strukturen der Mundhöhle sind Zäh- In der Mundhöhle gibt es außerdem kleine lmd große
ne und Zunge. Die Zähne bestehen aus den Hartsubs- Speicheldrüsen. Die Einzeldrüsen bestehen aus Endstii-
tanzcn Schmelz, Dentin und Zement. Der Zahnhalte- cken (serös oder mukös) und einem differenzierten Gang-
apparat Lunfasst Zement, Wurzelhaut (= Desmodont), system (Schaltstück, Streifenstück, interlobulärer Gang
Alveolarknochen und Zahnfleisch (Gingiva). Die Zahn- und großer Ausfübrung.<~gang). Die großen Speicheldrü-
wurzcln sind in den 1\Jveolen durch das straffe Binde- sen (Parotis, Submandibularis und Sublingualis) lassen
gewebedes Desmodonts, die Ligg. pcriodontalia, befestigt. sich histologisch vor allem an der jeweiligen Menge an se-
Die Zunge besitzt an ihrer Oberfläche filiforme Papillen rösen und mukösen Endstücken sowie an der jeweiligen
und Gcschmackspapillen, in deren Epithel Geschmacks- Häufigkeit der Schalt- und Streifenstücke unterscheiden.
knospen vorkommen. Die Streifenstücke entziehen dem Primärspeichel Ionen
und machen ihn hypoton.

10.1. 1 Mundhöhle Die Gallßlenleisten sind Epithelleisten, die von sehr dich-
tem Bindegewebe lmterlegt sind. Bei chronischer Bean-
Aufbau spruchung kann das Epithel verhornen. Der hintere Teil
Die Mundhöhle gliedert sich in das Vestibuhm1 oris (Mund- des harten Gaumens enthält viele kleine muköse Driisen,
vorhof, zwischen Lippen und Zähnen) und die Cavitas oris die Gll. palatinae. Am weichen Gaumen (Gaumensegel) ist
propria (eigentliche Mundhöhle). Vorn wird sie von den die orale Seite mit mehrschichtigem unverhorntem Platten-
Lippen, seitlich von den Wangen, oben vom Gaumen lmd epithel bedeckt lmd enthält viele Gll. palatinae. Auf der
unten vom Mlmdboden begrenzt. Wichtige Bestandteile der dem Rachen zugewandten Seite findet sich am freien
Mundhöhle sind Zunge, Zähne und, als Anhangsdriisen, die Ende des Gallnlensegels ebenfalls unverhorntes Platten-
Speicheldrüsen, deren Sekret in die Mlmdhöhle geleitet epithel in unterschiedlicher Ausdebnlmg, das aber choa-
wird. nenwärts in respiratorisches Epithel mitseromukösen Drü-
sen übergeht.
Schleimhaut
Die Schleimhaut der Mundhöhle trägt ein mehrschichtiges 10.1.2 Zunge
unverhorntes PlattenepitheL Dieses Epithel kann lokal, z. B. Die Zunge ist eine vielseitig bewegliche muskulöse Struktur
am harten Gaumen und am Zahnfleisch, unvollkommene am Boden der Mundhöhle. Sie wird von einer Schleinlhaut
Zeichen der Verhornung aufweisen. Das Epithel enthält Me- mit verschiedenen Papillen bedeckt. Im Ionern (Zungen-
lanozyten, Langerhans-Zellen und Merkel-Zellen. körper) besteht sie aus quergestreifter Muskulatur. Die
Die Laminapropria besitzt Mcissner-Tastkörperchen und Muskelzellen sind in vertikalen, longitudinalen und trans-
seromuköse oder überwiegend muköse Drüsen. An man- versalen Bündeln in charakteristischer Art lmd Weise senk-
chen Stellen (z. B. Wangen, Lippen, Gaumensegel) ist in der recht zueinander angeordnet und verflochten (Abb. 10.2).
Tiefe quergestreifte Muskulatur anzutrelren. Muskelspindeln sind regelmäBig anzutreffen. Zwei straffe
Bindegewebsstrukturen dienen Teilen der Muskulatur als
Klinik Verletzlmgen der Mundschleimhaut heilen aufgrlmd Urspnmg, das Septlun Lmd dJe Aponeurosis linguae. Das
von in reichem MaBe vorbandenen antimikrobiellen Pep- Septmn linguae in der Zungenmitte teilt die Zunge in eine
tiden ungewöhnlich rasch und gut. Die Regeneration des linke lmd eine rechte Hälfte. Die Aponeurosis linguae befin-
Epithels dauert ca. 12 Tage. Bei Frauen kann in Abstrichen det sich im Zlmgenri.icken unter der Schleimhaut. Diese ist
des Epithels leicht das Geschlechtschromatin (innen an der mit der Aponeurose unverschicblich verbunden. Auf der
Kernmembran) nachgewiesen werden. Unterseite der Zlmge liegt der N. hypoglossus mit seinen
Verzweigungen. An der Zlmgenspitze befinden sich gröBere
Schleimhaut der Lippen Das mehrschichtige Plattenepi- Pakete gemischter, überwiegend muköser Drüsen. Im Zlm-
thel der Lippen verändert sich von auBen nach innen kon- gengrund liegt die Tonsilla Iingualis (Abb. 6.40).
timlierlich (Abb. 10.1). Altßen ist es verhornt, lmd ist eine
typische Epidermis. Im Bereich des Lippenrots nimmt die Zungenpapillen Folgende Typen der Zungenpapillen las-
Verhornung ab, Melanozyten werden seltener, lmd in die sen sich unterscheiden:
hohen Bindegewebspapillen dringen bis in die Spitze Blut- • Papillae filiformes: Sie bilden auf dem Zlmgenrücken
kapillaren ein (Rotfärbung der Lippen). Vereinzelt treten schlanke, spitze, schlllDdabwärts ge.richtete Epithelzapfen,
Talgdrüsen (ohne Haare) auf. Auf der Innenseite der Lip- die einem differenzierten Bindegewebssockel aufsitzen
pen ist das Epithel unverhornt, und die Laminapropria ent- und deren Spitzenanteile verhornt sind (Abb. 10.3). Sie
hält seromuköse Drüsen (Gll.labiales), die Bindegewebs- erfüllen mechanische Aufgaben.
papillen sind flacher. In der Tiefe der Lippen liegt der • Geschmackspapillen: Dazu zählen die Papillae fungi-
quergestreifte M. orbicularis oris mit der Pars labialis. formes auf dem Zungenrücken, die Papillae foliatae an
den Zungenseiten und die Papillae vallatae am Zlmgen-
Schleimhaut des Gaumens Am harten Gaumen ist die grund. Die Geschmackspapillen sind ausfUhrlieh in
Schleinlhaut mit ihrem mehrschichtigen, normalerweise Kap.17.3.2 dargestellt.
unverhornten Plattenepithel fest am Periost verwachsen.
10.1 Kopfdarm 293

M. orl:>lcu/c1ris orls

Sohlernhaut mit
Epithel und
Lamina propria

Lippenhaut
mit Epithel
undOermis

M. otbicu/aris oris

Abb. 10.1 Lippe im Sagittalschnitt. Charakteristisch für die Lippe ist u. a. der Wechsel ihres Oberflächenepithels. Das
typische Hautepithel (Epidermis) mit Anhangsgebilden wie Haaren, Schweiß· und Talgdrüsen wechselt im Bereich des Lippen-
rots in ein drüsenfreies mehrschichtiges unverhorntes PlattenepitheL Mundhöhlenwärts schließt sich ein von Drüsenpaketen
(Gll. labiales) unterlagertes mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel an. Den zentralen Gewebssockel der Lippe bilden
zum großen Teil die Skelettmuskelfasern des M. orbicularis oris. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 8-fach. (Aus [1])

10.1.3 Zähne Zahnentwicklung


Zähne (Tab. 10.1) dienen der Zerkleinerung der Nahrung. Milchzähne und bleibende Zähne
Schon 6 Monate nach der Geburt erscheinen die ersten Zäh-
ne des Milchgebisses, das ab dem 6. Lebensjahr vom blei- Die Zähne entwickeln sich im Zusammenspiel zwischen
benden Gebiss abgelöst wird. Dieses muss dann das ganze dem Ektoderm der Mundhöhle und dem darunter liegenden
Leben in Funktion bleiben. speziellen Mesenchym, das der Neuralleiste entstammt tmd
Ektomesenchym genannt wird. Erster Hinweis auf die
Zahnentwickltmg ist Ende der 5. Schwangerschaftswoche
Aufbau zunächst die Entstehung einer bogenf6nnigen Epithelver-
Die Zähne bestehen aus den 3 verschiedenen Hartsubs- dickung im Mtmdhöhlenepithel (odontogenes Epithel)
tanzen Schn1elz, Dentin und Zement. Jeder Zahn wird in und dann einer bogenfo nnigen ektodermalen Zahnleiste
Krone, Hals und Wurzel gegliedert (Abb. 10.4). Die Spitze (Abb. 10.5), die in das Mesenchym der Anlage von Ober-
der Wurzel wird Apex genannt. Die Wurzel wird durch das und Unterkiefer vorwächst (Abb. 10.6). In der Nähe des
Bindegewebe der Wurzclliaut (Desmodontimn) in der freien Randes der Zahnleiste entstehen labial zwischen der
Alveole verankert. Im Ionern des Zalms befindet sich die 8. und 17. Schwangerschaftswoche pro Kieferhälfte jeweils
Zahnpulpa. 5 knospenfonnige Anlagen der Milchzähne (Inzisiven, Ca-
nini und Milchmolaren) und entwickeln sich in diesem
Zeitramn vom Knospen- bis zum Glockenstadium (s. u.). An
294 10 Verdauungsorgane

Abb. 10.2 Zungenspitze im Längsschnitt. 1 Papillae Abb. 10.3 Papillae filiformes {1) mit rachenwärts ge-
filiformes des Zungenrückens; 2 Bündel der quergestreiften krümmten, spitzen verhornten Epithelkegeln. Die Papillae
Zungenmuskulatur, quer (*) und längs (~) getroffen; filiformes haben mechanische Funktionen; ihre reiche Inner-
3 gemischte Drüse in der Zungenspitze. Mensch; Färbung: vation deutet auch auf stereognostische Fähigkeiten.
H. E.; Vergr. 15-fach. 2 Zungenepithel, 3 Zungenmuskulatur (längs und quer
getroffen). Zungenrücken, Mensch; Plastikschnitt; Färbung:
H.E.; Vergr. 500-fach. (Aus [1])

Tab. 10.1 Zähne im Überlllick.

Zahnzahl
Milchgebiss 20 (5 pro Kieferhälfte)
bleibendes Gebiss 32 (8 pro Kieferhälfte)
Zahntypen
Milchgebiss 2 Inzisiven, 1 Caninus, 2 Milchmolaren (pro Kieferhälfte)
bleibendes Gebiss 2 Inzisiven, 1 Caninus, 2 Prämolaren, 3 Molaren (pro Kieferhälfte)
Zahngenerationen
1. Zahngeneration Milchgebiss und die Molaren des bleibenden Gebisses
2. Zahngeneration nur die Inzisiven, Canini und Prämolaren des bleibenden Gebisses
Zahnentwicklung (individuell unterschiedlich)
6. Monat Durchbruch des 1. Zahns (meist untere zentrale Schneidezähne) des Milchgebisses
2,5 Jahre aUe 20 Milchzähne sind durchgebrochen
6 Jahre Durchbruch der 1. Molaren des bleibenden Gebisses
17-22 Jahre aUe 32 bleibenden Zähne sind durchgebrochen
10.1 Kopfdarm 295

,~
.... --, ... ......
' '
.' '....... atlgel6ste
: ',, /'Schm~~
~~

..
I '/
I '-
1 ..... '\
'
'\
''
'•
''

'
I'
''
inneres
'
••• Saumepithel
' ~-- .: ··--·.,..:.::. + - Zahnpulpa

Zahnfleisch

Alveolar-
knochen

Abb. 10.4 Längsschnitt durch einen


Schneidezahn in situ mit Zahnkrone (sicht-
barer Teil des Zahns, von Schmelz bedeckt),
Zahnhals(= Grenzgebiet zwischen Schmelz
und Zement) und Zahnwurzel (steckt in den
Alevolen, wird von Zement bedeckt). Der
Schmelz (gepunkteter Umriss) ist durch die Fettmark - -----
Entkalkung des Präparats völlig entfernt
worden und fehlt daher auf den meisten
Schnittpräparaten eines Zahns. Katze;
Färbung: H. E.; Vergr. 18-fach. (Aus (1])

der Zahnleiste entstehen außerdem schon früh die Anlagen molaren des bleibenden Gebisses und stellen die 2. Zahn-
des bleibenden Gebisses. Zu den bleibenden Zähnen werden generation dar. Thre Anlagen entstehen lingual (Unterkie-
die Zuwachszähne tmd die Ersatzzähne gezählt: fer) bzw. palatinal(Oberkiefer)von den Milchzahnanlagen
• Die Zuwachszähne sind die 3 Molaren des bleibenden tmd bilden sich an einer leistenfcinlligen Verlängerung
Gebisses. Sie entstehen hinter den Milchzahnanlagen, der ursprünglichen Zahnleiste, die auch Ersatzzahnleiste
nachdem sich die Zahnleiste weiter nach hinten verlän- genannt wird.
gert hat. Sie gehören zur gleichen Zahngeneration wie die
Milchzähne, brechen nur sehr viel später durch. Diese
Merke
Generation der Milch- tmd Zuwachszähne ist insgesamt
• 1. Zahngeneration: Milch- und Zuwachszähne
die 1. Zahngeneration.
• 2. Zahngeneration: Ersatzzähne.
• Ersatzzähne sind die Zähne, die die Milchzähne ersetzen.
Sie m11fassen die Schneide- tmd Eckzähne sowie die Pr'a-
296 10 Verdauungsorgane

Abb. 10.6 Zahn leiste. Die Zahnleiste (~) entsteht als


Einsenkung des Mundhöhlenepithels (*). In ihrer Umgebung
ist das Mesenchym verdichtet. Schweinefetus; Färbung:
H. E.; Vergr. 125-fach.

Differenzierung der Zahnanlage und des Zahns Abb. 10.7 Zahnglocke in der Entstehung. 1 äußeres
Schmelzorgan Alle mit der Schmelzbildung befassten epi- Schmelzepithel; 2 inneres Schmelzepithel; 3 Schmelzpulpa;
thelialen Strukturen werden lmter dem Begriff "Schmerz- 4 Zahnpapille; 5 Zahnsäckchen; II> Membrana praeformativa;
organ" zusammengefasst. Zuerst entsteht die Zahnleiste, * Zahnleiste mit Verbindung zu Zahnglocke und Mundhöhlen-
an deren Rand sich dann pro Kieferhälfte 5 knoten- oder epithel (6) . ~ Blutgefäße. Menschlicher Fetus, 4. Monat;
knospenförmige Verdickungen bilden, die Schmelzknospen Färbung: Goldner; Vergr. 125-fach.
10.1 Kopfdarm 29 7

äußeres Scllmelzepithel
Inneres Schmelzepithel
_, Zahnleiste

Verbindung zwischen
Zahnleiste
und Scllmelzorgan

Abb. 10.8 Glockenstadium. Die Zahnglocke


besteht aus innerem und äußerem Schmelz-
epithel und der Schmelzpulpa. Sie bedeckt zum
großen Teil die Zahnpapille. Menschlicher Fetus,
4.-5. Monat; Färbung: H. E.; Vergr. 40-fach.
(Aus [1]) Zahnpapille

(oder Zahnknospen) genannt werden. Eine Schmelzknospe


Merke
differenziert sich Uber das Schmelzkappenstadiwn zur • Mesenchym wn die Zahnglocke ~ Zahnsäckchen ~
Schmelzglocke (Abb. 10.7, Abb. 10.8) mit äußerem (an das Alveolarkoochen, Wurzelhaut und Zement
wngebende Mesenchym grenzendem) tmd innerem (der • Mesenchym im Ionern der Zahnglocke ~ Zahn-
Zahnpapille zugewandtem) Schmelzcpithel. Die frlihe Glo-
papille ~ Zahnpulpa ~ Odontoblasten.
cke ist Uber einen epithelialen Gcwebestrang, die dentale
Lamina, mit dem Oberflächenepithel verbunden. Im späten
Glockenstadiwn löst sich die Zahnanlage von der Zahnleiste Faktoren der Zahnbildung Der allererste Anstoß zur
ab. Im Ionern der Zahnglocke, zwischen innerem und Zahnbildung geht vom Ektomesenchym aus, auch die
äußerem Schmelzepithel, bildet das Ektoderm aus einem Formgebung wird von diesem Mesenchym bestimmt. Ak-
ursprUnglieh soliden Epi thel einen lockeren retikulären tivin ßA und das knochenmorphogenetische Protein 4,
Zcllverband, die sog. Schmelzpulpa (Schmelzretikultun). die vom neuroektodermalen Mesenchym gebildet werden,
Unmittelbar am inneren Schmelzepithel ist dies Retikultun induzieren das frlüte Glockenstadium. Prühe Adamanto-
verdichtet: Strattun intermedium. Die gesamte Zahnglocke blasten induzieren die Differenzierung der Odentoblasten
ist von einer Basallamina tungeben, d. h., sie ist außen von zu sekretorisch aktiven Zellen, die ihrerseits die Schmelz-
einer Basallamina bedeckt und innen von ihr ausgekleidet. und auch Zementbildtmg anregen. Am Scheitelptmkt des
Diese Basallamina entspricht der Basallamina des Mund- inneren Schmclzepithels, im Bereich der zukünftigen Zahn-
höhlenepithcls. spitze, entsteht im inneren Schmelzepithel eine knoten-
fdrmige Verdickung, der prim äre Schmelzknoten. Er ist ein
Mesenchym Das Mesenchym in der Umgebung der Organisator des Zahnkeims. Seine Zellen bilden verschie-
Zahnglocke verdichtet sich zum Zahnsäckchen und im dene Paktoren für die Zahnentwickltmg, u. a. auch das
Ionern der Zahnglocke Zttr Zahnpapille (Abb. 10.8). Aus "protein sonic hedgehog" (Shh), ein wichtiges Signalmole-
dem Zahnsäckchen entstehen Alveolarkoochen, Wurzel- kül. Wenn alle diese Paktoren nicht mehr gebraucht wer-
haut tmd Zement. Aus der Zahnpapille geht die Zahnpulpa den, sterben die Zellen des Schmelzknotens ab.
hervor, deren peripher gelegene Zellen die Odontoblasten
bilden. Diese formieren sich zu einem epithelähnlichen
Verband tmd liegen unmittelbar e.inwärts des inneren
Schmelzepithcls. Zwischen diesen beiden Zellschichten
liegt die Basallamina des inneren Schmelzepithels, der feine
Kollagenfibrillen angelagert sind (Membrana praeforma-
tiva, Abb. 10.9). Die Odentoblasten sind die Dentinbildner.
Die Zcllen des inneren Schmelzepithels differenzieren sich
zu den Amcloblasten (Adamantoblasten), den Schmelzbild- Abb. 10.9 Teil einer
nern. frühen Zahnanlage.
298 10 Verdauungsorgane

Dentinbildung Morphologie der Odontoblasten Odentoblasten sind


reich an rauem ER und besitzen einen großen Golgi-Appa-
Dentin stellt die HaupUnasse der Hartsubstanz von Krone rat. Ihr kernhaltiger Teilliegt am Innenrand des Dentins,
und Zahnwurzel. Es kann das ganze Leben lang neu gebil- sie stehen jedoch über einen langen Zellfortsatz, die sog.
det werden. Diese Aufgabe übernehmen die Odontoblasten Tomes-Faser, mit der Basalmembran (Membrana prae-
(Abb. 10.10, Abb. 10.11 , Abb. 10.12). formativa) in Verbindung. Tomes-Fasern entstehen, wenn
sieb die Zellkörper der Ode ntoblasten bei zunehmender
Dentinbildung von dieser Basalmembran des inneren
Schmelzepithels in Richtung Pulpa zurückziehen. Die
Tomes-Fasern bilden zahlreiche kurze Seitenäste, über die
benachbarte Fasern miteinander in Verbindung stehen.
a Unterhalb des Abgangs dieses Portsatzes sind ein termina-
les Netz und Zellkontakte ausgebildet. Die Odentoblasten
Abb. 10.10 Beginn der
entsprechen trotzihres epithelähnlichen Aussehens speziel-
Schmelz- und Dentin-
len Fibroblasten, zwischen ihnen werden sogar unvollstän·
bildung.
dige Zonulae occludentes ausgebildet.

Prädentin, Dentin, Interglobulardentin Odentoblasten


teilen sieb nach der Geburt nicht mehr, sind aber zeitlebens
---- --- Schmelz aktive Zellen. Sie bilden zunächst das noch nich t minerali-
-.....• sierte Prädentin, das v.a. aus Typ-I-Kollagen, Proteogly-
kanen und Glykoproteinen aufgebaut ist. Dieses Prädentin
••
• mineralisiert zum definitiven Dentin, indem schubweise
: Kalke- Apatitkristalle abgelagert werden. Dabei entstehen ZLmächst
- · t ·-sphäriten
........ : kugelfcirmige Gebilde (Kalkosphäriten = Kalkglobuli); die
•• Zwickel zwischen diesen Kalkkugeln verkalken etwas spä-
• ter. Im Bereich der Zahnhälse Lmterbleibt in der Außenzone
:- --Dentin
des Dentins vielfach diese Verkalkung der Kugelzwischen-
- - --- ·- - 1-- Tomes· räume (InterglobulärräLune), wodLLTCh die sog. T omes-
: Faser
••• Kö rnerschiebt entsteht. Sie ist im Schliffpräparat als klein-
•• körnige Struktur erkennbar und entspricht dem nicht
•• mineralisierten "Interglobulardentin" (vgl. Abb. 10.20). Im
. _, verkalkten Dentin erscheint die Anordnung der Kollagen-

t-- Prädentin fibrillen ungeordnet, lediglieb an der Tomes-Faser verlau-

·' fen sie parallel, sodass sich die Wand der Dentinkanälchen
- - -----RER

-Golgi-Apparat
-sensibler Nerv

- Odentoblast

-

....-
Abb. 10.11 Odontoblasten und Dentinbildung (Schema). Abb. 10.12 Zahnentwicklung, Detailvergrößerung.
Odentoblasten bilden die organischen Anteile des Dentins 1 Schmelzpulpa; 2 Stratum intermedium; 3 Adamantoblasten
und sind über leUkontakte verbunden. Die sensiblen Anteile (inneres Schmelzepithel); 4 Schmelz; 5 Dentin; 6 Prädentin;
der vegetativen Nerven steigen paraUel zu den Tomes-Fasern 7 Odontoblasten; 8 Zahnpapille (friihe Zahnpulpa ). Mensch;
von der Pulpa bis in die Zone des verkaLkten Dentins auf. Färbung: H. E.; Vergr. 245-fach.
10.1 Kopfdarm 299
(Neumann-Scheide) farblieh etwas abhebt. Dies beruht zu- des Sclunelzcs zugeschrieben wird (Abb. 10.13). Oberhalb
sätzlich auf einem hohen Gehalt an Glykoproteinen und des Kerns der Ameloblasten befinden sich besonders viele
Proteoglykanen. raue ER-Zisternen und ein ausgedehnter, fast röhrenförrni-
ger Golgi-Apparat. Apikal und basal findet sich je ein Ad-
härenzkontakt (Zonulae adhaerentes), in dessen Nähe wei-
Merke Dentin kann zeitlebens von den Odontoblasten tere Zellkontakte vorkorrunen (Nexus, Tight Junctions und
gebildet werden und besteht wie Knochen aus organi- Dcsmosomen). Der Apex enthält zahlreiche Sekretions-
schem Material, insbesondere Kollagen vom Typ I und zu granula sowie Lysosomen und bildet einen plumpen Fort-
70% aus anorganischem Hydroxylapatit
satz, den Tomes-Fortsatz.

Tomes-Fortsatz und Schme lzbildung Die Oberfläche der


Schmelzbildung Ameloblasten mit ihrem Tomes-Portsatz lässt sich funk-
Die Zellen des inneren Sclunelzepithcls werden Amelo- tionell in verschiedene Bezirke gliedern. Er verändert i..rn
blasten (Adamantoblasten) genannt (Abb. 10.7, 9, 10, 13). Laufe der Sclunelzabscheidung Porm und Punktion. Der
Sie sind die Produzenten des Schmelzes. Tomes-Portsatz besitzt eine lang zur Nachbarzelle geneigte
Fläche, die das Schmelzprisma bildet. Vor der Schmelz-
Morphologie der Ameloblasten Thre morphologische bildung löst sich die Basallamina auf und es werden Gra-
Basis (an ihrer Basallamina, die die Grenze zur Zahnpapille nula im Apex der Ameloblasten exozytotisch entleert.
markiert) wird funktionell zum sog. Apex. Tm funktionell Diese bauen die Schmelzmatrix auf, die aus verschiedenen
basalen Zytoplasma (Region, die an die Sclunelzp ulpa Proteinen besteht: Amelogeni.nen (Wasser bindenden
grenzt) liegen zahlreiche Mitochondrien, die aber auch in Proteinen), Enamelinen (sauren glykosylierten Proteinen)
anderen Zellbezirken verbreitet sind, und der länglich e und Schmelzschei.denproteinen, die sich im interprisma-
helle Kern (Abb. 10.13). Mit den anderen Zellen der tischen Schmelz befinden. In die Matrix werden dann
Schmelzpulpa sind die Amcloblasten vor allem durch Ne- rasch Apatitkristalle eingelagert, die sich zu einem Schmelz-
xus verbunden. Dadurch entstehen funktionell zusammen- prisma formieren. Ein Schmelzprisma enthält ca. 1000
arbeitende Zellgruppen. Die basal an die Amcloblasten an- lange Apatitkristallc. Calcitml gelangt transzellulär in den
grenzenden Zellen der Schmelzpulpa bilden das Stratmn Schmelz, wobei eine Calcimn-ATPase in der Membran
intermedium, dem e.ine Rolle beim Verkalkungsprozess der Ameloblasten eine wichtige Rolle spielt. Die ztun Teil

interprismatischer Schmelzprisma
Schmelz ''
'
Schlüsselloch·
Lysosom,, konfiguratio n
••
Zonula
occludens-.
·-.
()()
Sekretgranu Ium--
Zonula-···· ··
()()()
adhaerens ,
Nexus/
.-· ()()
Desmosom •••
()()()
Ameloblast
(Adamantoblast)-
Nexus----- ()()()
Zonula .•••
adhaerens Hufeisen·
konfiguration

Abb. 10.13 Ameloblasten (Adamantoblasten) und Schmelzbildung (Schema). Der dachförmig gezeichnete Tomes-
Fortsalz enthält vor allem Sekretionsgranula, Lysosomen und helle Vesikel. Seine Oberftäche kann schmale Einsenkungen
ausbilden. Auf der nach rechts geneigten Fläche des Tomes-Fortsatzes wird das Schmelzprisma gebildet. Rechts (umrandet):
unterschiedliche Erscheinungsformen der Schmetzprismen.
300 10 Verdauungsorgane

C]
Abb. 10.15 Zahnschmelz
eines Molare n.

Funktionsphasen der Ameloblasten Anfangs sind die


Ameloblasten apikalflach und sezernieren eine homogene,
ca. 3 J.Ul1 dicke Schmelzschicht. Dann entstehen die Tomes-
Portsätze und mit ilincn die Prismen und der interprisma-
tische Schmelz. Die zunächst sc1..crnierte Matrix enthält bis
zu 30~ Protein und wird vor allem gegen Ende des aktiven
Lebens der Zellen weitgehend rückresorbiert (apikale Ve-
sikel Lllld Einsenkungen, Lysosomen). Zuletzt, vor ihrer
Rückbildung, produzieren die nun wieder apikal flachen
Ameloblasten erneut eine 20 -80 J.lm dicke homogene
Schicht Schmelz. Da die Amcloblasten nach Abschluss der
Schmelzbildung zugrunde gehen, kann Schmelz nicht nach-
gebildet werden.

Schmelz Die abgeflacht-hexagonalen Mikrokristalle des


Schmelzes bestehen (wie im Dentin) aus Calciumphosphat
vom Apatit-Typ und sind ca. 20 -60 nm dick, 30-90nm
breit und sehr lang, möglicherweise so lang wie ein
Schmelzprisma. Im Prisma sind die Kristalle weitgehend
parallel zur Längsachse ausgerichtet, im interprismatischen
Schmelz nehmen sie andere Ausrichtungen ein. Die Länge
eines Schmelzprismas ist schwer zu bestimmen, da es in
Windungen verläuft und die Schmelzdicke der Krone un-
terschiedlich ist. Die Prismen können aber eine Länge von
ca. 2-3 mm erreichen. Die oberste Schmelzschicht ist nicht
in Form von Prismen strukturiert, sondern homogen auf-
Abb. 10.14 Zahnschliff, Längsschnitt durch einen nicht gebaut (Abb. 10.15).
entkalkten Zahn. 1 Schmelz mit fast parallel zur Oberfläche
verlaufenden Retzius-Streifen (-+) und mehr radiär verlau- Merke Der Schmelz wird nur während der Zalment-
fender Hunter-Schreger-Streifung (*); 2 Dentin. Mensch; wicklung von den Amcloblasten des inneren Schmelz-
Vergr. 150-fach. epithels gebildet und besteht zu ca. 95~ aus anorgani-
schen Komponenten, vor allem aus dem Hydroxylapatit,
dessen wichtigste Bestandteile Calcium Lmd Phosphat
sind. StruktLrrell ist Schmelz in Prismen und interpris-
leicht eingesenkte Oberfläche der apikalen Zellperipherie matischen Schmelz gegliedert. Schmelz bildet die Außen-
am Rande des Tomes-Portsatzes bildet den interprismati- bedeckLmg der Zahnkrone.
schen Schmelz (Abb. 10.13), der benachbarte Prismen ver-
bindet.
Der Prozess der Schmelzbildung verläuft nicht kontinu- Zahnwurzelbildung
ierlich, sondern (wie das WachstLml eines Baumes) schub-
weise, was ZlLC Bildung der Retzius-Streifen im Schmelz Nach Bildung der Krone wächst der Rand der Schmelzglocke
mit äußerem lllld innerem Schmelzepithel in die Tiefe Lmd
führt (Abb. 10.14, s.u.). Während der Sekretion ziehen sich
bildet die sog. epitheliale Wurzelscheide (Hertwig-Wurzel-
die Amcloblasten zurück. Dabei bewegen sie sich in be-
stinlmter Art und Weise hin und her, was dazu führt, dass scheide). Sie induziert das WLrrzcldentin und löst sich dann
auf. Die inneren Anteile des Zahnsäckchens bilden dann
die abgeschiedenen Schmelzprismen gewellt verlaufen, man
trifft also in einem Schliff Bündel quergetroffener Prismen das Zcnlent, die mittleren Anteile das Parodontium lmd die
äußeren den Alveolarknochen.
(Diazonien) und längsgetroffener Prismen (Parazonien) an
(Hunter-Schreger-Streifung, Abb. 10.14, s. u.). Die Prismen
erscheinen im Querschnitt in Lmterschiedlichen Mustern
Hartsubstanzen des fertig ausgebildeten Zahns
vor allem in Schlüssellochkonfiguration und Hufeisenkonfi-
guration (Abb. 10.13). Nach einer Theorie entstehen diese Am Aufbau des Zahns sind 3 Hartsubstanzen (Tab. 10.2)
unterschiedlichen Muster durch Bewegungen des Tomes- beteiligt:
Fortsa tzes selbst. • Schmelz
• Dentin (Zahnbein)
• Zement.
10.1 Kopfdarm 301
Strukturen (vgl. Abb. 10.20), die Regionen nicht verkalkten
Interglobulardentins entsprechen ltnd die relativ leicht zum
Ausgangspunkt von Kariesherden werden können.

a Zement Das Zement (Abb. 10.6) ist eine knochenähn-


Abb. 10.16 Dentin eines liche Substanz. Die verkalkte Matrix besteht aus Kollagen-
aufgebrochenen Molaren. fibrillen vom Typ I und Proteoglykanen. In die dicken
Partien des Zements, 2.. B. am W urzelapcx, können Zemen-
tozyten eingelagert sein (zelluläres Zement). Die Lakunen
Die Hartsubstanzen kön nen am Zahnschliff (Abb. 10.14) der Zementozyten ähneln denen der Osteozyten. Die Ze-
und im Raster-EM (Abb. 10.15, Abb. 10.16) betrachtet wer- mentbildungszellen liegen - ähnlich wie Osteoblasten - an
den. Zahnschliffe sind dünne Scheiben des nicht entkalkten der Oberfläche des Zements. Wenn das Zement nur eine
Zahns. Im entkalkten Schnitt bieten die Hartsubstanzen dünne Bedeckung der Zahnwuneln bildet, fehlen die ein-
wenig: Der Schmelz ist völlig herausgelöst (Abb. 10.4), im gelagerten Zellen (azelluläres Zement). Im Alter nimmt die
Bereich des Dentins bleibt das Kollagen enthalten und Hi.rbt Dicke des Zements generell zu, es können dann sogar Blut-
sich je nach eingesetztem Parbstotr z. B. rot (H. E.) oder blau gefäße in ihn einwachsen und Havers-Systeme auftreten.
(Az.an) an; ähnlich wie das Dentin verhält sich das Zement.
Zahnpulpa
Schmelz Der völlig zellfreie Schmelz ist am Zahnhals
wenige 1-1m und an den Spitzen der Zahnhöcker bis zu In der Zahnpulpa befindet sich ein besonders zell-, hyaluro-
2,5 mm dick. Er zeigt im Schlitr das Phänomen der schon nan-, proteoglykan- und wasserreiches Bindegewebe, das
erwähnten Hunter-Schreger- und der Retzius-Streifung. ein Netzwerk feiner Kollagenfibrillen (Typ I, aber auch Typ
Die Hunter-Schreger-Streifung beruht darauf, dass die III) enthält (Abb. 10.17). In dieses Gewebe eingebettet sind
gewellt verlaufenden Schmelzprismen (Abb. 10.15) ab-
wechselnd quer (Diazooien, im Durchlicht hell) und längs
(Parazonien, im Durchlicht dunkel) getrofren sind. Die
Hunter-Schreger-Streifung hat eine Periodik von ca. 50 1-1m
und verläuft im Längsschlifr radiär zur Oberfläche (Abb.
10.14). Die Retzius-Streifen entsprechen Wachsturnslinien
in den Schmelzprismen, die bei jedem Menschen ein indivi-
duelles Muster zeigen und daher kriminaltechnisch zu ver-
werten sind. Sie verlaufen im Längsschliff flach zur Ober-
fläche (Abb. 10.14), im Querschliff oberflächenparallel Die
Streifen sind im Durchlicht bräunlich und besitzen unter-
schiedliche Dicke. Der Abstand zwischen benachbarten
Streifen schwankt zwischen 5 und ISO f..!JU.

Dentin Das Dentin zeigt im Schlill" eine dichte, leicht ge-


wellte, feine schwarze Streifung, die auf der Existenz der
Dentinkanälchen (Abb. 10.16) beruht. In diesen verlau-
fen beim lebenden Zahn die Tomes-Fasern (Abb.10.11, Abb. 10.17 Zahnpulpa eines Molaren mit einer Arteriole
Abb.10.16). Die Verlaufsrichtung ist radiär von der Pulpa (*). Die zarten blau gefärbten Kollagenfasern der Pulpa
zur Oberfläche des Dentins, die von Schmelz oder Zement bestehen überwiegend aus KoUagen vom Typ III. Die Adven-
bedeckt ist. Die Außenbereiche des Dentins zeigen am titia der Arteriole enthält Kollagen vom Typ I. Schwein;
Zahnhals die Tomes-Körnerschicht, schwarze körnige Farbung: Azan, Vergr. 450-fach.

Tab. 10.2 Hauptmerkmale der Zahnhartgewebe.

Hartgewebe Bestandteile (Gewichtsprozent) Bildner Sonstiges

Schmelz • 95% anorganisch Ameloblasten wird nur während der Zahnentwicklung angelegt
• 1 Ofo organisch (kein Kollagen) (= Adamanto- (wird nicht regeneri ert), nur im Bereich der Krone,
• 4Ofo Wasser blasten) Prismenstruktur

Dentin • 700fo anorganisch Odentoblasten kann zeitlebens gebildet werden, wird von Tomes-
• 20'Yo organisch (v. a. Kollagen Fasern durchsetzt
und Proteogtykane)
• lO'Yo Wasser

Zement • 6l 'Yo anorganisch Zementoblasten kann zeitlebens gebildet werden, knochenähnliches


• 27% organisch (v. a. Kollagen Gewebe, azelluläres und zelluläres Zement, nur im
und Proteoglykane) Bereich der Wurzel
• 12"1o Wasser
302 10 Verdauungsorgane

zahlreiche Blutgefäße und sensible Nerven. Letztere können Zement Das Zement bildet eine dünne knochenähnliche
sogar in die Dentinkanälchen vordringen (Abb. 10.11). Ar- Bedecktmgsschicht der Zahnwurzel (s.o.). Im Zement inse-
teriovenöse Anastomosen sind häufig. Die periphere Zell- rieren kollagene Faserbündel (Sharpey-Fasern), die dUich
schicht der Zahnpulpa wird von den Odontoblasten gebildet den Periodontalspalt (Raum zwischen Zement tmd Alveo-
(Abb. 10.11), die das ganze Leben lang Dentin bilden und larknochen) ziehen.
so z. B. den Verlust durch Abkauung kompensieren können.
Durch das stetige geringe Wachstum des Dentins verklei- Wurzelhaut Die Wurzelhaut (Desmodont) fiillt den Pe-
nert sich die Zahnpulpa bei älteren Menschen erheblich. riodontalspalt (Breite 0,15-0,2 mm) aus und bildet dort
Dieses Bindegewebe unterliegt so gut wie keinen Zug- oder 2 Kompartimente (Abb. l O.IS, Abb. 10.19):
Druckkräften. Es zeigt eine analoge Ähnlichkeit mit Mesen- • Ein Kompartiment besteht aus Bündeln dicht gelagerter,
chym und gallcrtigem Bindegewebe. gewellter Kollagenfasern (den Ligg. periodontalia), zwi-
schen denen einige feine elastische Fasern und Oxytalan-
Merke Die Pulpa befindet sich im Ionern des Zahns tmd fasern verlaufen. Die Kollagenfasern der Ligg. periodon-
ist aus einem fibrozyten-, proteoglykan-, hyalUionan- und talia sind sog. Sharpcy-Fasern, die in die Hartsubstanzen
wasserreichem Bindegewebe aufgebaut, in das Blutgefaße Zement und Knochen einstrahlen. Sie verlaufen zwischen
und sensible Nerven eingelagert sind. Die Zcllen in der dem Alveolarknochen und dem Zement überwiegend
Peripherie der Pulpa sind die Odontoblasten. schräg abwärts Richtung Wurzelspitze und befestigen so
den Zahn federnd in der Alveole. Die Fasern stehen in
Kontakt mit sensiblen Nervenendigungen, die den Kau-
Klinik Karies ist eine Erkrankung der Hartsubstanzen druck regulieren.
Schmelz und Dentin, die in den westlichen Ländern zwar • Das andere Kompartiment lst ein lockeres Bindegewebe.
seltener geworden ist, aber immer noch sehr häutig vor- Hier finden sich Fibrozyten und an der Oberfläche der
kommt. Das Kariesrisiko ist individuell unterschiedlich, ge- Hartsubstanzen Zementoblasten, Osteoprogenitorzellen,
netische Faktoren spielen dabei genauso eine Rolle wie Osteoblasten nnd Osteoklasten, außerdem BlutgefäHe
Infektionen (mit Streptokokken), Zuckerkonsum (wobei und sensible vegetative Nerven.
die Dauer, nicht die Menge entscheidend ist), Zahnpflege,
Zahnfehlstellungen, Speichelfluss und Zusarnrnensetztmg Schmerzen LLnd Druck werden über freie sensible Endigtrn-
der Nahrung. Säurebildende Bakterien, die z.B. in Zahn- gen sowie eingekapselte Endigungen wahrgenommen. Das
fleischtaschen oder zwischen kulissenförrnig stehenden Zäh-
nen leben, spalten Zucker in Glucose tmd Fructose, wo-
dUich zum einen Dcxtran (als Hauptbestandteil der Plaque)
und zum anderen demineralisierend wirkende MilchsäUie
entstehen.

Zahnhalteapparat
Dem Zahnhalteapparat (Parodontium) werden zugezählt
• Zement
• WUIZCihaut (Dcsmodontium, Lig. pcriodontale)
• Alveolarknochen
• Zahnfleisch (Gingiva), soweit es im Kontakt mit den oben
genannten Strukturen steht.

Abb. 10.18 Desmodont, Querschnitt der WIJ'Zel eines Abb. 10.19 Kompartimente des Desmodonts (1),
Prämolaren . * Dentin; 1 einer von zwei Wurzelkanälen; höhere Vergrößerung eines Zahnwurzelquerschnitts. 2 Straffe
2 Desmodont (Wurzelhaut); 3 Alveolarknochen. Mensch; Kollagenfaserbündel (Sharpey-Fasem); 3 zell-und gefäß-
Färbung: H. E.; Vergr. 25-fach. reiche Partien; 4 Zement; 5 Dentin; 6 Alveolarknochen.
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 150-fach.
10.1 Kopfdarm 303

Druckempfinden ist ungewöhnlich fein. Es existiert ein Re- sum ist dünn und trnvollständig oder kann völlig fehlen. Im
flexbogen zur Kaumuskulatur und zur Zungenmuskulatur. Epithel der Gingiva kommen Langerhans-, Merkcl-Zellen
und Melanozyten vor. Die freie Gingiva ist von der Basis
Alveolarknochen Der Alveolarknochen ist der Teil des der Zahnkrone durch den Sulcus giogivalis getrennt. Das
Kieferknochens, in dessen Höhlungen (Alveolen) die Zahn- mehrschichtige Plattenepithel der Gingiva, das den Sulcus
wurzeln stecken . Er ist aus Lamellenknochen mit Havers- ringförmig wngibt, wird Saumepith el genannt. Es ist re-
Systemen aufgebaut. Bei Ausfall von Zähnen oder fehlender lativ dünn und nicht verhornt. Seine Basallamina nimmt
Knochenbelastung kann sich der Alveolarknochen rasch einen besonderen Verlauf. Sie folgt dem Epithel in die Tiefe
zurückbilden. Im Alveolarknochen inserieren die kollage- (äußere = tiefe Basallamina), schlägt hier um und befindet
nen Sharpey-Fasern. sich dann zwischen Epithel und Schmelzoberfläche (inne-
re= oberflächliche Basallamina). Der Teil des Epithels, der
Gingiva Die Alveolarfortsätze der Kiefer, in denen die unmittelbar dem Schmelz anliegt, wird auch Haftepithel
Zähne verwurzelt sind, werden von der Gingiva (Zahn- genannt. Es entstammt dem inneren SchmelzepitheL Seine
fleisch) bedeckt. Sie ist ein besonders fester, rosafarbiger basalen Epithelzellen bilden zur inneren Basallamina hin
Teil der Mundschleirnhaut, der überwiegend fest mit dem kräftige Hemidesmosomen aus. Somit wird die Basallamina
Periost des Alveolarknochens verwachsen ist (Pars fixa gin- zur wichtigsten Befestigungsstruktur zwischen Gingiva-
givae, Abb. 10.20). Lediglich ein gut 1 mm hoher Rand- epitheltrnd Kronenbasis trnd verhindert normalerweise ein
saum (Limbus), der am Schmelz der Zahnkrone befestigt Eindringen von Bakterien in das tiefer gelegene Gewebe. In
ist, ist etwas weicher trnd verschieblieh und wird hier " freie" der Lamina propria sind im Bereich des Sulcus viele freie
Gingiva (Pars libera gingivae) genann t. Das mehrschichtige Zellen zu finden, die Abwehrfunktionen haben.
Plattenepithel zeigt apikal regelmäi!ig Hinweise auf untypi-
sche (parakeratotische) Verhornung. Das Stratwn granulo- Klinik Die Gingivitis ist eine Entzündung des Zahnfleischs,
die Parodontitis eine (bakteriell verursachte) entzündliche
Erkranktrng des Zahnhalteapparats. Eine lang anhaltende
Gingivitis kann zttr Parodontitis führen, nicht jeder Par-
.
...............• ....
--- Schmatz odontitis geht jedoch eine Gingivitis voraus. Für die Ent-
\. - -- Retzius.s!rel&n stehung einer Parodontitis sind verschiedene Leitkeirne der
Mundhöhle verantwortlich, zu denen u. a. der Aggregati-
bacter actinomycelemcomitans (M) gehört. Als Risiko-
faktoren einer Parodontitis gelten u. a. Alter, schlechte
Mundhygiene, Rauchen, Stress, genetische Faktoren oder
innere
_ -- Basalrnanbran systemische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus). Lang-
fristig kann eine Parodontitis zu Taschenbildung, freiliegen-
den Zahnhälsen und zwn Zahnausfall führen.
... ....... r::lnnl.~
'--V~-

1 0.1.4 Speicheldrüsen
Die Speicheldrüsen sezernieren am Tag ca. 0,75-1,0 l hyp-
--- F.~ osmotischen und leicht alkalischen Speichel, der zu 99~ aus
~r.ees
vVasser und außerdem aus anorganischen Ionen, Schleimen,
Enzymen, Wachstumsfaktoren und Immunglobulinen be-
steht. Die Drüsen münden in die Mundhöhle ein und
werden in kleine und große Speicheldrüsen trnterteilt. Die
. F. a!Yeo-
gingiveles kleinen Speicheldrüsen (s.a. Kap. 3) Hegen in der Mukosa
der Mundschleimhaut und si nd entweder rein serös (Spül-
drüsen der Gesclunackspapillen), seromukös (Lippen, Wan-
gen) oder überwiegend bis rein mukös (Gaumen, Rachen).
Zu den im Folgenden behandelten großen Speicheldriisen
• '
Allleolat1cnocten (Abb. 10.21) werden gezählt:
Blu~äße • GI. parotis (Ohrspeicheldrüse, Abb. 10.22, Abb. 10.23)
• GI. submandibularis (Unterkieferdrüse, Abb. 10.24)
Abb. 10.20 Zahnhalteap parat und Zahnfleisch. Das • GI. Sublingualis (Unterzungendrüse, Abb. 10.25).
Zahnfleisch (Gingiva) haftet dem Alveolarknochen fest an
(Pars fixa gingivae) und bildet oberhalb der Alveolen den
Zahnfleischsaum (Pars libera gingivae). Das Gingivaepithel Aufbau
ist ein leicht verhorntes mehrschichtiges PlattenepitheL Das Drüsengewebe ist in 1 - 3 nuu große Läppchen geglie-
Das Saumepithel ist der Teil des Gingivaepithels, der die dert, die durch Bindegewebssepten getrennt sind. Die gro-
Kronenbasis und den Sulcus gingivalis ringförmig umgibt. ßen Speicheldrüsen besitzen ein komplexes Ausführungs-
Der Teil des Saumepithels, der direkt dem Schmelz anliegt, gangsystem sowie dicht gepackte Endstücke, die sich in
wird auch Haftepithel genannt. Bei den Kollagenfasersyste- seröse Azini und muköse Tubuli gliedern lassen. Im Bereich
men sind die Fibrae (F.) alveogingivales, dentogingivales der serösen und mukösen Endstücke und der Schaltstücke
und circulares zu unterscheiden sowie Bündel der Wurzelhaut kommen sternförrnlg verzweigte Myoepithelzellen vor, die
(die ligg. periodontalia), die Zement und Alveolarknochen kontraktil sind und sich auch am Aufbau der Basalmembran
in Form von Sharpey-Fasern verbinden. (Aus [1]) beteiligen (Tab. 10.3).
304 10 Verdauungsorgane

1 2

...... .... -.. • -extra-Onter-)lobulärer


-
Gang - ••
. . .............. . .
'
<
, , - - - - - Läppchen - - - -. .. •

/ ,· • • Streifenstück • • ,
r , '
r
r ,, , '
'

, ,' , , , •. Schaltstück ' '


,,
seröser
···Azinus-

'
'
v.-Ebner-
Halbmond

Abb. 10.21 Große Speicheldrüsen der Mundhöhle


'
' {Schema). 1 Gl. parotis (rein serös); 2 Gl. submandibularis
v.-Ebner- (gemischt seromukös ); 3 Gl. sub Lingualis (gemischt muko-
Halbmond ' '
'
muköse '
Tubuli serös).

Abb. 10.22 GI. parotis,


Übersicht. 1 Drüsenläppchen ;
* Fettzellen; ~ Streifen-
stücke; 2 Bindegewebsseptum
(mit artifiziellen Zerreißun-
gen) zwischen 2 Läppchen;
3 interlobulärer Ausführungs-
gang; 4 Vene; S Arterie.
Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 45-fach.

Ausführungsgangsystem
Das Gangsystem besteht aus 3 Abschnitten, die ohne scharfe • Ausführungsgänge (interlobuläre Ausführungsgänge und
Grenzen ineinander übergehen tmd in den Drüsen tmter- Hauptausführungsgang).
schiedlich verteilt sind (Tab. 10.3):
• Schaltstück (schließt sich den sekretorischen Anteilen an) Schalt- und Streifenstücke liegen intralobulär, die Ausfüh-
• Streifenstück rungsgänge extralobulär.
10.1 Kopfdarm 305

Abb. 10.25 GI. sublingualis. Die blassen mukösen tubu-


lären Endstücke überwiegen stark gegenüber serösen Azini
und Halbmonden. Streifenstücke sind ebenfalls relativ
selten. Im vorliegenden Präparat enthält das Bindegewebe
recht zahlreich Lymphozyten und Plasmazellen (~ ). Mensch;
Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1])

Abb. 10.23 GI. parotls, Drüsengewebe. 1 seröser Azinus;


2 Schaltstück; 3 Streifenstück; 4 Fettzelle. Die Schaltstücke
verbinden Azini und Streifenstücke. Ihre Weite variiert, ihr
Epithel ist annähernd kubisch oder leicht abgeflacht. Basal
im Drüsenepithel gelegene flache Kerne gehören Myoepithel-
zellen an( ~). Mensch; Plastikschnitt; Färbung: H. E.; D
Vergr. 500-fach. Abb. 10.26 GI. parotis.

a
Abb. 10.27 Streifenstück
aus der Glandula parotis.

sollen. Die Epithelzellen der Schaltstücke bilden tL a. die


antibakteriellen Proteine Lysozym und Laktoferrin. Mög-
licherweise enthalten sie auch Stammzellen. Die Epithelien
der Schaltstücke wandeln sich in der Entwickltmg oft in
muköse Drüsenzellen um. Die mukösen sekretorischen
Abb. 10.24 GI. submandibularis. Region mit serösen Azini Anteile sind also umgewandelte Schaltstücke und daher
(1) und mukösen tubulären Endstücken (2), denen distal auch tubulär.
seröse Halbmonde (v. -Ebner- • Gianuzzi-Halbmonde, .... )
ansitzen; 3 Streifenstück. Im H. E.-Schnitt ist das Zytoplasma Streifenstücke Streifenstücke sind ebenfalls mehrere
der hohen mukösen Drüsenzellen blass; der relativ dunkle hundert J..lm lang und besitzen ein einschichtiges eosino-
Zellkern liegt flach an der Basis der Zellen. Das Lumen der philes prismatisches Epithel (Abb. 10.23, Abb. 10.27). Die
mukösen Tubuli ist weiter als das der Azini. Mensch; Plastik- Epithelzellen sind durch dichte Zonulae occludentes und
schnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1]) ein basales Labyrinth mit länglichen Mitochondrien ge-
kennzeichnet. die eine Anpasstmg an den gesteigerten Elek-
trolyttransport darstellen. Typisch sind auch hohe Aktivi-
täten der Enzyme Carboanhydrase, Na•-K•-ATPase tmd
Schaltstücke Die Schaltstücke sind die kleinsten Gang- Berosteinsäurehydrogenase. Sie transportieren Ionen und
abschnitte (Abb. 10.23, Abb. 10.26). Sie können bis zu eini- sezernieren das Peptid Kallikrein sowie auch Muzine.
ge hundert ).1111 lang sein und verzweigen sich zwei- bis
dreimal. Ihre Wand besteht aus abgeflachtem bis annä- Ausführungsgänge Die interlobwären Ausftihrungsg'än-
hernd kubischem Epithel und einzelnen Myoepithelzellen, ge (Abb. 10.28) sind weitlwuig und von einem Rinde-
die einen Rückfluss von Sekret in die Endstücke verhindern gewebsmantel wngeben. Anfangs besitzen sie ein ein-
306 10 Verdauungsorga ne

C]
Abb. 10.29 Seröse Drüsen-
zellen in der Parotis.

auf. Sie besitzen einen rundlichen Kern in der unteren Zell-


hälfte und sind reich an rauem ER. Dieser Zelltyp ist aus-
gestattet mit einem großen Golgi-Apparat, aus dem Sekre-
tionsgranula (Abb. 10.29) hervorgehen, die exozytotisch
ausgeschleust werden. Die Granula besitzen Zonen unter-
schiedlicher Dichte, was verschiedenen Tnhaltsstoft(m ent-
spricht. Typisch sind interzelluläre Sekrelionskanälchen,
Abb. 10.28 Gl. submandibularis. 1 größerer interlobu- fingerförmige Einstülptmgcn, die vom Lumen des Azinus
lärer Ausführungsgang mit zweischichtigem Epithel; 2 Azini. ausgehen, ca. 5 J.Lm in das Epithel eindringen und die api-
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. kale Oberfläche vergrö13ern. Produkte der serösen Zellen
sind z.B. a-Amylase, Lysozym, Laktoferrin, Peroxidase,
Proteasen, die Wachstumsfaktoren NGF und EGF und bei
Säuglingen auch Lipase.
schlchtiges prismatisches, weiter distal ein zweireihiges
oder zweischlchtiges prismatisches Epithel mit einzelnen Muköse Zellen Die mukösen sekretorischen Zellen ent-
Becherzellen. Sie werden zunehmend größer und münden halten basal einen relativ dttnklcn ttnd abgeflachten Kern,
in den zwcischlchtigen prismatischen Hauptausfiihnmgs- der von den wesentlichen Zellorganellen umgeben ist. Der
gang der Drüsen ein. Von den Hauptausfiihnmgsgängen große Golgi-Apparat liegt supranukleär. Der größte Teil
kann die Regeneration von Drüsengewebe ausgehen. des Zytoplasmas enthält Schleirngranula, die im H.E.-Prä-
parat hell erscheinen (Abb. I0.30), mit der PAS-Reaktion
dagegen purpurrot sind (Abb. 1.6). Die mukösen Zellen
Sekretorische Zellen produzieren im Wesentlichen Schleirne (verschiedene Mu-
Seröse Zellen Die serösen Zellen sind in Form von zine).
basophilen Azini angeordnet oder sitzen als "Halbmonde"
(v.-Ebner- bzw. Gianuzzi-Halbmonde) mukösen Tubuli

Ta b. 10.3 Eigenheiten der großen Speicheldrüsen und der Tränendrüse im histologischen


Präparat. Alle genannten Drüsen besitzen interlobuläre Ausführungsgänge, die Endstücke
der (Kopf-)speicheldrüsen und deren Schaltstücke besitzen Myoepithelzellen, die im Pankreas
fehlen. Auch die Azini der Tränendrüse besitzen Myoepithelzellen.

Drüse Endstücke Schaltstücke Streifenstücke Sonstiges

Gl. parotis rein seröse Azini lang, za hlreich zahlreich selten Talgdrüsen an intralobu-
lären Gängen, Plasmazellen im
Stroma
Gl. submandi- viele seröse Azini und einzelne relativ kurz, häufig relativ häuflg kleine vegetative
bularis seröse Halbmonde, wenige muköse häufig Ganglien, Plasmazellen im Stroma
Tubuli (überwiegend seröse
Drüsenzellen)
Gl. sublingualis viele muköse Tubuli und wenige selten selten seröse Halbmonde nur auf einem
seröse Azini (überwiegend Teil der tubulösen (mukösen)
muköse Drüsenzellen) Endstücke
Pankreas rein seröse Azini, zentroazinäre zahlreich fehlen Langerhans-Inseln
Zellen, keine Myoepithelzellen
Gl. lacrimalis seröse verzweigte Tubuli, fehlen fehlen im Bindegewebe Ansammlungen
Lumen relativ weit freier Zellen, besonders Plasma-
zellen
10.1 Kopfdarm 307

Uchtung nen resorbiert werden, aber \>Vasser diesen Elektrolyten


',, nicht folgen kann. Des Weiteren werden hier kleinere Men-
gen von K•- und HCo~·-ronen sezerniert.

Spei chelbildung und ihre Steueru ng Die Speichelsekre-


tion erfolgt reflektorisch und ist nerval gesteuert Die Spei-
cheldrüsen sind sympathisch und parasympathisch inner-
viert Der Sympathikus fördert die Bildung eines viskösen,
wasserarmen Speichels, der Parasympathikus die eines
\"'ässrigen, eiweißreicheren Speichels. Die Myoepithelzellen
werden vom Parasympathikus innerviert. Die Sekretion der
____ Keme von serösen und mukösen Drüsen beruht auf der Stimulation
~ ~ ~- FHJrozyten der Drüsenzellen durch Acetylcholin (Parasympathikus),
was zu einem Calciwnanstieg in der Zelle und daraufhin
zur Exozytose der Sekretionsgranula fi.ihrt. Parallel dazu
;•· Schlussteisten wird das H ormon ViP (vasoaktives intestinales Polypep-
tid) aus den cholincrgen Nervenfasern ausgeschüttet, das
Blutgefäße erweitert und deren Perm eabilität steigert. N or-
I
I adrenerge Sympatikusfasern stimulieren ß -Rezeptoren der
Drüsenzellkerne \.,, Azinuszellen mit intrazellulärem Anstieg von Ca2• tmd
'
cAMP. Der Sekretfluss wird durch Wassereinstrom in das
Ltunen der Endstücke angetrieben. Der Motor für den
Wasserfluss über das Drüsenepith el ist die basolaterale
Abb. 10.30 Muköse Endstücke in der Gl. sub Lingualis. Na•-K• -ATPase, die einen Na•-Gradienten aufbaut; über
Kerne basal un d abgeplattet, Zytoplasma blass. Die Korb - einen Co-Transporter werden außerdem Na•-, K•- und er-
zellen (Myoepit helzellen) helfen beim Auspressen des Ionen in die Zelle transportiert. K• wird sowohl dttrch die
Sekrets. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 750-fach. (Aus (1]) apikale als auch dttrch diebasolaterale Membran wieder aus
der Zelle herausgeschafft. er wird ebenso wie HCO; apikal
ins Lwnen des Endst(lcks transportiert. Na• folgt dttrch die
Na• -dttrchlässigen Zonulae occludentes. H 20 folgt dem
Speichel und Speichelsekretion aufgebauten osmotischen Gradienten, es wird einerseits
transzellulär mithilfe von basalen und apikalen Aquapori-
Insgesamt hat der Speiebel verschiedene Aufgaben:
• Er enthält ,,Schmierstotfe" (Muzine), die das Kauen und nen und andererseits parazellulär durch die durchlässigen
Zonulae occludentes ins Lwnen transportiert.
Schlucken erleichtern.
• Er ist Lösungsmittel fllr Nahrungsbestand teile, die erst so
geschmeckt werden können. Kli nik Im Bindegewebe der großen Speicheldrüsen, v. a. der
• Er hält die Mundhöhle sauber und verhindert Infektionen. Parotis, kommen nonnalerweise einzelne univakuoläre Fett-
• Er enthält Verdauungsenzyme, v.a. et-Amylase, und zellen vor. Ihre Zahl nimmt im Alter zu tmd kann bei Unter-
Wachstumsfaktoren. ernährung tmd Alkoholsucht ein gewaltiges Ausmaß anneh-
men. Bei Obstruktion der Gänge (Steine, Tw11oren)
Primä r- und Se kundärspeichel In den Endstücken wird atrophiert das distal gelegene Drüsengewebe.
zunächst ein isotoner Primärspeichel gebildet (Abb. 10.31), Tumoren treten am häufigsten in der GI. parotis attf.
der dann in den Streifenstücken zum endgültigen hypoto- Mu mps (Ziegenpeter) ist eine ansteckende Entziindtmg
nen Sekundärspeichel umgewandelt wird . Die Modifikation der Parotis, die durch ein Paramyxovirus (RNA-Virus) ver-
besteht darin, dass in den Streifenstücken Na•- und er -Io- ttrsach t wird.

aktive NaCI-
Endstück DrOsenzelle
StreifenstOck •••
' mit
'' Muzinen und Proteinen
,'
'

Abb. 10.31 Hist ophysiologie


einer serö.s en Speicheldrüse. Die
Endstücke bilden den (zum Blut iso-
tonen) Primärspeichel, der in den

·--
Streifenstücken zum hypotonen
Sekundärspeichel modifiziert wird. ''
Einzelheiten siehe Text • Myoepithelzelle
isoosmotisCher
(Vereinfacht nach (3]) Primärspeichel
308 10 Verdauungsorgane

10.1.5 Rachen Der Epipharynx wird von respiratorischem Epithel, Meso-


tmd Hypopharynx von Lmverhorntem mehrschichtigem
Der Rachen ist ein muskulärer Schlauch, der an der Schädel- Plattenepithel ausgekleidet. Die Schleimhaut des Epipharynx
basis befestigt ist. Er gehört sowohl den Luftwegen (Kap. 8) enthält in reichem Maße lymphatisches Gewebe und steht
als auch den Speisewegen an, die sich im mittleren Teil des über die Choanen mit der Schleimhaut der Nasenhöhle in
Rachens kreuzen. Er wird in 3 Etagen gegliedert: Verbindtmg. Unter der Schleimhaut des Rachens befinden
• Epipharynx (obere Etage) sich eine Muskelhaut (Tunica muscularts) tmd eine Schicht
• Mesopharynx (mittlere Etage) straffen Bindegewebes (Tunica adventitia).
• Hypopharynx (untere Etage).

10.2 Rumpfdarm
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Dem Rtunpfdarm gehören Ösophagus, Magen, Dünn- und Pylorusregion bilden sie Schleime. Im Korpus-
darm, Dickdarm und Analkanal an. Pankreas und Leber Fundus-Bereich enthalten sie verschiedene Zelltypen
sind üb er AusfLihmngsg'änge mit dem Dünndarm ver- mit jeweils eigener Funktion: Hauptzellen (bilden Pro-
btmden . teasen), Belegzellen (bilden Salzsäure und den intrin-
Der Wandbau ist in den ver schiedenen Rtm1pfdarm- sischen Faktor) tmd Nebenzellen (bilden Schleim). In
abschnitten im Prinzip gleichartig: allen Drüsen gibt es endokrine Zellen und Stamm-
• Ttmica mucosa, mit Lamina cpithclialis, Lmlina pro- zellen .
pria tmd Lamina muscularis mucosae • Diin ndarm: Die Oberfläche des Dünndarms bildet
• Tela submucosa 5 - 10 mm hohe Palten, die Kerckring-Falten. Diese Pal-
• Ttmica muscularis mit innerer Ring- und äußerer ten enthalten innen Gewebe der Submukosa tmd sind
Längsmuskelschicht von der Schleimhaut bedeckt. Die Schleimhaut bildet
• Tunica serosa oder Tunica adventitia Zotten tmd Krypten. Die Zotten sind oft ca. 0,5 mm
hoch tmd werden vom resorbierenden Epithel über-
Zwei intramurale Plexus, der Plexus myentericus (Auer- wgen. Dies Epithel besteht aus Enterozyten mit dich-
bach-Plexus) und der Plexus submucosus (Meissner- tem Mikrovillisaum und Becherzellen. Die Krypten be-
Plexus) steuern die Damuuuskulatur. herbergen die StarrtnlZCllen des Zottenepithels und die
Entscheidend für die spezifischen Funktionen tmd die Paneth-Zellen. Nur im Duodemun enthält die Sub-
Diagnose der einzelnen Rwnpfdarmabschnitte ist die Tu- mukosa die Brunner-Dri.isen, die Schleim tmd Bicarbo-
nica mucosa. nat bilden. Die Mukosa des Ileums enthält die großen
• Ösophagus: Die Mukosa des Ösophagus besitzt ein un- Peyer-Plaques, Organe des Immunsystems.
verhorntes PlattenepitheL In der Submukosa findet sich • Kolon : Die Kolonschleimhaut besitzt keine Zotten und
ein wnfangreichcr Venenplexus und am Anfang und ist durch einfache tubuläre Drüsen, die Krypten, ge-
am Ende des Ösophagus treten in ihr muköse Drüsen kennzeichnet. Die Krypten bestehen aus resorbieren-
auf. Die Muskularis besitzt im oberen Drittel Skelett- den Epithelzellen, Becherzellen und endokrinen sowie
muskulatur, im mittleren Drittel Skelett- und glatte Stammzellen.
Muskulatur tmd im tmteren Drittel nur glatte Musk u- • Appendix: Die Schleimhaut der Appendix vermiformis
lattrr. enthält neben typischen Kolonkrypten vor allem lym-
• Magen: Die Schleimhaut des Magens ist d urch ein phatisches Gewebe.
Schleim bildendes Oberfläch enepith el und t ub uläre • Analkanal: Der Analkanal istdie Ob ergangsregio n zwi-
Drüsen gekennzeichnet, die in der Tiefe der Foveolae schen Rektum (mit typischer Kolonschleimhaut) und
gastricae ausmünden. Die Drüsen un terscheiden sich in der an alen Haut (mit verhorntem Plattenepithel), hier
Kar·dia, Korpus-Ptmdus- tmd Pylorusregion. In Kardia finden sich unterschiedliche Epith elien.

10.2.1 Wandaufbau • Tunica serosa (Serosa) mit Epithelschicht (Mesothel)


Die verschiedenen Abschnitte des Rumpfdarms besitzen ei- tmd Serosabindegcwebe. Eine Tunica serosa findet sich
nen einheitlichen Wandattfbau, der stets 4 Schichten erken- in Darmabschnitten, die intraperitoneal liegen. In Darm -
nen lässt (Abb. 10.32). Von innen (lumenseitig) nach außen abschnitten, die cxtraperitoneal liegen, 1... B. im Ösopha-
sind dies (s.a. Tab.l0.4): gus, wird die Serosa durch eine Tunica adventitia (Ad-
• Tunica mucosa (Schleimhaut, Mukosa) mit den Unter- ventitia), eine Bindcgewebsschicht, ersetzt.
schichten: Lamina epithelialis (Oberflächenepithel), La-
mina propria (Schleimhautbindegewebe), Lamina mus-
Wandschk hten
cularis mucosae (Muskelschicht der Schleimhaut)
• Tela submucosa (Submukosa): submuköse Bindegewebs- Mukosa Die an das Lumen des Rumpfdarms angrenzende
schicht Schleimhaut (Mukosa) hat in d en einzelnen Darmabschnit-
• Tunica muscularis (Muskelhaut, Muskularis) mit der in- ten unterschiedliche Funktionen und unterscheidet sich
neren Ringmuskelschicht und der äußeren Längsmuskel- daher besonders hinsichtlich des Epithels (Lamina cpithe-
schicht lialis) von Darmabschnitt zu Darmabschnitt erheblich, was
10.2 Rumpfdarm 309
------------------~
'
- ----- ZoHe '
· - - -- - - Lamina
epithelialis
-· ---- Lamina
propria Tunica
'· -·· ·· mucosa
- · · --· · ··· Ktypte '
'''
Lamina '
s=:? , . muscularls
0 . ~
....:;,q.. fTlJCOS88
-- . - ................. •-I,
D 0 0 - 0' Q) :

, Tela
'-•• submucosa

Tunica
~ • •• muscularis
'

• --. ---- Längsmuskel-


schicht


U::.,__.J.-L-__..1....;-~-~/-::-L---L~;;;-.....,~~...__;.-.L.!. ................ --~
• Tunica

'
:······ serosa

' •
• Auerbach- '
Perltonealepithel
Blutgelllße
Ptexus

Abb. 10.32 Aufbau der Wand des Magen-Darm-Traktsam Beispiel eines Querschnitts des Dünndarms (Schema).
Die Lamina propria ist besonders reich an freien Bindegewebszellen (vergrößert dargestellt von links nach rechts:
Mastzellen (1), Lymphozyten (2), Eosinophile (3), Ma krophagen (4), Plasmazellen (5). Die Lamina muscu laris mucosae
besitzt innen zirkulär, außen längs verlaufende glatte Muskelzellen. (Aus [1])

fiir die Diagnostik besonders wichtig ist. Die Lamina prop- ert. Drüsen sind nur in der Submukosa des Ösophagus und
ria ist ein lockeres Bindegewebe mit zahlreichen kleinen des Duodenums (Brunner-Drüsen) zu finden.
Blutgefäßen und lokalen Ansammlungen lymphatischen
Gewebes, vielen Makrophagen, Mastzellen, Plasmazellen, Muskularis Die Muskularis besteht im Prinzip aus 2
Lymphozyten und Eosinophilen. Diese Zelltypen stehen im Schichten glatter MuskulatLrr, der inneren Ring- Lmd der
Dienste der Abwehr. Die Lamina muscularis mucosae be- äußeren Längsmuskulatllf. Zwischen beiden Muskelschich-
steht aus glatten Muskelzellen, die innen meistens zirkulär ten befindet sich ein weiterer Nervenplcxus, der Auerbach-
und außen längs angeordnet sind Lmd die der Mukosa eige- Plexus, der die Peristaltik der Muskularis steuert.
ne Motilität und Konturveränderungen erlauben. Oie Aus-
gestaltung der Lamina muscularis mucosae Lmterscheidet Serosa Die Serosa wird von einem flachen bis kubischen
sich im Detail in den einzelnen Darmabschnitten und vari- Epithel (Mesothel, Abb. 9. 1) bedeckt. Das Mesothel ist das
iert auch individuell. viszerale Epithel der Bauchhöhle (Peritooealhöhle, Leibes-
höhle). Über das Mesothel der Mesenterien steht dieses vis-
Submukosa Die Submukosa ist reich an kleineren und zerale Epithel mit dem parietalen Epithel der Leibeshöhle
mittelgroßen Blutgefäßen sowie an Lymphgefäßen. Außer- (innen an der Rumpfwand) in VerbindLmg. Oie Mesothel-
dem liegt hier der Meissner-Piexus, ein Nervenplcxus, der zellen liegen auf einer Basallamina und tragen locker ver-
die Motilität der inneren Wandschichten des Darms steu- teilte Mikrovilli (Abb. 9.2). Sie sind über Zonulae occluden-
310 10 Verdauungsorgane

tes verbunden und besitzen ein gut entwickeltes Zytoskelett. arbeiten und komplexe lokale Reflexbögen aufbauen,
Die Mesothelzellen haben ein ausgeprägtes Regenerations- werden aber regelmäßig vom Pardsympathikus (prägang-
vermögen. Sie sind an der Bildung der Peritoneallliissigkeit lionäre erregende Fasern) Lmd vom Sympathikus (post-
beteiligt (Kap. 9.1). Das Serosabindegewebe enthält viele ganglionäre hemmende fasern) beeinflusst. Die Plexus
Blutkapillaren und Lymphgefäße. Bisweilen wird das Bin- steuern die Peristaltik (v.a. der Auerbach-Plexus) Lmd
degewebe, das unmittelbar an die Muskularis grenzt, als können auch Durchblutung und sekretorische Funk-
Tela subserosa abgegrenzt. tionen der Darmepithelien beeinflussen. Im Auerbach-
Plexus treten verschiedene Neurone auf, die entweder
cholinerg oder pcptiderg sind. Cholinerge Neurone ak-
Nervenplexus tivieren die Muskularis und stimulieren die Zellen des
Auerbach-Piexus (Plexus myentericus) und Meissner-Ple- Meissner-Plexus, pcptiderge Neurone hemmen Muskula-
xus (Plexus submucosus) sind 2 Nervenplexus in der Wand ris und Meissner-Piexus. Sowohl die erregenden als auch
des Rwnpfdarms. Beide bestehen aus Ganglien und ver- die hemmenden Neurone des Auerbach-Plexus werden
bindenden Fascrbiindeln und umfassen ca. 100 Millionen vom PardSympathikus (im größten Teil des Rumpfdarms
N eurone. Die Ganglien des Auerbach-Piexus liegen zwi- also vom N. vagus) stimuliert. Der Sympathikus hemmt
schen Ring- und Längsmuskulatur der Tunica muscularis erregende motorische Neurone in beiden Plexus. Erre-
(Abb. 10.33). Die Ganglien oder Einzclperikarya des Meiss- gende Plexusneurene besitzen z. B. opioide Peptide als
ner-Plexus sind in der Submukosa zu finden. Beide Plexus Trc~nsmitter oder die Substanz P. Hemmende Plexus-
bilden das intramurale entefische Nervensystem Lmd be- neuroneenthalten z.B. das Peptid VIP (vasoaktives intes-
sitzen motorische Neurone, Interneurane und sensorische tinclles Peptid).
Neurone. • Sensible Neurone des enterlschen Systems perzipieren
• Die motorischen Neurone und Interneurane können z. B. die Dehmmg der Darmwand. Verbreitet gibt es in der
erregend oder hemmend sein. All diese Neurone können Darmwand auch sensible Fasern, deren Perikarya im Spi-
zwar eigenständig ohne von außen kommende Einfliisse nalganglion liegen.

Merke
• Auerbach-Piexus = Plexus myentericus = TLmica mus-
cularis
• Meissner-Plexus =Plexus submucosus =Submukosa

Klinik Bei der Peritonealdialyse, wie sie bei Niereninsuf-


fizienz eingesetzt werden kann, dienen MesothelLmd Kapil-
larendothel im Serosabindcgcwebe als natürliche Dialyse-
membran (Abb. 9.5). Die Bauchhöhle wird Hir einige
Stunden mit einer Dialyseflüssigkeit gefilllt. Mittels Diffu-
sion Lmd Ultrafiltration können so kleine Moleki.üe, Ionen
und Wasser ausgetauscht werden. Eine hohe Harnstoff. und
Creatininkonzentration im Blut des niereninsuffizienten Pa-
tienten kann dadurch gesenkt werden, da diese haropflichti-
gen Substanzen in die Dialyseflüssigkeit übertreten.

10.2.2 Speiseröhre
Die ca. 25 cm lange Speiseröhre (Ösophagus, Abb. 10.34)
leitet die Speise aus Mundhöhle und Rachen in den Ma-
gen Lmd verhindert den Riickfluss von Magensaft. Die Dis-
tanz von den Schneidezähnen bis zum Mageneingang be-
trägt ca. 40 cm. Der Ösophagus besitzt einen oberen Lmd
einen Lmteren Sphinkter und ist aLtßer beim Schlucken (Lmd
Erbrechen) insbesondere oben Lmd unten tonisch kontra-
hiert. Der Tonus des unteren Sphinkters kann durch fett-
reiches Essen, Rauchen, Kaflce, Tee und Cola herc~bgesetzt
werden.

Wandaufbau
Mukosa Die Mukosa bildet typische Längsfalten, ihr Epi-
thel ist ein mchrschichtiges unverhorotes Plattenepithel
Abb. 10.33 Ganglion des Auerbach-Plexus (Au) im Binde- (Abb. 10.35), dessen oberen Zellen sehr glykogenreich sind.
gewebe der Tunica muscularis des Ösophagus. Die Perikarya Mitunter finden sich in den obersten I - 2 Zellschichten
der Nervenzellen sind durch den exzentrisch gelegenen AndeutLmgen einer Verhornung. Bei Nagetieren und Anti-
hellen rundlichen Zellkern mit deutlichem Nukleolus gekenn- lopen, die zum Teil harte pflanzliche Nahrung fressen, ist
zeichnet. Schwein; Färbung: Goldner, Vergr. 250-fach. das Epithel stark verhornt. Basal können im Epithel endo-
10.2 Rumpfdarm 311

krine Zellen lmd Melanozyten vorkommen. Auch Langer- gus zu finden und bilden vorwiegend Schleime, aber auch
hans-Zellen treten vereinzelt auf. In der Lamina propria, Proteine wie Lysozym.
die zahlreiche elastische Pasern enthält, finden sich am
Ende des Ösophagus oft Schleim bildende Driisen, die den Muskularis Die MuskuJaris besteht in den oberen 5 cm
Drüsen des ersten Magenabschnitts, der Kardia, entspre- des Ösophagus aus quergestreifter Skelettrnuskulatur. Es
chen. Die Lamina muscularis mucosae ist auffallend folgt dann eine Zone, in der gemeinsam Skelettmuskulatur
dick und besitzt vorwiegend längs verlaufende glatte Mus- und glatte Muskulatur vorkonuuen (Abb. 10.37), wobei die
kelzellen; diese bilden ein dichtes Netzwerk von Muskel- glatte Muskulatur überwiegt. Die lmtere Hälfte des Öso-
biindeln, zwischen denen auch elastische Pasern vorkom- phagus besteht allein aus glatter Muskulatur. Es finden sich
men. relativ viele schräg verlaufende Muskelfaserbiindel, sodass
die Gliederung in Ring- und Längsmuskulatur undeutlich
Submukosa Die Submukosa ist reich an Blutgefaßen. sein kann. Der Auerbach-Picxus ist in den mittleren und
Flmktionell wichtig ist ein Venengeflecht, das Blut über die unteren Teilen des Ösophagus sehr hoch entwickelt und
obere Hohlvene zwn Herzen führt und Anastomosen mit besitzt größere Ganglien. Der Meissner-Piexus ist gering
den Magenvenen bildet. Bei Leberzirrhose entstehen hier entwickelt.
gestaute Venen (Ösophagusvarizen), die reißen und zum
Tod durch Verbluten führen können. Submuköse Drüsen Adventitia Allßerhalb der Muskularis ist eine deutliche
(Gll. oesophagcae, Abb. 10.36) mit ausschließlich mukösem Adventitia ausgebildet. Die Pars abdominalis des Ösopha-
Anteil sind vor allem am Anfang lmd am Ende des Ösopha- gus ist auf!en von einer Serosa bedeckt.

Langsmuskelbündef

Tela sl.bmucosa

Lamina muscu/aris
mucosae

Lamina
propria

Tunica
muscu/aris

G/1. ..!--·--··::::
oesophageae
I
I
'
Langsschicht
dFJr MU$kularis

1Ringschicht
der Muskularis

Abb. 10.34 Obere Speiseröhre, vollständiger Querschnitt. Oie typische Schichtengliederung der Wand kommt prinzipiell
in allen Rohrabschnitten des Magen-Darm-Kanals in gleicher Weise vor: Mukosa (mit Epithel, Lamina propria und Muscularis
mucosae), Submukosa (Tela submucosa) und Muskularis (Tunica muscularis mit Ring- und Längsmuskelschicht). Der Muskularis
des Ösophagus schließt sich außen eine bindegewebige Adventitia an, die den Ösophagus mit seiner Umgebung im Media-
stinum verbindet. Ösophagusdrüsen sind relativ selten und finden sich nicht in jedem Schnittpräparat Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 11-fach. (Aus [1))
312 10 Verdauungsorgane

Abb. 10.36 Mukosa und Su bmukosa des Ösophagus.


Die an das Lumen (1} grenzende Tunica mucosa besteht aus
Epithel (2}, Laminapropria (3) und Muscularis mucosae (4).
* Drüsen in der Tela submucosa (5); 6 Ringmuskulatur.
Mensch; Färbung: Goldner, modifiziert. Vergr. 45-fach.
Abb. 10.35 Mukosa des Ösophagus. Das mehrschichtige
Plattenepithel (1) ist unverhornt und sitzt Bindegewebs-
*
papillen (2} der Lamina propria auf. Vene in Lamina pro-
pria. Die Lamina muscularis mucosae (3) ist relativ dick und
komplex gebaut, die Ausrichtung ihrer glatten Muskelzellen
ist uneinheitlich. 4 Lumen. Mensch; Plastikschnitt; Färbung:
H. E.; Vergr. 100-fach. (Aus [1]}

Ösophagussphinkter
·2
Der obere Ösophagussphinkter ist aus quergestreiften Mus-
kelfasern aufgebaut, die dem M. cricopharyngeus tmd obe-
ren zirkulären Muskelfasern der Muskularis des Ösophagus
entstammen. Der untere Ösophagussphinkter ist in anato -
mischer Hinsicht kein echter Sphinkter tmd ist komplex ins
Zwerchfell eingebaut. An beiden Sphinkterstruh.'turen sind Abb. 10.3 7 Tunica muscularis im mittleren Ösophagus-
Polster aus Venenplcxus tmd elastische Fasern beteiligt. Der drittel. Es kommen Bündel sowohl von quergestreiften
obere Sphinkter ist tonisch geschlossen und öffnet sich re- Skelettmuskelzellen (1) als auch von glatten Muskelzellen
flektorisch beim Schluckakt Der tmtere Sphinkter ist durch (2) vor. Mensch; Plastikschnitt; Färbung: H. E.;
Dauererregung ebenfalls ständig geschlossen. Er besteht aus Vergr. 100-fach. (Aus [1]}
Schraubentouren glatter Muskulatur und wird sowohl von
erregenden als auch von henunenden parasympathischen
Nervenfasern innerviert. Beide Arten von Parasympathikus-
fasern erreichen ihren Effekt nicht direkt, sondern über erre-
gende oder hemmende Ganglienzellen des Plexus myenteri- Peptid (VIP) und Stickoxid. Wichtig zu wissen ist, dass der
cus. Transmitter der erregenden Ganglienzellen des Plexus Ösophagus unter erheblicher Längsspannung steht, was
sind Acetylcholin, Substanz P tmd andere Substanzen; zum Verschluss des unteren Sphinkters beiträgt. Wird der
Transmitter der hemmenden Fasern, die zur Öffnung des Ösophagus im unteren Bereich durchtrennt, führt dies zu
unteren Sphinkters fUhren, sind u. a. vasoaktives intestinales einer Retraktion tun ca. 10 an.
10. 2 Rumpfdarm 313

Tab. 10.4 Besondere histologische Kennzeichen der Abschnitte des Rumpfdarms.


Abschnitt Epithel Lamina Lamina muscu- Submukosa Muskularis Se rosa,
propria laris mucosae Adventitia
Ösophagus mehrschichtiges viele elasti- auffallend dick, Venengeflecht. oben querge- typische Adven-
unverhomtes sehe Fasern vorwiegend v. a. im oberen streift, dann zu- titia, nur letzte
Plattenepithel längs verlaufen- und unteren nehmend glatte schon in der
de glatte Musku- Bereich muköse Muskulatur, un- Bauchhöhle ge-
latur Drüsen ten nur glatte legene Zentime-
Muskulatur ter mit Serosa
Magen einschichtiges tubuläre relativ schwach typischer im Präparat Serosa
prismatisches Magendrüsen ausgebildet Aufbau, relativ meist unregel-
Schleim bilden- breit mäßiges Bild
des Oberflächen- wg. unvollstän-
epithel, Foveolae diger 3. Schicht
gastricae (fibrae obliquae)
Dünndarm einschichtiges Blut- und zirkuläre Innen- scherengitter- äußere Längs- mit Serosa; nur
prismatisches lymph kapilla- schicht, lockere, artig angeord- muskulaturist das sekundär
resorbierendes ren, viele vorwiegend nete KoUagen- schwächer als retroperitoneale
Epithel mit Be- Abwehrzellen, längs ausgerich- fasern, viele Ringmuskulatur; Duodenum zum
cherzellen, in den Peyer-Plaques tete Außen- Blut- und Ringmuskulatur, Teil mit Adven-
Krypten, Stamm- im Ileum schicht; Lymphgefäße, die aus einzel- titia
und Vorläufer- glatte Muskel- Brunner-Drüsen nen flachen
zelten, endokrine zellen strahlen nur im Duo- Ringen aufge-
Zellen und in die Zotten ein den um baut ist
Paneth-Zellen
Dickdarm Oberflächen- und zahlreiche relativ dick, häufig Fett- kräftige ge- Fettzellen in
Kryptenepithel Makrophagen, deutliche Tren- zelten schlossene Ring- Appendices
hochprismatisch Plasmazellen, nung in innere muskulatur, epiploicae
mit resorbieren- Eosinophile, (mit zirkulären Längsmuskulatur
den Zellen, vielen Lymphozyten, Fasern) und besteht nur aus
Becher-, endokri- Mastzellen äußere (mit 3 Längsstreifen,
nen Zellen; im längs- oder den Tänien;
Analkanal Über- schräglaufenden in der Appendix
gang in die Epi- Fasern) geschlossene
dermis der Haut Ring- und
längsmuskel-
schicht

10.2.3 Magen
Klinik Verschiedenartige Störungen können einen Rück-
fluss (Reflux) von Magensaft in die Speiseröhre verursachen. Die Hauptfunktionen des Magens (Gaster) sind:
Dies kann harmlos sein, wenn es gelegentlich und kurzfristig • Speicherung, Durchknetung und Durchmischung der
geschieht. Bei ch ron ischem RefhL\: schädigt der saure Ma- aufgenommenen Nahrung,
gensaft jedoch die Ösophagusschleimhaut, tmd es kommt • Sekretion des Magensaftes, der vor allem Salzsäure (HCl),
zur gastroösophagealcn Rellu.xkrankheit mit Ösophagitis proteolytischc Enzyme (Pepsin, Beginn der Proteinver-
(Sodbrennen) und ztun Teil sogar zu Ulkusbildungen. dauung) und den Intrinsic-Faktor (notwendig für Vit-
Außerdem kann sich das Planenepithel in Schleim bilden- amin-B12-Resorption im Dünndarm) enthält.
des prismatisches Epithel vom Magen- oder Darmtyp um-
wandeln (Barren-ösophagus), was mit einem erhöhten Ent- Die Salzsäure schafft einen optimalen pH-Wert flir die An-
artungsrisiko einhergeht. dauung der Nahrungsproteine und tötet aufgenommene
Unter Achalasie versteht man eine motorische Störung Keime ab. Die Magenmotorik ist von großer funktioneller
der tmtercn Ösophagusmu.sku.latu.r, die sich beim Schlucken Bedeutung und wird sehr komplex reguliert. Der proximale
nicht ausreichend erweitert. Dies wird dttrch Verlust an Magen hat relativ gleichbleibende Wandspannung und
VIP- und Stickoxidsynthase-positiven Ganglienzellen ver- besitzt vor allem Spcicherfunktion. Der motorisch viel akti-
ursacht. Die Symptome sind vielseitig, u. a. gehören Dys- vere distale Magen besitzt in seiner Musku.laris ein Schritt-
phagie, Brustschmerzen und Erbrechen dazu. macherzcntru.m und hat vor allem Durchmischungs- und
Au.fbereitlmgsfunktionen. Der Schließmuskel des Magen-
314 10 Verdauungsorgane

ausgangs, der Magenpförtner (Pylorus, M. sphincter pylori),


wird eigenständig kon llrolliert und gibt den Magenbrei in-
termittierend zur Verdauung tmd Resorption in den Dünn-
1
darm ab.
Mikroskopisch-anatomischgliedert sich der Magen in:
• Kardia (Mageneingang)
• Korpus (Magenkörper) und Ptmdus (Magenkuppel)
• Pars pylorica (mit Antrum pyloricum, Canalis pyloricus
und Pylorus).

Wandaufbau
Mukosa Die Mukosa des gesamten Magens besitzt ein
Mikrorelief mit kleinen Einsenktmgen, den Magengrüb-
chen (Foveolae gastricae). Sie sind in den verschiedenen
Magenabschnitten tm terschiedlich tief, was ein wichtiges
Kriterium im mikroskopischen Präparat ist. Die gesamte
Oberfläche, einschließlich der der Foveolae, wird von einem
einschichtigen prismatischen Schleim bildenden Oberflä-
chenepithel (s. u.) gebildet. Tn der Tiefe der Foveolae mün-
den die tubulären Magendrüsen aus, die sich bis zur Mus-
cularis mucosae erstrecken. Diese Drüsen sind sehr dicht
gepackt, nehmen den größten Teil der Mukosa ein und sind
in den 3 Hauptabschnitten des Magens unterschiedlich auf-
gebaut. Die Lamina propria ist auf schmale Streifen zwi-
schen den Drüsen beschränkt, lediglich zwischen den Po-
veolae nimmt sie einen etwas größeren Raum ein. Sie ist
reich an Kapillaren und Nervenfasern (N. vagus) und ent-
hält viele Abwehrzcllen. Die Lamina muscularis mucosae
ist unterschiedlich dick und enthält zirkuläre und längs ver-
laufende glatte Muskelzellen. Wie in anderen Bereichen des
Darmtrakts können Bündel solcher glatten Muskelzellen
durch elastische Sehnen verbunden sein.
Submukosa Die Tela submucosa ist dick und besteht aus Abb. 10.38 Oberflächenepithel (*) im Magenfundus.
lockerem Bindegewebe mit elastischen Fasern, die an der 1 Magenlumen. Das Oberflächenepithel bedeckt nicht nur
Grenze zur Lamina muscularis mucosae und zur Tunica die unmittelbare Magenobertläche, sondern kleidet auch die
muscularis konzentriert sind. Kennzeichnend sind ein dich- Foveolae gastricae (2) aus. 3 Magendrüsen mit ovalen,
tes Lymphgefäßnetz und ein dichter Plexus aus Arterien großen, hellen Belegzellen und kleinen eosinophilen Neben-
tmd Venen, aus denen die kleineren Gefäße der Mukosa zellen (.,. ); ~ Plasmazellen. Mensch; Plastikschnitt; Fär-
entspringen. Am Obergang zum Ösophagus ist eine Venen- bung: H. E.; Vergr. 450·fach.
manschette ausgebildet, die zum Verschluss des unteren
Ösophagussphinkters beiträgt.

Muskularis Die Ttmica muscularis besteht im Schema


aus Ring- (innen) und Längsmuskulatur (außen), weist
aber einige Besonderheiten auf. Die Längsmuskulatur kon-
zentriert sich im Bereich der beiden Kurvaturen und ist auf
Vorder- tmd Hinterseite mrr spärlich ausgebildet. Die
c
Abb. 10.39 Oberflächen-
Ringmuskulatltr bildet den kräftigen M. sphincter pylori. epithel im Magen.
Kennzeichnend ist eine dritte Muskellage, die der Pibrae
obliquae, deren Muskelzellen schräg zu denen der Ring-
muskulatur verlattfen.

Serosa Außen befindet sich eine Serosa, deren Binde- bis 0,2 mm dicke zähe Schicht. Er schützt die Mukosa vor
Verletztmg (durch aufgenommene Nahnmgsbestandteile
gewebe reich an elastischen Fasern ist.
ttnd Salzsäure) und vor Selbstverdauung dmch die Pepsine
Oberfl.ä chenepithel Die schlanken Epithelzellen des im Magensaft. Schleim besteht vor allem aus Wasser (95~)
Oberflächenepithels (Abb. 10.38) enthalten in ihrer oberen und den Muzinen MUC SAC (entstammt dem Oberflächen-
Zellhälfte Schlcimgranula (Abb. 10.39, im lichtmikrosko- epithel) und MUC 6 (entstammt den Nebenzellen), die
pischen H. E.-Präparat hell) und sind über ausgedehnte durch spezielle Pcptide (Trcfoil-Paktor·Peptide = TFP-Pep-
Zonulae occludentes und andere ZeiTkontakte verbunden. tide) verbunden werden. Diese Peptide kommen verbreitet
attf Schleimhäuten vor und beeinflussen die rheologischen
Schleim Der Schleim wird nonnalerweisc reguliert per Eigenschaften der Schleime. Tm Magenschleim dominiert
Exozytose freigesetzt und bildet auf der Oberfläche eine TPF-1. Das Peptid TPF-3 fördert auch die Wundhcilung.
10.2 Rumpfdarm 315

Die Muzine enthalten bei ca. 75% der Menschen auch die überwiegen. Das Oberllächenepithel mit seiner Schleim-
Antigendeterminanten der ABO-Blutgruppen-Substanzen. schicht repräsentiert die protektiven Komponenten der Ma-
Das zusätzlich im Schleim befindliche Bicarbonat pufl'ert genschleimhaut, wohingegen Salzsäure tmd Pepsine die "ag-
die in den Schleim eindringende Salzsäure ab. Das Bicarbo- gressiven" Paktoren des Magens sind (Abb. 10.40). Zu den
nat wird von den Oberflächenepithelzellen sezerniert unter protektiven Kräften zählen außerdem die intakte Durch-
dem stimulierenden Einfluss von Caldum, Prostaglandi- blutung der Mukosa, die Regenerationskraft des Oberflä-
nen, Acetylcholin und J\nsäuemng der Schleimoberfläche. chenepithels und die Bildung von Prostaglandinen in der
Auch das Pepsin ist im Schleim inaktiv, es hat sein Aktivi- Mukosa. Die protcktiven Mechanismen können geschwächt
tätsmaximum im sauren Milieu. Im Magenschleim wird werden, z.B. durch Durchblutungsstörungen, Schock, ver-
dadurch ein Gradient aufgebaut von pH 6-7 in der Tiefe zögerte Magenentleerung und duodenagastralen Reflux. Die
bis zu pH 1-2 an der Oberfläche. Eine weitere wichtige aggressiven Faktoren werden verstärkt z. B. durch Infektion
Komponente des Magenschleims sind Phospholipidc, die mit Helicobacter pylori, Einnahme von Acetylsalicylsäure
dem Schleim auch hydrophobe Eigenschaften verleihen, sie und von nichtsteroidalen Entziindungshemmem, Alkohol,
werden ebenfalls von den Oberflächenepithelzellen sezer- Zigarettenrauchen, Störungen der Regulation der Magen-
niert. saftbildung und auch durch schwere Stressbelastungen.

Merke Schleim besteht im Wesentlichen aus Wasser, Mu-


zinen und TPP-Peptiden. Er enthält Bicarbonat, Pepsin Kardia
und Phospholipide. Die Kardia nimmt beim Menschen nur ein e 1 - 3 cm b reite
Zone ein (beim Schwein dagegen ca. ~ des Magens). Der
Das Oberflächenepithel besitzt die erstaunliche Fähigkeit, Übergang der Schleimhaut des Ösophagus mit seinem
kleinere Epithelverletzungen innerhalb von Minuten bis zu mehrschichtig unverhornten Plattenepithel zur Schleim-
einer Stunde zu heilen. Die benachbarten Epithelzellen kön- haut der Kardia mit ihrem prismatisch en Oberflächenepi-
nen sowohl zur Läsion wandern als auch rasch unter dem theltmd ihren Drüsen ist abrupt (Abb. 10.41). Die Foveolae
Einfluss von Wachsttunsfaktoren und anderen Signalmole- sind relativ tief und nehmen ca. ~ der Schleimhautdicke ein.
külen proliferieren. Die Schleimhautdrüsen sind relativ weitlumig, gewunden
und verzweigt (Abb. 10.42). Das Drüsenepithel bildet, wie
Klinik Eine Verletzung (Läsion) der Schleimhaut, die nicht das Oberflächenepithel, Schleime. Diese sind alkalisch und
über die Lamina muscularis mucosae hinausgeht, bezeichnet können die Magensäure neutralisieren und somit die Öso-
man als Erosion. Reicht die Verletzungbis in die Submuko- phagusschleimhaut vor eventuell eindringender Säure
sa, spricht man vom Ulkus. Solche Verletzungen entstehen, schfttzcn. Vereinzelt treten im Drüsenepithel endokrine
wenn die aggressiven Paktoren des Magens die protektiven Zellen auf.

aggressive Komponenten
~ ~
pH 1-2

Oberflächen-
:..-- s:hleim mit
,' Bikarbonat
''
'''
............... .----..................~-........- ·-·'
: Zellkontakte mit
Zonula occludens
-
c .1. :
Q) '
c
Q)
c :-.·.- Schleimgranula
0
a.
§
~
Q)
·· - --Oberflächen·
.2: epithel
~

Abb. 10.40 Einftuss protektiver


-a.
Q)
0
~

und aggressiver Faktoren auf das


Oberflächenepithel des Magens
(Schema). Zu den protektiven Faktoren =~.===~=-=----:~ L..----:==~=-.;__=~ ----Basallamina
gehören insbesondere intaktes Ober- '
Prostaglandine ----- •
ftächenepithel, Bikarbonat und ausrei-
chende Menge an Oberftächenschleim.
Zu den aggressiven Faktoren zählen
vor allem HCl, Pepsin, Medikamente,
Alkohol, Nikotin und psychischer Stress.
316 10 Verdauungsorgane

Korpus und Fundus


Korpus und Fundus nehmen den größten Teil des Magens
ein und sind histologisch nicht zu unterscheiden. Sie gehö-
ren funktionell eng zusammen, da beide Regionen durch
salzsäurebildende (oxyntische) Magendrüsen gekennzeich-
net sind. Die Fovcolae sind mäßig tief und nehmen ca. ein
Fünftel bis ein Viertel der Schleimhautdicke ein (Abb. l0.43).

Magendrüsen
Im Grund jeder Fovcola entspringen bis zu 7 ca. 1,5 mm
lange Magendrüsen (Abb. 10.43), von denen ca. 15 Millio-
nen beim Menschen existieren. Sie sind dicht gepackt und
verlaufen gcwtmden (v.a. in der Tiefe) bis zur Muscularis
mucosae. Ihr oberster Abschnitt wird als Hals oder Isthmus
bezeichnet. Magendrüsen in Korpus oder Ftmdus enthalten
5 Zelltypen (Abb. 10.44, Tab. 10.5):

Nebenzellen Die Nebenzellen (Abb. 10.45) bilden v. a.


aus MUC 6 bestehende Schleime und kommen im Isthmus
tmd zwischen den Belegzellen in tieferen Regionen der
Drüsen vor. Sie bilden auch TPP-Peptide und Lysozym.

Stammzellen Im oberen Drüsenhals treten auch mor-


phologisch unauffallige Stammzellen auf, von denen die
Erneuenmg des Drüsen- und Oberllächenepithels ausgeht.
Die Zellen des Oberflächenepithels werden ca. alle 4-8
Tage, die Nebenzellen alle 7 Tage, Beleg- tmd Hauptzellen
dagegen vermutlich nur alle 1- 2 Jahre ersetzt.

Ab b. 10.41 Ösophagus-Kardla-Übergang. Die Grenze (-+)


zwischen Ösophagus (1) und Kardia (2) ist scharf gezogen.
Der Schnitt verläuft etwas schräg, sodass die tiefen Foveolae
der Kardia und auch die Kardiadrüsen quer oder schräg
getroffen sind. Mensch, Färbung: Azan, Vergr. 45-fach.

Abb. 10.43 Mukosa des Fundus. Das Oberflächenepithel


bedeckt die Oberfläche des gesamten Magens und kleidet die
Foveolae gastricae (1) aus. Die Foveolae nehmen 1/s- 1/, der
relativ dicken Schleimhaut ein. Die nur leicht geschlängelt
verlaufenden, zum Teil verzweigten Drüsen (2) besitzen
einen apikalen Abschnitt (Isthmus, Hals), einen Mittelteil
und einen in der Tiefe der Mukosa befindlichen Abschnitt.
Vor allem im Hals und in der Mitte der Drüsen fallen die
Abb. 10.42 Mukosa der Kardla. Die Mukosa ist relativ großen (hier blassen) azidophilen Belegzellen (..,.)auf, die
dünn. Die Foveolae gastricae (..,.) sind grübchenfönnige Salzsäure bilden. Das un tere Ende der Drüsen wird vorwie-
Einsenkungen des Oberfl.ächenepithels, sie nehmen in der gend von basophilen Hauptzellen (-+)eingenommen, die
Kardia etwa 1h der Schleimhaut ein. In der Tiefe der Foveo- eiweißspaltende Enzyme bilden. Zahlreiche endokrine
lae münden die Schleim bildenden Kardiadrüsen (-+ ). Einzelzellen des Drüsenepithels sind im H. E.-Präparat nicht
Magen, Mensch; Plastikschnitt; Färbung: H. E.; erkennbar. Magen, Mensch; Plastikschnitt Färbung: H. E.;
Vergr. 100-fach. (Aus [1)) Vergr. 100-fach. (Aus [1))
10.2 Rumpfdarm 317

Tab. 10.5 Kennzeichen de r Drüsenzellen in Korpus und Fundus.

Morphologie Sekret
Oberflächenepithel hochprismatisch Magenschleim (MUCSAC), bei 75"/o der Menschen
auch Antigendeterminanten des ABO-
Blutgruppensystems
Nebenzellen • schlank Muzine (v. a. MUC6), die relativ sauer sind,
• oft zwischen Belegzellen "eingezwängt'' Lysozym, HF-Peptid 2
Stammzellen • ähneln zum Teil Nebenzellen
• liegen vereinzelt im Drüsenhals
Belegzellen • groß, eosinophil HCl, Intrinsic-Faktor
• mitochondrienreich
• apikal schlauchförmige Einstülpungen
Hauptzellen • prismatisch Pepsinegene (Vorstufen von eiweißspaltenden
• basal reich entwickeltes raues ER (Basophilie) Enzymen), saure Lipasen
• apikal gelegene Sekretionsgranula
endokrine Zellen • basal gelegene Sekretionsgranula Peptidhormone, Serotonin, Histamin

Belegzellen (Parietalzellen) Belegzellen bilden die Salz-


säure. Sie sind große eosinophile Zellen der oberen und
Oberflächenschleim mittleren Zone der Magendrüsen (Abb. 10.44, Abb. 10.46,
Abb. 10.47). Im Präparat haben sie oft eine ovale oder
Foveola Oberflächenejlthel plwnp-pyramidenfonnige Gestalt, die Spitze zeigt zwn
gastrica
0 Drüsenlwnen, die konvexe Basis wölbt sich ins Binde-
0

gewebe vor. An ihrer epithelialen Oberfläche stülpt sich ein


feines anastomosierendcs Kanälchensystem ein (Sekretions-
kanälchen = Sekretkapillaren), das in alktiven Zellen von
Mikrovilli gesäwnt wird und gut mit dem enzymhisto-
chemischen Carboanhydrasenachweis sichtbar gemacht
werden kann. Das Zytoplasma ist dicht mit relativ großen
Mitochondrien angeftillt (Abb. 10.45, Abb. 10.47), alle an-
deren Organellen treten hinter ihnen zmück. Vereinzelt
finden sich Lysosomen, raue ER-Zisternen treten einzeln
oder in kleinen Gruppen im gesamten Zytoplasma auf, der
Golgi-Apparat ist relativ klein.
Unmittelbar tmter der apikalen Membran (insbesondere
der der Sekretionskanälchen) der Belegzellen kommt ein
System tubulärer membranbegrenzter Strukturen vor (Tu-
bulovesikel, tubuläres System). In aktiven Zellen sind die
Sekretionskanälchen weit und tief und ihre Membran bildet
viele lange Mikrovilli. Das tubuläre System ist in solchen
• • • • • • • ·Bel egzell e aktiv säuresezernierenden Zellen deutlich reduziert. In in-
aktiven Zellen ist es dagegen reich entwickelt. Dieser Reich-
tum korreliert mit nm wenigen und kurzen Mikrovilli an
der Membran der Sekretionskanälchen. Das tubuläre Sys-
tem ist ein Membr.mrcservesystem mit der H+-K+-ATPase,
das bei Bedarf in die apikale Membran eingebaut wird. Das
offene geschlossene
endokrine Zelle- ----endokrine Zelle

-- • Hauptzelle

Abb. 10.45 Belegzelle


Abb. 10.44 Magendrüse im Fundus (Schema). und Nebenzellen.
318 10 Verdauungsorgane

L
u
)
m
e
n
Na•

H20 + CÜ2 ~ H2C03 K+

K+

H+
HC03- HcÜ3-

Cl-

Abb. 10.48 Mechanismus der Protonensekretion durch


Belegzellen. AT = Anionentransporter, CA = Carboanhydrase.

Abb. 10.46 Beleg- und Hauptzellen in der tiefen Region


Diese Protonenptun pe spielt die wesentliche Rolle bei der
der Magenschleimhaut. Die Belegzellen (blassrosa, ~) besit-
Säureproduktion, für die die Mitochondrien die Energie
zen vereinzelt 2 Zellkerne; die Hauptzellen (~) haben ein liefern. Außerdem kommen hier ein Chloridkanalund auch
basales basophiles Zytoplasma und helle apikale Sekretions- ein Kaliumkanal vor. Pro sezerniertem H•-Ion gelangt ein
granula. Fundus, Rhesusaffe; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. c r -Ion ins Lm11en der Drüse. H• und er verbinden sich
dann zu Salzsäure. Pür jedes sezernierte H•-Ion verlässt ein
HC03--Ion basal die Zelle. Die Drüsenzellen der Magendrü-
Zytoskelett (v.a. Aktin) spielt beim Umbau des tubulären sen sind apikal gegen den schädlichen Einfluss der Salzsäure
Systems eine wichtige Rolle. geschützt (Glykokalyx, Schleim). Die Belegzellen stehen un-
Die apikale Membran und die Membran des tubulären ter dem Einfluss vielfaltiger fördernder und hemmender
Systems enthalten in sehr reichem Maße eine spezifische H•- Faktoren (Abb. 10.50).
K•-ATPase, eine Prot onenptunpe, die H•-Ionen (Protonen) Die Belegzellen sezernieren nicht nur Salzsäure, sondern
im Austausch gegen K•-Ionen und unter Hydrolyse von auch den Intrinsic-Faktor, ein Glykoprotein, das für die
ATP in das Ltunen der Magendrüsen befördert (Abb. 10.48). Resorption von Vitamin 8 12 erforderlich ist . Resorbiert wird

Tubulovesikel
intrazelluläre '
•'
Mikrovilli Sekretkapillaren •' Mitochondrien
'' ' ' ~

@ ',, "•
@@ @ Abb. 10.47 Belegzelle und benach-
@ @ barte Nebenzellen in einer Fundus-

\i>0 •
drüse (Schema). Sekretkapillaren sind
tiefe Einstülpungen der apikalen Zell-
membran. Aktive Sekretkapillaren
~ (links) enthalten viele Mikrovilli und
wenige Tubulovesikel, inaktive Sekret-
kapillaren (rechts) haben eine relativ
glatte Oberfläche und viele Tubulo-
vesikeL Tubulovesikel sind schlauch-
förmige Membranreservestrukturen.
Sie enthalten H•-K•-ATPase in ihrer
Membran und werden bei Zellstimula-
tion in die apikale Zellmembran einge-
baut. Es gibt eine basale HCl-Sekretion
Nebe'nzelle mit zirkadianem Rhythmus (Höhepunkt
nachts) und eine stimulierte Sekretion,

Basallamina vegetative z. B. unter dem Stimulus von Geruch
''
Belegzelle Nervenendigung und Geschmack.
10.2 Ru mpfdarm 319
allem der N. vagus (Acetylcholin), H istamin (aus den ECL-
Zcllen, wirkt über den H 2-Rezcptor der Belcg-(und Haupt-]
Zellen) und Gastrin (aus den endokrinen G-Zellen der Pylo-
rusdrüsen) beteiligt sind. Die 3 Mechanismen sind mit-
einander verknüpft, Acetylcholin tmd Histamin sind ins-
a besondere für die basale Sekretion verantwortlich. Einen
Abb. 10.49 Hauptzellen. hemmenden Einfluss auf die Säuresekretion hat vor allem
das Somatostatin aus den D-Zellen.

Vitamin B,2 im Endabschnitt des Tietuns mithilfe eines eige- Pars pylorica
nen Proteinrczcptors. Nach Magenoperationen muss Vit-
amin B12 injiziert werden, wn eine Anämie zu vermeiden. Die letzten 4-5 cm des Magens, die Pars pylorica, sind mit
einer Schlein1haut ausgekleidet, die durch tiefe Povcolae und
Hauptzellen Die HauptzeHen sind basophile Zellen im gewundene, verzweigte Schleimhautdrüsen gekennzeichnet
unteren Viertel oder Drittel der Magendrüsen (Abb. 10.46). ist. Die Drüsen bilden vor allem Schleime (Abb. 10.51). Die
Es sind typische seröse Drüsenzellen m it gut entwickeltem Zone der Fovcolae kann 2/s bis zur Hälfte der Schlein1haut
basalem rauem ER, großem supranukleärem Golgi-Apparat einnehmen. Außer Schleimen produzieren die kubischen bis
und apikalen Sekretionsgranula (Abb. 10.49). Das Produkt n iedrig prismatischen Drüsenzellen auch Proteine wie Pep-
der Hauptzellen sind eiweißspaltende Pepsine (Proteasen), sin tmd das an tibakterielle Lysozym. Th re Sckretionsgranula
die zunächst als inaktive Pepsinogene sezerniert werden, besitzen ein dichtes Zen trwn und eine locker strukturierte
und saure Lipasen. Acetylcholin, Gastrin und Histamin 2 Peripherie, was auch auf verschiedene Tnhaltsstoftc hin-
stimulieren die Hauptzellen, Somatostatin hemmt sie. Die deutet. Regehnäßig sind in der Schleimhaut Lymphfollikel
Pepsinogene werden im sauren Magenmilieu aktiviert. zu finden. Ein e wichtige endokrine Dr üsenzelle des Epithels
der Pars pylorica ist die G-Zelle, die das Gastr in prod u-
Endokrine Zellen In der gesamten Magenschleimhaut ziert, das an der Stim ulation der Belegzellen beteiligt ist
kommen recht zahlreich endokrine ZeHen vor. Diese Zellen (Abb. 10.50).
tmterscheiden sich auch morphologisch tmd b ilden im Ma-
gen verschiedene Hormone, z. B. Somatostatin, Serotonin, Merke Die innere Oberfläche des gesamten Magens wird
Histamin, Gastrin, pankreatisches Polypeptid tmd an dere von Schleim produzierendem Oberflächenepith el ge-
Peptide. bildet. Das gleiche Epithel kleidet die Magengrübchen
(Foveolae gastricae) aus. Die Tiefe der Magengrübchen
unterscheidet sich in Kardia, Korpus/Fundus tmd Pars
Magensaftsekretion pylorica. Sie beträgt in der Kardia gut •h. in Korpus/Fun-
Die Sekretion des Magensaftes wird sehr komplex gesteuert. dus •ls - •/4 und in der Pars pylorica •ls- •12 der Schleim-
Es gibt verschiedene stimulierende und hemmende Mecha- hautdicke. Alle Drüsen des Magens enthalten endokrine
nismen. Man unterscheidet bei der stim ulierten Sekretion Zellen und Stanunzcllen.
eine zephale, eine gastrische und eine intestinale Phase der Das Epithel der Kardiadrüsen ist aus Schleim bildenden
Magensaftsekrction. Von besonderem klinischem Interesse Zellen aufgebaut. In der Wand der Drüsen des Korpus/
ist die Steuerung der Säuresekretion (Abb. 10.50), an der vor Fundus kommen Nebenzellen (Schleimbildung), Beleg-

, Belegzelle
'

Histamin-
Gastrin- , ' H:z-Rezeptor
Rezeptor ··
Acetytcholin-
Rezeptor
N. vagus •• ~~~=~ ·-Histamin

Gastrin --
Somatostatin•
(aus [).Zelle)
O.Z.tle·· ECL.z.lle

gastrinfrel- / Abb. 10.51 Mukosa der Pars pylorica. Die tiefen Foveolae
setzendes post. postganglonärer
Peptid -synaptisches ehelinergar gastricae (1) nehmen ca. die Hälfte der Höhe der Mukosa
Neuron (muskarinischer) ein. Die geknäuelten, verzweigten tu bulösen Drüsen (2)
Nerv
N.vagus ·-E==~ bilden vor allem Schleime und enthalten viele endokrine
Zellen, darunter die Gastrin bildenden Zellen. In der Schleim-
Abb. 10.50 Steuerung der Säuresekretion. ECL = entero- haut der Pars pylorica treten relativ häufig Lymphfollikel (3)
chromaffinähnlich. auf. Magen, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 100-fach. (Aus (1])
3 20 10 Verdauungsorgane

zellen (Bildung von Sal:zsäure und Intrinsic-Faktor) und


Hauptzellen (Bildung von Pepsinogenen, Vorstufen von
im sauren Magenmilieu aktivierten eiweißspaltenden En-
zymen und von sauren Lipasen) vor. Die Drüsen der Pars
pylorica sind aus mukösen Epithelzellen aufgebaut, die
aber nicht nur Schleime, sondern auch Proteine wie Lyso-
zym un d Pepsin produzieren.

10.2.4 Dünndarm
Der Dünndarm ist beim Erwachsenen ca. 3-4m lang und
hat insbesondere die Funktion der Nährstoffverdauung und
-resorption. Diese Funktion wird wesentlich durch die Se-
krete von Pankreas und Leber unterstützt, die mit dem
D iinndarm über Gangsysteme vcrbtmden sind. Die Funk- Abb. 10.52 Wandschichten des Duodenums im Längs-
tion des Dünndarms wird durch das Nervensystem und eine schnitt. 1 Mukosa mit Zotten (außen) und Krypten (innen),
riesige Zahl verschiedener epithelialer endokriner Zellen 2 Submukosa, die auch den Kern der Kerckring-Falten (K)
unterstützt. Zählt man alle endokrinen Zellen des Dünn- bildet, 3 Muskularis mit Ring - (innen, auf dem Längsschnitt
darms zusammen, so ist er das größte endokrine Organ des quer getroffen) und Längsmuskulatur (außen, auf dem Schnitt
Körpers.
Der Dlinndarm wird in 3 nicht scharf voneinander ge-
längs geschnitten), 4 Serosa,*
Färbung: H. E.; Vergr. 15-fach.
Brunner-Drüsen. Mensch;

trennte Abschnitte gegliedert, die einen ähnlichen histolo-


gischen Aufbau besitzen:
• Duodenum (Zwölffingerdarm)
• Jejunnm (Leerdarm)
• IleLllll (Kmmmdarm). • Die Mikrovilli sind 1-1,4 flnl lang und vergrößern die
Oberfläche Lllll das 20- bis 35-Fache.
Wandaufbau Insgesamt ist die resorbierende Oberfläche des Diinndarms
Allen 3 Dünndarmabschnitten {Tab. 10.4) ist gemeinsam, ca. 100-200 m 2 groß. Alle Angaben ZLLr Länge des Dünn-
dass die Oberfläche ihrer M ukosa durch Falten (Plicae circu- darms und zu Zahlen der resorbierenden Oberfläche im le-
lares, Kerckring-Falten), Zotten (Villi) tmd Mikrovilli stark benden Organismus sind mit Unsicherheiten behaftet.
vergrößert ist. Ohne diese Strukturen wäre seine Oberfläche An der Bildung der Kerckring-Falten sind Submukosa
nur ca. 1 - 1,5 m 2 groß. und Mukosa beteiligt (Abb. 10.52). Die Zotten sind allein
• Die bis ca. 10 mm hohen Kerclaing-Falten vergrößern Bildungen der Mukosa (Abb. 1053). Die Mikrovilli sind
die Oberfläche um das Eineinhalb- bis Dreifache. winzige fingerartige Ausstülpungen der Apikalmembran der
• Die Zotten sind 0,5-1,5 mm lang und vergrößern die resorbierenden Dannzellen (Abb. 10.54).
Oberfläche wn das 6- bis 14-Fache.

Abb. 10.53 Mukosa ( 1)


und Submukosa (2) des Duo-
denums in höherer Vergröße-
rung. In der Submukosa sind
einige Brunner-Drüsen ange-
schnitten (3). Die Mukosa
besteht aus Zotten (Z) und
Krypten (K). Mensch, Färbung
H. E., Vergr. 25-fach.
10.2 Rumpfdarm 321

mit dem Bindegewebe in der Serosa in kontinuierlicher


Verbindung.

Serosa Der Dünndarm ist primär intraperitoneal gelegen


und besitzt daher eine Serosa mit Peritonealepithel. Ledig-
lich der größte Teil des Duodenums liegt sekundär retro-
peritoneal. Die Kollagenfasern der Serosa sind scheren-
gitterartig angeordnet, elastische Pasern sind zalhlreich; im
lleum fällt ein zugfester Lä ngsstreifen aus Kollagenfasern
auf, der der Längsdehnung Widerstand entgegensetzt.

Zotten
Aufbau
Die Zotten (Abb. 10.53, Abb. 10.55) sind ca. 0,5-1 mm hohe
und 0,15 mm dicke finger-, zungen- oder blattförmige Ge-
bilde, die von einem einschichtigen prismatischen Ober-
flächenepithel bedeckt sind. Dieses ist kontinuierlich mit
dem einschichtigen prismatischen Epithel verblmden, das
die Krypten auskleidet. An den Spitzen der Zotten findet
sich die Extrusionszone, eine schmale Purche, in deren Be-
reich die Epithelzellen am Ende ih res Lebenszyklus abge-
Abb. 10.54 Mlkrov1lll in einer EM-Aufnahme. Der Bürsten- stoßen werden. Die Lamina propria besteh t aus lockerem
saum der Darmepithelzellen (Enterozyten) besteht aus ein- Bindegewebe, in das eingebettet sind:
zelnen gleichartig geformten Mikrovilli (1), die die apikale • kleine Blutgefäße (Abtransport resorbierter Aminosäuren
resorbierende Zelloberfläche enorm vergrößern. Die Membran und Kohlenhydrate) und Lymphgefäße (Abtransport re-
*).
der Mikrovilli trägt eine gut entwickelte Glykokalyx ( sorbierter Fette),
Der Glykokalyx lagert sich Schleim aus den Becherzellen an, • glatte Muskelzellen (verlaufen parallel zur Längsachse
sodass die Mikrovilli insgesamt von einer glykoprotein- und der Zotten und können die Zotten verkürzen, "Zotten-
muzinreichen Schicht bedeckt werden, die viel Wasser bin- pumpe"),
det. Im Innern der Mikrovilli parallel ausgerichtete Aktin- • freie Zellen (vor allem Makrophagen, Plasmazellen, Eo-
fi lamente (.,. ), die in das terminale Netz (2) einstrahlen. sinophile, Lymphozyten und Mastzellen). Diese Zellen
Jejunum, Mensch; Vergr. 5800-fach . beteiligen sich an der Abwehr von pathogenen Mikro-
organismen, die mit der Nahrung in den Darm gelangt
sind. Die Plasmazellen bilden sekretorisches IgA.

Mukosa Die Schleimhaut des Dünndarms bildet Z otten Zottengefäße


und Krypten aus. Die Zotten sind ins Dannlwn en hinein- Im Zentn un oder am Rande der Zotte steigen 1 oder 2 Arte-
ragende Ausstülpungen der Mukosa, die Krypten sind tu- riolen zur Zottenspitze auf. In der Zottenspitze entsteht ein
buläre Einsenkungen der Mukosa (Abb. 10.53, Abb. 10.55). Kapillarnetz mit fencstriertem Endothel, das sich lmter dem
Die Zotten sind von einschich tigem prismatischem resor- Zottenepithel ausbreitet (Abb. 10.55, Abb. 10.56) lmd das
bierendem Epithel bedeckt, die Krypten sind von einschich- im Zentnun der Zotten in eine zentrale abführende Vene
tigem prismatischem, zum Teil drüsigem Epithel ausge- übergeht. Es gib t Varianten mi t 2 abführenden Venen. Sub-
kleidet. Die Lamina propria ist a uHerordentlich reich an epitheliale Lymphkapillaren sammeln sich in einem zentra-
Abwehrzellen und en thält Blut- und Lymphkapillaren, die len Lymphgefäß (Chylusgefäß).
die resorbierte Nahrungaufneh men. Die M uscularis muco-
sae besteht aus einer liberwiegend zirkulär angeordneten Oberflächenepithel de r Zotten
Innenschicht und einer lockeren, vorwiegend längs ausge- Das ca. 20 - 25 111n hohe Oberflächenepithel der Zotten
rich teten Außenschicht (Abb. 10.57) besteht aus reso rbierenden Saumzellen, Be-
cherzellen lmd endokrinen (entcroendokrinen) Zellen.
Submukosa Das Bindegewebe der Subm ukosa enthält
scherengitterartig angeordnete Kollagenfasern, die Verlän- Enterozyten Die Enterozyten (= resorbierende Sawn-
gerung und Erweiterung des Darmrohrs möglich machen. zellen) sind prismatisch (Höhe 20 - 25 IJ.m, Dicke 7-8 ~un)
Die Submukosa ist besonders reich an Blut- und Lymph- lmd d urch ihren apikalen Bürstensalml gekennzeichnet. Sie
gefäßen. *
besitzen einen in den lmteren der Zelle gelegenen läng-
lich-ovalen Kern. Basal kommen u.a. raues ER lmd Mito-
Muskularis Die Muskularis besteh t, wie generell im Ver- chondrien vor. Oberhalb des Kerns befinden sich der Golgi-
dauungstrakt, aus innerer Ring- und äußerer Längsmuskel- Apparat, Lysosomen, Mitochondrien und nebeneinander
schicht Die Längsmuskulatur ist schwächer als die Ring- raues und glattes ER (Abb. 10.58}. Im Zellapex ist ein hori-
muskulatur. Die Ringmuskulatur ist nicht homogen zontales terminales Netz ausgespannt, das seitlich insbe-
aufgebaut, sondern besteht aus flachen Ringen, die sich sondere in der Zonula adhaerens befestigt ist. Unterhalb
dachziegelartig überlappen und durch Bindegewebe ge- des terminalen Netzes kommen Vesikel, tub uläre Struk-
trennt sind. Das Bindegewebe der Muskularis steht mit dem turen und vermehrt glatte ER-Schläuche vor. Oberhalb des
Scherengitter der Kollagenfasern in der Submukosa und Netzes treten nur noch einzeln vesikuläre Strukturen auf.
3 22 10 Verdauungsorgane

Becher--- -
zelle
subepitheliales--
Kapillarnetz

L__-~-
,
-----glatte
Muskelzelle

---Lymphozyt

- --- Eosinophiler

0
® G -- -- -- Mastzelle

__. . ..... -------"'"" --Mitose

• Abb. 10.55 Dünndarmzotten (Schema).
Sie en thalten Blut- und Lymphgefaße
Zotten-
' •'
(links dargestellt), glatte Muskelzellen,
arterie :
• Fibrozyten und freie Bindegewebszellen
MuscUaris mucosae
(rechts). In den Krypten liegen die Stamm-
vene
zellen des Zottenepithels (Mitosen!).

Die Apikalmembran der Enterozyten bildet einen Bürs-


tensawn aus dicht stehenden gleichartigen Mikrovilli aus
(Abb. 1054, Abb. 2.15). Pro Zelle kommen ca. 3000 Mikro-
villi vor, die die resorbierende Oberfläche der Zelle um das a
ca. 20-35- Fache vergrößern. Ein Mikroviiins ist im Durch- Abb. 10.56 Blutgefäße in
schnitt 1 -1,4 J.l!TI lang und ca. 0,1 1-1m dick. Er besitzt zentral den Zotten der Dünndarm-
ein Bündel aus ca. 20 - 30 Aktinfilamenten.Diese sind einer- schleimhaut.
seits in der Spitze verankert, strahlen andererseits basal in
das Zytoplasma ein und sind hier im terminalen Netz ver-
ankert. Im Mikrovillus sind die Aktinfilamente durch die
Proteine Firnbrin und Villin quer vernetzt und an der seit- sodass auf der Oberfläche eine konstante wässrige Schicht
lichen Zellmembran durch Proteinbrücken aus einem Cal- (.,layer of unstirred water") aufgebaut wird, die bei allen Re-
modulin-Bi.irstcnsaum-Myosin-1-Komplex befestigt. Das sorptionsvorgängen passiertwerden muss.
terminale Netz besteht aus transversal ausgerichteten fila-
mentärcn Makromolekillen (insbesondere Spektrin, Myosin Resorptionsleistungen der Enterozyten Die resorbie-
II und Zytokeratinen). Das Vorkommen von Aktin ist auf renden Epithelzellen des gesamten Darms transportieren
die unmittelbar an die Zonula adhaerens angrenzende Re- täglich 7- 8 1Fliissigkeit aus dem Darmlumen in den Kör-
gion beschränkt, in der auch Myosin II vorkommt. per. Die Flüssigkeit setzt sich aus Getränken und Speisen
Der Membran der Mikrovilli ist vor allem apikal eine (1 - 21) und den Flüssigkeiten aus Speichel, Magen, Galle,
0,3-0,5 lllll hohe Glykokalyx angelagert. Diese besteht im Pankreas und Dünndann (6 - 71) zusammen. Das meiste
Prinzip aus Glykoproteinen und Glykolipiden und schützt Wasser (ca. 80%) wird in Jejunwn und Tleum, ein kleinerer
den Bürstensaw11. Sie enthält aber auch einzelne Enzyme Teil (ca. 20%) im Dickdann resorbiert. Wasser folgt ent-
wie Peptidasen, alkalische Phosphatasen, ATPasen und Di- weder einem osmotischen Gradienten, der von Na~-K+­
saccharidasen. Der Glykokalyx lagern sich Schleime der Be- ATPasen in derbasolateralen Zellmembran aufgebaut wird,
cherzellen an. Beide binden erhebliche Mengen an Wasser, durch die Tight Tunetions hindurch oder wird durch Aqua-
10.2 Rumpfdarm 3 23

c
Abb. 10.58 Resorbierende
Saumzellen.

kommen hydrophile, MUC 2 enthaltende Schleimgranu1a


vor, die bei der präparativen Gewebeverarbeitung Wasser
aufnehmen. Die Basis der Zellen erscheint schmaiLmd ent-
hält den oft relativ dichten Zellkern (Abb. 2.48). Der Schleim
wird kontinuierlich mittels Exozytose freigesetzt. Sein Volu-
men expandiert enorm durch Wasseraufnahme und bildet
eine gelähnliche Schicht auf der Glykokalyx der Mikrovilli.

Endokrine Zellen Im Darmepithel kommen zahllose


endokrine Einzelzellen vor, die in verschiedenen Typen
auftreten und verschiedene Peptidhormone synthetisieren
(Kap. 11.8.1). Sie befinden sich meist in den Krypten und
an der Basis der Zotten (Abb. 11.35). Die enteroendokrioen
Zellen können entweder als etwas abgeflachte Zellen basal
zwischen den anderen Darmzellen Hegen, ohn e die Epithel-
oberfläche zu erreichen (geschlossener Typ), oder sie sind
Abb. 10.57 Zottenepithel. 1 resorbierende Epithelzellen;
schlanke Zellen, die mit einem schmalen Apex die Epithel-
2 Becherzelle; ~ Bürstensaum; lill> Kerne apoptotischer
oberfläche erreichen (offener Typ, Abb. 11.36). Die sekreto-
Epithelzellen; 3 Lamina propria u. a. mit Makrophagen,
rischen Granu1a sind elektronendicht, Ltnd ihr Inhalt wird
Mastzellen und Lymphozyten. Jejunum, Rhesusaffe; Plastik-
basal per Exozytose freigesetzt. Der Zellapex der offenen
schnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach.
endokrinen Zellen hat wahrscheinlich sensorische Funk-
tion. Folgende Pcptide sind in diesen Zellen u. a. nachge-
wiesen: Cholccystokinin, Sekretin, Somatostatin, GIP, Gast-
porine, die in den Mikrovilli Ltnd der basolateralen Zell- rin sowie das biogene Amin Serotonin. Die Wirkung dieser
membran vorkommen, hindurchtransportiert. Niillmoffe Peptidhormone ist meist auf Magen, Dann, Pankreas und
werden von den Enterozyten des Dünndanns spezifisch re- Gallenwege beschränkt.
sorbiert:
• In Symport-Carriern (transportieren in der Membran der Bürstenzellen Ein seltener Zelltyp des Magens, Dünn-
Mikrovilli 2 verschiedene Moleki.Ue in die gleiche Rich- darms Ltnd Dickdarms sind die Bürstenzellen. Sie besitzen
tLmg) wird der nach innen gerichtete Natriwntransport lange, kräftige Mikrovilli, deren Aktinfilamentbündel weit
mit der Resorption von Glucose, Galactose, Aminosäu- ins Zytoplasma hineinziehen. Thre Funktion ist nicht sicher
ren, Phosphat, Vitaminen und anderen Stoffen gekoppelt bekannt (Sinneszellen?).
(Abb. 10.59). CaldLun tritt passiv in die Enterozyten ein
Ltnd wird von einem Caldumbindungsprotein durch sie Lymphozyten Zwischen den Epithelzellen finden sich re-
hindurchtransportiert. Die Caldum-ATPase oder ein gelmäßig verschiedenartige Lymphozyten. Die Zahl dieser
Natriwn-Calcium -Antlport schleust im weiteren Verlauf Zellen nimmt bei manchen Darmkrankheiten zu (z. B. glu-
Caldum dmch diebasolaterale Zellmembran. tensensitive Enteropathie). Die Lymphozyten dienen der
• Aus den Triglyceriden (Triacylglycerinen) entstehen im Abwehr.
DarmiLuneo durch die Pettverdammg freie Fettsäuren
Ltnd Monoglyzcride. Diese 2 Komponenten bilden im
Krypten
Danuhuneo gemeinsam mit Gallensalzen, Cholesterin,
Phospholipiden und apolaren Lipiden (danmter fettlös- Außer den Zotten bildet die Schleimhaut des Dünndanns
lichen Vitaminen) sog. Mizellen (Abb. 10.60). auch Krypten (Lieberkühn-Krypten, Abb. 10.55). Dabei
handelt es sich LLm schlauchförmige, kurze, 100-250 I1Jil
Vom DarrniLUUen her können hydrophobe Substanzen in tiefe drüsenähnliche StruktLLren, die bis ZLLr Muscu1aris
die Enterozyten eindringen und sie schädigen. In der apika- mucosae ziehen und auch als Gll. intestinales bezeichnet
len Membran besitzen die Enterozyten ATP-verbrauchende werden. In der Tiefe der Krypten liegen in kleinen Gruppen
ExportpLUUpen, die solche unerwünschten Stoffe wieder aus spezifische sekretorische Zellen, die Paneth-Kömerzellen
der Zelle herausbefördern. Ein Beispiel ist das "mu1ti-drug- (bcnarmt nach Josef Paneth, 1857- 1890, Mediziner, Wien),
resistance-l-protein" (MDR-1-Protcin). deren Sckrctionsgranu1a im H. E.-Priiparat stark eosinophil
sind (Abb. 10.62). Sie spielen eine Rolle bei der Bekämpfung
Becherzellen Die Becherzellen sind Schleim bildende Zel- pathogener intestinaler Mikroorganismen. In den Paneth-
len, die einzeln zwischen den Enterozyten zu finden sind Zellen sind immunhistochemisch z. B. Defensine (Crypti-
(Abb.IO.S7, Abb. I0.58, Abb. 10.61). Im fixierten Präparat dine) Ltnd Lysozym nachgewiesen worden. Sie sind auch
sind die oberen % der Zellen artifiziell angeschwollen. Hier relativ reich an Lysosomen und können phagozytotisch ak-
3 24 10 Verdauungsorgane

Endopeptidasen: - - - , Disaccharide
Elastase (lactlse, Saccharose)
Chymotrypsin •• ~ StArke
Trypsin \ <I L• «Xa xJ tJ/ .. ,__ ___,
a:ICIIZICII:d::a~- Exopeptidasen.: I . ~~ ~
Oligopeptide - ----

Carboxypeptidasen
AundB
, - - Amino- und Dipeptidasen '
••
Galactose
Glucose'•,
C.X:X::X::C0 _. •• -- OUgosaccharide

,~:
~""· ...
• ----
r
Oligo- und
Disaccharidasen
Frucbse
' ' '
'~ n/1. <v
Na.) l ~ 0 0
V ymv ·,

Arnino-
::--• :::1::.1
siluren-'
lnniport-
lysleme b
a
Abb. 10.59 Verdauung und Resorption von Proteinen und Kohlenhydr.~ten. a: Proteinverdauung und -resorption. Protein
ist in der Nahrung in Form von Polypeptiden vorhanden. Die Proteinverdauung beginnt mit dem Pepsin im Magen und wi rd im
Dünndarm durch pankreatische Peptidasen ( eiweißspaltende Enzyme) fortgesetzt. Unter den Peptidasen werden Endo- und
Exopeptidasen unterschieden. Es entstehen Oligopeptide, die durch Bürstensaumenzyme, Aminopeptidasen, Dipeptidasen und
Oligopeptidasen weiter zerlegt werden. Die entstehenden Aminosäuren, aber auch Di- und Tripeptide, werden mit verschiede-
nen Carrierproteinen im Symport mit Na• (Aminosäuren) und W (Di- und Tripeptide) in die Zelle transportiert. Tripeptide wer-
den intrazellulär weiter abgebaut. Verschiedene Transportsysteme exportieren die Aminosäuren, die dan n ins Blut übertreten.
b: Resorption von Kohlenhydraten. Stärke, Glucose, Saccharose, Lactose und Maltose sind die wichtigsten Kohlenhydrate der
Nahrung. Stärke besteht aus Amylose, einem Glucosepolymer, und Amylopectin, einem hochmolekularen pftanzlichen Poly-
saccharid. Saccharose (• Sucrose) ist ein Glucose-Fructose-Disaccharid, Maltose ein Glucosedimer, Lactose ist ein Disaccharid
aus Glucose und Galactose. Der Stärkeabbau beginnt mit der ...-Amylase im Speichel und wird durch die Pankreasamylase fort-
gesetzt. Andere Zucker werden von Oligosaccharidasen (Sucrase, Laktase, lsomaltase) im Bürstensaum der Enterozyten gespal-
ten. Glucose wird aktiv im Symport mit Na' mithilfe des SGLT 1 (Natrium-Glucose-Transporter 1) resorbiert, Galactose benutzt
den gleichen Carrier und konkurriert um ihn mit Glucose. Fructose wird durch das Transportprotein GLUT-5 in die Enterozyten
transportiert. GLUT-2 schafft die Monosaccharide wieder aus der Zelle heraus, sodass sie ins Blut übertreten können.

tiv sein. Das ganze Spektrum ihrer physiologischen Punktio- (Abb. 10.62) und unreife Epithclzcllen. Die meisten endo-
nen ist noch unbekannt. Sie gehen nach gut 20 Tagen per krinen Drüsenzellen verbleiben in den Krypten. Die meisten
Apoptose zugrunde und werden wahrscheinlich von Nach- neu gebildeten Epithelzellen wandern aber auf der Basal-
barzcllen phagozytiert. lamina aus den Krypten auf die Zotten und hier bis zur
Zottenspitze. Über den "Moto r" der Zellbewegung ist noch
nicht viel bekannt. Vermutlich spielen tmterschiedliche Ak-
Epithelregeneration tivitätsphascn von Intcgrincn und auch tmterschiedliche
Das Zottenepithel erneuert sich in 3 - 5 Tagen komplett. En- Laminine eine Rolle. Die ntittels Apoptose absterbenden
terozyten, Becherzellen, Paneth-Zcllen tmd auch die min- Zellen (Abb. 1057) werden an den Zottenspitzen ausgesto-
destens 15 endokrinen Zelltypen regenerieren sich im Kryp- ßen, ohne dass Lücken im Epithel auftreten. Vermutlich
tenepithel aus multipotenten Stammzcllen. Die teilen sich wird auch ein Teil der apoptotischen Zellen von Makropha-
ztmächst langsam und bilden dann Vorläuferzcllen, die sich gen der Zottenspitze abgebaut.
rasch (alle 2 Stunden) teilen. Oie Neubildung der intesti-
nalen Epithelzellen ist unter dem Einfluss verschiedener
Signalwege (z.B. BWnt, Notch und EpH) sehr differenziert,
Duodenum
z.B. wandern Enterozyten und Becherzellen rasch zur Zot- Charakteristika Das Duodenum ist der erste, ca. 15 cm
tenspitze und gehen hier nach 3- 5 Tagen zugrunde, wohin- lange Abschnitt des Diinndarms. Er hat die höchsten und
gegen die Paneth-Zcllen ganz in die Tiefe der Krypten wan- am dichtesten stehenden Kerckring-Paltcn (sie fehlen aber
dern und hier erst nach ca. 20 Tagen ersetzt werden. Man in den ersten 3-4 an dieses Darmabschnitts), und auch die
findet daher in den Krypten regelmäßig Mitosefiguren besonders dicht stehenden Zotten sind hier am höchsten
10.2 Rumpfdarm 325
i--------- ----,
: Darmlumen :
·- - - - - - - - - - - - - J

-- • ~. Mizellen

Abb. 10.60 Verdauung und Resorp- Fettsäuren 1.11d-' •


tion der Lipide. Triglyzeride (- Tria- Monoglyzeride
cylglycerine) werden durch Lipasen
zu Fettsäuren und Monoglyzeriden
( = Monoacylglycerinen) abgebaut. Die
Pankreaslipase benötigt für ihre Wirk- fetlsäuren- - - - - ---'-I-
samkeit eine Co-Lipase. Gallensalze bindendes junktlonaler
sind für die Fettresorption essenzieLL Prolein •• Komplex
glattes ER--- -- • • • Zonula oa:ludens,
Sie fördern die Emulgierung und bilden Zonula adhaerens,
mit den Fettsäuren, Monoglyceriden, •• • Desmosom
Cholesterin und fettlöslichen Vitami-
nen Mizellen. Diese durchqueren die - - • - - Golgi-Apparat
wässrige Schicht auf der Epithelober- Interzellulär- -
fläche und sind in der Lage, in unmit- spalt
telbaren Kontakt mit den Mikrovilli der • ' ·: > Chylomikronen
_.
Enterozyten zu treten. Von diesen auf-
genommen, werden sie an ein zytosoli-
--
sches Protein gebunden und ins glatte
ER transportiert. Hier werden Fettsäu- Entsrozyt- ------
ren und Monoglyzeride wieder zu Tri-
glyzeriden verestert. Auch Cholesterin
wird verestert. Triglyzeride, Choleste-
rinester, Phospholipide und Apopro-
teine werden zu Chylomikronen zusam-
mengebaut. die die Zelle verlassen und •

in Lymphgefäße übertreten. Lymphgefäß im Zentrum einer Dannzot1e

• ' ., •\
~'·
'. 5'
\

' •
Abb. 10.61 Dünndarmzotten im Querschnitt Die PAS-
Färbung stellt den supranu kleären Schleim (~) in den
' ' '
Abb. 10.62 Dünndarmkrypten (1). Kryptenlumen; *
2 Paneth-Körnerzellen (mit supranukteären rot gefarbten
"'

Becherzellen sowie den SchLeimfilm auf der Oberfläche des Granula; 3 Becherzellen; ~ Mitosefigur, 4 Lamina propria
Darmepithels (1) rotviolett dar. 2 Zentrum der Zotten; mit vielen freien Zellen; ... Plasmazelle (Radspeichenkem);
3 Darmlumen. Duodenum, Mensch; Vergr. 250-fach. 5 Muscularis mucosae. Jejunum, Mensch; Plastikschnitt
Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach.
3 26 10 Verdauungsorga ne

. --
Abb. 10.63 Brunner-Drüsen (*) in der Submukosa des
Duodenums. 1 Krypten der Mukosa; 2 Muscularis mucosae;
3 Tunica muscularis. Rhesusaffe; Färbung: H. E.;
Vergr. 150-fach.

(Abb. 10.53). Falten und Zotten nehmen dann an Menge Abb. 10.64 Mukosa des Jejunu rns. Die Schleimhaut bildet
und Höhe kontinuierlich in Richtung Jejunum/Ileum ab. finger- oder blattförmige Zotten (1) aus, die in das Darm-
Gegenläufig werden die Krypten vom Duodenum zum Lumen vorspringen, und ist außerdem durch tubuläre Krypten
Ileum tiefer. Die Schleimhaut ist eine typische Dünndarm- (2) gekennzeichnet Das Zottenepithel besteht aus resorbie-
schleimhaut. Endokrine Zellen sind besonders zahlreich. renden Saumzellen (Enterozyten) und Becherzellen. In der
Tiefe des Kryptenepithels kommen Paneth-Kömerzellen (rote
Brunner- Drüsen Die Brunner-Drüsen sind ein spezi- apikale Gran ula) vor. Im lockeren Bindegewebe der Lamina
fisches Kennzeichen des Duodenums des Menschen. Die propria sind zahlreiche freie Zellen, glatte Muskelzellen und
Drüsen liegen in der Submukosa und bilden kleine Pakete verschiedene Gefäßanschnitte zu unterscheiden. Mensch;
ohne typischen Ausführungsgang. Sie crstrecken sich bis Färbung: H. E.; Vergr. 110-fach.
zur Flcxura duodenojejunalis und fehlen in den folgenden
Dünndannabschnitten. Sie bestehen aus gewundenen tmd
verzweigten Tubuli, deren Wand aus einem einschichtigen
kubischen bis prismatischen sekretorischen Epithel auf- Jejunum
gebaut ist (Abb. 10.63). Die im H.E.-Präparat hellen Drü-
Das Jejtmum (Abb. 10.64) ist der längste Dünndarmab-
senepithelzellen bilden ein alkalisches bicarbonat- und
schnitt und leistet den wesentlichen Anteil bei der Resorp-
schleirnhaltiges Sekret, das den sauren Magensaft neutra-
tion der Nahnmgsbestandteile. Brunner-Drüsen tmd Peyer-
lisiert tmd die Duodenumschleimhaut schützt. Zellhöhe,
Zellstruktur tmd Kernmorphologie varüeren in Abhängig- Plaques fehlen. In der Mukosa finden sich aber regelmäßig
lymphatische EinzelfollikeL Zwischen Jcjtmum tmd Ileum
keit vom jeweiligen Ftmktionszustand: In hohen sekret-
besteht eine lange Übergangszone ohne scharfe Grenze.
reichen Zellen sind z. B. die Kerne abgeflacht (Abb. 3.1.33),
während sie in Zellen, die wenig Sekret enthalten, eher flach
oval oder kugelig sind. Die Feinstruktur unterscheidet sich Ileum, Peyer-Plaques
deutlich von der der Becherzellen. Das raue ER ist umfang-
reich. Der Golgi-Apparat ist ausgedehnt, tmd die Sekret- Charakteristika Das Ileum ist der terminale Diinndarm-
granula sind von mittlerer Dichte. Als weiteres Sekret bil- abschnitt. Es enthält speziell in seinen Endabschnitten nur
den sie einen Wachstumsfaktor. Dieser erfüllt ollensichtlich noch wenige tmd niedrige Kerckring-Falten und relativ
eine ganze Reihe von Punktionen und beeinflusst u.a. kurze und locker angeordnete Zotten. Sein besonderes
wahrscheinlich die Proliferationsrate in den Lieberkühn- Kennzeichen sind die Pcyer-Plaques.
Krypten.
Peyer-Plaques Peyer-Plaques (Peyer-Platten, Folliculi
lymphatici aggrcgati, Abb. 10.65) sind 2-5 (bis 20) cm
lange tmd ca. 1 cm breite Erhebungen der Schleimhaut, die
10.2 Rumpfdarm 3 27

3 •

~ 1
2

j
a b
Abb. 10.65 Ileum, Längsschnitt mit Folliculi aggregati in einer Peyer-Plaque (in der Mukosa). a: Niedrige Vergrößerung mit
mehreren lymphfollikeln (1) und parafollikulärem lymphatischem Gewebe (2), beide nehmen weite Bereiche der Lamina prop-
ria ein. 3 normale Dünndarmzotten; -+ abgeflachte Zotten mit Follikeln und kuppelförmig vorgewölbtem Gewebe der Lamina
propria (Dom); 4 Tela submucosa; 5 Tunica muscularis. Schwein; Vergr. 25-fach. b: Stärkere Vergrößerung von Domepithel (1)
und subepithelialem Gewebe der Laminapropria im Dombereich (2). Im Domepithel sind die Epithelzellen (-+), darunter
viele M-Zellen, am blassen länglichen Kern gut von den zahlreichen intraepithelialen Lymphozyten zu unterscheiden, die in
Taschen der M-Zellen sitzen und einen rundlichen dunklen Kern( .... ) besitzen. Schwein; Färbung: H. E.; Vergr. 460-fach.

Abb. 10.66 Domareal und


Lymphfollikel in höherer
Vergrößerung. 1 Lymphfolli-
kel; 2 abwehrzellenreiches
Gewebe der Lamina propria
oberhalb des Follikels (Dom);
3 Domepithel (2 und 3 bil-
den zusammen das Dom-
areal). -+ intraepitheliale
Lymphozyten, die sich in
Taschen von M-Zellen befin-
den. Becherzellen sind im
Domepithel über dem Dom-
gewebe selten. 4 normale
Darmzotten. Ileum, Mensch;
Färbung: H. E.;
Vergr. 250-fach.

in reichem Maße lymphatisches Gewebe enthalten (s. a. reicht nur selten bis in die Submukosa. Die Muscularis
Kap. 6). In der Kindheit ist die Zahl der Plaques deutlich mucosae ist hier stark aufgelockert, und Krypten sind selten.
größer (ca. 300) als im Erwachsenenalter (ca. 40). Sie liegen Eine Plaque besteht aus ca. 300 zusammengelagerten ("ag-
gegenüber der Ansatzstelle des Mesenterimns. Das lympha- gregierten") Lymphfollikeln (B-Zcll-Rcgionen) und para-
tische Gewebe der Peyer-Plaques liegt in der Mukosa und follikulären Zonen (I-Zell-Regionen) (Kap. 6.3.2). Der Teil
3 28 10 Verdauu ngsorga ne
des Pollikelrandwalls, der zum Darmlumen zeigt, ist ver- Kindern: Zöliakie) z. B. ist die Resorption aller Nahrungs-
dickt (Kappe). Oberhalb eines Follikels wölbt sich lympho- bestandteile gestört. Die Ursache dieser Krankheit ist nicht
zytenreiches Gewebe der Laminapropria kuppelförmigvor, bekannt, aber genetische ttnd immtmologische Faktoren
der sog. Dom (Abb. 10.66), das vom Darmepithel, hier sowie Unverträglichkeit von Nahrungsbestandteilen sind
Domepithel genannt, boocckt wird. Im Domepithel kom- wichtig. Die Dünndarmschleimhaut reagiert abnorm auf
men M-Zellen (Abb. 10.6Sb, Abb. 6.42) vor, Becherzellen Gliadin, die alkoh ollösliche Prc!ktion des Proteins Gluten,
hier hingegen kaum. Dom und Domepithel lassen sich als das in Weizen, Gerste, Reis und in geringerem Maß auch in
Domareal zusammenfassen. Die M-Zellen nehmen über ei- Hafer vorkommt. Es findet sich u. a. eine Rückbildung der
nen vesikulären Transport Antigene aus dem Darmlumen DünndarJUZOtten. Symptome sind sehr vielgestaltig und mit
auf und schleusen sie durch die Zellen hindurch. Die Ent- der Malabsorption von Nährstoffen korreliert, z.B. Diar-
wicklung dieser Zellen geht wahrscheinlich auf Interleu- rhö (Durchfall), Steatorrhö (Fettstuhl), Gewichtsverlust, An-
kine der B-Lymphozyten zurück. In großen basolateralen ämie und Knochenschmerzen bzw. b ei Kindern Wachstums-
Taschen enthalten sieB- und I -Lymphozyten (Abb. 6.44). störungen (Vitamin-D-Mangel!).
Unter dem Domepithel kommen neben vielen B- und I- Weltweit fallen jährlich ca. 5 Millionen Menschen, über-
Lymphozyten antigenpräsentierende dendritische Zellen wiegend Kinder, infektiösen Darmerkrankungen mit Diar-
und Makrophagen vor. Selten treten - meist kleinere- Pey- rhö zum Opfer. Etwa 1 Milliarde Menschen erkranken jähr-
er-Plaques auch im Jejunum und sogar im Duodenrun auf. lich an solchen Krankheiten, die von Salmonellen, Vibrio
cholerae, E. coli, Shigellen, Entamoeba, Giardia u. a. ver-
Merke Der Dün ndarm gliedert sich in 3 Abschnitte: ursacht werden. Das Choleratoxin, das von Vibrio cholerae
Duodenum, Jejun um und Ileum. Alle Abschnitte besitzen gebildet wird, stimuliert nach Bindung an die Membran der
eine Schleimhaut mit Zotten und Krypten. Die Zotten Mikrovilli der Enterozyten anhaltend die Adenylatcyclase im
sind von einschichtigem prismatischem Epithel bedeckt. Zytoplasma, WelS ztun Anstieg des zyklischen AMP (cAMP)
In diesem Epithel kommen resorbierende Zellen mit ei- in den Dannepithelzellen rührt. cAMP fördert die Chlorid-
nem Bürstensaum und Schleim bildende Becherzellen sekretion und mindert die Natriumresorption, was zu massi-
vor. In den Krypten findet die Epithclerneuenmg statt. vem ( ttnbehandelt oft tödlichem) Flüssigkeitsverlust führen
Außerdem befinden sich hier Paneth-Zellen, die antimik- kann.
robielle Substanzen bilden. Bei der bakteriellen Nahrungsmittelvergiftung verur-
Duodenum: hufeisenförmiges Anfangsstück des Dünn- sachen bakterielle Toxine in den Nahmngsmittcln übelkeit,
darms, nur ca. 15 cm lang; hohe Kerckring-Palten, dichter Erbrechen, DtLrchfall, Abdominalkrämpfe u. a. Enterotoxl-
Besatz mit Darmzotten, Brurmer-Drüsen in der Sub- ne von Staphylococcus aureus können in 1- 6 Stunden ent-
mukosa; gemeinsame Einmiindung von Gallen- tmd Pan- sprechende Symptome venLrsachen, die dann meist weniger
kreasgang. als 12 Stunden andauern. Staphylococws-aureus-Vergiftun-
Jejunum: Hauptabschnitt des Dünndarms; keine Bnm- gen können vor allem in Gemeinschaftski.ichen, Restaurants
ner-Drüsen; anfänglich hohe Kerckring-Palten und dicht usw. auftreten. Ursachen sind oft durch Personal kontami-
stehende Darmzotten; ab der Mitte des Jejunwns werden nierte Kartoffel- oder Eiersalate, Mayonnaise u. v. a.
die Kerckring-Falten langsam niedriger, und die Zotten
stehen etwas lockerer; verei nzcl t solitäre lymphatische 10.2.5 Dickdarm
Follikel.
Ileum: distaler Teil des Dünndarms; Kerckring-Falten, Hauptfttnktionen des Dickdarms (Kolon) sind die Weiter-
niedrig und durch weite Abstände getrennt; Zotten relativ leittmg des eingedickten Darminhalts (Faeces) ttnd dessen
niedrig tmd locker angeordnet; Peyer-Plaques: in der zeitweise Speicherung sowie die Resorption von NaCl ttnd
Schleimhaut gelegene große Aggregate von Lymphfol- '~Nasser. Kalitllll kann sezerniert ttnd rcabsorbiert werden.
likcln gegen über dem Mesenterialansatz. Der größte Teil des Wassers im Darmlumen (ca 7 - 81) wird
schon im Dünndarm resorbiert. Im Dickdarm selbst wird
täglich ca. 11 Wasser rcabsorbiert. Die Resorption von Na+
Klinik Von den vielen Krankheitsbildern des Dünndarms ttnd die Sekretion von K+ werden von Aldosteron kontrol-
seien die Folgenden kttrZ dargestellt: liert. Die Wciterleittmg der Pacces wird durch Absondenmg
Bei 6 -15~ der westlichen Bevölkerung entsteht im Bul- einer dicken Schleimschicht auf der Oberfläche der Mukosa
btts duodeni ein schmerzhafter blutender Gewebedefekt, der erleichtert.
bis in die Subktunosa reicht: ein Ulcus duodeni. Es kann Der ca 0,8 -1 m lange Dickdarm besitzt folgende Ab-
multipel auftreten ttnd rezidiviert oft. Der Defekt ist meist schnitte:
kleiner als 1 cm und meist scharf begrenzt. Die Ursache ist • Zäkwn mit Appendix vermiformis
nicht immer definitiv zu klären, joooch gibt es Korrelatio- • Kolon (mit Colon ascendens, Colon Iransversrun und
nen zur Existenz des Magenbakteritlllls Helicobacter pylor~ Colon descendens)
zu verminderter Bicarbonatsekretion, zu erhöhter Säure- • Sigma (Colon sigmoidetllll)
bildung bei Tag ttnd bei Nacht (die Zahl der Belegzellen • Rekttllll
soll auf ca. das Doppelte erhöht sein [von ca. 1 Milliarde auf • Analkanal.
ca. 1,9 Milliarden)), zu erhöhter Gastrinbildung, zu Medi-
kamenteneinnahme (vor allem von nichtsteroidalen Ent-
zündungshemmern) und zu weiteren Parametern.
Wandaufbau des Dickdanns
Es gibt eine Reihe von Krankheiten, bei denen die Resorp- Im gesamten Dickdarm kommen auf der Mukosa keine Zot-
tion (englisch: absorption) eines oder mehrerer Nahrungs- ten vor. An der relativ glatten Oberfläche der Schleimhaut
bestandteile gestört ist (Malabsorptionssyndrome). Beim münden dicht gestellte, tiefe tubuläre Krypten (Drüsen), die
Krankheitsbild der glutensensitiven Euterapathie (bei bis zur Muscttlaris mucosae hinabziehen (Abb. 10.67). Das
10.2 Rumpfdarm 329

c
Abb. 10.68 Nachweis
saurer Muzine.

c
Abb. 10.69 Epithel einer
Abb. 10.67 Schleimhaut des Kolons. Im Kolon fehlen Kolonkrypte.
Zotten, die Schleimhaut enthält nur einfache tubulöse
Drüsen (Krypten, 1) mit zahlreichen Becherzellen und mito-
chondrienreichen (Flüssigkeitsresorption) Enterozyten. Die
keine abbauenden Enzyme besitzt. Sie sind außerdem in der
Krypten sind vielfach tangential angeschnitten, sodass ihr
Lage, Vitamin K zu bilden. Pro ml Stuhl kommen 1011 -1012
Lumen nur teilweise zu sehen ist. 2 Muscularis mucosae.
Bakterien vor.
Mensch; Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach.
(Aus (1])
Klinik Zu den häufigen Darmkrankheiten zählt das Syn-
drom des irritablen Kolons, das vor allem dttrch Leib-
schmerzen und veränderte Stuhlgewohnheiten (Ver-
Oberflächen- und Kryptenepithel enthält hochprismatische stopftmg, Durchfcille oder abwechselnd Verstopftmg tmd
resorbierende Zellen tmd viele Becherzellen. Die Becher- Durchfälle, Abgang von Schleimen) gekennzeichnet ist. Da
zellen sind in den Krypten besonders zahlreich, im Ober- keine morphologischen, biochemischen oder infektiösen
flächenepithel dagegen deutlich seltener (Abb. 10.68). Die Ursachen zu finden sind, werden die Schmerzen und Be-
resorbierenden Zellen tragen viele recht lange Mikrovilli schwerden als funktionell bezeichnet. Es scheint eine ge-
und sind auffallend mitochondrienreich (Abb. 10.69). Ihre störte motorische und sensorische Punktion vorzuliegen.
wesentliche Funktion ist die Rcabsorption von Wasser. Kolonkarzinome gehören zu den häufigen bösartigen
Durch diese Eigenschaft können in den Dickdarm einge- Tumoren des Menschen und treten meist nach dem 50. Le-
brachtes Wasser und über Suppositorien applizierte Medi- bensjahr auf. Es gibt offensichtlich genetische und ernäh-
kamente von der Schleimhaut des Rektums reabsorbiert rungsbedingte Ursachen.
werden. Die resorbierenden Epithelzellen besitzen apikal Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch rezidivierende ent-
kleine sekretorische Granula, die Muzine enthalten. Im ziindliche Krankheit der Schleimhaut des Kolons. Sie be-
Kryptenepithel sind auch viele enteroendokrine Zellen zu ginnt meist im Rektum und breitet sich evtl. kontinuierlich
finden; Paneth-Zcllen fehlen. Die Lamina propria enthält in die oral gelegenen Kolonabschnitte aus. Typische Sym-
zahlreiche Makrophagen, Plasmazellen, Eosinophile, Lym- ptome sind blutig-schleimige Durchfalle. Auch außerhalb
phozyten und Mastzellen (die Eosinophilen sind bei Wurm- des Danns können Entziindungen auftreten, z.B. in Gelen-
erkrankungen stark vermehrt). Zellerneuerung findet in der ken, in den Gallenwegen oder an den Augen. Nach langjähri-
Tiefe der Krypten statt (Abb. 2.83). gem Verlaufkann sich, bedingt durch die chronische Ent-
In der Submukosa sind rcgelmäBig Pettzellen zu finden. ziindung der Kolonschleimhaut, ein Kolonkarzinom ent-
Die Muskularis besitzt eine kräftige geschlossene Ringmus- wickeln. Die Ursache der Erkrankung ist nicht bekannt, aber
kulatur, wohingegen die Längsmuskulatur drei kräftige Bün- genetische, immtmologische tmd Umweltfaktoren spielen
del (Tänien) bildet. Zwischen den Tänien ist die Längsmus- eine Rolle.
kulatur nur schwach oder gar nicht ausgebildet. Im Colon Nicht selten sind verschiedene Divertikelbildungen. Eine
transversum besitzt diese Muskulatur einen Schrittmacher. häufige Form der Divertikel im Kolon besteht aus Aussa-
Typische Strukturen des Kolons sind quergestellte Falten ckungen der Mukosa durch die Muskularis, die sich entzün-
(Plicae semilunares, können verstreichen), die halbkreis- den können (Divertikulitis).
fOrmig in das Darmlumen vorspringen und an deren Bil-
dung sich die Muskularis beteiligt. Die Ausbuchttmgen
Appendix vermiformis
zwischen 2 Palten heißen Haustren. Es können auch transi-
torisch Falten auftreten, an deren Bildung sich nur Mukosa Die Appendix vennifonnis (Wurmfortsatz) ist Anhang des
und Submukosa beteiligen. In der Serosa können größere Zäklllns und somit Teil des Dickdarms. Der Schleimhaut
Mengen an Fettzellen auftreten, die säckchenförmige Aus- fehlen Zotten. In der Schleimhaut ist in reichem Maße lym-
stülpungen bilden (App endices epiploicae). phatisches Gewebe mit Lyrnphfollikeln und parafollikulärem
Der eingedickte Speisebrei des Kolons enthält eine phy- Gewebe eingelagert (Abb. 10.70). Die Krypten der Schleim-
siologische, zumeist anaerobe bakterielle Dannflora (Bac- haut sind im Bereich der Lymphfollikcl oft verdrängt. Auch
teroides, Bi.fidus), auf deren Tätigkeit Fäulnis, Gärung und die Muscularis mucosae fehlt abschnittsweise. Im Oberflä-
Gasbildtmg im Lwnen des Dickdanns zurückgehen. Die chen- und Kryptenepithel kommen Becherzellen und mikro-
Bakterien können Cellulose abbauen, für die der Mensch villibesetzte resorbierende Zellen sowie auch M -Zellen vor.
330 10 Verdauu ngsorgane

Analkanal
Im Analkanal (Canalis analis) geht die Kolonschleimhaut
des Rektums in die Epidermis der Haut über (Abb. 10.71,
Abb. 10.72). Es lassen sich von proximal nach distal mehre-
re Epithelzonen unterscheiden, deren Bezeichnungen aber
nicht einheitlich gehandhabt werden:
• Zona colorectalliJ: Die kolarektale Zone enthält Kolon-
schleimhaut mit recht kurzen und unregelmäßig struktu-
rierten Krypten. Sie endet mit der Linea supratransitiona-
lis, die die Grenze ZLLT folgenden Zone markiert.
• Zona transitionalis (=proximale Übergangszone): Hier
kommen in variabler Anordmmg verschiedene Epithel-
typen vor (einschichtig prismatisch, zweischichtig pris-
matisch u. ä.). Hier finden sich typische längs verlaufende
Schleimhautwülste, die Columnae anales (s.u.). Der dis-
tale Rand dieser Zone bildet die Linea dentata (= Linea
pectinata).
• Zona squamosa (= distale Übergangszone = Zona alba):
wird von unverhorntem Plattenepithel bedeckt. Diese
Zone ist besonders reich sensibel innerviert.
• Zone der Analliaut (= Zona cutanea): Diese Zona besitzt
stark pigmentiertes, verhorntes PlattenepitheL Hier kom-
men apokrine Duftdrüsen, ekkrine Schweißdrüsen und
nach ca. 1 crn auch Haare vor. Die Grenze ZLLT vorherge-
henden Zone ist durch die (unscharfe) Linea anocutanea
gekennzeichnet.

Columnae anales Die Zona transitionalis bildet bis zu


10 längs verlaufende, 1 an lange Wülste (Columnae anales)
aus, in denen sich arteriell versorgte Gefäßknäuel befinden.
Diese Zone heißt auch (innere) Zona haemorrboidalis. Die
Basis zweier benachbarter Columnae ist durch eine quer-
gestellte, leicht bogenf6rmige Palte, eine Valvula semi-
Abb. 10.70 Appendix vermiformis. In der Mukosa zahl- hmaris (= Valvula analis) verbunden. Hinter der Valvula
reiche Lymphfoltike~ bestehend aus Keimzentren mit dunkler befindet sich eine Vertiefung, ein Analsinus. In diese Ver-
(1) und heller (2) Zone sowie Lymphozytenrandwa ll (3); tiefLmg mfmden meist rückgebildete schlauchf6rmige Epi-
4 Lumen; 5 Krypten; 6 Submukosa; 7 Muskularis. Mensch; thelgänge, die Analdrüsen (Proktodealdrilsen). Diese Epi-
Färbung: H. E.; Vergr. 25-fach. thelg'ange erreichen die glatte Muskulatur des M. sphincter
ani internus, selten den quergestreiften M. sphincter ani
externus. Das Epithel dieser Drüsen ist sehr variabel, bildet
Im Lumen können öfter Speisereste, Granulozyten (bei Ent- oft kleine Zysten und kann sogar Becherzellen enthalten.
zündungen) und auch Nematoden (Enterobius) vorkommen. Basal im Epithel kommen Myoepithelzcllen vor. In ilirer
In der Muskularis sind eine geschlossene Ring- und eine ge- UmgebLmg lagern oft vermehrt Lymphozyten. Diese Drii-
schlossene Längsmuskelschicht ausgebildet. senstrukttLTen sind sehr wahrscheinlich ein phylogeneti-
sches Relikt aktiver Drüsen. Sie sind an der Entstehung von
Klinik Häufigstes Krankheitsbild der Appendix vermifor- Analfisteln beteiligt. Im gesamten Analkanal tritt oft lym-
mis ist die akute Appendizitis, die relativ oft im 2. und phatisches Gewebe auf, das in das Epithel einwandern und
3. Lebensjahrzehnt auftritt. Interessant ist, dass diese Krank- Follikel sowie parafollikuläre Formationen aufbauen kann
heit in unterentwickelten Ländern (besonders in Afrika) (Abb. 10.73).
und unteren sozioökonomischen Gruppen relativ selten ist.
Die akute Appendi7.itis ist meistens mit einer Ulzeration der Gefäße der analen Schleimhaut Die längs verlaufenden
Schleimhaut und oft mit einem Verschluss des Lumens Columnae anales enthalten Gefäßknäuel (Glomeruli rec-
verbunden. Die unmittelbare Ursache der Ulzeration bleibt tales, Abb. 10.74), die von kleinen Ästen anorektaler Arte-
meistens unbekannt. Vermutet wird, dass dabei vor allem rien gespeist werden und insgesamt das Corpus cavemo-
Yersinien (oder andere Bakterien), aber auch Viren eine sum ani ("recti") bilden. Es kann stark mit Blut gefiillt
Rolle spielen. Das Lun1en der Appendix kann durch Kot- werden und spielt somit eine wesentliche Rolle beim Ver-
konkremente, Würmer (z.B. Enterobius) oder Tumoren schluss des Darmausgangs. Bei übcnnäßiger Blutstauung
verschlossen werden. Durch den Verschluss des Lmnens entstehen hier (innere) H ämorrhoiden, aus denen es hellrot
steigt bei vermehrter Schleimbildung der intraluminale bluten kann (arterielles Blut). Staut sich Blut in einem wei-
Druck, Ltnd es kommt zu Stauung und Schädigung der Blut- ter distal gelegenen VenengeOecht, spricht man von äuße-
gefäße in der Wand der Appendix. Schließlich sterben Ge- ren Hämorrhoiden (Abb. 10.71).
webeteile der Wand der Appendix ab, was Perforation und
Peritonitis zur Folge hat.
10.2 Rumpfdarm 331
Rektumschleimhaut
, Ringmuskulatur
, '
,,
0

krypten ,-------~ -- --Längsmuskulatur


:_~!~~ :
Musculus
,-Ievator ani
........

Analdrüse
(Proktodealdrüse)
,'
,•'
,,
).~·
.---

Abb. 10.71 Anatomie des Anal- Unea


anocutanea- -- -
kanals (Schema). Spezielle Epithel- Musculus
abschnitte sind vergrößert herausge- --- corrugator ani
zeichnet Die in der Tiefe der Analsinus verhorntes
entspringenden analen Drüsen werden Platten-
epithel -----Muswlus
auch Proktodealdrüsen genannt und sphincter ani
sind individuell unterschiedlich ausge- extemus
bildet. Von ihnen können schmerzhafte
Analfisteln ausgehen. An der linea
anocutanea geht das unverhornte in apokrine anale-'
das verhornte Plattenepithel über. Der Drüsen
M. corrugator ani geht aus der glatten
Längsmuskulatur des Rektums hervor. Venenplexus'
Er steht auch mit dem M. Ievator ani in
Beziehung. Das Corpus cavernosum recti
bildet insgesamt einen Schwellkörper.

c
Abb. 10.72 Analkanal.

Klinik Der Analkanal ist Sitz vieler Krankheiten. Beispiels- Merke Die Schleimhaut des Dickdarms bildet keine Zot-
weise kann er vorfallen (analer Prolaps), die Kontinenz ten, sondern nur dicht stehende tubuläre Einsenkungen,
kann gestört sein, es gibt Abszesse, Pistein tmd Fissuren. Die die Krypten. Das Epithel der Oberfläche und der Krypten
Columnae anales enthalten die beschriebenen arteriell ge- besteht aus Schleim bildenden Becherzellen, resorbieren-
speisten Gefäßknäuel, die innerhalb des Schließmuskels lie- den Zellen (resorbieren Wasser und andere Stoffe) und
gen und der Peinregulierung für den Analverschluss dienen. endokrinen Zellen. Die Lamina propria ist besonders
Unter einem Hämorrhoidalleiden werden vergrößerte oder reich an freien Zellen, z. B. Plasmazellen, Lymphozyten,
tiefer getretene Colwnnae anales verstanden, die Beschwer- Makrophagen und Eosinophilen. Die Muskularis besteht
den verursachen. Ursachen sind meist ein zu hoher Druck aus einer kräftigen Ringmuskulatur und drei Bündeln
im Analkanal tmd/oder Bindegewebsschwächen im Alter. (Tänien) von Längsmuskulatur.
Begünstigend wirken eine sitzende Lebensweise, Adipositas
oder starkes Pressen. Es kommt zu hellroten Blutauflagerun-
gen oder stärkeren Bluttmgen bei der Defäkation, auch ztun
Jucken oder Nässen und in schweren Fällen zum Analpro-
laps.
33 2 10 Verdauungsorgane

Abb. 10.73 Lymphatisches Gewebe im Analkanal. Über-


gang der Rektumschleimhaut mit becherzellreichen Krypten
(1) zur Zona transitionaUs mit anfangs mehrschichtigem
prismatischem bzw. kubischem Epithel (2). Oieses geht dann
seinerseits in mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel
(3) über. 4 Lymphozytenansammlung (ein Teil der Lympho-
zyten dringt ins Epithel ein). Rhesusaffe; Färbung: H. E.;
Vergr. 250-fach.

c
Abb. 10.74 Columnae
anales.

10.3 Leber und Gallenwege


_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Entscheidend wichtig ftir das Verständnis des Aufbaus Gallekanälchen, abgegeben, die ein durch Zellkontakte
und der Funktionen der Leber sind die genaue Kenntnis abgedichtetes extrazelluläres Lückensystem zwischen den
ihrer Gefaßarchitektur und des mikroskopisch-anatomi- Apices benachbarter Leberepithel7.cllen sind.
schen Aufbaus ihrer Baueinheiten, der Zentralvenenläpp- Die Sinusaidewerden von e.inem Endo thel mit offenen
chen. Dort, wo - im Schema - 3 Leberläppchen aneinan- Poren Lmd ohne Basallamina begrenzt. Auf diesem Endo-
dergrenzcn, findet sich im Präparat ein auch diagnostisch thelliegen die Kupffer-Zcllen, Makrophagen, die u. a. alte
kennzeichnendes Feld mit 1) einem Ast der Leberarterie Erythrozyten abbauen. Zwischen Endothel und Hepato-
(A. interlobularis), 2) einem Ast der Pfortader (V. inter- zyten befindet sich ein schmaler Bindegewebsraum, der
lobularis), 3) einem Ast der intrahepatischen Gallenwege Disse-Raum. lm Disse-Raum befinden sich locker verteilt
(Ductus interlobularis) und ein Lymphgefai~. 1-3 sind retikuläre Pasern und spezielle Fibrozyten, die hepatischen
die Glisson-Trias. Aus den Zentralvenen gehen über Zwi- Sternzellen. Diese Zellen können in verschiedenen Funk-
schenstufen die Lebervenen hervor. tionsformen erscheinen: als Zellen, die Vitamin-A-reich
Die Zentralvenenläppchen bestehen aus im Prinzip sind und Pett speichern (lto-Zellen), oder als Zellen, die
radiär angeordneten Platten aus Leberepithelzellen (= He- vorwiegend Bindegewebsmatrix bilden. Der Disse-Raum
patozyten), die miteinander anastomosieren können. ist auch der Urspmngsort der Leberlymphe.
Zwischen diesen Epithelplatten verlanfen, ebenfalls radiär Die intrahepatischen Gallenwege gehen an der Leber-
und miteinander anastomosierend, weitlumige Kapillaren pforte in die extrahepatischen Gallenwege über, die
(= Sinusoide), die Mischblutvon der Peripherie zum Zent- schließlich über die Papilla duodeni major in das Duo-
rum des Läppchens führen und hier in die Zentralvene denlliU miinden. Zlllll System der extrahepatischen Gal-
einmünden. lenwege gehört auch die Gallenblase, in der Galle gespei-
Die Leberepithelzellen sind organellreich Lmd erftillen chert Lmd eingedickt wird. Die Wand der Gallenblase
zahlreiche wesentliche Funktionen im Stoffwechsel. Sie besteht aus:
bilden die Galle, ein exokrin abgegebenes Sekret, das die • einschichtigem prismatischem Epithel, das der Galle
Gallensäuren ftir die Fettresorption enthält. Ober die Galle Wasser entzieht und in die Galle Muzine abgibt
werden auch viele toxische Substanzen oder Endprodukte • einer Lamina propria
des Stoffivecbsels ausgeschieden. Innerhalb des Läppchens • einer T nnica muscularis
wird die Galle in ein feines Netzwerk aus Kanälchen, die • einer Serosa (oder, in der Pars affixa, einer Adventitia)
10.3 Leber und Gallenwege 333

10.3.1 Leber arterie (A. hepatica propria, bringt sauerstoffreiches Blut,


ca. 20- 30 ~ des Blutes, das in die Leber fließt) und das
Funktionen Die Leber clitl'erenziert sich in der Embryo- nährstoftreiche Blut der Leberpfortader (V. portae, enthält
nalentwicklung aus der prin1itiven Dannwand. Sie ist bei ca. 70-80~ des Blutes, das in die Leber fließt). Die Pfort-
urspriinglichen Wirbeltieren im Wesentlichen eine große ader sammelt das abfließende Blut aus den unpaaren Orga-
exokrine Darmdrüse, die aber auch von Anfang an ener- nen der Bauchhöhle und führt es in die Leber. Hier spaltet
giereiche Verbindungen speiche.r t (Lebertran aus der Leber sich die Pfortader in Zweige und schließlich in ein einzig-
mancher Fische). Bei Säugetieren tmd beim Menschen be- artiges Kapillarsystem auf, in das auch das Blut der Leber-
hält sie den Charakter einer exokrinen Drüse - sie sezer- arterie hineinfließt. Die Leber ist ftir viele in1 Darm resor-
niert ein Sekret (die Galle) und hat einen Ausftihrungsgang bierte Stoffe eine Art Filter- und Kontrollstation. Sie karm
(den Gallengang). Es sind jedoch zahllose weitere Funktio- dem Pfortaderblut auch energiereiche Stoffe wie Glucose
nen hinzugekommen, die Leber ist das zentrale Stoffwech- entziehen und speichern. Mit dem Blut können aber auch
selorgan des Körpers. Sie ist ca. l-1,5 kg schwer und wird resorbierte toxische Substanzen vor allem aus dem Darm in
von einer dünnen, aber festen Kapsel (Glisson-Kapsel) um- die Leber gelangen, was zu sekundären Erkranktmgen der
hüllt, die außen ein Peritonealepithel bedeckt. Leber führen kann. Sie wird oft ztun Absiedelungsorgan flir
Wichtige Ftmktionen der Leber sind: Tmnormetastasen. Venöses Blut wird aus der Leber über
• Produktion der Galle die Lebervenen abgeführt.
• Aufrechterhaltung des Stoffwechselgleichgewichts
• Speichenmgvon Glykogen Merke Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan. Zu
• Entgifttmgs- tmd Ausscheid ungsfunktio n iliren Funktionen zählen u. a. Gallebildung, Entgiftung
• Produktion von lebensnotwendigen Substanzen, z.B. und Ausscheidtmg von endo- und exogenen toxischen
die Bildtmg von Albumin, Globulinen, Fib rinogen, Pro- Substanzen, Bildttng von Proteinen und Lipoproteinen
thrombin, Lipoproteinen, Gl ucose des Blutplasmas, Speichenmg ttnd Preisetztmg von Glu-
• Sekretion von lgA in die Galle und damit auch in den cose. Die Leber wird von der Leberpfortader tmd der
Dünndarm A. hepatica propria mit Blut versorgt.
• endokrine Funktionen, z. B. Bildtmg von Wachstmns-
faktoren.
Bauplan, Baueinheiten
Die Leber spielt eine sehr große Rolle in der klinischen Me-
dizin. Ztun Verständnis von Lebererkranktmgen sind mak- Die Leber (Abb. 10.76, Abb. 10.77) kann in verschiedene
roskopisch- und mikroskopisch-anatomische, ultrastruktu- Baueinheiten eingeteilt werden. Neben der Eintciltmg in
relle und zellbiologische Kenntnisse erforderlich. Zentralvenenläppchen gibt es 2 weitere Gliederungsmög-
lichkeiten (Abb. 10.78a):
Gefäßversorgung Besonders wichtig ist die doppelte Ver- • Leberazintts
sorgung der Leber mit Blut (Abb. 10.75) durch die Leber- • Portalvenenläppchen.

• V. cava lnfarior

Zentralvenenläppchen

V. centralis

Sinusoid. •• - Sinusoid
Ductus Ductus
lnterlobularls ·- • • lnter1obularis
A. inter1obularis --
- V. lntertobularis
V. inter1obularis -.
'
'' A. lntertobularls

Pfortader
Ductus cysticus --

Pankreasgang
Abb. 10.75 Leber, Gefäßversorgung und ••
Gallenwege (Schema). Aus didaktischen
Gründen sind die Strukturen der Leberpforte
(Pfortader, A. hepatica propria und extrahe-
patische Gallengänge) räumlich voneinander
getrennt gezeichnet.
334 10 Verdauungsorgane

Zentralvenenläppchen
Die 3 Gliederungsmöglichkeiten schließen sich nicht aus, Aufbau Die Leber enthält ca. 1- 1,5 Millionen Zenttal-
sondern ergänzen sich, speziell in fLmktioneller Hinsicht. In venenläppchen (= klassische Leberläppchen, Abb. 10.76,
diesem Text wird das Zentralvenenläppchen zugrunde ge- Abb. I0.78a). Ein Läppchen ist ein 0,7-2 mm großer, et-
legt, weil aus morphologischer Sicht besonders gut damit was länglicher Körper mit wenig zugespitzten Enden -bei
ge-arbeitet werden kann. allerdings insgesamt variabler Gestalt. Die Läppchen sind
eng ineinander verschachtelt und beim Menschen nur

Gallengänge

Pfortaderäste

Leberzellplatten

Gallengänge

Leberarterienäste ,
PfCX'Iademst
Pfcxtaderäste

Abb. 10.76 Leber des Menschen, zeichnerische Darstellung. Die Gliederung in Zentralvenenläppchen ist hier deutlicher
dargestellt als oft im histologischen Präparat erkennbar. Generell handelt es sich um etwa sechseckige, eng aneinandergren-
zende Baueinheiten. Diese bestehen aus radiär auf ein zentral gelegenes Gefäß (V. centralis) zustrebenden Platten von Leber-
zellen und den zwischen ihnen verlaufenden sinusoiden Blutkapillaren (Sinusoiden). In den bindegewebigen Zwickeln (den
periportalen Feldern) zwischen den Läppchen finden sich regelmäßig die Anschnitte von Ästen der V. portae (Vv. interlobula-
res), der A. hepatica propria (Aa. interlobulares), der kleinen Gallengänge (Ductuli interlobulares) sowie eines Lymphgefäßes.
Arterie, Vene und Gallengang bilden die ,.Glissen-Trias". Färbung: H. E.; Vergr. 70-fach. (Aus [1])
10.3 Leber und Gallenwege 335
unvollständig durch Bindegewebe voneinander getrennt Vaskuläre Elemente In dem Zwickel, in dem 3 Leber-
(Abb. 10.76), im Gegensatz zu den Läppchen der Schwei- läppchen aneinandergrenzen, ist ein sog. Periportalfeld
neleber (Abb. 10.77). In den histologischen Präparaten sind (Abb. 10.76, Abb. 10.78b, Abb. 10.79) ausgebildet. In die-
die Läppchen unterschiedlich angeschnitten, im Schema sem finden sich Anschnitte der Endverzweigungen der
sind sie sechseckig (Abb. 10.78a). Leberarterie und der Pfortader (A. interlobularis Lmd V. in-
terlobularis, Abb. 10.75). Außerdem kommen im Peripor-
Bestandteile Wesentliche Bestandteile des Zentralvenen- talfeld Anschnitte durch kleine Gallengänge und Lymph-
läppchens sind: gefäße vor. Die beiden Blutgefäße versorgen benachbarte
• Leberepithelzellen (Parenchym) Leberläppchen, indem sie beide vom Periportalfeld aus
• vaskuläre Elemente Seitenäste in den schmalen Raum zwischen 2 aneinander-
• Bindegewebe grenzende Läppchen abgeben (Abb. 10.78b). Von den Sei-
• Gallenkanälchen. tenästen der Blutgefäße gehen zahlreiche terminale Zweige
rechtwinklig ab und treten in ein Läppchen ein (Abb.
Im Läppchen gibt es keine Lymphgefäße, aber der Ursprung 10.78b). Diese Endverzweigungen der Pfortader und der
der Leberlymphe liegt im Disse-Ra um. Leberarterie verschmelzen schon in der Peripherie der
Läppchen, sodass das Läppchen von Mischblut durch-
Parenchym Das klassische Leberläppchen enthält radiär strömt wird, dessen Sauerstoftgehalt in der Läppchen-
angeordnete Platten aus Leberepithelzellen (Hepatozyten), peripherie höher ist als im Läppchenzentrum. In den Läpp-
die die spezifischen Leberfunktionen erfüllen und somit das chen flieHt das Blut in weitlwnigen Kapillaren (Sinusoiden),
Leberparenchym repräsentieren (Abb. 10.78b). Die Platten die im Prinzip radiär und parallel zu den Leberzellbalken
sind eine Zellschicht dick, anastomosieren und bauen kom- auf die im Zentmm liegende Zentralvene zulaufen (Abb.
plexe dreidimensionale Gebilde auf. Jeder Hepatozyt grenzt 10.76, Abb. 10.78b). Die Zentralvene ist morphologisch ein
mit 2 Seiten an die Sinusaide (weitlumige Blutkapillaren), wichtiges, leicht zu erkennendes Merkmal der klassischen
sodass Sinusaide und Leberzellplatten parallel verlaufen. Leberläppchen (Zcntralvenenläppchen). Aus der Zentral-
Über Poren in den Platten können benachbarte Sinusaide vene flicHt das BI ut letztlich zu den 2 oder 3 Lebervenen
kommunizieren. Aus didaktischen Gründen, vor allem, um und in die Lmtere Hohlvene.
die Gallenkanälchen und den Gallefluss einsichtig darzu-
stellen, werden die Leberzellplatten mitunter als doppelte Bindegewebe Das Bindegewebe bildet beim Menschen
Zellreihe gezeichnet. Am Rande eines Läppchens bilden die eine sehr zarte und über weite Strecken unvollständige oder
Hepatozyten eine geschlossene Zellschicht (Grenzplatte = fehlende Begrenzung der Läppchen, ist aber in den Peri-
Lamina hepatica limitans, mit einer Basallarnina), durch die portalfeldem gut ausgebildet. Spärliche Bindegewebsfasern
die zahlreichen Blutgefäße in das Läppchen eindringen. (retikuläre Fasern, v.a. Typ·III· Kollagen) finden sich in
dem schmalen Bindegewebsraum zwischen Leberzellen
und Sinusaiden (Disse-Raum, Abb. 10.78c, Abb.10.80). Im
Perlportalfeld dominiert Kollagen vom Typ I.

Gallengänge Das Gallengangsystem entspringt im Läpp-


chen und leitet die Galle von zentral nach peripher. Die
Galle flieHt also - der Richtung des Bluts entgegengesetzt -
aus dem Läppchen heraus. In den Läppchen bilden die Gal-
lenwege feine Kanälchen (Gallenkanälchen, Gallenkapilla-
ren, Gallcncanaliculi) zwischen den Leberzellen (Abb. 10.81,
Abb. 10.82). Es sind besonders ausgestaltete feine Interzel-
lulärlückcn, die kein eigenes Epithel besitzen (Abb. 10.83).
Die Gallenkanälchen erhalten erst in der äufkrsten Peri-
pherie der Läppchen ein eigenes Uachcs Epithel (Hering-
Kanäle, Abb. 10.78b) Lmd werden dann rasch zu kleinen
interlobulären Gallcng'.!ngen mit kubischem Epithel, wie sie
in den Periportalfcldcrn zu sehen sind (Abb. 10.79). Die
Gallenkanälchen bilden ein komplexes, vielfach miteinan-
der vernetztes, zum Teil zickzackförmig verlaufendes Sys-
tem zwischen den Leberzellen. Die Hering-Kanäle sind oft
nur schwer zu erkennen, an ihrem Aufbau können sich Lm-
mittelbar arn Rande der Läppchen zum Teil sogar Leber-
epithelzellen beteiligen. In ihrem zum Teil abgeflachten
Epithel kommen Stammzellen vor, die beim Ersatz von Le-
berzellen behilllich sind.

Abb. 10.77 Leber des Schweins, Übersichtsvergrößerung.


Merke Baueinheiten der Leber sind die ca. 1 -2 mm gro-
Die einzelnen Zentralvenenläppchen (1) sind durch hier
ßen Zentralvenenläppchen. Im Läppchen finden sich ra-
rot gefärbtes kollagenes Bindegewebe klar gegeneinander
abgegrenzt * Periportalfelder; -+ Zentralvene, die aus
diär auf die Zentralvene zulaufende epitheliale Leberzell-
platten, zwischen denen weitlurnige Kapillaren (Sinusoide)
2 kurzen Zuflüssen entstehen kann. Färbung: van Gieson;
Blut von der Läppchenperipherie zur Zentralvene leiten.
Vergr. 25-fach.
336 10 Verdauungsorgane

Zentralvenen- pe riportales Gallenkanälchen - -, ·- ·Sinusold


Zentralvene läp~hen Feld

• • •••
Blut- Gallen- Leberazinus Portalvenen-
a fluss ftuss mit 3 Zonen läppchen b
••

Hering-Kanälchen Leberzellbalken

Aktin-Myosin- • Desmosom Abb. 10. 78 Funktionell wichtige Regionen der


FllaJ'tlente Leber (Schema). a: Unterschiedliche Möglichkeiten der
,•'
,., '
'' Gliederung des Lebergewebes in morphologische und
funktionelle Baueinheiten. Im Zentrum des Zentral-
venenläppchens verläuft die Zentralvene. Im Zentrum
des Portalvenenläppchens liegt ein periportales Feld mit
Glissen-Trias (Betonung der exokrinen Drüsenfunktion
[Gallenproduktion] der Leber). Die zentrale Achse eines
Leberazinus wird von Seitenzweigen der Blutgefäße im
periportalen Feld gebildet; Seitenäste der in dieser
Achse verlaufenden Zweige dringen in die Leberläpp-
chen ein, es entstehen 3 Zonen unterschiedlich guter
0 2-Versorgung; Zone 1 erhält am meisten, Zone 3 am
wenigsten 02• b: Mikroskopische Anatomie eines Perl-
portalteldes und eines Ausschnittes eines Leberläpp-
chens (Schema). Am Rande des Läppchens fließen
sauerstoffreiches Blut der Arterie und sauerstoffarmes,
aber nährstoffreiches Blut der Pfortader zusammen.
Die Anfangsabschnitte der Gallengänge am Läppchen-
rand heißen Hering-Kanälchen. c: Hepatozyten (Leber-
hepa~,--- ~----.. epithelzellen, mit Blut- und Gallepol) mit Wand eines
•• Sternzell§ • • Sinusoids, Disse-Raum und Gallenkanälchen. Dem in-
D

:: tensiven Austausch zwischen Hepatozyten und Blut-
strom entsprechen morphologische Anpassungen: Dem
Endothel und den Hepatozyten fehlt eine Basallamina,
die basale Zellmembran der Hepatozyten bildet Mikro-
Pore '
Elidothel villi, die Endothelporen sind nicht durch Diaphragmen
verschlossen, der Disse-Raum enthält nur wenige reti-
kuläre Kollagenfibrillen. Im Disse-Raum kommen spe-
---tlllt~ Sinuseid 111t
zielle Fibrozyten (hepatische Sternzellen) mit unter-
Blut schiedlichen Funktionsphasen vor; wenn sie viele
Vitamin-A-reiche Fetttropfen enthalten, werden sie
c oft Ito-Zellen genannt Die Kupffer-Zellen (vormals
von-Kupffersche-Sternzellen) sind Makrophagen. ~
Strömungsrichtung der Galle und des Blutes. (Aus [1])

Leberazinus Läppchen (Abb. l 0.78b). Von diesen Gefäßen gehen recht-


Dem Leberazinus gehören Teile zweier benachbarter klassi- winklig links und rechts terminale Gefaßzwcige ab, die dann
scher Läppchen an (Abb. 10.78a). Seine zentrale Achse wird in die klassischen Läppchen eindringen. In der Achse ver-
von den Asten der interlobulären Vene und Arterie gebildet. laufen auch ein kleinerer Gallengang, Lymphgefäße und
Beide Gcfaßc verlaufen gemeinsam zwischen 2 klassischen vegetative Nerven. Der J\zinus hat im Anschnitt eine rhom-
10.3 Leber und Gallenwege 337

Abb. 10.81 Raumnetz der Gallenkanälchen. Injiziert


man unterschiedlich gefärbte Gelatinelösungen in Gallen-
kanälchen und Sinusoide, lassen sich die Gallenkanälchen
(Gallenkapillaren) z. B. schwarz und die Sinusaide rot dar-
stellen. Die Kerne der Leberzellen sind gelb durch die
Pikrinsäure im FixierungsmitteL Zeichnerische Darstellung,
Mensch; Vergr. 380-fach. (Aus (1))

Abb. 10.79 Periportalfeld in der Leber. 1 Ast der A. he- ~


patica propria (A. interlobularis); 2 Ast der Leberpfortader Abb. 10.82 Gallepol von
(V. interlobularis); 3 kleiner Gallengang; 4 Lymphgefaß. 2 Leberepithelzellen.
Die genannten Strukturen können in einem histologischen
Präparat jeweils auch in der Mehrzahl auftreten. Am Rande
der Läppchen bilden die Hepatozyten eine abschließende
Schicht, die Grenzplatte. Mensch; Plastikschnitt; bische Gestalt. Seine spitzen Enden werden jeweils durch
Vergr. 200-fach. (Aus (1)) die Zentralvene in den benachbarten Läppchen markiert. Im
Azinus werden 3 Zonen unterschieden, die durch unter-
schiedlichen Sauerstoftgehalt im Blut und andere funktio-
nelle Parameter gekennzeichnet sind:
• Zone I: spindeiförmige Zone im Zentnun des Azinus (re-
lativ hoher Nährstofr- und Sauerstoftgehalt)
• Zone 2: intermediäre Zone (weniger Sauerstoff· tmd
Nährstoße als Zone 1)
• Zone 3: periphere Zone (Sauerstoffgehalt entspricht dem
Blut einer Vene, wenig Nährstoffe, schon viele Metaboli-
ten im Blut, besonders anfällig fi"rr Schädigtmgen).

In Zone 3 erfolgt auch der wesentliche Anteil der Entgifttmg


von Alkohol tmd Drogen. Die Zone 1 entspricht der Peri-
pherie, die Zone 3 dem Zentrllll1 der Zentralvenenläpp-
chen.

Portalvenenläppchen
Beim Portalvenenläppchen (Abb. 10.78a) steht das Peripor-
Abb. 10.80 Bindegewebe im Lebertäppchen. Ausschnitt talfeld im Zentrllll1. Dem Periportalfeld gehören Anteile von
mit Darstellung der schwarz gefärbten retikulären Fasern 3 klassischen Läppchen an. Die äußere Grenze ist durch eine
(aus Typ-III-Kollagen) im Disse-Raum, der an die Sinusaide Linie mit 3 Ecken, die jeweils in einer Zentralvene liegen,
(*) grenzt. Ebenfalls schwarz an gefärbt sind granuläre markiert. Ptmktionell steht im Portalvenenläppchen das
Organellen (~ ), vor allem Lysosomen, am Gallepol der Gallengangsystem und somit der exokrine Drüsencharakter
Hepatozyten. Färbung: Silberimprägnation, Kernechtrot; im Vordergrund. Das Konzept der Portalvenenläppchen ist
Vergr. 500-fach. (Aus (1)) nur noch selten gebräuchlich.
338 10 Verdauungsorgane

Periportalfeld Endothel
Rlchtung des l!lit Poren
BluUiusses
Das speziell pathophysiologisch wichtige Perlportalfeld be-
steht aus lockerem Bindegewebe, in das die A. interlobula-
ris tmd V. interlobularis, ein kleiner Gallengang und ein
Lymphgefaß sowie kleine sympathische und parasympathi-
sche Nerven eingebettet sind (Abb. 10.79). Als Variante kön-
nen z. B. zwei Aa. interlobuJares und 2 Gallengänge vorkom-
men:
• Das Bindegewebe des Perlportalfeldes enthält überwie-
gend Kollagen vom Typ I. Preie ZeiJen sind vereinzelt zu
finden, beim Gesunden jedoch keine Granulozyten.
• Die V. interlobularis (ein Ast der Pfortader) ist der bei
weitem größte Gefaßabschnitt im Periportalfeld. Das Lu-
men ist im Präparclt oft dicht mit Erythrozyten gefüllt. Die
Gefaßwand ist dünn, und vereinzelt sind in ihr schrnaJe
glatte Muskelzellen zu erkennen.
• Die A. interlobularis (ein Ast der A. hepatica) ist eine
relativ kleine Arterie oder auch nur eine Arteriole und be-
'' ,
sitzt meistens 2- 3 Schichten glatter Muskelzellen in ihrer ''
Wand. Hepatozyt
Gallencanallculi, '
• Die Lymphgefäße sind nur von dünnem Endothel be- quergeschnitten ''
Erythrozyt
grenzt tmd enthalten keine Erythrozyten. im Slnuaoid
• Die kleinen interlobwären GaUengänge besitzen ein ku-
bisches bis niedrig prismatisches Epithel (Abb. 10.79). Sie Abb. 10.83 Wesentliche Komponenten eines Leber-
haben keine Muskulatnr in ihrer Wand und sind von ei- Läppchens (dreidimensionales Schema). Die Leberzellen
nem Blutkapillarnetz ttmsponnen. grenzen breitflächig an die Wand der Sinusoide, deren Endo-
thel Poren besitzt, was den Stoffaustausch zwischen Blut
Die 3 auffaJligsten Strukturen des Perlportalfeldes - Interlo- und Leberzellen erleichtert. Die Gallencanaliculi bilden ein
bularvene und -arterie sowie interlobulärer Gallengang - durch TightJunctions abgedichtetes feines Röhrensystem
werden als Glisson-Trias bezeichnet (Francis Glisson, zwisc hen 2 Leberzellen, das einem lokal erweiterten Inter-
1597-1677, Arzt in London). zellulärraum en tspricht und das die von den Hepatozyten
sezernierte Galle aufnimmt. ( Modifiziert nach [12])
Merke Zwischen 3 Läppchen befindet sich ein Binde-
gewebsrcltun (Periportalfcld) mit einem kleinen Ast der
Pfortader (V. interlobularis), einem Ast der Leberarterie
(A. interlobularis), einem kleinen Gallengang und einem
Lymphgefaß. Vene, Arterle tmd GaUengang bilden die
Glisson-Trias.
e • ''
• • •
Hepatozyten *,
Die schon erwähnten LebeneUplatten der gesunden Erwach-
senen sind eine Zellschicht dick und bestehen aus den Le- *• *
0 *
berepithelzellen, den Hcpatozyten (Abb. 10.80, Abb. 10.83,
Abb. 10.84). Bei Kleinkindern sind die Zellplatten zum Teil
2 Zellreihen dick. Was im histologischen Schnitt wie ein
' ol
0
... •
Balken aussieht, ist bei Betrachtung der dreidimensionalen
Struktur ein Schnitt durch eine Platte (Abb. 10.83), an die
• •
von beiden Seiten die Sinusaide grenzen .
Abb. 10.84 Schnitt durch die einschichtigen Leberzell-
platten im Lebertäppchen. Leberzellen gren zen i. A. an
Aufbau 2 Seiten an die Sinusaide (* )· Mensch; H. E.-Färbung.
Die polygonaJen Hcpatozyten haben einen Dtuchmesser Vergr. 450-fach.
von ca. 25 J..Ull und sind polar gebaut. Sie besitzen einen
schmaJen Gallepol, der an das Gallenkanälchen grenzt, und
einen breiten Blutpol, der an ein Sinusoid grenzt (Abb.
10.78c). Ihr rundlicher, beiJer Zellkern liegt im Zentrum der sonders große Kerne sind oktoploid (manchmal über 30~
ZeiJe (Abb. 10.85). der Zellen), besonders bei älteren Menschen.

Zellkern Er ist unterschiedlich groß und oft diploid oder Zytoplasma Das Zytoplasma enthält:
tetrclploid. In unterschiedlicher Häufigkeit kommen 2 en- • Stapel des rauen ER, anastomosiert oft mit dem glatten ER
domitotisch entstandene Kerne in einer Zelle vor. Be- • freie Ribosomen
10.3 Leber und Gallenwege 339
zyten tmd Blut findet in beiden Richttmgen statt tmd wird
durch folgende morphologische Gegebenheiten gefOrdert:
• Oberflächenvergrößerung der basolateralen Zellmemb-
ran durch r..iikrovilli
• Fehlen einer Basallamina der Hepatozyten
c • sehr schmaler Bindegewebsraum zwischen Hepatozyten
Abb. 10.85 Hepatozyt. und den Sinusaiden mit nur wenigen retikulären Fasern
• weite Poren im Endothel der Sinusaide (ohne Diaphrag-
men)
• Fehlen einer Basallamina unter dem Endothel
• in unterschiedlicher Menge glattes ER, das dreidimensio-
nale Netzwerke anastomosierender Tubuli bildet Funktionen der Hepatozyten
• zahlreiche längliche oder ovale Mitochondrien (ihre Zahl
Leberzellen leben relativ lange (mindestens ISO Tage) und
beträgt 800- 1000 pro Zelle)
teilen sich nur relativ selten mitotisch. Die Hepatozyten sind
• einen wnfangreichen Golgi·Apparat, der aus bis zu SO
an den meisten Stoffwechselreaktionen beteiligt und haben
Einzelfeldern bestehen kann
wesentliche Ftmktionen fiir die gesamte Homöostase. Leber-
• Lysosomen inkl. Lipofuszingranula, liegen v.a. am Galle-
versagen ist nicht mit dem Leben vereinbar.
pol
• Peroxisomen Entgiftung Die Leberzellen spielen z. B. eine wichtige
• sekretorische Vesikcl Rolle bei der Entgifl.Lmg vieler endo- tmd exogener Sub-
• viele Endozytosevesikel, darunter Vesikcl mit Lipoprotein- stanzen. Dabei führen sie zahlreiche Umwandltmgs- und
komplexen Konjugationsreaktionen durch. Bei der Desaminierung von
• tmterschiedlich große Felder mit a.-Glykogen-Partikeln Aminosäuren entsteht die giftige Substanz Ammoniak, den
• einzelne Lipidtropfen die Hepatozyten zu Harnstoff umwandeln. Dieser ist weni-
• ein gut entwickeltes Zytoskelett. ger toxisch und wird leicht über die Nieren ausgeschieden.
Auch Steroidhormone und Alkohol werden in den Leber-
Die Menge an Glykogen zeigt tageszeitliche Schwankungen zellen metabolisiert. Ebenso werden Drogen (z. B. Heroin)
und hängt auch von der Ernähnmgsweise ab. Glykogen oder bestimmte Medikamente (z. B. Barbiturate) in der
kann auch intranukleär auftreten tmd zeigt sich dann im Lebenelle abgebaut, insbesondere im glatten ER. Dieses ist
H.E.-Präparat in Form von Vakuolen. Solche Kernvakuo- bei chronischem Missbrauch vermehrt.
len sind bei Diabetikern regelmäßig zu finden. Dem lyso-
somalen System sind auch Upofuszingranula (Abb. 10.80, Galleproduktion Galle enthält Gallensäuren, Choleste-
Abb. 10.82) zuzuzählen, die eine bräunliche Eigenfarbe be- rin, Lecithin, Phospholipide, Bilirubin u. a. Ihr wichtigster
sitzen. Sie sind im Gallepol konzentriert. Bestandteil sind die Gallensäuren, die ca. 80% der Trocken-
masse der Galle ausmachen. Primäre Gallensäuren werden
Gallepol Der Gallepol entspricht morphologisch dem von den Leberzellen im glatten ER aus Cholesterin gebildet;
Apex der Leberzelle und ninuut ca. 15% der Zellmembran sekundäre Gallensäuren entstehen aus primären durch bak-
ein. Er trägt r..1ikrovilli und sezerniert die Galle in die extra- terielle Enzyme im Kolon. In der Leber werden täglich ca.
zellulären, ca. 1 f.lm weiten Gallenkanälchen, die sich zwi- SOO mg Gallensäuren gebildet, die entweder mit Taurin
schen benachbarten Lebenellen befinden (Abb. 10.82, Abb. oder Glycin konjugiert werden. ATP-abhängige Transpor-
10.83). In der Membran des Gallepols sind tmgewöhnlich ter (z. B. BSEP = "bile salt export pump") transportieren die
viele transportierende Proteine enthalten, darunter auch konjugierten Gallensäuren durch die apikale Membran.
Aquaporine tmd ATP-abhängige ABC-Transporter (ABC = Gallensäuren fördern u.a. den Gallefluss ('1Nasser folgt os-
ATP-bindende-Cassette), die u. a. Schadstoffe ausscheiden. motisch), bilden Mizellen in der Gallenblase mit Choleste-
Am Gallepol finden sich typische Zellkontakte, die an der rin und Phospholipiden, wod urch die beiden letzgenannten
Begrenztmg der Gallekanälchen beteiligt sind: Zonulae Stoffe löslich werden, und verbessern die Fettverdauung
occludentes, Zonulae adhaerentes und Desmosomen, tmd und -resorption.
weiter in der Tiefe auch ausgedehnte Nexus. Die Zonulae
occludentes verhindern das Vordringen der Galle in die Si- Konjugation des Bilirubins Bilirubin ist das potenziell
nusoide. In der Nähe der apikalen Membran finden sich toxische Endprodukt des Häm-J\bbaus. Es wird unkon-
Mikrotubuli und ein System aus Aktin- und Myosinfila- jugiert tmd an Albumin gebunden im Blut in die Leber
menten (Abb. 10.78c), die oftcnsichtlich ein Motor fiir die transportiert. Es dringt in den Disse-Ra um ein tmd bindet
Fortbewegung der Galle in den Gallenkanälchen sind. Der an die basale Membran der 1-lcpatozyten. Hier wird es vom
Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) produziert ein Gift Albumin getrennt und über einen Transporter in die Zelle
(Amanitatoxin, ein Octapeptid), das wohl primär das kon- aufgenommen. Im Zytoplasma wird Bilirubin mit Gluku-
traktile System der Hepatozyten inaktiviert und zu massi- ronsäure konjugiert. Es wird dann als Bilirubin-Monoglu-
ven Leberzellnekrosen flihrt. 10 mg davon sind bereits töd- kuronid oder -Diglukuronid aktiv und ATP-abhängig über
lich. die apikale Zellmembran in die Gallenkanälchen transpor-
tiert. Das Membranprotein fiir diesen Transport ist MRP2
Blutpol Auch der Blutpol der H epatozyten trägt viele Mi- ("multi drug rcsistance-associated protein 2"). MRP2 ge-
krovilli, die sich oft auch an der Lateralmembran finden. hört zur Gruppe der MRP-Proteine, die auch konjugierte
Obwohl dieser Pol der morphologischen Basis entspricht, Schadstoffe und Medikamente zur Ausscheidung in die
bildet er beim Menschen und manchen Säugetieren keine Galle transportieren - was bei Medikamenten unerwünscht
Basallamina. Der intensive Austausch zwischen Hepato- sein kann, da sie dann ihre Wirkung kaum enielen können.
340 10 Verdauungsorgane

MRP-Proteine können sogar Medikamente für die Krebs- Sinusaide


therapie unmodifiziert wieder aus der Leberzelle herausbe-
fördero. An Glukuronsäure gekoppelt können auch Stere- Die ca. 0,5-0,6mm langen Sinusaide sind weitlurnige (ca.
idhormone über die Galle ausgeschieden werden. 15 flJU weite) Kapillaren, die das Blut von der Peripherie ins
Zentrwu der Läppchen leiten.
Glucosestoffwechsel Hepatozyten können aus dem
Pfortaderblut Glucose aufnehmen und sie bei Bedarf wie- Sinusoidendothel Die Wand der Sinusaide wird von
der in den Blutstrom abgeben. In der Leberzelle wird Glu- dünnen Endothelzellen gebildet, deren Zytoplasma von
cose zu Glucosc-6-Phosphat phosphoryliert. Aus dieser Feldern mit unterschiedlich großen offenen Poren (Sieb-
Form kann rasch das energiereiche ATP synthetisiert oder platten, Abb. 10.87) durchsetzt wird. Besonders große Po-
unter dem Einfluss von Insulin als Glykogen gespeichert ren haben einen Durchmesser von bis zu 1 llffi· Die Basal-
werden (Abb. 10.86). Glucose-6-Phosphat kann auch in ei- lamina fehlt. Die Sinusoidendothelien sind insgesamt
nigen Stoffi-vechselschritten (über Pyruvat und Acetyl-CoA) außerordentlich durchlässig, lediglich die Blutzellen wer-
zur Speicherform der Triglyzcride umgebaut werden. Le- den zurückgehalten.
berzellen bauen auch aus bestimmten Aminosäuren oder
aus Glycerin Glucose auf (Glukoneogenese). Der Abbau des Kupffer-Zellen Kupffer-Zellcn (Kar! v. Kupffer, Histo-
Glykogens und die Abgabe der Glucose ins Blut werden loge, Entwicklungsbiologe, 1829 - 1902) liegen dem Endo-
vom Glucagon stimuliert. thel auf, durchsetzen es aber mit einzelnen Fortsätzen
(Abb. 10.83). Ein Teil der Fortsätze crstreckt sich weit in das
Lipidstoffwechsel Die Leber spielt außerdem ein zentra- Ltum:n der Sinusoidc, zum Teil bis zur gegenüberliegenden
le Rolle im LipidstoffwechseL Sie synthetisiert z. B. Fett- Wand. Sie sind reich an Lysosomen ttnd phagozytieren
säuren, verestert sie und gibt sie in Form von VI.DL (Very- intensiv Partikel und Mikroorganismen, die über das Blut
Low-Density-Lipoproteinc) ins Blut ab. Ebenso ist die in das Leberläppchen gelangen (Abb. 10.78c). Die Kupffer-
Leber Hauptsyntheseort des Cholesterins. Zellen bilden die größte Gruppe fuderter Makrophagen im
Körper. Im Histologiekurs werden oft Kupffer-Zellen ge-
Proteinsynthese Leberzellen synthetisieren zahlreiche zeigt, die schwarze Tuschepartikel aus dem Blutstrom eines
Serumproteine. Beispiele sind Albwnin, Gerinnungsprotei- Versuchstieres aufgenommen haben und daher gut erkenn-
ne, Globuline und hormonale Faktoren, z.B. Angiotensino- bar sind (Abb. 10.88). Die Kupffer-Zellen sind in erheb-
gen, ein Vorläufermolekül des Angiotensins ll, und Soma- lichem Maße am Abbau gealterter Erythrozyten beteiligt,
tomedine. Sie können auch IgA aufnehmen und zusammen eine Funktion, die beim Verlust der Milz noch intensiviert
mit der sekretorischen Komponente, die sie selbst syntheti- wird.
sieren, in die Galle abgeben.

Merke Die Leberepithelzellen (Hepatozyten) erfiillen alle


wesentlichen Leberfunktionen. Sie sind polar gebaut und
besitzen einen apikalen Gallepol und einen basalen Blut-
pol. Zwischen den Gallepolen zweierbenachbarter Leber-
zellen befindet sich das Gallenkanälchen, das die von den
Leberzellen gebildete Galle aufnimmt und den kleinen
a
Abb. 10.87 Sinusoide.
Gallengängen außerhalb der Läppchen zuführt.

Abb. 10.88 Kupffer-Zellen. Die im Endothel der Sinusaide


Abb. 10.86 Glykogennachweis (kräftige Rotfärbung) gelegenen und zum mononukleären phagozytierenden System
in Leberzellen. In der Läppchenperipherie (links und oben) gehörenden Kupffer-Zellen ( ~) lassen sich lichtmikrosko-
ist in diesem Präparat mehr Glykogen gespeichert als im pisch u. a. nach experimenteller Phagozytose von schwarzen
Läppchenzentrum (rechts unten). Mensch; Färbung: Glykogen- Kohlepartikeln oder Farbstoffen erkennen. 1 Hepatozyten;
nachweis nach Best, Vergr. 450-fach. 2 Sinusoid (Kapillare). Färbung: H. E.; Vergr. 380-fach.
10.3 Leber und Gallenwege 341

Merke Dem Endothel der Sinusaide liegen Iumina! die Klinik Die Leber kann auf llOgewöhnlich vielfältige Art llOd
Kupffer-Zellen an, Makrophagen, die alte Erythrozyten Weise erkranken, wobei oft die normale histologische Struk-
und partiklliäre Substanzen aus dem Blut aufnehmen llOd tur in typischen Mustern verändert ist. Die besondere Ge-
abbauen. fäßarchitcktur in der Leber ist für die Erklärung vieler Schä-
digtmgsmuster ausschlaggebend.
Disse-Raum Schädigunge n bef Vergiftungen
Der Disse-Ratun (Joscph Disse, Histologc, 1852-1912) ist Im Rahmen von Vergiftungen können folgende hepatische
ein schmaler Bindegewebsraum zwischen den Leberzeil- Veränderungen attfueten:
platten llnd den Sinusoiden, der ein zartes Stützgerüst im • Zelluntergänge (Nekrosen), die sich je nach Toxin ent-
Läppchen aufbaut llOd vor allem dem Stoffaustausch dient. weder mehr am Läppchenrand oder überwiegend im
Lichtmikroskopisch ist er im H. E.-Präparat kaum erkenn- Läppchenzentrum finden.
bar, werden aber seine locker verteilten rctiklliären Fasern • Leberzellverfettung, die durch Einlagerung kleiner oder
(Typ-ITI-Kollagen ) spezifisch angefärbt, kann er gut erkannt großer Fetttropfen gekennzeichnet ist. Große Fetttrop-
werden (Abb. 10.78c, Abb. 10.80, Abb. 10.87). Der Disse- fen sind z. B. fi.ir die alkoholische Fettleber typisch (Abb.
Raum steht mit einer dünnen Bindegewebsmanschette der 10.90).
Zen tralvene und dem Bindegewebe der Läppchengrenzen • Abflussstörung der Galle in den Gallenkanälchen (Cho-
und des Pcriportalfcldes in Verbindung. lestase). In diesen treten sog. Gallenthromben auf, deren
Entstehung auf verschiedene Gifte oder Medikamente
Lymphe Der Disse-Raw11 ist das Quellgebiet der Lymphe (z.B. orale Kontrazeptiva) zur ückgehen kann.
in der Leber, die besonders proteinreich ist. Lymphgefäße • Verändenmgen, die durch Medikamente oder z. B. Anäs-
finden sich erst außerhalb der Läppchen, v. a. im Periportal- tlletika (Halothan) hervorgerufen werden. Diese ähneln
feld. Lymphozyten können durch Endothelporen in den in ihren histologischen Veränderungen denen der Virus-
Disse-Rawn eindringen. Von hier wandern sie ins Peripor- hepatitis.
talfcld, wo sie in die Lymphkapillaren gelangen können.
Alko holische Lebererkrankung
Hepatische Sternzelle Im Disse-Raum kommt norma- Die alkoholische Lebererkranktmg verläuft über Jahre, bei
lerweise ein Zelltyp vor, der unterschiedlich bezeichnet Frauen schneller als bei Märtnern, in 3 Stadien. Zuerst ent-
wird: hepatische Sternzelle, perisinusoidale Zelle, Fettspei- steht eine Fettleber, es folgen alkoholische Hepatitis und
cherzelle, Ito-Zelle. Dieser Zelltyp repräsentiert spezielle Leberzirrhose:
Fibroblasten und kann unterschiedliche Funk tionen erfii.l- • Die Fettleber ist durch eine Fetteinlagerung in den Hepa-
len. Das mo rphologische Erscheinungsbild ist daher varia- tozyten gekennzeichnet (Abb. 10.90). Sie ist reversibel.
bel. Oft ist die Zelle abgerundet, in ihrem Zytoplasma • Bei der alkoholischen Hepatitis (Degeneration, Neutro-
kommen Vitamin-A-haltige Lipidtropfen vor (Abb. 10.78c, phileninfiltration, beginnende Fibrose) kommt es zu Zell-
Abb. 10.89). D ie Zelle produziert das spärliche Bindege- untergängen, ballonierten Zellen llOd einem Infiltrat von
webe des Disse-Rawns. Unter pathologischen Umständen NeutraphiJen und Lymphozyten. Geschädigte Leber-
(.,aktiviert") wandelt sie sich zu einer myofibroblastenähn- zellen können intrazytoplasmatische Einschlüsse (Mallo-
lichcn, fortsatzreichen Zclle wn, die kaum Lipidtropfen ry-Körpe.r) enthalten, die sich aus Ansamml ungen inter-
enthält, aber intensiv Protcoglykane ttnd Kollagenfibrillen mediärer Pilamen te aufbauen. Um die Zeotralvenen, in
bildet. Diese Substanzen füllen dann weitgehend den Disse- den Perlportalfeldern tmd den Disse-Rämnen kommt es
Rattm aus llOd behindern den Stotraustausch. Eine solche häufig zu erheblicher Ablagerung von Kollagen, wobei
Aktivienmg findet im Rahmen mancher Lebererkrank tto- das typische Typ-III-Kollagen mehr und mehr von Typ-I-
gen statt, die mit einer Fibrose und Zirrhose einhergehen, Kollagen ersetzt wird.
z. B. bei chronischer Alkoholintoxikation. Unter patholo- • Eine Leberzirrhose kann nicht nur durch chronischen
gischen Bedingungen wandeln sich d ie hepatischen Stern- Alkoholmissbrauch, sondern u. a. auch durch eine chro-
zellen - oder ein Teil von ihnen - vermu tlich sogar in aktive nische Virushepatitis entstehen. Sie ist durch ausgedehnte
Stammzellen für Blut zellen w11. Bildung von Typ-I-Kollagen in den Disse-Räumen llOd
im Periportalfeld, durch Zerstönmg der Läppchenstruk-
Merke Zwischen dem Endo thel der Sinusaid e llOd dem tur tmd der Gefäßarchitektur llOd durch EntstehllOg kno-
Blutpol der Leberzellen findet sich der D isse-Raum, der tcnf6rmiger Areale regenerierender Leberepithelzellen
v.a. dem Stoffaustausch zwischen Blut llOd Leberzelle gekennzeichnet (Abb. 10.91). Die hepatischen Sternzellen
dient. in den Disse-Rätunen wandeln sich in Myofibroblasteo
um und produzieren das Typ-I-Kollagen und Protco-
glykane. In den Knoten kommt es immer wieder zu Rege-
nerationsprozcssen, aber insgesamt überwiegt die Zerstö-
rung. Das vermehrte kollagene Bindegewebe behindert
zunehmend die Durchbluttmg des Organs (Pfortader-
stauung), was schwerwiegende Konsequenzen flir den
c ganzen Organismus hat. Mit fortschreitender Zerstörung
Abb. 10.89 Hepatische der Hepatozyten und ZllOehmender Kollagenbildtmg
Sternzelle ln de r Funk- schrumpft die Lebergröße, llOd das Organ wird hart llOd
t1onsphase der Fettspei- knotig.
cherung.
342 10 Verdauu ngsorga ne

c
Abb. 10.90 Leber- c
verfettung. Abb. 10.91 Leberzirrhose.

10.3.2 Galle, Gallenwege, Gallenblase tischem Epithel ausgekleidet. Diese Zellen sind durch typi-
sche Zellkontakte verbunden; sie sezernieren Bicarbonat
Galle und Wasser in die Galle. Die extrahepatischen Gallengänge
Produktionsstätte der Galle sind die Leberepithelzellen (He- besitzen ein einschichtiges prismatisches Epithel. Unter
patozyten). Täglich werden ca. 500-600 ml Galle gebildet. dem Epithel Iinden sich vereinzelte glatte Muskelzellen,
Galle enthält Wasser (82~). Gallensäuren (12~). Lecithin straffes kollagenes Bindegewebe, ein gut ausgebildetes Sys-
und andere Phospholipide (4~) und nicht verestertes Cho- tem elastischer Fasern und, speziell im Bereich des Ductus
lesterin (0,7~). Weitere Bestandteile sind konjugiertes Bili- choledochus, auch kleine muköse Drüsen.
rubin, Proteine, Elektrolyte und Muzine. Auch Steroid-
hormone und rnanche Medikamente werden über die Galle Gallenblase
ausgeschieden. Die Galle wird über die Gallenkanälchen der
Leberläppchen und das intrahepatische System der Gallen- Die Gallenblase (Vesica fellca) ist ein Speicherorgan ftir Gal-
gänge abgefiihrt. Intrahepatisch ist die Galle eine isotone le. Die Galle wird hier vor allem zwischen den Mahlzeiten
Flüssigkeit. In der Gallenblase werden ihr insbesondere an- gespeichert. Sie wird hier dLlfCh energieabhängige Resorp-
organische Anionen und Wasser entzogen, sie wird konzen- tion von Anionen (Chlorid, Bicarbonat) lmd Wasser kon-
trierter und hyperton. zentriert. Die Gallenblase fasst normalerweise ca. 30 ml Gal-
Die Gallensäuren spielen u.a. (Kap. 10.2.4) eine wesentli- le, ihre Wand (Abb. 10.92) lässt sich in 3 Schichten gliedern
che Rolle bei der Mizellenbildung im Rahmen der Fett- (von innen nach außen):
resorption. Im Tlewn werden die Gallensäuren - im Sym-
port mit Natriw11 - wieder resorbiert, nachdem die Lipide Tunica mucosa
aus den Mizellen entlassen und von den Enterozyten aufge-
nommen wurden. Die Gallensäuren werden dann der Leber Die Mukosa besteht aus dem Oberflächenepithel und der
wieder zugefiihrt und erneut (6-10-mal täglich) über die Lamina propria. Sie bildet ein komplexes System anastomo-
Galle ausgeschieden (enterohepatischer Kreislauf). sierender Falten, die je nach Dehnungszustand der Wand
ein unterschiedliches Bild bieten. In der kontrahierten Blase
sind sie dicht gepackt lll1d verlaufen weitgehend parallel, in
Gallenwege der gedehnten Blase bilden sie ein netzartiges System breiter
Gallefluss Galle wird in der Leber mehr oder weniger und schmalerer niedriger Palten, dabei können auch kleine
kontinuierlich gebildet. Sie fließt innerhalb der Zentral- Rczessus entstehen. Das Bild der Falten ist daher im Schnitt-
venenläppchen in den Gallekanälchen und erreicht über die präparat sehr variabel. Öfter findet man verzweigte Falten
Hering-Kanäle die intrahepatischen Gallengänge. Diese
schließen sich Zlun linken und rechten Ductus hepaticus
zusammen, die sich außerhalb der Leber Zlun Ductus hepa-
ticus communis vereinigen. Von il1m zweigt der Ductus
cysticus ab, der zur Gallenblase führt. Unterhalb der Ab-
zweigung wird der Gallengang Ductus choledochus ge-
nannt. Er mündet (meistens gemeinsam mit dem Haupt-
pankreasgang) an der Papilla duodeni major (= Papilla
Vateri) in das Duodenwn. Die Papille enthält zirkulär an-
geordnete Muskulatur, den Sphinkter Oddi. Wenn keine
Nahnmg aufgenonunen wird, ist der Sphinkter Oddi fest
verschlossen. In dieser Zeit wird die Galle in der Gallen-
blase gespeichert. Bei Nahrungsaufnahme hingegen wird
das Hormon Cholecystokinin freigesetzt, was zur Kontrak-
tion der Gallenblase, Fluss der Galle in Richtung Duode-
nrun und Lockerung des Sphinkter Oddi führt.
Abb. 10.92 Schleimhaut der Gallenblase. Die Schleim-
Merke
haut bildet unregelmäßig gestaltete, netzartig zusammen-
Intralobulär =Gallekanälchen, interlobulär =Gallenwege. hängende schmale Falten aus. Auf einem Schnitteffekt
beruhen die oft zu sehenden "Brückenbildungen" der
Epithel und Wandaufbau Während die Gallekanälchen Schleimhautfalten. Die Muskulatur der Gallenblasenwand
nicht von einem eigenen Epithel ausgekleidet sind, enthal- ist komplex aufgebaut(*) und besteht nur aus einer Tunica
ten die Hering-Kanäle bereits ein flaches Epithel, und die muscularis. Mensch; Plastikschnitt Färbung: H. E.;
interlobulären Gallengänge sind von kubischem bis prisma- Vergr. 40-fach. (Aus [1))
10.3 Leber und Gallenwege 343
lärspalts zahlreiche Palten aus. Der Zellkern ist längs oval
Lmd liegt in der Lmteren Zellhälfte.

Drüsen Im Hals der Gallenblase kommen einfache tubu-


Ioalveoläre Drüsen vor, die Muzine bilden. Ihre nmdlichen
Kerne liegen basal. In chronisch entzündeten Gallenblasen
können in der ganzen Schleimhaut metaplastische Epithel-
bezirke (ähneln den Poveolae des Magens oder dem Diinn-
darmepithel) auftreten. Bei entzündlich veränderten, aber
auch in normalen Gallenblasen können Schleimhautein-
stiilpungen mit normalem Oberflächenepithel bis in die
Muskulatur und in das Bindegewebe der Serosa vordringen
(Rokitansky-Aschoff-Sinus).

Tunica muscularis
Diese kräftige Schicht glatter Muskulatur entspricht wohl
der TLmicamuscularis des Darmrohrs. Die Bündel der Mus-
kulatur bilden ein Scherengitter spiralig verlaufender Mus-
kelzügc; innen bildet die Muskelschicht auch längs verlau-
Abb. 10.93 Epithel der Gallenblase. 1 Lumen der Gallen- fende Bündel. Man findet im Schnllt längs, quer Lmd schräg
blase; 2 Epithel; 3 Lamina propria. Mensch; Plastikschnitt; angeschnittene Muskelbiindcl, zwischen denen recht breite
Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. Bindegewebssepten mit Kollagen und elastischen Pasern
vorkommen. In diesem Netz der Muskulatur sind die ein-
zelnen Bündel so angeordnet, dass sich die Wand des bir-
und sog. Schleimhautbrücken, die die Spitzen benachbarter nenförmigen Organs optimal kontrahieren Lmd verkleinem
Falten verbinden. Das überbrückte, eingeschlossene Lumen karLO. Am Hals der Gallenblase ist der Steigtmgswinkel der
kommuniziert außerhalb der Schnittebene mit dem Haupt- Muskelspiralen niedrig, im Pundus nimmt die Steighöhe zu.
lumen der Gallenblase. Die Kontraktion der Muskulatur wird dnrch Cholecysto-
kinin und Acetylcholin (Parasympathikus) ansgelöst Sie
Oberflächenepithel Das Oberflächenepithel (Abb.l0.93 ) führt zur Austreibung der eingedickten Galle.
ist einschichtig h ochprismatisch (20- 25 Jlill hoch) und be-
steht im Wesentlichen aus einem Zelltyp, den Hauptzellen.
Becherzellen fehlen, vereinzelt kommen enteroendokrine
Tunica serosa und Tunica adventitia
Zellen, vor allem vom geschlossenen Typ, vor. Bei manchen Die der Bauchhöhle zugewandte Seite der Gallenblase ist
Säugetieren kommen im Gallenblasenhals und im Ductus von einer Serosa bedeckt. Sie besteht aus Peritonealepithel
cysticus Bürstenzellen (Kap. I0.2.4c) vor. und subepithclialem, zwn Teil relativ dichtem Bindegewebe
mit Kollagen Lmd vielen elastischen Fasern, Blut- und
Funktion der Hauptzellen Die Hauptfunktion der Haupt- Lymphgefaßcn sowie vegetativen Nerven. Dort, wo die Gal-
zellen ist die Konzentrierung (Eindickung) der isotonen Le- lenblase mit der Leber vcnvachsen ist, ist die Tunica serosa
b ergalle durch Wasserentzug, außerdem werden die meisten durch eine Tunica advcntitia ersetzt.
anorganischen Anionen, Chlorid und Bicarbonat entzogen.
Der aktive Epitheltransport hängt auch in der Gallenblase Merke Die Gallenblase ist ein Speicherorgan ftir die Galle
von der Na+-K+-ATPase in der basalen Zellmembran ab. Der und dickt die hepatische Galle durch Wasserentzug ein.
Motor der Galleeindickung ist die Resorption von NaCl, die Die Wand der Gallenblase besteht aus Mukosa, Muskula-
durch parallel arbeitende Na•-H•- und CJ--HC03--Anti- ris Lmd Serosa oder i\dventitia. Die Mukosa bildetein Re-
porter in der apikalen Membran erfolgt. Wasser folgt dem lief netzartig verbundener, Lmterschiedlich hoher Palten.
entstehenden osmotischen Gradienten. Die Hauptzellen
sind auch sekretorisch aktiv. Apikal sind Sekrctionsgranula
nachweisbar, die Schleime enthalten, welche einen apikalen Klinik Gallensteine sind eine häufige ErkrankLmg in der
Schutzfilm gegen die aggressiven Gallenkomponenten bil- westlichen Welt. Die meisten Steine bestehen aus Choleste-
den. rinmonohydrat (zu ca. 70<Ko), Calciumsalzcn, Gallensäuren,
Gallenpigmenten, Proteinen, Pettsäuren Lmd Phospholipi-
Morphologie der Hauptzellen Die Hauptzellen tragen den. Sog. Pigmentsteine sind seltener Lmd bestehen vor allem
Mlkrovilli, die im Vergleich mit denen des Dünndarms aus Calcilunbilirubinat. Galle mit hohem Cholesteringehalt
lockerer stehen und auch kürzer sind. Die Zellen sind über führt bevorzugt zur Steinbildung. Pettsucht und entspre-
gut entwickelte junktionale Komplexe (mit Zonulae occlu- chende Fehlemährung, aber auch zahlreiche andere Fakto-
dentes) verbLmden. Oberhalb des Kerns besitzen sie zahl- ren können die Steinbildung begünstigen, darunter übertrie-
reiche Mitochondrien und einen Lunfangreichen Golgi-Ap- ben rasche Gewichtsreduktion und auch Östrogene. Die
parat. In der unteren Hälfte des Epithels sind die Zellen Steine verursachen eine Entzündung der Gallenblase und die
durch einen zunehmend breiter werdenden Interzellulär- Obstruktion des Galleabflusses in den Gallenwegcn, was oft
raum getrennt, was besonders deutlich im Zustand der ak- mit akuten starken (kolikartigen) Schmerzen einhergeht. Bei
tiven Wasserresorption aus der Galle ist Die Membran der den über 40-Jährigen haben Prauen viel öfter Gallensteine als
Epithelzellen bildet im Bereich des erweiterten Interzellu- Männer, die Steine bleiben nicht selten symptomlos.
344 10 Verdauungsorgane

10.4 Bauchspeicheldrüse
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Das Pankreas ist eine cxo- und endokrine Drüse. Den en- logisch wenig differenzierten Gangsystcm, das mit Schalt-
dokrinen Teil repräsentieren die Langerhans-Inseln. Der stücken beginnt. Die Azini besitzen keine Myoepithel-
exokrine Teil bildet vor allem Verdauungsenzyme sowie zcllen. Die ersten Zellen der Schaltstücke sind ins Lumen
Bicarbonat. Die exokrinen Drüsen bestehen aus dicht der Azi.ni vorgestülpte, sog. zcntroazinäre Zellen (diagnos-
gepackten azinären serösen Endstücken und einem histo- tisch vlichtig).

10.4.1 Bauplan Gang der ventralen Pankreasanlage gebildet (aus dem sich
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist eine sekundär auch der untere Teil des Pankreaskopfes entwickelt). Der
retroperitoneal gelegene große Drüse im Oberbauch. Sie ist mündungsnahe Abschnitt des Gangs der dorsalen Anlage
14-18 cm lang und crstreckt sich zwischen Duodentun bildet sich oft zurück, kann aber auch erhalten bleiben tmd
und Milz. Die Bauchspeicheldrüse hat exokrine und endo- mii.ndet dann an der PapUla duodeni minor.
krine Punktionen. Ns exokrine Drüse bildet sie täglich
1500-3000 ml isoosmotische, alkalische (pH > 8) Flüssigkeit Läppchen Das Gewebe der Bauchspeicheldrüse ist in
und ca. 20 Verdauungsenzyme (Abb. 10.94). Der Pankreas- dicht gepackte Läppchen gegliedert, die durch Bindegewebe
saft wird über ein Gangsystem in das Duoden umgeleitet. Als getrennt sind (Abb. 10.95). Die Gliederung in Läppchen
endokrine Drüse erfüllt sie wesentliche Aufgaben im Koh- erlaub t Verschiebungen des Pankreasgewebes bei tmter-
lenhydrat-, Pett- und auch Proteinstoffvvcchsel (Kap. 11.8.2). schiedlichen Füllungszuständen des Magens oder bei Be-
wegtmgen von Magen tmd Darm. In den Läppchen ist das
Ausführungsgänge Der ca. 2 mm dicke Hauptausfiih- Bindegewebe nttr spärlich entwickelt. Lediglich die größe-
rungsgang, der Ductus pancrcaticus, läuft längs durch das ren Gänge sind von einer kräftigen stützenden Bindgewebs-
Organ. Sein größter Teil (und auch der größte Teil des Pan- schicht tungeben. Regelmäßig treten einzelne Vater-Pacini-
kreas) entsteht aus der dorsalen Pankreasanlage. Die Aus- Körperchcn auf. Das Pankreas wird von einer dünnen
mii.ndung an der PapUla duodeni major wird aber vom Kapsel bedeckt, der vorn eine Serosa aufliegt.

I Magen l--lsanrSpe"u11!11i I
Duodenum und
Jejunum

Cholecystokinin -- --~
\ ?1----- Sakratln
Azinus im Pankreas,
',
l , SchaltstOck

parasympalhische zentroazinAre Zellen


Nervenfaser --- -

•'
Blutgefäß
Abb. 10.94 Funktionen des exokrinen Pankreas. Oie serösen Drüsenzellen der Pankreasazini bilden Verdauungsenzyme
und eineisotonealkalische Flüssigkeit, in der die Enzyme gelöst sind. Ein Teil der Verdauungsenzyme wird in inaktiver Form
sezerniert, dies sind die eiweißspaltenden Enzyme Trypsin, Chymotrypsin, Elastase und Carboxypeptidasen. Andere Enzyme,
z. B. Amylase und Lipasen, werden als aktive Enzyme sezerniert (s. "Funktion"). Oie Epithelzellen der Schaltstücke, die sich
weit ins Azinuslumen einstülpen, sezernieren Wasser und Bicarbonationen, eine Leistung, die auch von den Azinuszellen
erbracht wird. Wenn saurer Magenbrei in das Duodenum übertritt, werden die Hormone Sekretin und Cholecystokinin aus
endokrinen Zellen des Duodenums und Jejunums ins Blut abgegeben. Sekretin fördert in Azini, Schaltstücken und anderen
intralobulären Gangabschnitten die Abgabe von Wasser und Bicarbonat (s. "Funktion"), Cholecystokinin regt die Bildung der
Pankreasenzyme an (s. "Funktion"). Acetylcholin (N. vagus) übt eine wichtige Kontrolle über die Pankreassekretion aus.
Bicarbonat entstammt zu ca. 90"1o dem Blutplasma und zu ca. 10'\'o dem Stoffwechsel der Schaltstücke und anderer intra-
lobulärer Anteile des Gangsystems unter Beteiligung der Carboanhydrase.
10.4 Bauchspeicheldrüse 345

Abb. 10.95 Pankreas, Übersicht. 1 Drüsenläppchen;


.... Langerhans-Insel; ~ interlobulärer Ausführungsgang.
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach.

10.4.2 Endokrines Pankreas Abb. 10.96 Pankreas mit Azini (1 ), intralobulärem Gang
(2) und interlobulärem Gang (3). Die Azinuszellen sind
Repräsentanten der endokrinen Funktion sind die Langer- basophil (Blauviolettfärbung), ihre Sekretionsgranula im
hans-Inseln (Abb. 10.95, Abb. 11.38), die mehrere Hormone Zellapex rot gefärbt.~ zentroazinäre Zellen. Mensch;
(Insulin, Glucagon, Somatostatin, pankreatisches Polypep- Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 150-fach .
tid) bilden. Exokriner tmd endokriner Anteil sind funktio-
nelltmd mit besonderen Gefaßanpasstmgen verbtmden. So
fOrdert z. B. Insulin die Amylasesekretion.

10.4.3 Exokrines Pankreas


Aufbau
Das exokrine Pankreas ist eine rein seröse Drüse, die aus
meist azinösen Endstücken (meist einfach Azini genannt)
und einem umfangreichen Gangsystem besteht.

Endstücke Die Endstücke (= Azini) haben variable Ge-


stalt, oft sind sie azinös, zum Teil kurz-tubulös, zum Teil
sind Zwischenformen zu beobachten oder eine eigentüm-
liche einseitige Anordnung der sekretorischen Zellen an
einem Schaltstück Die Azini sind aus typischen proteiD-
sezernierenden Drüsenzellen (großer, aktiver Kern, reich
an rauem ER, großer supranukleärer Golgi-Apparat, api-
kale Sekretionsgranula, Abb. 10.96, Abb. 10.97, Abb. 10.98)
aufgebaut. Die einzelne Drüsenepithelzelle vermag zwar
alle der ca. 20 Verdammgsenzyme des Pankreas zu bilden.
Sie kann aber je nach Bedarf die Menge der einzelnen En-
zyme variieren. Bei zuckerreicher Nahrung gibt sie z.B.
vorwiegend Amylase ab. Myoepithelzellen kommen in den
Azini nicht vor. Kennzeichnend für das exokrine Pankreas
ist, dass sich Zellen der Schaltstücke in das Lumen der Azini
vorstiilpen (zentroazinäre Zellen, Abb.I0.97, Abb.I0.99a). Abb. 10.97 Azini (1), zentroazinäre Zellen(~) und längs
Diese intraazinären Schaltstückzellen haben ein auffallend getroffene Schaltstücke (2) im Pankreas. Mensch; Plastik-
helles Zytoplasma und sind daran leicht zu erkennen. Sie schnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 260-fach.
346 10 Verdauungsorgane

~
Abb. 10.98 Azinus.

haben unregelmäßige Gestalt und sind untereinander und


mit den sekretorischen Zellen über Zellkontakte verknüpft. a
Das Sekret der Drüsenzellen wird zw11 Teil in kanälchen- Abb. 10.99 Pankreas
förmige Ex:trazellulärräwne zwischen den Azinuszellen eines Kindes mit Schalt-
("Sekretkapillaren") abgegeben tmd erreicht das Lwnen der stücken.
Azini zwischen den Fortsät1..en der zentroazinären Zellen.

Gangsystem Das Gangsystem beginnt mit einem recht


langen System von ztmehmend größerwerdenden Schaltstü- Sekretin Eine weitere wichtige Punktion des exokrinen
cken (Abb. 10.99b). Die flir Kopfspeicheldrüsen typischen Pankreas ist die Abgabe eines wasser- und bicarbonat-
Streifenstücke fehlen. Die Schaltstücke miinden in kleine reichen alkalischen Pankreassaft.es. Diese Pankreasflüssig-
intralobuläre Gänge mit kubischem Epithel ein, die älmliche keit neutralisiert den sauren Magenbrei und entsteht unter
funktionelle Eigenschaften wie Schaltstücke haben. Die grö- dem Einfluss des Hormons Sekretin (Abb. 10.94), eines
ßeren interlobulären Gänge besitzen prismatisches Epithel Hormons des Dünndarms, dessen Preisetzung durch Ma-
und bilden Schleinle. In den kleinen Pankreasgängen sind gensäure stimuliert wird. Sekretin fördert den Einbau von
zeitlebens Stammzellen vorh anden. In der Wand der großen Aquaporin 1 in die Zellmembran der Schaltstücke und
Gänge befinden sich kleine Schleim bildende Drüsen. kleineren Gängen. Insulin tmterstützt Sekretin und Chole-
cystokinin.
Merke Baueinheiten des exokrinen Pankreas sind seröse
Azini und ein Gangsystem mit verzweigten, langen Schalt- Andere Regulatoren Acetylcholin übt einen wichtigen
stücken tmd zunehmend größer werdenden intra- tmd Einfluss auf die Freisetztmg der pankreatischen Verdau-
interlobulären Ganganteilen. Streifenstücke fehlen. Die ungsenzyme aus. Auch die Gallensätrrcn stimulieren die
Azini sind durch helle zentroazinäre Zellen gekennzeich- Pankreassekretion. Verschiedene Netrropeptide (z. B. So-
net, die in das Azinusltunen vorgednmgenen Zellen der matostatin, Pankreatisches Polypeptid und Glucagon) hem-
Schaltstücke entsprechen. men das exokrine Pankre-as.

Klinik Relativ häufige Erkrankungen des Pankreas sind


Funktion akute tmd chronische Pankreatitis. Bei der sehr schmerz-
Enzymsekretion Die Az.ini stehen unter neuronalem und haften und gefahrliehen akuten Pankreatitis werden Pan-
vor allem honnonalem Einfluss. Sie sezernieren amylo- kreasenzyme noch in der Drüse, u. U. sogar in den Azinus-
lytische (Amylase), lipolytische (Lipase, Phospholipase A, zellen selbst, aktiviert und beginnen, das Pankreasgewebe zu
Cholesterinesterase), nukleinsätrrespaltende (Ribonuklease, verdauen (Autodigestionst:heorie). Diverse Ursachen sind
Desoxyribonuklease) tmd mehrere proteolytische (eiweiß- flir diese Erkranktmg möglich: Alkohol, Gallensteine, Virus-
spaltende) Enzyme. Zu letzteren gehören Endopeptidasen infektionen, bestimmte Medikamente u.v. a. Diagnostisch
(Trypsin, Chymotrypsin) sowie Ex:opeptidasen (Carboxy- wichtig ist der Nachweis erh öhter Lipase- und Pankreas-
peptidasen, Aminopeptidasen und Elastase). Das Sekret amylase-Werte im Blut.
enfuält auch Kallikreine. Alle Pankreasenzyme haben Ver- Eine chronische Pankreatitis verläuft. variabel und kann
dauungsftmktionen und besitzen ihr pH-Optimtun im bei weitgehender, langsam verlaufender Zerstönmg des
alkalischen Bereich. Trypsin, Chymotrypsin und Carboxy- Pankreasgewebes zu Malabsorptionssyndromen führen, die
peptidascn werden als noch inaktive Proteine sezerniert. sich aber erst bei Zerstönmg von ca. 90'l' des Pankreasgewe-
Außerdem wird ein Proteaseinhibitor abgegeben, der ver- bes klinisch bemerkbar mach en. Chronischer Alkoholmiss-
hindert, dass die genannten proteolytischen Enzyme im brauch ist eine häufige Ursache ft.:rr chronische Pankreatitis.
Pankreas aktiviert werden, was die Selbstverdammg des Weitere Ursachen, die nicht ganz selten sind, sind die zysti-
Pankreas verhindert. Andere Enzyme wie Lipase, Amylase sche Fibrose tmd das Pancreas divisum. Beim Pancreas divi-
tmd Phospholipase werden als aktive Enzyme sezerniert. sum verbinden sich dorsale tmd ventrale Pankreasanlagen
nicht oder mrr sehr unvollkommen. Das Pankreassekret
Cholecystokinin Das Hormon Cholecystokinin (CCK) fließt dann hauptsächlich über die akzessorische Pankreas-
stimuliert die Bildung der Pankreasenzyme (und auch papille ins Duodemun. Der Gang des ventralen Pankreas
die Abgabe der Gallen11üssigkeit aus der Gallenblase, Abb. bleibt dagegen klein. Das geHihrliehe Pankreaskarzinom ent-
10.94). Dieses Hormon wir d in endokrinen Einzelzellen in steht in über 90~ der Fälle aus Gangepit:helzellen.
Duodenwn und }ejunwn produziert und unter dem Ein-
fluss langkettiger Fettsäuren, essenzieller Aminosäuren und
auch Magensäure im Dünndann freigesetzt. C] 10 Lernhinweise zu Kapitel lO
KAPITEL

Endokrine Organe
11.1 Organe und Zellen des endokrinen 11.4 Epiphyse .. Pinealorgan . . . . . . . . . . . . . 361
Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
11.5 Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
11.2 Hormone- Aufgaben und Wirkung . . . . . 348 11.5.1 Schilddrüsenfollikel . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
11.2.1 Endokrine, parakrine und autokrine 11.5.2 Follikelepithelzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
Signalgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 348 11.5.3 C-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366
11.2.2 Chemie der Hormone . . . . . . . . . . . . .. . . 349
11.6 Nebenschilddrüse (Epithelkörperchen) . . 367
11.2.3 Hormonspeicherung . . . . . . . . . . . . . .. . . 350
11.6.1 Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 7
11.2.4 Hormonfreisetzung . . . . . . . . . . . . . . .. . . 350
11.6.2 Parathormon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
11.2.5 Hormontransport . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 350
11.2.6 Hormonabbau . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 350 11.7 Nebenniere 369
11.2. 7 Hormonrezeptoren . . . . . . . . . . . . . . .. . . 350 11.7 .1 Nebennierenrinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
11.2.8 Regulation der Hormonbildung . . . . . .. . . 353 11.7 .2 Nebennierenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

11.3 Hypothalamus-Hypophysen-System . . . . 353 11.8 System der disseminierten gastro-entero-


11.3.1 Hypothalamus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 pankreatlschen endokrinen Zellen . . . . . 374
11.3.2 Hypophyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 11.8.1 Endokrine Zellen im Magen-Darm-Trakt ... 374
11.8.2 Langerhans-Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Das endokrine System ist ebenso wie das Nervensystem und Nervenzellen sind phylogenetisch die ältesten Zellen, die
das Immunsystem ein System, das mithilfe von Signalmole- endokrine Signalstoffe bilden. Auch beim Menschen bilden
killen die Funktionen der verseWedenen Organe des Kör- Neurone des Hypothalamus noch eine Reihe von Hormo-
pers koordiniert und reguliert. Die Signahnoleküle des nen (Neurohormone). Es ist daher nicht verwunderlich,
endokrinen Systems werden Hormone oder Botenstoffe ge- dass endokrines System und Nervensystem zum Teil iden-
nannt. Sie werden ins Blut abgegeben tmd erreichen auf tische Signahnolckille bilden.
diesem Weg ihre Ziclzcllcn. Sie steuern zahlreiche grundle- Endokrines System, Nervensystem und Irrummsystem
gende Funktionen des Körpers wie z. B. Stoffwechselpro- arbeiten nicht unabhängig nebeneinander, sondern koope-
zesse, Wasser- und Elektrolythaushalt, Reifung, Wachstum rieren tmd becinfl ussen sich gegenseitig.
tmd Fortpflanzung.

11.1 Organe und Zelle n des endokrine n Syst ems


___________________________________ ZurOrientierung -----------------------------------
Endokrine Org-ane sind Hypophyse, Schilddrüse, Neben- Einzelzellen sind Ovarien, Hoden, Magen-Darm-Trakt,
schilddrüsen, Nebennieren und Epiphyse. Org-ane mit Pankreas, aber auch 1hymus, Herz und Niere.
größeren endokrinen Zellgruppen oder vielen endokrinen

Endokrine Organe • Hypophyse: Die Hypophyse besteht aus der epithelial


Überblick Endokrine Organe sind Drusen, die Hormone attfgebauten Adenohypophyse und der aus Nervenge-
bilden. Diese werden in den Blutstrom abgegeben, tun auf webe aufgebauten Neurohypophyse. Die Adenohypo-
diesem Weg zu ihren Zielzellen zu gelangen. Diese Form physe enthält überwiegend azidopWle (Wachstumshor-
der Sekretion wird .,innere" Sekretion (endokrine Sekre- mon, Prolactin) und basophile Zellen (MSH, ACfH,
tion) genannt und steht im Gegensatz zur Sekretion exo- TSH, FSH , LH). In der Neurohypophyse enden Axone
kriner Drüsen, die ihr Produkt in Gänge abgeben, die es an aus hypothalamisehen Kernen und geben Wer ihre Hor-
innere oder äußere Oberflächen leiten. Zu den endokrinen mone (Oxitocin, ADH) ins Blut ab. Sie ist also ein Neuro-
Org-anen zählen: hämalorgan.
348 11 Endokrin e Organe
• Schilddriise: Die Schilddrüse bildet die jodhaltigen meist tubuläre Mitochondrien Lmd Lipideinschlüsse ge-
Schilddrüsenhormone Thyroxin Lmd Trijodthyronin. In kennzeichnet, ihnen fehlen membranbegrenzte Sekre-
den C-Zellen, die erst im Laufe der Entwick!Lmg in die tionsgranula.
Schilddrüse einwandern, wird Caldtonin gebildet.
• Neben schilddrüsen = (Epithelkörperchen}: Die 4 Neben- Die endokrinen Organe zählen zu den bestdurchbluteten
schilddriisen bilden das Parathormon. Organen. Jede endokrine Zelle grenzt mindestens an eine
• Nebenn ieren: Oie Nebennieren bestehen aus 2 Anteilen, Blutkapillare. Die Kapillaren si.n d fenestriert.
der Nebennierenrinde (bildet Mineralocorticoide, Gluco-
corticoide und Geschlechtshormone) und dem Neben-
nierenmark (bildet Adrenalin und Noradrenalin).
Endokrine Zellgruppen und endokrine Einzel-
zellen in anderen Organen
Auch die Epiphyse ist ein endokrines Organ. Sie nimmt eine Überblick Bei den Organen mit endokrinen Zellgruppen
Sonderstellung ein, da sie primär keine Drüse, sondern ein oder endokrinen Einzelzcllen stehen nicht endokrine FLmk-
Hormon bildendes Lichtsinnesorgan ist, das sich aus dem tionen stark im Vordergrund, oder sie besitzen neben der
Zwischenhirn entwickelt hat Sie ist nicht epithelial gebaut endokrinen Funktion noch wesentliche andere Aufgaben.
Lmd lässt ihre neuronale HerkLmft noch klar erkennen. Zu ilinen gehören:
• Ovarien: Kap. 13.3.2
Endokrine Zellen In den großen endokrinen Organen • Hoden: Kap. 13.2.1
sind die Hormon bildenden Zellen dicht gelagerte Epithel- • Magen -Darm-Trakt: Im Epithel des Magen-Dann-
zellen. Sie bilden oft Zellstränge, -knäuel oder Follikel Trakts befindet sich eine riesige Zahl verschiedener endo-
(Schilddrüse), die von einer Basallamina begrenzt werden. kriner Einzelzellen, deren WirkLmg i. A. auf den Magen-
Die benachbarten endokrinen Zellen sind über Desmoso- Dann-Traktbeschränkt ist.
men und Nexus verbLmden, die Schilddrüsenzellen zusätz- • Pankreas: Die endokrinen Anteile des Pankreas sind
lich über Zonulae occludentes. Proteo- bzw. Peptidhormon die Langerhans-Inseln, in denen in jeweils eigenen Zellen
bildende Zellen Lmterscheiden sich deutlich von Steroid- insbesondere Insulin (B-Zellen) und Glucagon (A-Zellen)
hormon bildenden Zellen: produziert werden.
• Proteo- bzw. Peptidhormon bildende Zellen besitzen
ein gut entwickeltes raues ER und einen aktiven Golgi- Auch in 1hymus, H erz und Niere werden Hormone gebildet.
Apparat, aus dem die kennzeichnenden kleinen Sekre-
tionsgranula hervorgehen. Die Granula enthalten neben Endokrine Einzelzellen sind entweder locker in den Epi-
dem Hormon oft auch T rägerproteine, beide werden exo- thelien der entsprechenden Organe verteilt (disseminierte
zytotisch aus der Zelle ausgeschleust Gegen die H ormone endokrine Zellen, z. B. im Epithel des Magen-Darm-Trakts)
vieler Peptidhormon bildender Zellen existieren heute oder bilden Gruppen in ilinen, wie die Langerhans-Inseln
Antikörper, sodass sie mit immunhistochemischen Me- im Pankreas oder die Granulosazcllen Lmd die Theca-inter-
thoden dargestellt werden können. na-Zellen im Ovar. Auch endokrine Einzelzellen sind meist
• Steroidhormon bilden de Zellen sind durch glattes ER, Epithelzellen.

11.2 Hormone - Aufgaben und Wirkung


_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Die Zellen der endokrinen Organe bilden jeweils spezifische pathophysiologische Verständnis der einzelnen Hormone
Signalmoleküle, die Horn1one, die meistens auf dem Blut- wichtig sind. Von großer Bedeutung sind die versdUcdenen
weg ihre Zielzellen erreichen. Die meisten Hormone sind Hormonrezcptoren, über die Gene und Stoffwechselwege
Peptide bzw. Proteine oder Steroide. Synthese, intrazellu- der Zielzellen beeinflusst werden. Die Preisetzung der Hor-
läre Speicherung, Freisetzung, Transport im Blut und Ab- mone ist versciUcdenartig reguliert.
bau sind jeweils Prozesse, die flir das physiologische Lmd

Hormone besitzen wesentliche, für das Überleben des Orga- Hormone in den Blutstrom ab, der sie im Körper verbreitet.
nismus und der Arten notwendige Funktionen. Die folgen- Diese VerbrcitLmgsform der Hormone heü!t endokrin im
den beispielhaften Hinweise sollen das illustrieren: Hormo- engeren Sinne (Abb. 11.1a}, manchmal auch hi:imokrin.
ne regulieren Wachstum, Fortpflanzung und Entwicklung. Auch Nervenzellen können Hormone bilden und ins Blut
Sie passen den Organismus an wechselnde Bedingungen an abgeben. Diesen Vorgang bezeichnet man als nenroendo-
und spielen außerdem essenzielle Rollen im Stoffwechsel krine Sekretion.
und bei der Regelung von Homöostase, Ernährung sowie
Wasser- und Mineralhaushalt Parakrine Signalgebung Von parakrinem Mechanismus
(parakriner Sekretion, parakriner Signalgebung) spricht
11.2.1 Endokrine, parakrine und man, wenn H ormone auf dem Wege der Diffusion durch
das Bindegewebe ihre in der Nähe gelegenen Zielzellen er-
autokrine Signalgebung reichen (Abb. 11.1b, c). Die Signalmoleküle der parakrinen
Endokrine Signalgebung Die typischen endokrinen Or- Kommunikation werden zwn Teil auch (l okale) Mediato-
gane (z.B. Adenohypophyse und Schilddrüse) geben die ren oder Gewebehormone genannt. Beispiele für parakrine
11.2 Hormone- Aufgaben und Wirkung 349

Signalmoleküle sind Zytokine, Histamin, Bradykinin, NO,


Serotonin und physiologisch aktive Metaboliten der Arachi-
donsäure (z. B. Prostaglandine, Leuko triene und Thromb-

0 oxane). Zellen, die solche Wirkstoffe abgeben können, sind


u. a. Makrophagen, Lymphozyten, Endothelzellen und glat-
te Muskelzcllen.
,,
,
,' _..__ _ ___.__ Autokrine Signalgebung Wenn Signalmoleküle auf die-
Blutgefäße <',, selbe Zelle zurückwirken, die sie produziert hat, spricht
man von autokriner Signalgebung. In der Embryonal- und
' Fetalentwicklung sorgen autokrine Signale dafür, dass eine
Zelle eine einmal eingeschlagene Difl'erem.ierungsrichtung
b eibehält. Dies wird besonders efl'ektiv, wenn sich Gruppen
0 von Zellen in derselben vVeise differenzieren. Bei erwachse-
nen Menschen gehören Prostaglandine und manche Zyto-
kine zu den Mediatoren mit autokrinem Wirkmechanis-
C::::> C::::> C::::>- -Zielzellen nms. Auch Wachstumsfaktoren wie der insulinähnliche
Wachstmusfakto r I (JGP I) können auf die Zelle, die sie
a sezerniert h at (1- B. Chondrozytcn), zurückwirken.
Epithelzellen
Verteilung der Mechanismen Zwischen den 3 genann-
ten Mechanismen existieren keine klaren zcll- und moleku-
larbiologischen Grenzen. Hormone wie das Insulin können
zugleich endo-, para- und autokrin aktiv werden. Typische
endokrine Zellen sind Epithelzellen. Para- und autokrine
Mechanismen spielen sich dagegen vor allem im Bindege-
webe ab. Para- und autokrine Signalmoleküle spielen bei
der Regulation verschiedener Prozesse wie Gewebcdifteren-
Zielzelle z.ierung (z. B. im Knochenmark), Gewebewachstum, Im-
Blutgefäß
(z. B. Muskelzelle) munmechanismen und Entzündungsreaktionen eine wich-
tige Rolle.
b

11.2.2 Chemie der Hormone


Fast alle Hom10ne sind Proteine, Glykoproteine und Pep-
tide, Steroide oder Aminosäurederivate (Schilddrüsenhor-
mone, Dopamin, Adrenalin, Serotonin):
• Prot eo- bzw. Peptidbormone: Sie werden zunächst als
große Proteinvorläuferhormone (Prohormone) synthe-
tisiert, die dann noch intra- und/oder extrazellulär zur
aJ...'tiven Wirkstoflform umgewandelt werden. Besonders
aufwendig sind die Prozcssierungsschritte der Schild-
drüsenhormone 1hyroxin und Trijodthyronin.
• Steroidbormone: AusgangsmoleklU ist das Cholesterin,
das in mehreren enzymatisch katalysierten Schritt.en zu
verschiedenen Horm onen (z.B. Östrogenen oder Testo-
Abb. 11.1 Formen der Hormonsekretion (Schema). steron) umgeformt wird. So sind z.B. mindestens 6 En-
a: Endokrinie im engeren Sinne (e Hämokrinie). Die typi- zyme und somit 6 Gene erforderlich, mn Cholesterin zu
schen endokrinen Zellen geben ihr Produkt, die Hormone, in EstradiolLunzubilden.
die Blutgefäße ab (rote Pfeile). Mit dem Blutstrom erreichen • Aminosäurederivate: Aminosäuren als Ausgangsver-
die Hormone ihre Zielzellen. b: Parakrinie von endokrinen bindungen werden enzymatisch wngebaut. Tyrosin ist
Epithelzellen. Die Hormone werden basal von einer Epithel- z.B. der Vorläufer ftir Ad renalin, Noradrenalin und von
zelle abgegeben und erreichen mittels Diffusion durch das 1hyroxin.
Bindegewebe die in der Nähe gelegenen Zielzellen. Im Rah-
men der Parakrinie kann das Hormon über kurze Strecken Stickstoffmonoxid Ein ganz ungewöhnlicher Botenstoff
auch im Blut transportiert werden. c: Parakrinie in Binde- ist Stickstoffinanoxid (NO), das als in Fndothelzellen gebil-
und Muskelgewebe. Sekretion von Gewebshormonen am Bei- deter vasedilatierender Pakto r entdeckt wurde. NO wird
spiel der Mastzelle. Die Wirkstoffe werden vor Ort in Nähe aus L-Arginin mithilfe des Enzyms NO-Synthase (NOS) ge-
der Zielzelle sezerniert. bildet. NO-Syntha se wird über einen k omplexen Signal weg,
in dem Ca 2•-Calmodulin eine wesentliche Rolle spielt, akti-
viert. Es gibt 3 Isoformen der NO-Synthase:
• neuronale NOS (nNOS), in Gliazellen und nitrergen Neu-
ronen
• induz.ierbare NOS (iNOS), z.B. in Monozyten, Makro-
3 50 11 Endokrine Organe

phagcn, glatten Muskelzcllen, Endothelzellen kleiner • Besitzen solche Rhythmen eine Periodik von 24 Sttmden,
Blutgefäße, und werden sie zirkadiane (diurnale) Rhythmen genannt.
• endothcliale NOS (eNOS), in Endothelzellen vor allem Ein typischer zirkadiaocr Rhythmus mit dem Höhepunkt
größerer Gefaßc, z.B. Hirngefäßcn, an deren Tonusregu- der Sekretion in den frühen Morgenstunden liegt beim
lierung auch dienNOSbeteiligt ist. Cortisol vor.
• Manche Hormone werden in Minuten- oder Stunden-
Die Halbwertszeit von NO beträgt nur wenige Sekunden. rhythmus freigesetzt. Der Beginn eines solchen Rhythmus
Seine physiologischen Wirkungen sind sehr vielfältig und ist jeweils durch massive H ormonfreisetztmg gekenn-
betreffen vor allem Herz- und glatte Muskelzellen (inhalier- zeichnet. Beim Insulin liegt ein 12- bis 15-miniitiger Frei-
tes NO relaxiert die Bronchialmuskulatur). NO aktiviert die setzungsrhythmus vor. Eine H ormonfreisetzuns in solch
zytoplasmatische Guanylatcyclase, die GTP in zyklisches kurzfristigem Rhythmus heißt auch pulsatile Freisetzung.
GMP tunwandelt GMP aktiviert die Proteinkinase G, die • Neben kurzen Rhythmen gibt es auch langfristige Rhyth-
Caldwn intrazellulär absenkt, was zur Vasodilatation (Er- men, z.B. Monatsrhythmen (Menstruationszyklus) und
schlaffung der glatten Muskulatur) führt. Jahresrhythmen (saisonale Rhythmen).

Klinik Seit über 100 Jahren wird Glyceroltrinitrat (Nitro- 11.2.5 Hormontransport
glycerin) therapeutisch bei Angina-pectoris-Anfällen zur
Viele Peptidhormone und biogene Amine werden in gelös-
Erweiterung der Herzarterien eingesetzt. Bis vor Kurzern
ter Form im Blutplasma transportiert, was ihre kurze Halb-
war jedoch die physiologische Rolle des dabei frei werden- wertszeit erklärt (3 -7 min}. Manche Hormone wie Schild-
den Stickstoffmonoxids unbekannt.
drüsen- oder Steroidhormonc lösen sich nur schwer oder
Die Peniserektion wird durch eine NO- tmd GMP-ver- gar nicht in Wasser Lmd werden im Blut ganz überwiegend
mittelte Dilatation der Arterien und Lakunen des Corpus
an Proteine gebunden. Die Hormo ne sind entweder an spe-
cavernosum erreicht. Die Erektion kann therapeutisch ver-
zifische Transportproteine oder an Albumin gekoppelt. Nur
längert werden, wenn der Abbau des GMP (z. B. durch ca. S<Xo des Cortisols liegt im Blut frei (d. h. nicht an Proteine
Sildenafil) verzögert wird.
gebtmden) vor. Nur die "freien Hormone" sind physiolo-
gisch aktiv.
11.2.3 Hormonspeicherung
Endokrine Zellen bzw. Organe haben nur begrenzte Kapa- 11.2.6 Hormonabbau
zität, Hormone zu speichern. Proteo- tmd Polypeptidhor- Peptidhormone werden in iliren Zielorganen durch Protea-
mone werden in Zytoplasmatischen membranbegrenzten sen abgebaut. Schilddr üsen- und Steroidhonnone werden in
Sekretion sgranula gespeichert, die den Stereidhormon bil- mehreren Schritten mit dem Ziel abgebaut, sie in eine was-
denden Zellen fehlen. Steroidhom1one diffundieren nach serlösliche Form zu übcrftiliren, um sie über den Urin oder
ilirer Synthese sofort ins Blut. Der Hoden enthält z. B. jeweils die Galle ausscheiden zu können. Der Abbau der Stereid-
nur 1/ 15 der täglich produzierten Menge an Testosteron. hormone erfolgt in der Leber über Reduktion und Hydroxy-
Der Ausfalllebenswichtiger endokriner Organe wie z.B. der lierung. Als Endprodukt entsteht ein wasserlösliches Glu-
Nebenschilddrüse oder der Langerhans-Inseln ftilirt daher kuronid- oder Sulfatkonjugat.
in sehr kurzer Zeit zu akut lebensbedrohlichen Symptomen.
Eine Ausnahme bildet die Schilddrüse, die ilir Honnon ftir
ca. 2 Wochen speichern kann. 11.2. 7 Hormonrezeptoren
Die Zielzellen der Hormone sind mit spezifischen Rezeptor-
11.2.4 Hormonfreisetzung molekülen ausgestattet, die den ERckt der Hormone vermit-
teln. Diese Rezeptoren liegen entweder intrazellulär (im
Mechanismus Die in intrazelluläre Granula verpackten Zytoplasma oder im Zellkern) oder in der Zellmembran vor.
Proteo- und Peptidhormone (z. B. Ca\citonin, Insulin und Über alle Rezeptoren werden auf unterschiedlichen Wegen
Prolactin) werden per Exozytose freigesetzt. Stereidhor- Gene oder Stoffwechselprozesse aktiviert oder auch ge-
mone werden nicht in Granula verpackt tmd verlassen die hen1.111t.
Zelle durch einen Diffusionsprozess. Synthese tmd Freiset-
zung sind oft ftmktionell gekoppelt. Die Freisetztmg der
Schilddrüsenhormone T3 und T 4 ist besonders kompliziert. Zytoplasmatische und nukleäre Rezeptoren
Sie entstammen einem großen Glykoprotein, dem 1hyro-
Mechanismus
globulin, das die Proteinvorstufe der Schilddrüsenhormone
darstellt tmd das extrazellulär im Pollikellumen gespeichert Die Schilddrüsen- tmd Stereidhormone binden an Zytoplas-
wird. Erst nach Wiederattfnahme in die Zellen und nach in- matische oder nuklcärc Rezcptormolcküle. Attfgrtmd ilirer
trazellulärer Proteolysc des 1byroglobulins in Lysosomen Lipidlöslichkeit können sie die Zellmembran leicht durch-
werden T3 und T 4 dttrch einen Diffusionsprozess freige- queren und den Rezeptor durch Diffusion erreichen. Es ent-
setzt. steht entweder ein Hormon-Rezeptor-Komplex im Zyto-
plasma (wie bei Cortisol, Testosteron und den weiblichen
Rhythmische Abgabe Bei manchen H ormonen werden Geschlechtshormonen}, der dann in den Kern wandert, oder
die Hormone in Beziehung zum Tagesrhythmus abgege- der Bonnonrezeptor befindet sich ausschließlich im Kern
ben, also zu Wach-Schlaf-Rhythmus, zu Rhythmen der selbst (wie bei den Schilddrüsenhormonen, Vitamin D tmd
Nahrungsaufnahme, zu Hell-dunkel-Zyklen, zu Entwick- Retinsäure). In beiden Fällen bindet der Honnon-Rezeptor-
lungsphasen oder zu anderen Rhythmen: Komplex letztlich an spezifische regulatorische Sequenzen
11.2 Hormone- Aufgaben und Wirkung 351

der DNA, was entweder zur Transkription bestimmter Gene Rezeptoren in der Zellmembran
oder zur Hemmung der Transkription führt. Wegen der
mittel- oder unmittelbaren Wirkung auf nukleäre DNA Mechanismus
werden alle Zytoplasmatischen und direkt nukleären Rezep-
Proteo- oder Peptidhormone binden an Membranrezep-
toren oft nur .,Dukleäre Rezeptoren" oder "Kernrezeptoren"
toren. Mit dieser Bindung setzen sie in der Membran oder
genannt.
im Zytoplasma molekulare Signalwege ("Signalkaskaden")
in Gang. Eine H ormon-Rezeptor-Bindung bewirkt sehr oft
Molekulare Struktur die Freisetzung eines Second Messenger (eines zweiten Bo-
tenstoffs) im Inneren der Zelle, der das Signal der Hormone
Auf m olekularer Ebene weisen alle intrazellulären Rezep-
aufnimmt und weitergibt (Abb. 11.2). Verschiedene H ormo-
toren Ähnlichkeiten auf und werden der Steroidhonnon-
ne können sich des gleichen Second Messenger bedienen.
Rezeptor-Superfamilie (intrazelluläre Rezeptor-Superfami-
Beispiele für Sccond Messenger sind zyklisches Guanosin-
lie) zugerechnet. Intrazelluläre Rezeptoren sind Proteine
monophosphat (cGMP) und Caldwn.
mit einer DNA-Bindungsdomäne, einer Honnonbindungs-
domäne und einer transkriptionsaktivierenden Domäne.
Merke Die gesamte Abfelge ve n melekularen Prezes-
sen - die Signalkette ve n der Bindung des H e rme ns an
Wirkungen den Rezcpte r bis zwn Effekt - wird Signaltransduktie n
genannt.
Die Bindung an die DNA füh rt oft innerhalb von ca. 30 min
zu einer schnellen Primärantwort, der dann nach Stunden
eine länger andauernde Sekundärantwort folgt. Manche Stc-
Molekulare Struktur
roidhormone, z.B. Östrogene und Glucocorticoide, besitzen
nicht nur Rezeptoren , die an DNA binden, sondern beein- Hormonrezeptoren in der Zellmembran sind Rezeptoren
flussen auch DNA-unabhängig Zytoplasmatische Signalwe- mit 7 Transmembrandomänen, Tyrosinkinaserezeptoren,
ge, sodass eine funktionelle Brücke (eng!: "cross talk") zwi- Serinkinaserczcptoren , Zytokinrezeptoren und Guanylyl-
schen Kern- und Membranrezeptoren entsteht. zyklaserczeptoren (Abb. 11.3).

Signalmolekül '~
(Honnon oder •
Wachstumsfaktor)
t
R
..
Upi!anker
' ".
Adenylatzytdase
..
Zelm41mbran
•• ••

ATP

ll"lllldllles G-Protein aktiviertes G-Proleln 0 -- cAMP


?.,~ .... regulalorlscha

-~
cAMP-abhängige - ---- · -- Untereinhall
Ptoteinkinase ~ •,
, (Proteinkinase Al ''• kalalytlacha
Phoephodlelle1"8118 Unteralnhall
baut cAMP ab.
aktivierte kal81yti8che
Kamhülle .- --Untereinhell wandert ln
' den Kam. Zytopluma

Zell um
aktivierte ka~sche
•~
CRE
• .- -- Untereinheit Ist in
den Kam verlagert.
CREB-~ -
DNA·-~ - Genaldivierung
Abb. 11.2 Signaltransduktionsweg vom G-Protein-gekoppelten Rezeptor (Abb. 11.4) über Adenylatzyklase, cAMP und Pro-
teinkinase A. Der Signaltransduktionsweg beginnt mit der Bindung des Signalmoleküls, z. B. eines Hormons, an den Rezeptor,
der mit einem G-Protein verbunden ist. Das G-Protein überträgt das Signal zu einem Zielprotein (Adenylatzyklase oder Ionen-
kanal, Abb. 11.4) in der ZeUmembran. Die Adenylatzyklase bildet aus ATP cAMP, das die Funktion eines Second Messenger
hat. cAMP bindet dann an die beiden regulatorischen Untereinheiten der cAMP-abhängigen Proteinkinase A, wodurch die bei-
den katalytischen Untereinheiten dieses Enzyms freigesetzt werden; cAMP wird von einer Phosphodiesterase abgebaut. Die
aktivierten katalytischen Untereinheiten wandern in den Kern, wo sie den Transkriptionstaktor CREB (CRE-Bindungsprotein),
der an CRE (..cAMP response element") gebunden ist, phosphorylieren. Dieser Prozess führt zur spezifischen Genexpression.
352 11 Endokrine Organe

Adenylatzyklase
I
I
I
I
G-Protein~ I
I
I I
I I
I I
I

I
I
zytosollsche
I - Kinase --Domänen der
I
I Serln/Threonln-
I
I
I
Kinase
I
I I
I I I
I I I
Hormonrezeptor mit I I
I
7 Transmembrandomänen, Tyrosinkinase- I Serln/Threonln-
G.Protein1jakoppelt Rezeptor GuanyJY!zyklase- Kinase-Rezeptor
Rezeptor Zytokln-
Rezeptor

Abb. 11.3 Molekulare Struktur verschiedener Hormonrezeptoren in der Zellmembran (Schema). Die Hormon bindende
Region der Rezeptormoleküle weist nach außen (im Bild oben). Zahlreiche Hormone besitzen einen Rezeptor vom Typ der
G-Protein-gekoppelten Rezeptoren mit 7 Transmembrandomänen. Ein Beispiel für die Tyrosinkinaserezeptoren ist der Insulin-
rezeptor. Er ist ein Tetramer und besteht aus 2 1!.· und 2 ß-Untereinheiten, die iiber Sulfhydrylgruppen verbunden sind.
Kinasen bzw. kinaseähnliche Enzyme sind meistens als ockerfarbige Kästchen gezeichnet. Ein Hormon, das an einen Guanylyl-
zyklaserezeptor bindet, ist das atriale natriuretische Peptid (ANP). Beim Zytokinrezeptor spielt die intrazelluläre Januskinase
eine wichtige Rolle. Sie ist nicht direkt Teil des Zytokinrezeptors, bildet aber eine funktionelle Einheit mit ihm. An einen Zy-
tokinrezeptor bindet z. B. das Wachstumshormon (GH).

Rezeptoren mit 7 Transmembrandomänen Diese Re- Adrenalin, Noradrenalin, Somatostatin, Vasopressin, Glu-
zeptoren (Abb. 11.3) sind funktionell mit den G-Proteinen cagon, Angiotensin li, Prostaglandine und Serotonin.
(Abb. 11.4) und einem weiteren Membranprotein mit En-
zymfunktion oder einem Ionenkanal verbLmden und besit· Tyrosinkinaserezeptoren Sie sind komplexe Rezeptor-
zenintrazelluläre Second Messenger (z. B. zyklisches AMP). moleküle mit extrazellulärer glykosylierter Hormon bin-
Eine HormonbindLmg an diese Rezeptoren kann aber auch dender Domäne und intrazellulärer Tyrosinkinase-Domä-
die Phospholipase A (oder andere AMP-abhängige Kina- ne. Hierher gehören der Insulinrezeptor und verschiedene
sen) aktivieren, was zur Zunahme freien zytosolischen Wachstmnsfaktorrezeptoren. Der Insulinrezeptor ist ein
Calciums fiihrt und Proteinkinase C aktiviert. Folgende Tetramer mit 2 extrazellulären a -Untereinheiten, die das
Hormone besitzen diesen Rezcptortyp: luteinisierendes Insulin binden, und zwei ß-Untereinheiten, die eine Trans-
Hormon (LH = Lutropin), lhyrcoidea stimulierendes Hor- membrandomäne und insulinabhängige Tyrosinkinase-
mon (TSH = Thyreotropin), Parathormon, Calcitonin, Aktivität besitzen (Abb. 11.3). Autophosphorylierung der
Tyrosinreste des Rezeptors setzt die intrazelluläre Signal-
kaskade in Gang.

Signalmolekül -~ Serin/Threonin-Kinaserezeptoren Sie vermitteln die


(Hormon oder . . ~ WirkLmg von Aktivin, "transforming growth factor" (TGF)
ß, knochenmorphogenetischen Proteinen (BMPs) Lmd an-
Wachstumsfaktor)
" "'"''I\ lonenkanal oder Enzym deren Hormonen bzw. Faktoren.
Rezeptor- - '
Guanylylzyklaserezeptoren Sie sind Rezeptormoleküle
'' mit einer intrazellulären Guanylylzyklase (= Guanylat-
"'
Zellmembran zyklase), die aus GTP zyklisches Guanosin-3',5'-Mono-
phosphat (cGMP) synthetisiert. Das cGMP ist dann Second
aktiv: rtes \ Messenger des entsprechenden Hormons. Das atriale natri-
G-Protein
G-Protein J uretische Peptid (ANP) ist ein Hormon der Herzmuskula-
tur mit einem Guanylylzyklaserezeptor, der in der Membran
weitere zelluläre von Nierenzellen, der Zona glomerulosa der Nebennieren-
Reaktionen rinde und glatten Muskelzellen der Gefäßwände vorkommt.

Abb. 11.4 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Das G-Pro- Zytokinrezeptoren Die Fan1ilie der Zytokinrezeptoren
tein besteht aus den Untereinheiten « , ß und y. Im Ruhe- besitzt selbst keine Kinaseanteile, jedoch sind mit ihr Tyro-
zustand ist GDP an die « -Untereinheit des G-Proteins ge- sinkinasen (sog. Januskinasen) assoziiert (Abb. 11.3). Die
bunden. Bindet das Signalmolekül an den Rezeptor, wird Bindung des Hormons an den Rezeptor fUhrt sowohl zu
GDP durch GTP ausgetauscht, und die tt-Untereinheit löst Phosphorylierung von Tyrosinresten des Rezeptors selbst
sich von den beiden anderen Untereinheiten. Sie interagiert als auch zu Phoshorylierung zellulärer Zielproteine. Bei die-
dann mit einem Zielprotein, z. B. einem Ionenkanal oder sen Phosphorylierungsvorg'cingen spielen die zytoplasmati-
einem Enzym. schen Januskinasen eine wesentliche Rolle. Neben diesem
11.3 Hypothalamus-Hypophysen-System 3 53

Signalweg existieren noch andere Signalwege. An Vertreter Hormon (Thyreoidea stimulierendem Hormon, TSH) im
dieser Rezeptorfamilie binden das Wachstumshormon, Blut an, um so die Konzentration an Schilddrüsenhor-
Prolactin, Erythropoietin und viele Zytokine. mon wieder zu erhöhen.
• Ähnlich wird die Sekretion von Parathormon oder Insu-
lin durch Rückkopplungssignale der Serumcalcitun- tmd
11.2.8 Regulation der Hormonbildung Serumglucosespiegel kontrolliert.
Riickkopplungskontrolle, sowohl negative als auch (selten) • Ein Beispiel ftir positive Rückkopplung bietet die Stimu-
positive, ist ein grundlegendes Merkmal endokriner Syste- lation der LH-Freisetzung durch OstradioI vor der Ovula-
me. Die Bildung einiger peripherer H ormone (Schilddrüse, tion.
Nebennierenrinde, Gonaden) wird von bestimmten Hor-
monen der Adenohypophyse, den glandotropen Hormo- Die meisten Rückkopplungsmechanismen setzen sich inner-
nen, reguliert. Oie glandotropen Hormone wiederum unter- halb von Minuten oder Stunden in Gang, sodass eine An-
stehen der Kontrolle hypothalamischer Neurohormone. passung an geänderte Stoffwechselerfordernisse schnell
Periphere endokrine Drüse und Hypothalamus/Adeno- möglich ist und die Homöostase aufrechterhalten wird.
hypophyse sind über meist negative Rückkopplungsmecha- Umwelteinflüsse ttnd nicht hormonale Faktoren können
nismen verbunden, sodass die peripheren Hormone ihre negative und positive Rückkopplungskontrollmechanismen
eigene Sckretionsn;~te regulieren können: ändern.
• Sinkt z.B. der periphere Schilddrüsenhormonspiegel,
steigt die Menge an adenohypophysärem glandotropem

11.3 Hypothalamus-Hypophysen-System
- - - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Im Hypothalamus gibt es verschiedene Kemgebiete, die der aus Nervengewebe aufgebauten Netrrohypophyse. Die
Hormone bilden: Ncl. supraopticus tmd Ncl. paraventri- Adenohypophyse besitzt azidophile oder basophile Drü-
cularis bilden die Effektorhormone ADH (antidittretisches senepithelzcllen. Die azidophilen Zellen bilden Wachs-
Hormon = Vasopressin) ttnd Oxytocin, die über Axone in turnsharrnon tmd Prolactin; die basophilen das FSH, LH,
die Nettrohypophyse wandern und hier ins Blut abge- TSH, ACTH ttnd MSH. Zu den seltenen sog. chroma-
geben werden. Andere Kerngebiete bilden die Steuerhor- phoben Zellen zählen z.B. erschöpfte Zellen oder Stamm-
mone, die die Adenohypophyse aktivierend oder hcm- zcllen. Der Grenzbereich der Adenohypophyse bildet den
mend beeinflussen. primär MSH-bildenden Mittellappen, der beim Menschen
Oie Hypophyse besteht aus der epithelial aufgebauten große Zysten ausbildet.
und besonders reich dttrchbluteten Adenohypophyse und

11.3.1 Hypothalamus ftihren venöse Pfortadergcfaße in die Adenohypophyse, die


Der Hypothalamus ist ein übergeordnetes Zentrum des en- sich dort in ein dichtes und weitlttrniges zweites Kapillarnetz
dokrinen Systems und auch des vegetativen Nervensystems aufspalten (hypothalamo-hypophysäres Pfortadersystem,
(Abb. 11.5). Er selbst empfangt Informationen aus der Um- Abb. 11.6).
welt, aus dem Ionern des Körpers und vielen Regionen des
Gehirns. Er ist eine Brücke zwischen vielen Bereichen des Neuroendokrine Neurone
ZNS und endokrinem System, insbesondere zwischen ZNS
und der Adenohypophyse. Diese Funktion wird dttrch sog. Die Hormon bildenden Neurone des Hypothalamus werden
hypothalamisehe Steuerhormone repräsentiert, welche die zusammen auch als neLtroendokrinc Neurone bezeichnet,
Hormonbildung der Adenohypophyse regulieren. Außer- ihre Hormone als NeLtrohormone. Aufgrund der Punktion
dem beeinflusst der H ypothala.mus einige Organfttnktionen ihrer Hormone lassen sich 2 Gruppen nettroendokriner hy-
direkt dttrch sog. Effektorhormone, z.B. die Rückresorp- pothalamischer Neurone tmterscheiden, die Effektorhor-
tion von Wasser aus den Sammclrohren der Niere. mon produzierenden Nettrone ttnd die Steuerhormon pro-
duzierenden NeLtrone.
Aufbau
Effektorhormon produzierende Neurone
Der Hypothalamus ist der Boden des Zwischenhirns. Er bil-
det eine ventrale trichterförrnige Ausstülpung, das Infundi- Hormonproduktion und -transport Die großen Peri-
bulum (Hypophysenstiel), dessen terminaler Anteil Neuro- karya (Abb. 11.7) in den 2 besonders reich kapillarisierten
hypophyse genannt wird. Den größten Teil der Wand des hypothalamisehen Kerngebieten Ncl. paraventricularis und
lnfundibulums nimmt die Eminentia mediana ein. Sie ist Nd. supraopticus (sog. nettrosekretorische Nettrone) pro-
wie die Neurohypophyse eine nemohämale Region, die in duzieren die 2 Effektorhormone Oxytocin ttnd antidiureti-
reichem Maße spezielle Blutkapillaren besitzt. An ihnen en- sches Hormon (ADH = Arginin-Vasopressin = AVP). Im
den die Axone von kleinen perlventrikulären Neuronen des Ncl. paraventricularis überwiegt die Oxytocinproduktion,
N. arcuatus und N. paraventricularis, die hier die Steuerhor- im Ncl. supraopticus wird überwiegend ADH gebildet.
mone der Adenohypophyse abgeben. Aus diesen Kapillaren Die Hormone werden an Trägerproteine (Neurophysine)
354 11 Endokrine Organe

psychisch-emotionale
EinflOsse
Informationen
vonaußen
___~ __ ./ .;._
Informationen
aus dem Körperinneren

HYPOTHALAMUS

VEGETATIVES
HYPOPHYSE NERVENSYSTEM

'-----+Oxytocin,ADH •

PERIPHERES ENDOKRINES SYSTEM

Niere Epithel·
körperchen
I
~8
1, 1

Stoffwechsel, Wachstum, Reifung, Ernährung, Reproduktion,


Wasser- und Mineralhaushalt

Abb. 11.5 Endokrines System (Schema) mit Hierarchie und Komponenten. Über den Hypothalamus ist das System mit dem
vegetativen Nervensystem verknüpft. (Aus [1])

gebunden und in 100 - 300 nm große elektronendichte Jen Zellmembran der Sammelrohre. Molekular bewirkt es
Granula verpackt. Sie wandern mittels axoplasmatischen den Einbau von Aquaporin-2 in die luminale Zellmembran.
Transports in dieN eurohypophyse, wo sie in den Blutstrom Das durch die Aquaporin-2-Moleküle in die Zelle aufge-
abgegeben werden (Abb. 11.6). Die Neurohypophyse ist nommene Wasser strömt dann rnittels der Aquaporine 3
also eine Region, in der Neurohormone ins Blut abgegeben und 4 in der basolateralen Membran ins hypertone Inter-
werden, d.h. eine Neurohämalregion. Hier werden keine stitium des Nierenmarks ab.
Hormone hergestellt. Die ADH-Neurone werden von Osmorezeptorzellen in
ihrer Nähe hemmend oder stimulierend beeinflusst. Es han-
Oxytocin Oxytocin ist ein Nonapeptid tmd steht im delt sich tun Nettrone, die außerordentlich empfindlich auf
Dienste der Reproduktionsbiologie, es stimuliert das Aus- Veränderungen der Plasmakonzentration des Natriums an-
pressen der Milch aus den Milchdrüsen der Brust und be- sprechen.
wirkt Kontraktionen der Gebärmutter (Wehen) tmter der Des l.Neiteren stimuliert ADH die Kontraktion der Gefäß-
Gebttrt. muskulatur (daher das Syn. Vasopressin).

ADH ADH ist auch ein Nonapeptid tmd erflillt seine Auf- Klinik Ein ADH-Mangel kann z. B. durch traumatische
gaben vor allem in der Niere, wo unter seinem Einfluss die Zerstörung des Hypophysenstiels mit dem Tractus hypo-
Wasserrückresorption in den Sammelrohren und in den thalamohypophysialis entstehen. ADH-Mangel führt zum
Endabschnitten des gewtmdenen distalen Nierentubulus Krankheitsbild des Diabetes insipid us, das durch Ausschei-
stattfindet. Es dient also der Reduktion der Wasserausschei- den großer Mengen (zwischen 3,5 I und maximal bis gegen
dung und damit der Harnkonzcntrierung und hat somit 40 I) an hypotonem Urin gekennzeichnet ist.
einen antidiuretischen (Anti-Harnfluss-)Effekt. ADH bin-
det an einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor in der basa-
11.3 Hypothalamus-Hypophysen- System 3 55

I Hypothalamus I
Nucleus
supraopticus
Nucleus
paraventricularis

.. -.....
'
'
'•
'0
Chiasma
opticum

A. '
hypophysialis'
superior
A.
, hypophysialis
inferior

Abb. 11.6 Verkn üpfung von Hypo-


thalamus und Hypophyse (vereinfach-
tes Schema). Im Hypothalamus treten
einerseits große neurosekretorische
Perikarya (grün) im Ncl. supraopticus
und NcL paraventricularis auf, und '0 '0
andererseits kommen hier in verschie- Adenohypophyse mit Neurohypophyse mit
Freisatzung von Neurohämalregion,
denen Kernen kleinere neuroendokrine STH, Prolaktin, FSHo Freisatzung von
Perikarya (gelb) vor. LHoTSHoACTH , MSH ADH und Oxytocin

Ein Beispiel für ein Steuerhormo n ist das TRH ('lhyro tro-
pin-Releasing-Hormon), ein Tripeptid (pyro-Glu-His-Pro-
NH2)o das die 1hyrotropin(= TSH)-Abgabe, aber auch die
Prolactinsekretion in der Adenohypophyse stimuliert
c
Abb. 11.7 Zwei Perikarya
im Ncl. paraventricularis. 11.3.2 Hypophyse
Die Hypophyse wiegt ca. 600 mg und ist ein annähernd ha-
selnussgroßes Organ in der Sclla t urdca des Os Sphenoidale
(Keilbeins), wo sie in einem beso nderen Kompartiment zwi-
Steuerhormon produzierende Neurone schen innerem und äußerem Blatt der Dura mater gelagert
Kleinere Perikarya verschiedener hypothalamischer Kerne, ist. Sie liegt unmittelbar unter dem Hypothalamus, mit dem
auch solche des Nd. paraventricularis, bilden die Releasing- sie strukturell und funktio nell eng verbLmden ist (Abb. 11.5,
(Liberine) oder Inhibiting-Hormone (Statine) für adenohy- Abb. 11.6). Die Hypophyse besitzt eine komplexe Gefaßver-
pophysäre Hormone, d. h., sie fördern oder hemmen die sorgung: links und rechts je eine obere und untere Hypo -
Sekretion der H ormone in der Adenohypophyse. Die Relea- physenarterie und spezielle Pfortadergefaße aus der Emi-
sing- und Inhibiting-Hormone werden axonal in die Emi- nentia mediana (Hypophysenstiel).
nentia mediana transportiert, wo sie in spezielle Blutkapilla- Die Hypophyse besteht aus 2 Teilen mit ganz unter-
ren abgegeben werden. Die Hormone gelangen dann über schiedlicher Struktur und Entwicklung:
Portalgefeiße in die Adenohypophyse, wo ihre Zielzellen lie- • Adenohypophyse (epithelialer Aufbau, Hypophysenvor-
gen (Abb. 11.6). Alle adenohypophysären Hormone werden derJappen [HVL] = Lobus antcrior)
pulsatil freigesetzt. • Neurohypophyse (Aufbau aus Nervengewebe, Hypophy-
356 11 Endokrine Organe

senhinterJappen [HHLI = oft auch LobtiS posterior ge- In allen Regionen kommen ttoregclmäßig gestaltete knäuel-
nannt). oder strangfdrmige Gruppen endokriner Zellen vor, die von
einer Basallamina und zartem retikulärem Bindegewebe
umgeben sind ttod in einem Netzwerk weiter sinusoidaler
Adenohypophyse Kapillaren von Blut urriSpült werden. Wie in den anderen
endokrinen Organen sind die Kapillaren sehr diinnwandig
Entwicklung ttod fenestriert.
Die Adenohypophyse entsteht embryonal aus der Rathke-
Tasche des ektodermalen Rachendachs, die pluripotente Pars distalis Die Pars distalis bietet das typische Bild der
Stamm.zcllcn enthält, deren Differenzierung von verschiede- Adenohypophyse mit dicht gepackten Knäueln od er ge-
nen Transkriptions- und Wachsturnsfaktoren gesteuert wundenen Strängen endokriner Zellen. Hier kommt die
wird. Es kommt dabei zur En twicklung spezifischer Zell- Masse der Honnon bildenden Zellen vor.
linien. Der Transkriptionsfaktor Pit-1 bestimmt z. B. die zell-
spezifische Expression von GH, PRL und TSH in somato-, Pars intermedia Die Pars Intermedia (Mittellappen =
lacto- und thyreotropen Zellen. Enthalten dann Zellen mit Zwischenlappen) bildet die Grenu.one der Adeno- zur
Pit-1 im Zytoplasma z. B. viele Östrogenrczeptoren, dann be- Neurohypophyse. In ihr findet man neben N estern baso-
giinstigt dies PRL-Exprcssion. Ausgereift besteht die Adeno- philer, vorwiegend MSH-bildender Zellen (s.u.) auch un-
hypophyse aus dicht gelagerten endokrinen Drüsenzellen. terschiedlich große follikuläre oder zystische Strukturen
(Abb. 11.9a). Die Zysten, die un terschiedlich groß sind, ent-
halten ein "Kolloid" genanntes proteinhaltiges Material. In
Regionen ihrer unterschiedlich gebauten epithelialen Wand kommen
Die Adenohypophyse wird in 3 unscharf begrenzte Regio- zilientragende Zellen vor. In manchen Bereichen grenzen
nen gegliedert (Abb. 11.8): baso- ttod azidophile Zellen an das Zystcnltm1en. Die Zys-
• Pars distalis (vorn gelegener Hauptteil der Adenohypo- ten werden zttmindest teilweise als Reste der Rathke-Tasche
physe) angesehen. Bei Kindern kann noch eine gröHere Hypophy-
• Pars intermcdia (Grenzgebiet zur Neurohypophyse, Mit- senhöhle als Rest der Rathke-Tasche attft.reten; in der Hin-
tellappen, Zwischenlappen) terwand dieser Höhle kommen lokal zilientragende Epi-
• Pars tuberalis (Tricbterlappen, legt sich dem Hypophy- thelzellen vor, in der Vorderwand der Höhle befinden sich
senstiel an). typische baso- und azidophile Zellen. Bei vielen Säugetieren

Abb. 11.8 Hypophyse, Sagittalschnitt Pars distalis (1), tuberalis (3) und intermedia (2) bilden zusammen die Adenohypo-
physe, 4 Neurohypophyse. Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 12-fach. (Präparat B. Romeis, München)
11.3 Hypothalamus-Hypophysen-System 3 57

fehlen solche Zysten und der Mittellappen besteht aus dicht Azidophile Zellen
gepackten, basophilen endokrinen Zellen und ist deutlich Zelltypen Die meisten endokrinen Zellen sind azidophile
von der Pars distalis abgesetzt (Abb. 11.9b ).
Zellen (mit saur en Farbstoffen an färbbar). Das Zytoplasma
enthält Granula, die sich mit Eosin, Phloxin tmd anderen
Pars tuberaUs Die Pars tuberalis besteht aus wenigen
Farbstoffen rot anfachen (Abb. ll. lOa). Es lassen sich lakto -
Zellschichten ganz überwiegend basophiler Zellen, die sich
trope und somatotrope azidophile Zellen unterscheiden,
dem Hypophysenstiel außen anlegen.
die eine gemeinsame Vorlättferzelle besitzen:
• Laktotrope Zellen: Sie machen 20~ der Adenohypo-
Zellen physenzellen aus und sezernieren Prolactin. In der
Schwangerschaft steigt ihre Zahl - durch Östrogen indu-
Unter den dichtgepackten endokrinen Zellen der Adenohy- ziert - auf bis zu 70~ der Adenohypophysenzellen an.
pophyse werden lichtmikroskopisch 3 Zellgruppen unter- Die Sekretionsgranula sind relativ groß (bis zu 700 nm
schieden: Durchmesser) und besitzen ein e etwas unregelmäßige
• azidophile Zellen Gestalt. Sie sind bei Männcrn deutlich seltener als bei
• basophile Zellen Prauen.
• chromophobe Zellen. • Somatatrope Zellen: Sie bilden das Wachstmnshonnon
(Somatotropin, somatotropes Hormon [STHJ = "growth
Die Begriffe azidophil und basophil beziehen sich hier auf
hormone" [GHJ) und machen ca. 50 ~ der Adeno-
Färb eeigenschaften der Zytoplasmatischen hormonhaltigen hypophysenzellen aus (Abb. l l.IOb), deren Aktivität mit
Sekretionsgranula (Abb. l l.lOa). Azido- und basophile Zel-
zunehmendem Alter zttrückgeht. Ihre Granula sind
len werden auch unter dem Begrifr chromophile Zellen zu- rundlich und messen ca. 300 - 350 nrn im Dttrclunes-
sammengefasst. Thnen stehen die seltenen chromophoben
ser.
Zellen gegenüber. Alle Zellen können überall in der Adeno-
hypophyse gefunden werden. Die zahlreichen AzidephiJen
Merke Laktotrope Zellen sezerni eren Prolactin, somato-
kommen jedoch lateral und in den hinteren Abschnitten der
trope Zellen W achsttunshormon.
Adenohypophyse besonders häufig vor. Die zum Teil recht
großen BasephiJen sind zentral und vorn konzentriert. Die
gonadotropen Zellen, die zu den Basophilen gehören, sind Hormone Prolactin tmd Wachstumshom1on weisen mo-
lateral relativ häufig. Oft dringen Basophile in die Neurohy- lekulare tmd funktionelle Homologien attf und gehen auf
pophyse ein (Basophilenlnvasion). ein gemeinsames Vorläufermolekül zurück; verwandte
Den azido- und basophilen Zellen gehören unterschied- Hormone werden im Synzytiotrophoblasten der Plazenta
liche H ormon bildende Zellen an, die spezifisch mit immun- gebildet. Eigenschaften von Prolactin und Wachsttuns-
histochernischer Methodik dargestellt werden können hormon sind in Tabelle 11.1 zusanunengestellt.
(Abb. ll.lOb, c).

a b
Abb. 11.9 Pars Intermedia der Hypophyse. a: Übersicht über die Parsintermedia des Menschen mit größeren Zysten(* ).
1 Pars distalis der Adenohypophyse; 2 Neurohypophyse, in den Basophile eingewandert sind (-+). Färbung: Chromhäma-
toxylin-Phloxin; Vergr. 110-fach. b: Hypophyse der Katze mit deutlich abgesetzter Parsintermedia (P.I.), 1 Pars distalis der
Adenohypophyse, 2 Neurohypophyse. Färbung: Azan, Vergr. 250-fach. Präparate Prof. B. Romeis, München.
358 11 Endokrine Organe

d
Abb. 11.10 Adenohypophyse, lichtmikroskopische Präparate; Mensch. a: H. E.-Färbung mit azidophilen (rot, *) und
basophilen (violett-blau, .... ) Zellen; einzelne chromophobe Zellen (ungefärbt, ~); 1 sinusoidale Kapillaren. Vergr. 260-fach.
b: Immunhistochemischer Nachweis von Wachstumshormon (Rotfärbung positiv reagierender Zellen). Vergr. 450-fach.
c: Azidophile (rot) und Basophile (blau) in verschiedener Größe und Farbintensität; 1 Sinusoidale Kapillaren. Färbung: Azan,
Vergr. 450-fach. d: Sternzellen (schwarz) in der Adenohypophyse. Färbung: Versilberung nach Hortega, Vergr. 450-fach.
e: Adenohypophyse mit einer Gruppe kleiner azidophiler Stamm- bzw. Vorläuferzellen (~). Färbung: H. E., Vergr. 450-fach.
(Präparate (außer b] Prof. B. Romeis, München)
11.3 Hypothalamus-Hypophysen-System 3 59

Tab. 11.1 Prolactin und Wachstumshormon (GH) als Hormone der az; dophilen Zellen.

Kriterium Funktton Fre;setzung Regulierung


Prolactin • induziert Milchbildung in der • pul.satil, höchste Plasmaspiegel • Dopamin als hemmender Faktor
Mikhdrüse zwischen 4 und 6 Uhr morgens
• unterdrückt sexuelle und repro- (Freisetzung während REM-
duktive Funktionen während der Schlafs)
Aufzucht des Kleinkindes • besonders nach Mahlzeiten, kör-
• fördert fürsorgliches Verhalten perlicher Tätigkeit und bei ver-
bei Eltern und stimuliert den schiedenen Formen von akutem
Appetit Stress
• fördert die Calciumresorption im
Darm und mobilisiert Knochen-
cakium
Wachstums- • Stimulation von Proteinsynthese • pul.satil, höchste Sekretionsrate • GHRH ("growth hormone-releas-
hormon und Lipolyse nachts ing hormone") des Hypothalamus
• fördert das Knochenwachstum • beim Erwachsenen deutlicher stimuliert GH-Sekretion und Pro-
• fördert die Proliferation und Dif- Rückgang der Hormonaktivität liferation der GH-Zellen
ferenzierung der epiphysealen im Vergleich mit der von Jugend- • Somatostatin (SRIF) des Hypotha-
Knorpelzellen lichen Lamus hemmt die GH-Sekretion
• viele weitere Stoffwechseleffekte • bei adipösen Menschen vermin- • Beeinflussung durch Nährstoffe,
derte Aktivität z. B. Hemmung durch hohe Gluco-
sespiegel

meinsam in einem Zelltyp gebildet, e.inzelne Zellen bilden


Klinik In der Adenohypophyse können sich gutartige (Ade- jeweils nur eines der beiden Hormone. Die Sekretionsgra-
nome) oder (selten) bösartige (Karzinome) Tumoren ent- nula sind überwiegend ca. 200 nm groß, sie enthalten LH.
wickeln. Hypophysentumoren verursachen viele Sympto- Daneben gibt es einzelne 700- 1000 nm große Granula,
me durch Verdrängung benachbarter Strukturen, sowohl die PSH enthalten.
von Hypophyscozcllen selbst (Ausfall vieler Hormone) als • Thyreotrope Zellen: Sie machen Cd. 5% der Zellen aus,
auch von Strukturen außerhalb der Hypophyse, wie des bilden das Thyreoidea stimulierende Hormon (TSH =
Otiasma opticum oder der Augenbewegungsnerven. Die Thyrotropin) und besitzen kleine Sekretionsgranula
Tumoren werden meistens chirurgisch entfernt, die fehlen- (100-150 nm im Durchmesser), die vorwiegend in der
den Hormone können heute vielfach durch synthetische Zellperipherie liegen.
Hormone ersetzt werden. • Kortikotrope Zellen: Etwa 20% der Zellen sind korti-
Prolaktinome sind die häufigsten Hypophysentumoren; kotrope Zellen. Sie sezernieren adrenokortikotropes
Symptome einer Hyperprolaktinärnie bei Prauen sind v. a. Hormon (ACfH = Kortikotropin, Abb. ll.IOC) tmd Me-
Amenorrhö und selten auch Galaktorrhö. lanozyten stimulierendes Hormon (a.-MSH). Der Durch-
Adenome der azidophilen Zellen können vermehrt messer ihrer Granula beträgt ca. 180 - 200 nm, sie liegen
Wachstumshormon bilden, was bei Kindern zu Riesen- oft nur in der Zellperipherie.
wuchs und bei Erwachsenen zur sog. Akromegalie (grobe • MSH-bildende Zellen: Sie machen ca. SI){. der Zellen aus
Gesichtszüge, Prognathie, große Hände, große Füße, ver- tmd kommen v.a. im Mittellappen vor.
größerte Zunge, in weitem Abstand stehende Zähne u.a.)
führt. Akromegalie ist selten und entwickelt sich sehr lang- Im Elektronenmikroskop sehen die endokrinen Zellen der
sam. Die Patienten fühlen sich i.d.R. oft müde und schwach. Adenohypophyse insgesamt recht ähnlich aus. Sie unter-
Der Stoff.vechselgrundumsatz ist erhöht, was u.a. zu ver- scheiden sich aber vor allem hinsichtlich Größe und Vertei-
mehrtem Schwitzen HUtrt. hmg der Sckretionsgranula (Abb. 11.1 1).

Basophile Zellen Ho rmone In den basophilen Zellen werden die Gonado-


Bei den basophilen Zellen färben sich die Zytoplasmatischen tropine (FSH, LH), TSH, ACTH tmd a.-MSH produziert
Sekretionsgranula mit Hämatoxylin, Ou-omalaun u. a. in un- (Tab. ll.2). PSH und LH ähneln molekular dem TSH tmd
terschiedlicher Intensität dunkelviolett-blau (Abb. 11.103).

Ze lltypen Zu den basophilen Zellen gehören:


• Gonadotrope Zellen: Sie machen ca. 10% der Zellen
aus, färben sich kr'cifug blau an und sind relativ groß. Sie
produzieren Gonadotropine, d.h. Hormone, welche die
Keimdrüsenfunktionen steuern. Dazu gehören Follikel
stimulierendes Hormon (PSH = Pollitropin) und luteini-
sierendes Honnon (LH = Lutropin). Beide werden oft ge-
360 11 Endokrine Organe

Tab. 11.2 Hormone der basophilen Zellen.

Hormon Funktton Freisetzung Regulierung

FSH und LH FSH pulsatil alle • GnRH steuert Synthese und Sekretion
• !j?: reguliert die Entwicklung der 60- 120 Minuten • Rückkopplung über ÖStrogene und
ovariellen Follikel und stimuliert Testosteron
die Östrogenbildung • Gonadenpeptide Inhibin (hemmt)
• &: stimuliert die Entwicklung der und Aktivin (stimuliert) beeinflussen
Tubuli seminiferi und reguliert die FSH-Freisetzung
Spermatogenese
LH
• !j?: veranlasst Owlation und Auf-
rechterhaltung des Corpus luteum
• &: reguliert Testosteronsynthese
und -sekretion in den Leydig-Zellen
TSH stimuliert die Synthese und Freiset- pulsatil relativ niedrige • TRH stimuliert Syn these und Sekretion
zung der Schilddrüsenhormone Amplitude (TSH hat rela- • Schilddrüsenhormone, Dopamin
tiv lange Halbwertszeit) und Glucocorticoide unterdrücken die
TSH-Sekretion
ACTH • stimuliert in der Nebennierenrinde • pulsatil mit typischem • stimuliert durch (Adreno-)Cortico-
ganz überwiegend die Sekretion des zirkadianem Rhythmus tropin-Releasing-Hormon (CRH) und
Cortisols in der Zona fasciculata • höchste Sekretion Arginin-Vasopressin (AVP = anti-
• wesentlich für die Stoffwechsel- morgens um 6 Uhr, diuretisches Hormon, ADH)
Homöostase und bei der neuro- Sekretionstiefpunkt • gehemmt durch Glucocorticoide
endokrinen Stressreaktion um Mitternacht
«-MSH stimuliert Melanozyten, wodurch die
Haut stärker pigmentiert wird

dem humanen Choriongonadotropin (hCG), alle vier sind zum Teil mit Gliazellen verglichen und reagieren positiv
Glykoproteine, die je eine cx.- und ß-Untereinheit besitzen. mit dem S-100-Antigen, das auch mit Gliazellen reagiert
Die cx.- Untereinheit ist bei all diesen Hormonen gleich, die Sie lassen sich gut mit Versilberungstechniken darstellen
Spezilität liegt in der ß-Untercinheit. ACTH ist ein Poly- (Abb. ll.lOd).
peptidhormon, es entsteht aus dem Vorläufermolekiü Pro-
opiomelanocortin (POMC), aus dem auch andere Peptide Merke Die Adenohypophyse ist aus Epithelzellen aufge-
mit Hormonwirkung hervorgehen: ß-Lipotropin, ß-Endo- baut, die sich 3 Zelltypen zuordnen lassen, den azidophi-
rphin, Met-Enkephalin und Melanozyten stimulierendes len Zellen (rot gefarbt, Mehrheit der Zellen, bilden Pro-
Hormon (MSH). lactin und Wachstmnshormon), den basophilen Zellen
(blau-violett gefarbt, bilden die Hormone ACTH, MSH,
Chromophobe Zellen TSH, LH und FSH) und den chromophoben Zellen (tm-
Chromophobe Zellen können mit keinem der gebräuch- gefärbt, erschöpfte, inaktive Zellen + Statn.JUZellen +
lichen Farbstoffe angef<irbt werden, da ihnen Granula fehlen, Sternzellcn). Die Hormon bildenden Zellen bilden kleine
die für eine Farbreaktion verantwortlich sind (Abb. ll.lOa). Gruppen und werden von einem dichten Netz weitlumi-
Sie sind unscharf definiert. Thnen gehören vermutlich vor ger Kapillaren umgeben.
allem erschöpfte, degranulierte endokrine Zellen, aber auch
Statn.JUZellen und die Sternzellen an:
• Stamm- und Vorläuferzellen sind klein, besitzen wenig
Neurohypophyse
Zytoplasma und einen relativ großen hellen Kern. Sie bil-
den Nester zwischen den chromophilen Zellen. Bei Säug- Die Neurohypophyse ist Teil des Hypothalamus tmd daher
lingen beherrschen sie das histologische Bild, dann nimmt aus Nervengewebe aufgebaut. Sie besteht im Wesentlichen
ihre Zahl stetig ab, sie bleiben aber auch bei alten Men- aus der Eminentia mediana und - terminal - dem Lobus
schen erhalten. nervosus (= Neurohypophyse = Hypophysenhinterlappen
• Die Sternzellen kommen einzeln zwischen den endokri- im engeren Sinn). Im Folgenden wird nur der regelmäßig in
nen Drüsenzellen vor, können aber auch kleine follikuläre Histologiekursen gezeigte Lobus nervosus beschrieben.
Strukturen aufbauen und werden daher auch follikuläre Das Gewebe des Lobus nervosus besteht aus einzelnen
sternförmige Zellen genannt. Thre Punktion ist nicht be- Gliazellen (Pituizyten) sowie Massen von Nervenzellfortsät-
kannt Sie enthalten keine Sekretionsgranula. Die Stern- zen, deren Perikarya im Hypothalamus (Nd. supraopticus
zellen bilden lange Portsät1..c zwischen den Drüsenzellen und Nd. paraventricularis) liegen. Oie Nervenzellfortsätze
aus; die Fortsätze grem..en auch an Blutgefaße. Sie werden (Axone) enthalten in 100 - 300 nm großen Granula die Neu-
11.4 Epiphyse s Pinealorgan 361

a b
Abb. 11.12 Neurohypophyse. a: Lichtmikroskopie. Darstellung des feinen Geflechts quer und längs geschnittener neuro-
sekretorischer Fasern (tiefblau gefärbt, .... ). Einige dieser Fasern sind stellenweise verdickt, hier stauen sich die Neurosekrete.
Erythrozyten in Blutgefäßen sind rot gefärbt(*); Zellkerne(~) gehören den Gliazellen (Pituizyten) der Neurohypophyse an.
Mensch; Vergr. 460-fach. b: Elektronenmikroskopie. Granulahaltige Endigungen (1) an einer Kapillare (2) mit fenestriertem
Endothel (E). Tenre k, Vergr. 15 500-fach. (Präparat Prof. H. Künzle, München)

rohormone ADH oder Oxytocin, die in den Perikarya syn- nula können lokal in den Axonen angestaut werden, was zu
thetisiert werden. Die Axone enden in großer Zahl an fenes- Anschwellungen in den Axonen führt, die Herring-Körper
trierten weiten Kapillaren (Abb. l l.l2b). Die Freisetzung genannt werden.
der Hormone erfolgt exozytotisch und ist abhängigvon lang
andauernden Aktionspotenzialen und Calciwn. Die Träger-
Merke Die Neurohypophyse ist aus Nervengewebe aufge-
proteine (Neurophysine) der Honnone lassen sich in den
baut In ihr enden Axone neurosekretorischer Ncuronc
Axonen lichtmikroskopisch u.a. mit Aldehydfuchsin und
des Hypothalamus, die hier Oxytocin und antidiureti-
Chrom-Hämatoxylin {Abb. ll.l2a) oder spezifisch mit im-
sches Hormon ins Blut abgeben.
munhistochemischer Methodik darstellen. Die H ormongra-

11.4 Epiphyse= Pinealorgan


_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Die Epiphyse ist ein neuronales Organ, das dorsokaudal Melatonin bilden, tmd interstitielle Zellen, die speziellen
im Zwischenhirn liegt. Es ist primär ein lichtrezeptives Astrozyten entsprechen. In der Epiphyse bilden sich im
und neuroendokrines Organ. Seine wesentlichen Zellen Laufe des Lebens in ztmchmender Zahl und in ztmehmen-
beim Menschen sind die Pinealozyten, die das Hormon der Größe kalkhaltige Konkremente (Hirnsand).

Aufba u Die Epiphyse {Pinealorgan, Zirbeldrüse, Corpus Funktion Das Corpus pineale ist primär ein lichtrezepti-
pineale, Epiphysis cerebri) ist eine kompakte, ca. 1 cm lange ves tmd Hormon bildendes Organ, das bei vielen Tieren die
ovoide Ausstülpung in der Mittellinie am hinteren Ende Gonadenaktivität mit dem Rhythmus der Jahreszeiten ab -
des Zwischenhirndachs. Sie besteht aus Pinealozyten, inter- stimmt. Auch beim Menschen ist das Hauptprodukt der
stitiellen Zellen (Gliazellen), zahllosen Nervenfasern und Zirbeldrüse das Melatonin, ein Hormon, das sich vom Se-
Blutkapillaren. Das aus den Pinealozyten und Gliazellen rotonin herleitet und von den Pinealozyten gebildet wird.
bestehende Parenchym bildet Zellnester und -stränge Dunkelheit fiihrt zu vermehrter Bildung von Melatonin, das
(Abb. ll.l3a). Diesewerden durch netzartige Bindegewebs- also in der Nacht in höheren Blutkonzentrationen als am
formationen mit zahlreichen Blutgefäßen, die aus der Tag vorliegt. Höhere Melatoninspiegel unterdrücken auch
Pia mater kommen, getrennt. Zwn Teil enthält die Epi- die Gonadenaktivität Das Organ wird in einem zirkadia-
physe unterschiedlich geformte kalkhaltige Konkremente nen Rhythmus gesteuert und steht auch mit dem Nd.
(Abb. ll.I 3b). Außen ist sie von Leptameninx bedeckt, suprachiasmaticus (SCN) im Hypothalamus, dem "zentra-
vom 3. Ventrikel können schmale Spalträume in das Organ len Zeitgeber" der zirkadianeo Periodik, in neuronaler Ver-
eindringen. bindung. Der SCN ist außerdem monosynaptisch mit der
3 62 11 Endokrine Organe

a b
Abb. 11.13 Epiphyse. a: Normale Region mit spezifischen Zellsträngen (.... ) und Blutgefäßen (-+ ). Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 480-fach. b: Region mit Konkrementen (Himsand, Acervulus; -+). Färbung: H. E.; Vergr. 280-fac h.

Retina verbunden (Retina-hypothalamischer Trakt). Mela- sentUchen aus Hydroxylapatit Sie sind auf Röntgenauf-
tonin ist außerdem ein Antioxidans, das vor Sauerstoffradi- nahmen erkennbar tmd zeigen die Lage der Epiphyse an,
kalen schlitzt. die auf der Mittellinie des Gehirns liegt.

Pinealozyten Die Pincalozyten sind große blasse Zellen


mit hellem Kern und längeren Portsätzen, die in der Nähe
von fenestrierten oder geschlossenen Kapillaren enden.
Der Kern weist einen unregelmäßigen Umriss auf tmd be- P inealozyt--
sitzt einen großen Nukleolus (Abb. ll.l4a, Abb. ll.15). Im
Zytoplasma sind alle Organellen vorhanden. Auffallend
sind flache, membranbcgrenzte, calciumspeichernde Zister-
nen unter der Zellmembran (,.subsurfacc cisterns") und
100-200 nm große dichte Sekretionsgranula, die am Ende
der Fortsätze konzentriert sein können. Zwischen den Gra-
nula treten 40-100 nm große helle Vesikcl auf. In Mem-
brannähe treten wie in den Lichtrezeptoren der Retina syn-
aptische Bänder auf (,.synaptic ribbons", Abb. 11.14b,
Abb.11.15). Oft ist eine Zilie vom ,.9+0"-Typ nachweisbar,
sehr wahrscheinlich der Rest eines ehemals lichtrezeptiven
Fortsatzes.

Interstitielle Zellen Die Pinealozyten sind umgeben von


interstitiellen Zellen (Gliazellen), die als besondere Form
von Astrozyten angesehen werden und die in ihren Port-
sätzen dicht gelagerte intermediäre Filamente enthalten
(Abb. 11.15). Mit Zunehmendern Alter können größere
Areale mit Gliazellen, Zysten und kalkhaltigen Konkremen- ,'
ten entstehen (Hirnsand = Corpora arenacca, Acervulus, ''
Abb. 11.13b ). Diese unregelmäßig gestalteten Konkremente /
'
Basalmembran
haben ein organisches Gmndgcrüst tmd bestehen im W e- ''
\
'
'
Kontaktzone--~ \

~+===t:==:::::

Abb. 11.14 Zellen der Abb. 11.15 Zelluläre Komponenten der Epiphyse
Epiphyse. (Schema).
11.5 Schilddrüse 363

Merke Pincalozyten sind, phylogenetisch gesehen, pri- KUnik Die Verlagerung der im Röntgenbild erkennbaren
mär typische Lichtrezeptorzellen und bilden das Hormon Epiphyse nach einer Seite lässt auf Tumoren der anderen
Melatonin. Sie werden von interstitiellen Zellen ( = astro- Seite des Gehirns oder der Hirnhäute schließen. Bösartige
zytären Gliazellen) umgeben. Tumoren der Epiphyse selbst treten typischerweise bei Kin-
dern und jungen Erwachsenen auf.

11.5 SchUddrüse
- - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Die mikroskopischen Baueinheiten der Schilddrüse sind (T4) und Trijodthyronin (T3 ). Diese Honuone entstehen
die Schilddrüsenfollikel, deren Wand aus dem einschieb- aus einem großen Vorläuferprotein, dem 1hyroglobulin.
tigen Follikelepithel besteht und deren Lumen das eosino- Im Epithel der Follikel liegt ein weiterer eigener Zelltyp,
phile Kolloid enthält. Die Epithelhöhe spiegelt unter- die C-Zelle, deren Hormon Calcitonin den Einbau von
schiedliche Zellaktivität wider. Die Follikelepithelzellen Calciwu in den Knochen fördert. Die C-Zellen wandern
bilden die jodhaltigen Schilddrüsenhormone 1hyroxin erst während der Entwicklung in die Schilddrüse ein.

Die Schilddrüse (GI. thyroidca) nimmt unter den endokri- sackformige Gebilde (Durchmesser 50-500 J..lm, oft wu
nen Org-anen zellbiologisch und entwicklungsgeschichtlich 200 J..lffi), die im Schnittpräparat vielfach einen rundlichen
eine Sonderstellung ein. Sie entstammt dem entodermalen Umriss zeigen (Abb. 11.16). Die Wand der Follikel besteht
Epithel des Rachenbodens. Die epitheliale Anlage verlässt aus einem einschichtigen, oft kubischen Epithel, dessen
am Ende des 1. Embryonalmonats die oberflächlich e Lage, Zellen der Produktionso rt der jodhaltigen Schilddrüsen-
wandert nach kaudal in die Tiefe und bildet am Übergang hormone sind. Das weite Lumen der Pollikel enthält eine
vom Kehlkopf zur Trachea ein individuell gestaltetes zwei- homogene zähflüssige Masse, das Kolloid. Es enthält die
lappiges Organ. Beim Erwachsenen liegen die Seitenlappen Speicherform des Schilddrlisenhom1ons, das Glykoprotein
seitlich an der Trachea und werden über ein unpaares Mit- Thyroglobulin.
telstück, den Isthmus, verbunden. Der spitze obere Pol der Das Follikelepithel wird außen von einer Basallamina be-
3-4 cm hohen Seitenlappen reicht bis in Höhe des Schild- grenzt. Ein dichtes Netz fenestrierter Blutkapillaren wu-
knorpels. Der Isthmus liegt der 2.-3. knorpeligen Tracheal- spinnt die Schilddrüsenfollikel (Abb. 11.17). Oft wölben sich
spange ventral an. Kapillaren ins Epithel vor. Auch Lymphkapillaren sind
häufig in Nähe der Follikel zu finden. Sie liegen ebenso wie
die Blutkapillaren in schmalen Bindegewebssepten zwischen
11.5.1 Schilddrüsenfollikel den Follikeln.
Die spezifischen strukturellen und funktionellen Einheiten
der ausgebildeten Schilddrüse sind die variabel gestalteten
11.5.2 Follikelepithelzellen
Schilddrüsenfollikcl. Es handelt sich dabei wu geschlossene
Morphologie
Lichtmikroskopie In den Follikelepithelzellen fällt im
lichtmikroskopischen H. E.-Präparat einer normalen
Schilddrüse eines Erwachsenen ein großer, rundlicher, eu-
chromatinreicher Zellkern auf. Das Zytoplasma ist basola-
teral oft basophilund apikal hellrosa geHirbt. Die Struktur
der Follikel und Pollikelepithelzellen variiert mit unter-
schiedlichen Funktionszuständen: In Phasen ausgeprägter
Hormonbildung (z. B. in der Kindheit) sind die Epithelzel-
len kubisch oder sogar prismatisch, die Pollikel sind eher
klein und enthalten relativ wenig Kolloid. Im Alter werden
relativ große Mengen an Hormon gespeichert. Das Epithel
ist eher niedrig, und die Follikel sind groß. Oft zeigen in
einer Drüse unterschiedliche Pollikclunterschiedliche Mor-
phologie.

Abb. 11.16 Schilddrüse, Übersicht Das homogen rosa


gefärbte Kolloid (* ) fü llt das Lumen der Follikel aus und ist
im vorliegenden Präparat zum Teil punktförmig herausgelöst Abb. 11.17 Zwei kleine
(.... ). Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 180-fach. Follikel der Schilddrüse.
364 11 Endokrine Organe

Elektronenmikroskopie Ultrastrukturell (Abb. 11.18) transportieren. In einer aktivierten Drüse können auch gro-
deuten basolateral ztun Teil weitlumige Zisternen des rauen ße V esikel Kolloidmaterial in die Drüsenzellen mittels eines
ER, ein großer supranuklcärer Golgi-Apparat tmd eine be- phagozytoseähnlichen Prozesses aufnehmen, die dann Kol-
trächtliche Anzahl von großen Mitochondrien auf intensive loidtropfen genannt werden.
Synthesetätigkeit hin. Oie apikale Zellmembran bildet in Unter den elektronendichten Granula finden sich vor
mäßiger Zahl Mikrovilli und eine einzelne abortive Kino- allem Lysosomen in unterschiedlichen Funktionsphasen.
zilie aus. Oie basolateralen Zellmembranen bilden Inter- Größere Einschilisse mit heteromorphem Inhalt entspre-
digitationen und Einfaltungcn. Apikal sind zwischen den chen Verschmelzungsprodukten von apikalen Endozytose-
Zellen eine Zonula occludens, eine Zonula adhaerens und vesikeln oder Kolloidtropfen und Lysosomen, in denen
oft sehr große Dcsmosomen ausgebildet. Lateral sind des die aktiven SchilddrUsenhormone (überwiegend T4 ) aus
Weiteren Nexus (Gap junctions) zu beobachten. dem 1hyroglobulin des Kolloids enzymatisch freigesetzt
Vorwiegend im apikalen Zytoplasma sind zahlreiche un- werden.
terschiedlich große Granula und Vesikel vorhanden. Unter
den kleinen hellen V esikeln finden sich einerseits Transport-
Merke Oie Baueinheit der Schilddrüse sind die Schild-
bläschen vom rauen ER zum Golgi-Apparat und vom Golgi-
drlisenfollikel. Sie bestehen aus dem Follikelepithel und
Apparat zum Follikellumen und andererseits Transport-
dem im Inneren des Follikels gelegenen Kolloid.
bläschen, die Material aus den Follikellumen in die Zelle

Abb. 11.18 Follikelepithel in


einer EM-Aufnahme; Mensch. a: Zwei
annähernd kubische, funktionell eher
ruhige Epithelzellen. 1 apikale Iyso-
somale Einschlüsse; 2 raues ER; 3 Mi-
tochondrien; 4 Zellkern; 5 Follikel-
lumen; ... Basallamina; -+ Mikrovilli.
Vergr. 8830-fach. b: Relativ hohe,
aktive Follikelepithelzellen mit Vaku-
olen, die resorbiertes Kolloid ent-
halten (1). 2 Iysosomale Einschlüsse;
... Zellkontakte; 3 Zellkern, apikal
Anschnitte von Mikrovilli (-+).
Vergr. 1200-fach .
11.5 Schilddrüse 3 65

Schilddrüsenhormone Hormonbildung und -fre;setzung Für die Ho rmonbil-


Merkmale Die 2 eng verwandten Hormone Thyroxin (T 4) dung ist Jod erforderlich, der tägliche Jodbedarf liegt in
und Trijodthyronin (T~) bestehen jeweils aus 2 jodierten Deutschland bei 200 11g. Jodid wird in1 Symport mit Na-
Tyrosinresten, T 4 besitzt 4, T 3 3 Jodatome. Die Schilddr üse tritffil durch die basale Zellmembran geschleust tmd ins
gibt vorwiegend T • ins Blut ab. Die wesentliche Wirkform Kolloid transportiert. Dort wird es an der Grenze vom Epi-
des Hormons ist aber T3, welches im Zielgewebe aus T 4 ent- thel zum Kolloid durch das Enzym 1hyroperoxidase oxi-
steht. T 3 und T4 werden im Blut ganz überwiegend an Plas- diert und kann sich so mit den T yrosinresten des 1hyroglo-
maproteine (1hyroxin bindendes Globulin, Albumine) ge- bulins verbinden (Abb. ll.l9). Das Protein 1hyroglobulin
bunden und so transpor tiert. T. ist eine Art Prohormon. In wird im rauen ER gebildet, es stellt ein e Art H ormonvor-
den Zielgeweben entsteht T3 durch Dejodinasen aus T,, wo- stufe dar. Thyroglobulin wird im Golgi-Apparat glyko-
bei es in den verschiedenen Zielgeweben unterschiedliche sylier t, mittels Vesikeln nach apikal transportier t und exo-
Dejodinasen gibt (Typ I-IJI). Die Rezeptoren von T3 und T, zytotisch in das Kolloid abgegeben ("exokriner" Anteil der
liegen in den Kernen der Zielzellen. Die Genregulation Sekretion). Bei Bedarfwird 1hyroglobulin resorbiert und in
durch T3 ist außerordentlich komplex. Die Schilddrüsen- Lysosomen abgebaut. Dabei frei werdendes T4 und T3 ge-
hormone wirken stoffwechselsteigernd und spielen eine langt ins Zytoplasma und dUrundiert aus der Zelle in die
wichtige Rolle bei Wachstum und En twickhmg speziell des Blutbahn ("endokriner" Anteil der Sekretion).
Nervensystems.
Merke Die Follikelepithelzellen bilden das 1hyroglobulin
Merke Die Schilddrüse gibt vor allem T4 ab, das wirk- tmd transportieren es ins Kolloid. H ier werden viele sei-
samere T 3 entsteht oft erst im Zielgcwebe. ner Tyrosinreste jodiert. Das Jod entstammt der Nahrung

Speicherung Resorption
im Kolloid des Kolloids

lodierung
des -------- .....
Thyroglobulins ~ - ----- - - --- ----
:' Follikellumen :'
· ---- -- --- - - ---~

0
0

Blutkapillare

Abb. 11.19 Hormonbildung und -freisetzung in der Schilddrüse. Schematische Darstellung wichtiger Schritte der Synthe-
se des Thyroglobulins (linke Bildhälfte) und der Resorption des thyroglobulinhaltigen Kolloids sowie der Freisetzung von T3
und T, (rechte BiWhälfte). Der TSH-Rezeptor liegt in der basalen Zellmembran der FoUikelepithelzeUen. Rechts unten Calcito-
nin bildende C-Zelle.
366 11 Endokrine Organe

bzw. parafollikulären Zellen. Die Anlage des Ultirnobran-


und wird unter dem Einfluss von TSH in das Kolloid
chialkörpers bildet sich vor der Geburt Zttrück (bei den
transportiert. Bei Bedarf wird jodiertes 1hyroglobulin aus
Nicht-Säugern bleibt der Ultimobranchialkörper als eigene
dem Kolloid zurück in die Follikelzellen transportiert tmd
endokrine Drüse bestehen).
in Lysosomen aufgenommen. Hier werden aus dem gro-
ßen 1hyroglobulinmolekill die jodhaltigen Schilddrüsen-
Morphologie Die C-Zellen sind beim Menschen relativ
hormone Thyroxin (TJ und Trijodthyronin (T3) freige-
selten. Sie lassen sich lichtmikroskopisch vor allem mit irn-
setzt und gelangen ins Blut.
munhistochemischen Methoden (Abb. 11.20) oder mit der
Cholincsterasercaktion nachweisen. Sie lagern basal im
Regulation Die Follikelepithelzellen besitzen baselateral Schilddrüsenepithel, ohne das PoUikelltuncn zu erreichen.
Rezeptoren fllr das 1hyroidea stimulierende Hormon Vereinzelt können sie auch außerhalb der Schilddrüse (z. B.
(TSH), das alle wichtigen Punktionen des Follikelepithels in den Epithelkörperchen und im 1hymus) vorkommen.
stimuliert. TSH wird seinerseits durch das TRH freigesetzt. Sie besitzen wie andere Peptidhormon bildende Zellen eine
Darober hinaus aktivieren kalte Temperaturen die D rüse, spezielle Ultrastruktur, die durch zahlreiche kleine elektro-
Wärme hat eher einen inaktivierenden Effekt. Während der nendichte Sekretionsgranula (Abb. 11.2 1) gekennzeichnet
Schwangerschaft ist die Drüse allgemein vergrößer t, und ist. Bei manchen Säugetieren enthalten die C-Zellen auch
die Epithelien sind aktiviert. Somatostatin und das biogene Amin Serotonin. Die Freiset-
ztmg des Hormons dLtrch Exozytose wird über Caldumsen-
Hormonrezeptoren Die Rezeptoren (TR) fiir das Schild- soren reguliert. Hyperkalzämie fördert die Preisetzung von
drüsenhormon sind intranukleäre Rezepto ren, bei denen Calcitonin. Bei niedrigem Calciumspiegel ist im Blut fast
T Ra und TRß unterscllieden werden. TRa kommt u. a. in kein Calcitonin nachweisbar.
Gehirn und Skelettmuskulatur vor, TRß in Hypophyse tmd
Leber. Die TR haben eine 10- bis 15-fach höhere Affinität Caldtonin Die C-Zellen bilden das Polypeptidhormon
fiir T3 als flir T4• Calcitonin, den physiologischen Antagonisten ztml Parat-
hormon. Caldtonin fördert den Einbau von Caldtun in den
Klinik Eine Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrü- Knochen und senkt den Blutcaldumspiegel vorwiegend
se) kann durch Jodmangel in der Nahrung verursacht wer- dttrch Hernmttng der Osteoklasten ttnd Stimulation der re-
den. Dieser Mangel ftihrt zur V ergrößenmg der Schilddrüse nalen Caldumausscheidtmg (s.a. Abb. 11.25). Im Gehirn
(Struma) infolge vermehrter Stimulation durch TSH. Eine vermitteln calcitoninbindende Rezeptoren Schmerzlinde-
Hypothyreose ist generell durch Stoffwechseltmterfttnktion, rung.
u. a. mit auffallenden Verändenmgen der Haut (Myxödem)
und der Haare, gekennzeichnet. Extreme Formen ftihren zu
Kretinismus. Eine Struma kann auch andere Ursachen als
Jodmangel in der Nahrung haben. Eine relativ häufige Ur-
sache einer hypothyreoten Struma (v. a. bei Frauen mittle-
ren Alters) ist die Hashimoto-Krankheit, eine chronische
Schilddrüsenentziindung, bei der Autoantikörper gegen die
Schilddrüse eine wesentliche Rolle spielen (mitunter ist diese
Krankheit auch mit einer Oberfttnktion der Schilddrüse ver-
btmden). Unterfttnktion kann auch Entwicklungsstönmgen
der Schilddrüse Zttr Ursache haben. Selten kann sie völlig
fehlen (Schilddrüsenaplasie). Jede Form einer Struma kann
andere Strukturen in Hals und Mediastinum einengen. Bei
der Trachea filltrt dies zu einer Atmungsbehinderung.
Eine Struma kann nicht nur mit Unterfunktion, sondern
auch mit normaler Funktion oder Hyperthyreose (Über-
fttnktion) einhergehen. Ei ne Schilddrüsenüberfunktion tritt
vor allem bei der Basedow-Krankheit auf, deren eigentliche

Ursache noch unbekannt ist. Hierbei kommt es zttr Bildtmg Abb. 11.20 lmmunhistochemischer Nachweis des
von IgG-Antikörpern, die sich an die TSH-Rezeptoren der Caldtonins in den C-Zellen der Schilddrüse einer Ratte.
Follikelepithelzellen binden und diese stimulieren. Bei Ober- Der positive Nachweis (Braunfärbung) hebt die Population
ftmktion kommt es zu Oberaktivierung des Stoffwechsels der C-Zellen, die im H. E.-Präparat kaum sicher erkannt
mit Wärmegeflthl, Herzjagen, Obernervosität u. a. werden kann, sehr klar im Follikelepithel hervor.
Schilddrüsenadenome (gutartige Neoplasien) bestehen Vergr. 500-fach. Präparat Dr. T. Jeziorowski, München.
meist aus überaktivem autonomem Gewebe ("warme" oder
"heiße" Knoten).

11.5.3 ( -Zellen
Entwicklung Während der Embryonalzeit wandern beim
Menschen und bei anderen Säugetieren nettroektodermale
Zellen der Neuralleiste über die Anlage des Ult imobran-
chialkörpers in die Schilddrüse ein. Sie differenzieren sich a
hier zu einem eigenen endokrinen Zelltyp, den C-Zellen Abb. 11.21 C-Zelle.
11.6 Nebe nschilddrüse (Epithelkörperchen) 367

Klinik Bei den sehr bösartigen Schilddrüsenkarzinomen Merke Eine eigene Zellpopulation der Schilddrüse sind
ist die Schilddrüsenfunktion normal. Sie können vermehrt die C-Zellen. Sie bilden das Polypeptidhormon Calci-
nach einer Strahlungsexposition (z.B. nach Re-aktorunfällen tonin, das bei erhöhtem Blutcalciwuspicgel direkt ins Blut
oder Atombombencxplosionen) auftreten. Auch die C-Zel- abgegeben wird und den Calciumspiegel senkt.
len können Karzinome bilden (medullär e Schilddrüsenkar-
zinome).
Synthetisches Calcitonin kommt bei Osteoporose zur An-
wendung. Es hat oft analgetischen Effekt bei Knochen-
schmerzen. Das therapeutisch venvendete Calcitonin (v.a.
bei Osteoporose) ist das Calcitonin des Lachses.

11.6 NebenschHddrüse (Epithelkörperchen)


- - - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Der Mensch besitzt 4 gut weizenkorngroße N ebenschild- reich und wenig aktiv, als dunkle Hauptzellen sind sie ak-
drüsen, die meist dorsal am oberen Lmd Lmteren Schild- tiv Hormon bildende ZeHen. Sie bilden das Parathonnon,
drüsenpol zu finden si nd. Sie haben einen einfachen das eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der
histologischen Aufbau und sind aus dich t gelagerten Calcilllnhomöostase spielt Lmd bei Bedarf für den Abbau
endokrinen Drüsenzellen aufgebaut, die Hauptzellen ge- von Apatit (mit Preisetzung von Calcium) aus dem Kno-
nannt werden. Als helle Hauptzellen sind sie glykogen- chen verantwortlich ist.

Der Mensch besitzt 4 weizenkorngroße Nebenschilddrüsen allem das helle Aussehen des Zytoplasmas. Sie gelten als
(Gll. parathyroideae), die der Schilddrüse in paariger An- eher ruilende Zellen.
ordmmg angelagert sind. Ein Paar findet sich in variabler • Die dlmklen Hauptzellen enthalten mehr Zellorganellen
Lage dorsal am lLnteren SchilddrüsenpoL Das zweite Paar als die hellen und werden daher als die aktiveren Zellen
liegt an variabler Stelle dorsolateral an den Schilddrüsen-
lappen oder an deren oberem Pol. Die Epithelkörperchen
liegen oft innerhalb der Schilddriisenkapsel, können aber
auch außerhalb von ihr vorkommen. Nicht selten kom-
men Nebenschilddrüsen in atypischer (ektopischer) Lage
vor.
Das untere Nebenschilddrüsenpaar entstammt dem En-
toderm der 3., das obere Paar dem Entoderm der 4. Schlund-
tasche.

11.6.1 Morphologie
Das Epithelkörperchen weist lichtmikroskopisch im H.E.-
Präparat eine einfache Struktur auf (Abb. 11.22). Dich t gela-
gerte kleine bis mittelgroße Epithelzellen bilden Lmregelmä-
ßige Stränge lmd Knäuel, die durch zarte Bindegewebssepten
begrenzt werden. Pencstrierte Kapillaren sind zahlreich .
Mitunter findet man kleine follikelähnliche Formationen.
Ab der Pubertät treten mit fortschreitendem Alter mehr lmd
mehr univakuoläre Pettzcllen im Drüsengewebe auf. Im Par-
enchym der Epithelkörperchen lassen sich Haupt- und oxy-
phile Zellen unterscheiden. Allerdings kommen auch alle
möglichen Zwischenfom1cn zwischen Haupt- und oxyphi-
len Zellen vor. Daraus lässt sich schließen, dass in den Epi-
thelkörperchen nur ein Zelltyp vorherrscht, der verschie-
dene flmktionelle Phasen durchlaufen kann.

Hauptzellen Die meisten Zellen sind Hauptzellen {Abb.


11.22, Abb. 11.23), die einen polygonalen Umriss haben
und einen rundlichen, oft recht dichten Kern aufweisen.
Man findet helle und dunkle H auptzellen, die den funktio-
nellen Phasen eines Zelltyps entsprechen: Abb. 11 .22 Epithelkörperchen eines älteren Menschen,
• Helle H auptzellen sind relativ glykogenreich und können mittlere lichtmikroskopische Vergrößerung. Hauptzellen (1)
auch kleine Lipidtropfen enthalten. Glykogen und Lipid umgeben eine Region mit oxyphilen Zellen (2), Fettzellen (3)
gehen meist beim Einbettungsprozess verloren, daher vor sind zahlreich. Färbung: H. E.; Vergr. 280-fach.
368 11 Endokrine Organe

a
c Abb. 11 .24 Oxyphile
Abb. 11. 23 Hauptzellen Zellen des Epithelkörper-
des Epithelkörperchens. chens.

angesehen. Dichte rundliche Sckretionsgranula (Durch- Hormonrezeptor Der PTH-Rezeptor der Zielzellen weist
messer 200-400 nm) sind aber insgesamt relativ selten große extrazelluläre Domänen, 7 Transmembrankompo-
und kommen vor allem in der Zellperipherie vor. nenten und tunfangreiche intrazelluläre Domänen auf. Der
Rezeptor bildet einen Komplex mit Adenylatcydase und
Bei normalen Erwachsenen sind 70 - 80~ der Hauptzellen G-Protein. Interessanterweise gibt es wesentlidle Überein-
helle (ruhende) Zellen. st.im.Jmmgen zwischen PTH- und Calcitoninrezeptor. Ähn-
liche Rezeptoren besitzen u. a. auch Glucagon, Sekretin ttnd
Oxyphile Zellen Die recht großen oxyphilen Zellen vaseaktives intestinales Peptid.
(Abb. ll.22, Abb. ll.24) besitzen im H.E.-Präparat ein röt-
liches (azido- = oxyphiles) Zytoplasma und einen dichten
kleinen Kern. Die Azidophilie entspricht hier einem hohen
Gehalt an Mitochondrien, dessen Ursache und biologischer Vitamin D,
(Cholecalciferol)
Sinn unklar sind. Diese Zellen treten erst in der späten
Kindheit auf und machen weniger als 3~ der Epithelzellen
aus.
Leber
(25-Hydroxylase)
Merke Die Epithelkörperchen bestehen aus dicht gelager-
ten Knäueln von Epithelzellen. Dabei handelt es sich um 25-(0H)-0 3
Hauptzellen, die beim Erwachsenen überwiegend nur (Calcidiol)
mäßig aktiv sind und relativ viel Glykogen im Zytoplasma
besitzen. Eine seltenere Variante der Hauptzellen sind die
großen mitochondrienreichen oxyphilen Zellen.

11.6.2 Parathormon
Niere
Die Epithelzellen der GJI. parathyroideae bilden und sezer- (1.25-Hydroxylase)
nieren das Parathonnon (PTH, Parathyrin). Das Parathor-
mon ist ein relativ großes Polypeptid aus 84 Aminosäuren,
die aber nicht alle flir die biologische Wirksamkeit des Hor-
t
PTH
mons erforderlich sind.

Wirkungen Das Parathormon hebt den Blutcalcitun-


spiegcl an, wenn dieser unter den Normalwert absinkt +-- Calcltonin
(Abb. 11.25). Die PTH-Wirkung auf die Knochenbildtmg
SchilddrOse
ist komplex und noch nicht in jeder Hinsicht geklärt. PTH
bindet sich an Osteoblasten, da diese (und nicht die Osteo-
klasten) PTH-Rezcptoren besitzen (Abb. 3.2.37). Die Osteo-
blasten bilden dann Paktoren, die die Ostecklasten aktivie-
ren, Calcitm1 aus der Knochenmatrix herauszulösen. In der ca2•. HPO/
Niere fördert PTH die Rückresorption von Calcium und
die Ausscheidung von Phosphat. Zusammen mit Calcitonin
und dem Vitamin-D-Hormon regelt es den Blutcalcium-
spiegel (Abb. 11.25).
Blutkalzium 1 • - - - - - - - - . J
Regulation Hormonsynthese ttnd -ausschüttung werden Verkalkung
von der Konzentration an ionisiertem Calcium im Blut ge-
steuert. Oie PTH bildenden Zellen besitzen in ihrer Zell- Abb. 11.25 Caldumstoffwechsel (Schema der wesentlich
membran einen Calciumsensor. Der Calciumsensor ist ein beteiligten Hormone und Organe). Dem Parathormon (PTH)
komplexes Protein mit extrazellulärer calciumbindender kommt eine besonders wichtige RaUe zu. Wenn der Blut-
Komponente, 7 Transmembra nkomponenten und einem calciumspiegel unter den Normalwert sinkt, wird PTH ver-
intrazellulären Anteil, der über G-Protein und Phospholi- mehrt sezerniert, das Calcium aus dem Knochen mobilisiert.
pase C die PTH-Bildung steuert. Wenn der Blutcalcium- PTH fördert auch die Bildung von 1,25-Dihydroxy-Vitamin-D3
spiegel absinkt, ist der Sensor weniger aktiv, und die Hem- in der Niere, was die Calciumaufnahme in den Dünndarm und
mung der PTH-Sckretion lässt nach, d.h., es wird mehr den Einbau von Calcium in den Knochen stimuliert. Auch
PTH sezerniert. Calcitonin fördert die Verkalkung des Knochens.
11.7 Nebenniere 369

dismus, d. h. Überschuss an PTH, kann durch gutartige Tu-


Merke Parathormon verhindert ein Absinken des Blut-
m eren (Adeneme, eft nur einer Drüse) verursacht werden
calciumspiegels und fordert den Anstieg des Calciumspie-
und fiihrt zu Hyperkalzämie, Hyperkalzurie, Hypephes-
gels durch indirekte Stimulierung der Osteoklasten.
phatämie und Hyperphesphaturie. Hyperparathyreeidis-
mus verursacht eft schwere Sympte me, z.B. Muskelschwä-
Klini k Hypoparathyreoidismus, d.h. Mangel an PTH, che, mentale Sympteme wie Lethargie, Ablagerung ve n
fUhrt zu Hypekalzämie und tetanischen Krämpfen, zum Calciumsalzen im Nierengewebe, Nierensteine, Knechen-
Teil auch zu psychischen Sympte men (z. B. Reizbarkeit und reserptie n, Ulcus duedeni, Pankreatitis. Beim Pseudo-
depressiver Stimmung). Bei chre nischem Hypeparathyree i- hypop arathyreoidismus, einer genetischen Erkrankung,
dismus ke nnen Skelettveränderungen (Hypere stesen mit sprechen die Zielzellen unzureichend auf PTH an. Die Sym-
abnerrner Knechendichte) auftreten. Hyperparathyreoi- pteme ähneln denen des Hypeparathyree idismus.

11.7 Nebenn;ere
- - - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Die Nebenniere besteht aus 2 verschiedenen Anteilen mit • der Zona fasciculata (bildet Glucocorticoide, z. B. Corti-
tmterschicdlicher Entwicklung, dem Nebennierenmark so!)
tmd der Nebcnniercnrinde. Das Mark ist aus dicht gepack- • der Zona reticularis (bildet neben Glucocorticoiden
ten polygonalen Zellen aufgebaut, die ganz überwiegend auch männliche Geschlechtshormone).
Adrenalin und zu geringem Teil auch Noradrenalin bil-
den. Auffallend sind außerdem große Drosselvenen tmd Die Epithelzellen der Nebennierenrinde, ganz besonders
einzelne Ganglienzellen. Die Rinde besteht aus 3 Schich- der Zona fasciculata, sind wie alle Steroidhormon bildende
ten Steroidhormon bildender Zellen: Zellen gekennzeichnet dttrch Einlagerung von Lipid trop-
• der Zona glomerulosa (bildet Mineralocorticoide, ins- fen, viel glattes ER und tubuläre Mitochondrien.
besondere Aldosteron)

Linke und rechte Nebenniere (GI. suprarenalis) liegen kap- Die Nebennierenrinde durchläuft vor und nach der Geburt
penformig am oberen Pol in der Fettkapsel der Nieren. Sie ausgeprägte Umwandltmgsprozesse. Ihr größtes relatives
werden ungewöhnlich gut mit Blutgefäßen versorgt (je- Gewicht hat sie im 4. Embryonalmonat
weils 3 getrennte zufUhrende Arterien, aber nur eine ab-
fuhrende Vene). Jede Nebenniere ist ca. 1 cm dick und misst
11.7 .1 Nebennierenrinde
in der größten Ausdehnung von medial nach lateral meh-
rere cm. Die Nebennierenrinde wird von einer Kapsel bedeckt, von
der aus zarte gefaßreiche und nervenfaserfUhrende Binde-
Rinde und Mark Die Nebennieren bestehen aus 2 ent- gewebssepten in die Tiefe ziehen. Die Rinde wird in die
wicklungsgeschichtlich und funktionell unterschiedlichen 3 Zonen gegliedert, die kontinuierlich ineinander übergehen
Anteilen, der Nebennierenrinde tmd dem Nebennieren - (Abb. 11.26, Abb. 11.27, Abb. 11.28):
mark (Abb. 11.26, Abb. 11.27). Diese 2 Anteile bilden bei • Zona glomerulosa
vielen sog. niederen Wirbeltieren getrennte Organe. Aus • Zona fasciculata
folgenden Gründen erschein t die enge rätm1liche Nähe, wie • Zona reticularis.
sie bei Mensch und Säugetieren vorliegt, vorteilliaft: Ftmk-
tionell arbeiten Rinde und Mark bei der "Stressreaktion" In allen 3 Zonen werden aus der Ausgangssubstanz Chole-
eng zusammen. Glucocorticoide der Rinde induzieren sterin chemisch verwandte Stcroidhormone unterschiedli-
möglicherweise im Mark die Entstehung der Adrenalin bil- cher Ftmktion gebildet, was sich in einer ähnlichen Morpho-
denden (A-)Zellen aus Noradrenalin bildenden (NA-)Zel- logie aller endokrinen Zellen der Rinde widerspiegelt: Sie
len. Steroide der Nebennierenrinde halten offenbar die sind reich an glattem ER tmd Mitoch ondrien, die meistens
endokrine Natttr der Markzellen aufrecht, die sich ohne vom tubulären Typ sind.
Glucocorticoide in fortsatztragende Neurone ttrnwandeln.
Die Rinde (Kortex) macht ca. 80 ~ des Organs aus und ist in
Zona glomerulosa
vivo aufgrtmd ihres Lipidreichtums von gelblicher Farbe.
Der kleinere Markanteil (Medulla) ist von graurötlicher Morphologie Die außen gelegene Zona glomerulosa ist
Farbe. Im höheren Alter werden Außen- und Innenzone relativ schmal. Die endokrinen Zellen bilden knäuel- oder
der Rinde auffallend dünn. Rinde tmd Mark sind reich mit bogenformige Fonnationen (Abb. 11.28). Unmittelbar un-
weiten fenestrierten Blutkapillaren versehen, an die jede ter der Kapsel sind die Zellen relativ klein und entsprechen
Hormon bildende Zelle direkt angrenzt. zum Teil Stammzcllen. Die Zellen sind im H.E.-Präparat
überwiegend azidophil (Rotfärbung). Ihre Kerne sind klei-
Entwicklung Die Rinde entsteht am Ende des 1. Embryo- ner tmd dunkler als die der Zona fasciculata. Sie enthalten
nalmonats aus dem Zölomepithel der dorsalen Abdominal- relativ wenig Lipidtropfen und sind oft sehr mitochon-
höhle. Die Vorläufer des Marks entstammen der Neural- drienreich (Abb. ll.29), wobei ungewöhnlich ist, dass die
leiste und entsprechen Vorstufen sympathischer Neurone, Mitochondrien ganz überwiegend Cristae bilden.
die im 2. Embryonalmonat in die Nebenniere einwandern.
370 11 Endokrine Organe

-- Rind&
,...,-:;,,.,.--- Mark

Arterie

Zona

Mineralo-
kortikolde

Zona
fasciculata

IRindei

Glukokortikoide

Zona
retlcularls

Abb. 11.27 Nebenniere, Übersicht. 1 Rinde; 2 Mark.


Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 15-fach.

Zona fasciculata
Morphologie Die breite mittlere Zona fasdculata besteht
aus radiär angeordneten polygonalen oder ovalen Zellen
(Abb. ll.28, Abb.ll.30) mit kugeligen hellen Kernen
(Abb. ll.28, Abb.ll.31). Alle Zellen besitzen Lipidtropfen
und ein reich entwickeltes glattes ER (Abb. 11.31a). Die
Mitochondrien sind groß und vom tubulären Typ
(Abb. ll.31b). Verbreitet kommen auch Lysosomen vor.
Abb. 11.26 Nebenniere (Schema des Aufbaus). Die Media Golgi-Apparat und raues ER sind relativ klein bzw. gering
größerer Markvenen bildet unterschiedlich dicke Wülste entwickelt. Der Reichtum an hellen Vakuolen, die durch
glatter Muskulatur, die Drosseleinrichtungen darstellen. Herauslösen der Fetttropfen bei der Einbettung entstehen,
Diese Mus kulatur ist nicht nur zirkulär, sondern auch spiralig ist flir den "schaumigen" Eindruck im lichtmikroskopischen
und sogar längs angeordnet. Das Mark wird von Kapillaren Routinepräparat verantwortlich (Abb. 11.28, Abb. 11.31a).
und Venolen der Rinde, aber auch von direkt in das Mark
einstrahlenden Arteriolen versorgt. Glucocorticoide Die Zellen der Zona fasdculata bilden
Glucocorticoide mit Cortisol (= Hydrocortison) als
Hauptrepräsentanten. Sie haben vielfciltige Funktionen, die
auch in Wechselwirkung mit den Catecholaminen des
Marks stehen. Dies ist z. B. im Rahmen der Stressreaktion
Mineralocorticoide In der Zona glomerulosa entsteht das wichtig. Sie steigern den Blutzuckerspiegel, beeinflussen den
Mineralocorticoid Aldosteron, dessen Hauptfunktion dar- Proteinstoffivechsel katabol, regulieren die Mobilisierung
in besteht, vor allem in der Niere Natriumverluste auszu- von Fettsäuren, beeinflussen den Wasserhaushalt, steigern
gleichen. Aldosteron steht nur zu einem geringen Teil unter die Herztätigkeit und Magensaftbildung und unterdrücken
dem Einfluss des ACTH (Kap. 11.3.2), es bildet mit Angio- die Entziindungsreaktion. Die Glucocorticoidbildung wird
tensin II und Renin eine funktionelle Einheit. von ACTH gesteuert.
11.7 Nebenniere 371

c
Abb. 11.29 Zona glomeru-
Losa.

c
Abb. 11.30 Nebennieren-
rinde.

Klinik Eine Überfunktio n der Nebennierenrinde kann


durch Adenome oder Karzinome verursacht werden. Die
exzessive Bildung der einzelnen Horm one führt zu Cushing-
Syndrom (Cortisol), i\Idosteronismus (Aldosteron), adre-
nalem Virilismus bzw. Vermännlichung (adrenokortikale
Androgene).
Beim klassischen Morbus Cushing werden die Oberpro-
duktion von Glucocorticoiden und Hyperplasie der Neben-
nierenrinde infolge eines basophilen Hypophysentumors
verursacht. Typische Symptome sind Starnmfettsucht, Blut-
hochdruck und Osteoporose. Ahnliehe Sym ptome können
andere Ursachen haben, z. B. lang andauernde medikamen-
töse Einnahme von Glucocorticoidcn.
Aldosteronismus wird üblicherweise durch ein Aldo-
Abb. 11.28 Nebennierenrinde. Mittlere Lichtmikrosko- steron bildendes Adenom verursacht (Conn-Syndrom);
pische Vergrößerung der in 3 Zonen gegliederten Rinde. Symptome sind: Hypokaliämie, diastollscher Bluthoch-
1 Zona glomerulosa; 2 Zona fasciculata; 3 Zona reticularis. druck, Muskclschw'ache, Müdigkeit, Kopfschmerzen, u. a.
Makak; Färbung: H. E.; Vergr. 230-fach. In der Kindheit tritt öfter eine angeborene Nebennieren-
hyperplasie auf. Ursache sind meist Enzymdefekte der Ste-
reidsynthese auf genetischer Basis. Die Symptome reichen
Zona reticularis von V ermännlichung bei Mädchen bis zu Verweiblichung
b ei Jungen. Der häufige Defekt der C21-Hydroxylierung
Morphologie D ie innen gelegene Zona reticularis grenzt führt zu Vermännlichung mi t oder ohne Salzverlust
an das Mark. Ihre Zellen bilden verzweigte Stränge und be- Eine Unterfunktion der Nebennierenrinde wird erst er-
sitzen ein ausgeprägt azidophilcs Zytoplasma (Abb. 11.27, kennbar, wenn mehr als 90% des Gewebes zerstört sind (pri-
Abb. 11.28, Abb. 11.30). Die Zahl der Lipidtropfen ist klein; märe adrenokortikale Insuffizienz, Addison-Krankheit).
Lipofuszingranula (Endfonnen der Lysosomen) sind zahl- Ursachen können z.B. Tuberkulose oder Kryptakakkose
reich; die Kerne sind oft sehr dich t und zeigen Zeichen der sein, häufig auch eine Atrophieaufgrund eines Autoirnmtm-
Degeneration. prozesses. Die Patienten leiden an Anorcxie, Schwäche,
Obclkeit, Oberpigmen tierung der Haut, niedrigem Blut -
Androgene In der Zona reticularis entstehen neben Glu- druck u.a.
cocorticoiden auch Androgene (z.B. Dehydroepiandroste-
ron), die an anderen Stellen, u. a. in H oden, Ovar und Pros-
tata, zu Testosteron oder auch Östrogen en umgewandelt 11.7 .2 Nebennierenmark
werden.
Das Nebennierenmark baut sich aus modifizierten, fortsatz-
losen sympathischen Neuronen auf. Sie bilden die Hormone
Merke Die Rindenzellen sind durch Lipidtropfen, glattes Adrenalin und Noradrenalin. In den menschlich en Mark-
ER und meistens tubuläre Mitochondrien gekennzeichnet. zellen sind zusätzlich verschiedene Neuropeptide nachge-
In der äußeren Zone (Zona glomerulosa) bilden die Zellen wiesen.
Knäuel oder Arkaden und synthetisieren das Mineralocor- Das Mark wird zu erheblichem Anteil durch direkt in das
ticoid Aldosteron. In der breiten mittleren Zone (Zona Mark laufende Arteriolen versorgt, erhält aber auch Blut aus
fasciculata) bilden die Zellen radiär angeordnete gerade den Kapillaren und Venolen der Rinde. Eine vaskuläre Be-
Stränge, die Glucocorticoide produzieren. Die Innenzone sonderheit sind die weiten Drosselvenen des Marks, deren
(Zona reticularis) besteh t aus verzweigten Zellsträngen, Media auffallende, un tersch iedlich dicke Stränge glatter
die neben Glucocorticoiden auch Androgene b ilden. Muskelzellen besitzt (Abb. 11.26, Abb. 11.32).
372 11 Endokrine Organe

Abb. 11.31 Zona fasciculata in


EM-Aufnahmen (Nebennierenrinde,
Mensch). a : Übersicht iiber eine ganze
Zelle mit zahlreichen Lipideinschlüs-
sen (1), 2 Zellkern. Vergr. 6740-fach.
b: Tubuläres Mitochondrium (1 ),
vesikuläres glattes ER (2), 3 Lysosom.
Vergr. 36600-fach.

Nebennierenmarkzellen haltigen en terochromaffinen Zellen des Magen-Darm-


Trakts). Im Mark lassen sich mit speziellen histochemi-
Die Markzellen werden von präganglionären cholinergen schen Färbtmgcn Adrenalin (A) und Noradrenalin (NA)
sympathischen Neuronen innerviert und können als endo- bildende Zellen feststellen, erstere machen tmgefahr 85'X.,
krine Variante eines sympathischen Ganglions angesehen letztere 15'X. der endokrinen Markzellen aus.
werden.
Elektronenmikroskopie Im Elektronenmikroskop ent-
Lichtmikroskopie Die relativ großen, oft länglichen oder halten beide Zellen zahlreiche elektronendichte Granula
polygonalen und dicht gelagerten Markzellen bilden unre- (Durchmesser 150-300 nm, Abb. Il.34). Die NA-haltigen
gelmäßige strangförmige Strukturen (Abb. Il.33). Im H.E.- Granula sind relativ klein tmd dichter als die der A-haltigen
Präparat ist das Zytoplasma oft feingranulär und blass- Granula. Außer Catecholaminen enthalten die Sekretions-
violett gefärbt. Die Kerne sind euchromatinreich. Nach granula Calcium, Adeninnukleotide, verschiedene Neuro-
Fixierung mit Kaliumbichromat sind die Markzellen gelb- peptide und Chromogranin.
lich braun gefärbt. Diese Pixierungsform ist ein Nachweis
für Catccholamine (Adrenalin, Noradrenalin), die durch Weitere Zellen Im Mark kommen regelmäßig kleine
das Bichromat oxidiert werden. Die Zellen bezeichnet man Gruppen multipolarer Ganglienzellen vor (Abb. 11.33).
daher auch als chrom affine Zellen (so wie die serotonin- Zwischen den verschiedenen chromaffinen Zellen treten
11.7 Nebenniere 373

Abb. 11.32 Nebennierenmark (1) mit einer größeren


Drosselvene (*), in deren Wand ein kräftiger Strang glatter
Muskulatur angeschnitten ist (-+ ). 2 Rinde. Mensch; Färbung:
H. E.; Vergr. 45-fach.

Abb. 11.33 Nebennierenmarkzellen. Die Nebennieren-


schmale Zellen (sustentakuläre Zellen) auf, welche die Glia- markzellen sind oft polygonallänglich gestaltet und azido-
komponente des Nebennierenmarks repräsentieren. phil, das Zytoplasma ist oft etwas aufgelockert, was zum
Teil auf seine rasche Auflösung nach der Gewebeentnahme
Merke Das Nebennierenmark besteht aus fortsatzlosen zurückzuführen ist. Verschiedene endokrine Zelltypen sind
modifizierten Sympathikusneuronen, die 2 Zelltypen zu- im Routinepräparat meistens nicht zu unterscheiden. Das
geordnet sind. Die Mehrzahl der Zellen produziert Adre- Mark ist von einem Venenplexus ( *) durchsetzt größere
nalin, eine kleinere Zahl Noradrenalin. Im Nebennieren- Venen besitzen Wülste glatter Muskulatur (Drosselvenen,
mark kommen Drosselvenen vor. Abb. 11.32). -+ Perikaryon einer Ganglienzelle. Mensch;
Färbung: Azan; Vergr. 280-fach.

Hormone
Adrenalin steigert u. a. die Herzfrequenz, fördert den Abbau
von Glykogen und die Freisetztmg von Fettsäuren. Dadurch
werden für die Energiegewinmmg geeignete Substrate be-
reitgestellt. Htmgergefiihl wird unterdrückt.

Klinik Tumoren, die Catecholamine sezernieren, heißen


PhäochromOZ}1ome. Sie leiten sich oft vom Nebennieren-
mark her, können aber auch anderswo entstehen, in weniger ~
als 10% der Fälle sind sie bösartig. Ein häufiges Symptom ist Abb. 11.34 Nebennieren-
erhöhter Blutdruck. markzelle.
3 74 11 Endokrin e Organe

11.8 System der disseminierten gastro-entero-pankreatischen endokrinen Zellen


--------------------------------------------------- ZurOrientierung ----------------------------------------------------
Im Epithel mancher Organsysteme, z. B. der Atemwege, sondern auch eine rezeptive Punktion, mit der siez. B. die
des Darmtrakts und der Harnwege, kommen endokrine jeweils unterschiedliche chemische Zusammensetzung des
Einzelzellen vor. Diese sind besonders häufig im Magen- Nahrungsbreis im Magen- und Darmimneo wahrnehmen.
Darm-Trakt, der mehr endokrine Zellen enthält als die Funktionell und entwicklungsgeschichtlich gehören
Adenohypophyse. Hier gibt es ca. 20 verschiedene endo- auch die endokrinen Zellen der Langerhans-Inseln im
krine Zelltypen, die alle jeweils ein bestimmtes Hormon Pankreas zu den endokrinen Zellen des Darmtrakts. In
bilden. Diese gastrointestinalen Hormone wirken weitge- den Inseln kommen 4 Zelltypen mit jeweils eigenem Hor-
hend nur lokal im Darmtrakt und regulieren hierverschie- mon vor: die B-Zellen (bilden Insulin), die A-Zellen (bil-
dene Aktivitäten. Beispielsweise bilden die G-Zellen das den Glucagon), die O-Zellen (bilden Somatostatin) und
Gastrin, die I-Zellen das Cholecystokinin tmd die S-Zellen die PP-Zellen (bilden das pankreatische Polypeptid).
das Sekretin. Diese Zellen haben nicht nur sekretorische,

Im Epithel mancher Organsysteme gibt es zahlreiche einzel- Zellen vor, deren Gesamtheit das gastro-entero-pankreati-
ne ("disscrninierte") endokrine Zellen, die Polypeptidhor- sche (GEP) endokrine Einzelsystem bildet (Abb. 11.35). Es
mone mit lokaler Wirkung bilden. Solche Zellen kommen handelt sich um das größte endokrine System des Körpers.
im Atmungs-, Urogenital- tmd vor allem im Verdauungs- Hierzu werden aus entwicklungsgeschichtlichen tmd funk-
trakt vor (Abb. 11.35). Nur das System der disseillinierten tionellen Gründen auch die Langerhans-Inseln im Pankreas
gastro-entero-pankrcatischen endokrinen Zellen im Ver- gezählt. Dem System gehören nach derzeitigen, Wissen ca.
dauungstraktsoll hier kurz besprochen werden. 20 verschiedene Zelltypen an, die Polypeptidhormone und
(seltener) biogene Amine bilden (Tab. 11.3).
11.8.1 Endokrine Zellen im Magen- Darm-Trakt Hormone Mehrheitlich sind die Hormone lokal aktiv und
Im Oberflächen- tmd Drüsenepithel von Magen, Dfmn- und regulieren die Verdauungstätigkeit (Tab. 11.3). Die Hor-
Dickdarm, Gallenwegen und Pankrcasg'ängen kommen ver- mone Insulin und Glucagon der Langerhans-Inseln wirken
streut zahllose (schätzungsweise 3 Milliarden) endokrine jedoch im gesamten Körper. Das Hormon Sekretin des

Magen,
Pars pylorica

Danndarm

··········
.··········-·······································
,•'

Dickdarm
Langerhans-
Insel im
Pankreas

Abb. 11.35 Endokrine Zellen des gastro-entero-pankreatischen Systems. Schematische Übersicht über Vorkommen und
Verteilung. (Nach [9))
11.8 System der disseminierten gastro-entero-pankreatischen endokrinen Zellen 375

Tab. 11.3 Hormone des Magen-Darm-Trakts.

Hormon Bildungsort Wirkort Wirkung


Gastrin Pylorus des Magens, Magen stimuliert (zum Teil indirekt über Stimutierung
Duodenum, Jejunum der Histaminfreisetzung) die Säuresekretion der
(G-Zellen) Belegzellen und das Wachstum der Schleimhaut
Sekretin oberer Dünndarm Pankreas, Brunner-Drüsen, stimuliert die Bildung bicarbonatreicher Flüssig-
(S·Zellen) Gallenblase, Gallenwege keit, die den sauren Magenbrei im oberen Dünn-
darm neutralisiert
GIP• ganzer Dünndarm Pankreasinseln, Magen • fördert die Insulinfreisetzung
(GIPK·Zellen) • hemmt die Säurebildung
GLP·t•• Dünndarm, Dickdarm Pankreasinseln fördert die Insulinfreisetzung
Cholecystokinin ganzer Dünndarm Pankreas, Magen, Gallenblase • fordert durch Stimulation des N. vagus die
(CCK) (I-Zellen) Sekretion der Verdauungsenzyme und steigert
die Sekretinwirkung
• fordert die Pepsinsekretion
• fordert die Entleerung der Gallenblase
Somatostatin Magen, Dünndarm, andere endokrine Zellen, hemmt sekretorische Vorgänge in endo- und
Dickdarm (O-Zellen) Beleg- und Hauptzellen im Ma- exokrinen Zellen des Verdauungstrakts
gen, Azinuszellen im Pankreas
Histamin Korpus und Fundus Magen fördert die Sekretion der Magensäure und
des Magens des Pepsins (die Abgabe des Histamins aus den
(ECL-Zellen) ECL-Zellen wird von Gastrin stimuliert)
Serotonin Magen, Dünn- und Magen, Dünn- und Dickdarm stimuliert die Motilität des Magen-Darm-Trakts
Dickdarm (EC-Zellen) und seiner Blutgefäße
• glucose-dependent insutinotropic peptide a gastric inhibitory polypeptide
•• glucagon-like-peptide 1

Duodentuns und des Jejunums benutzt für seinen Trans- neomikroskopisch erkennbaren Sekretionsgranula besitzen
port von den Bildungszellen im Diinndann zu den Zielzel- in den unterschiedlichen Zelltypen verschiedene Gestalt
len in Pankreas, Leber und Magen über weitere Strecken (Abb. 11.37).
auch das Blutgefäßsystem. Einige Hormone des GEP-Sys-
tems können auch in Nettroncn gebildet werden. Die phy- Einteilung nach anderen Kriterien Die Bezeichmmg der
siologische Funktion dieser Hormone ist noch nicht in allen einzelnen endokrinen Zelltypen bezieht sich idealerweise
Fällen sicher aufgeklärt. auf das gebildete Hormon (Gastrin bildende Zellen = G-
Zellen). In anderen Fällen werden auch traditionell beste-
Transmitter Die Transmitter mancher Neurone des hende Abkürztmgen gebraucht, die aber nicht das Produkt
Magen-Darm-Trakts ähneln den Hormonen der endokri-
nen Zellen des Verdauungstrakts und beeinflussen Motili-
tät und Sekretion. Beispiele sind: Motilin, Substanz P und
Bombesin. Einzelne Peptide, z.B. das Somatostatin, werden
sowohl aus Nervenendigungen als auch aus endokrinen
Zellen, den O-Zellen der Magen- und Darmschleimhaut
und der Langerhans-Inseln, freigesetzt.

Einteilung nach Gestalt und Lage im Epithel Die endo-


krinen Zellen des Magen-Darm-Trakts treten in zweierlei
Gestalt (Abb. 11.36) auf: Die "offenen" endokrinen Zellen
erreichen mit einem mikrovillibesetzten sensorischen Pol Kapillare
das Darrnlumen, während die "geschlossenen" Zellen basal otrenerTyp geschlossener Typ
im Epithel lagern. Seide enthalten kennzeichnende elektro-
nendichte Sckretionsgranula, die basal ihren Inhalt exozy- Abb. 11.36 Endokrine Zellen im Epithel des Magen-
totisch abgeben. Die Zellen lassen sich im lichtmikroskopi- Darm-Trakts. Schematische Darstellung "offener" (links) und
schen H. E.-Präparat nttr undeutlich erkennen. Sie werden "geschlossener" (rechts) endokriner Zellen (rot gezeichnet).
heute oft immunhistochemisch nachgewiesen. Die elektro- (Nach [9])
376 11 Endokrine Organe

.

• •• s:•

• .
..· .• •. f ~ .• •'
-...
.• . ...···. y·-:' •. .

a
:
.}.•• l... "1
( b

'*

Abb. 11.37 Endokrine Zellen im Magen-Darm-Trakt. a: Endokrine ZeUe vom geschlossenen Typ (1) im Korpus des Magens
des Menschen. 2 HauptzeUe, * Lumen der Magendrüse. Vergr. 67 40-fach. b: Endokrine ZeUe vom offenen Typ (1) im Epithel
einer Kolonkrypte der Maus. Vergr. 3900-fach. (Präparat Dr. T. Nebelsiek, München) c: Zwei verschiedene endokrine Zellen (1)
vom offenen Typ im Kryptenepithel des Kolons des Menschen. 2 BecherzeUen,
4 Lamina propria. Vergr. 3860-fach.
* Kryptenlumen, 3 resorbierende EpithelzeUen,
11.8 Syst em der dissemi nie rten gast ro-entero-pankreatisc hen endokrine n Zellen 377

der Zellen widerspiegeln. So bilden die Enterochromaffin- ansamrnlungen, die aus 2000 - 3000 endokrinen Zellen ver-
like cells (ECL) das Histamin, sie werden neuerdings auch schiedenen Typs zusammengesetzt sind. Vereinzelt gibt es
H-Zellen genannt. Schon lange bekannt sind serotoninhal- "diffuse" Inseln aus langen gewnndenen Zellsträngen. Spe-
tige, sog. enterochromaffine Zellen (EC-Zellen), die vom ziell in solchen Inseln können die B-Zcllen sehr grog und
Pylorus bis zum Kolon verbreitet sind. ihre Kerne polyploid sein. Die Zahl der Inseln liegt vermut-
lich bei 1 - 2 Millionen, sie machen beim Erwachsenen ca.
1 - 3% der Masse des Pankre-c1sgewebes aus, beim Neuge-
Klinik Von den endokrinen Zellen des GEP-Systems kön-
borenenen ca. 10%. Die Langerhans-Inseln sind im Schwanz-
nen gut- und bösartige Tumoren ausgehen. Deren Sekrete
anteil des Pankreas häufiger als im Koplbereich. Die Inseln
können zu Symptomen fUhren, die durch exzessivabgegebe-
liegen meistens in einem Pankreasläppchen (Abb. 11.38).
nes Hormon oder Stenosebildungen gekennzeichnet sind.
Bekannt sind z. B. Gastrin bildende Tumoren, die vor allem
die HCI-Sckretion anregen und zu nicht heilenden Ulkus- Zelltypen der Langerhans-Inseln
bildungen im Magen und D uodenum führen.
Karzinoide sind meistens serotoninhaltige endokrine Es lassen sich 4 endokrine Insel7..clltypen nlit jeweils eigenem
Tumoren, die aber auch an dere hormonale Faktoren bilden Hormon unterscheiden: A-, B-, D- und PP-Zellen (Tab. 11.4).
tmd die nur langsam infiltrierend tmd metastasierend wach- Diese sind in den Langerhans-Inseln des Menschen nicht
gc1nz konstant angeordnet (Abb. 11.39), meist sind jedoch
sen. Sie vemrsachen verschiedenartige Symptome, danmter
tmregelmägig einschießende Hautrötungen und Hyper- A-Zellen peripher tmd B-Zcllen zentral konzentriert.
Lichtmikroskopisch sind sich die Zellen der Langerhans-
motilität des Darms nlit Krämpfen, Erbrechen tmd Durch-
fcillen. Insel relativ ähnlich (Abb. 11.38). Jmmunhistochemisch las-
sen sich die unterschiedlichen Zelltypen deutlich herausstel-
len (Abb. 11.40, Abb. 11.41). Im EM-Präparat zeigen sie
11.8.2 Langerhans-Inseln tmterschiedliche Granula (Abb. 11.42, Abb.11.43):
Die Langerhans-Inseln (Inselorgan) wurden 1869 vom • A-ZeUen: Sie sind größer als die B-Zellen und leicht azi-
20-jährigen Paul Langerhans im Rahmen seiner medizini- dophil. Ihre Granula sind im EM-Präparat mnd, nlit ho-
schen Doktorarbeit beschrieben. Ihre endokrine Funktion mogenem dichtem Inhalt, der von der Granultunmemb-
wttrde 1886 von Minkowski und Mehring entdeckt. ran durch einen kennzeichnenden helleren Ring getrennt
ist (Abb. 11.42c, d). Glucagon tritt mit einem Begleitpro-
tein, dem Chromogranin A, auf; nlit Antikörpern gegen
Aufbau dieses Protein lassen sich die A-Zellen immunhisto-
Die Langerhans-Inseln entsprechen dem endokrinen Anteil chernisch nachweisen (Abb. 11.40).
des Pankreas. Sie sind meist scharf begrenzte kleine, im • B-ZeUen: Die B-Zcllen bleiben im H.E.-Präparat blass
D urchmesser oft 50- 280 JJm (im posteroinferioren Pan- (Abb. 11.38), lassen sich aber nlit Aldehydfuchsin oder
kreaskopf vereinzelt bis an die 500 J.Ull) messende Zell- (wie die anderen Insclzellen) immunhistochenlisch selek-

zentroazinäre Zellen

Inselkapillare ---

interstitielles
Bindegewebe

Abb. 11.38 Langerhans-Insel im Pankreas, Zeichnung. Im H. E.-Präparat sind die A-Zellen oft etwas größer und azidophiler
als die 8-Zellen. Mensch; Vergr. 700-fach. (Aus [1])
3 78 11 Endokri ne Organe

,.-- Venolen --, • O-Zellen: Die Granula der D-Zellen sind relativ groß,
oft leicht oval und von mittlerer Elektronendichte (Abb.
11.43).
• PP-Zellen: Die seltenen PP-Zellen finden sich v.a. im
Pankre-askopf. Ihre Sekretionsgranula sind klein, rundlich
und elektr onendicht
Azinus
Zwischen den verschiedenen Inselzellen finden sich Nexus
und Desmosomen. Cholinerge und adrenerge Synapsen tre-
ten regelmäßig in den Inseln auf. Bei manchen Säugern ent-
halten die Inseln regelmäßig Perikarya vegetativer Neurone.

Hormone
Diewichtigsten Hormone der La ngerhans-Inseln (Tab.ll.4)
sind Insulin und Glucagon. Seide stehen in Beziehung zum
Kohlenhydratstoffi.vechsel.
'- - Arteriole
Insulin Insulin wird in den B-Zellen synthetisiert (Abb.
11.44) und pulsatil freigesetzt. Dies geschieht etwa alle

D=B D=AD=D D=PP 10 Minuten in kleinen Mengen und alle 80 - 15 Minuten


mit größerer Amplitude, Mahlzeiten lösen eine massive
Freisetzung von Insulin aus. Glucose stimuliert die Insu-
Abb. 11 .39 Langerhans-Insel mit den 4 unterschiedli- linsekretion, indem sie durch den insulinunabhängigen
chen Zelltypen und der Mikrozirkulation (Schema). Rechts GLUT -2-Glucosetransporter in die B-Zelle transportiert
oben und unten: Azini mit einzelnen endokrinen Zellen. wird. Dort wird sie phosphoryliert und weiteren Stoffwech-
Die abführenden Venolen sind insuloazinäre Portalgefäße. selschritten unterzogen, die schließlich dazu führen, dass in
(Nach (9]) den Mitochondrien ATP gebildet wird. ATP hemmt die
Aktivität des ATP-sensitiven Kaliumkanals. Die Hemmung
dieses komplexen Kanals führt zur Membrandepolarisie-
tiv darstellen (Abb. 11.41). Im Elektronenmikroskop ent- mng, was zur Öffnung spannungsabhängiger Caldurn-
halten sie typische Sekretionsgranula mit unregelmäßig kanäle führt. Das einströmende CalciLuu bewirkt die Sekre-
gestaltetem kristallinem Zentnun (Abb. 11.42a, b ). tion des Insulins (Abb. 11.44). Ein Mangel an Insulin, wie

Abb. 11.40 A-Zellen der Langerhans-Inseln. Immun- Abb. 11.41 B-Zellen der Langerhans-Inseln. Immun-
histochemische Darstellung des Chromegranins in A-Zellen. histochemische Darstellung des Insulins. Die braun gefärbten
Die braun gefärbten A-Zellen sind oft am Rande der Insel B-Zellen bilden die große Mehrheit der Inselzellen. Mensch;
konzentriert, kommen aber auch im Innem der Inseln vor. Vergr. 280-fach. (Präparat: Prof. D. Grube, Hannover)
Mensch; Vergr. 280-fach. (Präparat: Prof. D. Grube,
Hannover)
11.8 System der disseminierten gastro-entero-pankreatischen endokrinen Zellen 379

Abb. 11.42 8- und A-Zellen


der Langerhans-Inseln in EM-
Aufnahmen (Mensch). a: B-Zelle,
Übersicht. 1 Sekretionsgranula;
2 Zellkern; 3 Golgi-Apparat. Vergr.
12 000-fach. b: B-Zelle, hohe Ver-
größerung der insulinhaltigen
Granula. Der Inhalt vieler Granula
hat eine dichte kristalline Struktur
(~).. Vergr. 36600-fach. c: A-Zel-
le, Ubersicht. 1 Sekretionsgranula;
2 Zellkern. Vergr. 12 000-fach.
d: A-Zelle, hohe Vergrößerung der
glucagonhaltigen Granula ( ~)
mit dichtem Zentrum (*) und
hellerer Peripherie. Vergr. 36600-
fach. b d

Tab. 11.4 Zelltypen und Hormone der Langerhans-lnseln.

Zelltyp Menge und Lokalisation Hormon Hormonwirkung


A-Zellen 20% der Inselzellen, Glucagon, ein Peptid • insulinantagonistisch; erhöht den Blutzuckerspiegel
überwiegend peripher aus 14 Aminosäuren durch Förderung des Glykogenabbaus in der Leber
• stimuliert in den Langerhans-Zellen aber die Insulin-
sekretion
B-Zellen 70% des Inselgewebes, Insulin, ein Peptid • senkt den Blutglucosespiegel
nehmen den größten Teil der aus 51 Aminosäuren • fordert die Aufnahme und Verwertung von Glucose
Inseln ein insbesondere in Leber-, Fett- und Skelettmuskelzellen
• insgesamt anabole Wirkung
O-Zellen 10% der Inselzellen Somatostatin und Somatostatin: hemmt die Sekretion von Insulin und
auch Gastrin Glucagon, von Magensäure, von Pankreasenzymen und
der Resorption von Nährstoffen im Dünndarm
PP-Zellen 1-2 "'oder Inselzellen, über- pan kreatisches Poly- • hemmt die Sekretion der Verdauungsenzyme des
wiegend im Pankreaskopf, peptid (PP) Pankreas
einzeln auch in den Azini • hemmt die Gallesekretion und die Freisetzung von
und den Pankreasgängen Somatostatin
380 11 Endokrine Organe

Fasern des N. vagus gefordert und durch sympathische


Fasern gehemmt. Oie Glucagonfrcisetzung wird dagegen
über ß-Rezeptoren des Sympathikus gefOrdert.

[2 Gefäßversorgung
•.-....... ,. Abb. 11.43 O-Zelle. Die Inseln sind reich vaskularisiert. Oie Inselgefäße sind
sinusoidale (weitlumige) fenestrierte kapilläre Gefäße. Ein
bis drei afferente Gefäße (lnselarteriolen) versorgen eine In-
beim Diabetes mcllitus, fUhrt dazu, dass weniger Glucose- sel. Diese Gefäße können sich schon in der Inselperipherie
transporter gebildet und in die Plasmamembran eingebaut oder erst im Inselzentrwn in Kapillaren aufspalten, sodass
werden und Glucose nicht mehr in ausreichender Menge in die Inselzellen von der Oberfläche oder aus der Tiefe der
die Zelle transportiert werden kann. Insel versorgt werden. Es ist bisher nicht klar, ob die allge-
Im Blut hat Insulin eine Halbwe.rtszeit von nur 6- 8 min, meine Regel auch beim Menschen zutrifft, dass zuerst die
was auf eine hohe Syntheserate in den B-Zellen hinweist. In A- und O-Zellen und dann erst die B-Zellen mit Blut ver-
die Zielzellen wird Insulin durch den insulinabhängigen sorgt werden. Von den peripheren Kapillaren gehen zahl-
Glucosetransporter GLUT-4 transportiert (Abb . ll.45). reiche abführende Gefäße aus, die sog. insuloazinären
Portalgefäße, die in das Kapillarnetz der Azinuszellen des
Interaktionen zwischen den Inselzellen Insulin, Gluca- exokrinen Pankreas einmünden. Damit wird den Azini hor-
gon und Somatostatin beeinllussen sich in den Inseln ge- monreiches Blut zugeführt, wodurch vermutlich die Sekre-
genseitig. Somatostatln hemmt die Preisetztmg von Insulin tion der Azinuszcllen beeinflusst wird. Insulin kann z.B. bei
und Glucagon (und auch von Somatostatin selbst). Insulin kohlenhydratreicher Nahrung das Amylase-Gen in den Azi-
hemmt die Abgabe von Glucagon, und Glucagon fördert nttszellen aktivieren. Das venöse Blut des Pankreas fließt in
die Frcisetzung von Insulin. Oie Insulinabgabe wird durch die V. portae und somit zunächst in die Leber. Die Pfortader

Protease reifes
, Insulin
'' ,
''
''

Sekretlonsgranulum
reifes Granutum
nlt Kristall

Golgi-Apparat -

Proinsulin •• . • Zellkern

•• DNA
B-Kette • --
Signal- ...
sequenz
,
A-Kette / ' raues
endoplasmatisches
,, Retikulum
C-Peptld
Präproinsulin

Abb. 11 .44 Synthese und Sekretion von Insulin durch B-Zellen einer Langerhans-InseL Oie Synthese und die Freisetzung
des Insulins werden durch Glucose stimuliert. Die Synthese ist komplex: Zuerst wird Präproinsulin im rauen ER synthetisiert.
Es besitzt eine Signalsequenz, die noch im rauen ER abgespalten wird, sodass Proinsulin entsteht. Oieses besteht aus je einer
• - und ß-Kette, die durch das sog. C-Peptid verbunden sind und durch Oisulfidbrücken zusammengehalten werden. Proinsulin
wandert in den Golgi-Apparat, auf dessen Trans-Seite es mit einer Protease in Sekretionsgranula verpackt wird. Die Protease
schneidet das (-Peptid heraus, wodurch das reife Insulin entsteht. Dieses bildet mit Zink eine dichte kristalloide Struktur;
das (-Peptid wird in die Peripherie des Granulums verlagert. Bei der Exozytose werden reifes Insulin und C-Peptid freigesetzt.
Oie Glucose, die die Synthese des Insulins anstößt, wird durch den GLUT-2-Transporter in die B-Zelle transportiert. Der Meta-
bolismus der Glucose in derB-Zelleverändert auch die Aktivität von Ionenkanälen der Zellmembran. Oie Aktivität des AlP-
abhängigen K·-Kanals wird gehemmt, was zur Depolarisierung der Zellmembran führt. Dies wiederum führt zum Einstrom von
Calcium durch den spannungsabhängigen Ca 2'-KanaL Das caz• stimuliert die Exozytose des Insulins. Neben der Glucose als
Hauptstimulator fördern auch andere Faktoren, z. B. Aminosäuren, Ketonkörper, gastrointestinale Hormone und Neurotrans-
mitter, die Freisetzung des Insulins.
11.8 System der disseminierten gastro-entero-pankreatischen endokrinen Zellen 381
hat daher immer einen höheren Gehalt an Inselhormonen durch Autoimmunprozesse zerstört (Abb. 11.46). Bei Pa-
als andere Gefaßabschnitte. tienten mit Typ-li-Diabetes (Altersdiabetes) sind die B-Zel-
len zum Teil "erschöpft" oder es kann Insulinresistenz vor-
Klinik Eine der häufigsten Krankheiten des Menschen (spe- liegen. Bei vielen Patienten ist diese Form des Diabetes mit
ziell in Wohlstandsgesellschaften in aller Welt) ist der Dia- Adipositas korreliert. Diese Patientengruppe wird zuerst
betes mellitus (Zuckerkrankheit). Klinisch macht sich dies diätetisch tmd dann medikamentös behandelt. Insulin-
durch erhöhte Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) tmd in spritzen können bei fortgeschrittener Krankheit erforderlich
schweren Fällen auch durch Zucker im Urin (Glukosurie) werden.
bemerkbar. Die Krankheit ist vor allem durch Insulinman-
gel und verminderte Insulinwirktmg gekennzeichnet. Se-
ktmdäre Komplikationen ergeben sich aus atherosklero- Merke Die Langerhans-Inseln kommen im Pankreas in
tischen Verändenmgen der Wände kleiner tmd großer einer Zahl von 1 -2 Millionen vor. Sie sind aus 4 verschie-
Arterien in verschiedenen Organen, welche zu Perfusions- denen endokrinen Zelltypen und einem dichten Kapillar-
netz aufgebaut. Die B-Zellen (70% der Inselzellen) bilden
stönmgen und damit zu Ftmktionsausfällen führen. Oft sind
Retina, Nervensystem mit peripheren Nerven, Nieren und Insulin, die A-Zellen (20% der Inselzellen) Glucagon, die
D-Zellen (10% der Inselzellen) Somatostatin und die
untere Extremitäten betrotren.
Patienten mit Typ-I-Diabetes Quvenilem Diabetes) benö- PP-Zellen (nur 1-2% der Inselzellen, nur im unteren
Pankreaskopf) das pankreatische Polypeptid.
tigen primär extern zugeführtes Insulin. Ihre B-Zellen sind

C 11 Lernhinweise zu Kapitell!

Autophosphofyfierung
a-Untereinheit der Tyrosinkinase
>
' Glucose-
'\ '
, ~-Unter- : Transporter-
Insulin \ einheil : Protein-4
Insulin-
• ' (GLUT-4)
'' •'
Rezeptor_

Fett- Kam
tropfen

Blutkapillare

Abb. 11.45 Wirkung des Insulins auf eine weiße Fett- Abb. 11.46 Langerhans-Insel bei Diabetes mellitus.
zelle. Insulin bindet an den Insulinrezeptor der Zielzelle, Die endokrinen Zellen sind zu erheblichem Teil durch kolla-
hier einer weißen Fettzelle. Der Rezeptor besteht aus 2 lt- genreiches (blau) Bindegewebe ersetzt. Färbung: Azan,
und 2 ß-Untereinheiten. Das Insulin bindet an dielt-Unter- Vergr. 150-fach.
einheit und aktiviert dadurch die Autophosphorylierung der
ß-Untereinheit, die eine Tyrosinkinase ist. Daraufhin werden
u. a. generell die Proteinsynthese und speziell der Einbau des
Glucosetransporters GLUT-4 in die Zellmembran veranlasst.
GLUT-4 befindet sich bei Nichtbedarf in der Membran von
Reservevesikeln im Zytoplasma. Diese Vesikel verschmelzen
bei Bedarf mit der Zellmembran. GLUT-4 vermittelt die Auf-
nahme von Glucose in die Zelle, wo sie zu Triglyceriden um-
gewandelt wird, die in einem großen Fetttropfen gespeichert
werden. Bei einem Insulinmangel ist die Zahl der GLUT-4-
Transporter in der Zellmembran reduziert, es wird weniger
Glucose in die Zelle aufgenommen und der Blutglucose-
spiegel ist dadurch erhöht.
KAPITEL

Harnorgane
12.1 Niere •••••••••••••••••• 383 0 • 0 • ••• 0 • 12.2 Ableitende Harnwege • • • • • 0 0 • 0 • 0 • 0 •• 399
12.1.1 Allgemeine Strukturmerkmale 384 • • • 0 • 0 •••• 12.2.1 Wandaufbau • • • • • ••• 0 • 0 • 0 0 • 0 • 0 •••• 399
12.1.2 Nephrone und Sammelrohre 386 • • • 0 • 0 • 0 •• 0 12.2.2 Nierenbecken ••• 0 • • • ••• 0 • 0 • 0 0 ••• 0 • 399
12.1.3 Interstitium • 0 • 0 • • •396• 0 0 ••••• ••••• 0 • 12.2.3 Harnleiter • • • • • • • ••• 0 ••••• 0 • 0 • 0 0 • 0 399
12.1.4 Juxtaglomerulärer Apparat (JGA) ....... 397 12.2.4 Harnblase • • • • • • • • • • 0 • • • • • • • 0 • 0 0 • 0 401
12.1.5 Harnbildung ••• 0 • 0 •3980 • • • • • ••••••••• 12.2.5 Harnröhre • • • • • • • • • • 0 • 0 • 0 • • • ••• 0 • 0 401

Zu den Harnorgelnen gehören • die Ausscheidung von harnpfllchtigen Stotf.vechselend-


• die Nieren als harnbereitende Organe und produkten (z.B. Harnstoff, Creatinin und Harnsäure)
• Harnleiter, Harnblase ttml Harnröhre, die zusammen die tLnd Fremdstoffen (z. B. Medikamente),
ableitenden Harnwege bilden. • die Kontrolle des Elektrolyt- ttnd Wasserhaushalts und
damit die Konstanthaltung des Volumens und der Osmo-
Harn- tLnd Geschlechtsorgeiße entwickeln sich phylogene- lalität des Extrazellulärrawns sowie des Säure-Basen-
tisch tLnd ontogenetisch partiell gemeinsam, speziell in Hin- Gleichgewichts.
sicht auf die Harn- tLnd Geschlechtswcge, tLnd werden daher
auch als Urogenitalorgane zusammengefasst. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Regulation
Die wichtigsten Punktionen der essenziell lebenswichti- des Blutdrucks und der Regulation der Erythrozytenbil-
gen Nieren sind: dtLng.

12.1 Niere
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Die spezifische Baueinheit der Niere ist das Nephron, von 3 Abschnitte gliedern: proximalen Tubulus, intermediären
dem es ca. 1 Million in jeder Niere gibt. Eine zweite, mit Tubulus tllld distalen Tubulus. Der distale Tubulus bildet
den Nephronen direkt verbundene Strukturkomponente mit der alferenten Arteriole des gleichen Nephrons die
der Niere ist das Sammclrohrsystem. Ein Nephron besteht Macula densa, eine epitheliale Struktur, die vermutlich
aus Nierenkörperehen (mit einem Kapillarknäuel (Glome- Teil eines sensorisch-regulatorischen Apparats ist. Im
rulus), komplexer Basallamina, Mesangiw11Zellen und der Sammelrohrsystcm wird über die Zusammensetzung des
Bowman-Kapsel mit den Podozyten), das die Funktion definitiven Harns unter Berücksichtigung der Bedürfnisse
der Ultrafiltration ttnd Primärharnbildttng iibernil1m1t, des Gesamtorganismus entschieden. Wasser wird hier
ttnd einem Tubulussystem, das die Aufgelben der Rück- unter dem Einfluss des antidiuretischen Hormons (ADH)
resorption ttnd Sekretion erfi.illt. Die Tubuli lassen sich in rückresorbiert

Die Niere (Ren) nimmt viele wichtige Punktionen wallr: Diese Aufgelben kann die Niere nur erfüllen, weil sie außer-
• Kontrolle des Wasser- und Salzhaushalts, sodass Volmnen ordentlich reich durchblutet ist (sie erhält gut 209(. des Herz-
tllld Osmolarität des Extrazellulärrawns konstant bleiben minutenvolmnens, macht aber nur ca. 1% des Körperge-
• Überwachung und Steuentng des Säure-Basen-Haushalts wichts aus) tLnd sich ilir Gewebe speziell an diese Aufgelben
• Ausscheidung von Endprodukten des Protein-, Purin- angepasst hat. Zu dieser Anpassung gehören der Ultrafilter
und Stickstoffstotf.vechsels (z. B. Harnstoff, Creatinin, und das aufwendige Tubulussystem: Über den Ultrafilter fil-
Harnsäure und i\mrnonium·Ionen) oder Fremdstoffen trieren beide Nieren am Tag ca. 140- 180 1 Primärharn.
(z.B. von Medikamenten bzw. deren Metaboliten) Dabei werden ZtLnächst viel Flüssigkeit und praktisch alle
• Funktionen im Stoffwechsel (z. B. Argininsynthese aus niedermolekularen Stoffe aus dem Blut herausgefiltert
Citrullin) Während der Passage dttrch das komplexe, aus verschiede-
• Bildung von Hormonen und Gewebefaktoren (Erythro- nen Epithelzellen aufgebaute Röhrensystem, das aus den
poietin, i\ngiotensin li, Caldtriol und Prostaglandinen) - Tubuli der Nephrone und den Sammelrohren aufgebaut ist,
die Niere ist auch Zielort von Hormonen (z.B. ADH, werden 99'Ko der Flüssigkeit sowie Na~, Cl-, HC03- , Glucose,
Aldosteron, Adrenalin und i\NF) Aminosäuren, Lactat und viele andere niedermolekulare
• Kontrolle des arteriellen Blutdrucks. Stofle weitgehend rückresorbiert und dem Organismus wie-
384 12 Harnorgane

der zugefUhrt Es werden nur die Stoffe mit dem endglUtigen Spitze (Papilla renalis) zeigt nach innen und wird von
Harn ausgeschieden, die toxisch oder im Überschuss vor- einem Nierenkelch tunfasst Mitunter bilden 2 oder sogar
handen sind. Die Menge des Endharns beträgt ca. 1,5 1 am 3 Pyramiden eine gemeinsame, dann leistenf6rmige Papil-
Tag. le. Innerhalb jeder Pyramide lassen sich eine Innen- tmd
Außenzone tmterscheiden, was durch die Struktur und An-
ordnung der verschiedenen Nierentubuli bedingt ist. Von
12.1.1 Allgemeine Strukturmerkmale der Basis der Pyramiden ziehen die Markstrahlen (Biindel
Die paarig angelegten Nieren des Menschen sind jeweils ca. von Sammelrohren und gestreckt verlaufenden Tubulus-
10 cmlang, 5 cm breit und 4 cm dick und wiegen 120- 300 g. abschnitten) in die Rinde (Abb. 12.3). Die Markstrahlen
Die Nieren liegen retroperitoneal. können dicht an die Organkapsel herantreten.
Bereits mit bloßem Auge lässt sich ein 6-10 mm breiter, Viele Säugetiere, z.B. Rinder und Wale, haben eine in
dunkler gefachter und außen gelegener Streifen, die Rinde viele Lappen gegliederte Niere, bei der jeder Lappen eine
(Cortex renalis), vom innen gelegenen helleren Mark (Me- eigene Pyramide besitzt. Kleine Säugetiere haben i. A. nur
dulla renalis) unterscheiden (Abb. 12.1). Medialumgreifen eine Markpyramide (Abb. 12.2). Auch die Niere des Men-
Rinde tmd Mark eine Höhlung, den Sinus renalis. Er enthält schen entsteht aus primär getrennten Anlagen (Lappen,
das System der Nierenkelche, das Nierenbecken, Fettgewebe Lobi), deren Zahl der der Pyramiden entspricht und die
tmd große Blutgefaßc. Der Eingang in den Sinus wird als dann miteinander verwachsen.
Nierenhiltun bezeichnet.
Blutgefäße Die Niere ist ungewöhnlich reich mit Blut-
Nierenrinde Die Nierenri nde bildet die bis zu 10 mm gefaßen versorgt. Sie erhält mit 1,2 1/min 20- 25 ~ des
dicke Außenzone der Niere, die unmittelbar un ter der Herzminutenvoltunens. Das gesamte Blutvoltm1en fließt
Organkapsel liegt. Sie wird durch die Markstrahlen des alle 4- 5 min durch die Niere. Die renale Durchbluttmg ist
Nierenmarks in kleine Bezirke gegliedert. Die zwischen den über komplexe Mechanismen reguiJert, zu denen insbeson-
Markstrahlen gelegene Rindensubstanz wird Nierenlaby- dere eine spezielle Autoregulation gehört.
rinth genannt. In Porm der Nierensäulen (Bertini-Säulen = Das komplexe Blutgefaßsystem der Niere (Abb. 12.4) ist
Collllllnae renales) reicht das Rindengewebe bis an den tmmittelbar mit den Nierenfunktionen verknüpft. An jede
innen gelegenen Sinus renalis heran. Der Begriff Nieren-
säulen geht auf den Eindruck zurück, den das Schnittbild
vermittelt. Dreidimensional gesehen tungibt das Gewebe
der Nierensäulen die Markpyramiden mit einem dicken
Mantel aus Rindensubstanz.

Nierenmark Das Mark gliedert sich in 7-9 Markpyra-


miden, die von Rindensubstanz umgeben sind. Die Basis
dieser Pyramiden ist nach außen gerichtet (Abb. 12.2), die

Nierenrinde
' .Columna renalis

-...' Markstrahlen
•• Nierenmark

--Nierenarterie

--Nierenvene

---Nierenkelch

-- --- Ureter

arcuata Abb. 12.2 Schnitt durch die Rattenniere, Übersicht.


' 1 Rindenregion; 2 Markpyramide; * Kelch des Nieren-
'.
Artena beckens; 3 Sinus renalis. Im Gegensatz zur Niere des Men-
intertobans
schen besitzt die Rattenniere nur eine Pyramide. Färbung:
Abb. 12.1 Niere des Menschen im Längsschnitt (Schema). H. E.; Vergr. 12-fach. (Aus (1])
12.1 Niere 385
Niere tritt am Hilum eine Nierenarterie heran, die sich oft
schon vor Eintritt in das Nierengewebe verzweigt. In der
Niere bildet sie aufsteigende Aa. interlobares, die zwischen
den Pyramiden in den Nierensäulen verlaufen. An der Basis
der Pyramiden teilen sich die Aa. interlobares in Aa. arcua-
tae, die bogenformig im Bereich der Mark-Rinden-Grenze
verlaufen. Anastomosen zwischen benachbarten Aa. arcua-
tae gibt es ebenso wenig wie zwischen Aa. interlobarcs,
sodass bei einem Niereninfarkt jeweils ein recht scharf
begrenztes Nierengebiet abstirbt. Von den Aa. arcuatae ge-
hen mehr oder weniger senkrecht zur Oberfläche der Nie-
re ziehende Aa. interlobu.lares ab. Von diesen durch die
Rinde ziehenden Gefaßen zweigen nach allen Seiten die
ca. 0,1-0,6 mm langen Arteriolae afferentes ab. Radiäre
Endäste der Aa. interlobulares in Nähe der Nierenoberfläche
versorgen auch die NierenkapseL
Die Artcriolae afferentes verzweigen sich bei Eintritt in
das Nierenkörperehen am Gefaßpol in 4 - 8 dünne primäre
Abb. 12.3 Markstrahlen (1) mit gestreckt verlaufenden Äste, die in das Kapillarknäuel des Glomerulus übergehen.
Tubuli und Sammetroh ren. 2 Nierenlabyrinth mit geknäuelten Bei feinerer Analyse sieht es so aus, dass jeder primäre Ast
proximalen (dunkelbraun) und distalen (hellbraun) Tubuli schlingenartige Kapillarnetze ausbildet, eHe jeweils ein kapil-
sowie mit den Glomeruli( ~). Niere, Mensch ; Färbung: läres Läppchen des Glomerulus ausbilden. Zwischen den
Goldner; Vergr. 45-fach. Läppchen gibt es Anastomosen. Alle Kapillaren vereinigen

R
I
n
d

Innen·
tone

a b
Abb. 12.4 Gefäßversorgung des Nierengewebes. a: Schema. Die arteriellen Gefäße sind rot, die Kapillaren dunkelgrau,
die venösen Gefäße blau gezeichnet In der Rinde sind die Markstrahlen durch die gestrichelte Linie markiert. 1/1' A. und
V. arcuata; 2/2' A. und V. interlobularis; 3 Arteriola afferens; 4 Glomerulus; 5 Arteriola efferens; 6 Arteriola efferens eines
juxtamedullären Nierenkörperchens; 1/7' arterielle und venöse Vasa recta; 8 V. stellata. Links sind nur arterielle, rechts nur
venöse und in der Mitte sowohl arterielle als auch venöse Gefäße gezeichnet. Zwischen den Vasa recta ist das perltubuläre
Kapillarnetz in der Tiefe der Niere dargestellt (Aus [4]). b: Präparat mit tuscheinjizierten Gefaßen (rot) in der Nierenrinde
eines Kaninchens. 1 A. interlobularis, 2 Glomerulus, 3 perltubuläre Kapillaren. Das Bild entspricht dem Bereich links oben auf
der Teilabbildung a. Vergr. 45-fach.
386 12 Harnorgane

sich schließlich zur Artcriola eftcrens, die den Glomerulus das innere Mark eintauchende Henle-Schleifen (Abb. 125).
auch am Gcfäf~pol verlässt. Die Kapillaren des Glomerulus Durch die unterschiedliche Struktur der Ncphrone und die
verbinden also 2 Arteriolen, was mit ihrer Punktion bei der unterschiedliche Länge der Henle-Schleifen lässt sich das
Ultrafiltration in Zusammenhang steht. Die Arteriolae effe- Nierenmark in Außen- tmd Innenstreifen (bilden gemein-
rentes gehen in reich entwickelte Kapillarnetze über, die die sam die Außenzone) und Innenzone gliedern, was auf Ab-
Tubuli der Rinde versorgen. Vor Eintritt in den Glomerulus bildung 12.5 verdeutlicht wird.
zweigt sich von der 1\. afferens ein feiner Ast ab, der auch
der Versorgung der Nierentubuli der Rinde dient. Aus den Merke Die Lage und Strukturierung der Nephrone und
Arteriolae efferentes der marknahen Glomeruli entspringen die Anordnung der Sammclrohre sind ftir das makro-
auch die Gefäße, die das Mark versorgen. Es bilden sich skopische bzw. lupenoptische Bild des typischen Nieren-
hier aus den Arteriolae efterentes Büschel gestreckt verlau- anschnitts mit Rinde, Bertini-Säulen, Mark tmd Mark-
fender feiner Gefaßc, die Va.sa recta genannt werden und strahlen verantwortlich (Abb.12.1, Abb. 125).
die das Nierenmark versorgen. Diese Gefaße bilden ein weit-
maschiges kapilläres Netzwerk und kapilläre Schlingen, die
die Henle-Schleifen und die Sanunelrohre des Marks beglei- Nieren körperchen
ten. Aus diesen Gefaßen sammeln sich venöse Vasa recta, Aufbau
die in Vv. arcuatae oder auch in die proximalen Teile der
Die Nierenkörperehen (Malpighi-Körperchen) liegen am
Vv. interlobulares einmünden. Diese Venen, die parallel zu Beginn des Nephrons (Abb. 12.6, Abb. 12.7). Sie bestehen
den Aa. arcuatae verlaufen, nehmen auch aus der Rinde
aus der Bowman-Kapsel und dem Blutkapillarknäuel, dem
konunende Vv. interlobulares auf, die das venöse Blut aus Glomerulus, der sich in die Kapsel einstülpt.
den Rindenkapillaren sammeln. Die Vv. arcuatae gehen
dann in Vv. interlobares über, die am Hilmn die Nieren- Glomerulus
vene bilden.
Das Endothel der glomerulären Kapillaren ist von
70-100 nm weiten Poren (keine Diaphragmen) durchbra-
Lymphgefäße Das System der Lymphgefaße beginnt mit
chen. Diese Poren halten Blut7.cllen zurück, sind aber kein
intralobulären Lymphkapillaren der Rinde. Diese gehen in Hindernis flir alle anderen Blutbestandteile einschließlich
größere Stämme über, die parallel zu den großen Blutge-
der Proteine. Die ans Llllllen grenzende Membran der En-
faßen verlaufen. Das Nierenmark enthält nur relativ wenig dothelzellen trägt eine stark negativ geladene Glykokalyx,
Lymphkapillaren. Mit den Lymphkapillaren anastomosie- die wohl auch die Endothelporen bedeckt.
ren Lymphgefaße innerhalb und außerhalb der Nierenkap-
seL Die großen interlobulären Lymphstänune ziehen zu Glomeruläre Basalmembran (GBM) Unter dem Endo-
Lymphknoten, die an der Ao rtagelegen sind.
thel befindet sich eine spezielle dicke Basallamina, die wahr-
scheinlich aus den miteinander verschmolzenen Basallami-
nae des Endothels und der Podozyten (s.u.) besteht und die
12.1.2 Nephrone und Sammetrohre verhindert, dass Makromoleküle vom Blut in den Primär-
Nephron harn übertreten. Sie wird meistens glomeruläre Basalmem-
bran (GBM) genannt und ist ca. 250 - 350 nm dick. Im
Aufbau Elektronenmikroskop besteht sie aus einer Lamina rara In-
terna unmittelbar Lmter dem Endothel, einer Lamina densa
Die klassische Baueinheit der Niere ist das Nephron
(in der Mitte) und einer Lamina rara externa unter den
(Abb. 125), das sich aus Nierenkörperehen tmd den unver- Podozyten. Diese funktionell und auch medizinisch wich-
zweigten Nierentubuli zusammensetzt. Die Anzahl der Ne- tige Basallamina ist der wesentliche Anteil des glomeru-
phrone in einer Niere variiert zwischen ca. 600000 tmd lären Ultrafilters, in dem Typ-IV-Kollagen, Laminin, He-
1,2 Millionen. Ein Nephron besteht aus folgenden Einheiten:
paransulfat und Pibronectin in charakteristischer Weise
• Nierenkörperehen (Malpighi-Körperchen, Corpusculum
verteilt sind. Das Heparansulfat mit seinen negativen elek-
renale), es setzt sich zusammen aus: trischen Ladungen ist hauptverantwortlich dafür, dass die
- Bowman-Kapsel mit innerem und äußerem Blatt
ebenfalls elektrisch negativ geladenen Proteine nicht in den
- Glomerulus (Kapillarknäuel) Ultrafilter eindringen. Die Basalhunina hat eine relativ lang-
- Mesangilllll
same Umsatzzeit von ca. einem Jahr, an ihrer Erneuerung
• Nierentubulus (Nierenröhrchen), er besteht aus folgen-
sind v. a. die Podozyten beteiligt.
den Abschnitten:
- proximalem Tubulus mit Pars convoluta tmd Pars recta
- intermediärem Tubttlus mit Pars descendens tmd - bei Merke Die glomeruläre Basallamina ist die wesentliche
langen Schleifen - Pars ascendens Barriere für Proteine, nicht mtr wegen der Porengröße,
- distalem Tubulus mit Pars recta tmd Pars convoluta sondern insbesondere auch wegen ihrer starken negativen
elektrischen Ladungen.
- Verbindungstubulus.

Pars recta des proximalen Tubulus, intermediärer Tubulus Mesangium Der Ralllll zwischen den Kapillaren wird
und Pars rccta des distalen Tubulus bilden die Henle-Schleife vom Mesangitun eingenommen, einem schmalen Binde-
(Abb. 12.5). gewebsratun mit McsangilllllZCl!en und einer speziellen
Es lassen sich subkapsuläre Nephrone (liegen unter der Matrix. Diese enthält Mikrofibrillen, KoUagen der Typen IV,
Nierenkapscl), juxtamedulläre Ncphrone (liegen marknah) V und VI, Proteoglykane und Pibronectin. Das Mesangilllll
und dazwischen mediokortikale Nephrone unterscheiden. hilft den Kapillarw'.inden des Glomerulus, dem recht hohen
Nur die juxtamedullären Nephrone besitzen lange, tief in intrakapillären Druck standzuhalten. Die Mesangiumzel-
12.1 Nie re 387

len (Abb. 12.8) sind spezielle perizytenähnliche Zellen, die Basalla mi na Äußeres und inneres Blatt sind einschich-
kontraktil sind und die auch phagozytieren können. Sie tige Epithelien, die einer Basallamina aufliegen. Die Basal-
sezernieren außerdem biologisch aktive Substanzen wie lamina des äußeren Blattes ist nach außen gerichtet, die des
Prostaglandine. Sie können den Blutfluss durch den Glo- inneren Blattes ist gegen d1e Blutkapillaren des Glomerulus
merulus beeinflussen. Vermutlich sind sie durch ihre Pha- gewandt und verschmilzt hier vermutlich mit der Basal-
gozytoseleistungen am Umsatz der glomerulären Basal- lamina des Endothels (glomeruläre Basalmembran, s.o.).
lamina und der in ihr haftenden Reststoffc, die hier im
Verlauf des Piltrationsprozcsses hängen bleiben, beteiligt.
Sie enthalten Lysosomen und oft Lipofuszingranula. Des
·weiteren sind die Mesangiumzcllen die Produzenten der
mesangialen Matrix. - -
Klinik Entziindliche Erkrankungen der Glomeruli wer-
den Glomerulonephritiden (Sing. Glomerulonephritis) ge-
nannt. Sie sind mit Proteinurie (Protein im Urin), Hämat-
urie (Blut im Urin) und Störungen der Natriumausschei-
dung mit Bluthochdruck und Ödemen verbLmden. Die
Podozyten können ZLLm Teil ihre Füßchen zurückbilden, R
was die (pathologische) Piltration von AlbLLmin stark för- I
dert. Beim Alport-Syndrom liegt ein molekularer Defekt n
des Kollagens Typ IV vor, was in der Niere dazu fiihrt, dass d
die GBM verdickt und fragrnentiert ist, sodass Blut in den •
Harn übertritt.
I
Bowman-Kapset I

Die Bowman-Kapsel gliedert sich in ein inneres (viszerales)


und ein äußeres (parietales) Blatt. Das innere Blatt liegt dem
___ ' '.... J ... ____ _
Kapillarknäuel auf, das äußere Blatt bildet die äußere Be-
grenzung der Nierenkörperchen. Zwischen den beiden Blät-
-----·--
tern befindet sich der Kapselraum (Filtrationsraum, Harn-
raum), der das Ultrafiltrat aufnimmt. Die Doppelwandigkelt
--- ~----­ ----- - -------
entsteht dadurch, dass sich in eine ursprünglich ballonartige
Struktur - einen kleinen epithelial begrenzten Zölomraum -
an einer Stelle ein Blutgefäßknäucl, der Glomerulus, ein-
stülpt. Im Bereich der Einstiilpungsstelle, dem Gefäßpol, ge-
hen inneres und äußeres Blatt ineinander über. Gegenüber
der Einstülpungsstelle öffuet sich das äußere Blatt der Kapsel
und geht hier am sog. Harnpol in den proximalen Tubulus
___
--- --------
liber, sodass Kapselraum und Lumen der Harnröhrchen _.--.-
miteinander verbunden sind (Abb. 12.6). --- ---- ...
--

Abb. 12.5 Drei Nephrone mit unterschiedlicher Lage


und unterschiedlich langen Henle-Schleifen (von links
nach rechts: medikortikales, subkapsuläres und juxtamedul-
läres Nephron). Am Nierenkörperehen (grau) beginntjeweils
der proximale Tubulus (ocker) mit Pars convoluta und Pars
recta; es folgt der intermediäre Tubulus (weiß) mit Pars
descendens und - bei langen Schleifen - Pars ascendens.
Der distale Tubulus setzt sich aus der Pars recta (grünlich),
die zum Nieren körperchen zurückläuft und hier die Macula
densa bildet, und der Pars convoluta (braun) zusammen.
Es schließt sich der Verbindungstubulus (hellerer Blauton)
an, der in das Sammetrohr (kräftig blau) einmündet Partes
rectae der proximalen und distalen Tubuli sowie der Inter-
mediärtubulus bilden die Henle-Schleife. Die Sammetrohre
bilden ein System zunehmend größer werdender röhren-
förmiger Strukturen. Das Nierenmark lässt sich aufgrund der
unterschiedlichen Gliederung der 3 dargestellten Nephron-
typen in Außen- und Innenstreifen (bilden gemeinsam die
Außenzone) sowie Innenzone gliedern. (Aus [4])
388 12 Harnorgane

distaler Tubulus

, Macula densa

Arteriola efferens

Kapcllarschhnge des
Glomerulus

parietales Blatt der


Bowman-Kapsel
Podozyten
Onneres Blatt der · • · - •
Bowman-KapseQ
•• intraglorneruläre
• Mesangiumzellen

Kapillarendothel
'
--- ' doppelte
Basallamina
Kapselraum

• Podozyten-
proximaler fortsätze
-- Tubulus
-- Schlitzmembran

Abb. 12.6 Nierenkörperehen (Schema). Links unten: dreidimensionale Darstellung der Kapillarschlingen des Glomerulus.
Rechts unten: strukturelle Komponenten der Blut-Harn-Schranke, ~Richtung des Filtrationsprozesses.

Äußeres Blatt Das äußere (parietale) Blatt besteht aus eine elektrisch stark negativ geladene Glykokalyx gekenn-
einem einfachen Plattenepithel (Abb. 12.7). zeichnet, in der das Sialoglykoprotein Podocalyxin vor-
kommt. Die Eigenschaften dieser Glykokalyx beeinflussen
Inneres Blatt Die Epithelzellen des inneren Blattes dille- die Piltrationseigenschaften des Raums zwischen den Podo-
renziercn sich zu P odozyten (Epizyten, Deckzellen). Es zytenfortsätzcn mit. Podozyten sind Zellen, die sich nach
sind sternfönnige Zellen, deren Portsätze die Glomerulus- ihrer Ausdifferenzierung nicht mehr teilen können. Sie
kapillaren umgreifen. Von den kräftigen primären Portsät- können nach einer Schädigung, die zu ihrem Absterben
zen der Podozyten gehen zahlreiche feinere sekundäre Port- führt, nicht mehr ersetzt werden.
sätze aus (Abb. 12.9), die Pediceßen oder Füßchenfortsätze
genannt werden. Alle Portsätze der Podozyten liegen der Schlitzmembran Zwischen den Podozytenfortsätzen bleibt
glomerulären Bas allamina auf. Die Füßchenfortsätze sind ein schmaler, 20-30 nm weiter Spaltraum frei. Dieser Spalt
mit den entsprechenden Fortsätzen benachbarter Podozy- zwischen den einzelnen Füßchen wird von einer ca. 5 nm
ten verzahnt. In diesen Portsätzen besitzen die Podozyten dicken extrazellulären Schicht, der Schlitzmembran, über-
ein gut entwickeltes Zytoskelett mit Aktin und Myosin, ins- spannt (Abb. 12.10), die zum Teil Merkmale einer Zonula
besondere dort, wo sie der Basallamina aufsitzen. Im Zyto- adhaerens hat. Ein wichtiges Protein dieser Membran ist das
plasma dieser Zellen befinden sich unterhalb des Kerns ein Membranprotein Nep hrin, dessen extrazelluläre Anteile
großer Golgi-Apparat, viele Lysosomen und zahlreiche Zis- wahrscheinlich bis zur Mitte der Schlitzmembran reichen,
ternen des rauen und glatten endoplasmatischen Retiku- sich hier überlappen und ca. 2 -5 nm weite Poren frei lassen.
lums. Die Membran der sekundären Fortsätze ist durch Nephrin ist ein Adhäsionsmolekill der Immunglobulin-Sn-
12.1 Niere 389

~
Abb. 12.8 Mesangium-
zellen.

Blut-Harn-Schranke
Das Endothel, die glomeruläre Basallamina lmd die Podo-
zyten mit ihrer Schlitzmembran bilden gemeinsam die sog.
Blut-Harn-Schranke (Abb. 12.10, Abb. 12.11). Sie besteh t aus:
• dem diskontinuierlichen Endothel der Kapillaren des
Glomerulus
• der komplexen glomerulären Basallamina von Endothel
lmd Podozyten
• den Podozyten mit ihrer Schlitzmembran.
*
Abb. 12.7 Nierenkörperchen. 1 Glomerulus; Kapsel-
Funktion der Nierenkörperehen
raum; ll> äußeres Blatt der Bowman-Kapsel; 2 proximaler
Tubulus; 3 distaler Tubulus; ~ Macula densa. Rhesusaffe; Die Nierenkörperehen übernehmen die Ultrafilt ration des
Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. Blutes, also den ersten Schritt der Harnbildung. Wasser lmd
alle im Wassergelösten kleinen Molekiüe bis zu einem Mo-
lekulargewicht von ca. 5200 D (Inulin) lmd bis zu einem
perfamilie, das intrazellulär über verschiedene Proteinmole- Molekillradius von 1,6 - 1,8 nm passieren den Ultrafilter
kiile amfilamentären Aktin befestigtist (Abb. 12. 11). Weite- leicht. Molekiüe, die lmwesentlich größer sind, werden - in
re Komponenten der Schlitzmembran sind P-Cadherine. lmterschiedlichem Ausmaß - teilweise filtriert. Calcium

Abb. 12.9 Podozyten. 1 Soma eines Podozyten; 2 primärer Fortsatz; 3 sekundäre Fortsätze (Füßchenfortsätze).
Ratte; Vergr. 3600-fach.
390 12 Harnorgane

Abb. 12.10 Blut-Harn-Schranke in


einer EM-Aufnahme. 1 Lumen einer Blut-
kapillare; 2 Kapillarendothel mit Poren;
3 gemeinsame Basallamina von Endothel
und Podozyten; 4 schlanke aktinfilament-
reiche Podozytenfortsätze, die über
Schlitzmembranen (-+) verbunden sind;
5 großer Podozytenfortsatz mit vielen
Intermediärfilamenten; 6 Filtrationsraum
des Nierenkörperchens. Mensch; Vergr.
40 000-fach.

r- R~ti~~-;~-~~- r
·------------------
Aktin

.,
Podocalyxin
'•, Adapterproteine
'
''

~=~- -{ / ,
,'A
Jl
~ ---~ '1111"111"'jlllllll
II
1 "II """" 11111 I! I II....... \
'
' --Lamina densa
Laninin/ ~-- ____ ____ ____ ___ _-· : / i " Lamina rara intema
' ' '
: Kapillar! umen
~ -----------------~
: i/ End~thel
.,I,'
'
endotheliale
Glykokalyx

Abb. 12.11 Komponenten der Filtrationsbarriere. Zwei Füßchenfortsätze von Podozyten sind durch die Schlitz-
membran verbunden, die im Wesentlichen aus P-Cadherin und Nephrin aufgebaut ist. Vermutlich sind Nephrin und
P-Cadherin ähnlich wie die Cadherine in einer Zonula adhaerens angeordnet. Die negativ geladene Glykokalyx
(mit dem Protein Podocalyxin) der Podozytenflißchen bedeckt auch die Schlitzmembran. Die Füßchen enthalten ein
kontraktiles Aktinskelett mit vielfältigen Aufgaben, z. B. der Verankerung der Komponenten der Schlitzmembran.
Die glomeruläre Basalmembran besteht aus Typ-IV-Kollagen, Laminin, Nidogen und dem Proteoglykan Agrin. Agrin
ist reich an Heparansulfat, das viele negative elektrische Ladungen trägt. Die endotheliale Glykokalyx überbrückt
auch die Poren im KapillarendotheL
12.1 Niere 391
kann wegen seiner Proteinbindung nur zu ca. 60~ filtriert
werden. Ungeladene oder positiv geladene Moleküle werden
leichter filtriert als negativ geladene. Das negativ geladene
Albumin (Radius ca. 3,55 nm, 69 kD) kann die Basalmem-
bran nur in ganz geringem Ausmaß passieren und wird im
proximalen Tubulus endozytotisch rückresorbiert Wesent-
liche Kraft der Ultrafiltration ist der hydrostatische Druck in
den relativ weiten glomerulären Kapillaren. Diesem Druck
stehen entgegen der osmotische Druck in den Kapillaren
und der hydrostatische Druck im Kapselraum.
Pro Tag werden in den Nieren ca. 140 -180 I Flüssigkeit
filtriert. d. h., die Extrazellulärflüssigkeit passiert 10-mal, das
Blutplasmavolumen fast 60-mal am Tag die Blut-Harn-
Schranke. Die täglich filtrierte Flüssigkeit geht aber nicht
verloren, sondern wird mit fast allen Elektrolyten und nie-
dermolekularen Komponenten in den Tubuli zu 99~ rück-
resorbiert.

Merke Proteine und Blutzellen verbleiben beim Gesun-


den immer im Blut und werden nicht filtriert.
. '2
, '
,




• ••
Klinik Die Nierenkörpereh en hypertrophierenbei Verlust
••
einer Niere, sodass eine Filtrationsleistung der verbleiben- Abb. 12.12 Nierenrinde mit Glomerulus (1), proximalem
den Niere erreicht werden kann, die bis zu 80~ der Leisttmg und distalem Tubulus . ... äußeres (parietales) Blatt der Bow-
der beiden Nieren ausmacht. *
man-Kapsel; Kapselraum. In den Epithelzellen der proxi-
malen Tubuli (2} ist das Zytoplasma eosino phil, apikal ist
Nierentubuli ein Bürstensaum nachweisbar, und die lateralen Zellgrenzen
sind kaum zu erkennen. Die Epithelzellen der distalen Tub uli
Die Tubuli der Nephrone beginnen am Harnpol der Nieren- (3) sind heller, der zelluläre Aufbau ist besser zu erkennen,
körperehen und filllen den größten Teil der Niere aus der Bürstensaum fehlt. Mensch; Plastikschnitt; Färbung:
(Abb. 12.12, Abb. 12.13). Die Tubuli bestehen aus verschie- H. E.; Vergr. 100-fach. (Aus [1])
denen Abschnitten.

Proximaler Tub ulus


Der proximale T ubulus (TubuJus proximalis, Abb. 12.12) ist Zellverbindungen Lateral sind benachbarte Zellen viel-
der längste Abschnitt des Nephrons. Der Durchmesser fältig miteinander verzahnt, was zur Bildung eines hoch-
schwankt zwischen SO und 60 f.l.Il1, sein Ltunen ist oft ver- komplexen Interzellulä.rrawns fUhrt. Im Lichtmikroskop
hältnismäßig eng. Er hat einen geknäuelten (Pars convoluta) sind die lateralen Begrenzungen der Zellen kawn zu erken-
und einen gestreckten (Pars recta) Abschnitt. nen. Apikal liegt ein Schlussleistenkomplex mit einer
"durchlässigen" {.,lecken") Zo nula occludens, die oft nur
Epithel Der Tubulus besitzt ein kubisches bis niedrig- aus wenigen versiegelndenVerschlussleisten besteht.
prismatisches eosinophil.es Epithel mit einem dichten und
hohen Bürstensawn, der von einer hohen Glykokalyx be- Funktion In den proximalen Tubuli werden 70-80~ des
deckt ist (Abb. 12.13a). Die Zellhöhe beträgt im Paraffin- filtrierten Wassers und Natriums riickresorbiert. Hier wird
schnitt 15-20 ).Im. Der Kern ist hell und rundlich. Unter fast die gesamte Menge der filtrierten Glucose und der
den Organellen fallen vor allem zahlreich e lange Mitochon- Aminosäuren dem Primärharn wieder entzogen. Wichtige
drien in der tmteren Zellh älfte auf, die parallel zur apikal- Pmnpen finden sich in der basolateralen Membran, vor
basalen Zellachse angeordnet sind tmd oft zwischen tiefen allem die Na•-K•-ATPase (Abb. l 2. 14), die der Motor für
basolateralen Einfaltungen der Zellmembran liegen (baso- die meisten Transportprozesse in den Tubuli ist. Die Rück-
laterales Labyrinth). Endosomen, Lysosomen und Peroxi- resorption kann beim V ersuchstier mithilfe des Farbstoffs
somen treten vor allem apikal auf. Zwischen den Basen der Trypanblau sichtbar gemacht werden. Der Parbstotr wird
Mikrovilli finden sich schlanke Invaginationen der apikalen nach der Filtration in den proximalen Tubuli mittels Endo-
Zellmembranen mit Endozytosefiguren. In der Umgebung zytose rückresorbiert und in ihnen abgelagert (Abb. 12. 15).
solcher Einsenkttogen finden sich zahllose Membranvesikel Peptide und Albumin werden mittels rezeptorvermittelter
und Vakuolen, darunter viele clathrinbedeckte Vesikel als Endozytose aufgenommen und über Endosomen den Lyso-
Ausdruck intensiver Resorptionsvorgänge mittels Endo- somen zugeführt. Mithilfe sekretorischer Mechanismen
zytose (Abb. 12.13b). Pars recta und Pars convoluta unter- werden in den proximalen Tubuli organische Säuren (z. B.
scheiden sich nicht grundsätzlich. Es gibt aber quantitative Urat und Oxalat) und organische Kationen (z. B. Atropin
Unterschiede in Hinsicht auf ftmktionelle Leistungen und und Morphin) ausgeschieden. Auch Penicillin wird hier
Organellenbestand. So nimmt z. B. der Gehalt an Peroxi- rasch sezerniert. Viele Stoffe werden vor der Sekretion an
somen von proximal nach distal zu. Sulfat, Glukuronsäure u. a. gekoppelt.
392 12 Harnorgane

Intermediärer Tubulus
Der intermediäre Tubulus (Tubulus intermedius) ist mit ca. vielen kortikalen Nephronen ist der intermediäre Tubttlus
12-15 J.lm Durchmesser deutlich dünner als der proximale nur ein Teil des absteigenden Schenkels der Henle-Schleife.
Tubulus. Der intermediäre Tubttlus (Abb. 12.16) entspricht In den marknahen Nephronen mit langer Henle-Schleife
dem dünnen Segment der Henle-Schleife (Abb. 12.17). In lassen sich mehrere Abschnitte unterscheiden.
12.1 Niere 393
.._ Abb. 12.13 Nierentubuli und Sammetrohr in EM-Aufnah-
men. a: Proximaler Tubulus (Niere einer Ratte): Epithelzellen
mit hohem Bürstensaum (1) und zahlreichen Mitochondrien c
( 2). 3 dicht gestellte Einfaltungen der basalen Zellmembran; Abb. 12.15 Selektive Dar-
4 Basallamina. Vergr. 6750-fach. b: Proximaler Tubulus stellung der resorptiven
( Niere einer Ratte), höhere Vergrößerung: Zellapex einer Leistungen der proximalen
Epithelzelle. An der Basis der Mikrovilli (1) finden sich zahl- Tubuli in der Nierenrinde.
lose schlauchförmige Einsenkungen und Vesikel (7 ) sowie
einzelne Vakuolen als Ausdruck intensiver Rückresorption.
Vergr. 20700-fach. c: Intermediärer Tubulus (Niere eines
Menschen): flache Epithelzelle (1); 2 Lumen. Die Basallamina
(* ) ist hier pathologisch etwas verdickt. Vergr. 5100-fach.
d: Distaler Tubulus (Niere einer Ratte): Epithelzelle mit nur
vereinzelten kurzen apikalen Mikrovilli (1) und gut ausge-
prägtem basalem Labyrinth (2). Vergr. 8800-fach. e: Sammet- c
rohr (Niere einer Ratte): Epithelzellen ( Hauptzellen) mit rela- Abb. 12.16 Innenzone
tiv wenig Zellorganellen und gering ausgeprägten basalen des Nierenmarks.
Membraneinfaltungen (1). 7 Zellkontakte. Vergr. 3800-fach.

Epithel Das Wandepithel ist flach (im Paraffinschnitt absteigenden Anteile der intermediären Tubuli aus kattrn
ca. 1,0-2,0 J..un dick) und besitzt keinen Bürstensaum noch miteinander verzahnten Zellen. Im aufsteigenden
(Abb. 12.13c, Abb. 12. 16). Die Kerne wölben sich oft ins Schenkel sind die Zellen wieder stärker verzahnt, besitzen
Ltunen vor. aber keine basalen Einfaltungen.

Zellverbindungen Anfanglieh sind die flachen Epithel- Funktion Der absteigende Teil des intermediären Tubu-
zellen noch miteinander verzahnt und besitzen basale Ein- lus ist wasserdttrchlässig, der aufsteigende dagegen wasser-
faltungen, apikal befindet sich eine dttrchlässige Zonula dicht.
occludens mit mtr einer Leiste. Weiter distal bestehen die

parazellulärer Weg tranaellulirer Weg


f-i20. ea2•. ug2•, K• ~o Glukose Peptide
Uikrovilli
,\
'

Zooola
ocdudani



Endoeom

Abb. 12.14 Funktionelle Ultra-


struktur einer Epithelzelle des
proximalen Tubulus. Die Epithelzellen
der proximalen Tubuli zeigen viele
,, '
An passungen an den massenhaften

'
Transport von Wasser, Ionen und vielen
niedermolekularen Stoffen, z. B. den
Bürstensaum, das basolaterate Laby- i
rinth, lebhafte apikale Endozytose, '
viele Endo- und Lysosomen, zahlreiche
Mitochondrien. Außerdem sind in der
Zellmembran in reichem Maße moleku-
''
I ~
Iamina

lare Transportmechanismen vorhanden. Blutgefaß


394 12 Harnorgane

Mikrovillus
••


oo~
·o.;
...
.,.
••
.. ,
~
Zonula
ocdudeni"

,
3' , •
• • 0


•'•
Abb. 12.17 Nierenmark. 1 Sammelrohr; 2 intermediärer
Tubulus (dünner Teil der Henle-Schleife); 3 distaler Tubulus;
* kleines Blutgefäß. Mensch; Plastikschnitt Färbung: H. E.;
Vergr. 200-fach. (Aus [1))

' ',
Distaler Tubulus ' Na+fK+-ATPase
Der distale Tubulus (Tubulus distalis) besteht aus einer Pars
recta, die den wesentlichen Tell des aufsteigenden Schenkels Basallamina
der Henlc-Schlcife bildet(= "dicker" Tell der aufsteigenden
Henle-Schlcifc}, und einer Pars convoluta. Am Übergang Abb. 12.18 Funktionelle Ultrastruktur einer Epithel-
der zwei Abschnitte liegt die Macula densa, eine plaquearti- zelle des distalen Tubulus. Oie Epithelzellen der distalen
ge Stelle aus 20 - 30 dicht stehenden hohen transportieren- Tubuli sind, samt ihren Zonulae aceluden tes, für Wasser un-
den Epithelzellen (Abb. 12.7, Kap. 12.1.4), die Teil des durchlässig. Sie besitzen auch keine Aquaporine. Sie sind
juxtaglomerulären Apparats ist. Das Lumen ist oft etwas aber durch sehr differenzierte Ionentransportsysteme ge-
enger als das der proximalen Tubuli und hat einen Durch- kennzeichnet (s. Text). Apikal sind spärlich Mikrovilli aus-
messer zwischen 30 und 45 j..un. gebildet, das basale Labyrinth, in dessen Membran die
Na·-K·-ATPase liegt. ist dagegen hoch differenziert. Trotz der
Epithel Der distale Tubulus besitzt ein kubisches helles breiten wasserdichten Zonula occludens erfolgt im distalen
Epithel (Abb. 12.12), dessen Höhe etwas variiert. Zu Beginn Tubulus ein lebhafter parazellulärer resorptiver Transport
der Pars recta ist es ca. 10 - l31Jm hoch und verliert in Rich- von Na•, K•, Ca 2•, Mg2•. Der Transport von Caldum und
tung Macula densa dann etwas an Höhe. Der Apex der Magnesium ist abhängig vom Parathormon oder von parat-
Tubulusepithclzellen wölbt sich oft mit dem Kern etwas ins hormonähnlichen Faktoren.
Lumen vor und trägt nur locker verteilte kurze Mikrovilli
(Abb. 12.13d), deren Zahl nach der Macula densa zunimmt.
Die Epithelzellen sind u. a. über gut ausgebildete Zonulae
occludentes verbunden, aber weniger miteinander verzalhnt wird NatriLtrn über einen Na+-Cl"-Symport-Carrier resor-
als im proximalen Tubulus. Apikale Vesikel sind spärlich biert; diesem Symport folgt am Ende der Pars convoluta
vorhanden, und clathrinbcdeckte Vesikel fehlen weitge- auch H20, der Harn ist spätestens im Verbind ungstubulus
hend. Zwischen tiefen basolateralen Einfaltungen, deren wieder isoton. Die Epithelzellen des distalen Tubulus kön-
Membranen eine magnesiumabhängige Na• -K• -ATPase nen sehr walhrschcinlich, ebenso wie die Schaltzellen im
besitzen, befinden sich lange Mitoch ondrien. Endosomen, Sammelrohr, antimikrobielle Pcptide bilden.
Lysosomen und Peroxisomcn sind viel seltener als im pro-
ximalen Tubulus. Die morphologischen Unterschiede zwi- Verbindungstubulus
schen Pars recta und Pars convoluta des distalen Tubulus Ein kmzes V erbindLmgsstück (Tubulus reLmiens) befindet
sind vor allem quantitativer Art. Die beiden Abschnitte sich zwischen distalem Tubulus und Sammelrohr.
können sich aber in einigen funktionellen Mechanismen
deutlich unterscheiden. Epithel Das Epithel weist Übergangsmerkmale zwischen
distalen Tubuli und kortikalen Sammelrohren auf. Typisch
Funktion Die Pars recta ist wasserundLtrchlässig, resor- sind Epithelzellen mit tiefen basolateralen Membraneinfal-
biert aber intensiv NaCI. Diese Rückresorption erfolgt tungen, die funktionell den Hauptzellen der Samrnelrohr e
durch einen Na· -2CI"-K• -Symport-Carrier (Abb. 12.18). ähneln. Hier treten zun1 ersten Mal Schalt-(Zwischen-)Zel-
Der Harn ist im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife hy- len auf.
poton. Besonders intensive Transportleistungen erbringt
der erste Teil der Pars convoluta, der hohe Na· -K• -ATPase- Funktion Im Verbindungstubulus und in den Sammel-
Aktivität, besonders viele Mitochondrien, ausgedehnte rohren fördert Aldosteron die Natriumrückresorption, und
laterale Verzahnungen, vermehrt vorkonunende Mikrovilli damit auch die von Wasser, und steigert die Kaliumsekre-
und eine besonders dichte Zonula occludens aufweist. Hier tion ins Lumen.
12.1 Niere 395
die inneren medullären Sammelrohre. Die Sarnmelrohre
Merke Baueinheit der Niere ist das Nephron, das aus Nie-
verlaufen in den Markstrahlen gestreckt in Richtung Nie-
renkörperchen und Tubulussystem (Tab. 12.1) besteht. In
renmarkund Nierenpapille (Abb. 12. 19). Im inneren Mark
den Nierenkörperehen bilden Podozyten, Kapillarendo-
verbinden sie sich in spitzem Winkel. Insgesamt kommt es
thelien und deren gemeinsame Basalmembran den Ultra-
ca. 7-mal hintereinander zu einem Zusammenfluss von zu-
filter für die Primärharnbildung. In den Nierentubuli sind
nehmend größer werdenden Sammelrohren, bis schließlich
folgende Tubulusabschnitte hintereinander angeordnet:
die 100 -200 lliTl weiten papillären Sammetrohre (Ductus
proximaler, intermediärer und distaler Tubulus. Die Ver-
papillares, Bellini-Gänge) entstehen. Die großen Sammel-
bindung zu den Sammelrohren stellt der Verbindungstu-
rohre (insgesamt ca. 200 - 700 Stück pro Niere) münden an
bulus her. Die Tubuli dienen der Rückresorption und der
den Spitzen der Nierenpapillen (Abb. 12.19).
Sekretion.
Epithel Das helle Epithel der Sammelrohre ist kubisch
oder weiter distal prismatisch (Abb. 12.17, Abb. 12.20). Alle
Sammetrohr Zellgrenzen sind gut sichtbar. Ultrastmkturell, histoche-
Sammelrohre kennzeichnen insbesondere die Markregion rnisch und physiologisch lassen sich 2 Zelltypen unterschei-
der Niere. Sie haben eine eigene Entwicklungsgeschichte den, die Schalt- und Hauptzellen, wobei bei den einzelnen
und entstehen aus den Endverzweigungen der Anlage des Säugetieren eine beachtliche Variabilität besteht:
Ureters. Tubuli und Sammelrohre wachsen aufeinander zu • Die Schaltzellen (Zwischem.cllen) sind eher dunkel. Im
und verbinden sich miteinander. Das System der Sammel- Elektronenmikroskop ist zu erkennen, dass sie apikal Mi-
rohre beginnt mit kortikalen Sammelrohren, in d ie jeweils krofalten tragen und im apikalen Zytoplasma viele helle
ca. 10 Verbindungsstücke einmünden. Weiter distal entste- Vesikel enthalten (Abb. 12.2 1). Im Zytoplasma sind kur-
hen die äußeren medullären Sammelrohre und schließlich ze, pltunpc Mitochondrien mit dicht stehenden Cristae

Abb. 12.19 Nierenpaptlle. Die zahlreichen Sammetrohre Abb. 12.20 Nierenmark. Querschnitt ungefahr in Höhe
(* ) verlaufen fast parallel. ~ Öffnung eines großen Sammet- der Grenze Innenstreifen-Innenzone mit 2 Gefäßbüsehein
rohrs in den Nierenkelch (1), der schon von Übergangs- aus auf- und absteigenden Vasa recta (1), die von Sammet-
epithel ausgekleidet ist(.,.. ). Rh esusaffe; Färbung: H. E.; rohren (2) und den gestreckt verlaufenden Abschnitten der
Vergr. 25-fach. proximalen und distalen Tubuli umgeben werden. Mensch;
Färbung: Goldner; Vergr. 150-fach.
396 12 Harnorgane
gewölbten Zellapex und sezernieren hier mittels einer H--
K• -ATPase und einer H• -ATPase Protonen ins Sammel-
rohrlumen (Abb. 12.22). Gleichzeitig resorbieren sie über
die H•-K•-ATPase auch K~ . Basal transportieren diese Zel-
len Bicarbonat ins Blut. Die selteneren Typ-B-Schaltzellen
[2 sezernieren bei alkalischer Stoffwechsellage Bicarbonat ins
Abb. 12.21 Schaltzelle. Lumen des Sammelrohrs. Diese Zellen können wahrschein-
lich apikal Chlorid resorbieren ttnd geben basal Protonen
ins Blut ab. Hauptzellen resorbieren unter d em Einfluss
zahlreich. Basolaterale Einfaltungen sind kaum ausgebil- von Aldosteron apikal Natrium, ein Prozess, mit dem Was-
det Funktionell werden Typ-/\- und Typ-B-Schaltzellen seraufoahme korreliert ist, und sezernieren Kalium. Sie
unterschieden (s.u.). besitzen basal eine Na• -K• -ATPase, die Natrium ins Blut
• Die Hauptzellen (Abb. 12.13e) tragen beim Menschen befördert und Kalium in die Zelle aufnimmt (Abb. 12.22).
(Abb. 2.9) einzelne kur1..c kräftige Mikrovilli und ein ein- Weitgehend unabhängig vom Natrium wird in den
zelnes Kinozilitun. Die kleinen Mitochondrien sind wahl- Hauptzellen Wasser mithilfe des ADH (Adittretin = Vaso-
los verteilt, der Zellapex enthält nur wenige Vesikel. Die pressin) resorbiert. Muss die Wasserrückresorption erhöht
basale Zellmembran bildet Einfaltungen aus, die proximal werden, induziert das ADH den Einbau von Wasserkanälen
viel tiefer ttnd komplexer sind als distal. (Aquaporinen, AQP) in die apikale Zellmembran. Diese
Aquaporine werden von apikalen Vesikeln gespeichert,
In den Sammelrohren des inneren Marks fehlen die Schalt- wenn sie nicht benötigt werden, tmd können in den eigent-
zellen, hier kommen mrr noch Hauptzellen vor. lich "wasserdichten" Sammelrohren in Sektmdenschnelle in
die apikale Membran eingebaut werden. Das Aquaporin der
Zellkontakte Alle Zellen sind über wasserdichte Zonulae apikalen Vesikcl tmd der apikalen Membran heif~t AQP2.
occludentes (mit ca. 10 Verschlussleisten) verbunden. Bei Das Wasser strömt über dieses AQP2 in die Zelle ttnd dann
aktivem Wassertransport - dttrch Aquaporine, s.u. - sind über andere Aquaporine (AQP3 tmd zum Teil AQP4, die
die Interzellulärräume zwischen den Epithelzellen unter- konstant anwesend sind) wieder aus der Zelle heraus ins
halb der Zonulae occludentes erweitert. hypertone Interstitium des Nierenmarks, sodass im Harn
die Osmolalität erheblich zunimmt (bis 1200 mosmolll
Funktion Typ-A-Zellen der Schaltzellen besitzen im HzÜ).
aktivierten Zustand einen mit Mikrofalten besetzten vor- In den Sammelrohren wird die Wasserrückresorption
feinreguliert Typischerweise werden ca. 70-80~ des Was-
sers im proximalen Tubulus (nicht ADH-abhängig) und ca.
Schaltzelle Typ A 30 - 20~ im Sammelrohrsystem (ADH-abhängig) resor-

' biert. Bei übermäßiger Flüssigkeitsaufnahme kann über die
Hauptzelle
Sammelrohre eine betrachtliehe Wassermenge ausgeschie-
'
••' den werden, sodass das Flüssigkeitsvolumen im Körper
konstant bleibt. Bei Wassennangel wird von den Nieren
Aquaporin 2 entsprechend nur wenig Wasser ausgeschieden.
''
Klinik Werden Tubuli und Sammelrohre während der Ent-
wicklungsgeschichte nicht verbunden, entstehen- in unter-
schiedlicher Ausprägung - Zystenniereu. Beim Diabetes
insipidus kommt es zu vermehrter Wasserausscheidung.
Ursache ist meist ADH-Mangcl, z. B. in folge von Bluttmgen
in der Hypophyse, die auch die Neurohypophyse betreffen
(zentraler Diabetes insipidus). Dann kann nur in vermin-
dertem Maß oder sogar gar kei n Wasser im Sammelrohrsys-
tem riickresorbiert werden. Eine erbliche Porm des nephro-
genen Diabetes insipidus geht auf eine Mutation des
AQP2-Gens ztrrück.

12.1.3 Interstitium
Abb. 12.22 Funktionelle Ultrastruktur der Epithelzellen Das renale Interstitiwu ninunt den Raum zwischen den
des Sammelrohrs. Das Epithel der Sammetrohre besteht Nierentubuli und Sammelrohren ein. Sein Volumen ist im
aus Hauptzellen sowie aus Schaltzellen der Typen A und B Mark größer als in der Rinde. Es ist ein besonders ausge-
(s. Text). Beide Zellformen sind für die bedarfsgerechte Fein- prägtes Bindegewebe mit speziellen Fibrozyten, relativ we-
regulation der Ausscheidung von Wasser und Salzen zustän- nigen Kollagenfibrillen tmd einer wasserreichen Proteogly-
dig. I hre hochdifferenzierten Zonulae occludentes reduzieren karunatrix. Die Fibrozyten des intertubulären Bindegewebes
weitgehend parazelluläre Transportprozesse, was den Aufbau sind oft regelhaft "leiterfonuig" angeordnet. Im Mark ent-
hoher osmotischer und ionaler Gradienten ermöglicht. Be- halten die Fibroblasten öfter Lipidtropfen und sind den
sonders wichtig ist die Rückresorption von Wasser durch die Tubuli außen angelagert. Diese perltubulären Zellen bilden
Hauptzellen, die von ADH beeinflusst wird (s. Text). das Erythropoietin, das eine wesentliche Voraussetzung ftir
12.1 Niere 397

Tab. 12.1 Histologische Unte rschiede proxi male r, intermediärer und distaler
Nie rentubuli und Sammelrohre.

Abschnitt Epithelzellen Funktion

Proximaler Tubulus Zellfonn kubisch bis niedrig-prismatisch, massive Rückresorption (Wasser, Glucose,
Durchmesser kugeliger Kern, eosinophiles Zytoplasma, Aminosäuren, Bicarbonat, Calcium, Phosphat,
ca. 50- 60 j.lm, basales Labyrinth gut entwickelt, zahlreiche Na•, Cq, starke Endozytosetätigkeit, Aus-
Lumen oft relativ eng PerOlcisomen und Lysosomen, apikaler hoher scheidung (organische Säuren), Sekretion
Bürstensaum, seitliche Zellgrenzen stark (organische An- und Kationen, Medikamente
miteinander verzahnt und Konjugate)
Intermediärer Tubulus Zellfonn flach, Kerne wölben sich oft ins Lumen zum Teil Wasserrückresorption
Durchmesser vor, Zytoplasma ist etwas dicker als das von
ca. 12 -15 1-1m Blutkapillaren
Distaler Tubulus Zellfonn kubisch, kugeliger Kern, helles aktiver Ionentransport (Na•, er, K'),
Durchmesser Zytoplasma, basales Labyrinth gut entwickelt, wasserundurchlässig
ca. 30- 45 j.lm, laterale Zellgrenzen oft erkennbar
Lumen oft relativ weit
Sammetrohr Zellform proximal kubisch und distal prisma- ADH-abhängiger Wassertransport, Aquaporine in
Durchmesser 50 1-1m tisch, kugeliger Kern, kein apikaler Bürsten- den Membranen, aldosteronabhängige Natrium-
(proximal) bis 300 1-1m saum, kleine basale Membraneinfaltungen, rückresorption und Kaliumsekretion, Sekretion
(distal) 2 Zelltypen: Hauptzellen {hell) und Schaltzellen (Protonen und Bicarbonat)
(dun kel, mitochondrienreich)

die Bildung roter Blutzellen ist. Sie bilden außerdem Pro- basal konzentriert, und der Golgi-Apparat liegt in den obe-
staglandine, Bradykinine und andere Faktoren, die an der ren zwei Dritteln der Zelle. Die Basallamina ist dünn lmd
Regulation der Nierendurchblutung beteiligt sind. weist Unterbrechungen auf, zum Teil sind Zellausläufer in
Weitere endokrine Faktoren der Niere sind: Caldtriol Richtung granulierte Zellen beschrieben. Ob die Epithel-
(der wirksame Metabolit des Vitamins D), 1hrombopoietin zellen der Macula densa selbst sensorische Funktion haben,
und vor allem das Ren in, das zwar eigentlich ein Enzym ist, z.B. hinsichtlich des NaCl-Gehalts im distalen Tubulus, ist
aber funktionell direkt mit dem Angiotensin verbunden ist umstritten. Sicher ist jedoch, dass sie transportierende Epi-
thelzellen sind. Die eigentlichen Rezeptorzellen sind mög-
licherweise die cx.traglomerulären Mesangiwnzellen.
Klinik Viele Nierenkrankheiten sind durch eine Anämie
(herabgesetzte Erythrozytenzahl und/oder Hämoglobin-
Granulierte j uxt aglomeruläre Ze lle n I n der Wand der
werte und äußerlich Hautblässe) gekennzeichnet. Ursache:
Arteriola afterens kommen spe7.ielle umgewandelte glatte
Erythropoictinmangcl.
Muskelzellen vor, die granulierte juxtaglomeruläre Zellen
genannt werden. Sie b esitzen eosinophile Granula, die das
12.1.4 Juxtaglomerulärer Apparat (JGA) Renin enthalten.

Bestandteile Extraglomerulä re Mesangi umzellen Die cxtraglomerulä-


Am Gefäßpol der Nierenkörperehen findet sich der juxta- ren Mesangiumzcllen sind abgc llachte stcrnförmige Zellen,
glomeruläre Apparat, der aus tubulären, vaskulären und über Gap Junctions untereinander und mit den glomeru-
mesangialen Anteilen besteht: lären Mesangiumzcllen sowie auch den granulierten Zellen
• Macula densa und den glatten Muskelzellen der J\rteriola afferens und
• granulierte juxtaglomeruläre Zellen auch der Artcriola effcrcns verblmden. Vermutlich kommt
• extraglomeruläre Mcsangiumzcllen (= Goormaghtigh- den extraglomcrulären Mcsangiumzcllen eine wichtige
Zcllen). funktionelle Bedeutung zu, da sie möglicherweise den Na-
triumgehalt des distalen Tub ttlus perzipieren, über dessen
Mac ula densa Die Macula densa gehört zum distalen Höhe sie wahrscheinlich durch die Tatigkeit der Macula-
Tubulus und entspricht einem kleinen Epithelbereich aus densa-Zellen informiert werden. Die Aktivierung wird über
20- 30 kubischen bis prismatischen, relativ schmalen Zel- die Gap Junctions an die Nachbarzellen weitergegeben.
len. Die Zellgruppe ist dort lokalisiert, wo der distale Tubu-
lus mit der Arteriola afferens seines Glomerulus in Kontakt
Funktionen
tritt (Abb. 12.6). Die Stelle ist im Lichtmikroskop vor allem
an den dicht und zwu Teil übereinandergelagerten Zell- Hauptfunktionen des JGA sind:
kernen {Abb. 12.7) zu erkennen. Die Epithelzellen besitzen • lokal arn Ei.nzcl.nephron die Vermittlung der tubuloglo -
kurze Mikrovilli und ein Kinozililun. Ein basales Labyrinth merulären Rückkopplung (= TGP = tubuloglomerulärer
ist mäßig entwickelt. Die Mitochondrien sind apikal und "Feedback"), wobei Angiotensin eine wichtige Rolle spielt
398 12 Harnorgane

• systemisch die Bildung von Angiotensin II im Rahmen 12.1.5 Harnbildung


des Renin-Angiotensin-Systems (RAS).
Die Harnbildung ist ein sehr komplexer Prozess, an dem im
Dieses RAS besteht aus folgenden Komponenten: Detail sehr vielfältige Prozesse der Ultrafiltration, Sekretion
• Renin: Renin ist eine Protease der granulierten Zellen der tmd Rückresorption beteiligt sind (Abb. 12.23). In den Nie-
Arteriola affcrens. Diese Zellen sind sympathisch inner- rcnkörperchen entsteht in großer Menge (ca. 180 1 am Tag)
vierte modifizierte glatte Muskelzellen der Gefäßwand. der Primärham, die Menge an endgültig ausgeschiedenem
Das Ren in wird in relativ großen ovalen Granula gespei- Harn ist aber viel geringer (ca. 1,51 am Tag), außerdem ist
chert und bei Absinken des Blutdrucks freigesetzt. der definitive Harn auch ganz anders zusammengesetzt als
• Angiotensin: Rcnin spaltet im Blut vom v. a. in der Leber der Primärharn. Der definitive Harn ist hyperton.
gebildeten Angiotensinogen das Angiotcnsin I (AT I) ab. Voraussetztmg für die Möglichkeit, Harn zu konzentrie-
Vom Angiontensin I entfernt dann das Angiotensin Con- ren, sind die Gegenstromaustauschsysteme im Nieren-
verting Enzyme (ACE) in der Ltmge 2 Aminosäuren ab, mark. Ein Gegenstromaustauschsystcm entsteht, wenn in 2
sodass das physiologisch aktive Angiotensin II (AT m parallel angeordneten Röhren die Flussrichtung des Inhalts
entgegengesetzt ist und über die Wände der Röhren hinweg
entsteht
ein Austausch z.B. an Wärme oder Substanzen möglich ist.
Das Angiotensin li hat vielfältige Wirktmgen, z. B.: Im Nierenmark existieren 2 solche Systeme: In den haar-
• starke Vasekonstriktion und Blutdrucksteigerung nadelförmigen Schleifen der Vasa recta fließt Blut im Ge-
• verschiedene Wirktmgen im Gehirn, speziell im Hypo- genstrom, in den Tubuli der Henle-Schleife Harn. In der
thalamus, z. B. Steigemng des Durstes Henle-Schleifc liegt speziell ein Gcgenstronmlultiplikator-
• Beteiligung der Regulierung der Niercndttrchbluttmg system vor; hier kommt es zusät1Jich zum Gegenstrom zum
• Förderung der Synthese und Sekretion von Aldosteron in aktiven Transport von Na+, CJ· und K• entlang dem aufstei-
der Nebennierenrinde genden Schenkel der Henle-Schleife, der fiir Wasser nicht
• Fördertmg der Sekretion von Adrenalin. dttrchlässig ist. Dieser Ionentransport bewirkt, dass das um-
gebende Bindegewebe tmd die Vasa recta hyperton werden;
All diese Ftmktionen sorgen für Konstanz des Plasmavolu- er ist hier Motor flir die Wasserrückresorption aus dem ab-
mens tmd des Blutdrucks. steigenden Teil der Henle-Schlcife und aus den Sammcl-

F111ratlon1taum

•'.
Pars COI"Mlluta das
'.
. Blall der BowmaiH<apsel
. lußerea
: GlomenJkja
prmci'nalen Tubulus
• • : • - inr.. Blatt der BowmaiH<apsel
·. rsf%) :
.
I

;,--.
n. 11118renl

-• -- -- -
.,""
Pars~das
dislalen Tubulus Abb. 12.23 Funktionelle
•• Histologie von Nephron und
Sammelrohr. Im Nierenkörper-
ehen entsteht der Primärharn
mittels Ultrafiltration. Viele
•• laot.on
Komponenten des Primärharns
werden im proximalen Tubulus
Glukose, wieder rückresorbiert, insbe-
__ Vertlindll'1g&-
Aminosäu111n, tubulua sondere ca. 70-80% des filt-
Phoapha~
Laktat, - -Pers recta rierten Wassers, Elektrolyte
Sulfat des und niedermolekulare Stoffe
Bicarbonat proldmalen NaCl
Tubulus wie z. B. Glucose und Amino-
- -sammelrohr säuren. Umgekehrt werden
orgatische Anfonen.- - -Pars tvc!a
organillche KaUonen das distalen hier aber auch Stoffe in die
lnd. Medikamente Tubulue Tubulusfl.üssigkeit sezerniert.
Bei den dünnen Intermediär-
tubuli ist nur der absteigende
Schenkel wasserdurchlässig,
ab&leigender Schenkel <,' der aufsteigende Teil- und
der Hef11&.Sdlleife '·
.' die Pars recta des distalen
Tubulus- wasserundurch-
:: alfBteigender Sehenkai lässig. Im Sammetrohr wird
- der Henle-Sc:hleile
Wasser rückresorbiert, indem
Aquaporine AOH-induziert in
die apikale Zellmembran ein-
gebaut werden. Außerdem
bewirkt Aldosteron, dass Na•
inlennedlim
Tubulua
-- ••
• kon&enttlerter rückresorbiert und K• abge-
hypertan
Ham geben wird.
12.2 Ableitende Harnwege 399

rohren. Somit ist die Grundlage für die Harnkonzentration Insgesamt baut sich ein Osmolaritätsgradient im Binde-
gegeben. In der Tiefe des Marks hat Harnstotr die Rolle eines gewebe von der Rinde bis zur Papillenspitze auf, der ab der
Motors: Harnstoff wandert von den papillären Sammel- Rinden-Mark-Grenze erheblich zunimmt. Der definitive
rohren in das Interstitium des Marks und von hier in das hypertone Harn hat einen pH-Wert von ca. 5,5 und enthält
Lumen der intermediären Tubuli, von wo er durch die vor allem die Stoffivechselendprodukte Harnstoff, Harn-
harnstoffundurchlässigen distalen Tubuli und proximalen säure, NH; und Creatinin.
Sammelrohre transportiert wird. Ein nicht unerheblicher
Teil des H arnstoffs kreist also ständig zwischen den genann-
ten Bereichen hin und her.

12.2 Ableitende Harnwege


- - - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Die ableitenden Harnwege leiten den Endharn aus der ähnlich gebaut. Die Urethra unterscheidet sich bei den
Niere nach außen, wobei die Harnblase ein Hamsamm el- beiden Geschlechtern deutlich. Beim Mann ist sie ein
und -Speicherorgan ist, das die Harnabgabe auf 3 -4 kurze Harn-Samen-Leiter und iibernlmmt auch die AusleitLmg
Perioden am Tag beschränkt. Die Menge des Endharns des Sekrets der männlichen Geschlechtsdrüsen, was in
beträgt ca. 1,5 1am Tag. Er ist hyperto n und enthält u.a. Bezug auf die Prostata von groBer klinischer Bedeutung
Harnstoff, Harnsäm e und Creatinin. ist. Bei der Frau leitet die relativ kurze Urethra ausschlief~-
Ureter und Harnblase sind bei Mann und Frau sehr lieh Harn aus dem Körper.

Die ableitenden Harnwege bilden in morphologisch er, fLmk- Beckens aus ca. 10 Schichten. Die Muskulatm bildet am
tioneller lmd klinischer Hinsicht eine Einheit und umfassen Anfang des Ureters einen sphinkterartigen W Lust.
folgende Organe bzw. Organabschnitte:
• Nierenbecken
Kli nik Eine Erweiterung des Nierenbeckens bei Harnrück-
• Harnleiter
stau nennt man Hydroneph rose. Sie ist oft durch Harnstei-
• Harnblase,
ne vermsacht. Die Pyelit is ist meist eine bakterielle Ent-
• Harnröhre.
zi.indung des Nierenbeckens. Sie kommt oft zusammen mit
Nierenentzündung vor Lmd wird dann Pyelonephritis ge-
Es handelt sich um ein System von Hohlorganen, die den
nannt.
definitiven Harn aufnehmen, zum Teil zeitweise speichern
und nach außen leiten. Die männliche H arnröhre dient zu-
sätzlich der Ableitung der Sperrnlen (Harn-Samen-Leiter). 12.2.3 Harnleiter
Der Harnleiter (Ureter) des Erwachsenen ist ein paariges
12.2.1 Wandaufbau Org-an und ca. 20-30 an lang Lmd 5-7 mm dick. Er geht
Die Wand der ableitenden Harnwege besteht aus: kon tinuierlich aus dem Nierenbecken hervor und mündet
• Tunica mucosa in die Harnblase. Sein Lwnen ist bei kontrahierter Muskula-
• subepithelialem Schleimhautbindegewebe tm sternförmig (Abb. 12.24).
• T unica muscularis
• T unica adventitia. Mu kosa Das Epithel ist ein typisches Überg-angsepithel
(Urothel, Abb. 3. 1.15, Abb. 3. 1. 16, Abb. 12.25).
Die Schleimhaut (TLmica mucosa) besitzt ein Überg-angsepi-
thel (Kap. 3.1.2), das sich leicht unterschiedlichen Pi.illungs- Muskula ris Die Muskelschicht besteht im Wesentlichen
zuständen anpassen kann. In der Harnröhre ist allerdings aus flach oder steil verlaufenden spiralig angeordn eten
nm der Anfangsteil mit diesem Epith el ausgestattet. Die Biindeln glatter Muskelzellen, die sich im oberen Teil des
Muskelschicht (Tunica muscularis) besteht aus glatter Mus- Harnleiters zu einer kräftigen, außen gelegenen Ringmus-
kulatur. kelschicht (Stratum circulare) und zu einer schmaleren, in-
nen gelegenen Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale
Merke Kennzeichnend ist das Überg-angsepithel, das Vo- internllfn) formieren. Im unteren Teil des Harnleiters wird
lumenschwankungen ermöglicht und mrr in der Harn- die Muskularis dlrrch eine äußere Längsmuskelschicht
röhre weitgehend fehlt. (Stratum longitudinale cxtermrrn) verstärkt. Zwischen den
Schichten und Bündeln der MuskLuatlrr sind kräftige Bin-
degewebssepten ausgebildet.
12.2.2 Nierenbecken
Das Nierenbecken (Pelvis renalis, Abb. 12. 1, Abb. 12.2), ein- Klinik Angeborene Fehlbildungen sind z.B. Doppelbil-
schließlich seiner 8 -10 Kelche, sammelt den aus den Sam- dung, Divertikel und Klappen. Beim Hydroureter kommt es
mclrohren austretenden Harn Lmd fasst ca. 4 - 6 rnl. Die zu einer ErweiterLmg des Harnleiters bei Rückstau. Sie tritt
Wand des Nierenbeckens besitzt alle typischen Gewebe- i.A. zusammen mit Hydronephrose auf. Ursache eines Hy-
komponenten der Harnwege. Das Überg-angsepithel der drometers können Steine oder Stenosen des Harnleiters
Kelche besteht beim Menschen aus ca. 4-5, das des weiten oder auch VernarbLmgen nach Entzi.indLmgen sein.
400 12 Harnorgane

·- I• ~ ..

..
'

• l,
I ·6
• :-...... '
.'
. .. ..

Abb. 12.24 Ureter mit


stemförmig eingeengtem
Lumen(*) im Querschnitt.
1 Übergangsepithel; 2 sub-
epitheliales Bindegewebe;
3 Tunica muscularis;
4 begleitende kleine Arterie;
5 begleitende kleine Vene;
6 Fettgewebe. Rhesusaffe;
Plastikschnitt; Färbung:
• J • H. E.; Vergr. 45-fach.

Abb. 12.25 Übergangs-


epithel (1) des Ureters.
2 subepitheliales Binde-
gewebe; 3 Tunica muscularis;
~kleine Arterie; .,. kleine
Vene. Rhesusaffe; Plastik-
schnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 300-fach.
12.2 Ableitende Harnwege 401

Abb. 12.26 Übergangsepit hel im Nierenkelch. a: Ungedehntes EpitheL b: mäßig gedehntes Epithel. Besonders auffallend
sind die Formveränderung der oberen Zellschichten. Mensch; Färbung: Azan, Vergr. 450-fach.

12.2.4 Harnblase steht außen und innen aus überwiegend längs gerichteten
Muskelbiindeln, dazwischen liegt eine Schicht überwiegend
Die Harnblase (Vesica urinaria) ist ein eiförmiges Hohl- zirkulär angeordneter Bündel. Sie beteiligt sich an1 Autbau
organ. Sie ist bei Männern ca. 14 cm hoch und 10,5 cm breit, des Sphinkters des Blasenausgangs. In der Muskelschicht
bei Frauen 11,5 cm hoch und 9 cm breit. Die Harnblase ist kommen in reichem Maße elastische Fasern vor. Am
ein Harnsammel- und ·Speicherorgan, das die Harnabgabe Blasenausgang treten einzelne tubulomuköse Drüsen auf.
auf 3-4 kurze Perioden am Tag beschränkt. Bei ca. 350 rnl
Urin in der Blase besteht Harndrang, bei bis zu 500 rnl Me rke Die glatte Muskulatttr von Harnleiter und Harn-
kann man die Harnabg-abe willkürlich gerade noch unter-
blase bilden komplizierte längs und zirkulär verlaufende
drücken.
Systeme, die den Motor flir Austreibung des Endharns
bilden.
Mukosa Bei kontrahierter Harnblase ist die Schleim-
haut in Palten gelegt, ttnd das Obergangsepithel ist dann
beim Menschen 6-10 Schichten hoch. Im gedehnten Kli ni k Harnblasenkarzinome (Abb. 12.28) machen ca. 3~
Zustand sind Epithel und alle anderen Anteile der Blasen- aller Karzinome aus und treten bei Männern deutlich häufi-
wand abgeflacht (Abb. 12.26). Die Bindegewebsschicht der ger auf als bei Prauen. Das Karzinom konunt gehäuft bei
Schleimhaut ist relativ breit und enthält unter dem Epi- Exposition gegen aromatische Amine (z. B. bei Zigaretten-
thel fenestrierte Blutkapillaren; entzündliche Infiltrate sind rauchern, Beschäftigten in Farbstoff-, Chemie- ttnd Gummi-
nicht selten. industrie) vor. Plattenepithelkarzinome ko=en bei chro-
nischem Befallmit Schistosoma haematobirtm (Bilharziose)
Muskularis Die Muskelschicht ist kräftig und baut sich vor. Wichtiges Symptom ist Blut im Urin.
aus 3 mehr oder weniger gut erkennbaren Schichten
glatter Muskulatur auf (Abb. 12.27). Die Muskulatur be-
12.2.5 Harnröhre
Die Harnröhre (Urethra) leitet den Harn nach außen. Sie ist
bei Frauen 3-4 cm, bei Männern 20 - 25 cm lang.

Epithel Der einige Millimeter lange Anfangsteil der


Harnröhre ist mit Obergangsepithel ausgekleidet. Der rela-
tiv lange Mittelteil besitzt ein mehrschichtiges prismati-
sches Epithel, der Ausmündungsbereich mehrschichtiges
unverhorntes PlattenepitheL Bei der Prau ist die Harnröhre
auf einer kurzen Anfangsstrecke von Übergangsepithel und
danach meistens weitgehend von mehrschiebtigern Platten-
epithel ausgekleidet.

Abb. 12.27 Wand de r Harnblase. Die Schleimhaut bildet a


Falten, die von einem hohen Übergangsepithel (1) bedeckt Abb. 12.28 Harnblase mit
werden. 2 Muskulatur. Mensch; Färbung: H. E.; frühem Karzinomstadium
Vergr. 25-fach. des Epithels.
402 12 Harnorgane
Im mebrschichtig prismatischen Epithel des Mittelteils
kommen in reichem Maße sensible intraepitheliale Nerven-
endigungen vor, die Substanz P und Calcitonin-Gen-ver-
wandtes Peptid enthalten. Zusätzlich kommen im Epithel
beider Geschlechter verzweigte serotoninhaltige Zellen vor,
die an Nervenzellen erinnern. Ein Fortsatz dieser Zellen er-
reicht wahrscheinlich die Epitheloberfläche. Möglicherweise
registrieren diese Zellen den Harnfluss oder eine besondere
Harnkomponente und geben daraufhin basal Serotonin ab.
Serotonin stimuliert in der Urethra die Schleimsekretion
und die Kontraktion der glatten Muskulatur und erhöht die
vaskuläre Durchlässigkeit.

Schleimhaut Die Schleimhaut bildet Buchten (Lacunae


urethrales) und meist längs verlaufende Falten und enthält
verzweigte tubuläre SchleimdrUsen (Gll. urethrales). Im
Schleimhautbindegewebe ist ein umfangreicher Schwell-
körper aus zahlreichen Venen ausgebildet (Abb.12.29), der
dem Verschluss der Harnröhre dient. Die Muskulatur die-
ser Venen bildet im Anschnitt unregelmäßig erscheinende
und unterschiedlich dicke Polster. Das System dieser
Abb. 12.29 Urethra einer Frau. 1 Lumen der Urethra;
Schwellkörpervenen bildet beim Mann das Corpus spon-
2 Epithel; 3 Venenplexus. Färbung: H. E., Vergr. 45-fach.
giosum des Penis (Abb. 12.30, Abb. 12.31, s. a. Kap. 13).
In Nähe des Abgangs aus der Harnblase bilden v. a. Ab-
spaltungen der Blasenmuskulatur den unwillkürlichen Bla-
senschließmuskel. Der willkürliche Blasenschließmuskel
(M. sphincter uretbrae) ist bei Frauen und Männern ein
Abkömmling des quergestreiften M. transversus perinei
profundus. Die Lamina propria der Schleimhaut enthält
nicht selten Lymphfollikel.

Klinik Entzündungen (Urethritis), darunter solche bei Ge-


schlechtskrankheiten (z. B. Gonorrhö, Syphilis und Tricho-
moniasis), kanuneo in der Harnröhre nicht selten vor. Sie
können auch durch Escherichia (E.) coli verursacht werden.
Fehlbildungen (Klappen, Striktur) und Tumoren können
den Harnabfluss behindern. Besonders häufig sind solche
Abflussstörungen bei Prostatatwnoren.

C 12 Lernhinweise zu Kapitel 12

Abb. 12.30 Urethra eines Mames. 1 Lumen der Urethra; Abb. 12.31 Schnitt durch die Urethra eines Mannes mit
2 mehrschichtiges prismatisches Epithel; 3 Venenplexus mehrreihigem prismatischem Urethralepithel (oberste Epithel-
des Corpus spongiosum; 4 Urethraldrüsen. Färbung: H. E.; zellschicht prismatisch). 1 Lumen; * Venen des Corpus spon-
Vergr. 25-fach. (Aus [1]) giosum. Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1])
KAPITEL

Geschlechtsorgane
13.1 Geschlechtsentwtddung ............. 403 13.3 efbl!CI 424
13.3.1 '"
Reproduktionsbiologische Entwicklungs-
0 ••• 0 ••••

13.2 ,..
nr 11:'11e Geschlecbtsoraane ....... .. 406 phasen der Frau .................... 424
13.2.1 Hoden • • • ••• 0 • 406
0 • 0 0 0 0 0 •• 0 • 0 ••••••
13.3.2 Ovar (Eierstock) .................... 424
13.2.2 Samenwege, akzessorische Geschlechts- 13.3.3 Tuba uterina (Eileiter) • • 0 • • • 0 • 0 • • 0 ••• 433
drüsen • • • • • • • • 414
0 • • • • 0 ••••• 0 • 0 ••••
13.3.4 Uterus (Gebärmutter) .......... ...... 434
13.2.3 Penis • • • • • • • • • 421
• 0 ••••• 0 • 0 • • • 0 ••••
13.3.5 Vagina (Scheide) ................... 440
13.3.6 Äußere weibliche Geschlechtsorgane ..... 440

Die Geschlechtsorgane haben wichtige Funktionen, die alle Keimzellen (Spermien) bzw. reifen im Ovar die weiblichen
primär im Dienste der Reproduktion stehen. Zu den männ- Eizellen. Ztun anderen sind Hoden tmd Ovarien wichtige
lichen Geschlechtsorganen zählen Hoden, Samenwege (mit endokrine Drüsen, die die männlichen und weiblichen Ge-
den akzessorischen Geschlechtsdrüsen) und Penis. Zu den schlechtshormone bilden.
weiblieben Geschlechtsorg-anen zählen Ovarien, Tubae ute- In den weiblichen Geschlechtsorganen findet außerdem
rinae, Uterus, Vagina, kleine und große Schamlippen und die ca. 9 Monate dauernde vorgeburtliche Entwicklung des
Klitoris. Hoden und Ovarien werden auch als männliche Menschen statt, die willkürlich in 2 Perioden gegliedert
und weibliebe Gonaden (Keimdrüsen) bezeichnet. wird, die Embryonalperiode (bis zum Ende der 8. Schwan-
Die Geschlechtsorgane besitzen 2 große Funktionsberei- gerschaftswoche) und die Fetalperiode (ab der 9. Schwan-
che: Einmal entstehen und reifen im H oden die männlichen gerschaftswoche).

13.1 Geschlechtsentwicklung
- u u

Das chromosomale Geschlecht ist beim Mann XY, bei der extraembryonal im Dottersack. Die Sertoli-Zellen bilden
Frau XX. Aus indilferenz.ierten Anlagen der Geschlechts- bei männlichen Individuen die Vorläufer der Samenkanäl-
organe differenzieren sich dann entweder die Testes chen; sie sezernieren das Anti-Müller-Hormon, das die
(= Hoden) oder die Ovarien (= Eierstöcke). Für die Weiterentwicklung der Anlagen der Müller-Gänge ver-
Hodenentwicklung ist der Y-chromosomale testisbestim- hindert. Beim weiblichen Geschlecht entsprechen die Fol-
mcnde Paktor wichtig. Die endgültige phänotypische Ge- likelzellen den Scrtoli-Zellen; beide Zelltypen entstehen
schlechtsentwicklung findet v. a. unter dem Einfluss der aus dem ZölomepitheL
Geschlechtshonnone statt. Die Urkeimzellen entstehen

Geschlechtsdifferenzierung Das Geschlecht wird bereits zierung erfolgt v. a. Ltnter dem Einnuss der jeweiligen Ge-
in der Zygote chromosomal bestirnmt. Das sog. chromoso- schlechtshormone, die schon in den fetalen Gonaden gebil-
male Geschlecht ist bei männlichen Individuen XY, bei detwerden.
weiblichen Individuen XX. Die Entwicklung der Ge-
schlechtsorg-ane verläuft jedoch in den ersten 40 Tagen der Wolff- und Müller-Gänge Die Differenzierung der inne-
Embryonalentwickltmg bei beiden Geschlechtern gleichar- ren Geschlechtswege geht fiir beide Geschlechter von den
tig (indifferente Anlagen). Erst danach nimmt sie jeweils zunächst gemeinsam vorkommenden Wolff-Gängen tmd
eine eigene Entwicklung (Abb. 13. 1). Dabei steht zuerst die Müller-Gängen aus. Beim Mann entwickeln sich aus den
Differenzierung der indifferenten Keimdrüse (Gonade) zu Wolff-Gängen Epididymis, Vas deferens tmd Samenblasen,
Hoden oder Eierstock im Vordergrund (gonadale Ge- und die Müller-Gänge verschwinden. Bei der Frau bilden
schlechtsentwicklung). Pür die Entwicklung zur männ- sich dagegen aus den Müller-Gängen Tuba uterina, Uterus
lichen Keimdrüse ist ein Transkriptionsfaktor, der testis- und obere Vagina. Die Wolff-Gänge (diese werden bei der
bestimmende Faktor ("testis determining factor", TDP), Frau auch Gartncr-Gänge genannt) bilden sich zurück. Die
wesentlich. Er wird von einem Gen codiert, das in der ge- äußeren Geschlechtsorgane entwickeln sich bei beiden Ge-
schlechtsbestimmenden Region des Y-Chromosoms (SRY) schlechtern aus Sinus urogenJtalis, Geschlechtshöcker, -fal-
liegt. Die endgültige phänotypische Geschlechtsdifferen- ten und -wülsten.
404 13 Geschlechtsorgane

Embryonalentwicklung In der Embryonalentwicklung Faktoren statt. Den Sertoli-Zellen der männlichen Gonade
treten die ersten Keimzellen, die Urkeimzellen, extraembry- entsprechen in der weiblichen Gonade die Follikelzellen, die
onal auf, und zwar in der Wand des Dottersacks in der sich auch vom Zölomepithel herleiten. Abbildung 13.2 zeigt
4. Embryonalwoche. Von hier wandern sie mithilfe amöbo- die strukturellen und funktionellen Übereinstimmungen
ider Bewegungen zunächst in den Enddarm und dann in tmd Unterschiede der männlichen und weiblichen Gonaden.
die Genitalleiste in der dorsalen Rtm1pfwand. Wanderung
und Vermehrung dieser frühen Keimzellen sind abhängig
vom Zusammenspiel des Kit-Proteins, eines Transmem- Klinik Bei der Geschlechtsentwicklung gibt es vielfältige
branrezeptors der Keimzellen, mit dem sog. "Steel-Factor", Störungen.
einem Protein, das von somatischen Zellen entlang dem • Störungen des chromosomalen Geschlechts finden sich
W anderweg der frühen Keimzellen gebildet wird. z.B. beim Klinefelter-Synd.rom (XXY- oder XXXY-Kom-
Die strangförmigen Vorläufer der Samenkanälchen wer- bination der Geschlechtschromosomen, männlicher Phä-
den von Sertoli-Zellen gebildet, Epithelzellen, die sich vom notyp, Hodenatrophie), beim Syndrom der XX-Männer
Zölomepithel herleiten. Diese Stränge werden dann von den und beim Turner-Syndrom (nur ein X-Chromosom,
Urkeimzellen besiedelt. Die embryonalen Sertoli-Zellen se- weiblicher Phänotyp).
zernieren ein Hormon, das verhindert, dass sich die Anlage • Bei Stönmgen des gon adalen Geschlecht s ist das chro-
der Müller-Gänge zu einem uterovaginalen Primordiwn mosomale Geschlecht normal, die Difrerenzierung der
weiterentwickelt. Dieses Hormon h eißt Anti-Müller-Hor- Gonaden ist aber fehlgelaufen.
mon (AMH). Schon in der 8. Schwangerschaftswoche bilden • Es gibt viele Störungen des phän otyp ischen Geschlechts
die Leydig-Zellen Testosteron, was fti.r die weitere Difl"eren- mit 2 großen Gruppen, dem weiblichen und männlichen
zienmg der männlichen Geschlechtsorgane wichtig ist. Die Pseudohennaphroditism us. Hier Hegen vielfach bioche-
Entwicklung der weiblichen Gonaden findet- soweit bisher mische Defekte in der Synthese weiblicher tmd männ-
bekannt - in Abwesenheitvon TDP und anderer spezifischer licher Geschlechtshormone vor.

----Gonade
- --- Mesonephros (Urniere)
--- Müller-Gang
-- - Wolff-Gang

--- ---Epididymis
-----Sinus
urogenitalis -- ---- Testis (Hoden)
- - Tuba uterila • ----- Vas deferens
(Eileiter)

- --------- -Samenblase

------ -- ----- Prostata

Frau Mann

Abb. 13.1 Normale Entwicklung der inneren Geschlechtsorgane (Schema). (Modifiziert nach (13))
13.1 Geschlechtsentwicklung 405
Primäre Spennatogenese ~ Oogenese
.
Spermatozyte
I
Spermatide
'
'
\ Sekundäre :' 'OVar
• Spermatozyte : Spermium
I \ I I ·-Testis
'

Spermatogonie
46, XY
Primäre Oozyte
____ --- 46, XX im
Follikelzellen • :: wachsenden Follikel

Primäre
Sertoli-Zelle Spermatozyte
46, XY
Spermatogonie

1. Reife- \ Primäre Oozyte


teilung
/ --46, XX in einem
frühen Tertiärfollikel

23,X Sekundäre 23,Y 1. Reifeteilung


Spermatozyten abgeschlossen

I \ 2. Reife-
teilung \ Sekundäre Oozyte
, 23, X in
einem Tertiärfollikel

23,X 23,X 23, Y 23,Y Polkörperehen


Spermatiden
{penniogenese!

Corona radiata ! 2. Reifeteilung


abgeschlossen

Spermien
(Spermatozoen)
____ - -- 2. Polkörperehen
23, X

23,X 23,X 23, Y 23, y •



Reife Oozyte
(OvurrO 23, X

Abb. 13.2 Vergleich von Spermatogenese und Oogenese. Bei jedem Differenzierungsstadium ist die Zahl der Chromoso-
men (arabische Zahlen) angegeben, daneben die Geschlechtschromosomen (XY, XX). Spermato- und Oogonien vermehren sich
mitotisch. Im Zuge der 1. Reifeteilung wird der diploide Chromosomensatz (beim Menschen 46 Chromosomen) auf den haploi-
den Satz (23 Chromosomen) reduziert. Aus einer primären Spermatozyte (Spermatozyte I) entstehen 4 Spermien (Spermatozo-
en); aus einer primären Oozyte (Oozyte I) entstehen nur eine reife Oozyte (Eizelle, Ovum) und die Polkörperchen. Die Polkör-
perehen sind stark reduzierte kleine Eizellen, die nicht am Reproduktionsprozess beteiligt sind. Die reife Eizelle ist eine der
größten Zellen des Körpers, wohingegen die Spermien sehr kleine Zellen sind. Die von einer proliferierenden Spermatogonie
abstammenden Tochterzellen sind über Zytoplasmabrücken verbunden. In Spermato- und Oozyten I und II bestehtjedes Chro-
mosom aus 2 Chromatiden. (Aus [14])
406 13 Geschlechtsorga ne

13.2 Männliche Geschlechtsorgane

Zu den männlichen Geschlechtsorganen zählen Hoden, Keimzellen. Im Bindegewebe des Hodens liegen die Ley-
Samenwege (mit den akzessorischen männlichen Ge- dig-Zellen, die Testosteron bilden. Oie Samenwege beste-
schlechtsdrüsen: Samenblasen, Prostata und Cowper-Drü- hen im Wesentlichen aus Nebenhoden und Vas deferens,
sen) und Penis. Die Hoden werden von komplexen Ho- das in die Urethra einmiindet. Oie akzessorischen Ge-
denhüllen umgeben und liegen im Hodensack (Skrotum). schlechtsdriisen sind exokrine Drüsen, deren Sekret bei
Auf mikroskopisch-anatomischer Ebene sind die Samen- der Ejakulation zusammen mit den Spermien abgegeben
kanälchen (Tubuli seminiferi) die Baueinheitdes H odens. wird. Das Sekret enthält u.a. Fructose (aus den Samen-
Von ihnen gibt es ca. 1000 pro H oden. Das Epithel der blasen), Zitronensäure, Prostaglandine, saure Phosphatase
Samenkanälchen (= Keimepithel) besitzt germinative und und Proteasen (darunter eine Serin-Protease, das prostata-
nicht germinative Zellen. Die nicht germinativen Zellen, spezifische Antigen, PSA). Der Penis besitzt 2 eigentüm-
die Sertoli-Zcllen, sind hohe Epi thelzcllen, die zahlreiche liche Typen von Schwellkörpern (Corpus cavernosmn und
Funktionen besitzen und die die Blut-H oden-Schranke Corpus spongium), von denen nur die paarigen Corpora
aufbauen. Die germinativen Zellen sind die männlichen cavernosa der Erektion dienen.

Im Hoden (Testis, männliche Keimdrüse) werden die _. Ductus deferens


männlichen Fortpflanzungszellen (Spermien) gebildet. Über
ein aufwencüges, vielgestaltiges System ableitender Samen-
wege (Epididymis [Nebenhoden], Ductus deferens [Samen-
leiter] und Ductus ejaculatorius), denen verschiedene exo- TNiil ,
krine Drüsen (Samenblasen, Prostata tmd Cowper-Drüsen)
zugeordnet sind, werden die Spermien abtransportiert. Der
l..obulus,
Ductus ejaculatorius mündet tmterhalb der Harnblase in die '
Tubulus seminiferus
Urethra, die von Spermien und Harn gemeinsam genutzt contortus
wird, also ein Harn-Samen-Leiter ist. Der Penis, in dem die (Hodenkanälchen)
Urethra verläuft, ist das Begattlmgsorgan.
Tunica albuginea

13 2: .....
Im H oden werden im Keimepithel die Spermien und in den Wand-Wld
Leydig-Zcllen das männliche Geschlechtshonnon (Testoste- Spaltraum der -
Tunica vagllalis
ron) gebildet. D er Hoden hat sowohl reproduktive als auch
endokrine Funktion.
Abb. 13.3 Hoden, Nebenhoden und Samenleiter
(Schema).
All mef~ r IJfbau
Hodenhüllen
Die H oden (Testes) sind paarig angelegt. Jeder Hoden liegt
Hoden
in einem jeweils eigenen Fach im Hodensack (Skrotum) tmd Der Hoden ist eiförmig, hat einen Lä ngsdurchmesser von
wird von den Hodenhüllen umgeben. Zu den H odenhüllen ca. 4-4,5 cm tmd einen Querdurchmesser von ca. 3 cm.
gehören von außen nach innen neben der Tunica dartos in Durch die Scptula testis (s. o.) wird das Hodengewebe in ca.
der Skrotalhaut (mit glatten Muskelzellen), dem M. cremas- 350 Läppchen (Lobuli) gegliedert (Abb. 13.3). In jedem die-
ter und den Fasdae spermatlcae cxterna tmd interna auch ser Läppchen befindet sich das spezifische Hodengewebe
die T tmica vaginalis tcstis. Die Tunica vaginalis testis (Parenchym), die Samenkanillchcn. Jedes Läppchen kann
(Abb. 13.3) tlmfasst mit ihrer parietalen (Periorchium, gr. 2-4 Samenkanälchen enthalten, insgesamt gibt es pro
orchis = H oden) lmd viszeralen Wand (Epiorchium) die Hoden also gut 1000 solcher Kanälchen.
spaltfonnigc seröse Höhle (Cavtm1 serosum testis). Die Um-
schlagfalte von viszeraler zu parietaler Wand, die zugleich
Aufbau unr' Fu "tion de - k nä -:hen
den Hoden an der Skrotalhaut befestigt, wird Mesorchium
genannt. Der Hoden wird außen von ein er kräftigen Binde- Die gewunden verlaufenden, ca. 30-70 cm langen Samen-
gewebsschiebt (Tunica albugjnea) bedeckt, mit der das kanälchen (Hodenkanälchen, Tubuli scminiferi contorti)
Epiorchium mit seinem dünnen äußeren Plattenepithel fest sind die dominanten Strukturen im histologischen H oden-
verwachsen ist (Abb.l3.3, Abb. 13.4). Die Ttmica albuginea präparat (Abb. 13.4, Abb. 13.5). Sie sind schlingenartige
enthält viele glatte Muskclzeßen, die einen Tonus aufrecht- Strukturen, deren bcide offenen Enden in das Rete testis
erhalten, und entsendet septenartige Bindegewebsplatten münden. Die Gesamtlänge aller Samenkanälchen beträgt ca.
(Septula testis) ins Organinnere. 600 Meter. Sie sind in allen möglichen Ebenen angeschnit-
ten. Ihr D lrrchrnesser beträgt ca. 150- 250 f.Lm. Die H öhe
ihres Epithels (Keimepithcl) schwankt und kann ca. 80 fllll
erreichen. D as Lmnen ist meistens frei, kann aber einzelne
Spennien enthalten.
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 407
Septulum testis

*.·-

2

Abb. 13.5 Hodengewebe mit mehreren Tu buli seminiferi,


die aus Sertoli-Zellen (helle Kerne mit deutlichem Nukleolus
basal im Epithel) und den verschiedenen Zellformen der
Spermatog enese aufgebaut sind . .... basal gelegene Sperma-
togonien; 1 große Spermatozyten 1. Ordn ung Oe nach Phase
der 1. Reifeteilung unterschiedliche Kernstruktur); 2 kleinere
Tubuli seminiferi lnterstititm mit Spermatiden (kommen v. a. im lumennahen Bereich vor);
cmtati Hodenzwischenzellen (rot)

Abb. 13.4 Reifer menschlicher Hoden (Randbezirk).


* schon spermienähnliche Spermatiden, erscheinen als
kleine dunkle Pun kte in den apikalen Taschen der Sertoli-
Die sehr derbe Tunica alb uginea wird außen vom mesothe- Zellen (~). Die Tubuli seminiferi sind von einer eosino-
lialen Epiorchi um bedeckt. Zwischen den Anschnitten der philen Bindegewebsschicht umgeben, die v. a. von schlanken
Tubuli contorti erkennt man die Locker gruppierten, stärker Myofibroblasten (3) aufgebaut wird. Im Bindegewebe
azidophilen leydig· Zellen (Hodenzwischenzellen). Färbung: zwischen den Tubuli finden sich leydig-Zellen (4). Mensch;
H. E.; Vergr. 40·fach. (Aus [1)) Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 120-fach. (Aus [1))

Keimepithel der seitlich von zentromercrn Heterochromatin begleitet


Im Keimepithel finden sich Keimzellen (genninative Zellen) wird. Längliche Mitochondrien sind zahlreich zu finden.
und Stützzellen (Sertoli-Zellen, nicht genninative Zellen). Der Golgi-Apparat ist lUnfangrcich. Glattes ER ist reichlich,
Die Keimzellen vermehren sich in diesem Epithel, machen raues ER dagegen nur spärlich vorhanden. Das Zytoskelett
die Meiose durch und differenzieren sich zu Samenzellen ist hoch entwickelt, es ist sowohl an gestaltliehen Verän-
(Abb. 13.5, Abb.13.6). derungen der Keimzellen als auch an ihrer Wanderung
von basal nach apikal beteiligt. Die zahlreichen Lysosomen
Sertoli-Zellen spielen eine Rolle beim Abbau von Zytoplasmaanteilen der
Morphologie Die Sertoli-Zellen sind hohe prismatische reifenden Spermatiden. Es finden sich eigenartige, kristal-
Epithelzellen, die u.a. Stütz- und Ammenfunktion für die loide Einschlüsse, die sog. Charcot-Böttcher-Kristalle (Abb.
Keimzellen haben. Sie erstrecken sich von der Basallamina 13.60), deren Funktion unbekannt ist. Lipidtropfen sind
bis zum Lumen der Samenkanälchen. DieSertoli-Zellen bil- regelmäßig zu finden.
den seitlich und apikal Taschen, in denen sich Keimzellen
befinden (Abb. 13.6, Abb. 13.7). Lamellenartige Fortsätze Kompartimente In der Nähe der Zellbasis sind die be-
können über diese Taschen hinausgehen und alle Räume nachbarten Sertoli-Zellen über Zonulae occludentes ver-
zwischen den Keimzellen ausfiiJlen. Der kennzeichnend bunden. Dadurch entstehen im Keimepithel 2 Komparti-
strukturierte Zellkern (Abb. 13.8) ist länglich und besitzt mente mit unterschiedlichen funktioneUen Eigenschaften:
eine oder zwei Einkerbungen. Er enthält fast nur Euchro- Das basale Kompartiment unterhalb der Zonula occludens
matin sowie einen sehr scharfheiVorstechenden Nukleolus, kommuniziert geringftigig mit dem Milieu des Matrix-
408 13 Geschlechtsorgane

:''.. Lumen
.,.
'
___________ _:
' .späte Spermatide
' ''
''

Lysosom
(ResidualkOrperl

Charcot-Böttcher- ---
Kristall

Spermatogonie ----

' '' ''


''
' '' ''
'
Basallamina .= - Myofibroblast

Abb. 13.6 Keimepithel des Hodens (Schema) mit Sertoli- und Keimzellen sowie Anteilen des inte rstitiellen Bindegewebes.
Die speziellen Zonulae occludentes zwischen den Sertoli-Zellen bilden die sog. Blut-Hoden-Schranke, die das basale und das
adluminale Kompartiment des Keimepithels trennt. Der helle Kern der Sertoli-Zellen ist gelappt und besitzt einen auffallenden
Nukleolus; in den Lysosomen werden die Teile des Zytoplasmas der Spermatiden abgebaut, die während ihrer Ausreifung ab-
*
gestoßen werden (Residualkörper). RER raues ER; GER glattes ER; Zytoplasmabrücken zwischen Keimzellen in verschiede-
nen Reifestadien; A Ak rosom. Die Leydig-Zellen bilden Testosteron. (Aus (1))

raums des subepithelialen Bindegewebes. Im adluminalen Funktionen Die vielfaltigen Funktionen der Sertoli-Zellen
Kompartiment oberhalb der Zonula ocdudens herrscht da- sind kurz zusammengefasst:
gegen ein (v.a. in immunologischer Hinsicht) abgeschlosse- • Stützfunktion flir die Keimzellen
nes Milieu, in dem die Keimzellen ausreifen. • Ernährungsfunktion flir die Keimzellen
• Hilfe bei der Wan derung der Keimzellen von basal nach
Merke Die Zonula occludens der Serloli-Zellen bildet apikal
eine Barriere im Epithel, die Blut-Hoden-Schranke ge- • Bildungder Blut-H oden-Schranke
nannt wird. • Phagozytose und Abbau von Zytoplasma der Spemla-
tiden
• Freisetzung der reifen Spem1aUden in s Lumen der Tubuli
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 409

Abb. 13.7 Keimepithel mit


aktiver Spermienbildung.
~ Sertoli-Zellen. 1 Spermato-
gonien; 2 Spermatozyten
1. Ordnung; 3 Spermatiden;
4 weitgehend ausdifferenzier·
te Spermatozoen, die aber
noch in Taschen der Sertoli·
Zellen stecken; 5 Lumen des
Tubulus seminiferus, das zu er-
heblichem Teil von Spermato-
zoenschwänzen ausgefüllt ist,
deren Köpfe noch in Sertoli-
Zellen stecken. 6 Myoflbro·
blasten. Hoden, Rhesusaffe;
Plastikschnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 450-fach.

• Rezeptoren für FSH ltnd Testosteron: FSH ist für die Aus- einen Klon (genetisch homogene Gruppe von Zellen, die
reifung der Keimzellen wichtig. Sie wandeln Testosteron von einer gemeinsamen Ursprnngs1..elle abstammen). Im
in Ostradialund Dihydrotestosteron um, was für die Ent- histologischen Präparat ist zu beobachten, dass die Zellen
wicklung der Keimzellen wichtig ist eines Stadiums der Keimzellentwicklung, also z.B. Sperma-
• Bildung der Peptidhormone lnhibin (hemmt über nega- tozyten 1. OrdmLDg oder Spermatogonien, jeweils kleine
tive Rückkopplnng die PSH-Preisetzung) und Aktivin oder größere Gruppen bilden und in bestimmter Kombina-
(fördert über positive RückkopplLLDg die PSH-Sekretion) tion vorkommen (Abb. 13.9). Oieses Phänomen beruht dar-
• Sekretion des Androgen bindenden ProteiDs, das in den allf, dass die allfeinanderfolgenden Entwicklungsstadien in
Samenkanälchen und Samenwegen hohe Testosteron- Form eines schranbenförrnigen Zellstreifens im Keimepithel
spiegel aufrechterhält. des Tubulus seminiferus angeordnet sind. Mehrere solcher
Spiralen liegen nebeneinander, sie bauen ein komplexes Sys-
Keimzellen tem gegeneinander versetzter Schraubenstrukturen allf. In
Im Keimepithel des Hodens durchlallfen die Keimzellen jedem dieser schraubenfonnig angeordneten Zellstreifen
verschiedene Entwicklungsstadien: wandern die sich differenzierenden Keimzellen von der Epi-
• Spennatogonien thelbasis zur lwninalen Oberfläche. An ihrer Basis liegen die
• Spermatozytcn 1. Ordnung (primäre Spermatozyten, Spennatogonien, und an ihrer Spit7.c liegen die weitgehend
Spermatozyten I) ausdifferenzierten Keimzellen. Oie Dauer dieses Differenzie-
• Spennatozyten 2. OrdmLDg (sekundäre Spermatozyten, r ungsweges beträgt ca. 75 Tage.
Spermatozyten li)
• Spermatiden Temperaturoptimum
• Spermatozoen. Die Spermatogenese reagiert empfindlich auf T empera-
turändenLDgen. Fieber oder ein heißes Bad vermindern die
Die Morphologie der Keimzellen wird nachfolgend bei der Spermienproduktion. Oie ideale Temperatur für die Sper-
Spermatogenese beschrieben. matogenese beträgt 35 °C. Diese Temperatur wird im Ho-
den mithilfe des wärmeaustauschenden Plexus pamp inifor-
rnis erzielt, der die Wärme der Körperkernternperatur, die
Spermatogenese dem Hoden durch das Blut der A. spermatica zugeleitet
Zellanordnung im Keimepithel wird, aufnimmt llDd in den Körper Zlrrückführt. Sinkt die
Keimzellen, die aus einer Spermatogonie entstehen, bleiben Außentemperatur, kontrahieren sich der M. cremaster im
über schmale Zytoplasmabrücken verbunden und bilden Puniculus spermaticus und die glatte Muskulatm der Tunica

-
c
c Abb. 13.9 Keimepithel
Abb. 13.8 Sertoli-Zelle. mit vielen Spermatogonien.
410 13 Geschlechtsorga ne

dartos im Skrotwn. Dadltrch werden die Hoden dichter an idern Chromosomensatz entstehen haploide Zcllen. Zu-
den Körper gebracht und die Temperatur erhöht sich wie- nächst entstehen aus den B-Spermatogo nien die Sper -
der. Bei Kryptorchismus (nicht abgestiegene H oden) bleibt mat ozyt en I (Abb. 13.6, Abb. 13. ll, Abb. 13.12). Diese
der Hoden im Inguinalkanal oder in der Bauchhöhle. Hier Spermatozyten verdoppeln ihren DNA-Gehalt (4n) und
verhindert die normale Körpertemperatur (37- 38 °C) die beginnen mit der 1. Reifeteilung (Reduktionsteihmg), aus
Spermatogenese, was - wenn Kryptorchismus beidseits vor- der 2 Spermatozyten ll hervorgehen. Die Spermatozyten II
liegt -zu Sterilität fUhrt. besitzen einen haploiden Chromosomensatz (22 Auto-
somen mit entweder X-Chromosom oder V-Chromosom).
Verm ehrungsperiode Der DNA-Gehalt beträgt 2n. Die Spermatozyten II teilen
Die Vermehrungsperiode ist die erste von insgesamt 3 Pha- sich nach kurzer Zeit erneut (2. Reifeteilung), wobei aus ih-
sen der Spermatogenese, sie betriffi vor allem die Spennato- nen die Spermatiden (DNA-Gehalt: In) entstehen.
gonien. Spermatogooien sind kleine Zellen mit rundlichem
Kern, die basal im Keimepithelliegen (Abb. 13.6, Abb. 13.9, 1. Reifeteilung Die Prophase der I. Reifeteilung verläuft
Abb. 13.10). Sie sind wie alle anderen Zcllen des Körpers sehr langsam (ca. 20 Tage). Die Prophase durchläuft meh-
diploid, d.h., ihre Kerne enthalten sowohl den mütterlichen rere Stadien, die am ChromatinmLLStcr der großen Kerne in
als auch den vä terlichen Chromosomensatz. Der DNA- den Spennatozyten I erkannt werden kö nnen (Abb. 13.11,
Gehalt beträgt 2n (Kap. 2.2.2). Es lassen sich 2 Typen von Abb. 13.13):
Spennatogonien unterscheiden: • Lep totän: Die Prophase beginn t mit dem Leptotän. In
• Die A-Spermatogonien besitzen entweder hclles oder diesem Stadium werden die Chromosomen langsam als
dunkles Zytoplasma. Sie sind die eigentlichen Stammzel- kleine Fäden sichtbar und beginnen ihr Chromatin zu
len des Keimepithels Lmd teilen sich mitotisch, wobei eine kondensieren. Die homologen väterlichen und mütter-
Tochterzelle A-Spermatogonie bleibt, während die andere lichen Chromosomen haben ihren DNA-Gehalt verdop-
sich über mehrere mitotische TeiiLmgen zu B-Spermato- pelt und bestehen je aus 2 Chromatiden. Sie nähern sich
gonien entwickelt.
• Mit den B-Spermat ogonien beginnt die Reiflmgsperiode.
Aus jeder B-Spermatogonie gehen durch Mitose 2 Sper-
matozyten I hervor. Die Keimzellen einer Spermatogonie
bilden einen sog. Zcllklon (s.o.).

Reifu ngs periode


Die Reifungsperiode, die 2. Phase der Spermatogenese, ist
die Phase der Meiose (s. a. Kap. 2). Aus den Zellen mit diplo- •
c
Abb. 13.10 Keimepithel
mit schon spermatozoen-
ähnlichen Spermatiden.

Abb. 13.11 Spennatozyten I (~) in der Prophase mit Abb. 13.1 2 Spennatozyten 11 (~) mit feinem Chromatin-
typischen markanten Chromatinmuster. Rhesusaffe; Färbung muster und zart eosinephilern Zytoplasma. Die Kerne sind
H. E., Vergr. 1100-fach. erkennbar größer als die der Spermatiden (3). 1 Spermato-
zyten I, 2 Sertoli-Zelle. Mensch; Färbung: H. E.,
Vergr. 1100-fach.
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 411

einander an . Die zusammengeh örigen Chromosomen- Zytoplasmabrücken verbtmdene Spermatiden. Die 2 Sper-
paare (mit verdoppelter DN A) werden Bivalente genannt matozyten li sind aber wiederum mit weiteren Spermatozy-
• Zygotän: Homologe Chromosomen lagern sich eng an ei- ten li über Zytoplasmabrücken verbunden, sodass ab dem
nander (Chromosomenpaarung. Konjugation). Zwischen B-Spermatogonien-Staditun zunehmend länger werdende
den Chromosomen bilden sich sog. synaptonemale Kom- Ketten von Keimzellen (Klone) generiert werden.
plexe (Abb. 13.13). Da jedes Chromosom aus 2 Chromati-
den besteht, liegen insgesamt Gebilde aus 4 Chromatiden Spermiogenese
(Tetraden) vor. Von der Spermatide zum Spermatozoon Unter Sper-
• Pa.c hytän : Die Chromosomen verkürzen und verdicken miogenese, der dritten Phase der Spermatogenese, versteht
sich; sie sind nun vollständig durch den synaptonemalen man die Umwandlung der Spern1atiden in Spermatozoen.
Komplex verbunden. Es kommt zu keinen Teilungen mehr. Die Zellen gestalten
• Diplotän: Der synaptonemale Komplex löst sich schritt- sich lediglich um, und die Zytoplasmabrücken lösen sich
weise. Die Chromosomen bleiben aber an Überkreu-
zungspunkten, den Chiasmata, verbunden. An diesen
Stellen liegen besondere Protein-RNA-Komplexe, die sog.
Rekombinationsknötchen, hier entstehen in den Chro-
matiden Brüche tmd hier werden Segmente der mütter-
lichen und väterlichen Chromatiden gegeneinander aus-
getausch t Die elterlichen Gene werden so durchmischt,
tmd somitentstehen neue Genkomb in ationen.

Am Ende der Prophase (Diakinese) löst sich die Kernmem-


bran auf, und die Tetraden bilden eine Metaphasenplatte in
der Zellmitte. In der Anaphase werden die h omologen
Chromosomen getrennt und wandern auf entgegengesetzte
Zellpole, und es entstehen 2 Tochterzellen (Spermatozy-
ten li). Die Spermatozyten li besitzen nur einen haploiden
Chromosomensatz, ihre Chromosomenzahl ist also auf die
Hälfte (23) reduziert. Jedes Chromosom besteht aus 2 Chr o-
matiden, der DNA-Gehalt ist also 2n. Wichtig ist, dass
DNA-Sequenzcn ausgetauschtwllTden.

2. Reifeteilung Die Spennatozyten II haben nllT eine


kllTZC Lebensdauer und sind deshalb selten im Präparat
anzutreffen. lhr Kern ist etwas größer als der der Spermati-
den und hat ein feines Chromatinmuster (Abb. 13.12). Das
Zytoplasma ist eosinophil. Sie teilen sich nach wenigen
Stunden erneut (2. Reifeteilung. Äquationsteilung), ohne
dass es zu DNA-Verdoppelung kommt (keineS-Phase). Die
Chromatiden trennen sich wie bei einer Mitose und werden
auf die Tochterzellen, die sog. Spermatiden, verteilt Der
Chromosomensatz der Spermatiden ist (wie bei den Sper-
matozyten li) haploid, der DNA-Gehalt beträgt ab er nllT
I n . Aus 2 Spermatozyten Il, die über Zytoplasmabrücken
verb unden sind, en tstehen nach der 2. Reifeteilung 4 über

Abb. 13.13 Spermatozyte


1. Ordnung in der Prophase.

Abb. 13.15 Weitgehend spermienähnliche Spermatiden


in einer EM-Aufnahme. Oie fast ausgereiften Spermatiden
befinden sich in apikalen Taschen einer Sertoli-Zelle (1) und
haben einen dichten Kern (2). dZ: distales Zentriol, pZ:
a proximales Zentriol. ~ Kinozilie, die dem distalen Zentriol
Abb. 13.14 Relativ frühe entspringt; .,.. kappenförmiges Akrosom. Hoden, Mensch;
Spermatide. Vergr. 15 290-fach.
412 13 Geschlechtsorgane
während dieses Prozesses auf. Der anfänglich noch helle (Verbindtmgsstück), Mittel-, Haupt- und Endstück. Der
Zellkern der Spermatiden (Abb. 13.7, Abb. 13. 14) konden- nur ca. 2 J.Lm lange Hals enthält das proximale Zentrioltmd
siert zunehmend und wandert in die Peripherie. Oie Kon - das Zlllll Basalkorn lllllgcwandeltc distale Zentriol tmd Pa-
densation des Kerns ist dadurch gekennzeichnet, dass so- serstrukturcn. Das Mittelstück ist ca. 6 pm lang und enthält
matische Histone durch arginin-und lysinreiche Protarnine zentral den Anfangsteil der Kinozilie, der von einer Man-
ausgetauscht werden. Durch diesen Austausch wird die ge- schette aus Mitochondrien lllllgcben ist. Oie Mikrotu-
nomische DNA des Spermilllus stabilisiert und geschützt bulusstrukturen der Kinozilie ("9+2"-Muster) sind von 9
Der Golgi-Apparat schiebt sich zwischen Zellmembran und kräftigen äußeren Pasern tungeben, die überwiegend aus
Kern und bildet schließlich ein Vesikel, das Akrosom. Das Keratin bestehen. Das Hauptstück ist ca. 45 J.lffi lang und
Akrosom entspricht einem speziellen Lysosom und lagert 0,5 - 1 J.llll dick. Es besteht aus den wesentlichen Kompo-
sich dem Kern an (Abb. 13.15). Es enthält lokal dicht kon - nenten eines Kinoziliwns, den 9 ä~tßcren Pasern und einer
densierte hydrolytische Enzyme (Proteasen, saure Phos- weiteren tunhüllenden Struktur, der faserigen Scheide. Das
phatase, Hyaluronidase, Neuraminidase u. a.). Oie Enzyme ca. 5 - 7 J.Ulllange Endstiick ist nur noch 0,25 J.Ul1 dick und
werden bei der Befruchtung freigesetzt tmd erleichtern dem enthält nur noch die Mikrotubuli der Kinozilie, deren An-
Spennillln den Weg durch Corona radiata und Zona pellu- ordnung gegen das Ende zu tmregclmäßig wird tmd deren
cida in die Eizelle. Oie Mitochondrien werden in die Zellpe- Zahl sich reduziert. Oie Kinozilie mit ihren Mikrotubuli ist
ripherie verlagert, tmd die Zentriolen wandern auf den dem der Motor der Spennicnschwanzbcwcgung. deren moleku-
Akrosom entgegengesetzten ZellpoL Das akrosomale Vesi- lare Basis die Dynein-Motorproteine sind. Dynein-Motor-
kel flacht sich seitlich ab und bildet eine Kappe auf dem proteine nutzen die Energie aus der ATP-Hydrolyse, lllll
Kern, die einer flachen Zisterne vergleichbar ist (Abb. den Spermienschwanz zu bewegen.
13.14). Ocr Kern wird immer dichter und flacher. Aus dem
distalen Zentriol wächst der Schwanzfaden aus, der primär Sperma Oie Gesamtheit von Spermatozoen tmd den diver-
einem Kinozilitun ("9 x 2 + 2"-Muster) entspricht, sich aber sen Sekreten (v. a. der Prostata, der Samenblasen tmd der
in komplexerWeise ausdi.ffcrenziert (Abb. 13.15). Oie Mi- Bulbourethraldrüscn) wird Sperma (Samen, Semen) ge-
tochondrien gruppieren sich um den Anfangsteil des Zi- nannt. Der flüssige Anteil heißt Seminalplasma tmd ist
lilllns. Größere Zytoplasmabereiche mit den meisten Orga- schwach alkalisch, erst in ihm werden die Spermatozoen
nellen werden nach hinten verlagert, hier abgestoßen und beweglich. In einem Ejakulat, dessen Volumen ca. 4 m1 be-
von den Scrtoli-Zellen phagozytiert. trägt, befinden sich 200 - 300 Millionen Spermatozoen.
Endgiiltig befruchtungsfahig werden die Spennien erst im
Spermatozoon Das ausgereifte Spcnnatozoon (Spennilllll, weiblichen Genitaltrakt
männliche Samenzelle, Abb. 13. 16) ist beirn Menschen ca.
60 J.Ul1 lang und wird in Kopf tmd Schwanz gegliedert
(Abb. 13. 17). Ocr ca. 5 J.lm lange Kopf enthält den Kern
und das Akrosom, dessen hydrolytische Enzyme dem Sper- Akrosom .,
matozoon den Weg durch die Eihiille (Corona radiata und Kern --
Zona pellucida) bahnen. Sie werden exozytotisch freigesetzt
(akrosomalc Reaktion). Ocr Schwanz besteht aus Hals
proximales Zentriol ·
dislales Zentriol -- --r ._. ---- Halsstück

Mitochondrien-
manschette •••
Mittalstück

EndstOck ···Anulus

Hauptstück
•>

Abb. 13.16 Spermatozoen, Ausstrichpräparat Mensch; Abb. 13.17 Struktur des Spermatozoons: Kopf- und
Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. Schwanzkomponenten.
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 413
Hodeninterstitium findet sich ein lockeres Bindegewebe
Merke Die Keimzellen differenzieren sich im Keimepithel
mit Blutgefaßen,Lymphgefaßen und Nerven.
der Tubuli seminiferi, das außerdem die Sertoli-Zcllen
enthält, die verschiedene Punktionen haben und die Blut-
Leydig-Zellen Wichtigste Komponente des interstitiellen
Hoden-Schranke aufbauen.
Gewebes sind die großen Lcydig-Zellen (Lcydig-Zwischen-
zellen nach Franz Lcydig, 1821 - 1908). Es sind große,
Klinik Erlcranlrungen des Hodens sind nicht selten, ca. 5% al.idophile Zellen (Abb. 13.6, Abb. 13.19, Abb. l 3.20) mit
aller Männer sind unfruchtbar. Das Klincfelter-Syndrom rundlichem, hellem und exzentrisch gelegenem Kern. Im
(XXY) kommt bei einem von 500 Männem vor. V erschie- Zytoplasma fallen das reich entwickelte glatte ER sowie
dene Formen des Hypogonadismus sind verbreitet tmd viele längliche Mitochondrien auf, die sowohl Tubuli als
können durch Hormonsubstitution behandelt werden. Ho- auch Cristae bilden. Es enthält des Weiteren Lipidtropfen,
denkarzinome gehen ganz überwiegend (95%) von Urkeim- Lipofuszingranula, kleine Felder mit RER, PerOJcisomen
zellen aus tmd werden meist im Alter von 20-40 Jahren ent- und Rcinke-Kristalle (Abb. 13.20).
deckt und kommen bei Kaukasiern deutlich häufiger als bei
anderen Ethnien vor. Sie sprechen meistens recht gut auf
Bestrahlung und auf Chemotherapie an. In der Untergruppe
der Nichtseminome ist das Karzinomgewebe in unterschied-
licher ·weise in verschiedene embryonale und adulte Gewe-
be differenziert. 1 . 2
.....",. * ••
~

~
•••
Rete testis
3
Die Tubuli seminiferi contorti gehen in die gestreckten
Tubuli seminiferi recti über, die in das Rete testis einmün-
den. Es handelt sich dabei um ein System von untereinander
verbundenen Gängen und abgeflachten Räumen, die von
einem einschichtigen flachen oder kubischen Epithel ausge-
kleidet werden (Abb. 13.18). Im Anschluss an das Rete tcstis
beginnen die eigentlichen Samenwege.

lnte sru· .. ••
Abb. 13.19 Hodenbindegewebe mit einer Gruppe Leydig-
Aufbau Das zwischen den Tubuli scrniniferi gelegene Zellen (1) zwischen den Tubuli seminiferi. Die Zellen sind
Bindegewebe wird interstitielles Gewebe genannt. Die relativ groß, haben ein zartes eosinophiles Zytoplasma
Tubuli werden von einer Schicht aus Myofibroblasten und (viel glattes ER) und einen rundlichen Kern. 2 Myofibroblast;
Fibrozyten umhüllt. Die rhytlunischen Kontraktionen der ~ Spermatogonien; 3 Spermatozyten 1. Ordnung; 4 Sperma-
Myofibroblasten bewegen die Spermien im Lumen der *
tiden; Jlll> Sertoli-Zellen; Lumen. Mensch; Plastikschnitt;
Tubuli seminiferi in Richtung Nebenhoden. Im übrigen Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus [1])

Abb. 13.18 Rete testis.


* Anschnitte durch das irre-
gulär gestaltete Lumen des
Rete testis; 1 Tubuli semini-
feri; 2 Ductulus efferens.
Hoden, Rhesusaffe; Färbung:
H. E.; Vergr. 110-fach.
414 13 Gesc hlec hts organe

c
Abb. 13.20 Reinke-
Kristall.

Ho oro
Petale Leydig-Zellen sind zwischen der 8. und 18. Schwan-
gerschaftswoche hormonell aktiv und bilden Testosteron.
Dies ist entscheidend wichtig ftlr die Entwicklung der männ-
lichen Geschlechtsorgane. 2- 3 Wochen nach der Geburt ist
der Hoden des Neugeborenen noch einmal hormonell aktiv.
Die Hormonbildung geht dann aber bis zur Pubertät stark
zurück. Zu diesem Zeitpunkt wird die Androgenbildung
durch LH wieder aktiviert und kann in individuell unter-
schiedlicher Weise bis ins höhere Alter andauern. 95% des
Testosterons (3-1 0 mg/dl} im Blut entstammen den Ley-
dig-Zcllen, 5% der Nebennierenrinde (ca. 0,5 mg!dl). Es gibt
tageszyklische Schwankungen des Testosteronspiegels, er ist
frülunorgens deutlich höher als nachmittags.
Hoden
Testosteronsynthese Ausgangssubstanz ftlr das Testo-
steron ist - wie bei allen Steraiden - Cholesterin, das aus Abb. 13.21 Hormonelle Regulation der Testosteron-
dem Blut aufgenommen, im Zytoplasma verestert und hier sekretion. C Cholesterin, T Testosteron.
in Lipidtropfen gespeichert wird. Cholesterin kann auch am
glatten ER in den Leydig-Zcllen selbst aus Fettsäuren aufge-
baut werden. Cholesterin wird dann aus den Lipidtropfen tung der Spermatogenese, Aufrechterhaltung der sekre-
durch StAR (akutes steroidogenes Regulationsprotein) zu torischen Fttnktion der Gcschlcchtsdrilsen (Samenblasen
den Mitochondrien transportiert, wo es zu Pregnenolon ttnd Prostata), Stimulation der Libido, männliches Ver-
umgewandelt wird. Diese Substanz wird am glatten ER über halten.
Progesteron zu Testosteron umgebaut.
Regulation LH- und zum Teil auch Prolactin tmd FSH -
Testosterontransport Testosteron wird in den Samen- regulieren die Punktion der Leydig-Zellen: Prolactin re-
kanälchen und Samenwegen an das Androgen bindende guliert die Expression des LH-Rezcptors, LH ist ftlr die
Protein gebunden, das von den Sertoli-Zellen nach Stimula- Testosteronbildtmg verantwortlich. FSH beeinflusst speziell
tion durch FSH gebildet wird. Im Blut ist Testosteron an die Sertoli-Zellen, die ihrerseits parakrin mit den Leydig-
Geschlechtshormon bindendes Globulin (SHBG) und an- Zellen kommtlllizieren und die Testosteronproduktion
dere Proteine gebunden. steigern (Abb. 13.21). Testosteron wirkt seinerseits auf die
Gonadotropinsekretion zurück ttnd reguliert u. a. die Sper-
Wirkung am Zielgewebe Testosteron dringt passiv durch
matogenese und die Differenzierung der Wolf!'-Gänge.
Diffusion in die Zielzellen ein und wird in manchen Ziel-
geweben durch 5• -Reduktase zu Dihydrotestosteron mn-
gewandelt. Sowohl Testosteron als auch Dihydrotestoste- 13.2.2 Samenwege, akzessorische
ron werden an ein intrazelluläres Androgenrezcptorprotein Geschlechtsdrüsen
gebunden, das sowohl im Zytoplasma als auch im Zellkern
lokalisiert ist. Dihydrotestosteron ist für die Entwicklung Die Samenwege beginnen mit dem Nebenhoden tmd setzen
des männlichen Phänotyps verantwortlich und prägt die sich in den Samenleiter fort, der in die Harnröhre mündet.
"männlichen" Verhaltensmuster. Testosteron kann in man- Den Samenwegen sind die sog. akzessorischen Geschlechts-
chen Geweben, z. B. in Fettgewebe, zu Östrogenen aroma- drilsen (Samenblase, Prostata und Cowper-Drüsen) zuge-
tisiert werden. ordnet.

Funktion der Androgene Testosteron und die 2 weniger


~eben ode
potenten Androgene Androstendion tmd Dehydroepian-
drosteron (DHEA) haben folgenden Ftmktionen: Der Nebenhoden (Epididymis) ist ein Speicher für Sperma-
• beim männlichen Embryo und Fetus: Regulation der Dif- tozoen, in dem sie funktionell weiter ausreifen.
ferenzierung der männlichen Geschlechtsorgane, Stimu-
lation von Wachstm11, Entwicklung und Punktion der
männlichen Geschlechtsorgane
Ductuli efferentes
• beim erwachsenen Mann: Stimulation der Ausbildung des Der Anfangsteil des Nebenhodens wird von den 12- 20 Duc-
männlichen Behaarungstyps, Stimulation der Talgdrüsen- tuli efferentes gebildet, die aus dem Rete testis herausführen
sekretion, Induktion des Einsetzens und Aufrechterhal- ttnd in den Nebenhodengang übergehen (Abb. 13.18). Das
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 415

~
Abb. 13.23 Ductulus
efferens.

(Säurestarre). Die hohen Epithelzellen besitzen nicht nur bis


zu 10 Jlm lange schlanke Mikrovilli (Abb. 13.24, Abb. 13.25),
sondern auch einen sehr großen Golgi-Apparat, viele Mito-
chondrien, RER-Zisternen, viele apikale Lysosomen, Phago-
somen, Lipofuszingranula, Endozytosevesikeltmd multivesi-
kuläre Körper. Die hellen Zellkerne enthalten oft kugelige
Einschlüsse unbekannter Punktion. Die kleinen Basalzellen
sind Ersatzzellen. Unter dem Epithel finden sich einzelne
glatte Muskelzellen. Die Spermien werden im Laufe von ca.
10- 14 Tagen durch den Nebenhodengang transportiert.

Merke
• Ductuli efferentes: einseilrichtig kubisches, einschichtig
prismatisches oder mehrreihig prismatisches Epithel,
gewellte Epitheloberfläche mit einzelnen Kinozilien
• Nebenhodengang: zweireihig hochprismatisches Epi-
thel, Stereozilien

Abb. 13.22 Nebenhoden mit Ductuli efferentes (1)


und Nebenhodengang (Ductus epididymidis, 2). Mensch;
Färbung: H. E.; Vergr. 25-fach.

Epithel der Ductuli efferentes ist abwechselnd einschichtig


kubisch, einschichtig prismatisch oder mehrreihig prisma-
tisch. Im Querschnitt ist daher ihr Lumen wellig begrenzt
(Abb. 13.22). In den niedrigeren Epithelabschnitten kom-
men überwiegend Mikrovilli tragende, vermutlich sekreto-
risch und insbesondere resorptiv tätige Zellen vor. Auf den
höheren Epithelabschnitten kommen Zellen vor, die Kinozi-
lien tragen und einen Flüssigkeitsstrom verursachen. Unter
dem Epithel ist ein lockeres Netz glatter Muskelzellen vor-
handen (Abb. 13.23).

Nebenhodengang
Der Nebenhodengang (Ductus epididymidis) ist ca. 6 m lang
und liegt stark aufgeknäuelt im 4- 5 an langen Nebenhoden.
Man findet im Präparat alle möglichen Anschnittsprotile.
Sein Ltunen nimmt von proximal nach distal zu und enthält
oft die noch immobilen Spermien. Das Epithel des Neben-
hodengangs schwankt in der Höhe zwischen 30 und 80 Jlm
tmd ist zweireihig hochprismatisch (kleine Basalzellen und
schlanke hohe ausdifferenzierte Epithelzellen). Die apikalen
Samenwegs-Stereozilien (besonders lange Mikrovilli) der
hochprismatischen Zellen (Abb. 13.24, Abb. 13.25) sind an
den intensiven resorptiven Vorgängen beteiligt (sie nehmen
ca. 90% der im Hoden gebildeten Flüssigkeit auf, in der die
Spermien suspendiert sind). Außerdem sind sie an einer Abb. 13.24 Nebenhodengang im Querschnitt. Das Epithel
Reihe von sekretorischen Prozessen beteiligt. Es wird hier ist zweireihig mit hohen apikalen, zum Teil artifiziell ver-
mithilfe einer Protonenptunpe ein leicht saures Sekret abge- klebten Mikrovilli (Stereozilien). Mensch; Färbung: H. E.;
geben (pH 6,5), das die Spermatozoen unbeweglich macht Vergr. 250-fach.
416 13 Geschlechtsorgane

Ieiter ist ein ca. 30 cm langer und 2,5- 3 mm dicker mus-


kelstarker Schlauch, dessen Wand in Ttmica mucosa tmd
Ttmica muscularis gegliedert ist.

D Epithel Das Epithel der Mukosa verläuft im Präparat oft


Abb. 13.25 Epithelzellen flach gewellt, da die Mukosa infolge Muskelkontraktion
des Nebenhodengangs. längs verlaufende Falten bildet. Das Epithel ist im Prinzip
wie im Nebenhodengang ausgebildet, die Hauptzellen sind
jedoch niedriger, die hohen Schöpfe der Stereozilien sind
nur anfanglieh zu finden. Die Stereozilien werden dann
Samenleiter kürzer tmd spärlicher tmd verschwinden schließlich ganz.
Der Samenleiter (Ductus deferens, Vas deferens, Abb. 13.26) Die Zahl der Basalzellen ist relativ groß.
verbindet Nebenhodengang tmd Harnröhre. Er ist die auf-
fälligste Struktur im Samenstrang (Abb. 13.27), sein End- Lamina propria Im Bindegewebe tmter dem Epithel tre-
abschnitt wird Ductus ejaculatorius genannt. Der Scunen- ten elastische Fasern tmd Kollagenfasern hervor.

Abb. 13.26 Samenleiter.


Charakteristisch ist eine
dicke, in 3 Schichten geglie-
derte Muskularis. Diese ver-
läuft außen steil (1 ), in der
Mittelschicht zirkulär (2) und
innen wieder steil (3), sodass
im Querschnitt eine äußere
Längs-, mittlere Ring- und
innere Längsmuskulatur vor-
liegen. Das Epithel ist zwei-
reihig (4) prismatisch mit
Stereozilien, die gegen Ende
des Samenleiters fehlen. Die
Lichtung (5) ist durch die
Kontraktion der Muskulatur
stemfdrmig eingeengt und
besitzt daher einen grob
zahnradartigen Umriss.
Mensch; Färbung: Azan;
Vergr. 45-fach.

0 oa w

Abb. 13.27 Samenstrang,


.0 Übersichtsvergrößerung.
t'./ 1 Samenleiter; 2 Venen des
">"
, Plexus pampiniformis;
• 3 A. testicularis; 4 V. ductus
deferentis; 5 Fascia sperma-
tica interna; 6 Bündel des
M. cremaster. Mensch;
Färbung: Azan; Vergr. 5-fach.
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 417
Tunica muscularis Der dickste Wandbestandteil ist die
glattmuskuläre Tunica muscularis, die in 3 Schichten unter-
gliedert ist:
• äußere Längsmuskelschicht, in der die Muskelzüge in
steilen, sich überkreuzenden Schraubentouren verlaufen
• mittlere Ringmuskelschicht (flache Schraubenzi.ige)
• innere Längsmuskelschicht mit steilen Schraubentouren.

Die glatten Muskelzellen sind in außerordentlich reichem


Maße mit Noradrenalin sezernierenden Nervenfasern ver-
sorgt.

Adventitia Außen folgt eine Adventitia, in der zahlreiche


Blutgefäße (A. und V. ductus deferentis mit Verzweigun-
gen) und vegetative Nerven vorkommen. Das Zusammen-
wirken von Nerven und Muskulatur spielt eine wesentliche
Rolle fi.ir den Transport der Spermatozoen vom Neben-
hoden in die Urethra während der Einleitungsphase der
Ejakulation (Emission).

Merke Der Samenleiter besitzt eine sehr kräftige Längs-


und Ringmuskulatur in seiner Wand.

Same nrr ':J


Der Samenstrang (Puniculus spermaticus) verbindet Hoden
und Bauchhöhle. Er besitzt Hii.llen, in denen auch der
M. cremaster verläuft. und enthält folgende Strukturen:
Samenleiter (s.o.), A. testicularis, den venösen Plexus pam-
piniformis, A. und Vv. ductus deferentis, Lymphgefäße und
vegetative Nerven. Die A. testicularis ist im Samenstrang
eine relativ dii.nnwandige muskuläre Arterie; sie verläuft ge-
schlängelt und spaltet sich oft in 2 Zweige auf. Die meisten
Abb. 13.28 Schleimhaut (1) der Samenblase mit ihrer
Venen des Samenstrangs bilden den Plexus pampiniformis,
der aus variabel verlaufenden und meistens ungewöhnlich
*
komplexen Faltenstruktur. .,Schleimhautbrücke"; 2 Lumen
(mehrfach angetroffen); 3 Muskularis; 4 Prostata. Mensch;
dickwandigen Venen besteht (Abb. 13.27). Der Samenleiter
Färbung: H. E.; Vergr. 25-fach.
wird von der A. ductus deferentis versorgt, die Vv. ductus
deferentis treten meist in Mehrzahl auf, sind zum Teil relativ
weit und anastomosieren miteinander.

Akzessorische Geschlechtsdrüsen des Mannes


Samenblase c
Jedem Samenleiter ist eine ca. 5 cm lange Samenblase (Vesi- Abb. 13.29 Schleimhaut-
cula seminalis = Bläschendrlise, Gl. vesiculosa) zugeordnet. falten der Samenblase.
Sie enthält einen ca. 15 cm langen, gewundenen weiten
Gang. Die Oberfläche der T uniC<l mucosa bildet ein kompli-
ziertes Relief (Abb. 13.28, Abb. 13.29) mit Drii.senkammern,
die durch schmale, sich verzweigende Wände getrennt sind.
Solche Trennwände können im Präparat über schmale
"Schleirnhautbrücken" verbunden sein. Das sekretorisch ak-
tive Oberflächenepithel ist einschichtig prismatisch oder c
zweireihig prismatisch. Im Zytoplasma treten Sekretgranula Abb. 13.30 Epithel der
und Lipofuszinkörnchen auf(Abb. 13.30). Selten finden sich Samenblase.
einzelne Kinozilien.
Die Sekretion erfolgt per Exozytose und mittels apokriner
Mechanismen und wird vom männlichen Geschlechtshor-
Prostata
mon Testosteron reguliert. Das leicht alkalische visköse Se-
kret enthält u. a. Proteine und Fructose als Nährstoffe ftir die Lage Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist ein unpaares Drü-
Spermatozoen und macht ca. 60-80~ des Ejakulats aus. Im senorgan unterhalb der Harnblase, mit der sie verwachsen
Alter sind die Drii.sen verkleinert, und das Epithel ist abge- ist, und hat die Form und Größe einer Kastanie. Durch sie
flacht. Außen enthält die Wand viele glatte Muskelzellen hindurch läuft der Anfangsteil der Urethra (Pars prostatica
und elastische Fasern. urethrae, Abb. 13.31). Von hinten oben dringen die Ductus
418 13 Geschlechtsorgane

a b c
Außenansicht, Frontalschnitt, Sagittalschnitt Horizontalschnitt,
dorsal der Urethra folgend auf Höhe des
Utriculus prostaticus
.11
a/
b
- -;,-- 7
/i" V /
A = Außenzone U =Urethra
I I = Innenzone C = Colliculus seminalis Abb. 13.31 Gliederung
' M = pariurethrale Mantelzone D = Ductus ejaculatorius der Prostata. (Aus (3))
V

ejaculatorii (die terminalen Samenleiter) in die Prostata ein.


Sie kann bei der klinischen Untersuchung vom Rektm11 aus
getastet werden.

Aufbau Die Drüse besteht aus 40-50 tubuloalveolären


Einzeldrüsen, die über 15-30 Ausfi.ilirungsgänge am Sa-
menhügel (Colliculus seminalis) in den Sinus prostaticus
der Urethra ausmünden. Der Sinus prostaticus ist eine Er-
weitenmg der Urethra im Innem der Prostata. Die Urethra
macht hier einen leichten Knick nach ventralund wird da-
durch in einen proximalen ttnd einen distalen Teil geglie-
dert (Abb. 13.31). Auch die Endabschnitte der Samenleiter
dringen in die Prostata ein und haben ihre Ausmi.indung
auf dem Colliculus seminalis. Das recht kompakte Gewebe
der Drüse wird oft in 3 Zonen gegliedert (Abb.l3.31):
• eine schmale periurethrale Mantelzone um die Harn-
röhre henm1, die der Mukosa der Urethra entspricht, nur
im proximalen Bereich der prostatischen Urethra

Abb. 13.32 Prostata, Übersicht Die Drüsenschläuche Abb. 13.33 Prostata. Die Epithelhöhe des Drüsenepithels
dieser tubuloalveolären Drüse sind unterschiedlich weit variiert in Abhängigkeit vom AndrogenspiegeL Sie ist
Ihre Wand bildet vielgestaltige Falten, zum Teil finden sich hier i. A. hochprismatisch und zum Teil mehrreihig. Im
"Prostatasteine" (~) im Lumen. Zwischen den Drüsenschläu- Stroma liegen viele glatte Muskelzellen, die quer und längs
chen finden sich unterschiedlich weite Bindegewebsstraßen getroffen sind. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 100-fach.
mit Zügen glatter Muskelzellen, Kollagen- und elastischen (Aus (1))
Fasern. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 40-fach. (Aus (1))
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 419
• eine lnnenzone, die die terminalen Samenleiter ein- • eine Außenzone, die umfangreich ist lmd die anderen
schließt und einen mittleren Bereich der Drüse einnimmt, Zonen umgreift.
reicht trichterfcirmig von kranial bis zum Colliculus semi-
nalis

,
• •'
'!'"'..
,. ... • ..
-.' .• ' -...
,.. .. . ...
t:t
• '
,I "
'
......r>.".,-·
• • '

.,.
;.;, _,. .
_


1:.
·l.·
, .."- ~

..

Abb. 13.34 Prostataepithel und subepitheliales Stroma in einer EM-Aufnahme. Im Epithel finden sich vielfach Sekretions-
granula (1) und zum Teil apokrine apikale Sekretionsfiguren (2), im Stroma glatte Muskulatur (3) und Ko llagenfibrillen (4).
Mensch; Vergr. 3870-fach.
420 13 Geschlechtsorgane

Drüsen Drüsenendstücke und Drüsengänge sind in der Jen sind auf molekularer Ebene u. a. durch Expression des
ganzen Prostata sehr ähnlich gebaut. Die tubuloalveolären Androgenrezeptors gekennzeichnet. Die Stammzellen cx-
Einzeldrüsen verlaufen geschlängelt und besitzen ein zu- primieren u. a. das antiapoptotische Protein bcl2. Prostata-
meist zweireihiges prismatisches Epithel (Abb. 13..32, Abb. steine (Abb. 13.32) finden sich gelegentlich im Drüsen-
13.33). In der Innenzone sind die Endstücke oft relativ eng ltunen als kleine eosinophile Körper mit konzentrischer
und das Epithel bildet oft Auffalttmgen. In der Außenzone Schichtungsstruktur. Sie bestehen aus eingedicktem Drü-
sind die Endstiicke i. A. relativ weit und das Epithel verläuft sensekret
überwiegend glatt. Die perittrethralen Drüsen sind klein
und besitzen oft winzige Endstücke. Stroma Das Bindegewebsgerüst mit vielen glatten Mus-
kelzellen (Abb. 13.36, Abb. 13.37, Abb. 13.38) kommt in al-
Epithel der Drüsen Die Epithelhöhe ist vom Aktivitäts- len Zonen der Prostata vor. Aufgrund dieses sehr typischen
zustand abhängig, in aktiven Drüsen bildet das prismati- hohen Gehalts an glatter Muskulatur im Stroma ist die Pro-
sche Epithel meistens unregelmäßige Falten (Abb. 13.33), in stata relativ fest.
wenig aktiven Drüsen kann das Epithel kubisch oder sogar
flach sein. In den hellen Epithelzellen liegen die Kerne in Prostatasekret Das Sekret der Prostata macht 15 -30~
unterschiedlicher Höhe, apikal kommen Sckretgranula vor des Ejakulats aus und enthält z. B. Zitronensäure, Prosta-
(Abb. 13.34). Einzelne Sekretkomponenten werden auch glandine, saure Phosphatase, Proteasen, das Polyamin Sper-
mittels apokriner Sekretion freigesetzt (Abb. 13.35). Im min, Immunglobuline tmd Zink. Unter den Proteasen spielt
Epithel finden sich basal gelegene Stammzellen, von denen eine Serinprotease, das prostataspezifische Antigen (PSA,
die Epithelerneuerung ausgeht. Außerdem treten im Epi· Abb. 13.39), in der Diagnostik von Prostatakrankheiten
thel endokrine Einzelzellen auf, die ganz überwiegend Sero- eine wichtige Rolle. Physiologischerweise dienen diese Pro-
tonin bilden. Diese Zellen sind wahrscheinlich in der Lage, teasen der Vcrflüssigtmg des Prostatasekrets. Bei der Attf·
sowohl Reize aufzunehmen als auch effektarisch aktiv zu klärungvon Sexualverbrechen haben eingetrocknete Sper-
sein. Vermutlich hat das Serotonin kontrahierende Wir- minkristalle eine rechtsmedizinische Bedeuttmg.
kung auf die glatte Muskulatur der Prostata. Die Epithelzel-

D
Abb. 13.35 Apex sekreto- a
risch aktiver Epithelzellen Abb. 13.36 Stroma der
der Prostata. Prostata.

Abb. 13.3 7 Stroma der Prostata mit reich entwickelten Abb. 13.38 Aktinnachweis im Stroma der Prostata.
glatten Muskelzellen im Bindegewebe. L Drüsenlumen. Immunhistochemischer Nachweis glattmuskulären Aktins
Mensch; Färbung: H. E., Vergr. 250-fach. (Braunfärbung); die zahlreichen glatten Muskelzellen im
Bindegewebe lassen sich auf diese Weise überzeugend nach·
weisen. L Drüsenlumen. Mensch; Vergr. 250-fach.
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 421
Regulation Sowohl Drüsenepithel als auch das muskel- spongiosa urethrae ein. Es handelt sich ttm eine Schleim bil-
zellreiche bindegewebige Stroma (Abb. 13.36) sind hor- dende, tubulöse Drüse, die bei sexueller Erregttng ein klares,
monsensitiv, ihre Aktivität ttnd ihr Wachstttm sind abhän- muzinhaltiges Sekret abgibt. Das Sekret ist schwach alka-
gig von endogenen Geschlechtshormonen. Es herrscht ein lisch. Es neutralisiert die Harnreste in der Harnröhre und
enges Zusammenspiel zwischen Epithel- ttnd Stromazellen bereitet die Harnröhre fli.r die Passage des Spermas vor.
in der Prostata. Beide besitzen Androgen -(Iestosteron-)Re-
zeptoren, aber nur die Stromazellen besitzen 5a-Reduktase, Merke Die akzessorischen Geschlechtsdrüsen stehen un-
mit deren Hilfe das aktive Dihydrotestosteron (DHT) ent- ter dem Einfluss des Testosterons ttnd bilden die Samen-
steht. tliissigkei t.

Klinik Mit zunehmendem Alter erkranken Männer oft an


gutartiger knotenfOrmiger Vergrößerung der Prostata (Pro- 13.2 3 Pet11
stataadenom). Die Knoten sind durch besonders reich ent-
Gemeinsam mit dem Skrotum gehört der Penis zu den
wickeltes Drüsen - und Bindegewebe in der Innenzone ge-
kennzeichnet (gutartige knotige Hyperplasie der Prostata). äuHeren Geschlechtsorganen. Der Penis (männliches Glied)
ist das männliche Begattungsorg-an. Ein spezielles erektiles
Hauptsymptom ist die Abflussstörttng des Harns aus der
Harnblase. Ursächlich sind an dieser Erkrankung vermut- Schwellkörpergewebc, das in Form der 2 Penisschwell-
körper (Corpora cavernosa) vorliegt, dient seiner repro-
lich sowohl Androgene als auch Östrogene b eteiligt. Män-
duktionsbiologischen Punktion. Der unpaare Harnröhren-
ner, die vor der Pubertät kastriert wurden, entwickeln weder
eine gutartige Hyperplasie noch ein Karzinom der Prostata, schwellkörper (Corpus spongiosLrrn) hat dagegen keine
erektile Punktion. Die Harnröhre ist ebenfalls ein Teil des
was darauf hindeutet, dass Androgenen eine besondere Be-
Penis (Abb. 13.40).
deutung bei der EntstehLtng dieser Krankheiten zukommt.
Das Prostatakarzinom entwickelt sich bevorzugt in der
AuHenzone des Drüsengewebes, das sonst im Alter atro- Haut
phiert. Es ist ein häufiger bösartiger Tumor des älteren
Manns. Möglicherweise sind altcrsbedingte V eränderttngen Die Haut des Penis ist dünn, fettzcllfrei, verschieblieh und
im Verhältnis der Steroidhonnone zueinander (Abnahme reich an sensorischen Nerven ttnd Sinnesstrukturen. Bemer-
von Testosteron ttnd relative Zunahme von Östrogen) flir kenswert ist das Vorkommen glatter Muskulatur in der
die Entstehung dieses Karzinoms mitverantwortlich, auch Haut des Penisschafts mit äußeren, zirkulär angeordneten
genetische Paktoren und, recht spekulativ, Umwelteinflüsse und inneren, längs verlaufenden Muskelzellen. Glans penis
kommen in frage. Der PSi\-Wert ist beim Prostatakarzinom und Innenseite des Präputiums (Vorhaut) sind von unver-
erhöht. Karzinomverdächtig sind Werte> 4,7 nglml horntem mehrschichtigem Plattenepithel bedeckt. An der
Innenseite des PräputittnlS treten die Präputialdrüsen, spezi-
elle Talgdrüsen, auf, die zusammen mit abschilfernden Epi-
Cowper-Drüsen thelzellen der Eicheloberfläche an der BildLmg des Smegmas
(weißlich gelbe talgige Masse) beteiligt sind. Das subepithe-
Die paarigen kleinen Cowper-Drüsen (BulbOLrrethraldrü-
liale Bindegewebe der Innenseite des Präputiums ist g-ut
sen, Gll. bulboLrrethrales) liegen dorsal der Pars membra-
dLrrchblutet; es enthält, ebenso wie das Epithel, zahlreiche
nacea der Urethra an und münden über einen mehrere
Langerhans-Zellen.
Zentimeter langen Gang in den Anfangsbereich der Pars

Sch etlkö ·pe d .5 P 's


Die paarigen Corpora cavernosa nehmen ungefahr die dor-
salen zwei Drittel des Penisschafts ein. Zwischen ihnen be-
findet sich das unvollständige Septum penis. Dorsalliegen
Aa., Vv. Ltnd Nn. dorsales penis. Die Aa. profttndae penis
verlaufen in den Corpora cavernosa. Ventral der Corpora
cavernosa liegt das Corpus spongiosum mit der Urethra.
Das Corpus spongiosum erweitert sich vorn in der Glans pe-
nis Lmd bildet deren gcwebliche Grundlage. Die Corpora ca-
vernosa Ltnd das Corpus spongioswn sind jeweils von einer
kollagenfaserigen Tunica albuginea wngeben, die im Fall
des Corpus cavernoswn sehr kräftig, im Pali des Corpus
spongioswn dagegen relativ dünn ist. Alle 3 Schwellkörper
werden von der kollagenfaserigen Fasda penis urnhiillt.

Corpus cavemosum
Das Corpus cavernoswn ist ein schwammähnliches System
aus dicht gelagerten ttnd anastomosicrenden Bluträttmen
Abb. 13.39 PSA-Nachweis. Immunhistochemischer Nach- (Kavernen, Abb. 13.41 ), in die arterielles Blut iiber die Ran-
weis (Braunfärbung) des prostataspezifischen Antigens (PSA) kenarterien (Aa. helidnac, Aste der J\. profLmda penis) hin-
in der Prostata eines älteren Mannes. Gegenfärbung der einflieHt ttnd aus denen V cnen, die die TLmica albuginea
Kerne mit Hämalaun. Vergr. 110-fach. dmchbrechen, das Blut abfi.Lhren (Abb. 13.41).
422 13 Geschlechtsorgane

A. dorsalis penis

Septum penis

Tunica albuginea

Corpus c.:'lvernosum penis

Fascia penis

--- Epidermis

Epithel der Harnröhre

Abb. 13.40 Penisquerschnitt. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 4-fach. (Aus (1))

Arterien Die paarige A. profunda penis verläuft jeweils


medial im Corpus cavernosmn (Abb. 13.40). Die von ihr
abzweigenden, reich parasympathisch innervierten Aa. he-
lidnae weisen terminal Intimapolster mit glatter Muskula-
tur auf, die im erschlafften Penis verschlossen sind (nur
einzelne dieser Arterien bilden zur Ernährung des Schwell-
körpergewebes Kapillaren aus). Die Aa. helicinae besitzen
Klappen. Die glatten Muskelzellen der Intimapolster sind
groß und werden, wie in arteriovenösen Anastomosen,
auch epitheloide Muskelzellen genannt

Kavernen und Trabekel Die Kavernen sind von einem


Endothel ausgekleidet und durch sog. Trabekel (Abb. 13.41)
voneinander getrennt Die Trabekel enthalten Bündel glat-
ter Muskulatur. Im erschlafften Penis bilden die Kavernen
schmale SpalträLUUe, im erigierten Zustand haben sich die
Intimapolster der Rankenarterien unter dem Einfluss eroti-
scher Reize geöffnet, und die Kavernen sind prall mit Blut
gefiillt. Die Kontraktion der Trabekelmuskulatur trägt zur
Verfestigung bei. Die abführenden Venen werden kompri-
miert. Bei der Öfl"nung und Erweiterung der Rankenarte-
rien im Rahmen der Erektion spielen Parasympathikus und
Stickstofrmonoxid (NO) eine wesentliche Rolle.
Das komplexe Blutgefäßsystem des Penis verfiigt zusätz-
lich über arteriovenöse Anastomosen zwischen den Aa. pro-
ftmdae penisund abführenden Venen.

Corpus spongiosum
Das Corpus spongiosum ist im Prinzip ein dichtes Venenge-
flecht in der Wand der Urethra (Abb. 13.42), wie es auch in
der Wand der weiblichen Urethra vorkommt. Dieses venöse
Abb. 13.41 Corpus cavernosum. 1 Kavernen; 2 Trabekel; Geflecht findet sich auch im vordersten Anteil des Corpus
3 Tunica albuginea. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach. spongiostun, in der Eichel. Im Bulbus penis, also an der
13.2 Männliche Geschlechtsorgane 423

Wurzel des Penis, kommen auch größere Kavernen vor. Die


Merke
Wand der Plexusvenen weist von glatter Muskulatur aufge-
• Corpus spongiostun: tungibt die Urethra und ent-
baute dicke Polster auf, die überwiegend längs verlaufen
spricht einem dichten venösen Netzwerk
(Abb. 13.43). Auch im Bindegewebe zwischen diesen Venen
• Corpora cavernosa: Schwellkörper, welche die Voraus-
treten feine Züge glatter Muskulatur auf, die vielfach an die
setzung für die Erektion sind.
Muskelwand der Venen herantreten, sowie kleine Ranken-
arterien, die den Venen Blut zufiihren. Im Gegensatz zu den
Kavernen der Corpora cavernosa wird der Venenplexus des
Corpus spongiostun auch im erschlafften Penis gut durch-
Harnröhre
blutet. Während der Erektion erhöht sich der Druck im Die Harnröhre (Urethra) bildet im Präparat einen quer ste-
Corpus spongiostun jedoch nicht so stark, dass die Urethra henden Spalt (Abb. 13.42). Sie wird von prismatischem
fest verschlossen würde, so wird die Ejakulation der Sper- mehrschichtigem Epithel ausgekleidet (Kap. 12.2.4). In die
mien nicht blockiert. Urethra münden flache Schleim bildende, endoepithcliale
Drüsen tmd lange sog. Littre-Drüsen (Urethraldrüsen) ein,
deren Sekret das Urethralepithel vor dem Harn schützt.

Abb. 13.42 Corpus spongiosum (*) beim Mann. Abb. 13.43 Plexusvenen (1) des Corpus spongiosum
Anschnitte durch Urethra (1) und Gefäße des Corpus spon- (Frau). Die Wand ist unterschiedlich dick mit wechselndem
giosum mit unterschiedlicher Wanddicke. -+ endoepitheliale Verlauf der glatten Muskulatur. 2 typische Wülste (wie bei
Urethraldrüsen. Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach. Drosselvenen) mit längs vertaufender Muskulatur. Färbung:
H. E.; Vergr. 120-fach.
424 13 Gesc hle chts organe

13.3 Weibliche Geschlechtsorgane


<i
Zu den inneren Geschlechtsorganen der Frau zählen: Ovar Der Uterus besteht aus Corpus und Ce.rvix uteri. Die
(Eierstock), Tuba uterina (Eileiter), Utems (Gebärmutter), Wand des Corpus uteri gliedert sich in Endometrium
Vagina (Scheide). Das Ovar ist von Peritonealepithel be- (Schleimhaut, innen), Myometrium (besteht aus glatten
deckt und besitzt ein Grundgeriist aus spinazellulärem Bin- Muskelzcllen, bildet den dicken mittleren Teil der Wand)
degewebe. In der Rinde des Ovars befinden sich die Ovari- und Perimetrium (außen, Bindegewebsscrucht, die von
alfollikel, die jeweils aus der Eizelle und den ihr funktionell Peritonealepithel bedeckt ist). Die Schleimhaut besteht aus
eng verbundenen Follikelepithelzellen bestehen. Nach der Oberflächenepithel, tubulären Drüsen und einem ganz
Pubertät kommt es monatszyklisch zur Ausbildung ver- spezifischen Bindegewebsstroma. Das Endometrium ist in
schiedener Entwicklungsstadien dieses Follikels. Man un- Stratum basale und Stratum functionale gegliedert. Letz-
terscheidet Primordialfollikel, Primärfollikel, Sekundärfol- teres durchläuft nach der Menarche monatszyklische Ver-
likel, Tertiärfollikel, Gelb körper und atretische Follikel. Der änderungen, deren auffilligstes Symptom die allmonat-
größte Tertiärfollikel, der in der Mitte des Monatszyklus liche Abstoßtmg der Ftmctionalis ist (Monatsblutung,
zur Ovulation gelangt, ist der Graaf-Follikel. In der Umge- Menses). Die Cervix uteri ist von einem e.inscruchtigen
bung der Tertiärfollikel befindet sich die Theca folliculi mit prismatischen, Schleim bildenden Epithel ausgekleidet,
Theca intcrna und 1l1Cca externa. Die 1l1eca interna bildet dasrunäußeren Muttermtmd in das mehrscruchtig unver-
im Zusammenspiel mi t dem Epithel der Tertiärfollikel homte Plattenepithel der Vagina Ubergeht. Der Schleim
Östrogene; der Gelbkörper bildet Progesteron. der Cervix verändert seine Konsistenz monatszyklisch.
Die Tuba uterina ist ein glattmuskulärer Schlauch mit Auch das Plattenepithel der Vagina zeigt monatlich zyto-
speziellem Ilimmerepithel. logische Veränderungen, die diagnostisch verwertbar sind.

Das weibliche Reproduktionssystem umfasst innere (Ovar differenzieren als auch die weiblichen Geschlechtshormone
[Eierstock], Tuba uterina [Eileiter], Uterus [Gebärmutter], gebildet werden.
Vagina [Scheide]) tmd äußere (Vulva [Sch eidenvorhofl,
Klitoris, Labia pudendi [Schamlippen ], Gll. Vestibulares
[Vorhofdrüsen]) Geschlechtsorgane. Im weiteren Sinn wird
AllgefllE'. -
auch die weibliche Brust zu den Geschlechtsorganen gerech- Das paarig angelegte, ca. gut 3 cm lange tmd 0,5- 1 cm dicke
net (Kap. 15). Ovar liegt intraperitoneal und ist an Mesovar und Bändern
befestigt. Das Organ ist in eine zelldichte Rinde tmd ein
locker gebautes Mark gegliedert.
13.3.1 Reproduktionsbiologische
Ent ·c ' · Rinde An seiner Oberfläche wird das Ovar von flachem
bis kubischem und zum Teil sogar prismatischem Perito-
Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane ist erst nealepithel, das auch, nicht zutreffenderweise, Keimepithel
in der Pubertät (im Alter von ungefähr 13 Jalmn) abge- genarmt wird, bedeckt. Dieses Epithel kann Krypten und
schlossen. Zysten bilden, von ihm kann das Ovarialkarzinom ausge-
Folgende Begriffe sind in der Entwicklung der Ge- hen. Unter dem Epithel befindet sich eine dichte Binde-
schlechtsorgane eines Mädchens von klinischer Wichtigkeit: gewebsschlcht, die Tunica alb uglnea. In das sehr zellreiche
• Menarche: erste Monatsblutung Bindegewebe (spinozelluläres Bin d egewebe, Kap. 3.2.9)
• 1l1elarche: Entwicklung der weiblichen Brust der Rinde sind die Ovarialfollikel (Eifollikel) eingelagert,
• Pubarche: Entwicklung der Schamhaare. die verscruedene Differenzierungsformen unterscheiden
lassen: Primordialfollikel, PrimärfolHkel, Sekundärfollikel,
Zwischen Beginn der Brustentwicklung und der Menarche Tertiärfollikel, Gelbkörper und atretische Follikel. Diese
liegen i. A. 2-3 Jahre. Der Zeitpunkt der Menarche ist varia- verschiedenen Follikelformen spiegeln die Entwicklung
belund hängt von verschiedenen, auch sozioökonomischen tmd Ausreifung der Eizellen (Oogenese) wider.
Faktoren ab, er liegt in der westlichen Welt derzeit bei
12 -13 Jahren. Nach der Menarche finden die ersten Mo- Mark Das Mark des Ovars besteht aus lockerem Binde-
natsbluttmgen (Menses) ofl. noch tmregelmäßig statt. gewebe tmd zahlreichen Blut- und Lymphgefäßen. Die
Während des gesrunten reproduktiven Lebensabschnitts Blutgefäße verlaufen stark geschlängelt. Die Wand der Ar-
kommt es zu sich ständig wiederholenden, ca. 28 Tage dau- terien ist bei älteren Frauen ofl. umgewandelt tmd enthält
ernden Menstruations-(Monats- = Sexual-)Zyklen, die im homogenes eosinophlles Material.
Alter von ungefähr 50 Jahren aufhören. Die letzte Menstrua-
tionsbluttmg markiert die Menopause. Der Zeitratun vor
der Menopause mit zum Teil schon tmregelmäßigen Blu-
Oogenese u
tungen heißt Klimakterium. Der Zeitraum nach der Meno- Oogonien Die ersten Eizellen - Oogonien ("Urkeimzel-
pause wird Postmenopause genannt. len") - entstehen schon in der 3. Schwangerschafl.swoche
im entodermalen DottersackepitheL Sie wandern in die Ge-
1J.J.2 ·-· nitalleiste, bilden ruer zunächst Stränge und Ballen, werden
von Follikelzcllen, die sich vom Peritonealepithel (Zölom-
Die Ovarien sind die weiblichen Keimdriisen, in denen sich epithel) herleiten, wngeben und vermehren sich ruer mito-
sowohl die weiblichen Kei nu.cllen (Eizellen) vermehren und tisch.
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 42 5

Oozyten Zwischen 10. und 11. Woche beginnen Oogo-


Tab. 13.1 Oogenese.
nien sich im Zuge der beginnenden Meiose zu primären
Oozyten(= Oozyten 1. Ordnung) zu entwickeln. Zwischen Entwicklungsstadium der Vortcommen
5. und 6. Monat haben sich in beiden Ovarien durch die in-
Eizelle
tensive Vermehrung der Oogonien ca. 6 Millionen dieser
primären Oozyten gebildet. Danach geht ihre Zahl durch Oogonien (diploid) Dottersack, frühe Gonaden-
Atresie zurück. Bei der Geburt existieren ca. 1 Million Ei- anlage
zellen, bei der Menarche ca. 400000. Die einzelnen Eizellen
sind immer von Follikelzellen umhüllt. Oozyten 1. Ordnung (Dik- Primordialfollikel, Primärfol-
tyotän der 1. Reifeteilung) likel, typische Tertiärfollikel
Meiose Nach Beendigung der Proliferation der Oogonien,
Ende der 1. Reifeteilung, Graaf-Follikel vor Ovulation,
die sich über die meiste vorgeburtliche Zeit hinzieht, begin-
Oozyten 2. Ordnung + Oozyte 2. Ordnung "springt"
nen die Oogonien mit der Verdoppehmg der DNA, womit
1. Polkörperehen in die Tube
die Meiose einsetzt. Die Zellen sind jetzt Oozyten 1. Ord-
nung. Die Meiose schreitet aber nur bis zum Diktyotän- Ende der 2. Reifeteilung in
stadium in der Prophase der I. Reifeteilung fort und ver- der Tube erst bei Befruch·
harrt in diesem Stadituu viele Jahre, zum Teil Jahrzehnte, tung in der Tube. Eine Diffe-
bis zum Zeitpunkt der Ovulation (Tab . 13.1). Das Diktyo- renzierungsphase entspre·
tän ist ein spezielles Ruhestadium der Eizellen, das mög- chend der Spermiogenese
licherweise durch einen Paktor der Pollikelzellen aufrecht- gibt es nicht. 2. Polkörper·
erhalten wird. chen
Primordialfollike l Ab dem 5. Monat des Fetallebens be-
findet sich eine Oozyte 1. Ordnung in einem Primordialfol-
likel. Dieser besteht aus der Oozyte (im Zustand des Diktyo- Ovulation Bei der Ovulation (16-23 Stunden nach dem
täns der ersten Reifeteilung) tmd einer einfachen Schicht LH-Peak) platzt (rupturiert) die Pollikelwand. Die Eizelle
von flachen Follikelzcllen. Der Primordialfollikel ist, wie verlässt zusammen mit den unmittelbar tungebenden Gra-
auch alle anderen Stadien der späteren Follikelentwicklung, nulosazellen (der Corona radiata) den Follikel und das
durch eine Basallamina vom Stroma des Ovars abgegrenzt. Ovar und tritt in die Tuba uterina über. Schon während der
Ovulation beginnt die 2. Reifeteilung, die aber bei der Me-
Weitere Follikelentwicklung Erst ab der Pubertät entwi- taphase anhält und nur nach Befruchtung der Eizelle durch
ckeln sich die Ovarialfollikel weiter. Sie wachsen zunächst ein Spermium beendet wird. Auch diese Teilung produziert
unabhängig von Gonadotropinen (FSH tmd LH), ab dem 2 ungleich große Zellen, wieder entsteht eine zytoplasma-
Stadium des Tertiärfollikels aber in Abhängigkeit v. a. von reiche Zelle, Ovwn genannt, und ein kleiner Polkörper
FSH, das seinerseits vom hypothalamisehen GnRH gesteu- (2. Polkörper), der rasch abstirbt. Ohne Befruchtung geht
ert wird: Zu Beginn jedes Monatszyklus werden aus dem die Eizelle spätestens nach 12-24 Stunden zugrunde. Der
Pool der Primordialfollikel einige rekrutiert, die zu Primär - ovulierte Follikel entwickelt sieb ztun Gelbkörper weiter.
und Sekun därfollikeln heranwachsen. Die Ursachen ftir Dieser geht nach 14 ± 2 Tagen zugrtmde tmd wird durch
diese Rekrutierung und das anschließende Wachstum sind Narbengewebe (Corpus albicans) ersetzt. Im Fall einer
noch nicht in allen Details bekannt. Wahrscheinlich spielen Schwangerschaft bleibt das Corp us luteum erhalten und
para- tmd autokein sezernierte Hormone (Steroide) und entwickelt sich zwn Corpus luteum graviditatis weiter.
Zytokine eine Rolle. Sobald sich im Verband der Follikel-
zellen ein llüssigkeitsgeftillter Raum, das Antrum folliculi, DNA Die Chromosomensät7-C und der DNA-Gehalt der
gebildet hat, heißen die Follikel TertiärfollikeL Ab dem 6.- verschiedenen Eizcllstadien entsprechen denen der Sper-
8. Tag des Monatszyklus wird einer dieser Tertiärfollikel matozyten:
dominant. Dieser Prozess ist durch beschleunigte Vermeh- • primäre Oozyte vor der 1. Reifeteilung (Oozyte 1):
rung der Granulosazellen und deutliche Vergrößerung des 44 Autosomen und 2 Gonosomen (44XX), diploid, aber
Antrtuns gekennzeichnet. Der dominante Follikel besitzt 2 Chromatiden pro Chromosom, d. h. verdoppelte DNA
die meisten PSH-Rezcptoren tmd wächst unter PSH -Stimu- • sektmdäre Oozyte (Oozyte II): 22 Autosomen tmd 1 Gono-
lation besonders schnell, sein Antnuu vergrößert sich auf som (22X), haploid, aber 2 Chromatiden pro Chromosom
einen Durchmesser von ca. 15 - 25 mm, er liegt direkt an • Ovtun: 22 Autosomen, 1 Gonosorn (2~'(). haploid, nur
der Oberfläche des Ovars tmd wölbt sich nach außen vor. 1 Chromatide
Dieser Follikel wird Graaf-Follikel genannt. Nur er kommt • befntchtete Oozyte: 44 Autosomen und 2 Gonosomen
zur Ovulation, die anderen rekrutierten Follikel gehen (44XX oder 44XY), wieder diploid.
durch Atresie zugrtmde. Kurz vor der Ovulation beendet
die Eizelle des dominanten Follikels die 1. Reifeteiltmg. Es
entstehen zwei ungleich große Zellen: a) eine Oozyte Ovarialhor""''"
2. Ordnung (Tab. 13.1), die groß ist tmd fast das ganze Zy- Stero;dhormone
toplasma der Oozyte I. Ordnung erhält, und b) der erste
Polkörper, eine kleine, reduzierte Eizelle, die oft zugrunde Die Steroidhonnone des Ovars leiten sich wie alle anderen
geht, sich aber auch noch einmal teilen kann. Das Chromo- Steroidhonnone vom Cholesterin ab. Das Ovar kann Cho-
somenmaterial wird bei diesem Teilungsschritt gleichmäßig lesterin sowohl selbst bilden als auch aus dem Blut aufneh-
auf die große Oozyte 2. Ordnung und den ersten Polkörper men und darm weiterverarbeiten. Die 1hecazcllen bilden vor
verteilt. allem die Androgene Androstendion tmd Testosteron, die
426 13 Geschlechtsorga ne

Granulosazcllen die Östrogene Ostradial und Ostron. Beide folgt- außerhalb des Ovars- vor allem im Fettgewebe. Nur
Östrogene entstehen durch Aromatisierung der genannten Testosteron und Dihydrotestosteron sind echte Androgene,
Androgene, Ostradial aus Testosteron, Östron aus Andro- die bei einer Frau virilisierend (vem1ännlichend) wirken.
stendion. Östron wird l'tberwiegend in Ostradial umgewan-
delt. Das Corpus luteum bildet Progesteron.
Die ersten Schritte der Steroidbildung werden von LH
Andere Hormone
reguliert. LH steuert insbesondere den Transport des Cho- Inhibin Johlbin wird in 2 Formen (lnhibin A ttnd B) vom
lesterins in die Mitochondrien durch das steroidogene akut Follikel gebildet ttnd hemmt die Freisettttng von FSH. Die
regulatorische Protein (StAR). Weiterhin steuert LH die 2lnhibine haben keineswegs identische Pttnktion.
Umwandlung des Cholesterins zu Pregnenolon. Die Arorna-
tisierung der Androgene (Testosteron und Androstendion) Aktivin Aktivin wird auch vom Follikel gebildet, stimu-
zu Ostrageneo reguliert FSH. LH stimuliert also den Sub- liert die FSH-Bildung und kann die ovarielle Steroidsynthe-
stratfluss und die Bildung von Androgenen und Progeste- se beeinflussen. Follistatin bindet Aktivin und kann seine
ron, ohne die Anwesenheit von FSH zu benötigen. Die Wir- Wirkung beeinträchtigen.
kung des FSH wird aber behindert, wenn LH fehlt, weil dann
nicht genug Substrat für die Östrogenbildtmg vorliegt. Weitere Hormone Das Ovar bildet weitere Hormone,
z. B. Relaxin, Oxytocin, Vasopressin, Follikel-regulatorisches
Östrogene Das wichtigste Östrogen ist das OstradiaL Protein (FRP), Oozytenreifttngshemmer (OMI), meiose-
Östrogene fördern die Entwicklung der sekundären Ge- induzierende Substanz (MIS), Wachstumsfaktoren (z.B.
schlechtsmerkmale der Frau, fördern das Uteruswachstum, "insulin-like growth factor"), deren vermutete Funktionen
die Verdicktmg der Vaginalschleimhaut, Verflüssigung des sich ztun Teil ans den Namen ergeben nnd über die zum
Zervixschleirns, die Entwicklung der Brust und Brustdrüse. Teil noch wenig Spezifisches bekannt ist.
Sie helfen kardiavaskuläre Erkrankungen zu verhindern.
Die Ostrogenrezeptoren befinden sich im Zytoplasma; sie Follikelstadien
ttnterscheiden sich in molekular-funktioneller Hinsicht in
den einzelnen Organen. Differenzierungskriterie n Die Reifung eines Follikels
(Abb.l3.44, Tab. 13.2) kennzeichnet die erste Hälfte des
Progestero n Dieses Hormon dominiert die 2. Zyklus- Menstruationszyklus, die daher auch Pollikelphase (folliku-
hälfte. Es bereitet den Uterus flir die Implantation einer be- läre Phase) genannt wird. Der histologische Unterschied
fruchteten Eizelle vor. Es fördert die Sekretion der Uterus- zwischen Primordial- und Primärfollikeln ist quantitativ:
drüsen, induziert die Dcziduareaktion des Endometriurns Im Primordialfollikel ist das Epithel flach, im Primärfollikel
und hemmt Uteruskontraktionen. Progesteron erhöht die ist das Epithel kubisch, und der primäre Oozyt ist größer
Viskosität des Zervixschleims, verstärkt die Drusenentwick- (Abb.l3.45, Abb. 13.46, Abb. 13.47). Bei den Primordialfol-
lung der Brust und erhöht die basale Körpertemperatur. likeln handelt es sich um ruhende, bei den Primärfollikeln
(und allen weiteren Follikelformen) tun wachsende Follikel.
Androgene Zu den Androgenen des Ovars zählen Testo- Bei den Sekundärfollikeln ist das Epithel mehrschichtig,
steron und Androstendion. Sie werden in Theca- und Stro- und zwischen Oozyt und Pollikelepithelzcllen bildet sich
mazellen gebildet. Das wichtigste Androgen ist das Andro- die Zona pellucida, die aus 3 großen, miteinander verbun-
stendion, das zwn Teil ins Blut abgegeben, zum Teil von den denen Glykoproteinen (ZPl, ZP2, ZP3) besteht (Kap. l4.1).
G!"anulosazcllen zu Ostrogen wngewandelt wird; es kann Im tungebenden Bindegewebe beginnt sich die Theca folli-
auch in peripheren Geweben zu Testosteron und Ostrogen culi (s.u.) zu diflerenzieren. Tertiärfollikel sind durch das
umgewandelt werden. Die Umwandlung zu Ostrogen er- Antrtun folliculi gekennzeichnet und werden daher auch

Primordial- reifer Tertiär-


follikel Primär- früher Tertiär- follikel
• follikel (Graaf-Follikel)
• •
Markgefäße '. •
• ••

Corpus
.
albicans

•I


Corpus Abb. 13.44 Follikelent-
luteum wicklung im Ovar (Schema).
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 427

Abb. 13.45 Primordial-


(?) und Primärfollikel
( *). ~ Peritonealepithel;
1 Theca-intema-Zellen.
Ovar, Katze; Färbung: Azan;
Vergr. 250-fach.

c
Abb. 13.47 Primordial-
follikel.

als antrale Follikel bezeichnet. Im Gegensatz zu den sog.


pr'ci.-antralen Follikeln (Primär- und Sekundärfollikel) besit-
zen Tertiärfollikel FSH-Rezeptoren und wachsen in Abhän-
gigkeit von LH und FSH. Tertiärfollikel sind unterschied-
lich groß und ihre Wand ist unterschiedlich dick. Der
dominante Tertiärfollikel ist der Graaf-Follikel, der sich
von den Tertiärfollikeln histologisch durch seine Größe
und die Größe des Oozyten unterscheidet.

Tertiärfollikel Im Follikel, zwischen den Follikelepithel-


zellen, bildet sich das Antrum folliculi, ein flüssigkeitshal-
tiger Raum, der sich rasch vergrößert. Die Flüssigkeit heißt
Liquor folliculi und ist ein Plasmafiltrat, das den reich
entwickelten Blutkapillaren entstammt, die den Follikel
umgeben. Sie enthält u.a. Hyaluronat, Steroide, Wachs-
tumsfaktoren und Gonadotropine. Der primäre Oozyt liegt
randständig in einer Verdickung des Epithels, dem Cumu-
lus oophorus {Abb. 13.48). Die Follikelzellen der unmittel-
baren Umgebtmg der Eizelle bilden die sog. Corona radiata.
Die Follikelepithelzellen werden jetzt Granulosazellen ge-
nannt. Die ovalen hellen Kerne dieser Zellen besitzen 1 oder
Abb. 13.46 Primordial- (~)und Primärfollikel (?), 2 auffällige Nukleoli {Abb. 13.49). Die Menge an Zellorga-
umgeben von zellreichem spinazellulärem Bindegewebe. nellen nimmt im Laufe des Wachstums (Mitosen!) der Ter-
Ovar, Mensch; Färbung: Säurefuchsin-Lichtgriin; tiärfollikel zu. In einem großen Tertiärfollikel enthält das
Vergr. 450-fach. Zytoplasma der Granulosazellen viele glatte ER-Zisternen,
freie Ribosomen, Lipidtropfen, tubuläre Mitochondrien,
einen gut entwickelten Golgi-Apparat und einzelne Felder
mit rauem ER. Die Tertiärfollikel wachsen unter dem Ein-
fluss von FSH weiter heran. Nur ein Tertiärfollikel reift aus
und kommt zur Ovulation (Graaf-Follikel).
428 13 Geschlechtsorgane

Tab. 13.2 Merkmale der Follikel.

FoUikel Größe Größe Oozyt Epithel Kennzeichen


Prim ordia lfolli kel 35-40 J.Lm ca. 20 J.Lm eine Schicht platter Follikel- sehr flache Follikelepithel-
epithelzellen mit Basallamina zelten
Primärfollikel 80-100 J.Lm ca. 50 - 75 J.Lm einschichtiges kubisches bis Follikelzellen sind untereinan-
niedrig-prismatisches Epithel der und mit der Eizelle über
mit Basallamina Nexus verbunden
Sekundärfollikel 150-200 J.Lm ca. 80 J.Lm 2- bis 5-schichtiges, teils o Zona pellucida zwischen Oo-
prismatisches Follikelepithel zyt und Follikelepithelzellen
mit Basallamina o Beginn der Differenzierung
der Theca folliculi
Tertiärfollikel unterschiedlich, ca. 100 J.Lm ca. 5-10 Schichten von o Zona pellucida
ca. 300 J.Lm bis Granulosazellen mit Basal- o Theca folliculi
8 mm Iamina o Antrum folliculi
o Cumulus oophorus
Graaf-Follikel 15-25 mm ca. 150 J.Lm ähnlich Tertiärfollikel, aber o Corona radia ta
insgesamt ist das Epithel
niedriger

Graaf-Follikel Sein Durchmesser beträgt ca. 15-25 mm, det. Sie ist eine spezielle Bindegewebshtille um den Follikel
seine Eizelle ist ungefahr 150 J..LIU groß. Die Zona pellucida und reich an Blutgefaßen. Sie besteht aus 2 Schichten, der
(Abb. 13.50) ist ca. 20 - 25 J.Lm dick und gut zu erkennen. (inneren) Theca interna und der (äußeren) Theca externa.
Sie wird von Mikrovilli vor allem der Granulosazellen, aber Die epithelähnlichen Zellgruppierungen der Theca intema
auch der Eizelle durchsetzt. Oie Mikrovilli der Eizelle tmd bestehen aus kleinen hellen, über Nexus verbundenen Zel-
der Granulosazcllen sind durch Gap Junctions verbunden. len mit kugeligem Kern (Abb. 13.51}, die sich aus dem spi-
nazellulären Bindegewebe differenzieren und die Steroid-
Theca folliculi In der bindegewcbigcn Umgebung des hormone bilden (Abb. 13.52). Wichtigstes Hormon dieser
Tertiärfollikels hat sich die Thcca folliculi definitiv ausgebil- Zellen, die den Lcydig-Zellen im Hoden entsprechen, ist
das Androgen Androstendion, das unter LH-Einfluss gebil-
detwird. Das Androstendion wird freigesetzt, von den Gra-
nulosazellen des Tertiärfollikels aufgenommen und hier
unter FSH-Einfluss durch Aromatisierung in Östrogene
rungewandelt (Abb. 13.52). Besonders aktive Tbcca-inter-
na-Zellen finden sich in der 2. Zyklushälftc. Sie enthalten
kleine Lipidtropfen (1heka-Luteinzcllcn). Tbcca-interna-
Zellen enthalten viele kleine Mitochondrien und gut ent-
wickeltes raues oder glattes ER. Das glatte ER ist besonders
gut entwickelt vor der Ovulation, dann besitzen die Zellen
oft auch kleine Fetttropfen. Diese Zellen finden sich nicht
nur in der Umgebung der Follikel, sondern sie können
locker in der Rinde verstreut sein (besonders ausgeprägt
z. B. im Ovar der Katze, Abb. 13.45).

Merke Zum Follikel gehören nicht nur Pollikelcpithcl


und Eizelle, sondern auch 1heca internaund cxterna.

Eine besondere Gruppe von 1heca-interna-Zellen sind die


Hiluszellen, die mit der Pubertät am Hilum des Ovars er-
scheinen und auch bei Prauen nach der Postmenopause vor-

Abb. 13.48 Tertiärfollikel (1). ~ Cumulus oophorus c


mit Eizelle; 2 atretischer Follikel. Ovar, Mensch; Färbung: Abb. 13.49 Wand eines
Säurefuchsin-lichtgrün; Vergr. 250-fach. TertiärfoUl kels.
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 429

Abb. 13.50 Eizelle und Granulosazellen eines frühen Tertiärfollikels. Im Zytoplasma der Eizelle finden sich zahlreiche
kleine Mitochondrien. 1 Zellkern der Eizelle; 2 Zona pellucida, in die Mikrovilli (~)der Eizelle und vor allem der Granulosa-
zellen hineinragen; ll> Granula in der Peripherie der Eizelle; 3 Granulosazellen. Mensch; Vergr. 2100-fach. (Aus (1])

Follikei-
(Granulosa-)
zelle
Aromatase._

LH -

'
''
Basel-
lamina

LH-- ·-gletttes ER

Kapillare
Abb. 13.51 Tertiärfollikel. 1 Lumen; 2 Follikelepithel
(Follikelepithelzellen = Granulosazellen); 3 Theca intema.
Ovar, Mensch; Färbung: Säurefuchsin- Lichtgrün; Abb. 13.52 Funktionelles Zusammenwirken von Theca-
Vergr. 250-fach. intema-Zellen und Follikelzellen im TertiärfollikeL
430 13 Geschlechtsorgane

banden sind. Sie treten in variabler Zahl und Lokalisation des selektierten Follikels neben dem erhöhten Östrogenspie-
auf und ähneln den Leydig-Zellen in besonderem Maße gel beiträgt. Die Eizelle tritt vom Ovar in die Tuba uterina
(Reinke-Kristallc, Lipofuszin u.a.). Die Hiluszellen bilden über, wo eine Befruchtung möglich ist. Ohne Befruchtung
Androstendion, Östrogen und Progesteron. geht sie nach ca.12- 24 Stunden zugrunde.
Die Zellen der kollagenfaserreichen Theca n1ema sind
Myofibroblasten, die eine Rolle bei der Ovulation spielen.
GelbkÖfl.l (
Nach der Ovulation wandelt sich der Follikel in den Gelb-
körper (Corpus lutewn) wn. Der Gelbkörper dominiert die
Kurz vor der Ovulation - in der Mitte des Menstruations- 2. Hälfte des Menstruationszyklus (luteale Phase), er bildet
zyklus (Abb. 13.53) - steigt der LH-Gehalt rasch stark an insbesondere Progesteron (Abb. 13.54), aber auch Östro-
(LH-Peak). Ebenfalls pr'ciovulatorisch steigt im Follikel die gene. Progesteron ist v.a. ftir die Umwandlung der Uterus-
Progesteronkonzentration an, wodurch die Konzentration schleimhaut verantwortlich, die die Implantation einer be-
proteDlytischer Enzyme zunimmt. Proteolytische Enzyme, fruchteten Eizelle ermöglicht.
Prostaglandine, der erhöhte Flüssigkeitsdruck im Follikel
und wahrscheinlich die Kontraktionen der 1hcca cxterna Corpus rubrum Der nach der Ovulation erschlaffte Folli-
ftihren dann ca. 16-23 Stunden nach dem LH-Peak dazu, kel füllt sich mit Blut (Corpus rubrum, Abb. 1355), das ge-
dass die Follikelwand an einer sehr dünnen, blassen Stelle, rinnt und langsam durch einwachsendes Bindegewebe er-
dem Stigma, platzt. Der reife, prall mit Flüssigkeit gefüllte setzt wird. Die Follikelwand des Gelbkörpers ist in Palten
Graaf-Pollikcl setzt eine Eizelle mit Corona radiata frei (Fol- geworfen (Abb. 13.55). Sie verdickt sich, der Gelbkörper
likelsprung, Ovulation), ein Vorgang, der nur wenige Minu- wird ein ca. 2 cm großes gelbliches Organ. Die Basallamina
ten dauert. zwischen Gelbkörper und 1heca wird langsam abgebaut.
Androgene leiten die Rückbildung der nicht selektierten Von auf3en wächst Bindegewebe mit Blut- und Lymphge-
Follikel ein. Die PSH-Ausschüttung der Adenohypophyse fäßen vor und dringt in die Wand des Gelbkörpers ein
geht nach der Ovulation zurtick, wozu das follikuläre Inhi- (Abb. 13.56).
bin (entspricht dem Inhibin der Sertoli-Zcllen, Kap. 13.2)

14------ Follikelphase --------1~---- Lutealphase -------1~

Hormonzyl<kJs ~ Ovulation

Progesteron

LH
FSH

Ovarhistologie ~Ovulation

~
d?\~
Aktivierung I Selektion dominanter ~ Ovum Corpus
luteum
Degeneration des
Corpus luteum
der Follikel Follikel (Eizelle)

Enclome triumhistologie ~ Ovulation

Menses

Regeneration

Abb. 13.53 Weiblicher


Körperte.,..,.,atur Monatszyklus (Schema).
Oie Uterusschleimhaut (Endo-
metrium) durchläuft vor der
Ovulation die Proliterations-
phase und befindet sich nach
2 4 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 der Ovulation in der Sekre-
0 6
Taga tionsphase. (Aus [5])
13.3 Weibliche GeschLechtsorgane 431

r------ -----,
:,_Proguteron
________ ..:
Granulosa-
Lutalnzelle
Aromalase

FSH-- - - - LH

Cholesterin --_

Theke-
Lutein- -----
zelle
Cholesterin ---
LH ------
glattes ER

Blutgefäß
Abb. 13.54 Zelluläre Kooperation zwischen Theka-Lute- Abb. 13.56 Wand eines Gelbkörpers mit großen Granu-
inzellen und Granulosa-Luteinzellen im Corpus luteum. losa-Luteinzellen (1), zwischen denen mehrere Blutkapilla-
ren (~)zu erkennen sind. Außerhalb des Gelbkörpers sieht
man einige kleine Theka-Luteinzellen (... ).Ovar, Mensch;
Färbung: Azan; Vergr. 250-fach.

Abb. 13.55 Früher Gelb-


körper, Übersicht. 1 gefal-
tete Wand des Gelbkörpers;
2 Lumen des Gelbkörpers mit
Fibrin und Blutresten. Ovar,
Mensch; Färbung: Azan;
Vergr. 5-fach.
432 13 Geschlechtsorgane

Granulosa-Luteinzellen Die Granulosazellen (Follikel- • Corpus lutetml graviditatis: Der Gelbkörper der Schwan-
epithelzellen des einstigen Graaf-Follikels) wachsen unter gerschaft entsteht, wenn es zur Befruchtung gekommen
LH-Einfluss rasch heran und lagern Lipide tmd das gelbe ist. Es vergrößert sich unter dem Einfluss des humanen
Pigment Lutein ein (Luteinisierung). Die stimulierten Choriongonadotropins (hCG) auf ca. 2,5 - 3 cm und
Granulosazcllen heißen jetzt Granulosa-Luteinzellen. Beim bleibt ca. 4 Monate aktiv, danach bildet es sich langsam
Menschen treten in den Granulosa-Luteinzcllen nur relativ zurück. Seine Funktionen werden dann von der Plazenta
selten größere Lipidtropfen auf. Dagegen sind bei manchen übernommen.
Säugetieren in den Gelbkörpern häufig Lipidtropfen anzu-
treffen (Abb.13.57). Corpus albicans Der sich zurückbildende Gelbkörper
wird in kollagenfaserreiches Narbengewebe umgewandelt
Theka-Luteinzellen Auch die (kleineren) Theca-interna- (Abb. 13.58). Dieses Narbengewebe kann sogar verkalken,
Zellen werden luteinisiert (Theka-Luteinzcllen). Sie finden selten auch verknöchern, es wird Corpus albicans genannt.
sich in Gruppen in den Bindegewebssepten oder an der
Außenseite der Gelbkörper (Abb. 13.56). Ihr Zytoplasma
enthält zahlreiche Mitochondrien (einige mit Tubuli), einen Atrmsche Folli ·e
großen Golgi-Apparat und gut entwickeltes raues tmd glat- Follikel können sich in jedem Entwicklungsstadium zurück-
tes ER. bilden und werden dann atretische Follikel genannt, da sie
sich niemals eröffnen. Von den bei der Menarche vorhande-
Formen der Gelbkörper Es werden 2 Formen von Gelb- nen 400 000 Primordialfollikeln gehen ca. 99~ in Form von
körpern unterschieden: atretischen Follikeln zugrtmde. Der Prozess der Atresie be-
• Corpus Juteum menstruationis: Der Menstruationsgelb- ruht auf Apoptose der Pollikeh.cllen und der Eizelle. Grö-
körper existiert nur ca. 14 Tage in der 2. Zyklushälfte tmd
bildet sich zurück, wenn die Eizelle nicht befruchtet wird.
Progesteron- und Östrogenspiegel beginnen am 22. Zyk-
lustag abzufallen, die LH-Stimulation geht zurück. Der
Gelbkörper geht zugrunde. Daraufhin steigt der Spiegel
des hypothalamisehen GnRH an, was nach der Menstrua-
tion eine neue Follikelphase einleitet.


I

I •

Abb. 13.58 Ovar (ältere Frau). 1 Tertiärfollikel; 2 Corpus


albicans (Bindegewebsnarbe); 3 atretischer Follikel; 4 Mark
mit vielen Blutgefäßen. Die Theca intema (*) des atreti-
schen Follikels ist kräftig entwickelt die Basalmembran
Abb. 13.5 7 Wand eines Gelbkörpers der Katze mit zum des weitgehend abgebauten Follikelepithels ist verdickt
Teil großen Lipidtropfen in den Granulosa-Luteinzellen. (gewundenes grünes Band, .... ). Mensch; Färbung: Säure-
Färbung: Azan; Vergr. 250-fach. fuchsin-Lichtgrün; Vergr. 15-fach.
13.3 Weibliche Gesc hlec htsorgane 433
ßere atretischc Follikel slnd auch im histologischen Präpa- gebildet werden (Aromatisierung der Androgene [speziell
rat gut zu erkennen. Sie schrumpfen, und in ihr Epithel Androstendionj zu Östrogen in den Fettzellen). Östrogen
wandern Makrophagen und Fibroblasten ein. Das Antrum stimuliert die LH-Sekretion, vermehrtes LH fiihrt zur Über-
füllt sich mit Bindegewebe. Kennzeichnend ist eine Ver- funktion der Theca interna, wodurch wiedenun mehr An-
dickung der Basallamina, die Glashaut genannt wird und drogene gebildet werden. Hier beginnt der Circulus vitiosus
wellenf<irmig verläuft (Abb. 13.48, Abb. 13.58). Die Zona von vorn. Je stärker die Adipositas, desto stärker die Östro-
pellucida bleibt lange als homogen gefcirbtes Band erkenn- genbildttng. Das verminderte PSH hat zur Folge, dass die
bar. Parallel dazu vermehren sich die 'Iheca-interna-Zellen Follikel nicht ausreifen: chronische Anovulation. 'Iherapie:
("Aulblühen des Theka-Organs"). Sie bilden vor allem Ös- Antiöstrogen, Gcwichtsreduktion, Stimulation der PSH -
trogene und sind somit eine wichtige Östrogenquelle des Bildung.
Organismus. Manche atretischen Tertiärfollikel persistieren
lange Zeit und können bis zu 3 cm große Zysten bilden (fol- 13.3.3 Tut..
likuläre Zysten). Schließlich gehen die atretischen Follikel
zugrunde, es bleibt eine kleine Bindegewebsnarbe. Die Tuben sind 10-14 cm lange, intraperitoneale, schlauch-
fönnige Organe, die einerseits eine trichterf<irmige Öffnung
zur Bauchhöhle und andererseits eine schmale Verbindung
Klinik Am Ovar können verschiedenartige gut- und bösar- ztun Utemslwnen besitzen. Das offene trichterförmige Ende
tige Tumoren entstehen, die meist epithelial sind und vom steht in enger Verbindung ZlU11 Ovar. Die Tuben nelunen
Peritonealepithel an der Oberfläche des Organs ausgehen. die ovulierte Eizelle auf, ernähren sie und leiten sie in den
Eigentümlich sind Ttm1oren der Keimzellen mit Geweben Uterus. Die Wandenmg der Eizelle durch die T ub e dauert
aller Keimblätter, Hautstrukturen, Zähnen, Knochengewebe ca. 4- 5 Tage. Die Tuben sind i. d. R. der Ort der Befruch-
u. a. (Teratome, Dermoidzysten). tung.
Des Weiteren kommt es zu verschiedenartigen Zysten-
bildungen. Erwähnenswert ist das ursprünglich von Stein Aufbau Die Tuben gliedern sich in Infundibulum, Am -
und Leventhal beschriebene sog. polyzystische Ovar mit pulle, Isthmus und intramuralen Teil: Das Infundibuhun,
vielen ähnlich großen (Durclu11esser ca. 1 cm) Follikelzysten der Tubentrichter, besitzt einen freien Rand. Dieser Rand
ohne Granulosazcllen, aber mit hypertropher 'Iheca intcrna. trägt bewegliche, bewimperte Portsätze (Pimbrien), die sich
Die Ttmica albuginea ist verdickt. Ovulationen bleiben aus dem Ovar anlegen, sodass die Eizelle beim Eispntng nor-
(Anovulation), und es entstehen keine Gelbkörper. Der malerweise in das Lumen der Tube und nicht in die Leibes-
Spiegel an Androgenen ist erhöht. Prauen mit polyzysti- höhle gelangt. Die Ampullen sind der Hauptbestandteil der
schen Ovarien sind ttnfruchtbar, vermehrt behaart, überge- Tuben (Abb.l3.59). Der Isthmus ist der enge 1nittlere Tu-
wichtig ttnd haben keine oder selten Monatsblutungen. Der benteil. Der letzte Teil fiihrt durch die Uteruswand und
erhöhte Androgenspiegel, der wohl initial auf einer Über- heißt intramuraler Teil. Die Wand der Tuben wird geglie-
funktion der Zona reticularis der Nebennierenrinde beruilt, dert in Tunica mucosa, Tunica muscularis, Tela subserosa
fiihrt dazu, dass deutlich mehr Östrogene im Fettgewebe und Tunica serosa.

Schleimhautfalten L.angsmusi<Uia tur

) ~",/ ,,..
I
,{
. ,. Ringmuskulatur

'
I
,,::'
, ,",
, '/

---- Serosa

Mesosalpinx
Abb. 13.59 Tuba uterina in Höhe
ihrer Ampulle, Querschnitt. Charakte-
ristisch sind vor allem die zarten, reich
verzweigten Schleimhautfalten sowie
die locker gefügte, nicht streng in
Schichten gegliederte Tunica muscu-
laris, die bis unter die Serosa reicht.
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 22-fach.
(Aus [1))
434 13 Gesc hlechts orga ne

• innere Längs- und Ringmuskulatur (die eigentliche Tunica


muscularis der Tube)
• mittlere locker-ringförmige Muskulatur
• außen (subperitoneal) liegende Schicht lockerer, spiral-
förmig verlaufender MuskelbündeL

Die äußere Muskelschicht ist für Bewegungen der Fimbrien


verantwortlich, die innere für Bewegungen des Tubeninhalts
(befruchtete Eizelle, Morula). Die Musku.laris wird in Rich-
tung Uterus zunehmend dicker.

Tela subserosa Die Tela subserosa ist eine außen gelege-


ne, unterschiedlich breite, lockere Bindegewebsschicht Sie
ist reich an Blutgefaßen, besonders auffallend ist ein Venen-
plexus. Hier sind oft Reste des Gartner-Gangs (entspricht
Abb. 13.60 Schleimhautfalten der Tuba uterina im dem \Volff-Gang) zu finden, die mitunter zystisch erweitert
Bereich der Ampulle. Das einschichtige prismatische Epithel tmd von kubischem Epithel ausgekleidet sind. Grof~ Gart-
besteht aus kinozilienbesetzten Flimmerzellen ( ~ ) und ner-Zysten können das Tubenlumen komprimieren tmd
Drüsenzellen (~ ). Deren jeweilige Menge, Morphologie und eine Ursache für eine ausbleibende Schwangerschaft sein.
Funktion schwanken zyklusabhängig erheblich. Mensch;
Plastikschnitt; Fi.irbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1)) Tunica serosa Die Tunica serosa besteht aus Peritoneal-
epithclund einer dünnen Bindegewebslage, die nicht von
der Tela subserosa abgesetzt ist.

Tunica mucosa Die Tunica mucosa (Abb. 13.60) besitzt


zahlreiche sich verzweigende, längs verlaufende Falten, die Klinik Selten kann - meist infolge mechanischer Hinder-
im Schnitt eine labyrinthartige Strukturicrung ergeben. Im nisse in der Tuba uterina - eine Tubenschwangerschaft
Isthmus sind die Mukosafalten niedriger und einfacher entstehen, die die Gefahr einer Tubenruptur mit hohem
strukturiert als in der Ampulle. Im intramuralen Tubenab- Blutverlust birgt. Oft bilden sich diese Tubenschwanger-
schnitt sind die Mukosafalten flach und kaum verzweigt. schaften von allein zuriick, ohne dass klinische Symptome
Das einschichtige prismatische Epithel der Falten ist in auftreten. Auch in der Bauchhöhle kann es ausnalunsweise
der Ampulle am höchsten. Es enthält Kinozilien tragende zur Implantation einer befruchteten Eizelle kommen
(Wimperzcllen) und sekretorische (nicht bewimperte) Zel- (Bauchhöhlenschwangerschaft). Sowohl im Peritoneum als
len: auch in der Tube können in diesen 1-ällen plazentare Struk-
• Wimpenellen: Der Zilienschlag der Wimperzellen ist turen aufgebaut werden.
zum Uterus hin gerichtet und erzeugt einen Flüssigkeits-
strom, der den aufsteigenden Spermatozoen eine Orien- 13.3.4 Ute Uli (.- ' ..
tienmgshilfe ist. Die Zahl der Wimpcrzcllen ist an der
Ampulle vor und zwn Zeitpunkt der Ovulation am größ- Die Gebärmutter ist ein unpaares, diclavandiges, muskulä-
ten. Die Wimperzellen sind dann bis zu 30 J.un hoch. res, ca. 7,5 on langes Organ im kleinen Becken. Sie besitzt
Während der Sekretionsphase des Menstruationszyklus die biologische Aufgabe, die befruchtete Eizelle aufzuneh-
sind sie niedriger (15 IJm), und ihre Zahl geht deut- men, den sich entwickelnden Ke.im zu implantieren und ca.
lieh zurück. Stattdessen nehmen die sekretorischen Zel- 9 Monate lang zu ernähren (Pruchthalterfunktion). Bei der
len zu. Geburt übernimmt die Uterusmuskulatur die Austreibung
• Sekretorische Zellen: Diese enthalten Sckrctionsgranula, des Kindes. Der Uterus besteht in1 Wesentlichen aus dem
die Nährsta lTe für die Eizelle enthalten, tmd wohl auch Corpus uteri (Utcruskörper) und der Cervix uteri (Uterus-
Komponenten, die bei der Kapazitation der Spermato- hals), zwischen denen ein kurzer Isthmusabschnitt vermit-
zoen eine Rolle spielen. Vermutlich bilden sie auch einen telt.
Oberflächenschleim. Absterbende sekretorische Zellen
sind schmal und dunkel und werden vermutlich aus dem
Epithel ausgestoßen (Stiftchenzellen).
Corpus uteri
Die Wand des Corpus wird in 3 Schichten gegliedert: Endo-
Zur Neubildung von Epithelzellen kommt es wahrscheinlich mctrium, Myometrimn und Perimetrium. Der seitlich am
in jedem Zyklus, jedoch sieht man nur selten Mitosen. Typi- Uterus liegende Bindegcwebsramn wird Parametrium ge-
sche Basalzellen fehlen. Es ist bekannt, dass sich die Epithel- nannt.
zellen rasch tundiflercnziercn. So bilden sich tmter Östro-
geneinfluss in der follikulären Phase intensiv Zilien aus,
während das Progesteron eher den Zilienabbau fördert. Die
Endometrium
Lamina propria ist schmal und enthält Kollagenfasern und Das Endomctrium (Tunica mucosa, Corpusschleimhaut;
verschiedene freie Zellen. Abb. 13.61) sitzt unmittelbar auf dem Myometriwn und
besteht aus dem Oberflächenepithcl, tubulären Driisen und
Tunica muscularis Die Tunica muscularis besteht aus einem spe7icllen, zellreichen und faserarmen Bindegewebe
glatter Muskulatur, die tmscharf gegeneinander begrenzte (Lamina propria, Stroma).
Schichten aufbaut:
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 435

.s
Abb. 13.61 Endometrium, relativ früher Zeitpunkt der
f'roliferationsphase. Die Drüsen der Funktionatis (1) des
Endometriums verlaufen gerade, die Drüsenschläuche der
Basalis (2) sind geknäuelt. 3 Stratum compactum; 4 Stratum
spongiosum; 5 Myometrium. Uterus, Mensch; f'lastikschnitt;
Färbung: H. E.; Vergr. 20-fach. (Aus (1])

GLiederung Funktionell wichtig ist die Gliederung des


Endometriums in Stratum basale (Basalis, in der Tiefe am
Myometrium, ca. 1 mm dick) und Stratum functionale
(Funktionalis, oberflächlich, ca. 5-8 mm dick). Das Stra-
tum functionale wird seinerseits in ein oberflächliches zell-
dichtes Stratum compactum und ein tiefer gelegenes, locker
gebautes Stratum spongiosum gegliedert.

Merke Am Stratum functionale spielen sich die typischen


Veränderungen des Menstruationszyklus ab, und nur die-
ser Anteil des Endometriums wird am Ende des Zyklus Abb. 13.62 Anschnitte durch eine Spiralarterie ( ~)
abgestoßen. im Endometrium. Am Linken und rechten Bildrand befinden
sich Drüsenanschnitte. Uterus, Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 150-fach.
Merke Das Endometrium enthält tubuläre Drüsen und
macht ausgeprägte monatszyklische Veränderungen
durch.
Zyklusphasen. Das Sekret schaffi das Milieu für die Kapazi-
Gefäße Das Endometrium wird von aufsteigenden Arte- tation der Spermien und für die Implantation der befmch-
rien und Arteriolen versorgt, die im Stratum basale ge- teten Eizelle. In den Drüsenanteilen des Stratum basale tre-
streckt, im Stratum functionale dagegen stark geschlängelt ten Stamm- tmd Vorläuferzellen auf, die das Drüsenepithel
verlaufen (Spiralarteriolen, Spiralarterien, Abb. 13.62). Sel- regenerieren können.
tenzweige dieser Spiralarterien versorgen die Uterusdrüsen.
Unter dem Oberflächenepithel entsteht ein Kapillarplexus Postmenopause In der Postmenopause wird das Endo-
mit lakunären Erweitenmgen, der das Stratum compactum metrium niedrig tmd enthält mtr noch vereinzelte einfache
versorgt. Das sauerstoffarme Blut flieHt über ebenfalls ge- Drüsen, die flaches bis kubisches Epithel aufweisen und
schlängelte Endometriumvenen ab. Die Blutgefäße des lokal zystisch erweitert sein können. Das Stroma besteht
Stratum ftmctionale sind wie alle seine Struktttren hormon- aus dicht gelagerten, spindeiförmigen Fibroblasten.
sensitiv, sie dc- und regenerieren während jedes Zyklus.
Der Zeitgeber für die zyklischen Veränderungen des Endo-
Myometri um
metrittms sind die ovariellen Steroidhormone (Abb. 13.53).
Das Myometrium (Tunica muscularis, Muskelschicht) ist
Oberflächen- und DrüsenepitheL Das Oberflächenepi- bis zu 2 cm dick und besteht aus ineinander verwobenen
thel des Endometriun1s besteht aus hohen Epithelzellen, die Bündeln glatter Muskulatur, die dttrch Bindegewebe mit
vereinzelt Kinozilien tragen. Die meisten Zellen sind unbe- kollagenen und elastischen Pasern verbunden sind.
wimpert und bilden ein proteinreiches Sekret, das einen
Oberflächenbelag aufbaut. Sie können auch Ionen und Gliederung Das Strukturprinzip, nach dem die glatte
Flüssigkeit transportieren. In den Drüsen finden sich über- Muskulatur im Myometri um angeordnet ist, ist sehr kom-
wiegend sekretorische und vereinzelte Flimmerzellen. Die plex und schwer analysierbar. Es werden oft 3 nur unscharf
Zusammensetzung des Drüsensekrets ändert sich mit den gegeneinander abgrenzbare Schichten unterschieden: auHen
436 13 Gesc hlech t so rga ne

tmd innen je eine relativ dünne Schicht mit längs tmd Endometrium
schräg angeordneten Muskelfasern tmd in der Mitte eine
relativ dicke Schicht mit überwiegend zirkulär angeordne- Die Schleimhaut (Endometrittm) der Cervix uteri (= der
ten Muskelfasern und vielen Blutgefaßen. Zwischen den Zervix) besitzt eine sehr tmregelmäßige Oberfläche mit
glatten Muskelzellen finden sich auch Myofibroblasten, die zwn Teil verzweigten Falten (Plicae palmatae) und Spalten
in der 2. Zyklushälfte aus Fibroblasten hervorgehen. Die (Abb. 13.63), deren tiefe Anteile oft Drüsen genarmt werden.
glatten Muskelzellen sind im ruhenden Uterus ca. 20 J.U1l Das Epithel der Oberfläche und der Spalten ist gleichartig.
lang, während der Schwangerschaft können sie bis zu Es besteht aus hochprismatischen Zellen (Abb. 13.63), die
600 ~tm lang werden. Schleim, Lysozym tmd andere antibakterielle Proteine bil-
den. Regelmäßig kommen kleine Ersatzzellen vor. Vereinzelt
Gefäße Das Myometrittm ist sehr reich an Blutgefaßen. treten Flimmerzellen auf. Das Endometrimn der Zervix zeigt
Die Arterien tmd Venen verlaufen stark geschlängelt. Der keinerlei Abstoßtmgsreaktionen.
geschlängelte V erlauf der Gefaße wird als Anpasstmg an die
Dehnungsfahigkeit der Uteruswand während der Schwan- Sekret Das Sekret der Zcrvixepithelien bildet einen
gerschaft angesehen. Die muskelstarken Wände der Arte- Schleimpfropf im ZervL'<kanal zum Schutz gegen aufstei-
rien erlauben eine starke Kontraktion nach der Geburt und gende Infektionen. Seine Viskosität lmd sein pH-Wert än-
während der Abstoßung der Plazenta, was die nachgeburt- dern sich im Laufe des Zyklus. Während der Ovulation ist
liehen Blutungen in Grenzen hält. der Schleil11 alkalisch und dünnJii.issig, was den Dttrchtritt
der Spermatozoen begünstigt. Er ist zu diesem Zeitptmkt
glasklar und fadenziehend (spinnbar). Auf einem Objekt-
Veränderungen in der Schwangerschaft In der Schwan-
träger bildet der eingetrocknete Schleim während dieser
gerschaft vergrößern sich die glatten Muskelzellen (Hyper-
trophie) und ihre Zahl vermehrt sich (Hyperplasie). Zusätz-
lich wird Wasser in das Bindegewebe des Myometrittms
eingelagert, was Veränderungen im Gewebegefüge wäh-
rend des Wachstums von Embryo bzw. Fetus erleichtert.
Das Gewicht des Uterus nilnmt im Laufe der Schwanger-
schaft von 100 g zu Beginn auf ca. 1000 g bei der Geburt zu.

Perimetrium
Das Perilnetrium (Peritonealepithel mit schmaler Bindege-
websschicht) bildet die äußere Oberfläche des Uterus tmd
besteht aus einer Serosa mit Peritonealepithel tmd einer
dünnen Bindegewebsschicht Seitlich setzt sich die Serosa
auf dem linken und rechten Lig. latum fort. Das Bindege-
webe der Ligg. lata enthält Netze aus glatter Muskulatur, die
aus der oberflächlichen Schicht des Myometriums hervorge-
hen, kollagene und elastische Fasern, Nerven sowie viele
Blut- und Lymphgefciße.

ICL;nik Treten außerhalb der Uterusschleimhaut Inseln von


GebärmutterschleimJ1aut auf, bezeichnet man dieses Phäno-
men als Endometriose. Solche versprengten Schleimhaut-
areale sind hormonabhängig, sie machen zyklische Verän-
derungen mit, was zu schweren Schmerzen führen kann. Sie
kommen z. B. im Myomctrittm, iln Perimetritllll, iln Ovar,
im Dickdarm, in der Harnblase, aber auch in der Ltmge tmd
in den Extremitäten vor.
Myome sind gutartige, kugelige Geschwülste tmterschied-
licher Größe des Myometriwns, die aus glatter Muskulatur
tmd Bindegewebe bestehen. Thr Wachstum ist an ovarielle
Hormone gebunden, u. U. liegt ein Übergewicht des Östro-
gens vor. Die Myomzellen weisen oft Olromosomenano-
malien auf. Myome können Blutungsstörtmgen, Schmerzen,
Druck und Verdrängung der Nachbarorgane hervorrufen.

Abb. 13.63 Schleimhaut der Zervix mit zahlreichen ver-


Cei'Y'ix
zweigten Spaltenbildungen sowie Strukturen, die tubulösen
Der innere Eingang in den zervikalen Anteil heißt innerer Drüsen ähneln. Diese werden von einem hohen prismati-
Muttermtmd, die äußere Öffnung der Zervix zttr Vagina schen Epithel ausgekleidet, dessen Zellen genau wie die Zel-
wird äußerer Muttermund genannt. Der Teil der Zervi.x, der Len an der freien Oberfläche Schleime bilden. Letztere finden
sich in die Vagina vorwölbt, wird als Portio vaginalis cervicis sich auch in den Lichtungen der Drüsen und im Zervixkanal.
bezeichnet. Uterus, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach.
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 437
Phaseaufgrund seines hohen Gehalts an Natrium-, Kalium- Menstruation. ykl •
und Chloridionen farnkrautähnliche Figuren (Farnkraut-
phänomen). Nach der Ovulation ist der Schleim sauer und Im EndometritliU des Corpusuteri spielen sich im fortpflan-
sehr zäh. ztmgsfähigen Alter einer Frau monatlich periodische Verän-
derungen ab, die parallel zu den ovariellen Vcränderungen
(Abb. 13.53) stattfinden und die äußerlich an der alle 4 Wo-
Merke Während des Menstruationszyklus ändert sich der
chen (26-30 Tage) auftretenden Regelblutung erkennbar
in der Zcrvix entstehende Schleim, das Endometrium der
sind. Die Blutttng markiert den Beginn des Zyklus und dau-
Zervix selbst verändert sich nicht.
ert normalerweise 3-4 Tage. Der ganze Zyklus der monat-
lich auftretenden Veränderungen heißt Menstrttationszyk-
Ektropionierung Die drüsige Zervixschleimhaut wächst lus. Die Veränderungen des EndometrilllUS lassen sich in
nach der Menarche in die Umgebung des äußeren Mutter- Desqttamationsphase (1.- 4. Zyklustag), Proliferationsphase
mundes vor und bildet hier ein rötliches Feld (Ektro- (5.- 14. Zyklustag) und Sekretionsphase (15.-28. Zyklustag)
pionicrung). Dieses Drüsenfeld wird bei älteren Frauen einteilen.
von Plattenepithel bedeckt, wobei die Drüsen zunehmend
verschlossen werden und infolge Sekretstaus zu Zysten
anschwellen können (Ovula Nabothi, benannt nach dem Desquamationsphase
Chirurgen Martin Naboth, Leipzig, 1675- 1721, der sie fiir Die Desquamationsphase (Menstruationsphase, Abb. 13.66)
die Eier des Menschen hielt).
wird b estimmt dttrch das Absi nken des Östrogen· und des
Progesteronspiegels (Abb. 13.53). Dttrch diesen Hormon-
Myometrium, Perimetrium entz ug wird der Prozess der AbstoBung des Stratum ftmctio-
nale mit allen seinen Kompo nenten eingeleitet, was in Form
Das M yometrimn der Cervix uteri ist viel muskelzellärmer der Regelbluttmg ("Entzugsbluttmg") sichtbar wird . Unge-
und bindegewebsreicher als das des Corpus uteri. Ein Peri- fähr einen Tag vor dem Beginn der Blutung kontrahieren
metrium besitzt die Zervix nicht. sich die Spiralarteriolen intermittierend tmd werden brü-
chig. Das Stratum functionale schnllllpft tmd wird isch-
Portio vaginalis ämisch (lschämiephase). Die Ischämie (Unterbrechtmg der
Dttrchblutung) schädigt das Gewebe nachhaltig: Makropha-
Die Portio vaginalis wird überwiegend von unverhorntem gen, Eosinophile, Ncutrophile Lmd Lymphozyten wandern
Plattenepithel bedeckt, das am äußeren Muttermtmd abrupt in das Stroma ein. Es wird von proteelytischen Enzymen, die
in das prismatische Epithel des Zervixkanals übergeht (Abb. ztun Teil den Stromazellen entstammen, abgebaut. Auch
13.64). Diese Obergangszone wird auch Transformations- Prostaglandine spielen bei der Desquamation eine wichtige
zone genarmt. Der unmittelbare Kontaktbereich der 2 ver- Rolle. Das Menstruationsblut ist auffallend reich an Prosta-
schiedenen Epithelien heißt squamoprismatische Junktion. glandinen. Das komplexe Zusanunenspiel der Faktoren,
welche die Blutttng fordern, ttnd solchen, die die Blutttng
Kli nik In der Transfonuationszone der Portio vaginalis schließlich beenden, ist noch nicht vollständig bekannt. Das
entwickeln sich relativ häufig Karzinome, die oft durch be- Menstruationsblut (die Menge schwankt individuell) ist nttr
stimmte Papillomaviren verursacht werden. Bei der Krebs- in sehr geringem Maß gerinnllßgsfähig. da auch die Gerin-
vorsorge werden hier Abstriche gewonnen und nach Papa- nungsfaktoren protcolytisch abgebaut werden. Der stark
nicolaou gefarbt (Abb. 13.65). Diese Färb tmg benutzt ein absinkende Progesteronspiegel fültrt dazu, dass Ostrogen
komplexes Farbstotfgemisch, welches die Differenzierung überwiegt, was zu teils schmcnhaften spontanen Kontrak-
der Abstrichzellen erlaubt (s.a. Kap. 13.3.5). tionen der UterusmuskulatLtr führen kann. Die Schmerzen,

Abb. 13.64 Übergang von


der Zervix zur Vagina.
-+ prismatisches Drüsen-
*
epithel der Zervix; vagi·
nales mehrschichtiges
unverhorntes PlattenepitheL
Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 250-fach.
438 13 Geschlechtsorgane
..

.,...•
., •

••
2

Abb. 13.66 Desquamationspha.se. 1 in Abstoßung befind-


liche Funktionalis; ~ offen liegende Basalis; 2 Myometrium.
Uterus, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 25-fach.

Abb. 13.65 Papanicolaou-Abstrich der Portio vaginalis


cervids in der lutealphase des Ovars. Erkennbar sind azido-
phile (rot) und basophile (blau) Plattenepithelzellen, deren
jeweiliger Anteil sich im laufe des Monatszyklus verändert.
In der frühen Follikelphase liegen azido- und basophile
Zellen in ausgeglichenem Verhältnis zueinander vor. In der
späten Follikelphase herrschen die azidophilen Zellen vor.
In der Lutealphase dominieren die basophilen ZeUen, die oft
zusammengeknittert sind. Die Epithelzellen liegen in Grup-
pen zusammen, ihre Zellränder sind vielfach eingerollt oder
gefaltet. Neutrophile (~) treten verbreitet auf. Mensch;
Vergr. 250-fach.

Abb. 13.67 Proliferationsphase. 1 schräg und quer


die während der Menstruation auftreten können (Dysme- getroffene Drüsen; 2 zellreicher Bindegewebsraum (Stroma).
norrhö), sollen auch durch Prostaglandine mit verursacht Sowohl im Stroma als auch im Drüsenepithel finden sich
werden. Das Strattun basale ist nicht von der Gewebeab- vielfach Mitosen ( ~ ). Uterus, Mensch; Plastikschnitt;
stoßtLOg betroffen. Die in ihm gelegenen tiefen Anteile der Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1])
Drüsen bleiben erhalten.

Proliferationsphase phase verschwindet es. Auch im Stroma findet man Mito-


Der Dcsquamationsphase folgt die Proliferationsphase, in sen. Die Spiralarterien entstehen neu. Im Stroma beginnt
der unter dem Einfluss der Östrogene der Neuaufbau des schließlich auch die Neubildung retikulärer Pasem.
Stra turn ftmctionale stattfindet. Das Oberflächenepithel
bildet sich rasch neu aus. Oie Drüsen proliferieren vom Sekretionsphase
Stratum basale ausgehend unter lebhafter mitotischer Tätig-
keit (Abb. 13.67) und haben zunächst einen gestreckten Die Sekretionsphase setzt nach der Ovulation ein und steht
(Abb.l3.61), dann aber zunehmend geschlängelten Verlauf. unter dem Einfluss insbesondere des Progesterons.
Die Kerne der Drüsenzellen liegen oft in tmterschiedlicher
Höhe (Pseudostratifizierung). Das antiapoptotische Protein Epithel Die Drüsen nehmen zunehmend eine kennzeich-
bcl-2 wird insbesondere am Ende der Proliferationsphase nende gezackte, sägeblattartige Gestalt an (Abb. 13.68). Das
intensiv im Drüsenepithel exprimiert. In der Sekretions- Lmnen wi rd weiter als in der Proliferationsphase tmd ent-
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 439

Abb. 13.68 Sekretionsphase, geschlängelt verlaufende


Uterusdrüsen. Uterus, Mensch. Färbung: H. E.;
Vergr. 45-fach.

hält Sekret. Die Drüsenzellen tragen viele Mikrovilli und


werden intensiv sekretorisch tätig. Sie geben exozytotisch
Proteine und Schleimsubstanzen ab. In der Zellbasis sam-
meln sie in den ersten 6 Tagen dieser Phase viel Glykogen
an. Im histologischen Präparat, in dem das Glykogen ausge- Abb. 13.69 Frühe Sekretionsphase. ~ Drüsenepithel-
waschen ist, führt dies zum Phänomen der retronukleären zellen mit retronukleärer Vakuole. Endometrium, Mensch;
Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach.
Vakuole (Abb.l3.69), worunter das helle, basale Zyto-
plasma zu verstehen ist.
In der 2. Hälfte der Sekretionsphase bildet die Wand
der jetzt relativ weiten Drüsen viele Falten aus. Die Epi-
thelzellen nehmen weiter an Höhe zu und besitzen jetzt api-
kal viel Glykogen. Das basale Glykogen ist verschwunden,
der Zellkern verlagert sich weit in den basalen Zellteil. Api-
kal bilden sich glykogen- und sekretionsgranulahaltige
Zytoplasmaprotrusionen, die sich mittels apokriner Me-
chanismen abschnüren können (Abb. 13.70). Am Ende
der Sekretionsphase schnunpfen die Drüsenzellen. Die
Kerne verdichten sich, und die Zellorganellen beginnen zu
zerfallen.

Stroma Im Stroma wandeln sich im Laufe der Sekretions-


phase insbesondere im Stratmn compactum und in der
Umgebung der Arteriolen die Fibroblasten in große, dicht
gelagerte Zellen, sog. Prä -(Pseudo-) Deziduazellen tun
(Abb. 13.71). Diese Zellen sind reich an dilatierten rauen
Abb. 13.70 Späte Sekretionsphase. Die Drüsenzellen
ER-Zisternen und können durch Nexus verbunden sein. Sie
bilden aktiv Schleime, der Apex ist oft vorgewölbt.
bilden Bindegewebsmatrix, Zytokine, Proteaseinhibitoren
Endometrium, Mensch; Plastikschnitt Färbung: H. E.;
tmd Prostaglandine. Sie werden von einer Basallamina um-
Vergr. 200-fach. (Aus (1))
hlillt und können sogar phagozytieren. Ein weiterer Zelltyp,
der regelmäßig im Stroma zu finden ist, sind Strornagranu-
lozyten, die vermutlich einer speziellen T-Zell-Population
oder besonderen Makrophagen entsprechen. Das Stroma
lagert anfangs viel Wasser ein und erscheint daher ödema- geht zurück. Im Laufe der ersten Kontraktionen der Spiral-
tös. Gegen Ende der Sekretionsphase kommt es erneut zu arteriolen treten weitere Leukozyten (Makrophagen, Neu-
Verändenmgen der Matrix. Der vermehrte Wassergehalt trophile, Eosinophile und Lymphozyten) im Stroma auf.
440 13 Geschlechtsorgane

c C]
Abb. 13.71 Sekretions- Abb. 13.73 Vaginal-
phase. epithel.

J..3 •.• ~ .. • ~- .I • I \.
von Flüssigkeit aus Kapillaren unter dem Vaginalepithel ins
Vaginallumen hinein stattfindet, ist umstritten. Die ober-
Die Scheide ist ein 8 - 9 cm langer, bindegewebig-musku- flächlichen Epithelzellen schilfern ständig ab, in der lutea-
lärer Schlauch, der in Funktionsruhe weitgehend kollabiert len Phase mehr als in der follikulären Phase. Das Glykogen
ist. Ihre vVand ist in Tunica mucosa, Tunica muscularis und der abschilfernden Zellen wird von den Döderlein-Bakte-
Tunica adventitia gegliedert. rien (Lactobacillus vaginalis) zu Milchsäure abgebaut. Die
Milchsäure ist flir den relativ niedrigen pH-Wert von 4,0
Tunica mu cosa Die Mukosa setzt sich aus mehrschichti- im Vaginalmilieu verantwortlich. Der saure pH-Wert ist
gem unverhorntem Plattenepithel (150-200 Jlm dick) und ein Schutzfaktor, der die Besiedclung mit pathogenen Mi-
einer Laminapropria zusammen, deren Bindegewebe reich kroorganismen einschränkt. Bei Anstieg des p H-Wertes,
an Kollagen- und elastischen Fasern ist (Abb. 13.72). Das wie er bei Ostrogenmangel zu beobachten ist, treten ver-
Epithel ist glykogenreich (Abb. 13.73) und in der follikulä- mehrt pathogene Keime, aber auch Protozoen, wie Tricho-
ren Phase deutlich höher als in der lutealen. Mitunter sind monas vaginalis, auf. Die Differenzierung des P~~ttenepi­
in den obersten Zellschichten Keratohyalingranula erkenn- thels steht vor allem unter dem Einfluss von Osteogen.
bar. Die Zellkerne bleiben aber immer erhalten, sodass es Unter seinem stimulierenden Einfluss entstehen die aus-
nicht zu einer echten Verhornung kommt. Zwischen den differenzierten Zellen, die in nach Papanicolaou gefachten
obersten Zellen findet sich im Interzellulärraum lipidhalti- Abstrichpräparaten rot (azidophil) sind. Sie sind vor und
ges Material, das ihn versiegelt. Drüsen fehlen in der Wand während der Ovulation besonders zahlreich. Nach der Ovu-
der Vagina. Die auf der Oberfläche vorhandenen Schleime lation geht unter Progesteroneinfluss die Zahl der reifen
entstammen vennutlich der Zervix. Ob eine Transsudation Plattenepithelzellen zurück, es überwiegen dann blaue (ba-
sophile) Zellen, zwischen denen auch Neutrophile und
Lymphozyten auftreten (Abb. 13.65). So gibt dieser Ab-
strich Auskunft über Östrogen- und ProgesteronspiegeL
Das Epithel enthält viele Langerhans-Zclleo, die bei Infek-
tionen eine Rolle spielen.

Merke Die Vagina ist von unverhorntem Plattenepithel


ausgekleidet, dessen obere Zellen glykogenreich sind.

Tunica muscularis Die schwache vaginale Muskelschicht


besteht aus sich überkreuzenden Zügen glatter Muskclzel-
len, die vielfach mit den elastischen Pasern der Mukosa in
Verbindtmg stehen.

13.3.6 Äußere weibliche Geschlechtäorgane


Zu den äußeren Geschlechtsorganen gehören die Vulva, die
Schamlippen, die Bartholin-Drüsen und die Klitoris. Die
Vulva bildet den Scheidenvorhof, sie wird hier nicht näher
erläutert.

ScNiml'pp..
La bia majora pudendi Die großen Schamlippen (Labia
majora pudendi) sind fettzellreiche Hautwülste mit relativ
stark pigmentierter Epidermis. Sie sind außen behaart und
enthalten apokrine Duftdrüsen, ekkrine Schweißdrüsen
und halokeine Talgdrüsen. Zwischen den Fettzellen kom-
men glatte Muskelzellen vor. Behaarung und Fettzellgehalt
werden ab der Pubertät von Ostrageneo reguliert.

Abb. 13.72 Vaginalepithel. 1 unverhorntes Plattenepithel; Labia minora pudendi Die tiefer liegenden kleinen
2 Lamina propria. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 150-fach. Schamlippen (Labia minora pudendi) sind gefaßreich und
13.3 Weibliche Geschlechtsorgane 441
(Abb. 13.74). In der Zone zwischen großen und kleinen
Labien kommen größere apokrine Drüsen vor. In beiden
Labien sind Sinneskörper häufig. Einwärts der kleinen La-
bien findet sich das Vestibulum vaginae (Scheidenvorhof).

Glandulae vestibulares
In den Scheidenvorhof münden die 2 erbsgroßen Bartholin-
Drüsen (Gll. vestibulares majores, benannt nach Caspar
Bartolin, 1655-1738, Anatom in Kopenhagen) und die ähn-
lich gebauten kleineren Gll. vestibulares minores ein. Die
BarthoHn-Drüsen sind tubuloalveolär aufgebaut und beste-
hen aus hohen mukösen Drüsenzellen. Die Gänge sind von
mehrschichtigem prismatischem Epithel ausgekleidet. Das
Sekret aller Vorhofdrüsen ist schleimartig und feuchtet ins-
Abb. 13.74 Labium minus pudendi. Zu sehen ist eine besondere bei geschlechtlicher Erregung den Eingang in die
Einsenkung der Oberfläche, die von gering oder nicht ver- Vagina an.
horntem mehrschichtigem Plattenepithel bedeckt ist. Talg-
drüsen sind zahlreich, Haare, Schweißdrüsen und Fettzellen
fehlen. In der Tiefe befindet sich ein Venengeftecht, das Klitoris
dem Corpus spongiosum penis ähnelt. Mensch; Plastik- Die Klitoris liegt über der Urethralöffnung vom zwischen
schnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 40-fach. (Aus (1]) den kleinen Schamlippen und ist dem Penis des Mannes
homolog. Sie ist erektil und enthält auch Schwellkörper-
gewebe vom Typ der Corpora cavernosa. Zwei weitere
Schwellkörper vom Typ des Corpus spongiosum werden
enthalten kein Fettgewebe. Sie tragen ein außen schwach Bulbi vestibuli genannt und liegen in der Basis der kleinen
verhorntes und innen unverhorntes mehrschichtiges Plat- Schamlippen.
tenepitheL Vor eillern innen kommen sehr viele Talgdrüsen
vor, die hier jedoch nicht mit Haaren in Beziehung stehen a 13 Lernhinweise ZU Kapitel13
KAPITEL

Befruchtung, Implantation,
Plazenta
14.1 Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 14.4 Plazenta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
14.2 Von der Befruchtung zur Implantation . . 444 14.5 Nabelschnur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
14.3 Implantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

DllTch die Befruchtung(= Konzeption) entsteht aus 2 ha- Ernährt wird das Kind wältrend der Intrauterinzeit mit-
ploiden Gameten, dem Spermiurn und der reifen Oozyte, hilfe der Plazenta. Sie ist ein grof!es Organ, das fiir die ca.
eine diploide Zygote, die auch befruchtete Eizelle genannt 9 Monatevor der Gebttrt dem Stoffaustausch zwischen Mut-
wird. Aus der Zygote entsteht der neue Organismus, der seine ter und heranwachsendem Kind dient. Am Aufbau der
ersten 9 Lebensmonate beim Menschen intrauterin verbringt, Plazenta sind mütterliche und vor allem kindliche Gewebe
also im Schutz des Mutterleibes. Oie ersten 8 Wochen des beteiligt. Der Stoffaustausch erfolgt durch die Wand der Pla-
intrauterinen Lebens werden Embryonalperiode genannt. zentazotten hindttrch, die ganz aus kindlichem Gewebe be-
Ab der 9. Woche bis zur Geburt spricht man von der Fetal- stehen und in mütterlichem Blut flottieren (hämochoriale
periode. Die ersten 3 Wochen der intrauterinen Entwick- Plazenta). Die Wand der Plazentazotten bildet die Schranke
lung werden mittmter als Phase der Frühentwicklung abge- zwischen kindlichem und mütterlichem Blut (Plazenta-
grenzt. In der Klinik wird die ganze Schwangerschaft in schranke).
3 Dreimonatsperioden eingeteilt: I., 2. und 3. Trimenon.

14.1 Befruchtung
-------------------------------------ZurOrien~erung -------------------------------------
Die Befruchtung findet in der Ampulle der Tuba uterina miurn, das die Zona pellucida durchquert hat, dringt in die
statt. Ihr gehen die letzten Schritte der Ausreifung der Eizelle ein, wo die Befruchtung erfolgt. Das Eindringen
Spermien voratts, zu denen die Akrosomreaktion gehört. weiterer Spermien wird aktiv verhindert. Die Eizelle beiin-
Diese findet im Kontakt mit der Corona radiata der Eizelle det sich zmn Zcitpttnkt der Befruchtung in der Metaphase
statt und ermöglicht dem Spcrmimn den Weg durch die der zweiten meiotischen Teilung, die nur im Fall einer
Corona radiata und die Zona pellucida. Das erste Sper- Befruchtung vollständig abgeschlossen wird.

Die Spermatozoen (Spermien) verbleiben ca. 2 Wochen Akrosomreaktion


weitgehend bewegungslos im Nebenhoden. Sie reifen dabei
Sie ist der wesentliche Bestandteil der Kapazitation. Hierun-
weiter und erlangen die Pähigkeit, sich gerichtet vorwärts zu
ter versteht man den terminalen Reifungsprozess der Sper-
bewegen- eine wichtige Voraussetztmgfür eine erfolgreiche
matozoen in den weiblichen Geschlechtswegen, der fiir das
Befruchttmg. Zuvor, als sie aus den Samenkanälchen des
Hodens in den Nebenhoden eingetreten waren, hatten sie Durchdringen der Hüllen urn die Eizelle erforderlich ist. Die
Akrosomreaktion findet mtr bei Spermatozoen statt, die in
sich mtr langsam kreisfdrmig bewegt. Nach einer Ejakula-
tion wandern die Spermatozoen im Uterus mit einer Ge- der Tube (zumeist in der Pars arnpullaris) Kontakt mit der
Corona radiata und der Eizelle aufnehmen. Der Akrosomre-
schwindigkeit von 3-4 mrnlmin innerhalb von ca. einer
aktion geht ein Anstieg der Calciumkonzentration im Sper-
Sttmde in die Ampulla tubae uterinae, wohin jedoch mtr
matozoon voraus. Bei der Reaktion verschmilzt die äußere
einige hundert gelangen. Sie bleiben hier 2-4 Tage befruch-
Membran des Akrosoms mit der eng benachbarten Zell-
tungsfähig. Sie müssen die Tube erreichen, weil nur hier -
membran des Spermatozoenkopfes. In dieser besonderen
12-24 Stunden nach der Ovulation- die Befruchtung statt-
verdoppelten Membran entstehen Öffnungen, die sich stetig
findet. vergrößern. Vorn am Kopf des Spermatozoons wird diese
Der Befruchtungsvorgang umfasst 3 Schritte:
Membran langsam zurückgebildet. Dabei werden die hydro-
• die Akrosomreaktion lytischen Enzyme des Akrosoms, zunächst insbesondere
• die Bindung des Spermatozoons an die Zona pellucida
Hyalttronidase, freigesetzt. Die HyalLtronidase und andere
• die Fusion von Spermatozoon und Eizelle.
Enzyme bauen die Interzellularsubstanz und Zellkontakte
der Coronazcllen ab.
444 14 Befruchtung, Implantation, Plazenta

Bindung des Spermatozoons an die Zona pellucida dem Integrin in der Eizcllmembran verbunden sein. Die
Metalloprote-ase-Domäne des Pertilins führt zur lokalen
Die Membran des Spermatozoenkopfes besitzt sog. Sper- Zerstörung der Eizellmembran. Der Kern des Spenniums
mienrezcptoren, die Verbindung zur Zona pellucida auf- dringt in die Eizelle ein {lmpr'.ignation). Interessant ist, dass
bauen. Die Zona pellucida besteht aus 3 Glykoproteinen: damit auch ein Zentriol in die Eizelle eindringt, denn die
ZPl, ZP2 und ZP3 (ZP = Zona-pellucida-Protein). ZP2 und Eizelle besitzt keine Zentriolen. Das Zentriol des Spenniurns
ZP3 bilden lange filamentäre Strukturen, die in regelmäßi- verdoppelt sich und ist dann in der befruchteten Eizelle, der
gen Abständen durch ZPl -Dimere verknüpft werden. Die- Zygote, am Au1bau der T eilttngsspindel beteiligt.
jenigen Spermatozoen, in denen eine Akrosornreaklion ab-
gelaufen ist, binden mithilfe ihrer Spermienrezeptoren an
ZP3. Diese Bindung fUhrt zur vermehrten Freisetzung einer
akrosomalen, trypsinähnlichen Protease, des Acrosins, das 14.2 Von der Befruchtung zur
dem Spennatozoenkopf die Durchdringung der Zona pellu- Implantation
cida erleichtert.
Morula Aus der befruchteten Eizelle, der Zygote, entsteht
noch in der Tube ein kleiner kugelfcirmiger Zellhaufen,
Fusion von Spermatozoon und Eizelle die Momla (Abb. 14.1). Sie repräsentiert den ganz frühen
Die erhalten gebliebene Zellmembran im Bereich des hinte- Embryo und ist noch von der Zona pcllucida umgeben.
ren Spermienkopfes des ersten Spermiums, das die Zona 2- 3 Tage nach der Befruchtung erreicht sie das Utems-
pellucida durchquert hat, verschmilzt mit der Membran der lumen.
Eizelle. Dies löst die calciumabhängige Preisetzung des In-
halts (zum Teil Proteasen) der Kortikalgranula aus, was das Blastozyste Innerhalb der Morula vorhandene Inter-
Eindringen weiterer Spermien in die Eizelle verhindert. Die zellulärspalten entwickeln sich zu flüssigkeitsgeflillten In-
Fusion der Membranen von Spermitm1 und Eizelle wird terzellulärräumen, aus denen sich schließlich eine gemein-
durch das Protein Perlilin in der Zellmembran des Sperma- same Höhle bildet. Ab diesem Zeitpunkt wird die Momla
tozoons indullert, das zur Familie der Disintegrine gehört. als Blastozyste bezeichnet. Die Blastozyste is t also eine
Pertilin ist ein aß -Heterodimer und besitzt 3 Domänen, eine blasenfönnige Struktur mit einem Ltm1en und einer sog.
Metalloprotease-, eine Fusionspeptid- und eine Disintegrin- inneren Zellmasse (Embryoblast), die sich an einer Stelle
Domäne. Fertilin bindet an ein Eizcll-Integrin. Hierzu ist die innen an der Wand der Blastozyste befindet. Nach ca.
Anwesenheit eines weiteren Proteins in der Eizellmembran 72 Stunden im Utems "schli.:tpft" der Embryo aus der Zona
erforderlich: Das CD9, ein Tetraspanin-Protein, muss mit pellucida.

Imprägnation Tuba uterina Uterus

Vierzell-
st adium M orula
(Tag 3) Reste
der Zona
Tertiärfoll ikel Blastozyste pel lucida
(Tag 4)

Implantation
Zyto-
(Tag 6-7)
trophoblast

Sekundärfollikel Synzytio-
ovulierte Eizelle trophoblast
(2. Reifeteilung) Primärfollikel
Corona radiata Endometrium
und Zona pellucida
Myometrium
Vagina

Abb. 14.1 Von der Befruchtung zur Implantation. Die Eizelle ist hier im Vergleich zu den weiblichen Geschlechtsorganen
vergrößert gezeichnet. (Aus [16])
14.4 Plazenta 445

14.3 Implantation
----------------------------------- ZurOrientierung -----------------------------------
Die Implantation der Blastozyste dauert vom etwa 6.-7. Tag Trophoblast völlig in der Schleimhaut des Corpus uteri
nach der Befruchtung bis ZLU11 10. Tag. Dann ist der eingebettet.

Die Implantation beginnt 6-7 Tage nach der Befruchtung EGF) in der Membran des Uterusepithels und einen ent-
(Abb. 14.1). Die Blastozyste legt sich der Uterusschleimhaut sprechenden Wachstwnsfaktorrczcptor sow ie Heparan-
an. Die Wand der Blastozyste wird Trophoblast genannt, sulfat -Proteoglykane auf der Blastozyste zustande.
sobald sie Kontakt mit der Uterusschleimhaut aufnimmt.
Dann bilden sich an der Oberfläche füßchenförmige Gebilde Trophoblast Die epitheliale Wand der Blastozyste, der
aus Zellen der Blastozystcnwand (Trophoblastenzellen), die Trophoblast, manchmal auch Trophoektodem1 genannt,
in die Uterusschleimhaut eindringen. 10 Tage nach der Be- differenziert sich beim Eindringen in die Uterusschleim-
fruchtung ist die Blastozyste völllg in die Uterusschleimhaut haut in eine innere Zellschicht, den Zytotrophoblasten, tmd
eingebettet. eine äußere synzytiale Schiebt, den Synzytiotrophoblasten
(Abb. 14.1). Teile des Synzytiotrophoblasten dringen so-
Rezeptivität Die Empfängnisbereitschaft (= Rezeptivität) wohl in das Stroma des Endometriums vor (interstitielle In-
der Uterusschleimhaut ist am größten an den Tagen 20-24 vasion) als auch in SchleimhautgefM3e ein (endovaskuläre
eines normalen 28-tägigen Menstruationszyklus. Diese Re- Invasion). Die uteroplazcntale Blutzirkulation ist aufge-
zeptivität beruht auf: baut, wenn der Synzytiotrophoblast in direkten Kontakt
• einem reich vaskularisierten und ödematösen Endome- mit mütterlichem Blut kommt.
triLLm
• aktiv sezernierenden Endornetriumsdrüsen
• der Kontaktaufnallme von kleinen Portsätzen (Pinopo- Klinik Manchmal kommt es vor, dass bei der Implantation
den) des Oberflächenepithels der Uterusschleimhaut mit größere Blutgcfaße der Uterusschleimhaut verletzt werden.
der Blastozyste. Dann kann eine Einnistungsblutung entstehen, die mit
einer Menstruationsblutung verwechselt werden kann und
Weitere molekulare Kontakte zwischen Uterusepithel und u. U. zu einer falschen Berechnung der Schwangerschafts-
Blastozyste kommen iiber einen Wachstumsfaktor (HB- dauer führt.

14.4 Plazenta
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Die Plazenta baut rasch effektive Strukturen auf, die den und von ihr ausgehende [tertiäre] Zottensysteme) Antei-
kontrollierten Stoffaustausch zwischen mütterllchem und len. Die reife Plazentaschranke besteht:
embryonalem Blut cnnöglichen. Stets bleiben mütter- • aus dem Zottencpithel, das v. a. aus den1 Synzytiotro-
llches und embryonales Blut durch eine epitheliale tmd phoblasten und zunehmend seltener werdenden Zyto-
bindegcwebige Schranke, die vom Embryo gebildet wird, trophoblastenzellen aufgebaut ist
getrennt. Die ausgereifte Plazentastruktur liegt ungefähr • der Basallamina des Zottenepithels
am Ende des dritten Schwangerschaftsmonats vor. Die • dem Bindegewebe der Zotten
reife Plazenta besteht aus mütterlichen (Basalplatte, Blut • der Basallamina der Zottengefcißc
zwischen den Plazenta7.otten) und fetalen (Chorionplatte • dem Endothel der Zottenkapillaren.

Die Plazenta ist ein Organ, das Ernährung und WachstLtl11 det v. a. die Basalplatte der Plazenta, in deren Bindegewebe
von Embryo und Petus in den vorgeburtlichen Entwick- sich die Prädcziduazcllen jetzt zu großen, glykogenreichen
lungsphasen im Schutz des mütterlichen Körpers gewähr- Deziduazellen umbilden. Die Deziduazellen (Abb. 14.2,
leistet. Abb.l4.3) erftillen vielfaltige Punktio nen:
• Sie stellen dem frühen Embryo Nährstoffe zur Verfii-
gtmg - sie enthalten Glykogen (Abb. 14.2), Lipidtropfen
Entwicklung der Plazenta und Proteine.
An1 Aufbau der Plazenta beteiligen sich Mutter tmd • Sie beeinflussen die Invasion des Trophoblasten.
Kind, sie entsteht in einem komplizierten Entwickltmgs- • Zusanllllen mit den Trophoblastenzellen hemmen sie im-
prozess. munologische Abwehrreakt ionen gegen den Embryo.
• Sie haben endokrine Punktionen: Sie bilden Prolactin, das
einen stimulierenden Effekt auf das Corpus lutewn aus-
Blastozyste, Deziduazellen übt, Prostaglandine und Rclaxin. Sie haben Östrogen-
Die befruchtete Eizelle entwickelt sich rasch zur Blastozyste. und Progesteronrezeptoren und sezernieren Proteine,
Die Blastozyste ist in der 2. Schwangerschaftswoche fest im die den "i.nsulin-like growth factor" 1 (IGF-1) binden,
Endometriwn eingenistet. Das Endometriwn beteiligt sich, wodurch dessen proliferative Wirkung auf die Endome-
ebenso wie die Blastozyste, am Aufbau der Plazenta; es bil- trimnszellen gehemmt wird.
446 14 Befruchtung, Implantation, Plazenta



I

t
Abb. 14.2 Nachweis von Glykogen (rot) in Deziduazellen; Abb. 14.3 Deziduazellen. Die Deziduazellen (~)finden
der Glykogengehalt variiert, daher reagieren nicht alle Zellen sich zahlreich in der Basalplatte. Sie sind oft groß und oval,
kräftig rot. Färbung: Glykogenfärbung nach Best. Mensch; der Kern ist groß und euchromatinreich, das Zytoplasma ist
Vergr. 250-fach. eosinophil. Mensch; H. E.-Färbung, Vergr. 250-fach.

Für die verschiedenen Bereiche der Uterusschleimhaut exis- Trophoblast


tiert nach der Implantation eine eigene Nomenklatur:
• Decidua capsularis: schmaler Teil zwischen Elastezyste Zyto- und Synzytiotrophoblast Die Trophoblastzellen
und Uteruslumen dringen invasiv in das mütterliche Gewebe ein. Der Tro-
• Decidua basalis: unter der Elastezyste liegender, dem phoblast besteht aus einem zweischichtigen Epithel, das
Myometritun zugewandter Teil innen zellulär aufgebaut ist (Zytotrophoblast, Langhans-
• Decidua parietalis: außerhalb des implantierten Keims Schicht), während außen durch Verschmelztmg von Zellen
gelegene Bereiche. eine vielkernige Zelhnasse, d. h. ein Synzytium, entsteht
(Synzytiotrophoblast, Abb. 14.4). Im Synzytium treten La-
ktmen auf, in die mütterliches Blut aus offenen arteriellen
Merke Dezid ua wird als Bezeichnung fiir die mütterliche
Gefäßen einflieHt Über eröffnete Venen fließt dieses Blut
Uterusschleimhaut in der Schwangerschaft verwendet
(lat. decadere = abfallen, der größte Teil wird nach der ab. Die Blutlakunen vergrößern sich und werden durch das
balkenförmige Relief des Synzytiotrophoblasten unterglie-
Geburt abgestoßen).
dert. In diese Balken (Trabekel) wächst dann der Zytotro-
phobhl.St ein. Der Zytotrophoblast dringt an einigen Zotten-
stämmen an die Oberfläche des Synzytiotrophoblasten tmd

Anschluss einer Lakune


Deziduszellen im Synzytiotrophoblasten
'' an ein mütterliches Gefäß
' '
'

Lakune im __ _ Endomelriums-
Synzytio- - - - drüse
trophoblasten
endomelriales
- - - -- Stroma mit
Deziduszellen

___ _ mütterliches Abb. 14.4 Trophoblast. Etwa 10 Tage


Gefäß alter menschlicher Keim in der Uterus-
schleimhaut, die schon Deziduazellen
- - - - - - - Zytotrophoblast
enthält. Der Trophoblast besteht aus
- -sekundäre stark proliferierendem Synzytiotropho-
Zotte
blast und Zytotrophoblast. Der Synzytio-
trophoblast bildet Lakunen und gewinnt
Anschluss an mütterliche Blutgefäße.
Uterusepithel Der Embryoblast bildet eine zweischich-
.--------------1 ' \ ' \ 'Synzytiotrophoblast tige Keimscheibe, oben: Epiblast, unten:
: Uteruslumen :
'
·--------------1 . ' '
' \ 'Kern im Synzytiotrophoblasten
'
' extraembrvonales Mesenchym
Hypoblast, von deren Rand die Bildung
der Amnionhöhle (oben) und des pri-
mären Dottersacks (unten) ausgeht.
14.4 Plazenta 44 7
bildet Wer peripher eine Zellschicht, die sog. Zytotropho- Amnionhöhle
blastschale, die das Gewebe des Embryos gegen das der
Mutter abgrenzt und für die Verankerung der Frucht im Bald nach der Implantation bildet sich zwischen innerer
Endometriwn große Bedeutung hat. Zellmasse (= Embryoblast) und Trophoblast ein Spaltrawn,
der rasch eine epitheliale Wand erhält, die vom Rand des
Chorionhöhle Die einwärts des Trophoblasten liegende Embryoblasten auswächst Dieser Rawn wird Amnionhöhle
H öhle der Blastozyste wird daraufhin durch das Chorion- genannt, sie wird schnell größer, enthält die Amnionflüssig-
mesoderm ausgekleidet und somit zur Chorionhöhle. Der keit und rungibt bald den Embryo, der sozusagen in iltr
Trophoblast wird durch die ihm innen anliegende Meso- "schwimmt". Das Epithel ist das Amnioncpithcl.
dermscWcht zum Chorion.
Amnionepithel Die Amnionhöhle wird von einschich-
Chorionzotten Im weiteren Verlauf der Entwicklung tigem kubischem Epithel ausgekleidet, das einer schmalen
dringt das Chorionmesoderm in die Trophoblastbalken ein. Bindegewebsschicht attfgelagert ist. Das Amnionepithel be-
Es entstehen Chorionzottcn, in denen in der 4. Schwanger- deckt auch die Nabelschnur, nicht aber Embryo bzw. Fetus.
schaftswoche erste embryonale Blutgefaße auftreten, die Die Amnionepithelzellen besitzen apikal MikrovilH tmd
vom Blut des Embryos durchströmt werden. Die Chorion- sind lediglich dttrch Desmosomen verknüpft. Sie enthalten
zotten sind an der ganzen Oberfläche des Keimes zu finden, in mäßigem Ausmaß Zellorganellen und Glykogen. Zwi-
radiär angeordnet und verzweigen sich. Die Hauptstämme schen den Zellen, die lateral ausgeprägte Interdigitationen
der Zotten wachsen am Endometriwn an (Haftzotten), die bilden, befinden sich Kanälchenstrukturcn, die vermutlich
kleineren Zotten flottieren in den mit mütterlich em Blut T ranspo rtprozessen dienen. Die Zellen lagern attf einer
gefüllten Lakunen. Zur Nomenklatur der Zottenstrukturen Basallamina und einer sch malen Bindegewebsschicht
des Trophoblasten:
• primäre Zotten: rein epitheliale Aussprosstmgen (Zyto- Fruchtwasser Die Am nionhöhle enthält das Frucht-
trophoblast und Synzytiotrophoblast) des Trophoblasten wasser, eine klare Plüssigkeit, die Nährstoffe und kindliche
(2. Woche) AbfallstoftE~ enthält. Ihre Menge beträgt in der 38. Schwan-
• sel.'Uildäre Zotten: extraembryonales Mesoderm dr ingt gerschaftswoche 1000-lSOOml, bis zur 40. Woche nimmt
in die primären Zotten ein (3. Woche) sie bis auf ca. 800-1000 ml ab. Das Fruchtwasser ist wäh-
• tertiäre Zotten: Im extntembryonalen Mesoderm entste- rend der Schwangerschaft isoton, ganz zwn Schluss wird es
hen Blut:kapillaren, die arteriokapilläre Netzwerke bilden, hyperton. Seine Erneuerung dauert ca. 3 h. Zusammen-
die zwn Herzen des Embryos Hiliren (ab 4. Woche). setzung und Tonizität der Amnionflüssigkeit sind streng
reguliert, fetales Prolactin und Cortisol spielen dabei eine
In der 4. Schwangerschaftswoche besitzt der Embryo leis- Rolle, viele Details sind aber noch unbekannt. Der Fetus
tungsfähige Zellstrukturen an seiner Oberfläche. Der Gas- schluckt einerseits das Fruchtwasser, andererseits wird sein
und Stoffaustausch zwischen mütterlichem und embryona- Harn in diese Flüssigkeit abgegeben.
lem Blut erfolgt schon, wie später in der reifen Plazenta, über
folgende Struktttren: Klinik Einige Entwicklungsstörungen können durch die
• SynzytiotrophoblastenscWcht direkte Beurteiltmg des Fruchtwassers mithilfe der Amnio-
• ZytotrophoblastenscWcht sk opie attfgedeckt werden (z. B. Grünfärbung = vorzeiti-
• Bindegewebsraum der Chorionzotten ge Mekonittrnausscheidung, Braunfärbtmg = Hämolyse im
• Endothel der embryonalen Gefäße in den Chorionzotten. Fetus, Fleischwasserfarbe = intrauteriner Fruchttod).
Durch Amniozentese kann Fruchtwasser entnommen
Die ScWchten aus Zytotrophoblasten tmd Synzytiotropho- werden. Die gewonnenen Zellen werden anschließend kulti-
blasten bilden die epitheliale Bcdecktmg der Zotten. Der viert und können attf Chromosomenaberrationen unter-
Synzytiotrophoblast ist besonders stoffi.vechselaktiv tmd bil- sucht werden (z. B. Trisomie 21 ).
det an der Oberfläche Mikrovilli aus, die an das mütterliche
Blut grenzen. Die Zotten entspringen der verdickten Binde-
gewebssch icht, die an die Chorionhöhle grenzt und als Cho- Reife Plazenta
rionplatte bezeichnet wird. In der 13. Schwangerschaftswoche ist die Plazenta ausgereift
(Abb. 14.5, Abb. l4.6) und besteht aus folgenden Anteilen:
Chorion laeve und frondosum Ab der 10. Schwanger- • der bindegewebigen Chorionplattc, der innen (zum Emb-
schaftswochebilden sich die Chorionzotten am abembryo- ryo hin) das Amnionepithel aufliegt
nalen Pol, der zum Uteruslwnen gerichtet ist, langsam zu- • Zottensystemen, die von der Chorionplatte ausgehen und
rück (Chorion laeve), während sie sich am embryonalen in den intervillösen Rawn ntgen, wo sie von mütterlichem
Pol, also an der 7.ur Uteruswand gerichteten Seite, vergrö- Blut ttrnSpillt werden
ßern, wachsen und weiter verzweigen (Chorion frondo- • der Basalplatte (mütterliche Seite).
swn). Diese Seite wird zur Plazenta. Die Chorionhöhle obli-
teriert, da sich die Amnionhöhle stark vergrößert und mit Die Basalplatte besteht aus dem Rest des endometrialen
ihrer Wand dem Chorionmesoderm anlegt. Auch das Stratwn compactum Qetzt Dezidua genannt) und des stark
Cavwn uteri verschließt sich. Der schmale Schleirnhaut- komprimierten Strattuu spongiosum mit einzelnen Drüsen-
sawn über dem "Implantat" verwächst mit der Schleimhaut resten sowie einem weitgehend intakten Strntwn basale.
der gegenüberHegenden Uteruswand. Über die Gefäße der Basalplatte strömt Blut in den intervil-
lösen Rawn ein tmd auch ab.
Die reife Plazenta ist ca. 2-3 cm dick, misst ca. 20 cm im
Durchmesser und wiegt ca. 500 g.
448 14 Befruchtung, Implantation, Plazenta

Zottenstamm

- •V. umbilicalis Zottenstamm


Zottenast (Äste wgescmitten)

--_ Aa t.mbiicales Olorionzotten Choriorplatte TfO(:hoblast

Myomet!lJm

Zottengefäße

uterine Spira/t:vterie

Uterusvene

'Nitabuch-
I Fibmoidstreifen
: ~::;::.i~:iito';;...;.-
~~--~~ ----~- 1 I
: I Basalplatte
I I
I I
I I 1
I
Basalis der
I I
intervilö ser Haft2otten Plazentarseptum Uterusschleimhaut
Raum

Abb. 14.5 Plazentakreislauf (Schema). Das aus den Spiralarterien der Basalplatte unter hohem Druck in den intervillösen
Raum einschießende Blut steigt zunächst zur Chorionplatte auf. Von dort strömt es zurück und umspült die Plazentazotten,
um schließlich über die Uterusvenen wieder abgeleitet zu werden. (Aus (1))

Chorionplatte offene Räume, die Plazentome, bilden. Die Plazentasepten


sind unterschiedlich hoch, zw11 Teil unvollständig Lmd er-
Die Chorionplatte (Abb.l4.7) wird vom kubischen Amnion- reichen mindestens die mittlere Höhe des intervillösen
epithel bedeckt, dessen Zellen über Desmosomen verbun- Raums. Sie sind nie an der Chorionplatte angewachsen. Die
den sind. Recht häutig ist das Amnionepithel metaplastisch Zotten, die sich im Rawn eines Plazentoms befinden, wer-
verändert, d.h. in ein mehrschichtiges Plattenepithel umge- den auch Lmter dem Begriff Lappen zusammengefasst. Ein
wandelt. Das Bindegewebe unmittelbar unter dem Amnion- Lappen bestellt aus mehreren Kotyledo nen, von denen jeder
epithel gehört dem ursprünglichen Amnion an. Es ist gefäß- aus einer Stammzotte Lmd ihren Verzweigungen aufgebaut
frei Lmd geht ohne scharfe Grenze in das Bindegewebe des ist.
Chorions über. Oft findet sich in dieser Grenzzone ein artifi-
zieller Spalt im Präparat.
Hauptbestandteil der Chorionplatte sind große Gefäße Basalplatte
(Äste der Aa. umbilicales und der V. umbilicalis). die in Bin- Die Haftzotten sind primär dLtrch eine Grenzschicht aus
degewebe eingebettet sind. An der Grenze zum Zottenraum Zytotrophoblastzcllen begrenzt lLnd mit ihr am mütterlichen
befindet sich ein durchgehender Synzytiotrophoblast. Der Gewebe der Basalplatte befestigt (Abb. 14.8). In der Basal-
Zytotrophoblast ist hier auf Einzelregionen beschränkt. platte dominieren neben einzelnen Lymphozyten die glyko-
gen- Lmd lipidreichen großen blass-eosinophilen Dezidua-
zellen (Abb. 14.9). In der MatrLx der Basalplatte kommt viel
Zottensysteme und Plazentasepten Typ-N-Kollagen, aber auch Kollagen der Typen I, III lmd
Von der Chorionplatte gehen ca. 30 - 50 dicke Stammzotten V vor. Auch Laminin, Pibroncctin und Heparansulfat tre-
aus (Abb. 14.5), welche sich zu Lunfangreichen und sehr ten verbreitet auf. Im Lauf der Schwangerschaft kommt es
dicht gelagerten Intermediär- und Terminalzotten (Abb. vielfach zu einer Auflockerung in der Kontaktzone. Zyto-
14.5, Abb. 14.7) verzweigen. Insgesamt bilden sie eine Ober- trophoblastzellen wandern in die Basalplatte ein, wo sie
fläche von 10-14 m 2• Einige dieser Zweige, die Haftzotten, mehrkemige, stark basophile Zellen, zwn Teil mehrkernige
sind an der Basalplatte angewachsen. Von der Basalplatte Riesenzellen, bilden können (Abb. 14.10). Diese Zytotro-
selbst gehen sog. Plazentasepten aus, die topflormige. oben phoblastzellen werden auch X-Zellen genannt und können
14.4 Plazenta 449
Amnionepithel
I
,· I
I
I
I

Trophoblastzellen
,,
' Nitabuch-
Fibrinoidslreifen

@ ----- Uterusdruse

Abb. 14.6 Vollständiges Plazentapräparat (Zeichnung). Der fetale Teil der Plazenta besteht 1. aus der Chorionplatte mit
dem sie bedeckenden kubischen Amnionepithel und 2. aus den von der Chorionplatte ausgehenden und sich stark verästeln-
den Zottenbäumen (Kotyledonen), die stellenweise durch sog. Haftzotten mit dem mütterlichen Plazentaanteil der Gegenseite
verankert sind. Der matemale Teil der Plazenta besteht 1. aus der Basalplatte, die aus Resten der Deddua basalis gebildet
wird, und 2. aus den davon ausgehenden Plazentarsepten, die unvollständige Trennwände zwischen den einzelnen Kotyledo-
nen bilden. Färbung: H. E.; Vergr. 27,5-fach. (Aus (1])

auch in die Chorionplatte einwandern. X-Zellen enthalten nen Deziduazellen) durchdringen, wird auch fetomaternaler
das plazentare Hormon Laktogen (s. u.). Die Region, in der Grenzbereich oder Durchdringungszone genannt.
sich kindliche Zellen tmd mütterliches Gewebe (z. B. mit sei-
450 14 Befruchtung, Implantation, Plazenta

Abb. 14.7 Chorionplatte (1) der reifen Plazenta. Abb. 14.9 Basalplatte einer reifen menschlichen Plazenta
*
2 Amnionhöhle; größeres fetales Blutgefäß in der Cho- mit großen, meist ovalen Deziduazellen (-+ ), die epithel-
rionplatte; 3 Zotten; 4 intervillöser Blutraum. Mensch; Fär- ähnliche Verbände bilden. 1 Haftzotte. Mensch; Färbung:
bung: Azan; Vergr. 25-fach. Azan; Vergr. 250-fach.

,-- - ------ - ---- ~ Verwachsungslinie


: Amnionhöhle : Arterie (~ann)
Amnion/Chorion
~--------------2 ' '
Vene (O:z-reich) Amnionepithel
1
• I • I • I • I •
. I
'
I .' I e I e I • I •
-4...
''
~;;:::oF:;oo.
.'
'
J: e I • I • I • I • I • 1 • I • I e I • l'e
'
J e !

- - - Synzytiotrophoblast

- • Zytotrophoblast
Hofbauer-Zelle

"'Ko>mA im
: intervillöser : Synzytiotrophoblasten
: Raum :
----------- Matrixtyp-
Fibrinoid
Fibrintyp - '
Fibrinoid '' '
'
'

Abb. 14.8 Mikroskopische Anatomie


--- wesentlicher Komponenten der aus-
gereiften Plazenta (Schema). Oben:
ufero.plazantare
Chorionplatte mit Amnionepithel, Mitte:
Alterle (~Ich) Stammzotte und intervillöser Raum,
unten: Basalplatte. An verschiedenen
Deziduszellen extravillöse Decidua Stellen kommt es zu Fibrinoidablage-
utero-p azentare Trophoblastzelle basalis rungen (rot: Fibrintyp-Fibrinoid, blau:
Vene (0:1-ann) Matrixtyp- Fibrinoid).
14.4 Plazenta 451
frühen Plazenta noch kernhaltig, in der ausgereiften Pla-
zenta aber nicht mehr (Abb. 14.11).

Ab 5. Monat Ab dem 5. Schwangerschaftsmonat bildet


sich der Zytotrophoblastzunehmend ZllTiick, sodass man in
der normalen Plazenta, die nach der GebllTt des Kindes aus-
gestoßen wird, nur noch einzelne Zytotrophoblastzellen fin-
det. Die Zottenoberfläche wird dann also vorwiegend von
einer unterschiedlich dicken Synzytiotrophoblastenschicht
mit reich entwickelten Zellorganellen und Mikrovillibesatz
gebildet (Abb. 14.12). Über den weiten Kapillaren, die sich
an der Oberfläche vorwölben, ist der Synzytiotrophoblast
sehr dünn, was dem steigenden Sauerstoff- und Nährstoff-
bedarf des Kindes fOrderlich isL. Oie apoptotischen oder
präapoptotischen Kerne des Synzytiotrophoblasten sind oft
Abb. 14.10 Basophtle Zellen des Zytotrophoblasten, pyknotisch und hypercl1romatisch (also klein und dtmkel)
die in die Basalplatte eingewandert sind. Mensch, Färbung: tmd zwn Teil lokal konzentriert, zum Teil liegen sie in
Thionin, Vergr. 150·fach. knospertförmigen Protrusionen des Synzytiotrophoblasten
(Kernknospen, Abb. 14.13, Abb. 14.14). Gruppen von Ker-
nen werden regelmäßig mit etwas Zytoplasma abgestoßen
und in der Lunge der Mutter phagozytierl.
Durchblutung des intervUlösen Raums
Am Boden jedes Plazentoms entspringt mindestens eine
Spiralarterie, deren sauerstonreiches Blut sich in den inter-
villösen Raum ergießt, aufsteigt tmd sich zwischen den Zot-
ten verteilt. Das Blut wird überwiegend seitwärts gelenkt

und fließt in der Peripherie der Kotyledonen nach basal, hier
wird es von mehreren öfrnungen der Venen der Uterus-
wand aufgenommen und abgeleitet. Über die freie Kante der
Plazentarsepten hinweg erfolgt ein Blutaustausch zwischen
benachbarten Plazentomen. Es wird vermutet, dass das
sauerstelfreiche Blut der Spiralarterien das Wachstum der
Zotten besonders anregt und somit flir die Gliederung in
Kotyledonen verantwortlich ist. Offensichtlich sind in einem
Plazentom die Zotten :~.ahlreicher als über den Plazentar-
septen.

Zottenstruktur
Der Aufbau der Plazentazotten verändert sich im Laufe der
Schwangerschaft erkennbar, die wesentlichen Funktionen
bleiben aber dieselben.

Bis 4 . Monat Die Plazentazotten werden bis zum Ende


des 4. Schwangerschaftsmonats von einem durchgehend
zweischichtigen, attf einer Basallami na liegenden Epithel
bedeckt, dessen basale Schicht aus Zytotrophoblastzellen
(Langhans-Zellen) und dessen obere Schicht aus dem Syn-
zytiotrophoblasten besteht (Abb. 14. 11). Die Zytotropho-
blastzellen teilen sich mitotisch. Aus ihnen geht der Synzy-
tiotrop hoblast hervor, der ein postmitotisches Synzytium
(entsteht durch Verschmelzung von Zytotrophoblasten-
zellen) darstellt. Unter dem Epithel findet sich primitives,
embryonales Gewebe, das zuerst faserarm, später aber mit
vielen Kailagertfasern (Kollagen Typen I, III, VI u. a.)
durchsetzt ist. In diesem Gewebe lagern neben Fibroblasten
und Myofibroblasten makrophagenartige, lysosomenreiche •
Zellen, die Hofbauer-Zellen. Oiesen Zellen werden ganz
unterschiedliche Funktionen zugeschrieben: Phagozytose,
lmmurtfunktion, Regulation des Wassergehalts in den Zot-
'
Abb. 14.11 Plazentazotten, 2. Schwangerschaftsmonat.
ten u. a. Wesentlicher Besta ndteil des Bindegewebskerns Zottenquerschnitt mit deutlich zweischichtigem Epithel
der Zotten sind von einer Basallamina un1hüllte, kontinu- (1 Zytotrophoblastenschicht, 2 Synzytiotrophoblasten-
ierliche Blutkapillaren, die im Lattfe der Schwangerschaft schicht). 3 Blutgefäße des Embryos mit noch kern haltigen
größer werden. Die kindlichen Erytl1rozyten sind in der Erythrozyten. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 240-fach.
452 14 Befruchtung, Implantation, Plazenta

Abb. 14.12 Zottenober-


fläche einer reifen mensch-
Uchen Plazenta in einer EM-
Aufnahme. 1 intervillöser
Raum; 2 Synzytiotrophoblas-
tenschicht mit MikrovilU und
3 Kernanschnitten; 3 ange·
schnittene Zytotrophoblasten-
*
zelle; sehr dicke BasaUami-
na; 4 fetale BlutkapiUaren.
Vergr. 4480-fach.

Mensch und höheren Primaten gebaut. Die Gewcbeschich-


ten, die mütterliches und kindliches Blut trennen, sind dann
umfangreicher, weil sich die Gewebe der mütterlichen Seite
nicht zurückbilden.

c Merke Die Plazentaschranke ist eine verhältnismäßig


Abb. 14.13 Reife Plazenta. dichte Barriere, weil im Synzytiotrophoblasten jegliche
Interzellularspalten fehlen. Mütterliches und embryonales
Blut werden zwar durch die Plazentaschranke getrennt,
Plazentaschranke dennoch können viele Medikamente, Alkohol und andere
Gifte durch diese Schranke hindurch treten.
Aufbau Die Plazentaschranke (Piazentabarriere), d.h. die
Gewebeschicht zwischen dem mütterlichen Blut im inter-
villösen Raum und dem embryonalen Blut in den Kapilla- Passage Die Stoffwechselleistungen des Trophoblasten,
ren der Zotte, besteht aus folgenden Komponenten (ähn- speziell des Synzytiotrophoblasten, sind vielniltig, beson-
lich wie schon in den frühen Chorionzotten): ders wichtig sind Transportprozesse Lmd SynthcseleistLm-
• durchgehende Synzytiotrophoblastenschicht gen. Folgende Substanzen bzw. Partikel können die Pla-
• lokale Zytotrophoblastenzcllen zentaschranke passieren:
• Basallamina des Trophoblasten • Die Atemgase 0 2 und C02 werden durch einfache Diffu-
• faserarmes Bindegewebe der Zotten sion ausgetauscht. Das Gleiche trifft für Kohlenmonoxid
• Basallamina der Kapillarendothelien zu. Anästhesie mit Di-Stickstoffoxid (wie zum Teil in der
• Endothelzellen der Zottenkapillaren. Zahnmedizin) solltewährend der Schwangerschaft unter-
bleiben.
Eine solche Plazenta wird hämoch orial genannt. Die Pla- • Mütterliche Im mun globuline der Klasse IgG werden
zentaschranke ist bei vielen Säugetieren anders als bei vom Synzytiotrophoblasten per rezeptorvermittelter En-
14.4 Plazenta 453

Abb. 14.14 Zottenan-


schnitt einer reifen Pla-
zenta, hohe Vergrößerung.
1 intervillöser Raum; 2 Syn·
zytiotrophoblastenschicht;
3 Zytotrophoblastenzellen;
4 .. Kernknospen"; 5 fetale
Blutkapillaren; ~ Hofbauer·
Zellen. Mensch; Plastik·
schnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 600-fach.

dozytose aufgenommen und an die fetalen Kapillaren • Motor für manche Tn~nspo rtprozcsse ist eine Na~-K•­
weitergegeben (passive Immunisierung). Andere Immun- ATPase in der Membran des Synzytiotrophoblastcn.
globulinklassen können die Plazentaschranke nicht pas- Glucose wird mithilfe eines Glucosetransportcrs (Glut 1)
sieren. durch die Plazentaschrcmke geschleust (erleichterte Diffu-
• Mütterliche Antikörper gegen das Rhesus-D-Antigen sion). Fetale Blutzuckerspiegel sind mit dem mütterlichen
dagegen sind plazcntagängig. Ist eine Rhesus-ncgative Blutzuckerspiegel korreliert.
Frau erstmals mit einem rhcsuspositiven Kind schwanger, • Alkohol passiert die Plazentaschranke leicht und kann
bildet sie Anti-Rhesus-D· Antikörper. Diese können bei die mentale Entwicklung des Fetus behindern, außerdem
einer 2. Schwangerschaft mit einem rhesuspositiven Fetus kann Alkohol kraniofaziale Fehlbildungen verursachen.
die Plazentaschranke passieren, das Rhesus-D-Antigen Alkohol wirkt direkt toxisch, kann aber auch über seinen
auf den fetalen Erythrozyten binden, Komplement akti- Metaboliten Acetaldehyd indirekt toxisch wirken.
vieren und die Erythrozyten so zerstören (Hämolyse, in • Infektionserreger (Rö telnviren, Zytomcgalicviren, Her-
diesem Fall als Erythroblastosis fetalis bezeichnet). pes-simplex-Viren, HIV-1, Treponema pallidum [Syphi-
454 14 Befruchtung, Implantation, Plazenta

lisbaktericn] und Toxoplasmen) können die Plazenta- Fibrinoidablagerung


schranke überwinden und zur Erkrankung des Fetus
führen. Rötelnviren können in den ersten 3 Schwanger- Formen Während der Schwangerschaft wird in der Plazen-
schaftsmonaten einen Spontanabort oder schwere Schä- ta zunehmend extrazelluläres eosinophiles Fibrinoid abgela-
den wie Herzfehler, geistige Behinderung, Taubheit und gert, das aus Fibrin, Immunglobulinen, toten Trophoblasten-
Katarakt verursachen. zellen und vermutlich anderen Komponenten bestellt. Zum
Teil werden ganze Zotten durch Fibrinoid ersetzt. Man un-
terscheidet:
Endokrine Funktionen der Plazenta • Langhans-Fibrinoid (Chorionplatte) (Abb. 14.6)
Choriongonadotropin Die Plazenta ist ein großes endo- • Rohr-Fibrinoid, an der Oberfläche von Basalplatte und
krines Organ. Sie produz.iert im Synzytiotrophoblasten hu- Zotten (Abb. 14.6)
manes Choriongonadotropin (hCG), ein Glykoprotein, das • Nitabuch-Fibrinoid, in der Basalplatte, wo sich mütterli-
LH ähnelt und die Progesteronsekretion im Corpus luteum ches und fetales Gewebe durchdringen, aber oberhalb des
Stratum basale (Abb. 14.5, Abb. 14.6).
stimuliert. Es ist bereits eine Woche nach der Befruchtung
im Blut der Mutter nachweisbar (Schwangerschaftsnach-
Typen Es lassen sich 2 Pibrinoidtypen unterscheiden, die
weis).
zusammen vorkommen können und sich farberisch sehr
Progesteron, Östrogen Außerdem bildet die Plazenta älmlich verhalten:
Progesteron und Östrogen. Das plazentare Progesteron • Fibrintyp-Fibrinoid: Es entstellt durch Gerinmmg müt-
übernimmt im Lauf der Schwangerschaft zunehmend die terlichen Blutes dort, wo der Synzytiotrophoblast geschä-
Aufgaben des Gelbkörper-Progesterons und ist fiir die Auf- digt Wltrde. Es ersetzt diesen in seiner Barriereflmktion
rechterhaltung der Schwangerschaft wesentlich. Es hemmt tmd bindet mütterliche Antikörper.
bis Zlun Ende der Schwangerschaft Kontraktionen der Ute- • Matrixtyp-Fibrinoid: Es setzt sich aus extrazellulärer
rusmuskulatur. Der Trophoblast entninm1t den Baustein Matrix zusanm1en, die an basallaminaähnliches Material
Cholesterin flir d ie Steroidhormonsynthese aus dem müt- erinnert und von Trophoblastenzellen sezerniert wird, die
von der Zottenoberfläche auswandern.
terlichen Blut. Die ÖstrogenbildLmg des Trophoblasten
geht von Androgenen aus, die in mütterlicher und fetaler
Nebenniere gebildet werden. Am Ende der Schwangerschaft kommt es in einzelnen Be-
reichen der Plazenta zu GefaßverschHissen, die sog. "weiße
Weitere Hormone Weitere plazentare Hormone sind das Infarkte" bewirken. Die Plazenta löst sich 15- 30 Minuten
plazentare Laktogen (humanes Plazenta-Laktogen [hPL], nach der Gebttrt im Bereich des Nitabuch-Fibrinoids. Nach
Somatoman101otropin), das e.i ne Rolle bei der Bereitstel- Abstoßtmg der Plazenta regeneriert das Endometrium vom
lung mütterlicher Glucose und FcttsällTen flir den Fetus Stratum basale aus.
spielt, Prostaglan dine, Chorionthyrotropin u. a. Parathar-
rnon-verwandtes Protein (PTH-RP) wird in großer Menge
von der Plazenta gebildet und dirigiert den transplazenta-
Plazenta als Allotransplantat
ren Calcituntransport. Der Fetus entspricht einem Allotransplantat, also einem Ge-
webe, das von einem Individuum auf ein anderes Indivi-
duum der gleichen Art übertragen wird. ABotransplantate
Hormonelle Veränderungen vor der Geburt werden üblicherweise abgestoßen, der Fetus jedoch nicht,
Eine wichtige Rolle fi.ir die Einleitung der GebllTt spielt das was noch nicht vollständig erklärt ist. Ein paar Beobachttm-
Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) des Hypothala- gen helfen, die ausbleibende wirksame Immunreaktion der
mus, das in der Schwangerschaft beim Menschen in größe- mütterlichen T-Lymphozyten teilweise zu verstehen:
ren Mengen in der Plazenta gebildet wird. Auch fetales CRH • Der an das mütterliche Gewebe angrenzende Trophoblast
unterstützt den Geburtsvorgang. exprimiert keine klassischen MHC-1-(und auch keine
CRH bewirkt in der fetalen Hypophyse die Preisetzung MHC-II-)Proteine, wodmch er gegen Erkennen tmd An-
von ACTH (Kortikotropin, s. Kap. 11.3), was die Cortisolbil- griff mütterlicher T-Lymphozyten gut geschützt ist. Er
dung in der fetalen Nebennierenrinde stimuliert. Cortisol bleibt aber angreifbar durch NK-Zellen. Diesem Angriff
fördert die Reiftmg der Ltmge und hält die CRH-Bildung begegnet der Trophoblast dadurch, dass er seltene, "nicht
aufrecht. Das fetale ACTH stimuliert aber die fetale Neben- klassische« MHC-Prote.ine exprimiert, v.a. HLA-G. Das
niere, um nicht mtr Cortisol, sondern auch Dcllydroepian- sowohllöslich e als auch membranständige 1-JLA-G-Pro-
drosteronsulfat (DHEA-S) zu bilden. DHEA-S wird in der tein bindet an 2 wichtige irnmunoglobulinälmliche Re-
Plazenta zu Östrogen mngewandclt, das seinerseits in das zeptoren (KIRl und KIR2) in der Membran der NK-
Blut der Mutter übertritt. Hohe Östrogenspiegel leiten die Zcllen tmd macht so illre Angriffe unwirksam.
Gebttrt ein. Die Uterusmuskulatur wird in die Lage versetzt, • In der Grenzregion Mutter-Fetus bewirkt das plazentare
mit den Wehen zu beginnen (Oxytocinrczcptoren und Ne- Enzym Indolanlin-2,3-Dcoxygenase (lDO) einen Mangel
xus entstellen). Oxytocin löst peristaltische Kontraktionen an Tryptophan, was die Funktion mütterlicher T-Zcllen
der Uterusmuskulatur aus. Östrogen fördert auch die Bil- einschränkt.
dung von Prostaglandinen in den Embryonalhäuten, die • In der genannten Grenzregion werden Zytokine sezer-
wiederum im Zcrvixgewcbe die Enzymprod uktion induz.ie- niert, z. B. TGFJ3, IL-4 und TL- I0, die die Aktivität mütter-
ren. Diese Kollagen abbauenden Enzyme bewirken, dass das licher T Hl-Zcllen unterdrücken.
Zcrvixgewebe beim Gebltrtsvorgang weicher und verform- • Bei Mäusen ist während der Trächtigkeit der T-Zell-
bar wird. Rczeptor vermindert exprimiert. Dies ist vermutlich auch
beim Menschen so.
14.5 Nabelschnur 455
• Die Plazenta bildet Hormone mit immunsuppressiver Atemorgan, das der Eisehaie innen anliegt. Der primäre
Wirktmg: htunanes Choriongonadotropin (hCG), Corti- Kapillarreichtum der Allantois befähigt dieses Organ in
costeroide und Östrogen. besonderem Maße, zu Plazentastrukturen beizutragen.
• Bindegewebe: Die Bindegewebsmatrix enthält Biindel
feiner Kollagenfibrillen (Abb. 14.16) und in reichem
14.5 Nabelschnur Maße Hyaluronsäure tmd Proteoglykane. Die Fibroblas-
ten sind noch in der reifen Nabelschnur sehr aktive, große
Die 50 -60 cm lange Nabelschnur verbindet Plazenta und Zellen. Blutkapillaren fehlen in der Nabelschnur.
Leibesfrucht und hat Versorgtmgs- tmd Entsorgungsfunk-
tion. Sie besteht aus einem Strang g-allertigen Bindegewebes,
der vom Amnionepithel bedeckt wird und in dem die
2 Aa. umbilicales und eine V. umbilicalis verlaufen tmd ein
Rest vom Allantoisgang zu finden ist (Abb. 14.15):
• Gefäl~e: Die V. umbilicalis fiilirt 0 2-reiches Blut, die
2 Umbilikalarterien leiten 0 2 -armes Blut aus dem Emb-
ryo bzw. Fetus in die Plazenta.
c
Abb. 14.16 Gallertiges
• Allantoisgang: Der in den ersten Schwangerschaftsmo- Bindegewebe.
naten noch gut ausgebildete Allantoisgang ist in der rei-
fen Nabelschnur weitgehend zurückgebildet. Die Allan-
tois ist die rudimentäre embryonale Harnblase. Bei
Reptilien tmd Vögeln ist ihre kapillarreiche Wand auch C 14 Lernhinweise zu Kapitel14

Abb. 14.15 Reife Nabel-


schnur im Querschnitt.
1 Aa. umbilicales, besitzen
keine Elastica interna;
2 V. umbilicalis, besitzt eine
gut ausgebildete Elastica
interna; ~ Rest des Allan-
toisgangs. Nach der Geburt
ist das Lumen der Arterien
durch Ausbildung von Längs-
wülsten weitgehend ver-
schlossen. Mensch; Färbung:
Azan; Vergr. 5-fach.
KAPITEL

Weibliche Brust und Brustdrüse


15.1 Drüsenkörper ••• 0 •• 0 • 0 • 0 •••••• 0 • 0 • 457 15.2 Warzenhof und Brustwarze • 0 0 0 0 • 0 ••• 0 463
15.1.1 Gangsyst em ....................... 457
15.1.2 Drüsenläppchen ••••• 0 0 •• 0 •••• 0 • 0 •• 0 459 15.3 Hormonale Steuerung der Brustdrüse ... 464
15.1.3 Binde- und Fettgewebe • 0 • 0 • 0 •••••••• 463

Brust (Mamma) und Brustdrüse (Milchdr üse, Gl. manuna- In medizinisch-biologischer H insicht kommt der weib-
ria) sind Struk turen, die bei beiden Geschlech tern gleich- lichen Brustdrüse auf dreierlei Weise eine wichtige Bedeu-
artig angelegt werden. Nur bei der Prau erfahrt die Brust tung zu:
nach der Pubertät eine weitere Entwicklung. Das epitheliale • Sie bildet die Milch, die für den Neugeborenen und Säug-
Drüsengewebe entwickelt sich aus der embryonalen Epider- ling in den ersten Lebensmonaten die natürlich e Nahrung
mis unter dem Einfluss mütterlichen Prolactins und Östro- ist und alle erforderlichen Nährstoffe enthält.
gens und plazentaren Progesterons. Beim männlich en Fetus • Die weibliche Brust besitzt im Verh alten zwischen den
bildet sich das Drüsengewebe bis auf einzelne Milchgänge Geschlechtern Signal- und Auslöserfunktion.
unter dem Einfluss von Testosteron ZLtrü ck. • Von der Brustdrüse geht bei der Frau die h äufigste b ös-
artige Geschwulst aus, das Mammakarzinom.

15.1 Drüsenkörper
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Funktionell wichtigster Bestandteil des Drüsenkörpers ist zellen. In der laktierenden Drüse bilden die Endstücke
die Brustdrüse, die auf jeder Seite aus 12 - 20 eng mitein- weitlmnige Alveolen mit milchbildenden Drüsenepithel-
ander verbundenen Einzeldrüsen besteht, die alle getrennt zellen und verzweigten Myoepithelzcllen. Die laktierenden
auf der Brustwarze ausmünden. W ichtigste Abschnitte des Epithelzellen bilden die Bestandteile der Milch. Das Milch-
Gangsystems sind (vom AusmündLmgsbereich bis zu den fett wird apokrin abgegeben, Milchproteine, Milchzucker
Endstücken) der große Ausführungsgang (liegt in der und andere Komponenten werden mittels Exozytose
Brustwarze), der Milchsinus, die Milchgänge (Ductus Iac- ausgeschleust Das Milchkasein bildet spezifische, im Elek-
tiferi) Lmd die terminalen 1.arten Endverzweigungen (T er- tronenmikroskop erkennbare Kaseinmizcllen. Die Milch-
minalg'.inge), die mit den Endstücken in den Läppchen in bildung steht unter dem Einfluss von Prolactin, das Aus-
Verbindung stehen. Das Ga ngsystem hat ein zweischich- pressen der Milch wird vom Oxytocin beeinflusst.
tiges Epithel. Zwischen den Drüsenläppchen ist in der nicht laktie-
Die Driisenendst iicke in den Drüsenläppchen unter- renden Drüse ein mnfangreich es Binde- und Fettgewebe
scheiden sich stark je nach Punktionsphase: Nicht laktie- ausgebildet, das während der Schwangerschaft Lmd der
rend sind sie kleine knospenartige Gebilde mit sehr engem Laktation zugunstcn der wachsenden Milchdrüse zurück-
Lumen, kubisch en bis prismatisch en Epithelzellen und gedrängt wird.
mehr oder weniger gut ausdifferenzierten Myoepithel-

Wesentlicher Bestandteil der Manuna ist der Drüsenkörper 15.1.1 Gangsystem


(Corpus mammae), der sich aus Binde- und Fettgewebe
sowie den epithelialen Drlisenstrukturen zusammensetzt Milchgänge Der H auptabschnitt des Gangsystems sind
Ursprünglich sind in jeder Mamma 12-20 Einzeldriisen die verzweigten Milchg'.inge (Ductus lactiferi). Ihre End-
(Drüscnlappen) angelegt, die aber bei der erwachsenen Frau verzweigungen sind die zarten terminalen Gänge, die das
kaum noch als Einzelstrukturen zu unterscheiden sind. Sekret der Endstücke eines Drüsenläppchens (Lobulus)
Jeder Drüsenlappen zeigt aber seine Eigenständigkeit da- aufnehmen (Abb. 15.2). Tenninale Gänge und Endstücke
durch, dass er mit einem eigenen Ausführungsgang an der werden auch als "duktulotenninale Einheit" bezeichnet.
Oberfläche der Mamille ausmündet. Die terminalen Gänge dringen bis in die Drüsenläppchen
Das epitheliale Drüsengewebe eines Drüsenlappens diffe- vor, wo sie in der nicht laktierenden Drüse nicht scharf ge-
renziert sich in ein ausgedehntes Gangsystem und Drüsen- gen die Endstücke abgegrenzt sind.
läppchen (Abb. 15.1).
458 15 Weibliche Brust und Brustdrüse

Montgomery-
DrOsen
'' Drusenläppchen
'' ,, ''
' \ ,---terminaler Gang

,,, :
:
\ l
\'
, : \l
: '
Ausführungs- ./ Milchsinus
gang
Fettzelle --- ,'
••
tenninaler Gang--- ',-
-- --- e> '' ,,
'•'
Epithelzellen
der Tubuloalveoli
intralobuläres
Bindegewebe------
- - -Biutkapillare
Abb. 15.1 Drüsenstrukturen in der
interlobuläres
i} - -- -Piasmazelle nicht laktierenden Brust-(Milch-)Drüse
Bindegewebe • • • ·-- --- ........ {Schema).

Milchsinus und Ausführungsgang Die Milchgange bil-


den kurz vor ihrer Mündung im basalen Bereich der Brust-
warze eine Erweiterung, den Milchsinus (Sinus lactifer col-
ligens). Der Milchsinus setzt sich in den Ausfi.ihrungsgang
(Ductus excretorius = Ductus papillaris) fort, der in der
Brustwarze verläuft und an ihrer Spitze ausmündet. Die
Ausfi.ihrungsg'ange münden beim Menschen getrennt von-
einander aus, ihre Zahl entspricht der der Drüsenlappen,
also 12 -20.

Präparat Im histologischen Präparat finden sich meist


mehrere Anschnitte der Milchgänge unterschiedlichen
Durchmessers im stratren Bindegewebe zwischen den
Drüsenläppchen {Abb.l5.2). Die Milchgänge können ins

Abb. 15.2 Gangsystem (nicht laktierende Milchdrüse). Abb. 15.3 Milchgang (nicht laktierende Milchdrüse) mit
* kleinerer Ast der Milchgänge; ~ Tubuloalveoli in Drüsen- zweischichtigem Epithel, *
Lumen. Mensch; Färbung: H. E.;
läppchen. Rhesusaffe; Häutchenpräparat; Färbung: Hämato- Vergr. 250-fach
xylin; Vergr. 20-fach.
15.1 Drüsenkörper 459
Lumen vorspringende Palten bilden tmd sind dicht von
elastischen Pasern umsponnen. Ihre Wand wird von einem
zwcischichtigen kubischen Epithel aufgebaut, dessen basale
Schicht aus Myoepithelzcllen besteht (Abb. 15.3). Die api-
kale Zellschicht ist reich an Keratinfilamenten. Sie ist in ge-
ringem Maße sekretorisch aktiv und trägt apikal eine gut
ausgebildete Glykokalix.

Klini k Bösartige Veränderungen in der Brust (Brustkrebs,


Mam makaninom) entstehen meist durch ungehemmte
Proliferation der Gangepithelien oder, viel seltener, der
Tubuloalveoli der Läppchen. Brustkrebs ist eine klonale Er-
kranktmg. die auf eine transformierte Zelle zurückgeht und
sich über eine lange Zeit unbemerkt entwickelt. Vorsorge
und frühe Diagnose sind daher besonders wichtig. Bei der
Entstehung von Brustkrebs haben genetische Faktoren,
Hormone (Kap. 15.3) - insbesondere Östrogene - tmd ver-
mutlich auch Umweltfaktoren einen Einfluss. Bmstkrebs ist
die häufigste Krebserkranktmg bei Prauen. In Deutschland
kommt es in1 Jahr zu ca. 60000 Neuerkranktmgen und ca.
10000-15 000 Todesfallen. Die Inzidenz ist steigend. In
Ostasien erkranken Prauen viel seltener an Brustkrebs als in
Mitteleuropa. Sie weisen niedrigere Östrogen- tmd Proges-
teronspiegel auf als Prauen in den USA tmd Ettropa. Hin-
sichtlich der Prognose sind mehrere Variablen wichtig, z.B.
Ttunorgrößc, Lymphknotenbefall tmd Nachweis von Tu-
morzellen in den Mikrogefäßcn. Das Mammakarzinom me-
tatasiert zunächst über Lymphbahnen in die regionalen
Lymphknoten (meist in der Achselhöhle), dann hämatogen
in Knochen, Haut, Lunge, Leber tmd Gehirn. Brustkrebs Abb. 15.4 Drüsenläppchen (nicht laktierende Milchdrüse).
tritt selten auch bei Männern auf. 1 intralobuläre terminale Gänge, denen Tu buloalveoli (2) an-
*
sitzen; zellreiches Mantelgewebe der Läppchen (intralobu·
läres Bindegewebe); 3 interlobuläres Bindegewebe. Mensch;
15.1.2 Drüsenläppchen Färbung: H. E.; Vergr. 150-fach.
Die Stmktur der epithelialen Läppchenstmktttren unter-
scheidet sich bei nicht laktierenden und laktierenden Drü-
sen erheblich.

Nicht laktierende Drüse


Tubuloa lveoli In der nicht laktierenden ("ruhenden") D
Drüse sind Ausführungsgang und Milchsinus, die ver- Abb. 15.5 Zytokeratin 19
zweigten Milchgänge, interlobuläre Gänge sowie terminale (CK19).
Gänge und ilmen zugehörige kleine, einfache Läppchen
ausgebildet (Abb. 15.2, Abb. 15.4). Diese Läppchen bauen
sich aus wenig verzweigten tubulusähnlichen Endstücken
{"Tubuloalveoli", heute oft auch Azini genannt) auf, die Sekretorische Leistungen der Gangepithelien Die Epi-
aus kubischen bis prismatischen zytokeratinreichen Epi- tllclzellen der Gänge - auch die der laktierenden Brust-
thelzellen (Milchdrüsenepithelzellen, Abb. 15.5) tmd einzel- drlisc - bilden eine ganze Reihe antimikrobieller Pcptide
nen Basalzellen bestehen. Letztere sind meist gering oder tllld Proteine, z. B. Defensine, Lysozym tmd Transfcrrin.
mäHig ausdifferenzierte Myoepitllelzellen. In den Tubulo- AltHerdem bilden sie verschiedene Muzine tmd besitzen
alveoli kommt es im Laufe eines Monatszyklus zu pro- eine stark negativ geladene Glykokalyx, was die Bcsiedelung
liferativen, apoptotischen und sekretorischen Prozessen dttrch Mikroorganismen behindert.
(Abb. 15.6, Abb. 15.7). Eine variable Zahl von Epitllelzellen
cxprimiert in ihren Kernen Östrogen- und Progesteronre-
Laktierende Drüse
zeptoren (Abb. 15.7). Das Lun1en der Tubuloalvcoli ist eng
und im Lichtmikroskop oft nicht erkennbar. Die Tubulo- Während der Schwangersch aft wandelt sich die nicht laktie-
alvcoli münden in den unscharf abgesetzten Anfangsab- rende Drüse zur laktierenden Drüse um. Die Laktation be-
schnitt der ternlinalen Gänge ein, der aus dem Läppchen ginnt zum Zeitpunkt der Gebttrt des Kindes.
austritt und sich mit einem kleinen interlobwär en Gang
verbindet. In den intralobwären Anteilen der ternlinalen Veränderungen In der laktierenden Drüse gehen die
Gänge kommen einzelne epitheliale StamnlZCllcn der Drü- intralobwären Endverzweigungen des Gangsystems konti-
sen vor. nuierlich in die jetzt gut abgrenzbaren wcithunigcn, dicht
460 15 Weibliche Brust und Brustdrüse

Abb. 15.6 Protein bcl-2. Immunhistochemischer Nach- Abb. 15.8 Laktierende Milchdrüse. Die Endstücke der
weis (relativ kräftige Braunfärbung einzelner Zellen) des tubuloalveolären Milchdrüse bestehen aus kubischen bis
protektiven Proteins bcl-2 in den Drüsenläppchen (nicht prismatischen Epithelzellen, die apikal oft weit in das Lumen
laktierende Milchdrüse). Das Protein bcl-2 schützt Zellen ragende Vorwölbungen ausbilden (-+ ). In den Vorwölbungen
vor der Apoptose. -+ bcl-2-positive Zellen. Mensch; liegen bis zu 5 11m große Lipidtropfen, die apokrin sezerniert
Vergr. 250-fach. werden. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1])

'


aAbb. 15.9 Zytokeratin 7
• {CK7) .


' ••
0

' a
Abb. 15.10 Apikale Zell-
membran laktierender
Milchdrüsenepithelzellen.
Abb. 15.7 Progesteronrezeptor. Immunhistochemischer
Nachweis in Zellkernen (Braunfärbung) von Endstücken und
terminalen Gängen der nicht laktierenden Brustdrüse. Lage von kubischen und prismatischen Epithelzellen
Mensch; Vergr. 250-fach. (Milchdrüsenepithelzellen, Marrunaepithelzellen, Laktozy-
ten) und Myoepithelzellen sowie einer Basallarnina.

nebeneinanderliegenden alveolären Endstücke über (Abb. Laktierendes Epithel In der laktierenden Drüse bieten
15.8, Abb. 15.9). Die Wand der sezernierenden Endstücke die sezernierenden Endstücke (Alveolen) der einzelnen
der laktierenden Alveolen besteht aus einer einschichtigen Läppchen ein variables Bild. Sie sind in unterschiedlichem
15.1 Drüsenkörper 461
Ausmaß mit Milch gefüllt, und die Höhe des laktierenden se) eingeschlossen, was zu einem erheblichen Einstrom von
Epithels variiert erheblich. Laktierende Milchdrüsenepi- Wasser, Ionen und kleinen Molekülen flihrt, Lun die osmo-
thelzellen (s.u.) exprimieren an ihrer apikalen Zellmemb- tische Balance aufrechtzuerhalten. Das Kasein bildet spe-
ran spezielle Kohlenhydrate, die sich mithilfe von Lektinen, zielle Aggregate (Mizellen, Abb. 15.12). Ca\ciLun, Phosphat
insbesondere dem Erdnusslektin (nPNA = peanut aggiuti- und Citrat werden überwiegend an die Kaseinmizellen ge-
nin"), nachweisen lassen (Abb. 15. 10). bunden. Der Inhalt der Vesikel wird exozytotisch ausge-
schleust
Milchdrüsenepithelzellen Paratharrn on-verwandtes Protei n Interessant ist, dass
Zellkontakte Die Drüsenepithelzellen sind über Zonulae das laktierende Drüsenepithel erhebliche Mengen an Parat-
ocdudentes (Tight Junctions), Zonulae adhaerentes, Ma- hormon-verwandtem Protein (PTH-RP) bildet. Dies Pro-
culae adhaerentcs und Nexus (Gap Junctions) verbunden tein ist strukturell und funktionell dem Parathormon ver-
(Abb. 15.11). Ausdehnung und Konfiguration der Zonulae wandt, vermutlich beeinflusst es den Calciluntransport.
ocdudcntes verändern sich vor und während der Laktation
erheblich. Unmittelbar vor der Geburt sind die Tight Junc- Milchfettkugeln Das Milchfett (Trig!yceride) sammelt
tions recht durchlässig, was ZLun Teil die Ähnlichkeit der sich in der Zelle in Form von bis zu 4-5 1-lJll großen Trop-
Vormilch (Kolostnun) mit dem Blutplasma erklär t. In den fen, die apokrin abgegeben werden (Abb. 15.13). Dies
ersten Tagen nach der Geburt nimmt die Durchlässigkeit bedeutet, dass die abgeschnürten Milchfettkugeln in der
stark ab. Die meisten Transportprozesse finden dann wäh- Milch von einer Plasmamembran umhüllt sind. Die Mem-
rend der Laktation transzellulär statt. bran der Milchfettkugeln trägt beim Menschen wie die api-
kale Zellmembran eine komplexe Glykokalyx aus verschie-
Zytoplasma Das Zytoskelett (Aktin- und Keratinfila- denen Glykoproteinen, darunter Muzinen (MUCl, MUC3
mente, Mikrotubuli) der Zellen ist stark entfaltet. Die Dr ü- u.a.) mit negativen Ladungen. Wahrscheinlich spielt diese
senepithelzellen besitzen in der Laktationsphase ein reich Glykokalyx eine Rolle bei der Infektabwehr im Darm des
entwickeltes raues ER, in dem die Milcheiweiße und das Neugeborenen. Des Weiteren kommen in der Milchfett-
Milchfett synthetisiert werden. Der supranukleäre Golgi- kugclmembran Proteine vor, darunter Xanthinoxidase und
Apparat ist sehr umfangreich. Aus dem Golgi-Apparat ge- Butyrophilin, ein Protein der Imnmnglobulin-Superfamilie.
hen große sekretorische Vesikel (Granula) hervor, die u.a. Tabelle 15.1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Be-
Milcheiweiße (z.B. Kasein, Laktoferrin, Laktalbmnin) ent- standteile der Milch von Mensch und Kuh. Eine gesunde
halten. In diese Vesikel wird auch der Milchzucker (Lakto- Frau bildet ca. einen Liter Milch pro Tag.

Kolostrum Milch - auch die des Menschen - enthält Im-


munglobuline (vor allem sekretorisches dimeres IgA), wo-
bei die Vormilch (Kolostrum) mehr von diesen Molekülen
Kaseinmizelle Milch!eu-
enthält als die reife Milch. Weiteres Merkmal des recht
'
.,
kugeln --
'
'
terminales
Netz dickflüssigen gelblichen Kolostrums sind die in variabler
Menge auftretenden Leukozyten (darunter Neutrophile,
Eosinophile und Lymphozyten), unter denen die sog. Ko-
lostrmnkörperchen besonders auffallen. Bei diesen handelt
sich Lllll fettbeladene phagozytierende Zellen monozytären
Ursprungs.
M~ochon<lrium.

Golgi·
Apparat-
Tab. 15.1 Bestandteile der Milch im Vergleich.

Gehalt (je 100 ml) Mensch Kuh

~~e~aij ~ 66
Protein (g) 0,9-1,2 3,3
Verhältnis Molke-Protein zu Kasein 80:20 20:80

Fett (g) 3,8 3,7


! ~tkapillare~---Ba~lamina Linolsäure ('Yo des Gesamtfetts) 13 4
En<lozy1ose- C :) ~
ve~ukel
Laktose (g) 7 4,5
Abb. 15.11 Feinstruktur laktierender Milchdrüsenzellen
(Schema). Das Milchfett wird mittels apokriner Mechanismen Mineralstoffe (Asche in g) 0,2 0,7
sezerniert, die Milchfettkugeln tragen einen dichten Besatz
negativ geladener Muzine. Milcheiweiße (z. B. Kasein), Calcium (mg"'o) 30 125
Milchzucker u. a. werden exozytotisch aus Sekretionsgranula Phosphor (mg"'o) 15 95
freigesetzt. (Aus [1))
462 15 Weibliche Brust und Brustdrüse

•• • •



1


Abb. 15.12 Apikales Zytoplasma einer laktierenden Milchdrüsenzelle in einer EM-Aufnahme. 1 Lumen der Alveole;
2 Golgi-Apparat; 3 Sekretionsgranula mit Kaseinmizellen.-+ Kaseinmizellen im mit Milch gefüllten Lumen; 4 raues ER;
5 Upidtropfen. Ratte; Vergr. 20700-fach.

zcllen bauen hier ein korbähnliches Geflecht auf Lmd sind


über Desmosomen und Gap Junctions untereinander ver-
knüpft. In den Alveolen Lmd den Drüsengängen spielen sie
c eine wesentliche Rolle bein1 Auspressen der Milch aus der
Abb. 15.13 Lipidtropfen Drüse Lmd besitzen Rezeptoren fiir das in der Neurohypo-
in einer laktierenden physe freigesetzte Hormon Oxytocin, das sie stimuliert.
Milchdrii.s enzelle.

Involution
Ende der Stillperiode Nach Abschluss der Laktations-
Myoepithelzellen phase kommt es wr Rückbildung (Involution) der Drü-
Die Myoepithclzcllen entsprechen in ihrem Aufbau glatten senepithclien. Die Milchsekretion versiegt, wenn die Brust
Muskelzcllen. Sie sind in den kleineren Gängen spindel- nicht mehr vollständig entleert wird. Gestautes Sekret wird
förrnig und relativ dicht gepackt und bilden im Epithel der von Makrophagen phagozytiert, die Alveolen zerfallen, und
Alveolen basal gelegene verzweigte Zellen. Die Myoepithel- es bleiben nur die Gänge und einfache Läppchen mit weit-
15.2 Warzenhof und Brustwarze 463

gehend ruhenden Endstücken (Abb. 15.4) erhalten. Beim tung zu. Seine Proteoglykane binden nicht nur Wasser,
Abbau der Alveolen spielen TGFß-3-induzierte Apoptose- sondern auch Proteasen, Inhibitoren von Proteasen tmd Si-
vorg'cinge und Makrophagen eine erhebliche Rolle, auch der gnalmoleküle (z.B. Wachstumsfaktoren: EGF, TGFß, IGF).
Abbau der Basallamina ist von wesentlicher Bedeuttmg bei Die Wachstumsfaktoren werden über die Milch vom Neu-
der Involution. geborenen aufgenommen. Sie spielen eine Rolle beim
Wachstum des kindlichen Verdauungstrakts.
Klimakterium Wenn im Laufe des Klimakteriums die
Ovarialfunktion zurückgeht, kommt es zur sog. senilen In- Klinik Eine Vergrößerung der männlichen Brust wird Gy-
volution der Milchdrüse. Oie Drüsenläppchen bilden sich näkomastie genannt. Sie kann pathologisch oder physio-
in ihrer Gesamtheit zunehmend zurück. Es bleibt nur ein logisch sein. Unter pathologischer Gynäkomastie versteht
Rest des Gangsystems erhalten. Im Epithel der Gänge kön- man eine vergrößerte Brust aufgrund vermehrten Drüsen-
nen Unregelmäßigkeiten mit Zellvermehrung auftreten. gewebes und proliferierenden Stromagewebes bei Männern.
Mögliche Ursachen sind z. B. Defekte der Testosteronsyn-
15.1.3 Binde- und Fettgewebe these oder überschießende Östrogenbildttng. Letztere ist die
Ursache für die Gynäkomastie bei chronischen schweren
Interlobuläres Bindegewebe Das Bindegewebe des Drü- Lebererkranktmgen, bei denen die Leber den Östrogen-
senkörpers zwischen den Läppchen (interlobuläres straffes abbau nicht mehr bewältigt. Häufig wird eine pathologische
Bindegewebe, Abb. 15.1, Abb. 15.4, Abb. 15.14) ist kolla- Gynäkomastie durch Medikamente, z.B. Antidepressiva,
genfaserreich, relativ zellarm und enthält tmterschiedlich Calcitmlkanalblocker, ACE-Hemmer und Oiazepam, verur-
große Areale mit univakuolären Fettzellen. Das Fettgewebe sacht. Eine sog. physiologische Gynäkomastie besteht oft bei
nimmt mit dem Al ter zu. Größere Blutgefäße sowie Lymph- Neugeborenen beiderlei Geschlech ts, in der Pubertät und im
gefäfk (Abb. 15. 14) sind h äufig anzutrefl'e n. h ohen Alter bei Männern.
Gutartige Veränderungen der Brust treten in groHer
Intralobuläres Bindegewebe Das Bindegewebe d er Vielzahl vor allem bei Prauen auf, und zwar im Bereich des
Läppchen zwischen den Endstücken (in tralobuläres Binde- Drüsenepithels oder des Bindegewebes, oft sogar gleichzeitig
gewebe, Mantelgcwebe) ist dagegen faserarm, proteogly- in beiden Gewebeformen. Meistens handelt es sich um sog.
kanreich, zellreich und reich an kleinen Blutgefäßen. Es fibrozystische Veränderungen mit kleinen Zysten tmd Hy-
enthält nicht nur aktive Pibrozyten, sondern auch Plasma- perplasie von Drüsenepithel und Bindegewebe. Wenn die
zellen, Lymphozyten ttnd Makrophagen. Mastzellen treten Hyperplasien atypisch sind, besteht ein erhebliches Risiko,
vereinzelt im Mantelgewebe und in großer Zahl im straften an Brustkrebs zu erkranken.
Bindegewebe zwischen den Läppchen auf. Dem Mantelge-
webe kommt bei Wachstums- ttnd Rückbildungsprozessen
der epithelialen Drüsenstrukturen eine besondere Bedeu- 15.2 Warzenhof und Brustwarze
Im Warzenhof (Arcola) und in der Brustwarze (Mam1lle)
kommt reichlich sympathisch innervierte glatte Muskulatur
• vor (Abb. 15.15, Abb. 15.16), die sich durch mechanische
Reiztmg (z.B. durch den Mund des Säuglings) kontrahieren
" ". kann. Dadurch kommt es zur Verfestigung und Erektion der
Brustwarze. Das komplexe System der glatten Muskulatur
steht mit feinen verzweigten elastischen Sehnen in Zusam-
, menhang, die v. a. in der Dermis und der Epidermis der
• Brustwarze verankert sind (elastisch-muskul öses System) .

Ausführungsgänge In der Mamille finden sich 12-20


Ausfühnmgsg'cinge (= Ductus papillares, Abb. 15.15, Abb.
15.17), die aus den weitlumigen Milchsinus hervorgehen .

.. .... Montgomery-Drüsen Der Warzenhof enthält 20 - 30 ge-


knäuelte tubuläre Montgomery-Drlisen, die in ihrer his-
tologischen Struktur apokrinen Duftdrüsen entsprechen
(Abb. 15.18). Oie sekretorischen Endstücke bestehen aus
basalen Myocpithclzcllcn ttnd den sezernierenden Epithel-
, zellen, deren Höhe je nach Funktionszustand varüert. Der
Ganganteil ist zweischichtig kubisch. Das Sekret der Mont-
gomery-Drüscn ist gelblich-orange gefarbt tmd dient der
• luftdichten Verbindung zwischen der Mam1lle und den

I
. • Lippen des Säuglings während des Trinkvorgangs .

Weitere Bestandteile. Des Weiteren kommen im War-


Abb. 15.14 lnterlobuläres Bindegewebe in der Laktieren- zenhofviele kleine Talgdrüsen (ohne Beziehtmg zu Haaren)
den Mamma. 1 Lymphgefäße mit Klappen(~). 2 Läppchen und einzelne Schweißdrüsen vor. In der Epidermis des
mit Laktierenden DrüsenzeUen. Afrikanischer Elefant; Warzenhofs und der Mamille finden sich viele Melanozyten
Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. und zahlreiche Pigmentkörnchen in den Keratinozyten.
464 15 Weibliche Brust und Brustdrüse

2 •

Abb. 15.15 Mamille, Übersichtsvergrößerung. 1 Milch- Abb. 15.17 Basale Region der Mamille. 1 Milchsinus;
sinus; 2 längs angeschnittener Ductus papillaris (insgesamt 2 Ductus papillaris; ~ glatte Muskulatur. Mensch; Färbung:
sind 4 Ductus papillares angeschnitten); 3 Epidermis; H. E.; Vergr. 150-fach.
~ Bündel glatter Muskelzellen. Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 12-fach.

cAbb. 15.18 Montgomery-


c Drüsen.
Abb. 15.16 Bindegewebe
in der Mamille.

und in der Neurohypophyse freigesetzt wird, ist verantwort-


15.3 Hormonale Steuerung der lich flir die Kontraktion der Myocpithelzcllen und das Aus-
pressen der Milch. An den meisten der genannten Funk-
Brustdrüse tionen sind auch Insulin, Thyroxin, Glucocorticoide und
In der Kindheit unterliegt die Brustdrüse keinem hormonel- Wachstumshormone beteiligt.
len Einfluss. In der Pubertät wird das Wachstum von Brust
und Brustdrüse vor allem durch Östrogene reguliert. In der Klinik Unter Galaktorrhö versteht man pathologische
Schwangerschaft wächst und differenziert sich die Drüse Milchsekretion aufgrund fehlgesteuerter Prolactinsekretion
insbesondere unter der synergistischen Kontrolle von Ös- bei Frauen und Männern. Dem liegt ein Versagen der hypo-
trogenen, Progesteron, Prolactin und plazentarem Lakto- thalamisehen Hemmung der Prolactinsekretion durch Dop-
gcn. Während der Laktation steuert das Prolactin der Ade- amin zugrunde. Auch zahlreiche Medikamente, die das
nohypophyse die Synthese der Milch im DrüsenepitheL ZNS beeinflussen (psychotrope Substanzen, Antiemetika,
Während dieser Zeit besteht die Adenohypophyse zu Methyldopa), flihrcn zu vermehrter Prolactinsekretion.
60 -80~ aus Prolactin bildenden Zellen. Oxytocin, welches
in neurosekretorischen Zellen des Zwischenhirns gebildet C 15 Lernhinweise zu Kapitel 15
KAPITEL

Haut
16.1 Epidermis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 16.4 Hautdrüsen . . . . . . . ............... 4 75
16.1.1 Keratinozyten ..................... 466 16.4.1 Ekkrine Schweißdrüsen ............... 475
16.1.2 Weitere Zelltypen der Epidermis ........ 471 16.4.2 Apokrine Duftdrüsen . ............... 476
16.4.3 Holokrine Talgdrüsen . ............... 477
16.2 Dermis .......................... 474 16.5 Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
16.2.1 Stratum papillare ................... 474 16.5.1 Aufbau der Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
16.2.2 Stratum reticulare . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 16.5.2 Wachstum der Haare . . . . . . . . . . . . . . . . 480
16.2.3 Gefäße ....................... ... 474
16.6 Nägel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483
16.3 Subkutis ..................... ... 475 16.7 Sinnesstrukturen der Haut . . . . . . . . . . . 483

- - - - - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Die Haut (Kutis) besteht aus Epidermis und Dermis. Un- Fasern und Blutgefäßen. Sie enthält freie sensible Nerven-
ter der Dermis liegt die Subkutis. Die Epidermis ist ein endigungen, die in die Epidermis eindringen können,
mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel, dessen Zellen, Meissner-Tastkörperchen und andere Rczeptorstruktu-
die Keratinozyten, sich im Laufe von 4 Wochen erneuern. ren. Die Subkutis besteht vor allem aus univakuolärem
Neben den Keratinozyten kommen in der Epidermis Mer- Fettgewebe und besitzt auch Sinneskörperchen, z. B. die
kcl-Zellen (Tastsinneszellen), Langerhans-Zellen (Zellen Vater-Pacini-Lamcllcnkörperchen. Haare, Nägel und
des Immunsystems) und Melanozyten (Pigmentzellen) Drüsen sind die sog. Anhangsgebilde der Haut.
vor. Die Dermis ist reich an Kollagenfasern, elastischen

Die Haut (Kutis) bildet die Körperoberfläche, sie ist das plexe Bindegewebsstrukturen an, sondern auch Nerven,Sin-
größte Organ des Körpers. Ihre Fläche beträgt bis zu ca. neskörperchen, Blut- und Lymphgefäße. Die ebenfalls zur
2m2• Die Haut hat vielfältige Aufgaben: Haut gehörenden Haare, NägelLmd Drüsen werden als An-
• Schutz vor mechanischen, thermischen, mikrobiellen und hangsgebilde der Haut bezeichnet. An den Hand- und Fuß-
chemisch-toxischen Schäden und vor Krankheitserregern sohlen bildet die Oberfläche der Haut ein spezifisches Leis-
aus der äußeren Umwelt tenmuster aus, die Haut wird hier Leistenhaut genannt. An
• Schutz vor Wasserverlust allen anderen Stellen des Körpers bildet sie eine feine Pelde-
• Absorption von Strahlung rung und wird Felderhaut genannt. Haare gibt es nur auf
• Temperaturregulation der Felderhaut
• Sinneswahrnclunung
• Signale an die Umwelt Klini k In der Haut spielen sich viele spezifische Krank-
• immunologische Überwachung heiten ab, die mit unterschiedlichen Symptomen wie z.B.
• Bildung von Vitamin D unter dem Einfluss von Sonnen- Rö tungen, Knoten oder Blasen einhergehen. Im Aussehen
licht (UV-B). der Haut spiegeln sich aber auch viele andere Krankheiten,
auch psychische, wider.
Im allgemeinen täglichen Sprachgebrauch werden alle
Schichten der KörperoberBäche Haut genannt. In der ana-
tomischen Nomenklatur hingegen werden nur die beiden 16.1 Epidermis
oberen Schichten
• Epidermis (Oberhaut) und Die Epidermis (Oberhaut) bildet die unmittelbare Oberflä-
• Dermis (Korium = Lederhaut) che des Körpers und seine Grenze gegen die Umwelt. Sie
besteht aus mehrschiebtigern verhorntem Plattenepithel, das
als Haut (= Kutis) bezeichnet. Die unter dieser Kutis befind- von den Keratinozytcn (Kap. 16.1.1) aufgebaut wird. Die
liche Schicht ist die Subkutis (Hypodcrmis = Unterhaut). Epidermis der Leistenhaut ist auffällig dick (0,4-0,6 mm),
Kutis und Subkutis zusammen bilden die Hautdecke (lnte- die der Felderhaut verhältnismäßig dünn (75- 150 J.lm). Die
glllnentwn commune). Der Haut gehören nicht nur das Epidermis enthält zusätzlich Melanozyten, Langerhans-Zel-
kräftige verhornte Plattenepithel der Epidermis und kom- len und Mcrkcl-Zellen, die locker verteilt in ihren tieferen
466 16 Haut

Schichten vorkommen (Kap. 16.1.2). Die Epidermis ist nicht Krankheitsprozesse abspielen, die zu diagnostisch wegwei-
nur eine dynamische tmd anpasstmgsfähige Schutzschicht sender Verdickung der Basalmembran führen können, z. B.
Sie istauch sekretorisch aktiv und bildetz.B. antimikrobielle beim Lupus erythematodes.
Peptide wie die Defensine.
Die Oberfläche der Epidermis verläuft entweder glatt
16.1.1 Keratinozyten
(Felderhaut) oder sie bildet Leisten aus (Leistenhaut). Auch
ihre Unterseite bildet Leisten aus, die in die Dermis hinein- Keratinozyten als spezifische Epithelzellen der Epidermis er-
ragen, tmd die Reteleisten heißen (Abb. 16.1, Abb. 16.5). neuern sich im Laufe von 4 Wochen und bilden dabei typi-
Die Epidermis lagert auf einer kräftigen Basalmembran sehe Differenzienmgsstadien. Die Differenzierung ist gene-
(dermal-epidermale Junktion), an der sich oft spezifische tisch programmiert. Sie beginnt mit dem postmitotischen

Abb. 16.1 Kutis und


Subkutis ("Haut") einer
Fingerkuppe. Die Haupt-
schichten sind hier gut zu
erkennen. Die Epidermis ( 1)
ist in Schichten gegliedert:
In der Tiefe befinden sich die
lebenden Zellen, es folgt ein
schmales dunkles Band mit
Zellen, die zu verhornen be-
ginnen (Stratum granulosum),
und außen liegen die toten
verhornten Zellen. 2 Stratum
papillare der Dermis, 3 Stra-
tum reticulare der Dermis,
4 Fettgewebe der Subkutis,
5 ekkrine Schweißdrüsen;
~ Blutgefäße in der Dermis;
* Vater-Pacini-Lamellen-
körperchen. Mensch;
Färbung: Masson-Trichrom;
Vergr. 25-fach.
16.1 Epidermis 467
Keratinozyten in der Epithelbasis und endet mit einer kern- Strata basale, spinosum und granulosum bestehen aus
losen verhornten Zelle. lebenden Epithelzellen. Strata basale und spinosum werden
auch als Stratum germinativum zusammengefasst, da in
Klinik Die Psoriasis (Schuppenflechte) ist durch eine über- diesen Epithelschichten Zellteilungen stattfinden. Stratum
schießende Proliferation der Epidermiszellen gekennzeich- luddum und Stratum corneum sind aus toten Epithelzellen
net. Der Zellumsatz dauert bei dieser Hautkrankheit nur aufgebaut.
1 Woche anstelle der 4 Wochen in normaler Epidermis.
Stratum basale Die basale Epithelschicht (Strattml basa-
le, Basalschicht, Abb. 16.3) besteht aus kubischen oder pris-
Schichten matischen Keratinozyten. Diese bilden feine basale Fort-
Die Differenzierung der Keratinozyten spiegelt sich in der sätze ("Füßchen") zu Basallamina und Bindegewebe hin
Ausbildung von Schichten in der Epidermis wider (Abb. aus, die zur Verankemng des Epithels dienen. Die Keratino-
16.2). Folgende Schichten lassen sich tmterscheiden: zyten der Basalschicht sind über Hemidesmosomen an der
• Strattun basale Basallamina befestigt (Abb. 16.3a). Das Zytoplasma der Ke-
• Stratmn spinosmn ratinozyten ist durch zahlreiche Bündel aus Keratinfilamen-
• Strattun granulostun ten (Tonofilamenten) und freie Ribosomen, Polysamen
• Strattun luddum (nur in der Leistenhaut) und einige kurze Zisternen des rauen ER gekennzeichnet.
• Strattun cornetun.

Abb. 16.2 Epidermis.


a: Schichten der Epidermis
(Unterarmbeugeseite,
Mensch). 1 Stratum basale
(öfter mit supranukleärem
Pigment, z. B. im linken Bild-
drittel); 2 Stratum spinosum;
3 Stratum granulosum;
4 Stratum corneum;
.... Melanozyten (im H. E.-
Schnitt bei Hellhäutigen
häufig mit hellem, ballonier-
tem Zytoplasma);~ feine
Zytoplasmafortsätze mit
Desmosomen, über die die
Epidermiszellen verknüpft
sind. Färbung: H. E.; Vergr.
450-fach. b: Basaliom (B),
Karzinom der Basalzellen,
beim Menschen. Die basalen
Zellen vermehren sich un-
kontrolliert und beginnen,
sich in die Tiefe auszudeh-
nen (~ ), haben aber die
Basallamina der Epidermis
noch nicht durchbrachen.
N normale Epidermis. Fär-
bung H. E., Vergr. 250-fach.
(Präparat PD Dr. Dr. Ch.
Schubert)
468 16 Haut

b c
16.1 Epidermis 469
In der basalen Zellschicht gibt es ständig teiltmgsfahige
StammzeUen, die an Mitosefiguren oder an positiver Reak- -~-
tion mit dem Antikörper Ki67 zu erkennen sind. Diese Zel-
len besitzen keine oder nur kurze Füßchen und liegen v.a.
über den Papillen der Derm.is. Aber nicht nur Stammzellen
sind durch Mitosefiguren gekennzeichnet; aus den Stamm-
zellen gehen ztmächst teilungsfreudige Vorläuferzellen •
hervor. Erst postmitotische Keratinozyten treten in den
Differenzierungsweg zu den verhornten Epithelzellen ein. 1 j

Mitosefiguren finden sich auch noch im Stratwn spinostun


(Abb. 16.4).

Stratum s pi nosum Der Basalschicht folgt das mehrere



Zelllagen dicke Stratum spinosum, die Stachelzellschicht.
Hier sind die Keratinozyten volwninöser und polygonal. • •
Jede Zelle bildet an ihrer Oberiläche kttrze stacheiförmige
Fortsätze aus, die m.it gleichartigen Fortsätzen der N ach-
barzellen (auch denen aus der Basalschicht) Kontakt auf-
nehmen. Den Kontakt stellen kräftige Desmosomen (Abb.
I6.3b) her, die oft.am Ende der kurzen Fortsätze liegen. Ke-
... •

ratinfilamentblindel sind in reichem MaH vorhanden. Der


Interzellulärrawn ist relativ weit, von vielen Mikrovilli und Abb. 16.4 Proliferierende Keratinozyten in Stratum
Mikrofalten angrenzender Zellen gesäw11t (Abb. I6.3b) und basale und spinosum der Epidermis (1). Mensch; immun-
enthält, wie die Matrix vieler Bindegewebe, Hyaluronan. histochemischer Nachweis (Ki67-Antikörper) proliferierender
Zellen (Braunfärbu ng der Kerne, -+ ). Vergr. 250-fac h.
Stratum granulosum Die abgeflachten Zellen der 1-3
Zelllagen dicken Körnerschicht (Stratwn granuloswn) ent-
halten basophile Granula (Abb. 16.3c, Abb. 3.1.8), die aus
Keratinfilamentbündeln und Keratohyalin bestehen (Kera- an dem viele Enzyme beteiligt sind und der einer besonde-
t ohyalingranula) tmd nicht von einer Membran begrenzt ren Form der Apoptose entspricht.
sind. Das Keratohyalin enthält eine Vorstufe des Proteins
Filaggrin (Protofilaggrin). Die Zellen bilden des Weiteren Stratum comeum DasStratum comeum (Hornschicht) ist
0,1-0,3 ~ große membranbegrenzte Lamellenkörper die äußere Schicht der Epidermis, die aus mehreren Lagen
(Abb. I6.3d), die Proteine (saure Hydrolasen) und verschie- toter verhornter Zellen aufgebaut ist. Sie bildet eine äußere
dene Lipide (u. a. das Glykolipid Acylglucosylceramid) ent- Barriere, die den Körper gegen die Außenwelt schü171 und
halten. Sie geben iliren Iipidhaitigen Inhalt in den Interzel- hilft, das innere Milieu aufrechtzuerhalten. DasStrattun cor-
lulärratun ab, wo sich die Lipide in den Interzellulärspalten newn ist in den einzelnen Körperregionen unterschiedlich
des Stratwn cornewn ausbreiten und diese in bestimmter dick, am dicksten ist es attf der Leistenhaut
Hinsicht versiegeln: Es entsteht eine Wasser abweisende Im Strattun cornewn verlieren die kern- und organell-
Barriere in der Epidermis, und auHerdem wird ein Wasser- losen Zellen (Hornzellen, Korneozyten) 50 -80~ Wasser
verlust mit Austrocknen des Körpers verhindert. Die obe- tmd bestehen vorwiegend (ca. 80~) aus Keratin, das in eine
ren Keratinozytcn des Stratwn granuloswn sind tmterein- Matrix eingebettet ist. Das Prototilaggrin zerfallt in Filag-
ander nicht mtr durch Desmosomen, sondern auch durch grin-Monomere, die eine did1te Zusammenlagenmg aller
Zonulae occludentes verbunden. Keratinfilamente bewirken Die Keratinfilamente werden
durch Disulfidbrlicken verknüpft. Der Komplex aus Fllag-
Stratum luddum Auf das Stratwn granulosum folgt in grin tmd Keratinfilamenten füllt die ganze Zelle aus tmd
der Leistenhaut eine eosinophlle Übergangsschicht (Stra- macht sie widcrstandsfahig und flexibel. Der Zellm embran
ttun lucidtun). Sie ist unterschiedlich klar ausgeprägt und lagern sich innen komplexe Proteine an und bilden eine tm -
markiert den Übergang der tiefen Schicht lebender Zellen lösliche feste, aber verbiegbare H iille, die sowohl mit dem
zu den toten verhornten Zellen. Das Stratwn lucidtun kann Keratin als auch mit der Zellmembran verbunden ist. Die
im tmgefarbten Schnitt bei verstelltem Kondensor stark Zellmembran selbst wandelt sich in eine Schicht polarer
aufleuchten, daher kommt der Name. In dieser Schicht ge- Lipide tun. Die flachen, schuppenf6rmigen Zellen bleiben
hen Zellkern und Organellen rasch zugrtmde, ein Prozess, Ubcr Desmosomen verknüpft. Der lnterzellulärrawn ist mit

<111 Abb. 16.3 Epidermis in EM-Aufnahmen. a: Basis der Epidermis. Im Zytoplasma der Basalzellen (1 ) zahlreiche Ribosomen
und Intermediärfilamente (Keratinfilamente, Tonofilamente), die dichte Bündel bilden (*); ~ Hemidesmosomen; -+ Basal-
lamina; 2: Bindegewebsmatrix unter der Basallamina. Mensch, Vergr. 49 960-fach. b: Keratinozyten (1) im Stratum basale der
Epidermis. B Basallamina, ~ : Desmosomen, -+ Bündel aus Keratinfilamenten, * l nterzellulärraum, dessen begrenzende Ober-
fläche durch zahlreiche Mikrovilli und Mikrofalten der Zellmembranen benachbarter Keratinozyten stark vergrößert ist. Ratte,
Vergr. 12 000-fach. c: Epithelzelle im Stratum granulosum mit Keratohyalingranula (~). die dichtem proteinhaltigem Material
entsprechen (s. Text), das in Tonofilamentbündel (* ) eingelagert wird. Vergr. 20 100-fach. d: Lamellenkörper (*) in Kerati-
nozyten am Übergang des Stratum granulosum (1) zum Stratum comeum (2). Rind, Vergr. 66740-fach.
470 16 Ha ut

Abb. 16.5 Haut der Finger-


beere. Die dicke Epidermis
(1) bildet außen ein Wellen-
muster aus (entspricht dem
Leistensystem der Hautober-
ftäche). Oie Hornschicht ist
sehr dick, im unteren Drittel
ist das schwärzlich gefärbte,
stark basophile Stratum gra-
nulosum (~ ) erkennbar.
2 Stratum papillare der Der-
mis; 3 Stratum reticulare der
Oermis; 4 Subkutis mit Fett-
zellen; 5 Vater-Pacini-Lamel-
lenkörperchen. * Reteleisten.
Schweißdrüsen (~) sind vor-
wiegend zwischen den Fett-
läppchen der Subkutis zu fin -
den. Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 45-fach.

dem Iipidhaitigen Material der Lamellenkörper (Abb. 16.3d) Zellerneuerung Neubildung, Differenzierung und Ab-
versiegelt und ist wasserundurchlässig. Lipidlösliche Sub- schilferung der Keratinozyten stehen im Gleichgewicht. In
stanzen, darunter auch Medikamente in Salben, können der Basalschicht neu entstandene Zellen benötigen beim
aber in die Epidermis eindringen. An der Oberfläche der Menschen ca. 2 Wochen, um sich zu ZeHen des Stratum
Epidennis schilfern die Hornzellen ab. corneum zu entwickeln. In dieser Schicht wandern sie im
Verlauf von ca. 2 weiteren Wochen an die Oberfläche der
Klinik Scabies (Krätze) ist eine Hautkrankheit, die durch Epidermis, wo sie durch Ablösung aus dem Epithelverband
die Kr'.i.tzmilbe (Sarcoptes scabiei) verursacht wird. Befruch- verloren gehen. Insgesamt bleiben die Zellen ca. 4 Wochen
tete Weibchen bohren Gänge in das Stratum corneum (z. B. im Epithel.
der Handgelenksbeuge und der Pingerseiten) und legen hier Die Neubildung der Epidenuls erfolgt unter dem Einfluss
Eier ab. Starker Juckreiz, eitrige Entzündung, Ekzembildung vieler Faktoren und Hormone, deren Expression bei der
u.a. kennzeichnen das Krankheitsbild. Die Tiere ernähren WundbeiJung der Epidermis gesteigert ist. Beispiele sind:
sich überwiegend von den toten Hornzellen. epidennaler Wachstumsfaktor (EGF, Abb. 16.6), Keratino-
zyten-Wachstumsfaktor und Retinsäure ("retinoic acid"), ein
Derivat des Vitamins A. Bei der Wundheilung spielen auch
Differenzierung der Keratinozyten Basallamina und Matrix der Dermis eine wichtige Rolle.
Zur Differenzierung gehören: Synthese und Modifizierung
von Strukturproteinen (v.a. Keratinen), Bildung, Umwand- Merke Die Epithelzellen der Epidermis (Keratinozyten)
lung und Abbau von Zellorganellen, Apoptose, Verände- differenzieren sich in einem vierwöchigen Umwandlungs-
rungen der Zellgestalt, Veränderungen der Zellmembran prozess zu toten, kcrn- und organelllosen schuppenförmi-
und Wasserverlust gen Zellen, die an der Oberfläche abgeschilfert werden.

Keratinmoleküle In den verschiedenen Epidermis- Säureschutzmantel An der Oberfläche der Epidermis


schichten kommen unterschiedliche Keratinmoleküle vor, herrscht ein saurer pH-Wert von ca. 5,7, was ein wichtiger
die die jeweiligen Schichten kennzeichnen. In den basalen Schutzfaktor ist. Über sein Zustandekommen ist noch nicht
Zellen treten z. B. niedermolekulare Keratine (Keratine K5 viel bekannt, vermutlich beteiligen sich an seiner Entste-
und K14) auf, die mit der Proliferation assoziiert sind. Die hung Komponenten aus dem Schweiß und aus den Talg-
oberen Epidermiszellen exprimieren Kl und Kl 0, an Hand- drüsen, Schweißdrüsen besitzen eine Protoncnpumpc.
und Fußflächen findet sich Kl9.

Klinik Mutationen der Keratine K5 und Kl4 Hiliren zu erb-


lichen Blasen bildenden Krankheiten (Epider molysis bul-
losa simplex).
Die häufig auftretenden Karzinome (v. a. Basaliome, a
Abb. l 6.2b) sind oft mit chronischer Sonnenexposition kor- Abb. 16.6 Rezeptor des
reliert. Bei unzureichender Ozonschicht (Feuerland, Patago- epidermalen Wachstums-
nien und Australien) treten solche Basaliome vermehrt auf. faktors.
16.1 Epidermis 471

16.1.2 Weitere Zelltypen der Epidermis Melanin Melanin findet sich sowohl in den Melanozyten
selbst als auch in den Keratinozyten. Ein Melanozyt ver-
Zu den weiteren Zellen der Epidermis gehören Melano- sorgt ca. 35 Keratinozyten mit Pigment (epidermale Mela-
zyten, Langerhans-Zellen tmd Merkel-Zellen (Abb. 16.7). nineinheit). Bei hellhäutigen Menschen enthalten die Me-
lanozyten meist kaum Melanin lll)(l sind dann aufraHend
Melanozyten helle, etwas ballonierte Zellen. Am sichersten lassen sie sich
immunhistochemisch nachweisen (Abb. 16.8). Dtmkelhäu-
U ngef<ihr jede 10. Zelle in der Basalschicht ist ein Melanozyt. tige Ethnien bilden mehr Melanin, sodass alle Zellen, auch
Dabei variiert die Zahl der Melanozyten in den einzelnen die Keratinozyten, speziell in den basalen Epithelschichten
Körperregionen, ist aber bei allen Ethnien des Menschen an- dicht mit Melaningranula angeflillt sind (Abb. 16.9). In den
nähernd gleich. Melanozyten synthetisieren als einzige Zel-
len der Epidermis braunes Pigment, das Melanin (kommt
als Eumelanin [braun]tmd Phäomelanin [rötlich ] vor), das
sie aber in erheblicher Menge an Keratinozyten weitergeben.
Beim Menschen unterscheidet man 3 Melanozytentypen:
• epiden11ale Melanozyten, übertragen das Melanin auf
Keratinozyten
• uveale Melanozyten (in Uvea des Auges: lrisstroma, Ziliar-
körper, Aderhaut), bilden nur Eumelanin
• Melanozyten der Haarzwiebeln, teilen sich in der Ana-
genphase, bilden Ell\11elanin und Phäomelanin.

Melanozyten en tstammen der Neuralleiste und entwickeln


sich aus Melanoblasten. Stammzellen der Melanozyten be-
finden sich im Wulst des Haarfollikels.

Morphologie Melanozyten bilden schlanke Zellfortsätze,


die sich zwischen den Keratinozyten ausbreiten und weit
ins Stratll\11 spinOSll\11 hineinreichen (Abb. 16.7, Abb. 16.8, Abb. 16.8 Melanozyten (rot) in der Haut des Menschen;
Abb.16.11). Sie bilden keine Desmosomen aus, sind aber immunhistochemischer Nachweis mithilfe des MEL-Antikör-
mit den Keratinozyten über eigene Cadherine verbunden. pers. Vergr. 100-fach. (Präparat PD Dr. Dr. Ch. Schubert)

Abb. 16.7 Zelltypen der Epidermis (Sche-


ma). Die Keratinozyten (K) sind Epithelzellen,
sie bilden die Masse der Epidermiszellen. Ihre
Differenzierung führt zur Schichtenbildung:
1 Stratum basale; 2 Stratum spinosum;
3 Stratum granulosum; 4 Stratum corneum.
Im Stratum granulosum treten die Kerato-
hyalingranula (grün) als erster Hinweis für die
Verhornung auf. Die Zellen produzieren des
Weiteren Lamellenkörper (rot), deren Lipide L
den Interzellulärraum gegen Verlust, aber
auch Eindringen von Wasser versiegeln. Die
Melanozyten (M) bilden in unterschiedlicher
Menge dunkelbraune Melanosomen, die auch
in die Kerati nozyten übertragen werden. Die
Merket-Zellen (Me) sind innervierte Rezeptor-
zellen, die aber vermutlich auch lokal aktive
Faktoren produzieren. Die Langerhans-Zellen
(L) nehmen in die Epidermis eingedrungene
Antigene auf und differenzieren sich außer-
halb der Epidermis zu antigenpräsentierenden
Zellen. Freie Nervenendigungen (N) dringen Ba
in die unteren Epidermisschichten ein
(Ba = Basallamina). (Aus (1])
472 16 Haut

Abb. 16.9 Haut eines dunkelhäutigen Menschen mit


reich entwickeltem braunem Melaninpigment in den basalen
Zellschichten der Epidermis. Das Pigment ist sowohl in den
Melanozyten (Pigmentproduktion) als auch, und zwar mehr-
heitlich, in den Keratlnozyten zu finden. Färbung: H. E.;
Vergr. 100-fach.

höheren Epidermisschichten verliert sich das Melanin wie- Abb. 16.10 Melanozyt (1) in der Epidermis. -+ Melano-
der, es werden also v. a. basal gelegene Zellen, einschließlich somen, 2 Keratinozyt. Tenrek, Vergr. 20000-fach.
der sich teilenden Stamm- und Vorläuferzellen, geschützt.
In der Dermis findet man teilweise Makrophagen, die
Melanin phagozytiert haben (Melanophagen).

Synthese Die Melanozyten synthetisieren Melanin in


eigenen Org,mellen (Melaningranula, Melanosomen, Abb.
16.10, Abb. 16.11 ), wobei das entscheidende Enzym die
Tyrosinkinase ist. Die Melanosomen entstehen im Golgi-
Apparat und weisen Zeichen der Verwandtschaft mit Lyso-
...
EJco.IEndozytose
'
Desmosom

somen auf (saurer pH-Wert, einige saure Hydrolasen u.a).


Die reifen Melani ngranula wandern dann in schlanke Fort-
sätze (Dendriten), in denen sie sich mithilfe des Motorpro-
tcins Kinesin entlang von Mikro tubuli bis weit nach distal
bewegen. Das letzte Stück der Wandenmg in den Dendri-
tlmspitzcn erfolgt mithilfe von Aktin und Myosin. Melanin
wird dann oft paketweise in die Keratinozyten übertragen,
die es selbst nicht synthetisieren können (Abb. 16.11). Die
Melaninsynthese wird durch UV-Licht, Zytokine, MSH
und auch ACTH intensiviert. Die Keratinozyten konzen -
trieren häufig das Melanin kappenfcirmig über ihrem Kern
(Schutz der DNA vor der UV -Strahlung).

Klinik Solare Lentigin es (Leberflecken) sind gutartige


Hautver'cindenmgen und bestehen aus hyperplastischen
Melanozyten, die vermehrt Melanin bilden. Sie entstehen
besonders an sonnenexponierten Hautstellen.
Das Fehlen von Enzymen (v. a. der Tyrosinase) fUhrt zu
mangelhafter Pigmentbildung, im Extremfall zu Albinis-
mus.
Bei bösartigem Wachstum der Melanozyten entstehen die Basalamins Melanozyt Keratinozyt
gefährlichen Melanome. Golgi-Apparat Hemldesmosom

Abb. 16.11 Melaninsynthese und Transport der schwarz-


Langerhans-Zellen braunen Melaningranula von Melanozyten zu Keratinozyten.
Funktion Langerhans-Zellen (bena nnt nach dem Patho- An der Übertragung des Pigments sind vermutlich verschie-
logen, Arzt und Biologen Paul Langerhans, 1847-1888) sind dene Mechanismen beteiligt, einerseits Exo- und Endozytose,
noch unausgereifte antigenpräsentierende interdigitierende es wird nur der Inhalt der Metanosomen abgegeben.
16.1 Epidermis 473
Langerhans-Zellen können Antigene, die in die Epidermis
eingedrungen sind, aufnehmen. Nach Antigenaufnahme
verlassen sie die Epidermis tmd wandern in die lymphati-
schen Organe (z. B. Tonsillen oder Lymphknoten), wo sie zu
reifen interdigitierenden dendritischen Zellen heranwach-
sen tmd T-Lymphozyten aktivieren. Langerhans-Zellen sind
auch regelmäßiger Bestandteil unverhornter mehrschichti-
ger Plattenepithelien, z.B. der Vagina, des Präputituns (in-
nen), des Analkanals, der Mundhöhle und des Ösophagus,
die oft Eintrittspforten für Krankheitserreger sind, z. B. HIV.

Morphologie Langerhans-Zellen befinden sich vorwie-


gend im Stratum spinostun tmd besitzen einen unregel-
mäßig gestalteten, eingekerbten Kern (Abb. 16.7). Ihr Zyto-
plasma enthält viele Mitochondrien, Vimentinfilamente
Abb. 16.12 Langerhans-Zellen (rot) in der Epidermis; tmd Birbeck-Granula (s.u.). Sie bilden viele Portsätze aus,
immunhistochemischer Nachweis von COla. Mensch, die ein recht dichtes Netzwerk in der Epidermis bilden. Sie
Vergr. 450-fach. (Präparat PD Dr. Dr. Ch. Schubert) sind nicht über Desmosomen mit ihren Nachbarzellen ver-
bunden. Am besten lassen sie sich immunhistochemisch
(CDl, S-100-Protein, XY-MEL) nachweisen (Abb.l6.12).
dendritische Zellen (Kap. 6.2.2). Sie entstammen einer Zell- Auf elektronenmikroskopischer Ebene sind kleine spezifi-
linie des Knochenmarks (verwandt mit der Zelllinie der sche längliche Granula (Birbeck-Granula) kennzeichnend
Makrophagen) tmd sind in die Epidermis eingewandert. Die (Abb.l6.13).

Abb. 16.13 Langerhans-


Zellen mit Birbeck-Granula
(~ ). Die Birbeck-Granula
sind länglich und besitzen
an einem Ende eine Auf-
treibung, sie ähneln einem
Tennisschläger. Maus, Vergr.
72000-fach. (Präparat Prof.
Dr. H. Bartels, München)
4 74 16 Hau t
Zwei Schichten lassen sich von außen nach innen in der
Klinik Selten und bevorzugt im Kindesalter gibt es gefähr- Dermis unterscheiden (Abb. 16.1 , Abb. 16.5), das Stratum
liche Hauterkrankungen, die insbesondere durch Papeln aus papillare und dasStrattun reticware.
Langerhans-Zell-Infiltraten gekennzeichnet sind.

16.2.1 Stratum papillare


Lymphozyten
Das Stratum papillare liegt ttnter der Epidermis und bildet
Einzelne Lymphozyten Jassen sich regelmäßig in den tiefe- die primären ttnd sekundären Bindegewebspapillen, die mit
ren Epidermisschichten finden. Wie in anderen Epithelien den Reteleisten der Epidermis verzahnt sind. Diese locker
handelt es sich hierbei oft um CD8-positive T-Lympho- gebaute Schicht enthält mehr Typ-lli- als Typ-I-Kollagen.
zyten. Sie besitzt zahlreiche Blutkapillaren (Abb. 16.14), die vor
allem der Ernährung der Epidennis dienen. In vielen Binde-
Merkel-Zellen gewebspapillen, speziell in der Leistenhaut, befinden sich
Meissner-Tastkörperchen.
Die Merkcl-Zellen (benannt nach dem Anatomen Friedlich
Merke!, Göttingen, 1845 -1919) entstehen wahrscheinlich
in der Epidermis und liegen in den tieferen Anteilen der 16.2.2 Stratum reticulare
Epidcnnis. Sie enthalten eigene Zytokeratine, die denen von
Das Strattun reticulare ist die tiefere Dermisschicht. Sie be-
Drüsenzellen ähneln, kleine dichte Gramua (Durdunesser
steht aus dichtem, ttnregelmäßig angeordnetem Bindege-
80-100 run, enthalten Neuropeptide) und kräftige, k urze
webe, in dem das Typ-I-Kollagen überwiegt. Des Weiteren
Fortsätze, die etwas an Sinneshaare erinnern. Sie sind über
kommen hier dicke elastische Pasern vor (Abb. 3.2.17).
Desmosomen mit Nachbarzellen verknüpft (Abb. 17.50,
Abb. 17.5 1). An ihrer Oberlläche findet sich eine große sen-
sible Nervenendigung. Sie sind Mechano-(Druck-)Rezcp- Klinik Übermäßige Lichtexposition löst die Schädigung
toren, wahrscheinlich sind sie aber auch neurosekretorisch und Fragmentiemng der elastischen Pasern in der Dermis
aktiv (S. 523). (Elastose) aus, besonders bei weißhäutigen Menschen. Auch
im Alter verändern sich die elastischen Fasern. Licht schä-
digt auch das Kollagen, das sich in erheblichem Maße zu-
Klinik Es gibt Merkcl-Zell-Karzinome.
rückbilden kann.

16.2 Dermis Merke Die Dcnnis besteht aus Bindegewebe ttnd bildet
2 Schichten, das kapillarreiche Stratum papillare und das
Die Dermis (Lederhaut, Korium) ist das spezielle Bindege- kollagenreiche Stratum reticulare.
webe der Haut; sie macht zusammen mit der Subkutis bis zu
ca. 15-20% des Körpergewichts aus. Wichtige Funktionen
sind der Schutz vor Verletzungen und die Speicherung von 16.2.3 Gefäße
Wasser. Außerdem verleiht sie der Haut Festigkeit und Elas-
tizität. Die Dennis besteht aus Kollagen, elastischen Fasern, Arterien Die Arterien der Hautzweigen aus den Gefäßen
Mikrofibrillen, Hyaluronsäure, Dermatanst!lfat, Flbronec- der Muskulatur ab und laufen dtrrch die Subkutis zur Ober-
tin, N erven und Gefäßen. In der Derrnis sind verschiedene fläche. Sie bilden an der Grenze der Subkutis zur Dermis
Zelltypen wie Fibrozyten, Makrophagen, Lymphozyten und ein arterielles Gefäßnetz, parallel dazu läuft ein venöses Ge-
Mastzellen zu finden. fäßnetz. Einige abzweigende Arterienäste ziehen zurück
zum subkutanen Fettgewebe und versorgen auch die End-
stücke der Schweißdrüsen in der Subkutis und die Haar-
wttrzeln. Andere, aufsteigende Aste bilden einen Plexus un-
ter den Papillen des Strattun papillare. Aus diesem Plexus
entspringen die schlingenförmigen KapiUaren in den Bin-
degewebspapillen, die die Epidermis versorgen.

Venen Das kapilläre Blut sammelt sich in einem subpapil-


lären Venenplexus, dessen Dtrrchbluttrng die Wärmeab-
gabe beeinflusst. Aus diesem Plexus fliegt das Blut in den
tieferen Plexus an der Dermis-Subkutis-Grenze, der auch
Venen aus der Subkutis aufninunt. Der weitere Abfluss er-
folgt über größere Venen außerhalb der Körperfaszie. Zahl-
reiche arteriovenöse Anastomosen können das arterielle
Blut trnter Umgehung der papillären Kapillaren direkt in
den subpapillären Venenkomplex leiten.

Lymphgefäß e Lymphgefäße bilden einen subpapillären


Abb. 16.14 Drei Bindegewebspapillen (P) mit reich Plexus und einen größeren Plexus an der Dermis·Subkutis-
entwickelten Kapillaren, die oft rot gefärbte El)lth rozyten Grenze. Aus diesem Plexus entspringen Lymphgefäße, die
enthalten. E Epidermis. Seitliche Fußhaut des Menschen, epifasziale regionale Lymphknoten erreichen oder die auch
Färbung: H. E., Vergr. 250-fach. 1nit subfaszialen Lymphgefäßen kommunizieren.
16 .4 Ha utd rüsen 475

16.3 Subkutis
Schichten Die Subkutis liegt unter der Derrnis (Abb.
16.1). Der wesentliche Bestandteil der Subkutis ist, in un-
terschiedlichem Ausmaß, Fettgewebe, das mindestens 3
Schichten erkennen lässt und das durch Bindegewebssepten
(Rctinacula cutis) untergliedert ist. Die oberste Schicht ist
bei Frauen dicker und hat bei ihnen deutlich weniger Bin-
degewebssepten als bei Männern. Die fettgewebehaltigen
Kammern sind also bei Frauen größer als bei Männem, was
auch in Korrelation zu Altcrsveränderungen der Haut von
Frauen steht (,.Orangenhaut"). Die genannten Unterschie-
de in der Architektur der oberen Subkutis sind androgen-
abhängig.

Papillae adiposae Das Fettgewebe der oberen Subkutis


bildetfingerförmigeAusstülpungen (Papillae adiposae) in die
Dermis, wo sie im Schnittpräparat oft kleine Inseln bilden
können. In diesen Fettgewebsinseln liegen die k näuelförmi-
gen Endstücke der Schweißdrüsen, Blutgefäße und Nerven.

Funktion An den Fußsohlen und an anderen Kö rperpar-


tien hat das Fettgewebe strukturelle Punktionen (Baufett), Abb. 16.15 Ekkrine Schweißdrüse an der Grenze zwischen
an anderen Stellen (z.B. Bauchhaut) ist es Depotfett. Das Dennis (1) und Subkutis mit Fettzellen (2); 3 Endstücke der
Fett der Subkutis ist ein Wärmeisolator und ein Druckpols- Schweißdrüse; 4 Gangabschnitt der Schweißdrüse. Haut,
ter. In den Bindegewebssepten finden sich auch Blut- und Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 250-fach.
Lymphgefäße sowie Nerven, die die Derrnis tmd Epider-
mis versorgen. In der Subkutis liegen außerdem die Vater-
Pacini-Lamellenkörperchen, die Druck tmd Vibrationen Sie sind reich an Mitochondrien tmd Ribosomen. Die
wahrnehmen. Auch die Follikel der T errninalhaare liegen in Gänge treten an den Reteleistcn in die Epidermis ein
der Subkutis. (Abb. 16.5), durch die sie geschlängelt zur Oberfläche der
Haut verlaufen. In den Gängen werden aus dem Schweiß
Natrium und Chlorid rückrcsorbicrt; fiir Wasser sind die
16.4 Hautdrüsen Ausfiihrungsgängc undurchlässig, sodass der normale
Schweiß eine sehr hypotonc Flüssigkeit ist.
In der Haut kommen - in unterschiedlicher Ausprägung
und H äufigkeit - 3 Typen von HautdrftSen vor: Endstücke In den einschichtig prismatischen Endstücken
• ekkrine Schweißdrüsen (Abb. 16.15) finden sich helle und dunkle Driisenepithelzel-
• apokrine Duftdrüsen len, deren Kerne etwas unregelmäßig im Epithel verteilt
• holokrine Talgdrüsen. sind, sowie reich cholinerg versorgte Myoepithclzellen. Alle
Epithelzellen der Endstücke sind reich an Zytokcratinen
Ihre allgemeinen Merkmale sind in Kap. 3.1 dargestellt. (Abb. 16.18).
Auch die Brustdrüse ist eine Hautdrüse. Aufgrtmd ihrer bio- Die dunklen Driisen epithelzellen (nur in Spezialprä-
logischen Sonderstelltmg und großen klinischen Bedeutung paraten sicher zu erkennen) bilden v.a. Glykoproteine
ist sie in Kap. 15 geso ndert dargestellt (Abb. 16.16), die in PAS-positivenGranula gespeichert tmd
exozytotisch abgegeben werden. Ein spezielles Produkt der
dtmklen Zellen sind antimikrobielle Defensine. Die Zellen
16.4.1 Ekkrine Schweißdrüsen besitzen einen relativ breiten Apex und eine schlanke Basis.
Ekkrine Schweißdrüsen sind weit verbreitet vorkommende, Die hellen Drüsenepith elzellen geben Wasser tmd Elek-
unverzweigtc, geknäuelt verlaufende tubuläre Drüsen mit trolyte ab. Sie besitzen eine breite Basis tmd einen schlanken
engem Lumen. Sie reichen oft bis in die Subkutis hinab Apex, sind mitochondrienreich und enthalten Glykogen
(Abb. 16.1, Abb. 16.5). Sie stehen nicht in Beziehtmg zu Haa- sowie einzelne, meist helle, kleine, ve.rmutlich sekretorische
ren. Ihre Zahl beträgt über eine Million, besonders zahlreich Vesikel. Lateral bilden sie dicht gepackte Mikrovilli und
sind sie an FtLßsohlen, Handflächen und auf der Stirn. Mikrofalten aus. Zwischen benachbarten hcllen Zellen ent-
stehen kanälchenartige Erweiterungen des Interzellulär-
Morphologie
Ausführungsgänge Die Ausführungsgänge besitzen ein
zweischichtiges Epithel. Der Durchmesser ist kleiner als der
der sekretorischen Anteile (Abb. 16.15). Die Zellen der obe-
C]
ren Zellschicht sind über dichte Zonulae ocdudentes ver- •
bunden. Sie sind relativ organellenarm, besitzen aber ein Abb. 16.16 Quergeschnit-
gut entwickeltes Zytoskclett Die Zellen der unteren Schicht tene tubuläre Endstücke
sind mitdenen der oberen durch Gap ltmctions verbtmden. einer Schweißdrüse.
476 16 Haut
ramns, die ,,Sekretkapillaren" genannt werden und in das 16.4.2 Apokrine Duftdrüsen
Drüsenlumen münden.
Die schlanken Myoepithelzellen liegen basal im Epithel Morphologie Die apokrinen Duftdrüsen (manchmal
und sind leicht an ihrem kleinen, relativ dunklen Kern zu auch apokrine große Schweißdrüsen genannt) bilden weit-
erkennen. Das Zytoplasma ist kräftig eosinophil. hunige, geknäuelte, tubuläre tmd zum Teil verzweigte End-
stücke (Abb. 16.17). Die Ausführungsgange sind ähnlich
gebaut wie die der ekkrinen Drüsen, münden aber immer
SchMtzen und Schweiß in Haartrichter. Die Endstücke sind adrenerg irlnerviert
Emotionales Schwitze n Emotionales Schwitzen erfolgt und besitzen zahlreiche basal gelegene Myoepithelzcllen so-
besonders reichlich an den Hand- und Fußsohlen, der Stirn wie nur einen Drüsenzclltyp, der jedoch morphologisch ein
und in den Achselhöhlen, hier sind auch die apokrinen variables Bild bietet Die Zellhöhe wechselt von platt bis
Duftdrüsen am Schwitzen beteiligt. hochprismatisch. Typisch ftir die prismatischen Zellen ist
die Ausbildttog eines ins Lmnen vorgewölbten Zellapex.
Thermisches Schwitzen Thermisches Schwitzen spielt Hinsichtlich ihrer Fttnktion und iltrer Sekrete gibt es noch
eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Körpertemperatur viele offene Fragen.
tmd kommt gleichmäßig am ganzen Körper verteilt vor.
Das Schwitzen ist ein Mechanismus, der den Körper bei Sekretion Die Sekretion der ZeiJen ist komplex, ein Teil
hohen Außentemperaturen vor Überhitzung schützt Der des Sekrets wird in Granula verpackt und exozytotisch ab-
Wärmeentzug entsteht durch Verdunstung von Wasser gegeben (Kap. 3.1.3). Die Granula enthalten u. a. antibakte-
durch die oberen Hautschich ten und die Schleimhäute von rielle Komponenten (z.B. Defensine) sowie möglicherweise
Mnnd, Nase und den tmteren Atemwegen. Eine gesteigerte Duftstofre. Andererseits können die Ze11en auch den ganzen
Hautdurchblutung fördert zusätzlich die Verdunsttmg. Zu Zellapex mithilfe eines noch nicht sicher bekannten Me-
einem deutlich geringeren Anteil kann Wasser durch die chanismus abschnüren und ins Ltm1cn abgeben (apokrine
Schweißdrüsen abgegeben werden, was ebenfalls zu Wärme- Sekretion). Der abgeschnürte Apex (Aposom) enthält ver-
abgabe führt. Pro Liter insgesamt verdunsteten Wassers mutlich Proteine, die nicht in Granula verpackt werden, da
werden dem Körper ca. 2400 kJ Wärme entzogen. ihnen die entsprechende Signalsequenz fehl. Organellen
kommen in dem abgeschnllrten Apex nicht vor. Ein typi-
scher Bestandteil der Drüsenepithelzellen sind die hetero-
Merke Über 1 Million ekkrine Schweißdrüsen bilden den
genen Lipofuszingranula. deren Ptmktion nicht bekannt ist.
typischen Schweiß.
Sie werden nicht aus der Zelle freigesetzt. Die basale Zell-
membran der Drüsenepithelzellen bildet zahlreiche dicht
Schweißsekretion Der Schweiß wird von den mitochon- gelagerte Einfaltungen aus, die vermutlich mit einem ra-
drienreichen hellen Zellen der Schweißdrüsen aktiv in schen Flüssigkeitstransport korreliert sind. Möglicherweise
einem speziellen Sckretionsprozcss, der durch cholinerge geben die Drüsenzellen basal hormonähnliche Faktoren wie
sympathische Nervenfasern ausgelöst wird, abgegeben. das Adrenomedullin ab.
Eine wichtige Rolle bei der Schweißsekretion spielt die stark
gefaltete basolaterale Membran der hellen Drüsenepithel- Vorkommen Apokrine Duftdrüsen kommen in den Ach-
zellen, die Ionen und Wasser transportiert. In dieser Mem- selhöhlen, arn Brustwarzenhof (Montgomery-Drüsen), in
bran finden sich eine Na•-K• -ATPase tmd ein Na~-K• -2Cl-- der Leistenbeuge, in der Umgebung des Afters, an den gro-
Symporter. CJ· akkmnuliert in der Zelle und wird durch ßen Schamlippen, a.m Mons veneris, im Vestibulum nasi,
einen Chloridkanal in das Drüsenlmnen transportiert. Na~ am Augenlidrand (Moll-Drlisen) und im ättßeren Gehör-
strömt parazellulär durch die relativ durchlässige Zonula gang (Zenuninaldrüsen) vor. Sie sind bei Frauen zmneist
occludens, und Wasser folgt wahrscheinlich auf 2 Wegen besser entwickelt als bei Männern. Nach der Pubertät wer-
passiv, einerseits transzellulär über Aquaporine, anderer- den sie- von Geschlechtshormonen beeinllusst - aktiv. Ihr
seits parazellulär durch die Zonulae occludentes. Schweiß Sekret enthält Geruchsstoftc, die bei Säugetieren eine Rolle
besteht aus Wasser tmd 0,2- bis 0,3%igem NaCI sowie ge- in der olfaktorischen Kommunikation spielen. Die freige-
ringen Mengen organischer Stoffe, wie z. B. Mnzinen. Er setzten Stofte werden an der Hautoberfläche im flüssigen
enthält auch sehr kleine Mengen Harnstofl: Harnsäure tmd Schweiß ausgebreitet, von Bakterien enzymatisch gespalten,
Ammoniak. Im Drüsenendstück ist der Schweü~ isoton, im wobei die Geruchskomponenten freigesetzt werden. Mögli-
wasserdichten Drüsengang wird ihm tmter dem Einfluss cherweise werden spezifische Duftstotlc auch an anderswo
von Aldosteron Na~ aktiv entzogen (CJ· folgt passiv), sodass sezernierte Lipide gebtmden. Die apokrinen Moll-Drüsen
der definitive Schweiß hypoton ist. Schweiß ist primär ge- (Augenlider) tmd Zeruminaldrlisen (äußerer Gehörgang)
ruchlos; durch Einwirkung von Mikroorganismen entste- sind schon im Kleinkindalter aktiv ttnd bilden wohl ganz
hen jedoch Geruchsstotre. überwiegend antimikrobielle Stoffe bzw. Substanzen, die
Arthropoden (Insekten, Milben) abwehren. Sie werden
Klinik Bei der zystischen Fibrose (Mukoviszidose) können wohl nicht von Geschlechtshormonen beeinflusst.
die Gänge der Schweißdrüsen kein NaCl rückresorbieren.
Ein genetischer Defekt im CFTR-Membranprotein (engl. Klinik Sogenannte Schweißdriisenabszesse der Achsel-
"cystic fibrosis transmembrane conductance regulator"), höhlenhaut gehen auf bakterielle Entziindtmgen der apo-
das die Funktion eines Ch.loridkanals hat, verhindert die krinen Drüsen zttrück.
Rückresorption. Charakteristisch ftir die Mukoviszidose ist
der erhöhte Chloridgehalt im Schweiß (> 70 mmol!l im
Schweißtest).
16.4 Hautdrüsen 4 77

Abb. 16.17 Apokrine


Drüsen (1) der Achselhöhlen-
haut. Auffallend sind das
weite Lumen der dicht ge-
packten Drüsenschläuche
und das wechselnd hohe Drü-
senepitheL -+Ausführungs-
gänge der apokrinen Drüsen;
2 Haar ( Haarschaft herausge-
rissen); 3 Stratum reticulare
der Dermis; 4 Stratum papil-
lare der Dermis; 5 Epidermis.
Färbung: Goldner;
Vergr. 45-fach.

16.4.3 Holokrine Talgdrüsen


Morphologie Holokrine Talgdrüsen sind Hautdrüsen mit
weiten (alveolären) Endstücken, die aber kein Lumen aus-
a bilden, und einem undeutlich abgegrenzten Gang, der
Abb. 16.18 Zytokeratin- ztuneist in Haartrichter einmündet (Abb. 16.19a). Meist
nachweis CK 19. liegen mehrere unvollständig voneinander getrennte End-
stücke (Talgkolben) vor. Am Rand der Endstücke befinden
sich platte bis kubische Epithelzellen, die sich mitotisch tei-
len können (Ersatzzellen). Es folgen nach innen größere
Zellen, deren Zytoplasma mit Lipid-(Talg-)Tröpfchen an-
478 16 Hau t
gefiillt ist und die auch noch teilungsfahig sind (Abb. Drüsengang aus dem Drüsenepithel tmd bilden so das
16.19b). Das Innere der Endstücke enthält völlig mit Lipid- Sekret (holokrine Sekretion, Kap. 3. 1.3). Myoepithelzellen
kugeln angefüllte Zellen, die hier zugrunde gehen (die Ker- fehlen. Talgdrüsen bilden einen Lipidiilm an der Ober-
ne verdichten sich und zerfallen). Diese Zellen lösen sich im fläche der Haut, was offenbar die Wasserdurchlässigkeit
herabsetzt.

Vorkommen Sie kommen weit verbreitet vor, fehlen aber


in der Leistenhaut der Hand- und Pußflächen. Freie Talg-
drüsen, die keine Beziehung zu den Haarfollikeln haben,
sind auf Abbildung 13.74 dargestellt.

Klini k Die Haartrichter und die Ausführungsgänge der


Talgdrüsen können von speziellen lipophilen Bakterien
(Propionibacterium acnes) besiedelt werden, was ein wichti-
ger Faktor bei der Entstehung des Krankheitsbilds der Acne
vulgaris ist. Akne ist eine entziindliche Hauterkrankung, die
durch Bildung freier Fettsäuren in folge bakterieller Aktivität
entsteht. Die Entzündung findet in Zysten (Komedonen) im
Haarfollikel und im umliegenden Bindegewebe statt. Die
ausgeprägte Aktivität der Talgdrüsen in der Pubertät fördert
das Krankheitsbild. Der BefaiJ der Haartrichter mit Haar-
balgmilben (Demodex Jolllculorrtm) hat oft keinen Krank-
hcitswert.

Merke Es lassen sich 3 unterschiedliche Arten von Haut-


drüsen unterscheiden, die sich insbesondere durch ihre
Funktion tLOd ihren Sekretionsmodus lLOterscheiden. Die
ekkrinen Hautdrüsen bilden Schweif~, die apokrinen
Hautdrüsen Duftstoffe, die holokrinen Hautdrüsen (Talg-
drüsen) ein fettreiches Sekret.

16.5 Haare
Haare sind Teil der sog. "pilaren Einheit", der außer den
Haaren der Haarfollikel, die Talgdrüsen sowie, wenn vor-
handen, die Duftdrüsen und der M. arrcctor pili angehören.
Haare sind schräg in der Haut steckende epidermale Gebilde
tLOd entsprechen feinen Zylindern aus verhornten Epithel-
zellen (Abb. 16.20). Haare stehen meist allein, können aber
auch in Büsehein an der Oberfläche erscheinen.
Bei Erwachsenen unterscheidet man Vellushaare (fein,
weich, ohne Mark, kurz, lLOpigmentiert) und Terminal-
haare (fest, dick, mit Mark, lang, oft pigmentiert, lLOter-
schciden sich meist deutlich bel den verschiedenen Ethnien
des Menschen). Vellushaare bilden die feine Behaarung von
Rumpf tLOd Extremitäten. Terminalhaare bilden die Kopf-,
die Scham-, die Achselhöhlen- und die Bartbehaarung sowie
die Wimpern. Beim Menschen gibt es auf genetischer Basis
3 Typen von Tcrminalhaaren:
• gerade kräftige Haare (z.B. bei Ostasiaten)
• gewellte feine Haare (bei vielen Europäern)
• kurze krause Haare (z.B. bei Afrikanern südlich der
Sahara).
Abb. 16.19 Holokrine Talgdrü.s en. a: Holokrine Talgdrüse
(1) der Achselhöhlenhaut mit Haarwurzel (2). 3 apokrine
16.5.1 Aufbau der Haare
Drüsen. Mensch; Färbung: Masson-Trichrom; Vergr. 150-fach.
b: Talgdrüse mit Nachweis teilungsfahiger Zellkerne Haare entspringen in der Tiefe einer Epidermiseinstülpung,
(rot gefärbt) im Drüsenepithel durch den Ki67-Antikörper. des Haarfollikels, dessen Ursprung bei Terminalhaaren in
Teilungsfähig sind nicht nur die Zellen der basalen Zellreihe, der oberen Subkutis liegt; der un1gangssprachliche Begriff
sondern auch noch viele höher im Epithel gelegene Zellen, "Haar" bezieht sich meist nur auf den über die Hautober-
die schon aktiv Talg bilden. Mensch; Vergr. 250-fach. fläche hinaus ragenden Teil des Haares, für den es auch den
(Präparat PD Dr. Dr. Ch. Schubert) Begriff"Haarschaft" gibt.
16.5 Haare 4 79

a b
Abb. 16.20 Haare in de r Kopfhaut. a: Übersicht, zu sehen sind vor allem meist etwas schräg angeschnittene HaarfollikeL
1 Epidermis, 2 Oermis, 3 Subkutis, 4 Haarschaft, 5 Haa rtrichter, 6 Haarbulbus. Färbung: Azan, Vergr. 12-fach. b: Zwei leicht
schräg angeschnittene Haarbulbi mit dermaler Papille( ~). Details s. Abb. 16.24. Mensch; Färbung: Azan, Vergr. 130-fach.

Haarschaft ten Zellen und luftgcfli.llten Räumen vor, das Mark. Im Alter
nimmt oft die Zahl an Luftbläschen zu, was zur Graufärbung
Der Haarschaft besteht aus Rinde und Mark. Der H aupt- der Haare fUhrt.
bestandteil ist die dicke Rinde aus dicht gelagerten verhorn-
ten Zellen, die im Wesentlichen aus hartem Keratin beste-
hen. Die Rinde ist außen von der Haarkutikula (Abb. 16.21) Haarfollikel
bedeckt, die aus flachen, verhornten Zellen besteht, die sich Der Haarfollikel ist eine schlauchf6 rmige Einsti.Upung der
wie Dachpfannen überdecken. Nur im Innern von Tenni- Epidennis, die ftir das Wachsturn des Haares sowie seine
nalhaaren kommt ein dünner Strang aus größeren verhorn- Erneuerung verantwortlich ist. Der Haarfollikel besteht aus
(Abb. 16.22)
• dem Haarbulbus
• der inneren Wurzclscheide, die aus 3 rasch verhornenden
Schichten weichen Keratins besteht,
• der äußeren Wurzclscheide, die erst oberhalb der Ein-
m ündung der Talgdrlisen verhornt.

Zum Haarfollikel zählen auch die aus dem Haarbulbus h er-


vorgehenden und noch nicht oder erst zum Teil verhornten
Anteile des Haarschaftes, die man auch Haarwurzel nennt.
Die Haarwurzel in der Tiefe des Follikels ist noch nicht ver-
hornt. Die anschließende Zone, in der die Verhornung des
Haares einsetzt, wird keratogene Zone genannt. Schon deut-
lieh unterhalb des Wulstes (s. u.) ist der Haarschaft verhornt.
Als Haartrichter bezeichnet man den Teil des Follikels, mit
dem er an der Hautoberfläche ausmlindet und der als freier,
den Haarschaft umgebender Raum erst oberhalb der Talg-
drüseneinmündung abzugrenzen ist.

Abb. 16.21 Terminalhaar der Kopfhaut einer jungen


Haarbulbus
Frau. Zu sehen ist die außen gelegene Haarkutikula. Der Haarbulbus (Haarzwiebcl) ist der verdickte Endab-
Die Ränder der verhornten Zellen der Haarkutikula sind zum schnitt des Follikels, der in der Dermis (Vellushaare) oder
Teil etwas angegriffen. Vergr. 2200-fach. der Subkutis (viele Tenninalhaare) steckt.
480 16 Ha ut

Bindegewebspa pille In den Haarbulbus stiilpt sich von und der äu.ßcren epithelialen W urzelscheide. Oie innere
unten eine Bindegewebspapille (dermale Papille) mit Blut- epitheliale W urzclscheide endet in mittlerer Höhe des
kapillaren ein (Abb. 16.22, Abb. 16.23). Oie Fibroblasten Haarfollikels, dort, wo die Talgdrüsen in den Follikel ein-
der Bindegewebspapille steuern die Teilungsaktivität der münden und wo der Haartrichter beginnt. Sie differenziert
Matrixzcllen. Basale Epithelzcllen des Bulbus proliferieren sich schnell in 3 Schichten, die zunächst aus lebenden Zel-
und bilden Haarschaft und innere epitheliale W urzclscheide len bestehen und dann rasch verhornen. Von innen nach
(Abb. 16.22). außen lassen sich unterscheiden:
• die Scheidenkutikula
Matrix Die tiefe Region des Bulbus, die dem Stratum ba- • die Huxley-Schicht
sale bzw. germinativum der Epidermis vergleichbar und • die Henle-Schicht.
durch die proliferierenden Zellen gekennzeichnet ist, heißt
auch Matrix oder Zone mit Matrixzellen. In der Matrix Die dünne Scheidenkutikula ist mit der ähnlich gebau-
kommen auch stark verzweigte Melanozyten vor, die den ten Haarkutikula, der äuikrsten Schicht der Haarwurzel.
später verhornenden Zellen der Haarwurzel Melanin mit- schwach verzahnt. Oie einander gegenüberliegenden, schup-
geben. Blonde Haare besitzen wenig Melanin; das spezielle penartigen, verhornten Zellen beider Kutikulae greifen in-
Melanin roter Haare, Phäomelanin, besitzt rundliche Me- einander. Oie Huxley-Schicht ist die breiteste Schicht der
lanosomen, die typischen Melaningranula brauner und inneren epithelialen Wurzelscheide und enthälteosinophile
schwarzer Haare sind elliptisch. Trichohyalingranula, die den - sonst basophilen - Kerato-
hyalingranula entsprechen. Oie Henle-Schicht ist flach tmd
verhornt schnell.
Wurzelscheiden
Oberhalb des Haarbulbus wird der sich difrerenzierende Äußere epitheliale Wurzelscheide Diese entspricht der
Haarschaft von der inneren und der äußeren epithelialen reagenzglasfOrmigen Einsenkung der Epidermis, in deren
Wurzelscheide umgeben. Außen wird der Follikel von einer Tiefe das Haar entspringt. Sie ist in den oberen Abschnitten
bindegewebigen Wurzelscheide umhüllt. wie die Epidermis aufgebaut, verliert aber unter der Ein-
mündtmg der Talgdrüsen Stratum granulosum und Stra-
Innere epitheliale Wurzelscheide Sie liegt dem Haar tum corneum. Sie wird ztmehmend dünner tmd geht am
direkt an und entsteht auch aus der Matrixregion. Sie um- Boden des Follikels in die Matrixzone der Haarwurzel über.
gibt das wachsende Haar und befindet sich zwischen ihm Oberhalb der Einmündtmg der Talgdrüsen in den Haar-
follikel ist die äußere epitheliale Wurzelscheide vom Haar
durch einen freien Raum, den Haartrichter, getrennt. Un-
luftgefilllter Raum terhalb der Einmündtmg der Talgdrüsen ist die äuikre mit
Haarkutikula
im Mark der inneren epithelialen Wurzelscheide verbunden. Eine
'•, •• besonders wichtige Region der äußeren Wurzelscheide ist
Haarschaft der Wulst. Es handelt sich tun eine Verdicktmg dieser
• Scheide unter der Einmündung der Talgdrüsen. Hier befin-
den sich Stammzellen der Keratinozyten, die sich in ver-
Mark -
schiedene Richtungen ausbreiten können:
Epidermis • Ein Teil wandert den Haartrichter aufwärts und besiedelt
' das Stratum basale der in der Nähe liegenden Epidermis.
• Ein weiterer Teil wandert abwärts in die Matrixregionen
des Bulbus, wo Abkömmlinge der Stammzellen weiter
Dermis·· · proliferieren und Haarschaft tmd innere Wurzelscheide
bilden.
• Aus Stammzellen des Wulstes können auch Talgdrüsen
hervorgehen. Am 'N ulst setzt außen der M. arrector pili
an.
bindegewebige • Im Wulst finden sich auch Stammzellen der Mclanozyten.
Wurzelscheide • ·
Bindegewebige Wurzelscheide (Haarbalg) Attßen wird
der epitheliale Haarfollikel von einem Bindegewebsmantel,
- Setleidenkutikula dem Haarbalg (= der bindcgewebigen Wurzelscheide), um-
- Huxley-Schicht geben. Im Haarbalg (Abb. 16.23, Abb. 16.24) finden sich
-- - Hen~t zahlreiche sensible Nervenfasern. Zwischen Dermis und
Haar- •••• Haarwttrzel verlaufen die Mm. arrectores pili, aus glatten
bulbus - - - - - innere Wurzelscheide Muskelzellen gebildete feine Muskeln, die die Haare auf-
- - - - - lußere Wurzelscheide richten können (Gänsehaut).

', • Melanozyten 16.5.2 Wachstum der Haare


' Haarpapille
Das Wachsttun der Haare geht vom Haarbulbus aus, wo
Abb. 16.22 Aufbau etnes Haarfollikels (Schema). die mitotisch aktiven Zellen (Matrixzellen) vorkommen
Die innere Wurzelscheide endet im Bereich der Einmündung (Abb. 16.22). Kopfhaare wachsen im Monat ca. I crn und
der Talgdrüsen in den Haartrichter. haben eine Lebensdauer von Monaten bis zu ca. 8 Jahren.
16.5 Haare 481
Das Haarwachsttun ist zyklisch (Haarzyklus), Wachsttuns- sein kann (Monate bis zu 8 Jahre), wächst das Haar. Das
und Ruhephasen wechseln einander ab: Kopfhaar einer Frau kann dabei deutlich länger als SO cm
werden. Vereinzelt wurde z. B. bei Frauen in Nordamerika
Wachstumsphase In der Wachsttunsphase (dem Ana- und Ostasien bis zu 2 m langes Kopfhaar festgestellt, das
gen), die bei den einzelnen Haaren unterschiedlich lang ofi'enbar ständig in der Wachsttunsphase blieb.

Haarkutikula

Scheidenkutikula

Huxtey-Schicht --

Haarmark -,
'

Haarlinde

·- --- äußere Wurzelscheide

--~ Henle-Schicht
äußere Wurzelscheide
' , Huxley-Schicht

Haarbalg

Pigment

Haarzwiebel

Abb. 16.23 Haarfollikel, Längsschnitt. Bei höherer Vergrößerung zeigen die epithelialen Wurzelscheiden eine komplizierte
Schichtengliederung in eine äußere und eine dreischichtige innere epitheliale Wurzelscheide. Letztere beginnt innen mit der
Scheidenkutikula, die durch Verzahnung mit der Haarkutikula der Befestigung der Haarwurzel in der Scheide dient. Es folgen
nach außen die ein- oder zweischichtige Huxley- und die sehr niedrige Henle-Zell-Schicht. Die äußere epitheliale Wurzel-
scheide ist ein mehrschichtiges Epithel, das in Höhe der Einmündung der Talgdrüsen in das Stratu m germinativum des Haar-
trichters übergeht. Zur Grenze gegen die bindegewebige Wurzelscheide (Haarbalg) liegt eine Glas haut, eine kräftige Basal-
membran. Kopfhaut, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 200-fach. (Aus (1))
482 16 Haut

Haarrinde

Huxley-Schicht

Haar- und Scheidenkutikula-"" , '• \


' ~''

Glashaut-'
\
-~.
;'
;'

,,
...
'/

'~·
:' -- \ ~~- ~
,
,t.----- ...~-~--.-
~\ .-.:-- ,~~
----:..
~. 7'
Blutgefäße \ ,,/
äußere Wurzelscheide
Haarbalg

Abb. 16.24 Haarfolllkel, Querschnitt. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 300-fach. (Aus (1])

Nagelwurzel
NageWall Schwef3drüse

Eponychvm
' '
Nagel ' ''
,' ' ''
/ Oermis

Nagelbett Keimschicht der Epidermis Papillen Matrix

Abb. 16.25 Nagel, Nagelbett und Nagelwall eines Neugeborenen, Längsschnitt. Korium - Dermis. Mensch; Färbung: H. E.;
Vergr. 30-fach. (Aus (1])

Rückbildungsphase Der Wachstumsphase folgt eine im W ulst aktiv, die einen neuen Bulbus mit Matrixzellen
RUckbildungsphase (das Katagen). die ca. 3 Wochen an- aufbauen, von dem dann ein neues Haar gebildet wird. Die
dauert und in der der Haarbulbus beginnt, sich zurück- Stammzellen aktivieren auch Pibroblasten, die eine Papille
zubilden. bilden und dann ihrerseits die Matrixzellen beeinflussen.
Während der Wachstwnsphase sind die Stammzellen im
Ruhephase Es schließt sich eine ca. 3 Monate andauern- Wulst relativ ruhig und derWulstfällt als Struktur in dieser
de Ruhephase (das Telogen) an, in der sich Bulbus und er- Phase oft nicht besonders auf. Mitunter findet man in
hebliche Teile des Pollikels weiter zurlickbilden. Der untere einem Follikel sowohlnoch das alte Haar als auch schon ein
Teil des Follikels verschwindet bis in Höhe des Wulstes, das auswachsendes neues. Beim Kopfhaar sind i. A. gut 90% der
Haar fillt aus. Es werden in dieser Phase aber Stammzellen Haare in der Wachstumsphase.
16.7 Sinnesstrukturen der Haut 483

16.6 Nägel Nägel wachsen ungcfahr einen halben Millimeter pro


Woche, wobei Fingernägel schneller wachsen als Zehen-
Auch die Nägel der Pinger und Zehen sind Epidermisbil- nägel. Wenn eine Nagelplatte verletzt oder entfernt wird,
dungen (Abb.16.25). Während der Entwickltmg schiebt sich wächst ein neuer Nagel, solange die Matrix intakt bleibt.
die Epidermis der tenninalen Finger- tmd Zehenglieder in
die Dermis vor und bildet proximal die Nageltasche und
seitlich den Nagelfalz. Am Boden der Tasche entsteht eine 16.7 Sinnesstrukturen der Haut
Matrixrcgion, von der aus die Zellen proliferieren und ge-
meinsam die verhornte Nagelplatte bilden. Der Anfangsteil Sinnesorgane sind in der Haut weit verbreitet (Kap. 17.5),
der Nagelplatte wird auch Nagelwurzel genannt. Die ausge- insbesondere Lamellenkörper wie die Vater-Pacini-Körper-
reifte Nagelplatte besteht aus sehr hartem Keratin. Die Re- chen (Abb. 16.1) in der Subkutis oder die Meissner-Tast-
gion der Matrixentsprichtungefahr der Lunula, dem hellen körperchen im Stratmn papillare. Haare sind basal von sen-
halbmondförmigen Gebilde an der Basis des Nagels. Die siblen Nervenendigungcn mnsponnen und können so die
Epidermis, über die die Nagelplatte wächst, wird Nagelbett Punktion von Tastorganen erfilllcn. Die Sinneszellen tmd
genannt und besteht aus Stratmn basale und Stratum spino- sensiblen Nervenendigttogen verleihen der Haut die Ftmk-
smn. Das Nagelbett ist mit der äußeren epithelialen Wurzel- tion eines Sinnesorgans.
scheide der Haare vergleichbar. Am Rand des Nagels ent-
steht der hufeisenförmige Nagelwall. Das helle Häutchen, C 16 Lernhinweise zu Kapitel l6
das aus der Nageltasche vorwächst, besteht aus verhornten
Zellen und heißt Eponychium.
KAPITEL

Sinnesorgane
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan ...... 486 17.3 Geschmacksorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516
17.1.1 Aufbau des Ohres ................... 486 17.3.1 Geschmacksknospen ................. 516
17 .1.2 Gleichgewichtsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . 488 17 .3.2 Geschmackspapillen . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
17.1.3 Gehörorgan ....................... 491 17.3.3 Geschmacksstoffe, Geschmacks-
17 .1.4 Hörvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518

17.4 Geruchsorgan ..................... 519


17.2 Sehorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 17.4.1 Olfaktorisches Epithel ............... 519
17 .2.1 Aufbau des Auges . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497
17 .2.2 Vordere Augenhälfte . . . . . . . . . . . . . . . . 499 17.5 Sinneskörperchen, freie Nerven-
17.2.3 Hintere Augenhälfte ................ 505 en~gungen ...................... 523
17.2.4 Augenlider, Bindehaut, Tränendrüse . . . . . 513 17.5.1 Komponenten der Sinneskörperehen . . . . . 523
17.5.2 Typen von Sinneskörperehen . . . . . . . . . . . 523

Die Sinnesorgane nehmen mithilfe spezieller reizaufneh- Reize können in der Umwelt auftreten - die zugeordneten
mender Sinneszellen (Rezeptorzel1en, Sensoren) optische, Sinneszellen heißen dann Elcterozcptoren - oder im Kör-
mechanische, chemische und thermische Reize aus der Um- perionern - die darauf reagierenden Sinneszellen sind die
welt oder dem Körperionern auf und wandeln sie in elek- sog. Interozcptoren. Um auf den jeweiligen Reiz reagieren
trische Erregungen um, die dem ZNS zur Interpretation zu können, besitzen die Sinneszellen unterschiedlich kom-
zugeleitet werden. Sie beeinilussen alle Aktivitäten des Or- plexe Membranspezialisierungen, z. B. Sinneshaare oder
ganismus und ermöglichen die biologisch erforderlichen modifizierte Kinozilien. Die Reize lösen physikalische und
Anpassungen an inneres und äußeres Milieu. chemische Vorgänge aus, z.B. den Einstrom von Kationen,
oder Molekiüe, in denen Reizcverschliisselt sind (z.B. Duft-
stoffe), binden an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Derar-
Typen von Sinnesorganen tige Prozesse Hiliren zur Erregung der Sinneszelle, was oft
Sinnesorgane vermitteln uns über ihre Sinneszellen ein hoch den Einstrom von Ca2• und die Abgabe eines Neurotrans-
komplexes und sehr diflcrenziertes Bild der Umwelt. Die mitters zur Folge hat. Der Transmitter löst dann i. A. ein
großen Sinnesorgane Innenohr und Auge enthalten dabei Aktionspotenzial eines sensiblen Neurons aus.
nicht nur Rczcptorzcllen, sondern auch essenziell wichtige
Hilfscinrichtungen. Zu diesen großen oder "höheren" Sin- Merke Die Umwandlung des Reizes in die elektrische Er-
nesorganen zählen traditionell: regt.mg der Sinneszelle wird als Transduktion bezeichnet.
• Gleichgewichts- und Gehörorgan (Kap. 17.1) Durch verschiedene biochemische und biophysikalische
• Sehorgan (Kap. 17.2) Mechanismen entsteht ein Rezcptorpotenzial, das einen
• Geschmacksorg.m (Kap. 17.3) Schwellenwert erreichen kann und dann in der zugehöri-
• Geruchsorgan (Kap. 17.4). gen Nervenfaser ein Aktionspotenzial auslöst (Transfor-
mation). Das Aktionspotenzial wird über Zwischenstatio-
Daneben gibt es verschiedene einfache kleine Sinneskör- nen der sensorischen Endhirnrinde zugeleitet Lmd dort
perehen und sog. freie Nervenendigungen (Kap. 17.5), die interpretiert.
unterschiedliche Reize (z.B. Druck, Schmerz oder Hitze)
sowohl aus der Umwelt als auch aus dem Körperionern auf- Primäre und seku ndäre Sinneszellen Sinneszellen, die
nehmen. einen Reiz selbst aufnehmen Lmd weiterleiten, nennt man
primäre Sinneszellen oder Sinnesnervenzellen (z. B. Riech-
sinneszellen). Sind die Sinneszellen dagegen Epithelzellen,
Sinneszellen welche basal synaptisch mit einer sensiblen Nervenzelle
Reizaufna hme Sinnesorgane - mittels ihrer Sinneszellen - verknüpft sind, heißen sie sekundäre Nervenzellen. Bei
oder Endiguogen sensibler Nervenzellen reagieren jeweils ihnen ist ein spezieller Transmitter in den Erregt.mgsfluss
auf einen spezifischen Reiz, den sog. adäquaten Reiz. Diese eingeschaltet (z.B. Haarzellen im Innenohr).
486 17 Sinnesorgane

17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan


-------------------------------------------------- ZurOnen~erung ---------------------------------------------------
Gleichgewichts- und Gehörorgan befinden sich im Innen- Das Gehörorgan ist die Schnecke (Cochlea). Im Zen-
ohr. Sie entstehen gemeinsam tmd sind mikroskopisch- trum der Schnecke befindet sich der Modialus mit dem
anatomisch ähnlich aufgebaut. Äußeres Ohr und Mittel- Ganglion spirale (8. Hirnnerv); um ihn herum winden
ohr dienen nur dem Gehörorgan. Das Innen ohr besteht sich die schlauchf<irmigen Plüssigkcitsr'.itmle des Gehör-
aus knöchernem Labyrinth, häutigem Labyrinth (Endo- organs. Der endolyrnphhaltigc, häutige Schneckengang
lyrnphraum) und Perilymphraun1. Der Endolymphraum (= Scala media = Ductus cochlcaris) ist gut 3 cm lang,
enthält die Endolymphe, der Perilymphrarnn die Peri- führt zweieinhalb Windungen aus und endet blind. Er
Iymphe. Die Endolymphe ist- wie die Jntrazellularfli.issig- wird von 2 Perilymphräumen, der Scala vestibuli (.,oben")
keit- eine kaliumreiche und natrirnnarme Flüssigkeit und und der Scala tympani (.,unten"), begleitet, die an der
die Perllymphe ist - wie normale Extrazellularflüssigkeit- Schneckenspitze (Hclicotrema) ineinander übergehen.
kalitunarm und natrirnnreich. Das Gleichgewichtsorgan Das Corti-Organ ist das spezifische Hör-Sinnesorgan. Es
(= Vestibularisorgan) besteht aus: liegt in Form eines Streifensam Boden der Scalamedia auf
• drei Bogengängen Qeweils mit eigener Ampulle) der Basilarmembran. Es besteht aus einem komplexen
• dem Sacculus Apparat aus epithelialen Stützzellen (Pfeilerzellen, Phalan-
• dem Utriculus. genzcllen) tmd den inneren und äuBeren Haarzcllen. Wie
die Zellen des Gleichgewichtsorgans sind die Haarzellen
Alle diese Struktttren besit7-Cn epitheliale Felder mit mecha- mechanorezeptive sekundäre Sinneszellen und tragen api-
norczcptiven Sinneszellen (Sinnesepithelien), die apikal kal Stereozilien, die bei schallinduzierten Bcwegtmgen der
Stereozilien und ein Kinoziliurn tragen und die Haarzellen Flüssigkeiten in der Schnecke abgebogen (deflektiert) wer-
genannt werden. Den Haarzellen liegt eine - jeweils et- den tmd eine Erregung auslösen. Lateral bildet die Wand
was tmtcrschiedliche - gallertige extrazelluläre Masse auf der Scalamedia die Stria vasCtLiaris, die die Endolymphe
(Cupula in den Ampullen der Bogengänge, Otolithen- bildet. Medial vom Certi-Organ befindet sich der Limbus
membran in Sacculus und Utriculus). Die Sinneshaare spiralis, von dem die Membrana tectoria entspringt.
werden dttrch Bewegungen der Endolymphe erregt.

Die Sinnesorgane fiir Gleichgewicht und Gehör sind eng mechanismen sowie der onto- und phylogenetischen Ent-
miteinander verwandt, das lässt sich an der histologischen wicklung klar erkenn en. Beide Sinnesorgane befinden sich
tmd elektronenmikroskopischen Struktur, den Funktions- beim Menschen im Innenohr (Abb. 17.1). Das Gehörorgan
hat sich aus dem phylogenetisch älteren Gleichgewichts-
organ entwickelt.
Endolymphraum Das Gehörorgan dient der Aufnahme sowie der ersten
Analyse akustischer Reize (Schallwellen) aus der Umwelt;
die in den Reizen verschlüsselten Informationen werden im
SteigbOgel
und ovales
ZNS interpretiert. Das Gehör bat wesentliche Funktionen
Fenster im Sozialverhalten (z.B. hinsichtlich Sprachverständnis und
Sprechen) und bei der Orientierung in der Umwelt.

\ \
Amboss \
I
Das Gleichgewichtsorgan vermittelt Informationen über
Lage, Stellung und Bewegung im Raum. Phylogenetisch
stammt das Gleichgewichtsorgan von den Strömungsrezep-
toren der Haut der Fische ab.

17.1.1 Aufbau des Ohres


Das Ohr unterteilt man in äußeres Ohr, Mittelohr tmd
I Innenohr. Das äußere Ohr trnd das Mittelohr sind fi'tr Schall-
II aufnahme tmd Schalllcittrng verantwortlich. Im Innenohr
Pauken· befindet sich der kompliziert aufgebaute sensorische Appa-
höhle rat des Gleichgewichts- trnd Gehörorgans.
Trommelfell
/
Äußeres Ohr
Scala vestibuli
mit Perllymphe Das äuBere Ohr besteht aus Ohrmuschel (Auricula) tmd
Scala tympani äuBerem Gehörgang (Meatus acusticus cxternus).
mit Perllymphe ! Helicotrema
Schneckengang mit Endolymphe Ohrmuschel Das Stützgewebe der Ohrmuschel ist ein
(Ducllls cochlearls, Scala mecia) elastischer Knorpel, an dem Muskeln der mimischen Mus-
und Corti·Organ (rot)
kulatur ansetzen. Diese Muskeln sind beim Menschen im
Ab b. 17.1 Innenohr (Schema). Hellgrün: Endolymphe; Vergleich zu vielen Säugetieren erheblich reduziert. Den-
dunkelgrün: Perilymphe; rot Sinnesepithelien; gelb: Gehör- noch sind Bewegungen der Ohrmuschel möglich und be-
knöchelchen. (Aus [5]) gleiten viele Gemütsbewegungen.
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan 487

Abb. 17.2 Wand des äußeren Gehörgangs (Querschnitt) .


Der Gehörgang wird von Haut ausgekleidet, in der sich
neben Haaren mit Talgdrüsen (T) zahlreiche Anschnitte der
apokrinen Ohrschmatzdrüsen (Gll. ceruminosae; C) finden.
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach.

Äußerer Gehörgang Der äußere Gehörgang ist ca. 25 mm


lang und 8 mm weit. Tn den äußeren zwei Dritteln ist er Abb. 17.3 Mittelohr. An die Paukenhöhle grenzendes
durch elastischen Knorpel verstärkt. Der innere Anteil ist mehrreihiges Ftimmerepithel und subepitheliales Binde-
von Knochengewebe umgeben. gewebe. Weddetl-Robbe; Färbung: Masson-Trichrom;
In die Derrnis des äußeren Gehörgangs sind neben Haa- Vergr. 450-fach.
ren auch Talg- und apokrine Knäueldrüsen (Gll. cenuni-
nosae, Zcrurninaldrüsen, Ohrschmalzdrüsen) eingelagert
(Abb. I7.2). Das Drüsenepithel der apokrinen Drüsen ist aus
sekretorischen Epithelzellen und dicht gelagerten Myocpi- gelköpfchen der M. stapedius an. Diese Muskeln vermögen
thelzellen aufgebaut. reflektorisch die Übertragung sehr lauter Schallreize abzu-
Die Sekrete beider Drüsentypen ergeben gemeinsam das schwächen. Die Steigbügelplatte liegt lm ovalen Fenster. Der
Zerumen (Ohrschmalz), eine bräunliche, bitter schmecken- Raum des Mittelohrs wird Paukenhöhle genannt.
de, fettige Substanz. Es schüt21: den Gehörgang und auch das
Trommelfell vor Austrocknung und hat protcktive Wirkung Epithel Das Mittelohr wird von einem überwiegend ein-
gegen Insekten. schichtigen flachen oder kubischen Epithel ausgekleidet. In
individuelltmterschiedlichem Ausmaß kommt lokal respi-
Trommelfell Das Tronm1elfell (Membrana tympani) liegt ratorisches Epithel vor (Abb.l7.3). Dieses findet sich v.a.
an der Grenze zwischen äußerem Ohr tmd Mittelohr. Es ist am Abgang der Tuba auditiva. Bei Kindern ist das Epithel
mit seinem verdickten Rand aus Faserknorpel in den knö- des Mittelohrs überwiegend bewimpert tmd enthält auch
chernen Sulcus tympanicus eingelassen. Auf seiner Außen- Becherzellen. Die relativ dünne, zarte Lamina propria ent-
seite ist es von einer dlinnen Epidermis tmd auf seiner In- hält einen weitmaschigen Blutkapillarplexus und viele
nenseite vom einschichtigen, hier meist flachen Epithel des Lymphkapillaren, einen gut entwickelten Nervenplexus
Mittelohrs bedeckt. Im Jnnern besteht das Trommelfell sowie vereinzelt muköse Drüsen.
überwiegend aus Kollagen- und elastischen Fasern. Die
elastischen Fasern befinden sich v. a. subepithclial. Die Kol- Tuba auditiva Die Tuba auditiva (Tuba Eustachii) ist ein
lagenfasern des Trommelfells slnd zum Rand hln übenvie- ca. 4 cm langer Kanal, der Mittelohr und Pharynx verbin-
gend radiär, im Innern dagegen zirkulär angeordnet. In die det. I m äußeren, dem Mittelohr benachbarten Teil wird die
Faserschicht sind kleine Blut- und Lymphgefäße sowie Wand der Tube von Knochen gestiit21:. In den medialen
sensible Nervenfasern eingelagert. v.vei Dritteln befindet sich in der Wand ein seitlich offenes
Rohr aus elastischem Knorpel und FaserknorpeL Der "offe-
ne" Teil des rinnenf<irmigen Tubenknorpels wird von straf-
Mittelohr fem Bindegewebe bedeckt. Dort setzt der M. tensorveli pa-
Aufbau Das Mittelohr ist luftgefiillt und enthält die Gehör- latini an, der für die Belüftung des Mittelohrs wichtig ist.
knöchelchen: Im knöchernen Teil wird die Tube von einer diinnen
• Hammer (Malleus) Schleimhaut mit einschichtigem Flimmerepithel ausgeklei-
• Amboss (Incus) det Die inneren zwei Drittel besitzen eine dickere Mukosa
• Steigbügel (Stapes). mit respiratorischem Epithel, seromukösen Drüsen und
Lymphfollikeln.
Die Gehörknöchelchen sorgen ftir verlustarme Schallüber- In Nähe der Einmündung der Tube in den Pharynx befin-
tragung von der Luft auf die Flüssigkeit im Innenohr. Am det sich lymphatisches Gewebe, die sog. Tonsilla tubaria.
Hanm1crgriff setzt der M. tensor tympani und an1 Steigbü-
488 17 Sinnesorgane

Innenohr Endolymphe, ähnelt in ilirer ZusammensetzLmg der lntra-


zellulärfliissigkcit, sie ist kaliumreich und natriumarm. Die
Das Innenohr (Labyrinth) entsteht aus der Ohrplakode. Flüssigkeit im Perilymphraum, die Perilymphe, entspricht
Diese bildet ein Bläschen (Otozyste), das von Zellen der in ihrer Zusan1ß1ensetzLmg der nom1alen Extrazcllulärlli.is-
Neuralleiste umhüllt wird und sich unter dem Einfluss des sigkeit: Sie zeichnet sich dLrrch hohen NatriLLTD- und niedri-
Pax-2-Gens in eine dorsale (vestibuläre) Ltnd eine ven trale gen Kaliwngehalt aus. Der Gehalt an freiem Caldwn, Chlo-
(kochlcäre) Region gliedert. Es lässt sich in Gleichgewichts- rid und Bicarbonat ist viel höher als in der Endolymphe.
(V estibularis- )Organ und Gehörorgan (Kochlea) gliedern,
die über einen kurzen Gang (D uctus reuniens) verbunden Sinneszellen Die Sinn cs-(Re7-Cptor-)Zellen von Gleich-
sind. gewichts- und Gehörorgan sind ähnlich gebaut. Ihr spezifi-
sches M erkmal sind apikale haarf6rmige Fortsätze (Sirmes-
Merke Das Innenohr enthäl t das Gleichgewichts- und das haare, Stereozilien, s. Kap. 2.14), d ie durch Aktinfilamente
Gehörorgan . Beide entstehen aus einer gemeinsamen An- versteift und an ihrer Spitze deutlich breiter als an ilirer Ba-
lage und stehen über den D uctus reuniens in Verbindung. sis sind. An dieser Basis können sie mechanisch hin- und
herbewegt werden. Ursache flir solche BewegLmgen sind
Aufbau Das Innenohr ist in Knoch enkanäle eingeschlos- spezifische Bewegungen der Endolymphe, die durch aus der
sen. Es umfasst schlauchfö rmige, flüssigkeitsgefüllte epithe- Umwelt kommende Reize ausgelöst werden. Die dmch
liale und bindegewebige Anteile (Abb. 17.4) und lässt sich diese Bewegungen en tstehenden spezifisch en Rezeptor-
in 3 Bereiche gliedern: potenziale der Sinneszellen werden auf sensible Nerven-
• Das knöcherne Labyrinth ist ein komplexes System Ltn- endigLtngen übertragen, mit denen diese Sinneszellen syn-
terschiedlich gestalteter .Räume und Kanäle im Felsen- aptisch verknüpft sind, und dem Gehirn zur Analyse
bein. zugefiihrt. Sinneszellen, die mi t Synapsen verknüpft sind,
• Das häutige Labyrinth (End olymphraum) liegt im knö - heH~en sekundäre Sinneszellen. Die Sinneszellen werden in
chernen Labyrin th. Alle An teile (Abb. 17.4) sind von Epi- allen Sinnesorganen des Inn enohrs von einer gallertigen
thel ausgekleidet, das einer Basallamina aulliegt, Lmd ent- Masse bedeck t (Cupula, Otolithenmcnbran, Membrana
halten En dolymphe. Der Ductus endolymphaticus (fehlt tectoria), die an der Verstärkung des erregenden .Reizes be-
auf Abb. 17.4) entspringt dem Verbindungsgang zwi- teiligt ist. Die rämnliche StruktLLr und das Verhalten der
schen Utriculus Lmd Sacculus Ltnd endet epidural blind in Gallerte Ltnterscheidcn sich Ltnd sind an die jeweils besonde-
einer Erweiterung, dem endolymphatischen Sack. re Funktion angepasst. Im V cstibularisorgan haftet die Gal-
• Der Perilym p hraum ist e.in schmaler, flüssigkeitsreicher lerte fest am Sinncsepithel, in1 Gehörgang ist die Verbin-
und faserarm er Bindegewebsraw11 zwischen dem knö- dung zwisch en Gallerte und Sinnesepithel differenzierter.
chernen und dem häutigen Labyrinth, der Perilymphe
und mitunter einzelne Melanozyten unbekannter Funk- Merke Die Sinneszellen in Gleichgewichts- und Gehöror-
tion enthält. Er steht über den fein en Ductus perilympha- gan sind ähnlich gebaute sekundäre Mechanorezeptor-
ticus an der Hinterseite des Felsenbeins mit dem Sub - zellen (Haarzellen). Sie sind durch apikale Stereozilien
arachnoidalrawn in Verbindung. gekennzeichnet, deren durch Endolymphbewegung aus-
gelöste Abbiegung zu Depolarisierung (Erregung) der .Re-
Flüssigkeiten Sowohl häu tiges Labyrinth als auch der zeptorzellen fülm. In diesen ö ffnen sich daraufhin Ca1- -
Perilymphrawn enthalten ei ne extrazelluläre Flüssigkeit, Kanäle; das einströmende Ca1+ führt zur Abgabe des
deren Zusammensetzung sich jedoch deutlich unterschei- Transmitters Glutamat, das seinerseits ein Aktionspoten-
det: Die Flüssigkeit im Jnnern des häutigen Labyrinths, die zial in afferenten Nervenfasern des N. statoacusticus
auslöst.

Criata ampullaris 17 .1.2 Gleichgewichtsorgan


'
I
I

: Macula Das Gleichgewichtsorgan (Vestibularisorgan) niln mt Lage


N. vestibularis
: utricull Ltnd BewegLtngen des Körpers im Rawn wahr. Es besteht aus
hinterer '', •' Macula '' den 3 Bogengängen (Ductus semicirculares), dem Sacculus
Bogengang ' saccull
'' Ltnd dem Utriculus (Abb. 17. 1, Abb. 17.4). Die Bogengänge
sowie Sacculus Ltnd Utricu.J.us sind epithelial ausgekleidete,
mit Endolymphe gefüllte Schläuche bzw. sackförmige Er-
weitenmgen. Die Endolymphe wird in der Stria vascularis
und wahrscheinlich in einigen .Regionen des Epithels an der
' Basis der Cristae an1pullarcs gebildet und vennutlich im
''
Saccus endolymphalicus resorbiert.
''
Utrtrulus
' ' '
'Cochlea
Sac::001us / '.(
• '
'
Ductus reunlens
Corti-Organ
Bogengänge
Abb. 1 7.4 Bestandteile des häutigen Labyrinths sind Die 3 Bogengänge - der obere, der seitliche und der hintere
Utri culus und Sacculus, die 3 Bogengänge mit ihren Ampullen Bogengang - beginnen und enden am Utriculus (Abb. 17.1).
und die Cochlea. Alle diese Komponenten besitzen Sinn es- Am Utriculus besitzt jeder Bogengang eine Erweiterung,
felder: Macula utriculi, Macula sacculi, Cristae ampullares und die Ampulle. In jeder Ampulle befindet sich eine epithel-
Corti-Organ. b edeckte Leiste (Crista ampullaris, Abb. 17.5, Abb. 17.6).
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan 489

Aufbau der Cristae Sinneszellen der Crista ampullaris


s;nnes- und Stützzellen Im Gegensatz zum Epithel der Basal stehen die Sinneszellen der Crista ampullaris mit
Bogengänge mit flachen Epithelzellen enthält das Epithel afferenten (vestibulären) Neuronen des 8. Hirnnervs
der Cristae Sinnes- und Stützzellen (Abb. 17.5): (N. vestibulocochlearis), aber auch mit efferenten choliner-
• Die Sinneszellen tragen Sinneshaare (Stereozilien) sowie gen Nervenendigungen in synaptischem Kontakt, sie sind
ein auch nur passiv bewegliches Kinoziliurn und reagie- also sekundäre Sinneszellen. Transmitter der afferenten Syn-
ren auf Rotationsbewegungen des Kopfes (s.u.). apsen ist Glutamat. Im Bereich des synaptischen Kontakts
• Die Stützzellen tragen keine Zilien und sind vermutlich besitzen die Sinneszellen synaptische Stäbchen (= synap-
fiir dieAbscheidung der glykoproteinreichen Cupula ver- tische Lamellen), denen kleine Bläschen angelagert sind.
antwortlich. Die Stereozilien der Sinneszellen sind an ihrer Basis schma-
ler als an ihrer Spitze und enthalten zentral ein Bündel aus
Stütz- und Sinneszellen sind über Zonulae occludentes und Aktinfilamentcn. Das Bündel ragt in eine apikale Verdich-
adhaerentes verbunden. tung der Sinneszellen (Kutikularplatte, fehlt unter der Kino-
zilie) hinein, die einem sehr dichten terminalen Netz ent-
Cupula Der Crista ist ein Kamm aus gallertigem, extrazel- spricht tmd vor allem aus Aktin, Spcktrin und cr-Actinin
lulärem Material aufgelagert, die sog. Cupula, in die die Ste- besteht. Aufgrund fein struktureller Merkmale werden Typ-I-
reozilien und das Kino1ilium eingebettet sind (Abb. 17.6). und Typ-li-Sinneszellen tmterschicden (Abb. 17.7). Der
Die Cupula kann durch die Strömung der Endolymphe zur ftmktionelle Unterschied zwischen den 2 Zelltypen ist noch
Seite gebogen bzw. wie ein Segel ausgebuchtet werden. Die unklar.
Bewegung der Cupula verändert die Lage der Stereozilien
und des Kinoziliums der Sinneszellen: Bewegen sich die Typ-I-s;nneszelle Die Typ-I-Sinneszelle besitzt ein ca.
Stereozilien in Richtung Kinozilie, strömen Kalitm1und an- 50 11m langes, nur passiv bewegliches Kinozilium. In dessen
dere Kationen ein, was Zttr Erregung der Zelle fiihrt. Bewe- Nähe stehen ca. 80 hohe Stercozilicn, die in 5 oder 6 Reihen
gen sich die Stereozilien von der Kinozilie weg, wird die angeordnet sind. Direkt am Kinozilium sind die Stereo-
Sinneszelle gehemmt. zilien mit 40- 60 11m am höchsten tmd werden umso klei-
ner, je weiter sie vom KinozilitU11 entfernt sind. Die Stereo-
B;ndegewebe Im Bindegewebskern der Cristae finden zilien benachbarter Reihen sind über Päden extrazellulären
sich zahlreiche myelinisierte Nervenfasern des vestibulären Materials (Tip-Links = Spitzenfaden) verbunden. Auch das
Anteils des 8. Hirnnervs und viele Blutkapillaren. Kinozililllll ist über ein Tip-Link mit den Stereozilien ver-

• ---------------
1 I

: Perilymphraum :
•------ -------- ·
---------------
1 I

: Endolymphraum :
•-------------- ·

- --- -Cupula

' Sinneszellen

Abb. 17.5 Crista ampullaris (1) im Innenohr. 2 Lichtung - - Stützzellen


der Ampulle des Bogengangsystems. Das dem Sinnesepithel
I
(3 Sinneszellen, hell) aufgelagerte gallertige Material Nerv
(Cupula ) ist im vorliegenden Präparat artifiziell deformiert,
sodass hier das Sinnesepithel fast das gegenüberliegende Abb. 17.6 Struktur der Crista ampullaris (Schema).
Ampullenepithel erreicht. Die Cupula ist normalerweise Die ca. 1 mm hohe Cupula besteht vorwiegend aus Otogelin
ca. 1 mm hoch. 4 Perilymphraum. ~ Melanozyten. Meer- und erreicht das gegenüberliegende Epithel der Ampulle,
schweinchen; Färbung: Goldner; Vergr. 250-fach. wo sie befestigt ist.
490 17 Sinnesorgane

bunden. Die Zellen haben die Gestalt einer bauchig aufge- Erregungsmechanismus Ein spezifischer Reiz flir beide
triebenen Flasche und werden von einer großen kelchför- Sinneszelltypen ist die Abbiegung der Stereozilien durch
migen afferenten Synapse umfasst. Diese große Synapse ist Bewegung der Endolymphe. Werden die Stereozilien zur je-
ihrerseits mit efferenten Synapsen verknüpft. weiligen Kinozilie hin gebogen, steigt die Leitfahigkeit der
Stereozilienmembran für Kationen in den Zellen. Die Kino-
Typ-li-Sinneszelle Die Typ-Tl-Sinneszelle besitzt eben- zilie wird envas in den Zellapex eingestaucht Kationen-
falls ein ca. 50 J.lm langes, nur passiv bewegliches Kinozi- kanäle in der Membran der Stereozilien öffnen sich. Es strö-
litun. Die Stereozilien sind ähnlich lang wie auf den Typ-I- men Kationen, unter denen Kalium funktionell besonders
Zellen. Auch sie verlieren stufenweise mit zunehmender wichtig ist, in die Zelle ein, die Zelle wird depolarisiert.
Entfernung vom Kinozilium an Höhe. Die Gestalt der Zelle Eigene spannungsunabhängige Calciwnkanäle öffnen sich
ist zylindrisch. Die Typ-TI-Sinneszellen sind schlanker als daraufhin, Ca2 ' strömt massiv in die Zelle, woraufhin Glut-
die Typ-I -Zellen und besitzen zahlreiche glatte ER-Zister- amat freigesetzt wird, was die Entstehung eines Aktionspo-
nen. An der Basis finden sich mehrere kleine efferente und tenzials in der ableitenden sensiblen Nervenfaser bewirkt.
afferente Synapsen. Die Abbiegung der Stereozilien vom Kinozilium weg fiihrt
zu leichter Anhebung der Kinozilie: Hyperpolarisation =

•• 2

1
..• •

3 -

Abb. 17.7 SinneszeUen des


Gleichgewichtsorgans im Innen-
ohr (Schema). Ultrastruktur der
2 Sinneszelltypen (Typ I und
Typ II) in den Maculae von Utri-
culus und Sacculus im Innenohr.
I Typ-I-Sinneszelle, II Typ-li-
Sinneszelle, 111 Stützzelle,
1 Stereozilien, sind durch Tip-
lin ks verbunden, 2 Kinozilium,
3 afferente Synapse, 4 efferente
Synapse, .,.. Nexus, ~ synap-
*
tische Stäbchen, teminales
4 3 4 Netz. (Verändert nach [10])
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorga n 491

Hemmung. Die eflcrente Innervation beeinflusst die Emp- auf minimale lineare Gravitationsbeschleunigtmgen (Erd-
findlichkeit der Sinneszellen. beschleunigungen) an. In der Macula utriculi registrieren
sie horizontale und in der Macula sacculi vertikale Bewe-
gungen.
Utriculus und Sacculus
Zellen Die Sinneszellen von Utriculus und Sacculus sind
17 .1.3 Gehörorgan
in ca. 2 mm langen fleckförmigen Arealen, den sog. Macu-
lae staticae, konzentriert. Wie auf den Cristae ampullares Die Schnecke (Kochlea) ist das Gehörorgan der Menschen
sind auch die Sinneszellen der Maculae Mechanorezep- und der Säugetiere. In ihr bilden endolymphhaltige epithe-
toren. In diesen Maculae kommen, wie auf den Cristae am- liale Strukturen den gewundenen Ductus cochlearis (Scala
pullares, Typ-1- und Typ-TI-Sinneszellen und Stützzellen media, Schneckengang). Am Boden des Ductus cochlearis
vor. befindet sich ein streifenfö nniges Sinnesorgan mit Sinnes-
zellen, das Corti-Organ. Ductus cochlearis tmd Corti-Organ
Otolithenmembran Die Maculaewerden von der gallerti- bilden beim Menschen 2'h Windungen tml einen zentralen
gen Otolithenmembran (Statokonienmembran) und relativ Knochenzapfen, den Modiolus. Der Ductus cochlearis ist von
schweren Kristallen aus Calciumkarbonat (in Form des den Perilymphrätunen (Scala vestibuli und Scala tympani)
Kalzits) bedeckt, den sog. Oto- oder Statolithen. Die Otoli- und Knochengewebe (knöcherne Schnecke, Schnecken-
then sind in der Mitte der Maculae kleiner, sodass hier eine kanal) tungeben (Abb. l7.1, Abb. 17.8).
flache Rinne (Striola) entsteht. Die Sinneszellen werden da- Die Sinneszellen des Corti·Organs perzipieren Frequen-
durch auf2 sich gegenüberliegende Felder verteilt. zen zwischen 1,6 Hz tmd ungefähr 16000 Hz.

Erregungsmechanismus In der Macula utriculi sind die


Kinozilien der Sinneszellen beider Felder zur Striola - also
Perilymphräume
zu Mitte hin - orientiert, in der Macula sacculi dagegen Bau und Verlauf Der Perilymphraum ist in die .,obere"
nach außen. Die Sinneszellen der Maculae sprechen schon Scala vestibuli (beginnt am ovalen Fenster) und die .,un-
tere" Scala tympani (endet am nmden Penster) gegliedert.
Beide Strukturen begleiten den Schneckengang (Abb. 17.9)
und sind an der Spitze der Schnecke über das Schnecken-
loch (Hclicotrema) miteinander verbunden. Die Bezeich-


1

Abb. 17.9 lnnenohr. 1 Scala vestibuli; 2 Ductus cochlea-


ris; 3 Scala tympani; 4 Ganglion spirale; S Limbus spiratis
Abb. 17.8 Gehörgangsschnecke, Längsschnitt. 1 knöcher- mit den InterdentalleUen (bilden die hier kaum erkennbare
ne Schnecke; 2 Modiolus; 3 Ganglion spirale; 4 N. acusticus; Membrana tectoria); 6 Lig. spirale; .... Reissner-Membran;
S Scala vestibuli; 6 Ductus cochlearis; 7 Scala tympani. * Corti-Organ (lagert auf der Basilarmembran); ~ Stria
Meerschweinchen; Färbung: Goldner; Kurspräparat Anatom. vascularis. Meerschweinchen; Färbung: Goldner; Kurspräparat
Inst. Univ. Kiel; Vergr. 25-fach. Anatom. Inst. Univ. Kiel; Vergr. 150-fach.
492 17 Sinnesorga ne

mmgen "obere" Scala vestlbuli und "untere" Scala tympani


beziehen sich auf die Orientierung im histologischen Längs-
schnitt, der parallel zum Modialus durch die Kochlea fiihrt
(Abb. 17.9).
Scala vestibuli und Scala tyrnpani werden von flachen
Fibrozyten, die einen an ein Mesothel erinnernden Verband
aufbauen und zwischen denen Lücken auftreten, ausge-
kleidet.

Modiolus
In der Achse des Modialus verlaufen das spiralig angeordne-
te Ganglion spircile und dessen myelinisierte Nervenfaser-
bündel, die den N. cochlearis bilden. Die bipolaren, bei
vielen Säugetieren leicht myelinisierten Perikarya (beim
Menschen sind sie nicht myelinisiert) des Ganglion spirale
liegen in einer Höhlung am Puße der Lamina spircilis ossea
(Abb. 17.10). Vom Ganglion aus ziehen rezeptive Nerven-
fasern ztun Corti-Orgdn. Der freie Rand der Lamina spiralis
ossea liegt tmgefahr in Höhe der inneren Haarzelle.

Ductus cochlearis (Scala media, Schneckengang)


Bau und Verlauf Der gewundene Ductus cochlearis be-
ginnt basal am Verbindungsgang (Ductus retmiens) mit
dem Sacculus und endet blind an der Spitze (Apex) der
Schnecke. Er ist gut 3 cm lang. Die Achse der Schnecke ver-
läuft tmgefahr parallel zur Erdoberfläche ttnd weist von der Abb.1 7.10 Ganglionspirale (1) in der Kochlea. ~ ovale
sagittalen Mittellinie des Kopfes etwas nach außen. Perikarya der bipolaren Neurone des Ganglions; 2 Knochen-
gewebe des Modiolus. Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 250-
Epithel Der endolymphhaltige Ductus cochlearis wird fach.
von sehr unterschiedlich differenzierten Epithelzellen aus-
gekleidet, die alle durch Tight Junctions verbunden sind.
Diese bilden eine Barriere zwischen Endo- und Perilymph-
rciwn. Der Ductus cochlearis hat im Querschnitt eine keil- phe enthalten (hoher Natrium-, niedriger Kaliwngehalt,
förmige Gestalt (Abb. 17.9), wobei die Spitze des Keils zum ähnlich wie in der Perilymphe), miteinander kommunizie-
Modialus zeigt: ren und drei auffallende Tunnelstrukturen bilden:
• Das Dach des Ductus cochlearis wird von der dünnen • den inneren Tunnel (Corti-Tunnel),
Reissner-Membrcin gebildet. Sie ist im Lichtmikroskop • den NuiH-Rawn und
schwer zu analysieren und besteht aus dem stark abge- • den äußeren Tunnel.
flachten Epithel des Ductus cochlearis und der Schicht
aus sehr flachen Pibrozyten, die die Scala vestlbuli aus- Der innere Tunnel befindet sich zwischen den Pfeilerzellen
kleidet, sowie einer dazwischenliegenden zarten Binde- und stellt quasi den Mittelpunkt des C..orti-Organs dar. Das
gewebslamelle. Obwohl sehr diinn, trennt sie verlässlich Erkennen des inneren Ttmncls ist wichtig für die Orientle-
Peri- ttnd Endolymphe mit ihren unterschiedlichen Ionen- nmg im histologischen Präparat. Die Strukturen, die sich
zusammensetzungen. zwischen diesem Tunnel tmd dem Modialus befinden, lie-
• Lateral ist der Ductus cochlearis über Bindegewebe mit gen "innen", die in Richtnng Stria vascularis gelegenen
dem Knochengewebe verbunden; das Epithel seiner late- Strukturen befinden sich "außen".
ralen Wand bildet die Stria vascularis.
• Der funktionell besonders interessante Boden des Ductus pfeilerzelten Der innere Tunnel ist begrenzt von den
cochlearis mit dem Corti -Organ ist komplex aufgebaut: inneren ttnd den ättßcren Pfeilerzellen (innen = medial,
- irtnen (medial) existiert eine Knochenleiste (Lamina außen = lateral des Ttmnels). Es handelt sich dabei wn
spiralis ossea) 2 große Stützzellen. Ihre breiten Püße bilden den Boden
- in der Mitte, unter dem Hauptteil des Corti-Orgaos, und ihre Köpfe das Dach des Corti-Ttmnels. Diese Stütz-
befindet sich die Basilarmembran zellen besitzen ein hoch entwickeltes Zytoskelett. In diesem
- außen (laterdl) ist das facherförmige Lig. spirale ausge- dominieren mächtige Bündel aus Mikrotubuli, die v. a. den
spannt (Abb. 17.9, Abb. 17.11). säulenförmigen, schlanken Mittelteil dieser ca. 70 ~tm (in-
nere Pfeilerzclle) bis 85 j.Ul1 (äußere Pfeilerzelle) hohen
Zellen stützen. Der Kern liegt basal. Es gibt ca. 5600 innere
Corti-Organ Pfeilerzellen, jedoch nur 3800 äußere.
Das Corti-Orgdn ist eine komplexe epitheliale Struktur aus
Stütz- (Pfeiler- und Phalangenzellen) ttnd Sinnes-(Haar-) Innere Phalangenzelten Medial der inneren Pfeilerzellen
Zellen. In seinem Epithel treten ttmnelfdrrnige flüssigkeits- befindet sich eine längs verlaufende Reihe innerer Phalan-
gefiillte Lücken auf (Abb. 17.9, Abb. 17.11), die Corti-Lym- genzellen (Abb. 17.11), denen die inneren Haarzellen auf-
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan 493
--------------------------.
i Ductus cochlearis :
·------ --------------------

lnterdeQtalzellen Nuei-Raum
' '
innere Haarzelle
''
innere ' Membrana äußere Haarzellen
Phalangenzelle
'' tectoria -:
'
'' äußerer Tunnel
innere ', ••
Grenzzelle •,
.•äußere Grenzzene
Hensen-
Zellen
......."' Claudlus-
Limbus Zellen
sprralis '
'''

------~
lig.
spirale

innere
Pfeilerzelle '
'
äußere Epithel der
'.
Lamrna Pfeilerzelle Scala tympanl
spiralis ossea

r-------------------~

:_~?-~~~~X~P.?.~!J
Abb. 17.11 Corti-Organ im Innenohr (Schema). Oie komplexe afferente und efferente Innervation der Haarzellen ist sehr
vereinfacht dargestellt. (Aus [1])

sitzen. Auch sie besitzen ein hochdifferenziertes Zytoske- genzelle (Abb. 17.12). Mit ihrem Apex erreichen sie die
lett. Die medial an die inneren Phalangenzellen grenzende Oberfläche des Epithels. An ihrer Zelloberfläche tragen sie
Stützzelle wird auch innere Grenzzelle genannt. mehrere tmterschiedlich hohe C-förmige Reihen kippbarer,
wenigCJ,tm langer Stereozilien (Tab. 17.1), die frei in die En-
Interdentalzellen Medial der inneren Grenzzelle verliert dolymphe des Subtektorialraums ragen und nicht mit der
das Epithel rasch an Höhe und kleidet den inneren Sulcus Membrana tectoria verbunden sind. Oie Höhe der Stereo-
spiralis aus. Dieser grenzt an den Limbus spiralis, der sich zilien nimmt von basal (4~-tm) bis zum Helicotrema (8 ~tm)
über der Lamina spiralis ossea erhebt und von den birnen- zu. Oie C-förmige Anordmmg ist derart, dass die Konkavi-
förmigen, sog. Interdentalzellen bedeckt wird (Abb.17.9, tät des C nach medial weist. An ihrer schmalen Basis können
Abb. 17.11). die Stereozilien hin- und herbewegt (detlektiert) werden.
Schon bei geringster mechanischer Abbiegung der Stereozi-
Membrana tectoria Die Interdentalzellen sezernieren die lien wird die Haarzelle v. a. dmch den Einstrom von K• de-
Membrana tectoria. Diese bedeckt das Corti-Organ, steht polarisiert (Abb. 17.12), was ZtLr Öffnung eines spannungs-
aber nur mit den Spitzen der Stereozilien der äußeren Haar- abhängigen Ca2•-Kanals und Zlll11 Einstrom von Cah führt,
zellen in direktem Kontakt. Oie Membrana tectoria ist eine woraufhin der Transmitter Glutamat freisetzt und damit
zellfreie Masse, die u. a. verschiedene Kollagene (II, V, IX, die Erregung in Form eines Aktionspotenzials weitergeleitet
XI) und die Proteine a- und ß -Tectorin enthält. Sie ist wird (Kap.17.1.4).
speziell über vemetzt-fadige Strukturen an den Grenzzellen Im Zytoplasma sind die zahlreichen dicht gepackten
befestigt. Der schmale Rawu zwischen Membrana tectoria Aktinfilamente der Stereozilien in einem dichten terminalen
und der Oberfläche des Corti-Organs wird Subtektorial- Netz, das überwiegend aus Aktin und Spektrin aufgebaut ist,
raum genannt. verankert, der sog. Kutikularplatte. An der Zellmembran
kommen einzelne glatte ER-Zisternen vor. Basal enthalten
Innere Haarzellen Oie relativ organellenarmen birnen- die inneren Haarzellen synaptische Stäbchen, denen hier
f<irrnigen inneren Haarzellen sind die eigentlichen Schall- zahlreiche afferente und efferente Synapsen anliegen. Es
sensoren. Sie können nach der Geb urt nicht erneuert wer- überwiegt stark die afferente Innervation.
den und bilden entlang dem Corti -Organ (Abb. 17.11) eine
Zellreihe, die aus insgesamt 3500 Zellen besteht. Oie einzel- Äußere Phalangenzellen Lateral vom Corti-Tunnel be-
nen Haarzellen sitzen auf der Schulter der inneren Phalan- finden sich die schlanken äußeren Phalangenzellen, deren
494 17 Sinnesorgane

Abb. 17.12 Innere und


äußere Haarzellen und die
ihr zugeordneten Phalangen-
zellen im Corti-Organ (Sche-
ma). Die inneren Haarzellen
sind die eigentlichen Sinnes-
zellen, sie setzen nach Erre-
gung basal den Transmitter
Glutamat frei, was zur Entste-
hung eines Aktionspotenzials
Tip-llnks in den afferenten cochleären
(Spitzenfäden) Fasern des N. VIII führt Die
Tip-Links t ~ .....
(Spitze"!Iden) ' ' äußeren Haarzellen haben
Slde-Unks
--Stereozillen eine Verstärkerfunktion. Die
(Seltenfiiden)' , --Stereozlllen Schallwellen verursachen
, Mlkrotubull
(reversibles) Abknicken der
-- - Kopfplatte unterschiedlich hohen Sin-
- - - - - Kutlkularplatte - neshaare. Ein feines Filament
Colti-lymphe - - Phalangenfoi1Batz (Spitzenfaden, Tip-Link, be-
Mitochondri001 Hensen-Kl!rper-- steht aus Cadherin 23) ver-
•. Golgi-Apparat bindet benachbarte Sinnes-
lnn- HNnelle liulere HNnelle haare. Das Abknicken der
Kem -- __ Kem Sinneshaare spannt die Fila-
Membrenzistennen mente an, was mechanisch
RER (subsurface cistems)
beeinflussbare ( dehnungs-
afferente - - - - - - - aynapClaches sensitive) Kaliumkanäle in der
Nelvenendlgung Stllbchen
Membran der Sinneshaare öff-
errerente --------- net. Dadurch strömen insbe-
Nefvenendigulg
sondere Kaliumionen aus der
Außere Endolymphe ein, was zur
- -Phalangenzale
Depolarisation der Haarzelle
führt. Rückführung der Ste-
reozilien in die Ausgangslage
Kern
schließt die Kanäle: Repolari-
Innere sation der Zelle. Die Haarzel-
Phalangenzelle - - Basllannembran
len sind zusätzlich lateral
über Verbindungsproteine
• b verknüpft (,.Seitenfäden") .

säulenfönnige Körper die äußeren Haarzellen tragen beim Menschen, z. B. nach einer Schädigung, schon ab dem
(Abb. 17.12). Die äußeren Phalangenzellen bilden 3 Reihen 5. Schwangerschaftsmonat nicht regeneriert werden. Sie
in der unteren tmd 5 Reihen in der oberen Schneckenwin- sind kontraktil, können also ihre Länge ändern. Im Zyto-
dung. Sie besitzen in mittlerer Höhe eine Schulter, auf der plasma liegt apikal ein eigentümlicher rundlicher Körper
die Haarzellen sitzen. Von der Schulter zieht ein schmaler, aus annähernd spiralig angeordneten glatten ER-Zisternen
halsfönniger Ausläufer an die Epitheloberfläche. Dort ist er (Hensen-Körpcr), außerdem besitzen sie ein hochent-
über einen schmalen, llügelartigcn, apikalen Kopfteil über wickeltes System glatter Membranzisternen tmter der Zell-
Zellkontakte mit dem Apex mehrerer Haarzellen verknüpft. membran ("subsurface cisterns"). Zwischen lateraler Zell-
Ebenso ist die Gesamtheit der Apices von Pfeiler-, Phalan- membran und den "subsurface cisterns" befindet sich ein
gen- und Haarzellen fest über Zonulae occludentes und spezifisches Membranskelett aus Aktin, Spektrin und Myo-
Zonulae adhaerentes verbunden tmd bildet insgesamt die sin, das wesentlich an den Längenändenmgen dieser Zellen
Membrana reticularis. Die tmmittelbar an die äußerste beteiligt ist. Die Längenänderungen der Zellen vennittelt
Phalangenzelle grenzende Zelle wird auch als äußere das Motorprotein Prcstin an der lateralen Zellmembran.
Grenzzelle bezeichnet. Apikal tragen die äußeren HaarzeHen ca. 100 bis ca. 10 J.iln
hohe Stereozilien (ihnen fehlt wie den inneren Haarzellen
Äußere Haarzellen Die ca. 15000 äußeren Haarzellen ein Kinoziliurn). Die Stereozilien (Tab. 17.1) bilden mehre-
(Abb.17.12) sind kochlcäre Verstärkerelemente, die den re Reihen tmd sind in einer M-förmigen Formation ange-
inneren Haarzellen vorgeschaltet sind. Auch sie können ordnet. Dttrch die Schwingungen in der Endolymphe, die
17.1 Gleichgewichts- und Gehörorgan 495

Tab. 1 7.1 Innere und äußere Haarzellen im Vergleich.

Kriterium lmere Haarzellen Äußere Haarzellen

Funktion Rezeptorzellen Verstärkerzellen


Anzahl 3500 ca. 15000

Lage sitzen auf den inneren Phalangenzellen sitzen auf den äußeren Phalangenzellen
Anordnung 1 Reihe • 3 Reihen an der Basalwindung
• 4 Reihen in der mittleren Windung
• 5 Reihen an der Spitzenwindung

Form plump flaschenförmig schlank, gestreckt


apikales Zytoplasma Kutikularplatte zur Verankerung der Stereozilien • Kutikularplatte zur Verankerung der Stereozilien
Zentriol vor den höchsten Stereozilien • Hensen-Körper
Laterale Membran keine strukturellen Besonderheiten • sehr viele "subsurface cistems"
und benachbartes • spezielles Membranskelett und Prestin
Zytoplasma
basales Zytoplasma synaptische Stäbchen, mehr afferente als wenige synaptische Stäbchen, mehr efferente als
efferente Synapsen afferente Synapsen
Stereozilien 75 pro Zelle ca. 100 pro Zelle, 4-5 Reihen, untersch. hoch
• Länge • die längsten sind 4-8 ~tm Lang • bis ca. 10 ~m lang
• an der Schneckenbasis kürzer als an der • längste Stereozilien zeigen zur Stria vascularis
Schneckenspitze
• die längsten Stereozilien zeigen immer zur
Stria vascularis
• Verbindungen • Tip-links • Tip-Unks
• Seitenfäden • Seitenfäden
• Beziehung zur frei im schmalen Endolymphraum unter der Spitzen der längsten Stereozilien sind mit der
Membrana tectoria Membrana tectoria Membrana tectoria verbunden

Verschiebungen zwischen Basilarmembran und Membrana


Merke Haarzellen sind epitheliale sekundäre Sinnes-
tectoria verursacht, kommt es dazu, dass die Stereozilien
zellen, die afferent und efferent innerviert werden.
der äußeren Haarzellen hin- und herbewegt werden:
• Bei Bewegung in eine Rlchtung öffnen sich mithilfe der
Spitzenfaden mechanosensitive Kationenkanäle, durch Hensen-, Claudius- und Böttcher-Zellen Den äußeren
die insbesondere K• einströmt. Es kommt dadurch zur Phalangenzellen schliel3en sich seitlich die äußere Grenz-
Depolarisation der Zellen, was reizsynchron zur Verkür- zelle und die Hensen-Zellen an. Sie verlieren rasch an Höhe
zung der Zellen führt. Pür Repolarisation sorgt die Öff. und gehen in kubische Zellen über. Diese bilden den Boden
nung von K•-Kanälen, das ausströmende K• wird von den des äußeren Sulcus spiralis ttnd setzen sich in das lateral ge-
Phalangenzellen aufgenommen und (über mehrere zelltt- legene Epithel der Stria vascularis fort. Im Boden des äuße-
läre Stationen) zur Stria vascularis weitergeleitet. ren Sulcus spiralis lassen sich zum Teil die Claudius- und
• Bewegen sich die Stereozilien in die Gegenrichtung, ver- Böttcher-Zellen ttnterscheiden (Abb. 17.11). Sie sind bei
schließen sich die mechanosensitiven Kationenkanäle, manchen Säugetieren deutlicher abzugrenzen als beim
was zur Streckung der äußeren Haarzellen ftihrt. Menschen. Das Meerschweinchen hat besonders gut er-
kennbare, dunkel gcfarbte kleine Böttcher-Zellen im Epi-
Diese spezielle sog. Elektromotilität der äußeren Haarzellen thel des äußeren Sulcus spiralis. Ober eine spezifische Funk-
vermittelt das Motorprotein Prestin, das Membranzyto- tion all dieser Zellen ist katun etwas bekannt.
skelett ist die Gmndlage der Elektromotilität Die Motilität
der äußeren Haarzellen ruft Bewegungen in der Endolym-
phe im Subtektorialrawn hervor, die zur Abknickung der
Basilarmembran
Stereozilien der inneren Haarzellen fiihrt. Diese werden Das Corti-Organ liegt auf der Basilarmembran (Abb.l7.11).
dann depolarisiert, CaH strömt ein und sie setzen ihren Die Basilannembran besteht aus:
Transmitter (Glutamat) frei (Kap. 17.1.4). • der Basallamina der Stützzellen des Corti-Organs
• einem Geflecht feiner Kollagenfibrillen
496 17 Sin nesorg a ne

• amorpher extrazellulärer Substanz Jen Komplex mit Zonulae ocdudentes verbtmden sind.
• länglichen Fibroblasten Sie sezernieren Kalium in die Endolymphe. Die Zellen
• einer epithelähnlichen Schicht aus Fibroblasten, jedoch sind mitochondrienreich und bauen ein sehr komplexes
mit deutlichen Lücken. Diese Schicht bildet die Begren- basales Labyrinth auf. Sie bilden Fortsätze, die den Kapil-
zung der Scala tympani. laren anliegen und die sich auch mit Zellausläufern der
Intermediärzellen verflechten.
Die Basilarmembran ist am Stapes deutlich steifer als am • Intermedi.ärzd.l.en: Die Intermediärzellen sind spezielle
Helicotrema und wird in Richtung Helicotrema auch stetig Melanozyten tmd über Nexus mit Marginal- und Basal-
breiter. Es findet sich flir jede Anregungsfrequenz eine Stelle zellen verbunden.
mit optimaler Schwingungsfahigkeit bzw. jeder Frequenz ist • Basal.zellen: Die kleinen Basalzellen bilden v.a. flache la-
ein bestimmter Ort der Basilarmembran zugeordnet {Orts- terale Fortsätze aus, die mit entsprechenden Fortsätzen
theorie). von benachbarten Epithelzellen Zonulae ocdudentes aus-
bilden. Über Nexus stehen basale Zellausläufer mit hell-
kernigen Fibrozyten in Kontakt, was eine Bedeutung bei
Stna vasculans der Rezirkulation des Kaliums zwischen Haarzellen und
Die laterale Wand des Ductus cochlearis wird von der Stria Slria vas~:.'Ularis hat. Diese bemerkenswerte Rezirkulation
vascularis gebildet (Abb. 17.13), einer Epithelverdickung des K• tunfasst die Stationen Endolymphe, äußere Haar-
(Marginalepilhel), der ein besonders dichtes Kapillarnetz zellen, äußere Phalangenzellen, laterale Epithelzellen am
unterlagert ist. Perizytcnbedeckle Kapillarschlingen dieses Sulcus spiralis externus, spezielle Fibrozyten des Lig. spi-
Netzes dringen in das Epithel der Stria ein. Das Kapillar- rale, Basalzellen der Stria vascularis, Intermediärzellen der
endothel ist kontinuierlich. Stria, Marginalzellen der Stria, Endolymphe. Eine typi-
sche Basallamina unter dem Epithel der Stria vascularis ist
Epithel Das mehrreihige Epithel der Stria ist nicht nur an bei Erwachsenen nicht ausgebildet.
der Bildung der Endolymphe beteiligt, sondern auch am
Stoffwechsel des Corti-Organs. Es besteht aus 3 Epithelzell- Metaoozyten Für die Punktion des Innenohrs sind ver-
typcn: mutlich im subepithelialen Bindt.-gewebe vorkommende
• Marginalzellen: Die Marginalzellen bilden die Epithel- Melanozyten wich'lig. Pigmenlierungsstönmgen können
oberfläche, wo sie über einen gut entwickelten junktiona- mit angeborener Taubheil verbtmden sein (Waardenburg-
Syndrom).

17.1.4 Hörvorgang
Der Mensch hört Schallwellen mit Frequenzen zwischen
16 und 16000 Hertz (Hz).

Schallweiterleit ung Der Hörvorgang beginnt mit der


Luft- und Knochenleitung akustischer Signale. Die Schall-
wellen erreichen das Trommelfell, dessen Schwingungen
die Bewegungen der Gehörknöchelchen (Hammer, Am-
boss und Steigbügel) im Mittelohr auslösen. Die Bewegung
der Fußplatte des Steigbügels im ovalen Fenster führt zu
Druckveränderungen der Perllymphe im Innenohr. Dies
bewirkt die Entstehung einer Wanderwelle entlang der
Basilannembran der Kochlca von der Basis der Schnecke zu
il1rer Spitze.

Wanderwelle Durch die Wanderwelle werden die Sinnes-


haare der Sinneszellen im Corti-Org-an abgebogen (sog. ad-
äquater Reiz). Bei den inneren Haarzellen ist es die Schwin-
gtmg der Endolymphe, die diese Abbiegung auslöst, bei den
äußeren Haarzellen, die ja mit der Membrana tectoria ver-
bunden sind, ist es die geringe Verschiebung um ca. 0,3 nm
der Membrana tecloria gegen die Basilarmembran. Das Aus-
maß der Endolympheschwingtmg bzw. der Abbiegtmg wird
von der Frequenz des stimulierenden Tons bestimmt. Hoch-
frequente Töne verformen die Basilarn1embran vor allem an
der Basis der Schnecke, niedrigfrequente an der Spitze.

Transduktion Die Abbiegung der Stereozilien hat die Öff-


nung von Kationenkanälen (Transduktionskanälen) zur
Abb. 17.13 Stria vascularis (*)in der Kochlea. ~ Blut­ Folge; besonders wichtig ist der Einstrom von K+, was zur
kapillaren im Epithel der Stria vascularis; 1 Ductus cochlea- Depolarisienmg der Zellen führt. Dies hat in den inneren
ris; 2 Lig. spirale; 3 Gewebe der knöchernen Schnecke. Haarzellen basal einen Einstrom von Ca1• zur Folge, wo-
Mensch; Färbung: Azan; Vergr. 250-fach. raufhin sie den Transmiller Glutan1at freisetzen, der die
1 7.2 Se horgan 497

Erregung auf die Pasern des N. acusticus überträgt. Schlie- auch akustische Energie, die sich mit Spezialmikrofon en am
ßen sich die Kationenkanäle der Stereozilien, führt dies zu Trommelfell messen lässt. Diese otoakustischen Emissionen
Repolarisierung. Bei den äußeren Haarzellen hat der Katio- (OAEs) entstehen in den äußeren Haarzcllen, sie treten
neneinstrom nicht nur eine Oepolarisierung, sondern auch spontan und nach akustischer Reizung auf.
eine Verkürzung zur Polge. Nach Repolarisierung kommt
es zu Hyperpolarisierung, die wieder zu einer Verlängerung Potenziale Oie Endolymphe im Ductus cochlearis hat
der äußeren Haarzellen führt, sodass oszillierende Längen- ein Bestandpotenzial (endolymphatisches Potenzial) von
änderungen entstehen, an denen das Membranskelett betei- +80 mV bis +110 mV gegenüber der Pe.rilymphe. Dies Po-
ligt ist. Oie äußeren Haarzellen können auf chemische, me- tenzial wird aktiv in der Stria vascularis erzeugt. Oie inne-
chanische und elektrische Reize ihre Länge verändern. Oie ren Haarzellen besitzen in Ruhe ein Zellpotenzial von
Motilitätder äußeren Haarzellen ändert auch die Mikrome- -40 m V, die äußeren eines von - 70 m V. Ober die apikale
chanik der inneren Haarzellen und fiihrt zu einer kochleä- Zellmembran der Sinneszellen herrscht also eine Potenzial-
ren Verstärkung, die flir die außerordentliche Empfindlich- differenz von ca. 120-150 bzw. 150-180 m V.
keit und Frequenzselektivitätder Kochlea wesentlich ist.
Klinik Manche Formen der Schwerhörigkeit sind mit Ver-
Innervationsmuster Oie inneren und äußeren Haarzellen ändenmgen und Verlust der Haarzellen korreliert. Im Alter
des Corti-Organs sind ähnlich strukturierte Mechanorezep- sind vorwiegend die äußeren Haarzellen betroffen. Sie atro-
torzellen, haben aber unterschiedliche Innervationsmuster. phieren und gehen zugrunde, zum Teil entstehen unge-
Oie inneren Haarzellen, die eigentlichen Schallsensoren, wöhnlich große Riesenstereozillen. Dies geht mit dem Ver-
sind ganz überwiegend afferent innerviert. Oie äußeren lust der Fähigkeit, hohe Töne zu hören, einher. Haarzellen
Haarzcllen, die als Verstärkerelemente den inneren Haarzel- können durch Lärm, Virusinfektionen, ototoxische Sub-
len vorgeschaltet sind, sind dagegen v. a. efferent innerviert. stanzen (z. B. Aminoglykoside, Chinin, Purosemid tmd Cis-
Die efferente Innervation ist inhibitorisch. Das Corti-Organ platin) tmd andere Ursachen meist irreparabel geschädigt
reagiert nicht nur auf akustische Reize, sondern produziert werden.

17.2 Sehorgan
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Oie Wand des Augapfels lässt sich in 3 Schichten gliedern: Das Kammerwasser wird von den Ziliarzotten gebildet,
• äußere Augenhaut mit Sklera und Korne-a gelangt in die hintere Augeokanuner und von dort durch
• mittlere Augenhaut (Uvea) mit Choroidea, Ziliarkörper die Pupille in die vordere Augenkammer, ehe es über
und Irisstroma die Fontana-Räume des Kammerwinkels in den Schlemm-
• innere Augenhaut mit den verschiedenen Abschnitten Kanal abfließt.
der Retina. Die hintere Augenhälfte wird von der Retina be-
herrscht, die hier Lichtrezcptoncllen besitzt (Pars optica
Oie Sklera ist eine feste schützende Schicht aus straffem der Retina). Die Retina baut sich aus 2 Schichten auf, dem
Bindegewebe. Die Kornea (Hornhaut) ist völlig trans- äußeren Retinablatt, das hier lediglich das Pigmentepithel
parent und besteht aus bildet, und dem inneren Retinablatt (Stratum nervosum),
• vorderem Kornealepithel (unverhorntes Plattenepi- das in der Pars optica sehr komplex gebaut und die Retina
thel), im landläufigen Sinne ist. Polgeode Zelltypen müssen im
• dem Kornealstroma mit regelhaft. angeordneten Schich- Strattun nervoswn differenziert werden: Von außen (an
ten von Kollagenfasern und Proteoglykanen tmd das Pigmentepithel grenzend) si nd hier 3 Neurone hinter-
• dem hinteren (innen gelegenen) Kornealendothel und einandergeschaltet: Das 1. Neuron wird durch die Licht-
dessen spezieller Basallamina, der Des~emet-Membran. rezeptorzcllen repräsentiert, das 2. Neuron sind die
Bipolaren, das 3. Neuron sind die Ganglienzellen. Diese
Die blutgefaßreiche mittlere Augenhaut versorgt die Neurone sind sehr komplex synaptisch miteinander ver-
äußeren Anteile der Retina und bildet den Ziliarkörper btmden. Es werden 2 Typen von Lichtrezeptorzellen
mit Ziliarmuskel (Akkommodation) tmd Ziliarzotten unterschieden: Zapfen (Parbsehen) tmd Stäbchen (Hell-
(Kammerwasserbildtmg). Oie Iris trägt aufihrer Rückseite dunkel-Sehen). Die Lichtrezeptorzellen besitzen eine ein-
das pigmentierte zweischichtige lrisepithel, das entwick- zigartige Ultrastruktur, ihr lichtrezeptiver Anteil weist
ltmgsgeschichtlich der Retina angehört. Oie Iris differen- nach außen.
ziert 2 Muskeln, den M. sphincter pupillae und den M. dl- Schützende Hilfseinrichtungen der Augen sind Augen-
lator pupillae. Hinter der Pupille liegt die verformbare lider, Bindehaut lmd Tränendrüse.
Linse, die über die Zonulafasern mit den Ziliarzotten ver-
bunden ist.

17.2.1 Aufbau des Auges Augapfel Der Augapfel ist annähernd kugelig und hat
Das Auge ist das paarig ausgebildete Sehorgan des Men- einen Durchmesser von ca. 2,4 cm. SeineWand lässt sich in
schen. Es besteht aus dem Augapfel (Bulbus oculi) und ver- 3 Schichten gliedern (Abb. 17.14):
schiedenen Hilfs- und Schutzorganen (u.a. dem Augenlid). • äußere Augenhaut (funica fibrosa bulbi), die aus der
498 17 Sinnesorgane

Kornec1

M. sphincter pupillae

CaJ:JSula lenüs Iris


Sinus venosus sclerae
(Schlemm-KanaQ

I
I
I
I I
I I ~~~~~ Lens
Processus :: -~~

ci/iares '/
Fibrae zonulares der
Zonu/a ci/iaris
Retina (Pars caeca)

Sklera

-- Retina (Pars optica) Corpus vitreum

__ Choroidea

Papi/la n. opüci
Retina (Pars optica)
Fovea centralis
Vasa centralia retinae
Arachnoidea
N. opticus

Abb. 17.14 Augapfel, Zeichnung des Horizontalschnitts. Papilla = Discus n. optici. Mensch; Färbung: van Gieson;
Vergr. 7-fach. (Aus [1))
17.2 Se horgan 499

weißlichen Lederhaut (Sklera) und der Hornhaut (Kor-


nea) besteht
• mittlere Augenhaut (Tunica vasculosa bulbi, Uvea), die
die Gefaßschicht (Aderhaut, Choroidea), den Ziliarkör-
per und das Irisstroma umfasst
• innere Augenhaut (Tunica interna bulbi, Retina, Netz-
haut), die sich aus dem Zwischenhirn entwickelt und aus
2 Blättern besteht.

Meli<e Die Wa nd des Augapfels besteht aus 3 Schichten,


der äußeren, mittleren und inneren Augen haut, die unter-
schiedlichen Aufbau, unterschiedliche Funktionen und
unterschiedliche embryologische Herkunft besitzen.

Der Augapfel wird weitgehend vom gallertigen Glaskörper


(Corpus vitreum) ausgefüllt.

Augenkamme rn Zwischen Pupille und Vorderrand des


Glaskörpers liegt die Linse (Abb. 17. 14). Im vorderen Teil
des Auges befinden sich auBerdem 2 mit Kammerwasser ge-
fiillte Räw11e, die vordere Augenkammer (Vorderkammer,
zwischen Kornea un d Iris) und die hintere Augenkammer
(Hinterkammer, zwischen Iris und Glaskörper sowie Linse).
Die beiden Augenkammern stehen über die Pupille in Ver-
bindung. Im Ionern des Augenbulbus herrscht ein Dmck
von 15-18 mmHg (Augenbinnendruck). Die Höhe des
Augenbinnendrucks entspricht der Balance zwischen der
Geschwindigkeit, mit der das Kammerwasser gebildet wird,
und dem Widerstand, der sich seinem Abfluss im Kammer-
winkel entgegenstellt.
Aus praktischen Gründen wird das Auge oft in vordere Abb. 17.15 Vordere Augen hälfte. 1 Kornea, 2 Sklera,
und hintere Augenhälfte gegliedert. 3 Konjunktiva, 4 vordere Augenkammer, 5 Iris, 6 hintere
Augenkammer, 7 Ziliarzotten, 8 Linse. Schwein; Färbung:
Masson-Trichrom; Vergr. 25·fach.
Klini k Ein Augenbinnendruck, der 20-22 mmHg über-
steigt, wird als pathologisch angesehen. Anhaltende Erhö-
hung dieses Drucks führt zwn grünen Star (Glaukom), der
häufig Ursache einer Blindheit ist. Zu unphysiologischem Vorderes Kornealepithel Das vordere, außen gelegene
Absinkendes Drucks kommt es z.B. im diabetischen Koma Kornealepithel (Epitheliwn anterius) ist ca. 50 J..U11 dick und
und nach schweren Entzündungen im Augapfel. besteht aus einem 5 -6-schichtigen unverhornten Platten-
epithel. Es sitzt einer Basallamina und e.iner ca. 15 J..lm
dicken Bindegewebsschicht auf, der Bowman-Membran.
17 .2.2 Vordere Augenhälfte Diese b esteht aus diinnen, ungeordnet verteilten Kollagen-
In der vorderen Augenhälfte (Abb. 17.15) sind im Wesent- fibrillen. Das Kornealepithel geht in das Epithel der Con-
lichen die Augenkammern sowie die lichtbrechenden Struk- junctiva bulbi über. Die Basalzellen des Epithels haben
turen (Hornhaut, Linse) und deren Hilfsapparate unterge- meistens kubische bis prismatische Gestalt, die Zellen der
bracht. Zu diesen HUfsapparaten zählen v. a. Ziliarmuskel mittleren Schicht sind abgellacht und leicht nach auBen ge-
(Akkommodation) Ltnd Iris (Biendenapparat). wölbt, die relativ mitochondrienreichen Zellen der obersten
Schicht sind sehr flach. Alle Zellen sind iiber Desmosom en
und Nexus verbLtnden. Die obersten Zellen sind durch eine
Hornhaut Zonula occludens verknüpflLtnd i.h re apikale Membran bil-
Die Hornhaut (Kornea, Abb. 17. 16) ist zusammen mit der det kurze Mikrovilli und Mikrofalten mit einer komplexen
Sklera Bestandteil der äußeren Augenhaut Sie ist ein rundli- Glykokalyx aus, die den Tränenfilm festhält Die Regenera-
ches glasklares transparentes Pcld (Durchmesser ca. 11 mm), tionskraft des Epithels ist hoch, ErsatzzcUen befinden sich
ca. 0,5-0,7 mm dick (in der Mitte gut 0,5 mm, am Rand am Rande der Kornea.
knapp 0,7 mm) und besteht aus mehreren Schichten (Kor-
nealepithel, Stroma, Kornealendothel). Die Kornea ist stär- Kornealendothel Das hintere, innen gelegene Kornealen-
ker gekrümmt als die Sklera und ein wichtiges lichtbrechen- dothel (Endothelium corneale, Epithelium posterius, inne-
des Mediwn. Ihre Brechkraft ist konstant und größer als die res [hinteres) Kornealepithel) ist ein einschichtiges, flaches
der Linse, deren Brechkraft variabel ist. In das Epithel drin- Plattenepithel und lagert auf einer besonders strukturierten
gen die Endverzweigungen des sensiblen N. ophthalmicus 5 - 10 J..lm dicken Basalmembran, der Desc;emet-Membran
ein, wodurch es sehr empfindlich gegen Fremdkörper auf (Abb. 17.17). Die Zellen sind durch Zonula occludens, Zo-
der Oberfläche ist nula adhaerens und Nexus verbunden, ilire Regenerations-
kraft ist sehr gering. Die Desc;emet· Membran ist eine spe-
500 17 Sinnesorga ne

kammer bei Endothelverletztmg Wasser in das Stroma ein,


qttillt es auf tmd wird trt1b. Die Zellen des äußeren Epithels,
v. a. die mitochondrienreichen Zellen in der apikalen
Schicht, die über Zonulae occludentes verbtmden sind,
pumpen ständig Ionen und Wasser nach außen (basale
Na• -K• -ATPase, Aquaporin). Auch das Endothel transpor-
tiert Ionen ttnd (überwiegend parazcllulär) Wasser nach
2 außen, es besitzt basal eine Na•-K~-ATPase.

Tränenfilm Der Kornea liegt außen der Tränenfilm attf,


der aus mehreren Schichten besteht: Muzin en und Glyko-
proteinen (innen), Wasser (Mitte) ttnd Lipiden (außen).
Ferner hat er Abwehrfunktion, was sich im Vorkommen
von Lysozym tmd sekretorischem lgA widerspiegelt.

Abb. 17.16 Hornhaut (Kornea). Die Kornea ist gefäßfrei Limbus corneae Am Rand geht die Kornea in die tm-
und ihr Stroma (2; Substantia propria) besteht aus Kollagen- durchsichtige, weiße Sklera über (Abb. 17.15). Die Über-
fibrillenlamellen, zwischen denen nur die Kerne der abge- gangszonewird Limbus corneae genannt. Die Sklera bildet
flachten, verzweigten Hornhautfibrozyten (Hornhautkörper- hier 2 Auslättfer, die den Rand der Ko rnea außen und innen
chen) erkennbar sind. 1 Kornealepithel, 3 Kornealendothel. tunfassen. Der innere Ausläufer wird Sklerasporn genannt.
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 80-fach. Der Limbusbereich ist besonders gut kapillarisiert.

Klinik Die Kornea ist aufgnmd ihrer exponierten Lage


zielle Basalmembran, und zwar im Wesentlichen wohl eine vielen Gefcihrdtmgen ausgesetzt: direkten Verletzungen,
Lamina fibroreticularis. Sie besteht zu erheblichem Teil aus Austrockotmg, Strahlttngsenergie, infektiösen Mikroorga-
dem nicht fibrillären Typ-VIII-Kollagen. Im Tangential- nismen wie Bakterien tmd Viren (Herpes-simplex- tmd
schnitt zeigt sie punktf<irmige Verdichttmgen, die über fila- H erpes-zoster-Viren), Pilzen und Parasiten.
mentäre Struktttren verbttnden sind, wobei hexagonale Eine Entzündung der Kornea wird Keratit is genannt. Sie
Muster entstehen. Im Querschnitt durch die Membran ent- ist oft von Entziindtmgen der mittleren Augenhaut (Uveitis)
steht ein typisches Querstreifenmuster (Abb. 17.17). begleitet. Stoffwechselkrankheiten können zu Ho rnhaut-
Beide Epithelien der Kornea spielen eine wesentliche Rolle trübungen fiihren. Beispiele sind Ablagenmgen von Cal-
bei der Regulation des Wassergehalts des Komeastromas, be- dumphosphat tmd Calciumkarbonat bei Störungen des
sonders wichtig dabei ist die Rolle des Komeaendothels, das Caldumstoffwcchsels oder von Cholesterinestern bei Hy-
mittels verschiedener Mechanismen überschüssiges Wasser percholesterinärnie. Eine Transplantation der Kornea ist in
aus dem Stroma in die vordere Augenkammer ptunpt. ca. 909' der Fälle erfolgreich.

Stroma, Transparenz Das Stroma der Kornea (Substantia


propria) besteht aus Kollagenfibrillen (Typ-I-Kollagen),
Iris
Proteoglykanen, Wasser (75- 809'), verei nzelt elastischen Die Iris (Regenbogenhaut) bildet den Blendenapparat des
Fasern, abgeflachten Fibrozyten tmd sensiblen N ervenfa- optischen Systems. Sie liegt vor der Linse und besitzt im
sern (des N. ophthalmicus). Die Kollagenfibrillen sind ein - Zentrum ein Loch, die Pupille. Der Durdunesser der Pu-
heitlich dick (Durchmesser ca. 28 nm), sind regelmäßig pille kann zwischen 1,5 ttnd 8 mm schwanken. Die Iris be-
durch einen Abstand von ca. 50-55 nm getrennt und bil- steh t aus 2 Anteilen, dem vorn (attßen) gelegenen Stroma
den über 200 dünne Schichten (Lamellen). Die Fibrillen tmd dem hinten (innen) gelegenen Irisepi theL
sind in jeder einzelnen Schicht parallel ausgerichtet, in den
aufeinanderfolgenden Schich ten wechselt die Ausrichtung Irisepithel Das Irisepithel besteht aus 2 Epithelschichten,
der Fibrillen um entweder ca. 90° oder 45°. In den periphe- die aus dem Vorderran d des embryonalen Augenbechers
ren Schichten des Stromas, die gut mit Sauerstoff versorgt hervorgehen. Das Irisepithel wird daher von 2 Basallarninae
werden, sind die Proteoglykane reich an Chondroitinsulfat, bedeckt: von einer auf der Hinterseite, die an die hintere
in den mittleren Schichten kommt v. a. Keratansulfat vor. Augenkammer grenzt, und von einer auf der Vorderseite,
Für die Transparenz der Kornea sind die regelhafte Anord- die an das Irisstroma grenzt. Seide gehen im Bereich der
nttng der Kollagenfibrillen und der konstante Wassergehalt Pupille ineinander über. Die beiden Zellschichten sind pig-
entscheidend wichtig. Strömt z. B. von der vorderen Augen- mentiert (Abb. 17.15, Abb. 17.18) und repräsentieren den
am weitesten peripher gelegenen Teil der Retina (Pars iri-
dica retinae, Stratum pigrnenti iridis). Dieses doppelte Epi-
thel wird auch neuroepitheliale innere Oberfläche der Iris
genannt. Die Pigmentierung der inneren Irisepithelschicht
ist meistens viel stärker als die der äußeren Schicht. Die Zel-
len der äußeren Schicht besitzen basal lange kontraktile
Fortsätze. Alle Zellen des Irisepithels sind über Desmo-
samen und Nexus verbunden, die inneren zusätzlich durch
Ab b. 17.1 7 Des~emet­ Zonulae occludentes auf der Seite, die an die hintere Augen-
Membran. kammer grenzt.
17.2 Sehorgan 501
ren lrisepithels, das nach der Geburt mrr Vimentin und
Desmin als Intermediärfilamentproteine enthält. Der
Muskel wird vom Sympathikus innerviert tmd erweitert
die Pupille.

Klinik Die Hemmung des Parasympathikus, z.B. durch


Atropin (Alkaloid aus dem Nachtschattengewächs Atropa
beUadonna), führt zu weiten Pupillen. Dieser Effekt war
zeitweise Mode (.,bella donna"), in der Medizin wird er zur
Untersuchung des Augenhintergrunds ausgenutzt Eine
ungleiche Pupillenweite (Anisokorie) ist meist Ausdruck
von Läsionen der sympathischen oder parasympathischen
1 Innervation des Auges.
Entziindungen der Iris (Iritis) treten im Rahn1en von sys-
temischen Erkranklmgen (z. B. rhelunatischen Erkrankun-
gen) auf.

Vordere Augenkammer
Die vordere Augenkal1u11er (Camera anterior) wird von der
Rückseite der Kornea und von der Vorderseite der Iris
begrenzt.

Abb. 17.18 Iris. 1 vo rdere Augenkammer, 2 Irisstroma, Kammerwinkel Der Winkel zwischen der Kornea und
* Blutgefäß im Irisstroma, 3 M. dilatator pupillae, entspricht der Iriswurzel ist der Kammerwinkel (Angulus iridocor-
nealis, Abb. 17.15, Abb. l 7.19), in dem das Kammerwasser
den kontraktilen Fortsätzen des äußeren (an das Irisstroma
grenzenden) Irisepithels, 4 inneres pigmentiertes Irisepithel abfließt. Das Gewebe des Kammerwinkels ist stark aufge-
5 hintere Augenkamm er. Mensch; Färbung: H. E. ; lockert und enthält ein Maschenwerk aus Bindegewebstra-
Vergr. 110-fach. bekeln, das auch Myofibroblasten enthält. Zwischen den
Trabekeln findet sich ein System Oüssigkeitsgefilllter Kanäl-
chen und Räume (Fontana-Räurne), die mit der vorderen
Augenkammer kommunizieren. Die Pontana-Rätune wer-
Stroma Das Stroma gehört zur mittleren Augenhaut
den von einem dünnen Epithel ausgekleidet, das in vieler
(Uvea). Es besteht v. a. aus Fibrozyten und zarten Kollagen-
Hinsicht dem Koroealendothel ähnelt, aber auch phago-
faserbündeln, die eine bogengitterartige Anordnung besit-
zytiert.
zen. Diese Anordnung der Kollagenfasern ermöglicht die
variable Weitstellung der Pupillen. In unterschiedlicher
Schlemm-Kanal Am Vorderrand dieses Maschenwerks
Menge kommen im Stroma verzweigte melaninhaltige, aus Trabekeln und Fontana-Rämuen verläuft ringf6nllig
lichtabsorbierende Pigmentzellen (Melanozyten) vor. Die
der Schlemm-Kanal (Abb.l7.19, Abb. l7.20),der das Kam-
An7.ahl der Pigmentzellen ist für die Augenfarbe verant- merwassec aufnimmt und über intra- und episklerale Ve-
wortlich: Viele Pigmentzellen ergeben "braune" Augen, we- nennetze abfiihrt. Der Schlemm-Kanal ist von einer ge-
nige Pigmentzellen "griine", "graue" oder "blaue" Augen.
schlossenen Endothelschicht ausgekleidet, die Basallamina
Fehlt das Pigment Melanin generell (Albinos), sind die Au- ist unvollständig. Die Endothelzellen bilden ultrastrukturell
gen rötlich. Die Vorderseite der Iris wird von abgeplatteten
erkennbare 2- 3 J.Lm weite Poren oder Kanälchen, die sich
Fibrozyten des Irisstromas gebildet, zwischen denen weite
zeitweise öffnen oder schlieBen und so den Abflussverhält-
Lücken klaffen können. Das Stroma enthält ein ungewöhn- nissen anpassen können. Bel hohem Augenbinnendruck
lich reich und komplex ausgebildetes Blutgefäßsystem, das
entstehen im Endothel bis zu 20 J.Lm groBe Vesikel, die sich
für die Ernährung und Versteifung der Iris und die Tempe-
sowohl nach außen als auch zum Llunen des Schlemm-
ricrung des Kammerwassers verantwortlich ist.
Kanals hin öflnen können. Ober den Schlemm-Kanal flie-
ßen gut 80% des Kammerwassers ab; der Rest sickert in das
Muskulatur In rämnlich enger Beziehung zum Pigment-
lockere Bindegewebe ein, das die Muskelzellen des Ziliar-
epithel der Iris findet sich die Irismuskulatur (Abb. 17.18).
körpers umgibt (uvosklcraler Abfluss).
Es handelt sich um glatte Muskulatur, die in Form von
schlanken Portsätzen der äußeren pigmentierten Irisepi-
thelzellen (nach außen Zlun Irisstroma weisend) oder in Klinik Ist der Kammerwasserabfluss behindert, steigt der
Form von isolierten glatten Muskelzellen auftreten kann: Augenbinnendruck Mögliche Polgen sind Schädigungen
• M. sphincter pupillae: Seine schlanken glatten Muskel- von Retina und Sehnerv, Sehfeldausfälle, grünliche Reflexe
zellen sind konzentrisch am Rand der Pupille angeordnet. der Linse, zum Teil starker Schmerz u. a. Das Krankheitsbild
Sie gehen aus dem äußeren Irisepithel hervor und haben wird griiner Star (Glaukom) genannt. Dabei werden ver-
sich von ihm abgelöst. Sie enthalten sowohl Zytokeratine schiedene Glaukomtypen unterschieden, z.B. das Weitwin-
als auch Vimentin und Desmin. Der Muskel wird vom kelglaukom (normale Weite des Kanu11erwinkels, aber ob-
Parasympathikus innerviert und verengt die Pupille. struktive Ver'anderungen im trabekulären Maschenwerk und
• M. dilatator pupillae: Seine Muskelzellen verlaufen vor im Schlemm-Kanal, oft altersbedingt) oder das Engwinkel-
dem äußeren Epithel radiär. Sie sind Fortsätze des äuße- glaukom (infolge Einengung des Kamme.rwinkels, verschie-
502 17 Sin nesorgane

.;.
..:('"
·'
Conjunctiva-- - -·· -· Sklera
bulbi ~

--Pars caeca
der Retina

Trabekel und
Fontana-Räume -- --Ziliannuskel
"'~.... ..
' ' '" --
....' ' .. ' .... ..

... fliiasi<örper!
..... -· ....... .
~.

Schlemm--- -,:·____ _
Kanal .:
--- -Processus
.. ciliaris
..
hintere
.... , Augenkammer

Ko rnea
...
vordere
Augenkammer Unse
Abb. 17.19 Funktionell wesentliche
M. Komponenten in der vorderen Augen-
dilatator pupillae-- -w~'--'·
hälfte (Schema).

dene Ursachen, kann akut oder chronisch auftreten). Beim


Engwinkelglaukom sind chirurgische Maßnahmen oder im
Anfall schnelle Notfallmaßnahmen erforderlich.

Linse
3 Die Linse (Lens) ist neben der Kornea das zweite wichtige
lichtbrechende Organ im Auge. Sie dient dem Fokussieren
des Lichts und ist vorn weniger stark gekrümmt als hinten.
Sie entsteht aus einem ektodermalen epithelialen Bläschen.
Dessen anfangs vorhandener zentraler Ra tun wird im Laufe
der Entwicklung von den in die Länge wachsenden Zellen
der Hinterwand des Bläschens ausgefiillt.

Aufbau Die Linse ist von einer speziellen kräftigen Basal-


membran mit elastischen Eigenschaften umgeben (Linsen-
kapsel). Sie enthält verschiedene Kollagentypen und Mikro-
fibrillen. In der Linsenkapsel, die vorn ca. 15 J.lm und hinten
ca. 5 J.liTI dick ist, inserieren die Zonula-Pasern (s. u.). Das
Epithel der Linsenvorderseite wird Linsenepithel genannt
und ist einschichtig und kubisch (Abb. 17.21), seine Zellen
besitzen Kerne. Die langen Zellen der Rückwand sind kom-
pliziert zusammengelagert und besitzen keine Kerne. Sie
werden Linsenfasern genannt. Am Äquator der Linse ist
das allmähliche Verschwinden der Zellkerne in jedem his-
tologischen Präparat gut zu beobachten.

Linsenfasern Die Linsenfasern (Fibrae lentes) sind ganz


ungewöhnliche Zellen. Sie sind transparent, ca. 7- 10 mm
Abb. 17.20 Schlemm-Kanal (1) und Bindegewebstrabekel lang, 8 - 12 J.liTI weit und ca. 2 J.lm dick. Im Querschnitt sind
sowie Fontana-Räume (2} des Kammerwinkels (3). 4 Sklera. sie abgeflacht-sechseckig (Abb. 17.22) und über viele Nexus
Rhesusaffe; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. und einzelne Desmosomen verbunden. Sie enthalten kei-
17.2 Sehorgan 503

,
,
• •

Abb. 17. 22 Linsenfasern. Beim Einbetten und Schneiden
hat sich der enge Verbund der Linsenfasern etwas gelockert,
zwischen den Fasern sind artifizielle Spalten entstanden,
sodass die quer getroffenen einzelnen linsenfasern erkenn-
' bar werden. Die Oberfläche der Linsenfasern bildet feine
längs verlaufende Leisten, durch die benachbarte Fasern mit-
einander verbunden sind. Rind; Färbung: Masson-Trichrom,
Vergr. 450-fach.
Abb. 17.21 Vorderrand der Linse (L) mit dem Linsen-
epithel (? ) und Zonulafasern, die an der Linsenkapsel
ansetzen (• ). Mensch; Färbung: H. E., Vergr. 250-fach. Ziliarkörper
Der Ziliarkörper (Strahlenkörper, Corpus ciliare) dehnt sich
von der Ora serrata bis zur Jriswur:>~l ringförmig mn die
neo Zellkern und katun Organellen. Wesentliche Bestand- inneren Wandbereiche des Augenbulbus aus (Abb. 17.14,
teile sind die sehr stabilen linsenspezifischen Proteine Crys- Abb. 17.19, Abb. 17.23). Seine wesentlichen Punktionen sind
tallin CL, ß und y sowie Pilensin. Crystalline sind reichlich Akkommodation und Bildungdes Kammerwassers.
vorhanden tmd erhöhen den Brechkraftindcx der Linse. Sie
sind lösliche Proteine. Pilensin bildet zusammen mit Pha-
kinin linsenspezifische Intermediärfilamcntc, die mit den Ziliannuskel und Akkommodation
Crystallinen verbunden sind. Für die Transparenz ist ein Ziliarmus kel Der Ursprung des Ziliarmuskels (M. cilia-
Wassergehalt von ca. 65% erforderlich, der aktiv (Na•-K•- ris) sind der Sklerasporn und die Desr;emet-Membran des
ATPase, Na•-HCO)·-Co-Tran sporter- bcidc im vorderen Kornealendothels; den Ansatz bilden die elastischen Fasern
Linsenepithel -, Aquaporine) aufrechterhalten wird. Lin- der sog. Bruch-Membran, der Grenzschicht zwischen Ader-
senfasern bleiben zeitlebens erhalten. In geringem Maße haut und Retina. Diese elastischen Pasern sind gleichzeitig
proliferieren ständig Linsenzellen am Linscnäquator, so- die Antagonisten des Ziliarmuskels. Der Ziliarmuskel er-
dass die Linse sehr Ia ngsam, aber stetig wächst. Dieses scheint im Schnittpräparat durch die vordere Augenhälfte
Wachsttun wird zu einem erheblichen Teil dadurch kom- von Mensch und anderen Primaten flach dreieckig. Er be-
pensiert, dass im Ionern die Linsenfasern etwas schrwnp- steht aus einem komplex angeordneten System glatter Mus-
fcn ltnd sich verdichten, wodurch hier der sog. Altcrskern kelzcllen, die außen libcrwicgend längs (Meridionalfasern,
entsteht. Hauptmetabolit der Linse ist Glucose. Brücke-Muskel) und innen vorwiegend zirkulär (Miiller-
Muskel) angeordnet sind. In der Mitte verlaufen die Mus-
Klinik Eine Trübung der Linse wird als grauer Star (Kata- kelfasern schräg-radiär. Im Übergangsbereich zwischen zir-
rakt) bezeichnet. Hierbei werden die Crystallinc unlöslich. kulären tmd radiären Pasern sind die Muskelzellen netzartig
Eine Katarakt kann angeboren (Röteln-, Herpes-simplex- (retikulär) angeordnet. Der Ziliarmuskel ist reich parasym-
oder Syphilisinfektion während der Schwangerschaft) oder pathisch innerviert. Viele andere Säugetiere, die weniger
erworben sein. Erworbene Formen sind altcrsbedingt oder stark auf präzise Akkommodation angewiesen sind und de-
Begleitcrkranktmgen bei Diabetes mellitus, Bestrahlung. ren Augen auch in Histologiekursen gezeigt werden, haben
Galaktosämic und Hypokalzämie. Eine Dauertherapie mit oft einen erstalmlieh locker aufgebauten Ziliarmuskel.
Cortison fordert die Entstehung subkapsulärer posteriorer
Katarakte. Akkommodation Bei Nahakkommodation (Naheinstel-
Mit dem Alter wird die Linse ztmehmcnd starrer und ver- lung) des optischen HUfsapparats kontrahiert sich der ganze
liert ztmelunend ihre Akkommodationskraft (Altersweit- Ziliarmuskel. Die meridionalen und radiären Pasern ver-
sich tigkeit, Presbyopia senilis). lagern durch ihre Kontraktion den Ziliarmuskel etwas
nach vorn, die Kontraktion der zirkulären Pasern ftihrt zur
Bildtmg eines Wulstes (,.Muskclkante"), was den ganzen
Ziliarmuskel näher an die Linse heranbringt. Die Bruch-
Membran wird angespannt. Dadurch entspannen sich v.a.
504 17 Sinnesorgane

2
3

Abb. 17.23 Ziliarkörper. 1 Sklera; ~ Schlemm-Kanal,


2 vordere Augenkammer, 3 Iris, 4 Ziliarmuskel, 5 Ziliar-
zotten, 6 hintere Augenkammer, 7 Linse mit vorderem
LinsenepitheL Rhesusaffe; Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach. Abb. 17.24 Ziliarzotten mit zahlreichen kleinen Blut-
gefäßen (* )und zweischichtigem Epithel: außen (an das
Bindegewebe grenzend) pigmentiert, innen nicht pigmen-
die vorderen Zonulafasern, was die Spannung der Linsen- tiert. ~ Zonulafasern. Weddell-Robbe; Färbung: Masson-
kapsel herabsetzt. Die Linsenkrümmung nimmt aufgrund Trichrom; Vergr. 450-fach.
ihrer Eigenelastizität zu, die Linse rundet sich ab. Dadurch
nimmt die Brechkrafi zu und ermöglicht die Nahsicht
Bei Nahsicht kommt es zu folgenden Verändenmgen im gene Epithelschicht heißt Stratum pigmenti corporis ciliaris
Akkommodationsapparat: und ist pigmentiert (Abb. 17.25). Die nach innen weisende
• Kontraktion der Ziliarmuskulatur, alle Muskelfasern ar- Epithelschicht ist mitochondrienreich und nicht pigmen-
beiten synergistisch zusammen tiert, zwischen ihren Zellen sind Zonulae occludentes aus-
• Dehnung der elastischen Bruch-Membran gebildet (der Bezugspunkt flir die Begriffe "außen" tmd "in-
• Entspannung der Zonulafasern nen" ist im Auge immer das Zcntrtm1 des Augenbulbus).
• Abrundtmg der Linse. Beide Epithelschichten besitzen an ihrer morphologischen
Basis eine Basallamina, die des äuBeren Pigmentepithels
Bei Weitsicht (Pernakkomruodation) sind die Ziliarmusku- liegt an der Grenze zum Bindegewebe der Ziliarzotten, die
latur und die Bruch-Membran entspannt. Die Zonulafasern der inneren Epithelschicht liegt an der Grenze zur hinteren
werden dadurch angespannt, und die Linse flacht ab. Augenkammer. An dieser inneren Basallanlina inserieren
die Zonulafasern, die zttr Linsenkapsel ziehen und aus
Fibrillinfibrillen bestehen. Sie setzen vor tmd hinter dem
Ziliarzotten und Bildung des Kammerwassers Linsenäquator an, wobei zwischen den in die Linsenkapsel
Ziliarzotten Nach innen entspringen am Ziliarkörper einstrahlenden Fasern ein im Schnittbild dreieckiger " Kanal"
längs verlaufende Wlilste und Zottenstrukturen (Ziliarzot- (Petit-Kanal) frei bleibt.
ten, Processus ciliares). Die Ziliarzotten sind reich an Blut-
gefaßen (Abb. 17.24), darunter befinden sich viele Kapilla- Kammerwasser Das Epithel der Ziliarzotten sezerniert
ren mit fenestriertem Endothel. Sie werden von einem das eiweißarme wasserklare Kammerwasser, das Kornea
zweischichtigen Zottenepithel (Ziliarepithel) bedeckt, das und Linse ernährt und den Augenbinnendruck aufrechter-
der Retina angehört (Pars ciliaris retinae). Die außen geie- hält (Abb. 17.25). Das Epithel ist wesentlicherTeil der Blut-
17.2 Sehorgan 505

-- Linse Klinik Beim Marfan-Syndrom (genetischer Defekt der


-- -Linsenkapsel Fibrillinbildtmg) kommt es zu mangelhafter Punktion der
Zonulafasem mit ständig abgenmdeter Linse (gestörter
Sicht in die Peme) tmd Verlagenmg der Linse.
Die Kammerwasserbildung kann z. B. dttrch Carboanhy-
- -- - Zonulafasem drasehemmer vermindert werden, was bei Erhöhung des
Augenbinnendrucks therdpeutisch genutzt werden kann.
--
--; • hintere Augenkammer

Glaskörper
- ·-- Basallamina Der gdllertig-weiche, wasserklare Glaskörper (Corpus vitre-
-- Zonula ocdudens um) besteht überwiegend aus Wasser (989') tmd Hyaluron-
sättre sowie einzelnen Fibrozyten (Hyalozyten), vereinzelten
-- Nexus
Makrophagen und einem feinen Netz aus 8-15 zum Teil
__ nicht-pigmentierte innere bis 30 nm dicken Kollagenfibrillen (Typ-li-Kollagen), das
Ziliarepithelzellen {NPE) sich an seiner Oberfläche etwas verdichtet (Membrana vit-
- - Desmosom rea) tmd den Glaskörper innen an der Retina befestigt. Diese
Befestigtmg ist besonders fest an der Ora serrata tmd an der
Sehnervenpapille. Der Glaskörper wird von den nicht pig-
-- Nexus
mentierten Zellen der Pars caeca (Pars plana) der Retina
pigmentierte äußere und von den Hyalozyten gebildet.
-- Ziliarepithelzellen {PE)
-- Desmosom Klinik Der Glaskörper unterliegt physikalischen tmd bio-
chemischen Altersveränderungen. Es kommt oft zu gutarti-
----Basallamina
- gen Trübungen (mouches volantes), die als dtmkle Flecken
empftmden werden, die sich mit den Augenbewegtmgen be-

'--------....J
( ) -- - -- fenestrierte Kapillare
- --- Stroma der Ziliarzotten
wegen. Bluttmgen aus Retinagefaßen Lmd Membranbil-
dungen treten z. B. bei diabetiseher Retinopathie auf. Zahl-
reiche andere Krankheiten, z. B. Arnyloidose, können zu
Abb. 17.25 Ziliarepithel, Zonulafa.sem und Sekretion Ablagertmgen im Glaskörper fUhren.
des Kammerwa.ssers. Die Zellen des inneren und äußeren
Ziliarepithels sind durch Nexus und Desmosomen verbunden,
die inneren Epithelzellen zusätzlich durch Zonulae occluden- 17 .2.3 Hintere Augenhälfte
tes. Die gefaltete basale Zellmembran der äußeren Epithel- In der hinteren Augenhälfte befinden sich die typischen
zellen enthält in reichem Maße die Na'-K'-ATPase, den Motor Wandschichten der Augenhäute:
für die Kammerwassersekretion. In der Basallamina des inne- • außen die Lederhaut
ren Epithels sind die Zonulafasern verankert. Die Zonula- • in der Mitte die Aderhaut
fasem sind nicht einheitlich, kräftige Haltefasern entsprin- • innen v. a. der lichtrezeptive Teil der Netzhaut.
gen am Orbiculus ciliaris (Pars plana des Ziliarkörpers) und
Laufen auf die vordere und hintere Seite der Region des Außerhalb der Lederhaut liegt ein kollagenfaseranuer Gleit-
Linsenäquators zu. Feinere Spannfasern verbinden die raum, der an der Grenze Zttrn Pettgewebe der Orbita eine
Haltefasern mit den Wülsten (Processus ciliares) der Corona kapselähnliche Grenzschicht aufuaut, die sog. Tenon-Kap-
ciliaris (Pars plicata des Ziliarkörpers). sel. In dem Spaltrawu kann sich der Bulbus oculi wie ein
Gelenkkopf in einer Gelenkpfanne bewegen.

Kammerwasser-Schranke, die die unkontrollierte Diffusion Lederhaut


von Flüssigkeit aus den Kapillaren in die hintere Augen-
Aufbau Die Lederhaut (Sklera) bildet gemeinsam mit der
kammer verhindert und die spezifische Zusarnrnensetztmg
Kornea die äußere Augenhaut Sie besteht aus einem Ge-
des Kammerwassers aufrechterhält. An der Kammerwas-
flecht dicht gepackter Kollagenfaserbündel, die meridional,
serbildtmg sind Carboanhydrase (HC0 3·-Bildtmg) tmd
longitudinaltmd schräg verlattfen (Abb.17.15, Abb. 17.26).
aktiver Transport von Ionen beteiligt. Kammerwasserbil-
Die Fibrillendicke der Fasern variiert, der Wassergehalt der
dtmg (im Ziliarepithel) tmd -resorption (im Karnmerwin-
Sklera ist geringer als der in der Kornea, sie enthält viele
kel) stehen im Gleichgewicht. Das Kammerwasser wird in
Blutgefäße. Dieses feste Geflecht bietet optimalen Schutz
ca. 1 - 2 Stunden ersetzt.
für die empfindlichen, innen gelegenen Augenhäute und
garantiert die funktionell richtige Länge des Bulbus oculi.
Merke Das Kammerwasser wird in den Ziliarzotten pro- Bei manchen Wirbeltiergruppen können in der Sklera Kno-
duziert, in die hintere Augenkammer sezerniert und im chenplatten entstehen. Im Obergangsbereich von der Sklerd
Kammerwinkel der vorderen Augenkammer resorbiert. zur Kornea lagern sich die Kollagenfibrillen um (Abb. 17.15)
und nehmen in der Kornea eine hoch geordnete Ausrich-
tung an, des Weiteren nimmt der Gehalt an Proteoglykanen
und Wasser zu.
506 17 Sinnesorgane

7 8 9

Abb. 17.26 Sklera. Die Sklera besteht aus straffem kollage-


nem Bindegewebe. Die Kollagenfasern verlaufen in Gruppen,
die in unterschiedlicher Richtung angeordnet sind und daher
auf einem Schnitt quer schräg oder längs getroffen sein kön-
nen. Färbung: Masson·Trichrom, Vergr. 120-fach.

Dicke Die Dicke der Sklera entspricht ungefahr der


der Kornea. Im Durchschnitt ist sie etwas dicker (ca.
0,8- 1 mm), im Bereich des Abgangs des Sehnervs ist sie
bis zu 1,5 mm dick.

Funktion Die feste Sklera leistet dem inneren Augen-


druck Widerstand, gibt dem lichtbrechenden Apparat
einen festen Rahmen und ist Ansatzpunkt der äußeren Abb. 17.27 Retina, Übersicht. Von außen nach innen:
Augenmuskeln. 1 Choroidea; 2 Pigmentepithel; 3 Innen- und Außensegmen-
te der Photorezeptorzellen; 4 äußere Kömerschicht; 5 äuße-
Klinik Angeborene Kurz- und Weitsichtigkeit gehen mit re plexiforme Schicht; 6 innere Kömerschicht; 7 innere ple-
abweichender Faserarchitektur der Sklera einher. Bei der xiforme Schicht; 8 Schicht der Ganglienzellen; 9 Glaskörper;
Kurzsichtigkeit (Myopie) ist das Auge zu lang, und weit 10 kleine Arterie. Schwein; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach.
entfernte Strukturen werden vor der Retina scharf abge-
bildet. Bei der Weitsichtigkeit (Hyperopie) ist das Auge zu
kurz, Strukturen werden hinter der Retina scharf abgebildet.
Dies kann durch vermehrte Akkommodation zwn Teil Klinik Der häufigste Primärtumor des Auges ist das Mela-
kompensiert werden, aber das Auge verliert die Fähigkeit, nom der Choroidca.
nahe gelegene Gegenstände oder Buchstaben in einem Buch
in normalem Leseabstand scharf darzustellen.
Netzhaut (Retina)
Aderhaut Regionen
Die gefäßreiche Aderhaut (Choroidea) bildet mit dem Ziliar- Die Retina lässt sich in 2 Regionen unterteilen, die hinten
körper und der Iris die mittlere Augen haut. Sie untergliedert gelegene Pars optica und die vorn gelegene Pars caeca. Die
sich in 3 Schichten: Pars optica enthält Lichtsinneszellen und Nervengewebe.
• außen gelegene Suprachoroidea (Gefaße und Nerven) Die Pars caeca besteht lediglich aus 2 Epithelschichten, die
• breites mittleres Stratum vascnlare überwiegend pigmentiert sind tmd keine Lichtsinneszellen
• innen gelegene Choriocapillaris (Kapillarschicht), die an enthalten. Sie bedeckt die Hinterwand der Iris (Pars iridica
das Pigmentepithel der Retina angrenzt. retinae) und den Ziliarkörper (Pars dliaris retinae). Kurz
hinter dem Ziliarkörper und noch deutlich vor dem Äquator
Die Blutgefaßc sind in ein lockeres Bindegewebe mit zahl- des Augenbulbus geht die Pars caeca in die deutlich dickere
reichen Melanozyten eingebettet (Abb. 17.27). Wichtigste Pars optica über. Der Obergang der beiden Retinaregionen
Funktion der Choroidca ist die Versorgtmg des Pigmentepi- wird Ora serrata genannt, da er einen gezackten Verlauf
thels und vor allem der Sinneszellen der Retina. Die dicht nimmt. Der Abschnitt zwischen den Wi.üsten des Ziliar-
gepackten wcitlumigen Kapillaren besitzen ein fenestriertes körpers tmd Ora serrata heißt Pars plana der Pars caeca.
Endothel. Zwischen den Kapillaren und dem Pigment-
epithel befindet sich die gut 2 ).1m dicke Bruch-Membran.
Ihr gehören die Basallam.ina des Pigmentepithels und insbe-
Blätter
sondere dichte Netze elastischer Pasern an (Antagonist des Die Pars optica besteht aus 2 Blättern, dem äußeren Retina-
Ziliarmuskels). blatt (Stratum pigmenti, Pigmentepithel) und dem inneren
17.2 Se horgan 507
Retinablatt (Stratum ncrvosum). Inneres und äußeres Blatt
der Retina entstehen während der Entwicklung aus dem sog.
Augenbecher, zwischen den beiden Blättern bleibt stets ein
kapillärer Spalt (Sehventrikcl) erhalten, sodass sich die 2 Re-
tinablätter leicht voneinander ablösen können. Der Begriff
Retina wird oft ausschließlich ftir das Stratum nervosum der
Retina gebraucht.

Äußeres Retinablatt
Das sehr dünne äußere Retinablatt (Stratum pigmenti, Pig-
mentepithel, Abb. 17.27) ist auch im Bereich der Pars optica
retinae stets nur ein einschichtiges pigmentiertes Epithel. Es
ist ein kubisches Epithel, das mit seiner Basallamina der
Bmch-Membran aufliegt. Die Zellen des Pigmentepithels
(Pigmentzcllcn) sind reich an glattem ER, tmd v. a. apikal
enthalten sie ovale Pigment:körnchen. Mit schlanken Aus-
läufern legen sie sich den Lichtsinneszellen, den Stäbchen
und Zapfen, an. Die Pigmentzellen phagozytieren die Spit-
zen der Lichtsinneszellen, die im Rahmen der ständigen
Membranerneuerung an der Basis der Außensegmente zu-
gnmde gehen. Deshalb enthält das Zytoplasma der Pigment-
zellen auch viele Lysosomen. Die basale Zellmembran weist
dicht gestellte Einfaltungen auf, lateral sind sie über Kontak-
te, darunter Zonulae ocdudentes, verbtmden. Dem Pigment-
epithel kommen neben dem Abbau der Stäbeben und Zap-
fen mehrere andere Punktionen zu. Es bildet v.a. eine
wichtige Barriere zwischen dem Blut der Aderbaut und den
Rczeptorzellcn.

Merke Das Pigmentepithel baut u. a. die sich ständig


regenerierenden Membranstapel der Rezeptorzellen ab Abb. 17.28 Retina. 1 Schicht der Stäbchen und Zapfen
(s.u.), beeinflusst die Lichtmenge, die die Rezeptorzellen (nach außen weisende Fortsätze der Lichtrezeptorzellen mit
erreicht, und regeneriert die Sehfarbstoffe. Innen- und Außensegmenten). Die Innensegmente der
Zapfenzellen fallen durch ihre plumpe Gestalt(-+) besonders
Inneres Retinablatt der Pars optfca auf. 2 äußere Körnerschicht (Kerne der Rezeptorzellen);
Das innere Retinablatt der Pars optica (Stratum cerebrale, 3 äußere plexiforme Schicht 4 innere Körnerschicht
Stratwn ncrvosum) ist ein in die Peripherie verlagerter Rhes usaffe; Färbung: Masson·Trichrom; Vergr. 450-fach.
Hirn teil. Er weist wie andere Hirnregionen einen im Prinzip
epithelähnlichen Schichtenbau auf.

Schichten der Pars optica der Retina 1. Neuron


Das 1. N ettron ist eine permanente (kann nicht als ganze
Insgesamt lassen sich in der Pars optica 10 Schichten unter-
Zelle regeneriert werden) Lich lrczcptorzelle (Photorezep-
scheiden (Abb. 17.27, Abb. 17.28). Die 1. Schicht entspricht
torzelle, Lichtsinneszelle) und kann als primäre Sinneszelle
dem äußeren, die Schichten 2 - 9 bilden das innere Retina-
angesehen werden. Die Lichlrczcptorzcllen treten in 2 Ty-
blatt. Diesem liegen im Wesentlichen die verschiedenen pen auf, die sich vor allem in Hinsicht auf ihre nach außen
Strukturen von 3 hintereinandergeschalteten Neuronen zu-
gerichteten lichtrezeptiven Fortsätze, die sog. Stäbchen oder
gmnde (Abb. 17.29). Die ein1-elnen Schichten werden von
Zapfen (s.u.), unterscheiden. Diese schlanken Fortsätze
außen nach innen gezählt, die Zählweise wird aber in der Li-
(Abb. 17.28) liegen dicht nebeneinander (wie die Fransen
teratur nicht ganz einheitlich gehandhabt:
eines Teppichs) und bilden die äußerste Schicht des inneren
1. Pigmentepithel
Retinablatts (= 2. Schicht der Retina) und liegen direkt dem
2. Schicht der Stäbchen und Zapfen
Pigmentepithel an. Die Bezcichmmgen Stäbchen und Zap-
3. äußere Gliagrenzmcmbran fen verwendet man jedoch nicht nur ft:rr diese mit rezeptiven
4. äußere Körnerschicht (Perikarya der Sinneszellen, Eigenschaften versehenen Fortsätze, sondern auch für ~e­
1.Neuron) ganze Zelle, also das 1. Neuron insgesamt. Auch der Begriff
5. äußere plexifonneSchicht Rezeptor wird sowohl ftir den rezeptiven Portsatz als auch
6. innere Körnerschicht (Perikarya der Bipolaren, ftir die ganze Sinneszelle gebraucht.
2. Neuron)
7. innere plexiforme Schicht Photorezeptorzellen Die Photorezeptorzellen sind grund-
8. Schicht der Optikus-Ganglienzellen (3. Neuron)
sätzlich gleichartig gebaut und gliedern sich in
9. Optikus-Ncrvcnfaserschicht • lichtrezeptiven Fortsatz (Stäbchen oder Zapfen)
10. innere Gliagrenzmembran.
• Perikaryon tmd
• Axon (lnnenfaser).
508 17 Sinnesorgane
,..- ---------- -
: Glaskörper : innere
·------------! Gliagrenzmembran
'

Blutgefäße
der
=====--- 3. Neuron
Retina < - -- ----(Ganglienzellen)

Synapsenzone
-- -(innere plexifonne Schicht)

amakrine ----- - · 1"\


2. Neuron
Zelle ,~ --------(Bipolare)
Kapillaren:,
-~
Horizontalzelle- _ - -----Müller-Stotzzelle
---
••• 1.----t! ----- - - Synapsenzone
(äußere plexifonne Schicht)

1. Neuron
-------(Sinneszellen)

••• Stäbchen--
'
'
äußere
Gliagrenzmembran

retinalas
-- - --- Pigmentepithel

'
------------· Abb. 17.29 Neuronale Elemente
:0 Choroidea :I
.......................... der Retina (Schema).

Die Stäbchen sind schlanke Portsätze für das Hell-dunkel- reiche Ellipsoid und das weiter innen liegende Myoid,
Sehen, Zapfen sind plumpere Portsätze für das Parbensehen das v.a. durch den Golgi-Apparat, glattes und raues ER
(Abb. 17.30, Tab.l7.2). gekennzeichnet ist. Das Myoid ist mit dem weiter innen
liegenden kcrnhaltigen Teil der Zelle über einen relativ
Lichtrezeptiver Fortsatz Die lichtrezeptiven Fortsätze schlanken Zellabschnitt verbunden, die sog. Außenfaser.
werden jeweils in ein Innensegment (Innenglicd) und ein
Außensegment (Außenglied) gegliedert Perikaryon Die Kerne der Rezeptorzellen bilden die
• Außensegment: Das Attßensegment grenzt an das Pig- äußere Körnerschicht (= 4. Schicht der Retina).
mentepithel und wird von der Zellmembran umgeben. Es
enthält dicht gelagerte flache Membranstapel (in den Axon Vom Kern crstreckt sich das schlanke kurze Axon
Stäbchen) bzw. Membraneinfaltungen (in den Zapfen); nach innen und endet mit der aufgetriebenen Synapsen-
diese Membranen enthalten Sehpigmente, die mit den region der Zelle, in der neben zahllosen hellen synaptischen
Einheiten des Lichts, den Photonen, re-agieren. Der licht- Bläschen synaptische Stäbchen (.,synaptic ribbons") vor-
empfindliche Teil der Rezeptorzellen ist dem Licht abge- kommen, Transmitter ist Glutamat.
wandt (Abb. 17.27, Abb. 17.29). An ihrer Basis erneuern
sich die Membranstapel bzw. die Membraneinfaltungen
ständig. Sie werden an der Spitze abgestoßen und vom Merke Zapfenzellen ähneln Stäbchenzellen sehr stark, sie
Pigmentepithel phagozytiert. Das Außensegment ist über sind aber generell etwas plw11per, ihr Außensegment ist
ein Verbindungsstück (Sinneszilie: 9x2+0) mitdem In- etwas kürzer und konisch und enthält eher dicht gepackte
nensegment verbunden. dünne Membranfalten als Membranscheiben. Innen-
segment, Außenfaser und Axon sind dicker als bei den
• Innensegment: Das Innensegment ist wiederum in 2 Be-
Stäbchenzcllen.
reiche gegliedert: das außen liegende mitochondrien-
17.2 Sehorgan 509

Blutkapillare --

--- --Pigment-
epithel

IZapfenI IStäbchen!
- -VerbindungsstOck--
Abb. 17. 30 Rezeptorzellen. Schema (Zilie) --Ellipsoid--;
;··Ellipsoid·-
einer Zapfenzelle (links) und einer Stäb-
chenzelle (rechts) sowie des Pigment-
''
'
Innensegment
.
'
'
Innensegment
epithels. Die nach außen gerichteten Fort- ' '
'~ ----Myoid -- -- '
---Myoid • .• :
sätze der Rezeptorzellen werden Zapfen
bzw. Stäbchen genannt und jeweils in ein ---- Zonulae ------
adhaerentes
Innen- und ein Außensegment gegliedert.
Das Pigmentepithel phagozytiert die sich
--- Perikaryo!l- -
ablösenden Teile der Außensegmente.
Zwischen den Sinneszellen und den Müller-
Stützzellen bilden sich Zonulae adhaeren- --------Axon-------
Endkolben
tes aus, deren Gesamtheit der Membrana ''
limitans extema entspricht. Die ca. 2 11m ''
'
-• Synapsenband.
·.
dicke zellfreie Bruch-Membran besteht aus
Basallamina, Kollagenfibrillen und einem
dichten Netz elastischer Fasern; ihr liegen
fenestrierte Kapillaren an. (Aus (1])

Tab. 1 7.2 Stäbchen- und Zapfenzellen im Vergleich.

Kriterium Stäbchen Zapfen

Typ • HeU-dunkel-Rezeptoren • reagieren bei hellem Licht (photopische


• reagieren bereits auf geringe Lichtintensitäten Bedingungen) und Bewegungen
(skotopische Bedingungen) • Farbensehen
• lösen strukturelle Muster und Bilddetails relativ • können strukturelle Details sehr gut auflösen,
schlecht auf, wofür ihre neuronale Verschaltung was auf ihrer speziellen Verschaltung beruht
verantwortlich ist
Anzahl 100-120 Millionen 5-6 Millionen

Vorkommen nicht in der Fovea lutea, bei 20° außerhalb der Fovea besonders im Zentrum der Retina
am dichtesten, zur Peripherie hin abnehmend
Morphologie • ca. 90 11m lang, schlank • ca. 90 11m lang, plumper
• Außensegment gut 20 11m lang und 2 11m dick, • Außensegment knapp 20 11m lang, eher konisch,
Membranscheiben Membraneinfaltungen
Sehpigment Rhodopsin Zapfenopsin mit 3 Typen

Sehpigmente Der folgende Text kann nur auf einige scheiben ihrer lichtempfindlichen Portsätze registrieren die
wichtige Tatbestände hinweisen, ein vertieftes Verständnis Photorezeptoren das Licht. Das Photopigment der Stäb-
ist nur mithilfe von Lehrbüchern der Physiologie möglich. chen ist das Rhodopsin. Das Photopigment der Zapfen
Mithilfe des Seh-(Photo-)Pigments in den Membran- (Zapfenopsin) ähnelt dem Rhodopsin stark und unterschei-
510 17 Sinnesorgane

dct sich im Opsinanteil nur hinsichtlich einiger Amino- Äußere plexiforme Schicht Oie Zone, in der die Licht-
säuren. rezeptorzellen mit dem 2. Neuron synaptisch verbunden
Rhodopsin besteht aus dem Glykoprotein Opsin und sind, ist komplex strukturiert und wird äußere plexiforme
dem 11-cis-Retinal, einem Derivat von Vitamin A. Opsin ist Schicht genannt. Wesentliche Komponenten dieser Schicht
ein 7-Transmembranhclix-Protein, das an ein G-Protein (= 5. Schicht der Retina) sind die Endkolben und -knöpf-
(Transducin) gekoppelt ist. Oie Opsin-Retinal-Komplexe eben der Rezeptorzellen.
sind in der Membran der Membranscheiben außerordent-
lich dicht gepackt. Diese Membranen zählen deshalb zu den 2. Ne uron
proteinreichsten Membranen des Organismus. Die Sinnes- Das 2. Netrron (Abb. 17.28, Abb. 17.29) ist typischerweise
zellen sind im Dunkeln depolarisiert; in diesem Zustand eine bipolare Nervenzelle (= Bipolarzelle, Bipolare), deren
wird ständig Glutamat freigesetzt, was bei Belichtung unter- Transmitter auch Glutamat ist. Es verknüpft die Rezeptor-
drückt wird. Sehr bemerkenswert ist, dass Opsin nicht durch zellen(= 1. Neuron) und die Ganglienzellen ( = 3. Neuron).
ein anderes Molcklü, sondern durch Photonen aktiviert Es lassen sich morphologisch tmd funktionell verschiedene
wird. Es entscheidet, welche Wellenlänge vom Retinal ab- Typen von bipolaren Zellen unterscheiden:
sorbiert wird. Oieses wandelt sich bei Absorption von Licht- • Es werden On- und Off-Bipolare unterschieden. Zapfen-
quanten (Photonen) in Pikosekunden vom 11-cis-Retinal zellen sind mit On- und Off-Bipolaren verbunden, Stäb-
zum all-trans-Retinalmn. Oie Umwandlung von 11 -cis-Re- chenzellen mrr mit On-Bipolaren. On-Bipolare besitzen
tinal in all-trans-Retinal bewirkt, dass Opsin das Transducin metabotrope Glutamatrezeptoren, sie sind bei Dunkelheit
aktiviert. Transducin seinerseits aktiviert daraufhin die hyperpolarisiert, Belichtung rührt zu Depolarisation. Off-
cGMP-Phosphodiesterase, die cGMP zu GMP abbaut. Die- Bipolare besitzen einen ionotropen Glutamatrezeptor, sie
ser Abbau bewirkt, dass cGMP-gcsteuerte Natriumionen- sind bei Dunkelheit depolarisiert, Lich teinfall reduziert
kanäle in der Zellmembran geschlossen werden. Natrium die Glutamatfreisetztmg aus den Zapfenzellen ttnd negati-
kann also nicht mehr in die Rezeptorzelle einströmen. Dies viert das Membranpotenzial der Otr-Bipolaren (s. Physio-
hat zur Folge, dass die Zellmembran hyperpolarisiert ist. Oie logiebücher).
Hyperpolarisation wird also durch Licht ausgelöst. Oie Folge • In der Fovea centralis verbindet eine bipolare Zelle eine
der Hyperpolarisation ist, dass die Rezeptorzellen keinen Zapfenrezeptorzelle mit einer kleinen Ganglienzelle.
Transmitter freisetzen. Wenn das Rhodopsin sich wieder • Außerhalb der Povea centralis sind mehrere Zapfenre-
regeneriert, normalisiert sich die Natriumpermeabilität der zeptorzellen mit einer bipolaren Zelle und und diese mit
Zellmembran, wobei auch erneut cGMP synthetisiert wird einer großen Ganglienzelle verknüpft.
und sich die speziellen Natritunkanäle wieder öffnen. • Stäbchen sind nur mit einem Typ von Bipolaren verbun-
Nachdem es seine Funktion erfiillt hat, wird das all-trans- den, der sich wie eine On-Bipolare verhält. Sie sind aber
Retinal aus den Rezeptorzellen in das Pigmentepithel trans- mit On- ttnd Off-Ganglienzellen verschaltet, was durch
portiert. Hier wird es zunächst ztml all-trans-Retinol umge- amakrine Zellen festgelegt wird.
wandelt, das dann zum 11 -cis- Retina! regeneriert und in die • Stets sind mehrere Stäbchenrezeptorzellen mit einer
Lichtrezeptorzelle zurücktransportiert wird. Dort verbindet Bipolaren verbunden, die über die amakrinen Zellen mit
es sich erneut mit Opsin. einer großen Ganglienzelle verknüpft ist.
Unter den Zapfen, deren Photopigment aus dem Zapfen-
opsin tmd 11-cis-Retinal besteht, lassen sich 3 Typen mit Innere Körnerschicht Oie Kerne der bipolaren Zellen sind
Sehpigmentcn unterschiedlicher Sensitivität unterscheiden, H auptbestandteil der inneren Körnerschicht (= 6. Schicht
tmd zwar für langwelliges rotes (Wellenlänge 565 nm), mit- der Retina). In dieser Schicht liegen auch die Kerne der
telwelliges griines (Wellenlänge 535 nm) tmd kurzwelliges Miiller-Gliazellen, der H orizontalzellen (verknüpfen die
blaues (Wellenlänge 420 nm) Licht. Dementsprechend wer- Rezeptorzellen) tmd der a makrinen Zellen (bilden Synap-
den L-(R-)Zapfen (rot), M-(G-)Zapfen (griin) und K-(B-) sen sowohlmit Dendriten der Ganglienzellen als auch mit
Zapfen (blau) unterschieden. Axonen der bipolaren Zellen). Es existieren verschiedene
Typen von amakrinen Zellen mit unterschiedlichen Trans-
mittern. Oie Miiller-Gli.azellen (Abb. 17.29) sind lange
Klinik Oie Gene für rote tmd grüne Zapfenpigmente sind schlanke Gliazellen mit zahllosen lateralen Fortsätzen, die
auf dem X-Chromosom lokalisiert, das Gen für blaue sich von der äußeren bis zttr inneren Gliagrenzmembran
Zapfenpigmente auf Chromosom 7. Mutationen der roten der Retina erstrecken. Ihre inneren Füßchen ruhen auf
tmd grünen Pigmente verursachen bei 8~ der Männer eine einer Basallamina, die die Grenze ztun Glaskörper markiert.
angeborene Farbschwäche. Sie nehmen die Farben anders Ihr äußerer Zellpol endet zwischen Perikaryon ttnd Innen-
wahr tmd kombinieren das monochromatische Licht an- segment der Lichtsinneszellen. Oie Müller-Gliazellen sind
dersartig. vermutlich auch Lichtleiter, die das Licht durch die Retina
Bei Vitamin-A-Mangel wird allmählich weniger Sehfarb- mit iliren dichten Fasergeflechten hindurch zu den Sinnes-
stotr produziert, was sich insbesondere auf die Stäbchen zellen leiten. In den inneren Retinaschichten finden sich
nachteilig auswirkt. Es entsteht Nachtblindheit. auch Astrozyten und v.a. Blutgefäße (Verzweigtmgen der
A. und V. centrales retinae).
Äußere Gliagrenzmembran Am Übergang vom Innen-
segment zwu Perikaryon sind die Rezeptorzellen über Innere plexiforme Schicht Oie Synapsenzone zwischen
Zonulae adhaerentes mit den Apices der Mmier-Gliazcllen den bipolaren Zellen (= 2. Neuron) und den Ganglien-
verbunden. Oie Kette der benachbarten Zonulae adhaeren- zellen (= 3. Neuron) bildet die innere plexiforme Schicht
tes bildet im histologischen Präparat eine feine Linie, die (= 7. Schicht der Retina).
der äußeren Gliagrenzmembran (= 3. Schicht der Retina)
entspricht.
17.2 Sehorgan 511

3. Neuron Ganglienzellen tmd Off-Bipolare sind mit Off-Ganglien-


Dem 3. Neuron entsprechen die Ganglienzellen (Abb. 17.27, zellen verbtmden (s.u.).
Abb. 17.29). Man kann verschiedene morphologische und
ftmktionelle Typen tmterscheiden, deren Axone die Op-
Merke In der Retina finden sich 3 Neuronentypen, die
tikus-Nervenfaserschicht (= 9. Schicht der Retina) tmd
hintereinandergeschaltet sind: Das 1. Neuron repräsen-
schließlich den N. opticus (T ractus opticus) aufbauen.
tiert die Lichtrezeptoren, das 2. Neuron die Bipolaren, das
Die Perikarya der Ganglienzellen sind multipolare Neu-
3. die Ganglienzellen.
rone mit hellem Kern tmd organellenreichem Zytoplasma.
Es lassen sich 2 große Gruppen von Ganglienzelltypen tm-
terscheiden: Besondere Areale der Retina
• große Ganglienzellen (A-Zellen, M-Zellen, phasisch, Macula lutea Die fii.r das Sehen besonders wichtige Ma-
können On- oder Off-Zellen sein, s.u.), projizieren auf die cula lutea (gelber Fleck) ist ein ca. 1,5 mm weites, gelbliches
sog. magnozellulären Schichten im Corpus geniculatum Feld in der Mitte des Augenhintergnmds, ca. 4 mm lateral
laterale und sprechen auf Kontrast und Bewegung an der Papilla n. optid. Die Gelbfärbtmg beruht auf dem Vor-
• kleine Ganglienzellen (C-Zellen = P-Zellen, tonisch, kommen des Luteins, eines Karatenaids in den Sinnes-
können On- oder Off-Zellen sein, s.u.), projizieren auf zellen, das vor oxidativem Stress und kurzwelligem Licht
die sog. parvozellulären Schichten im Corpus genicula- schützt. Die Makula dient den zentralen 10° des Sehens. In
tum laterale und verarbeiten chromatische Reize. der Tiefe der Macula lutea befindet sich eine Einsenkung,
die Fovea centralis (Durchmesser 0,5 mm, Abb.l7.31), die
Auch unter den Ganglienzellen lassen sich On- und Off- Stelle des schärfsten Seh ens. Hier befinden sich ausschließ-
Ganglienzellen unterscheiden. On-Bipolare sind mit On- lich Zapfenzellen, deren Zapfen relativ schlank sind. Es

Abb.t7.31 Foveacen-
traUs (*) der gelblichen,
ca. 1,5 mm weiten Macula
lutea. Die meisten Retina-
schichten sind hier stark ab-
geflacht und die Zapfenzellen
monosynaptisch verschaltet.
1 Sinneszellen, 2 Bipolare, ..
3 Ganglienzellen, Ch Choro-
idea, S Sklera. Mensch; I
Färbung: H. E., Vergr. 130- I
•• •
fach.
512 17 Sinnesorgane

wurde berechnet, dass ca. 110 000 Zapfenzellen in der Fovea einer On-Ganglienzelle Aktionspotenziale aus. Der Signal-
centralis vorkommen. Sie sind hier vielfach 1:1:1 mit Bipo- fluss von den Zapfenrezeptorzellen zu den Ganglienzellen
laren tmd (kleinen) Ganglienzellen verknüpft, deren Peri- läuft entweder über On- oder Otr-Bipolare zu On- oder Off-
karya an dieser Stelle mehrheitlich zur Seite gedrängt sind. Ganglienzellen. Der Signalfluss von den Stäbchenrezeptor-
zellen zu On- tmd Off-Ganglienzellen nimmt seinen Weg
Papilla n. optid In der Papilla n. optici (Discus n. optici, über einen Bipolarentyp und Amakrine.
Durchmesser ca. 1,5 mm) laufen alle Axone der Ganglien-
zellen zusammen tmd verlassen die Retina (Abb. 17.32). An Rezeptive Felder, Konvergenz Durch die Verknüp-
dieser Stelle finden sich keine lichtempfindlichen Neurone, fung der Retinazellen bauen sich rezeptive Felder rnit ei-
und sie wird daher auch als blinder Fleck bezeichnet. In der nem Zentnun und einer Peripherie (.,Umfeld") auf. Diese
Papilla n. optici treten A. und V. centrales retinaein die Re- Felder sind die wesentlichen funktionellen Baueinheiten
tina ein und verzweigen sich in zahlreiche Äste. Das Zent- der Retina. Nach Verarbeitung der Photorezeptorerregung
rum der Papille ist eingesenkt (Excavatio papillae). und -antwort durch diesen hochdiflcrcozierten neuronalen
Komplex in der Retina konvergiert der Fluss der Informa-
Kurze Zusammenfassung der Erregungsleitung tion auf die Ganglienzellen der Retina. Speziell am Rand
der Retina der Retina herrscht eine erhebliche Konvergenz der Infor-
Transduktion Die 3 Neurone der Retina stehen funktio- mationen. Tausende von Stäbchenzellen beeinflussen eine
nell in Zusammenhang: Die Photorezeptoren (= 1. Neuron) Ganglienzelle. Im foveomakulären Peld, das dem zentralen
werden durch Licht hyperpolarisiert und aktivieren bipo- Sehen dient, herrscht dagegen nur eine geringe Konver-
lare (= 2. Neuron), horizontale und amakrine Neurone in genz, ztun Teil sind hier Zapfen, bipolare Zellen tmd Gang-
der inneren Körnerschicht Tm Pali der Stäbchen ist be- lienzellen im Verhältnis 1:1:1 verkn üpft.
kannt, dass bei Dtmkelheit Kationenkanäle fiir Natrium Die Ganglienzellen übersetzen das visuelle Bild, das auf
und Calcilun in der Membran geöftnet sind. Der Einstrom die Retina auftriffl., in eine kontinuierlich wechselnde Fre-
von Natrilun und Calcium bewirkt die Depolarisienmg der quenz von Aktionspotenzialen, die entlang der primären
Zelle tmd in der Folge die Abgabe des Transmitters Glut- optischen W cgstrecke zu den visuellen Zentren im Gehirn
amat. Bei einem Lichtreiz schließen sich die Kationenkanä- geleitet werden. In jedem Auge gibt es 1 Million Ganglien-
le, es kommt zur Hyperpolarisierung der Zelle. Dadurch zellen tmd somit auch 1 Million Nervenfasern in jedem Op-
wird wiederum die Glutamatausschüttung gehemmt. Dies tikusstrang. Die Hälfte dieser Pasern hat ihren Urspnmg in
fiihrt in den nachgeschalteten Neuronen zu Potenzialverän- der Macula lutea tmd deren tmrnittelbarer Umgebtmg.
derungen, d.h. zu einem elektrischen Impuls. Die Zapfen
besitzen ähnliche Mechanismen, sind aber 100-mal licht-
N. opticus
unempfindlicher als die Stäbchen. Die 3 Zapfentypen ab-
sorbieren nur das Licht der Wellenlänge, fiir das sie emp- Der N. opticus (Abb. 17.32, Abb. 17.33) entspricht einem
findlich sind. in die Peripherie verlagerten Hirnteil tmd verbindet den
Augenbulbus mit dem Gehirn. Er besteht aus ca. 1 Million
On-, Off-Zellen On-Neurone sind lichterregte Neurone, Axonen der retinalcn Ganglienzellen. Die Nervenfasern des
Off-Nellrone lichtgehe1wnte Neurone. Ein Lichtreiz löst in N. opticus werden von Hirnhäuten umgeben. Außen liegt

Excavatio papillae

--A. centralis retinae

I
I
I
I
I
N. oplicus Duralscheide
Abb. 17.32 PapUla (Dtscus) n. optici (• blinder Fleck der Retina) mit der zentralen Excavatio papiUae, Längsschnitt durch
den Sehnerv. Mensch; Färbung: van Gieson; Vergr. 20-fach. (Aus [1])
17.2 Se horgan 513

die Dura mater, die im Bulbus in die Sklera übergeht. Es fol- muskels (M. Ievator palpebrae) ein. Die Sehne spaltet sich
gen nach innen die Arachnoidea mit Subarachnoidalraum in viele einzelne Faserbündel auf, die den Ringmuskel
(hier auch Vaginalraum genannt) und die Pia mater. An der durchsetzen lmd in der Dermis enden. Andere Faserzüge
Oberfläche der Nervenfasern befinden sich eine astrozytäre dieser Sehne setzen am Tarsus an, der die innere Partie des
Membrana limitans gliae extema sowie die dazugehörige Augenlids ausfüllt.
Basallamina. Von der schmalen Pia materausgehende sehr
Tarsus DerTarsus ist eine feste Gewebeplatte aus dichtem
schlanke Bindegewebssepten trennen die Nervenfaserbün- kollagenfaserigem Bindegewebe im oberen lmd lmteren
del und fiihren kleine Blutgefäße. Die Axone werden un-
Augenlid. In den Tarsus sind 20 - 25 Meibom-Driisen
mittelbar nach dem Verlassen der Retina von Oligodendro-
(Gll. tarsales) eingelagert. Dies sind verzweigte holokrine
zyten in unterschiedlichem Ausmaß myelinisiert und zu
Talgdrüsen, die jeweils aus zahlreichen Endstücken (Alveo-
Biindeln zusammengefasst. A. und V. centrales retinae tre-
len) und einem zentralen Gang bestehen. Die Gänge mün-
ten 1- 1,5 cm vor dem Bulbus in denN. opticus ein.
den in einer Reihe an der freien Kante der Lider und haben
keine Beziehung zu Haaren. Das lipidreiche Sekret bildet
17 .2.4 Augenlider, Bindehaut, Tränendrüse einen Film über der Tränenflüssigkeit und verhindert da-
durch das Austrocknen der Kornea. Am oberen lmd unte-
Augenlider ren Tarsus setzen jeweils der obere b zw. un tere M. tarsalis
Das Augenlid (Abb. 17.34) wird außen von zarter Haut be- an. Er ist aus glatter Muskulatur aufgebaut Lmd sympa-
deckt. Es finden sich hier vereinzelt sehr feine Haare mit thisch innerviert. Sein Tonus hält das Auge im Wachzu-
Talgdrüsen und kleine SchwcH3drüsen. In der Mitte finden stand offen.
sich Skelettmuskulatur und Tarsus, innen die Conjunctiva
Merke Die Augenlider sind bewegliche Schutzeinrichtun-
palebralis.
gender vorderen Augenhälfte. Sie bestehen im Wesentli-
chen aus Muskelgewebe (M. orbicularis oculi, M. tarsalis
Muskulatur Im Augenlid befindet sich die Pars palpebra-
lis des quergestreiften M. orbicularis oculi, der die Lidspalte Lmd im oberen Augenlid die Sehne des M. Ievator palpe-
brae), straffem Bindegewebe mit Stlitzflmktion (Tarsus),
verengt und verschließt. In das obere Augenlid tritt von
Wimpern lmd Dri.isengcwebe.
oben kommend die Sehne des quergestreiften Lidheber-

Pia mater
Arochnoidea rrit
Spat. st.htJmchncida/e Bindegewebssepten
der Pia

,-
lockeres Bindegewebe ,,-

V. centra/is retinae

Abb. 17.33 N. opticus, Querschnitt. Als Hirnteil wird er von sämtlichen 3 Hirnhäuten umgeben, zwischen denen auch ein
schmaler, mit Liquor gefüllter Subarachnoidalraum erhalten bleibt. Oie für dieses Präparat oft als charakteristisch angegebe-
nen Anschnitte der erst 1 cm (!) vor dem Bulbus in den Sehnerv eintretenden A. und V. centrales retinaefehlen jedoch immer
dan n, wenn der N. opticus proximal von dieser Eintrittstelle geschnitten wi rd. Sie sind damit also kein un bedingt erforder-
Liches differenzialdiagnostisches Kriterium. Mensch; Färbung: van Gieson; Vergr. 22·fach. (Aus [1))
514 17 Sinnesorgane

M. tarsa/is St4J.

• • Blutgefäß
M. orbicu/aris oculi
(Pars palpebralis)

Epidermis

GI. Jacrimalis accessoria


(Krause-Drüse)

Epithel der Conjunctiva fJ<1lpebrarum

Tarsus

Merle

Ausführungsgang (Meibom-Drüse)

Abb. 17.34 Oberes Augenlid, Sagittalschnitt. Der plattenförmige, aus dicht gelagerten KoUagenfasern aufgebaute Tarsus
bildet das Skelett des Lids, in das die in einer Reihe angeordneten länglichen Meibom-Drüsen (Gll. tarsales) eingelagert sind.
Diese Talgdrüsen stehen nicht in Beziehung zu den Wimpern. Diesen sind eigene kleine Talgdrüsen (Zeis-Drüsen) und die
apokrinen Moll-Drüsen (Gll. ciliares) zugeordnet. Der glattmuskuläre M. tarsalis superiorhält durch seinen Tonus die Lidspalte
offen, der kräftig entwickelte quergestreifteM. orbicularis verschließt die Augen. Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 17-fach.
(Aus (1])
17.2 Se horgan 515

Wimpern, Zeis- und Moll-Drüsen Die Wimpern sind verhornt und enthält v. a. nasalund im unteren Lid Becher-
große, dicke Haare am Lidrand. Sie werden alle zellen.
100-150 Tage gewechselt. Thnen zugeordnet sind die leis-
und Moll-Drüsen. Die Zcis-Drüsen sind kleine Talgdrüsen, Conjunctiva fornicis Die Conjunctiva fornicis (Binde-
die ebenso wie die Moll-Drüsen in die Haartrichter ein- haut der Überg-clOgsfalten) ist eine faltenreiche Tasche, in
münden. Die Moll-Drüsen (Abb. 17.35) sind apokrine deren Bereich Conjunctiva palpebralis und Conjunctiva
Drüsen, die v. a. im Dienste der Abwehr stehen und anti- bulbi ineinander übergehen. Dieser Obergangsbereich wird
mikrobielle Pcptide bilden. Fornix conjunctivaegenannt. Hier finden sich viele Becher-
zellen und stellenweise mehrschichtiges prismatisches Epi-
Merke Die große Mcibom-Drüse ist eine holokrine Talg- thel.
drüse ohne Beziehung zu den Wimpern, die Moll-Drüsen
sind apokrine Drüsen, die antimikrobielle Peptide sezer- Conj unctiva bulbi Die Conjunctiva bulbi (Bindehaut des
nieren, und die kleinen Zeis-Drüsen sind die Talgdrüsen Augapfels, Abb. 17.19) liegt der Sklera auf und endet an der
der Wimpern. Kornea. Sie ist mit der Sklera nur locker verbunden und
unterblutet leicht.
Im Epithel aller Bindehautbereiche können regelmillig
Klinik Eine Entzündung der Meibom-, Zeis- oder Moll- Lymphozyten beobachtet werden. Subepithelial finden sich
Drüsen wird Gerstenkorn (Hordeolum) genannt. Erreger vereinzelt kleine Aggregate lymphatischen Gewebes. In der
sind zumeist Staphylokokken. Ei n äuHeres Gerstenkorn be- Lamina propria der Conjunctiva palpebralis treten öfter
ruht auf Entziindung der Zels- oder Moll-Drüsen, ein inne- Melanozytcn sowie akzessorische Tränendrüsen auf.
res auf Entzündung der Mclbom-Drüsen. Ein Hagelkorn
(Chalazion) ist eine chronische schmerzlose, granulomatöse Klinik Entzündungen der Bindehaut sind häufig tmd wer-
Entzündung der Meibom-Drüsen. den Konjunktivitis genannt. Ursache können verschiedene
Viren oder Bakterien sein (infektiöse Konjtmktivitis). Be-
Konjunktiva • Bindehaut sonders häufig sind verschiedene Formen der allergischen
Konjunktivitis, ausgelöst z. B. dttrch Pollen. Symptome sind
Die Bindehaut ist eine schleimhautähnliche Schicht, die v. a. Röttmg, wässriges oder schleimig-eitriges Sekret, u. U.
Augenlid und Augenbulbus (unter Freilassung der Horn- Tuckreiz und meist ertr.iglichcr Schmerz.
haut) zu einer beweglichen Einheit verbindet. Die Bindehaut
ist transparent und zartrosa. Ihre großen Blutgefcille sind rot
und leicht zu verschieben. Sie ist glatt und feucht glänzend
Tränendrüse
und lässt sich in 3 Abschnitte gliedern: Die paarige Tränendrüse (GI. lacrimalis) liegt im äuHeren
oberen Bereich der Augenhöhle (Orbita). Sie bildet die
Conjunctiva palpebralis Die Conjunctiva palpebralis Tränenflüssigkeit.
(Bindehaut der Lider) bedeckt innen das Augenlid, mit des-
sen Tarsus sie fest ve!W'achsen ist. Sie besteht aus einer lo- Morphologie Tcde Drüse hat 8 - 12 getrennte Ausfüh-
ckeren, gefaßreichcn Bindegewebsschicht (Lamina propria) nmgsgänge, die lateral in den oberen Fornix münden. Die
und einem 2-5-schichtigen Epithel. Dieses Epithel ist un- Endstücke der Drüsen sind verzweigt tubuloalveolär,

Abb. 17.36 Tränendrüse. Die sezernierenden Zellen der


Endstücke besitzen stets rundliche Keme (ähnlich denen der
azinösen Endstücke der Parotis), basal im Epithel treten
Myoepithelzellen auf. .... kleine Gänge. Im zellreichen inter-
Abb. 17.35 Moll-Drüsen. Das Epithel ist unterschiedlich stitiellen Bindegewebe finden sich zahlreiche Lymphozyten
hoch, zum Teil sind apokrine Abschnürungsfiguren erkennbar (~) und Plasmazellen, von denen letztere oft in kleinere
(~). Augenlid, Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 250-fach. Gruppen zusammengeordnet sind. Färbung: H. E.;
(Präparat PO Or. M. Stöckelhuber, München) Vergr. 150-fach.
516 17 Sinnesorgane

ihr Lumen ist deutlich weiter als das anderer seröser Drü- Austrocknung. Sie schwemmt kleine Schmutzpartikel weg,
sen (Abb. 17.36). Die prismatischen Drüsenzellen der End- dient der Abwehr von Krankheitserregern und bildet einen
stücke sind vom serösen Typ und apikal über typische junk- Gleitfilm fiir die Augenlider.
tionale Komplexe verbunden. Das Zytoplasma enthält gut
entwickeltes basales raues ER. Aus dem umfangreichen Tränengänge Die Tränenflüssigkeit wird über 2 Tränen-
supranukleären Golgi-Apparat gehen die Sekretionsgranula g'Jnge im medialen Augenwinkel abgeleitet. Die Tränen-
hervor, die apikal über Exozytose ausgeschleust werden. g'J nge beginnen an den Tränenpünktchen tmd münden in
Die Zellen sind relativ mitochondrienreich tmd enthalten den Tränensack. Von dort leitet der Tr'J nennasengang die
öfter einzelne Fetttropfen. Basal treten an die Drüsenzellen Tränenflüssigkeit in die Nasenhöhle ab.
parasympathische und sympathische Nervenfasern heran.
Zwischen den DrüsenzeHen lagern basal kleine, schwer zu
erkennende Myoepithelzellen und eingewanderte Lympho- Merke Die Tränendrüse ist eine seröse Drüse, deren
zyten. Auch im Bindegewebe zwischen den Endstücken be- Sekret die Oberfläche der Kornea bedeckt und vor Aus-
finden sich oft Lymphozyten und Plasmazellen. In den Aus- trocknung schützt. Die Flüssigkeit gleicht zusätzlich
ftihnmgsg'Jngen können Schleim bildende Zellen auftreten. kleinste Unebenheiten der Oberlläche der Kornea aus und
D as Gangepithel ist einschichtig prismatisch mit Myoepi- optimiert so die Bildentstelm ng. Die Tr'J nenflüssigkeit
thelzellen, Schalt- und Streifenstücke fehlen. enthält antimikrobielle Proteine.

Tränenflüssigkeit Die Tränendrüse sezerniert die Trä-


nenfliissigkeit auf ähnliche Weise wie eine Speicheldrüse Klinik Aufgrund verschiedener Ursachen kann die Sekre-
den PrimärspeicheL Die Tränenll üssigkeit ist farblos, isoton tion der Tränenllüssigkeit reduziert sein: als Nebenwirktmg
und steril. Hauptbestandteil ist Wasser, in dem NaCl, von Medikamenten, Verletzung von bestimmten Hirnner-
IgA, Muzine, bakterizide Enzyme (v. a. Lysozym tmd Lacto- ven, infolge von Entzündung oder im Rahmen des Sjögren-
ferrin) und an tibakterielle Pcptide wie z. B. Defensine Syndroms, einer Autoimrntmkrankheit, die insbesondere
vorkommen. Täglich werden pro Auge ca. 1 ml Tränenflüs- exokrine Drüsen betrifft. Trockene Augen sind ein gefahr-
sigkeit gebildet. Die Flüssigkeit schützt die Kornea vor der liebes Symptom.

17.3 Geschmacksorgan
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Die chemosensitiven schlanken Geschmackssinneszellen die Geschmacksknospen genannt werden. Diese Ge-
sind sekundäre Sinneszellen, die mit Mikrovilli die Ober- schmacksknospen besitzen einen erheblichen Zellumsatz
fläche der Schleimhaut der Zunge erreichen. In der Mem- und sind im Epithel spezieller kleiner Gewebepapillen der
bran der Mikrovilli befinden sich die molekularen Rezep- Zunge lokalisiert. Es werden Papillae vallatae, fungiformes
torproteine. Die Sinneszellen bilden kleine Zellgruppen, und foliatae unterschieden.

Der Geschmack wird durch Chemosensoren (Chemorezep- 17 .3.1 Geschmacksknospen


toren, Geschmackssinneszcllen) vernlittelt. Die Geschmacks-
Die Geschmacksknospen sind im Epithel der Ztmge gele-
sinneszellen sind gemeinsam mi t dem Geruchssinn und
gene kleine, zwiebelförnlige Strukturen. Ihre apikalen An-
anderen Rezeptoren in der Mundhöhle fiir die Geschmacks-
teile erreichen eine kleine Grube (Pore, Geschmacksporus,
empfindung verantwortlich. Sie überprüfen die Nahrung auf
Porus gustatorius) der Epitheloberfläche, in die die Mikro-
ihre Bekömmlichkeit und lösen Speichel- und Magensaft-
villi der Stütz- und Rezeptorzellen hi neinragen (Abb. 17.37),
sekretion aus.
Die GeschmackssinneszeHen befinden sich auf der Zunge um nlit Gcschmacksstoflcn der Speise und der Getränke in
im mehrschichtigen Epithel der Geschmackspapillen (Pa- Kontakt treten zu können.
pillae fungiformes, Papillae foliatae und Papillae vallatae).
Selten kommen sie auch einzeln im Rachen, auf der Epiglot- Innervation Die Geschmacksknospen der vorderen 2
tis, im Gaumen, im Kehlkopf und sogar im Ösophagus vor. Zungendrittel werden über die Chorda tympani vom N. fa-
In den Papillen bilden jeweils Gruppen von 40-50 Sinnes- cialis (VII), die des hinteren Zungendrittels vom N. glosso-
zellen gemeinsam nlit sekretorischen Stützzellen tmd Basal- pharyngeus (IX) und die tiefer im Rachen liegenden Einzel-
zellen die sog. Geschmacksknospen. Bei den Geschmacks- knospen vom N. vagus (X) versorgt. Bei experimenteller
sinneszellen handelt es sich um sekundäre Sirmeszellen, die Denervierung bilden sich die Knospen zurück.
an ihrer Basis jeweils mit dem rezeptiven Fortsatz einer Ner-
venzelle synaptisch verknüpft sind. Zelltypen Die Sirmes- und Stützzellen der Geschmacks-
knospen sind im lichtmikroskopischen Präparat schwer
Merke Die chemorczcptiven Geschmackssinneszellen be- voneinander abzugrenzen. Seide Zelltypen sind schlank
finden sich in den Geschmackspapillen tmd bilden dort und ziehen von der Basis bis zum Geschmacksporus. Die
die Geschmacksknospen. Sinneszellen erscheinen hcll, während die Stützzellen eher
dunkel sind (Abb. 17.38). Der schlanke Zellapex der Sin-
neszellen tr'Jgt lange Mikrovilli, die in den Geschmackspo-
rus hineinragen (Abb. 17.39). Die Membran der Mikrovilli
enthält molekulare Strukturen, Ionenkanäle oder Rezeptor-
17.3 Geschmacksorgan 517

:------
Geschmacksporus

iü~~"--------·-·~·- ·... Plattenepithel-


...... • zellen

••
• • • S1meszelle

-----Randzelle

••• Basalzelle

''
Basallamina

Schwann-Zelle ... •
Abb. 17.37 Geschmacks knospen (*) aus den Papillae
foliatae. ~ Geschmacksporus; 1 unverhorntes Plattenepithel Abb. 17.40 Geschmacksknospe (Schema). Der Geschmacks-
der Zunge. Der Geschmacksporus der Geschmacksknospen porus ist mit dem Wasser bindenden Sekret (den Muzinen)
auf der rechten Bildseite liegt außerhalb der Schnittebene. der Stützzellen gefüllt. Alle Zellen, die den Geschmacksporus
Rhesusaffe; Plastikschnitt; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach. erreichen, sind über light Junctions verbunden.

proteine, die die Geschmacksempfindung vermitteln. Die es unterschiedliche Sinneszellen gibt, zum Te.il werden die
Sinneszellen besitzen relativ wenige Zellorganellen, das Stützzellen als unreife Sinneszellen angesehen .
filamentäre Zytoskclett ist dagegen gut entwickelt. Ge-
schmackssinncszellen unterliegen einem stetigen Umsatz. Merke Die Geschmackssinneszellen sind sekundäre Sin-
Sie leben ca. 10 Tage und werden ständig aus basalen neszellen.
Stammzellen neu gebildet. Die Stützzellen enthalten apikal
kleine Sekretgranlila (Abb.l7.39) mit Muzinen. Diese wer-
den apikal ausgeschleust und fiillen den Geschmacksporns 17 .3.2 Geschmackspapillen
aus (Abb. l 7.40). Auch die Stützzellen besitzen Mikrovilli,
Die Geschmackspapillen sind unterschiedlich gestaltete,
die in den Geschmacksperus hineinragen. meist wenige mm große Gebilde auf der Oberfläche der
Die zelluläre Zusanunensetzung der Geschmacksknospen
Zunge. In der Nachbarschaft der Geschmackspapillen kom-
unterscheidet sich bei den einzelnen Säugetieren tmd ist in
men seröse Spüldrüsen (v.-Ebner-Drüsen) vor, die wohl
manchen Details tunstritten. Zum Teil wird vermutet, dass
ähnlich wie die Bowrnan-Drüscn der Riechschleimhaut
auch Proteine bilden, die Geschmacksstoffe binden.

Papillae fungiformes Die Papillae ftmgiformes sind


plumpe p.ilzförmige Strukturen (Abb. 17.41), deren Ge-
schmacksknospen im Oberflächenepithel liegen. Bei Er-
c wachsenen sind die Papillen v.a. am Zungenrand vorhan-
den, auf dem Ztmgenrücken kommen sie dagegen nur noch
Abb. 17.38 Geschmacks-
knospe einer Papilla vereinzelt vor. Die Zahl der Geschmacksknospen ist bei
fungiforrnis. Erwachsenen im Vergleich zu Neugeborenen und Kindern
spärlich.

Papillae foliatae Die Papillae foliatae sind beim Men-


schen v. a. am mittleren Zungenrand zu finden. Es sind
Schleimhautfalten, die oft undeutlich ausgebildet sind und
deren Ausprägung individuell variiert. Die Papillae foliatae
enthalten in ihren Falten zahlreiche Geschmacksknospen
a (Abb.17.42). Es sind hier jedoch beim Menschen weniger
Abb. 17.39 Apex einer Geschmacksknospen anzutreft'en als bei vielen anderen
Geschmacksknospe. Säugern einschließlich der nicht hwnanen Prin1aten.
518 17 Sinnesorgane

Abb. 17.41 Papilla fungi-


formis eines erwachsenen
Menschen mit nur noch
wenigen Geschmacksknospen
(-+ ). Plastikschnitt; Färbung:
H. E.; Vergr. 120-fach.

Beim Menschen kommen 100 - 200 Geschmacksknospen


pro Papille vor, beim Hund ca. 800.

17 .3.3 Geschmacksstoffe, Geschmacks-


wahrnehmung
Die Geschmacksstoffe erreichen die Geschmacksrezeptor-
zellen über den Gcschmacksporus. Sie milssen in Wasser ge-
löst sein, un1 wahrgenommen zu werden. Man unterschei-
det 5 Hauptklassen an Gesclunacksstoffen: süß, salzig, sauer,
bitter und unami, den Geschmack von (Mono-)Natriwn-
glutamat
Für jede Gesclunacksqualität ist ein eigener Mechanis-
mus der Signaltransduktion nachgewiesen worden, eine
Geschmacksrezeptorzelle kann allerdings mehrere dieser
Transduktionswege bereithalten. Bei salzig scluneckenden
Stoffen strömt Natriwn in die Zelle und depolarisiert sie.
Bei der durch H•-Ionen ausgelösten Empfindtmg "sauer"
schließen sich bestimmte apikale Kalitmtkanäle, was zur
Depolarisierung fiihrt. Die Empfindung "bitter" wird mit-
hilfe bestirnter Rezeptoren wahrgenommen, die das Signal
über G-Proteine weiterleiten. Süße Geschmacksstoffe bin-
den ebenfalls an Rezeptorproteine der Apikalmembran. Zu-
cker aktiviert z.B. ein Signalsystem, dem auch G-Proteine
angehören und das den Verschluss baselateraler Kaliwn-
kanäle und damit die Depolarisiemng der Zelle bewirkt. Die
verschiedenen Mechanismen fiilnen ztmt Einstrom von
Ca2+, was die Prcisctzung eines Transmitters auslöst, der die
Abb. 17.42 PapUlae foliatae (1). -+ Geschmacksknospen; Geschmacksinformation auf ein atlerentes Axon überträgt.
2 seröse Spüldrüsen (v.-Ebner-Drüsen). Kan inchen; Färbung: Die Schwelle fiir das Erkennen von Geschmacksstoffen ist
H. E.; Vergr. 120-fach. tmterschiedlich hoch. Für siille Stoffe ist sie deutlich höher
als für bittere, die daher auch in geringer Menge erkannt
werden.
Pa pUlae vallatae Die 7 -12 Papillae vallatae (Abb.l7.43)
liegen in V-förmiger J\nordnung am Übergang vom Zun- Klinik Der Verlust des Geschmackssinns kann verschie-
genrücken zwn Zungengrund. Die Geschmacksknospen dene Ursachen haben. Wenn z.B. die Schleim- und Flüssig-
sind im Epithel des wn die Papillen herwnlaufenden Gra- keitsbildungder Mund- und Speicheldrüsen gestört ist oder
bens lokalisiert, und zwar auf beiden Seiten des Grabens; die Geschmacksporen mit Mikroorganismen besiedelt sind,
bei Neugeborenen finden sie sich auch auf der Oberseite. können die Geschmacksstoffe die Sinneszellen nicht errei-
17.4 Geruchsorgan 519

Abb. 17.43 Papillae val-


*).
latae ( -+ Geschmacks-
knospen. Mensch; Plastik·
schnitt; Färbung: H. E.;
Vergr. 25-fach .

chen. Bei chronisch entziindlichen oder degenerativen Er- zellen kann durch Medikamente, die Zellteilungen tmter-
krankungen der Mundhöhle können die Sinneszellen zu- drücken, unterbleiben. Geschmacksknospen gehen bei Zer-
grunde gehen. Auch bei Schwermetallvergifttmgen ist der störung der Geschmacksfasern (z. B. Durchtrennung der
Geschmackssinn eingeschränkt. Oie Neubildung der Sinnes- Geschmacksnerven) zugrtmde.

17.4 Geruchsorgan
_____________________________________ ZurOrientierung -------------------------------------
Das Geruchsorgan des Menschen ist ein relativ kleiner, mit einer kleinen Auftreibung, dem Bulbus dendriticus
verdickter Epithelbezirk in der Schleimhaut des Nasen- (= dendritischer Kolben = olfaktorisches Vesikel), endet.
höhlendachs, der Regio olfactoria. Das Riechepithel besitzt Von dieser Endauftreibung gehen seitlich mehrere lange
neben Stützzellen die kenn7.cichnenden Riechsinneszellen. olfaktorische Zilien ab, die im Schleim der Epitheloberflä-
Oiese chemosensitiven Zellen sind primäre Sinneszellen. ehe liegen tmd deren Membran viele verschiedene Rezep-
Ihr Axon verlässt das Epithelood läuft durch die Siebbein- torproteine enthält In der Regio olfactoria befinden sich
platte zwn Bulbus olfactorius. Oie Axone bilden Bündel, Glandulae olfactoriae, deren sezernierte Proteine Geruchs-
die Fila olfactoria, die von einer diinnen Lamelle spezieller stotre binden.
Glia tlffihüllt werden.
Oie Sinneszellen besitzen außerdem einen schlanken
rezeptiven Fortsatz, der die Epitheloberfläche erreicht tmd

Der Geruchssinn ist in den chemorezeptiven primären Sin- Morphologie Das Riechepithel ist mehrreihig prismatisch
neszellen der Nasenschleimhaut lokalisiert. Er prüft Geruch und hellbräunlich pigmentiert. Es ist bis zu 60 f.!m dick lmd
lmd Verträglichkeit der Nahrung. Zusammen mit Trigemi- somit erkennbar dicker als die übrige Schleimhaut der
nus-, Glossopharyngeus- tmd Vagusafle renzen überwachter Nasenhöhle. Das olfaktorische Epithel enthält weder Be-
auch die inhalierte Luft auf giftige Substanzen sowie Wärme cher- noch Flimmerepithelzellen. Oie typischen Zellen die-
lmd Kälte. Geruchs- und Geschmackssinn arbeiten ftmktio- ses Epithels sind Riechsinneszellen, Mikrovilluszellen,
nell eng zusammen. Stützzellen tmd Basalzcllen. Oie Riechsinneszellen haben
helle Kerne mit einem deutlichen Nukleolus tmd liegen in
der Tiefe des Epithels; die Kerne der Stützzellen sind dunkel
17 .4.1 Olfaktorisches Epithel und liegen weiter oben im Epithel (Abb. 17.44). Oie obere
Das Geruchsorgan des Menschen befindet sich in einem Schicht des Epithels enthält fast keine Kerne tmd fällt daher
kleinen, ca. 5 cm2 großen Schleimhautbereich im Dach der als helles Band auf(Abb. I7.45).
Nasenhöhle (Regio olfactoria). Oie Chemorezeptoren der
Nasenschleimhaut liegen im Riechepithel (olfaktorisches Gll. olfactoriae Unter dem Riechepithel finden sich tu-
Epithel). bulös verzweigte, seröse Bowman-Spilldrüsen (Gll. olfac-
toriae), deren Lwnen aufl'allend weit ist. Das Sekret ist so-
wohl Spülmittel als auch Lösu ngsmediwn ftir Geruchsstotle.
520 17 Sinn esorga ne

·~

Abb. 17 .4S Olfaktorisches Epithel (1 ). ~ Kerne der


Riechsi nneszellen;* Kerne der Stützzellen; 2 Lichtung der
Nasenhöh le; 3 unreifes respiratorisches EpitheL 4 Monate
alter Mensch. Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach .
Abb. 17.44 Riechepithel ( R). Die Kerne der Riechsinnes-
zellen (~) sind hell und besitzen einen deutlichen Nukleo-
lus, die Kerne der Stützzellen (~ ) sind dunkel und liegen
weiter oben im EpitheL K knorpeliger Teil des Skeletts der
Nasenhöhlenwand, F Filum olfactorium (Bündel von Axonen gen im Bulbus dendriticus. Die Zilien sind beim Menschen
der Riechsinneszellen). Tenrek; Semidünnschnitt, Färbung: nur wenige J..lm lang, können aber bei Säugetieren mit bes-
Toluidinblau/Azur 11, Vergr. 450-fach. serem Riechvermögen bis zu 80 11111 lang werden. Sie sind
nur passiv beweglich, in eine Schleimschicht eingebettet
und tragen in ihrer Membran Rezeptoren für Geruchs-
stoffe.
Die Drüsen bilden auch spezielle Bindungsproteine für Ge-
ruchsstoffe ("odorant binding proteins", OBP).
Axone und olfaktorische Glia Basal entsenden die Sin-
neszellen je ein sehr dünnes Axon, das die dünne Basal-
Riechsinneszellen lamina durchbricht und mit benachbarten Axonen nicht
myelinisierte Faserbündel bildet (Abb. 17.48). Diese sub-
Die 107 Riechsinneszellen (Abb. 17.46) sind bipolar gebaut.
epithelialen Bündel der Riechzellaxone bestehen zum Teil
Sie besitzen einen zur Epitheloberfläche ziehenden dendri- aus Hunderten von Axonen. Sie werden von schlanken
blattartigen Fortsätzen einer besonderen peripheren Glia~
tischen Fortsatz und basal ein dünnes Axon. Die Kerne der
Sinneszellen bilden im Epithel mehrere Reihen. Die Riech- form umhüllt, die olfaktorische Glia genannt wird. Einzelne
sinneszellen werden durch Teilung von Basalzellen alle
Ausläufer dieser Gliazellen können die Paserbündel noch
30- SO Tage ersetzt.
unterteilen. Diese Gliazellen besitzen Eigenschaften von
Schwann-Zcllen (sie können im Experiment und nach Ver-
Bulbus dendriticus Der zur Epithelobertläche ziehende
letzung Myelinscheiden bilden ) und von Astrozyten. Sie
dendritische Portsatz ist terminal kolbenförmig aufgetrie-
produzieren u. a. regenerationsfördernde Paktoren und sind
ben. Diese Auftreibung wird Bulbus dendriticus genannt.
Leitschienen neu auswachsender Axone. Mehrere solcher
Hier gehen seitlich und parallel zur Epithelobertläche 6 -20 Bündel bilden die Fila olfactoria, die durch die Lamina crib-
(bei anderen Säugern oft mehr) olfaktorische Zilien
rosa zum Bulbus olfactorius ziehen.
(Abb.l7.47) aus, die sich nicht aktiv bewegen (ihnen fehlen
Dyneinärmchen). Die Binnenstruktur gleicht in einem
kurzen Anfangsstück der Struktur von Kinozilien. Sie ent- Merke Die Riechsinneszellen sind primäre Sinneszellen,
halten jedoch in dem dünneren Endabschnitt nur noch die einen rezeptiven Portsatz zur Epitheloberfläche und
unterschiedlich geordnete und in unterschiedlicher Zahl einen ableitenden Portsatz zum Bulbus olfactorius des
auftretende Mikrotubuli. D ie Basalkörper dieser Zilien lie- Gehirns senden.
17.4 Geruchsorgan 521
olfaktorisches
olfaktorische
Vesikel Zilien
••
/•
, ' ''
'

0
0 ~- -
0 a ---- ---Schleimgranula
0 0

~ ••• ....
e
• . . . . -· • :::-Pigmentgranula

• •----------
$- -- • ------- · - Stützzelle

-
- - -- -
-
''
--- -:\Axone.
,' '
,

Abb. 17.46 Riechsinneszellen, Basal- und Stützzellen (Schema). Olfaktorisches Vesikel = Riechbläschen = Bulbus
dendriticus.

a a
Abb. 17.47 Bulbus Abb. 17.48 Subepitheliale
dendriticus. Bündel feiner Axone.

Geruchsstoffe Geruchsstoffe werden im Oberflächen- Mikrovilluszellen, freie Nervenendigungen


schleim gebunden und difftmdieren zu den Rezeptorprotei-
nen der Zilien, wo sie reversibel gebtmden werden Mikrovilluszellen Die Mikrovilluszellen kommen im
(Abb. 17.49). Die Rezeptorproteine sind an G-Proteine Riechepithel viel seltener vor als die Riechsinneszellen, auch
gekoppelt, die mit Adenylatcyclase verbtmden sind. Der sie sind bipolare Sinneszellen. Ihr apikaler Portsatz bildet an
Prozess der Geruchsstoffbindtmg löst eine Kette von bio- der Oberfläche des Epithels einige relativ hohe, filamentrei-
ehe und dicke Mikrovilli aus, Zilien fehlen. Der schlanke
chemischen Prozessen aus. Dies führt zur Öffnung der
Kationenkanäle für Natrium tmd Calcitm1, was schließlich basale Portsatz verlässt das Epithel tmd läuft mit den Pila
die Bildung eines Aktionspotenzials zur Folge hat. Eine gro- olfactoria zwn Gehirn.
ße Familie von 600- 2000 Genen fi.ir Rezeptorproteine (z. T.
mehrere Gene für ein Protein) lässt vermuten, dass für je- Freie Nervenendigungen Zusätzlich zu den Sinneszellen
den Geruchsstoff spezifische Rezeptoren existieren. Man kommen im Epithel der Riechschleimhaut (und auch im
vermutet, dass ca. 200-400 verschiedene Rezeptorproteine Bereich des respiratorischen Epithels) freie Nervenendi-
vorkommen. Alle Rezeptorneurone, die ein bestimmtes Re- gungen des N. trigeminus vor, die auf aggressive Reize, wie
zeptorprotein in ihrer Membran besitzen, projizieren ihre z.B. Ammoniak, reagieren.
Axone in ein oder zwei Glomeruli des Bulbus olfactorius.
Jacobson-Organ Den Mikrovilluszellen vergleichbare zi-
lienlose Chemorezeptoren treten auch im Jacobson-Organ
522 17 Sinnesorgane

olfaktorische Drüsen
(Bowm;"rHlrüsen) ~~~--------------------Piasmezelleo
Sekret mit Odorant- : ~~
Bindungsproteinen • - -lgA
(OBP) ',, '
AJConbündel
, , - - - - Basalzelle
'
'
J;J..-.....;f:; .11!--. -- Basallamina
unreife
- - - olfaktorisdle
Zelle
.. __olfaktorische
~ri4.\~llf Sinneszelle
rezeptiver
-"Fortsatz
- Zonula
\mrmtu o occludens
~0 Abb. 17.49 Funktionelle Histologie
' des olfaktorischen Epit hels. Die
verschiedene •,;: __ --~- - OBP
Geruchsstoffe ••• olfaktorische Zilien Geruchsstoffe werden durch die
Komplex aus Geruchsstoff und geruchsbindenden Proteine (OB Ps)
OBP (odorentbindlng protein), der Gll. olfactoriae gebunden. Der ent-
der an elnan Rezepor an der
Oberfläche der Zilienmembran stehende Komplex bindet seinerseits
gebunden lsl an die olfaktorischen Zilien.

(Vomeronasalorg.m) auf, einem chemorezeptiven Organ in Basalzellen Die Basalzellen liegen als kleine Elemente an
der Nasenscheidewand vieler Säugetiere. Mit ihm prüfen der Basallarnina. Sie können sich teilen Lmd sind Vorläufer-
z.B. männliche Tiere den Gehalt an Geschlechtshormonen zellen der anderen Zellen des Epithels.
bei weiblichen Tieren, um den Zeitpunkt für eine erfolg-
reiche Befruchtung festzustellen ("Plehmen"). Dieses Or- Klini k Störungen des Geruch ssin.n s können auftreten,
gan ist beim Menschen nur in der Embryonalzeit nachweis- wenn der Zugang der Geruchsstoffe zu den Rezeptorzellen
bar. gestört ist, z. B. bei entzündlich bedingten Schwellungen
der Nasenschleimhaut. Die Rezeptorzellen können durch
Virusentzi.indungen, Twnoren, chronische Inhalation toxi-
Stützzellen und Basalzellen scher Chemikalien, Bestrahlung oder Medikamente, die die
Stützzellen Die Stützzellen des Riechepithels (Abb. 17.46) Zellteilung Lmterdrücken, zugrunde gehen. Eine weitere Ur-
besitzen apikal zahlreiche schlanke Mikrovilli, die etwas sache für den Verlust des Geruchssinns können Erkrankun-
kürzer als die der Mikrovilluszellen sind. Ihre Kerne sind gen zentraler olfaktorischer Strukturen sein, wie z.B. beim
länglich und befinden sich im apikalen Bereich des Epithels. Morbus Parkinson. Ein gravierender Vitamin-B11 -Mangel
Sie enthalten viele Mitochondrien und andere Organellen oder die Anwendung neurotoxischer Substanzen kann
sowie einzelne Pigmentgranula (bräunlich goldene Farbe ebenfalls den Geruchssinn irritieren oder sogar zerstören.
des Riechepithcls) und bilden schleimhaltige Sekretgranula. Olfaktorische Gliazellen werden therapeutisch bei Schädi-
Sie sind über apikale Zellkontakte (Zonulae ocdudentes gLmgen des ZNS, z.B. des Rückenmarks nach Bestrahlungs-
und adhaerentes) mit den Riechzellen verbunden. schäden, eingesetzt. Sie fördern die Re-Myelinisierung.
17.5 Sinneskörperchen, freie Nervenendigungen 523

17.5 Sinneskörperchen, freie Nervenendigungen


___________________________________ ZurOrientierung -----------------------------------
Eine ~ülle fr~ier Ne~enendigungcn und spezifischer klei- der Dcrmis), Vater-Pacini-Körperchcn (Subkutis) und
n~r Sm~eskorper_ dienen der Oberflächcnscnsorik, der Ruffini-Körperchen (Oermis) unterscheiden.
Eingewe~desensorik und der Ticfensensorik. Funktionell Die Tiefensensibilität (Propriorczcption) dient der
lassen Sich Mcchan_o-, Chcmo-, Thermo- und No7i- Steuerung des Bewegungsapparats. Hierher gehören die
reze~tore~ unte~schet~_en. . . Muskelspindeln und die Golgi-Sehncnorgane.
Dte kle~en Sm?eskorper bcsttzcn em~ nc~onalc Korn- Das Karotiskörperehen ist ein Sinneskörper der Eingc-
ponente, emc Gliakomponente und cmc Bmdcgcwcbs- weidcsensibilität; es pcr7ipiert Änderungen des CO2- und
komponcnte. In der Haut lassen sich v.a. Merkcl-Zellen 0 2-Partialdrucks im Blut.
(Epidennis), Mcissner-Tastkörperchen (Stratum papillare

Zusätzlich zu den großen Sinnesorganen versorgen sehr 17 .5.1 Komponenten der Sinneskörperehen
viele freie Nervenendigungen und einfach gebaute Sinnes-
körperehen das ZNS ständig mit wichtigen Informationen, Generell gehören den Sinneskörperehen 3 Komponenten
z.B. über Temperatur, Schmen_, Druck, Berührung und an, die nettralc, gliale ttnd bindcgewebigc Komponente.
Vibrationen. Die sensiblen Strukturen lassen sich folgender-
maßen einteilen: Neurale Komponente Die neurale Komponente ist re-
• Organe der Oberflächensensibilität (Exterozeptoren), präsentiert durch eine sensorische Nervenfaser (dendriti-
• Organe der Tiefensensibilität (Propriozeptoren) und sches Axon), deren Perikaryon im Spinalganglion liegt. Die
• Organe der Eingeweidesensibilität (Viszerozeptoren). Endigttng dieser Nervenfaser ist etwas aufgetrieben. Sie
enthält viele Mitochondrien und cnillcrdcm entweder helle
Oberflächen- und Tiefensensibilität werden auch als soma- Vcsikel oder kleine Granula.
tische Sensibilität zusammengefasst.
Gliale Komponente Der glialc Anteil wird von den ter-
Rezeptortypen Die Empfindungsmodalitäten dieser mor- minalen Schwann-Zcllen repräsentiert. Diese bilden ttnter-
phologisch vielgestaltigen Sinnesstrukturen sind vielfältig. schiedlichc H üllstrukturcn um die Ncrvcnfascrcndigung,
Die Reize werden von verschiedenen Rezeptoren wahrge- meist in Form von dürtncn, zytoplasmatischcn Lamellen,
nommen, die in allen Sinneskörperehen und natürlich auch und sind von einer Basallamina bedeckt.
bei den freien Nervcnendigungen durch sensible Nerven-
fasern repräsentiert werden. Es lassen sich 4 Haupttypen Bindegewebige Komponente Oie bindcgcwcbigc Kom-
der Rezeptoren unterscheiden: ponente bildet eine Kapsel um neurale ttnd glialc Kompo-
• Mechanorczcptoren reagieren auf mechanische Einwir- nenten. Sie entstammt dem Endo-, dem Pcri- sowie dem
kungen, z. B. Druck, Epincurium tmd baut die Sinneskörper in ihre Umgebung
• Chemorezeptoren reagieren auf chemische Reize, z. B. 0 2 - ein.
odcr C02-Partialdruckwerte,
• Thermorezeptoren reagieren auf Hitze und Kälte und 17.5.2 Typen von Sinneskörperehen
• No7irezeptoren (Schmerzrezeptoren) reagieren auf gewe-
beschädigende schmcr7..auslösende Verletztmgen. Exterozeptive Sinneskörperehen
Extcrozeptive Sinneskörperehen liegen in der Haut tmd den
Die Schmerzfasern sind meist polymodal, d. h., sie reagieren Schleimhäuten tmd vcnni ttcln Informationen libcr die Um-
aufverschiedenartige Reize (z.B. Hitze, groBe Kälte, mecha- welt. Funktionell sind sie Schmerz-, Temperatur-, Chcmo-
nische Einwirkungen ttnd starke chemische Reize, die dann und Mcchanorczcptoren. Proximal der Ncrvcnfasercndi-
als Schmerz empfunden werden). Opiate setzen die Empfin- gungen finden sich die afrercntcn myclinisicrtcn oder nicht
dungsschwelle der Rezeptoren herab, Prostaglandine tmd myclinisiertcn sensorischen Axone.
Bradykinin (Substanzen, die bei der Entzündungsreaktion
freigesetzt werden) sind dagegen erregtmgsf6rdernd.
Merkel-Zellen
Histologie Freie Nervenendigungen finden sich im Merkcl-Zellen kommen einzeln oder in kleinen Gruppen in
ganzen Ki rper verbreitet. Sie sind Endabschnitte sensibler der Epidermis ltnd in den mehrschichtigcn tmvcrhorntcn
Nervenfasern, die mtr nech stellenweise ven Schwann-Zcl- Plattenepithelien vor (Abb. 17.50). Sie sind an berührungs-
len bedeckt sind. An freien Stellen sind sie eft kne tcnfe r- empfindlichen Stellen, z.B. den Finger- ttnd Zehenspitzen,
mig verdickt tmd enthalten viele Mite chendricn. Sie sind besonders zahlreich. An ihnen enden große, flache Ncrvcn-
Temperatur-, Schmerz-, Chcme - ttnd auch Mcchane rc- cndigungcn, die reich an Mitochondrien sind. Werden meh-
zcptercn. Die Sinneskörperehen sind ke mpli7icrtcr gebaut rere Merkcl-Zellen von einer sensorischen Faser versorgt,
und besitzen zusätzlich zur sensiblen Nervenfaser Hilfscin- spricht man von einer Merke!-Tastscheibe.
richtungcn, die ven Glia- und Bindegewebszellen aufge-
baut werden. Morphologie Merkcl-Zellen haben helle Kerne mit meh-
reren Einkerbungen (Abb. 17.51), bilden kurze, plumpe mi-
krovillusartige Fortsätze aus, die Aktinfilamente enthalten,
und sind libcr Desmosomcn mit benachbarten Epithel-
524 17 Sinnesorgane
zellen verbunden. Sie enthalten viele Mitochondrien, helle
Zellfortsätze mit Vesikel, das spe7ielle Zytokeratin 20 und kennzeichnende
rEpici~~~~-:
~------------·
Aktinfilamenten ca. 80-100 nrn große Granula mit verschiedenen Neu-
ropeptiden (z.B. Met-Enkephalin und Bombesin) und Se-
rotonin, deren genaue Funktion in diesen Zellen noch un-
bekannt ist. Möglicherweise repräsentieren sie eine sekre-
torisch-parakrine Funktion dieser Zellen.

Funktion Merkel-Zellen sind langsam adaptierende Me-


chanorezeptoren. Sie vermitteln einen Eindruck von der
Beschaffenheit der Oberfläche von Objekten. Sie reagieren
besonders gut, wenn sich ein Gegenstand bewegt oder wenn
man selbst die Finger über das zu prüfende Objekt bewegt.

Lamellenkörper
Sekret-
granule'' Die bekannteste Gruppe der Sinneskörperehen sind die
sensible
Nervenendigung Lamellenkörper, die auch im histologischen Präparat gut zu
erkennen sind, z. B. in Haut, Pankreas und Gelenkkapseln.
' Sie haben entweder gar keine oder nur eine einfache oder
'
Basallamina
,.---·----- aber eine hochdiflerenzierte perineurale Kapsel.
~~~~!~_:
-- Markscheide des Lamellenkörper ohne oder mit einfacher
afferenten Neurons______.
(dendritisches Axon)
perineuraler Kapsel
Meissner-Tastkörperchen Die länglich ovalen Meissner-
Abb. 17.50 Merket-Zelle in der Epidermis (Schema). Tastkörperchen sind schnell adaptierende Druckrezepto-
Sie besitzen Merkmale einer Sinneszelle sowie einer sekre- ren. Sie nehmen insbesondere die Bewegtmg eines Objek-
torischen Zelle. tes auf der Haut wahr und spielen eine wichtige Rolle bei
der Regulierung der Griffkraft Sie kommen in den Rinde-
gewebspapillen des Strattun papillare der Leistenhaut
(Abb.l7.45), im subepithelialen Bindegewebe des Anus,
des Penis und der Mundschleimhaut vor. Sie bestehen aus
schraubenfdrmig angeordneten Endverzweigtmgen von
1-7 sensorischen Axonen, die terminal verdickt sind tmd
von Lamellenstapeln mehrerer terminaler Schwann-Zellen
(Lamellenzellen) tunhüllt werden (Abb.l752, Abb.l7.53).
a Die Zellkerne, die im Präparat im Meissner-Körperchen er-
Abb. 17.51 Merket-Zelle. kennbar sind, gehören diesen Schwann-Zellen an. In den

Abb. 17.52 Meissner-Tast-


körperchen (~) in einer
Papille des Stratum reticulare
der Dermis; 1 Stratum basale;
2 Stratum spinosum; 3 Stra-
tum granulosum; 4 Stratum
corneum. Haut, Mensch;
Färbung: Masson-Trichrom;
Vergr. 250-fach.
17.5 Sin neskörperchen, freie Nervenendigungen 52 5

unteren Bereichen werden die Meissner-Körperchen von Die sehr flachen äußeren (perineuralen) Lamellenzellen sind
1 - 2 flachen Perineuralzcllen umgeben. Zwischen die La- innen und außen von einer Basallamina bedeckt. Zwischen
mellen dringen feine Kollagen fibrillen vor, die auch mit der den Lamellenzellen befinden sich Kollagenfibrillen, Wasser
Basallamina der Epidermis verknüpft sind. Die Kollagenfib- bindende Proteoglykane und auch einzelne Blutgefaße.
rillen spielen eine Rolle bei der Übertragung des Drucks auf Viele der kleineren, einfacheren Lamellenkörper reagieren
die Nervenendigungen. auf Druck und adaptieren schnell (RA-Rezeptoren, RA =
"rapidly adapting").
Haarfollikelrezeptoren An Haaren treten spezielle Haar-
follikelrczcptoren auf, die keine perineurale H ülle besitzen. Vater-Padni-Körperchen Die größten Lamellenkörper
Die sensorischen Endstrukturen sind wie eine Manschette sind die Vater-Pacini-Körperchen (Abb. I7.54, Abb. 17.55).
im Bindegewebe an der äußeren Oberfläche des Haarfolli- Sie sind in den tieferen Schichten der Dennis und der Sub-
kels verankert und reagieren auf Biegung des Haarschafts. kutis zu finden, in den Mesenterien, im Pankreas, in der
Sie bestehen aus einer abgeflachten, lanzettförmigen, mito- Harnblase, der Vagina und den Septen zwischen Muskel-
chondrienreichen Nervenendigung, die an den flachen Sei- bündeln und Periost. Sie können verein1..clt über 2 mm groß
ten von jeweils einer Schwaon-Zelle bedeckt ist. Zwischen werden. Die Zahl der Lamellen beträgt im Innenkolben bis
den Schwann-Zellen bleib t ein schmaler Spaltraum frei, an über 50 und in der äußeren Lamellenschicht zun1 Teil auch
dem die rezeptive Membran der Nervenfaser an die Ober- 50. Lamellenkörper mit 2 oder mehr Innenkolben werden
fläche tritt und durch Bewegungen des Haares erregt wird. auch Golgi-Mazzoni-Körperchen genannt. Vater-Pacini-
Diese Rezeptorstrukturen adaptieren schnell Körperchen sind Mechanorezeptoren, die große rezeptive
Pelder besitzen, Geschwindigkeitsveränderungen eines me-
Lamellenkörper mft hochdifferenzierter chanischen Reizes wahrnehmen, rasch adaptieren und be-
perlneuraler Kapsel sonders gut auf Vibrationen reagieren. Sie sind auch an der
Lamellenkörper mit einer sehr differenzierten perineuralen Regulierung der Kraft beim Bearbeiten von Gegenständen,
Kapsel treten in erheblicher morphologischer Vielfalt auf. z. B. beim Schnitzen, beteiligt.
Sie bestehen aus:
• einer (seltener 2) sensorischen, mitochondrienhaltigen Ruffini- Körpe rchen Die vielgestaltigen Ruffini-Körper-
Nervenendigung, die verzweigt sein und gestreckt oder chen kommen in der Haut, in Gelenkkapseln und in der
auch gewunden verlaufen kann Wurzelhaut der Zähne vor. In der Dermis besitzen sie eine
• aus dicht gepackten Zytoplasmatischen Lamellen einer an beiden Enden offene, zyli.nderförmige Kapsel, die einem
oder weniger terminaler Schwann-Zellen, die den sog. Perineurium gleicht. Im Innern befinden sich Kollagen-
Innenkolben bilden fasern, die an den Enden ein- bzw. austreten. Ein sensori-
• aus einer unterschiedlichen Zahl konzentrischer Schichten sches (afferentes) Axon tritt seitlich oder an einem Ende der
flacher Lamellenzellen, die zusammen mit ihrer Binde- zyli.nderförmigen Struktur in dessen Inneres ein und ver-
gewebsmatrixaus dem Perineurium hervorgehen (äußere zweigt sich hier. Die Endstrukturen der Nervenfaser sind
Lamellenschicht). mit den Kollagenfasern verknüpft. I n den Gelenkkapseln

•• •
• terminale
___ __ •• --- Schwann-Zelle

......... .. •• --Perlneuralzelle

•• • sensible
---- --- -::--·- Endigungen
.... .. .-
••
Abb. 1 7.53 Melssner-Tastkörperchen
••• • --• • ·:: ~- Kollagenfasern

-
(Schema). Die termi nalen Schwaon-
...... --·-
Zellen (hell ocker-bräunlich) sind eng
miteinander verzahnt Zwischen ihren

Fortsätzen verzweigen sich die Endi-
gungen sensibler Nervenfasern (gelb). Basallamina
Das Tastkörperchen ist über Kollagen-
fasern mit Epidermis und Umgebung
verknüpft.
526 17 Sinnesorgane

~~~..
Innenkolben (terminale
Schwann-Zellen)

Abb. 17.54 Vater- Paclnl-Körperchen, Querschnitt. Im Abb. 17.55 Vater- Paclnl-Körperchen (Schema).
Zentrum liegt die Nervenfaser( ~ ). 1 Innenkolben; 2 äußere
Lamellenschicht (perineurale Lamellen); 3 Kapsel; ~ kleine
Blutgefäße; 4 Fettzellen im Unterhautbindegewebe. Subkutis
der palmaren Haut eines Fingers, Mensch; Färbung: Masson - Golgi-Sehnenorgane
Trichrom; Vergr. 110-fach.
Golgi-Sehnenorgane (Sehnenspindeln) sind eingekapselte
sensorische Nervenendigungen, die am Übergang von Ske-
lettmuskulatur zu Sehnen oder Aponeurosen auftreten
(Abb. 17..56).
kommen Ruffini-Körperchen mit und ohne Kapsel vor,
darunter solche, die an Golgi-Sehnenorgane erinnern. Morphologie Die spindeiförmigen Strukturen sind sehr
Manche dieser Körperehen in Gelenkkapseln sind ver- variabel gestaltet und können bis zu I ,5 mm lang und bis zu
zweigt und enthalten Kollagenfasern, die in unterschied- 120 J..llll dick sein. Sie sind von einer Kapsel aus platten Pe-
lichen Richtungen angeordnet sind. Ruffini-Körperchen rineuralzellen umgeben und enthalten mehrere schlanke
sind langsam adaptierende Rezeptoren (SA-Rezeptoren, Bündel aus Kollagenfasern. Diese sind einerseits mit der
SA = "slowly adapting"), die Dehnungen und Scherkräfte Skelettmuskulatur und andererseits mit der inneren Kap-
im Bindegewebe perzipieren, mit dessen Kollagenfasern sie selwand verknüpft (Abb. 17.56). Außen ist die Kapsel mit
immer strukturell und funktionell verbunden sind. den normalen Sehnenfasern verbunden, sodass der Innen-
rawn der Spindel und ihre Umgebung strukturell eng ver-
Merke Die verschiedenen Sinneskörperehen besitzen zu- knüpft sind.
sätzlich zu einer in ihrem Jnnern gelegenen sensorischen Seitlich treten in die Kapsel meist mehrere myelinisierte,
Nervenendigung Hilfscinrichtungen, die die Reize ver- sensorische (afferente) Ib-Ax.one ein, die sich im Innern des
stärken. Diese Hilfseinrichtungen sind meist larnelläre Sehnenorgans unter Verlust der Markscheide verzweigen.
Hiillen, die sowohl von den Schwann-Zellen als auch vom Die Verzweigungen sind von ei ner Schwann -Zelle bedeckt.
Bindegewebe aufgebaut werden. Sie breiten sich zwischen den Kollagenfasern im Innern des
Sehnenorgans aus und ranken sich lLm diese henun. In ih-
rem Verlauf treten Verdickungen mit Mitochondrien auf,
Propriozeptive Nervenendigungen die terminalen Strukturen entsprechen und die Zlun Teil nur
von einer Basallarnina, Zlun Teil aber von sehr flachen Aus-
(Golgi-Sehnenorgane, Muskelspindeln)
läufern der Schwann-Zcllen bedeckt werden. Diese rezepti-
Die propriozeptiven Nervenendigungen liefern Informatio- ven Endstrukturen sind über die Basallamina der Schwann-
nen über Stellung und Bewegung der Gelenke, Tonus der Zellen mit den Kollagenfasern im Golgi-Sehnenorgan ver-
Muskulatur, Spannung von Sehnen u. Ä. Sie zählen zum knüpft.
Kraft-, Stellungs- und Bewegungssinn des Bewegungsappa-
rats und sind in Muskulatur, Gelenkkapseln und Sehnen zu Funktion Golgi-Sehnenorgane perzipieren Veränderun-
finden. Golgi-Sehnenorgane messen die Spannung der Ske- gen des Spannungszustands der Muskeln und der Sehne.
lettmuskulatur, Muskelspindeln messen die Länge dieser Sie werden durch Zug an der Sehne gedehnt und aktiviert
Muskulatur. und liegen in Serie mit der Skelettmuskulatur (Muskulatur
und Sehnenorgane liegen hintereinander). Die Sehnenorga-
ne arbeiten funktionellmit den Muskelspindeln zusammen.
17.5 Sinneskörperchen, freie Nervenendigungen 527

Abb. 1 7.5 7 Muskelspindel, Querschnitt (-+ ). Die Spindel


besitzt eine feste Kapsel (1 ), innerhalb deren sich eine Grup-
pe dünner intrafusaler Muskelfasern (2) befindet 3 extra-
fusale Muskelfasern. Die Spindel ist mit dem Bindegewebe
der extrafusalen Muskelfasern verbunden. Zungenmuskulatur,
Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 450-fach.

kelfasern genannt werden. Die umgebenden normalen


Muskelzellen heißen cxtrafusale Muskelfasern, beide sind
über Bindegewebe und die Kapsel der Muskelspindeln ver-
knüpft. Letztere besteht aus straffen1 Bindegewebe und ist
mit dem Endo- und Perin1ysium der extrafusalen Fasern
und auch dem Perineurium der eintretenden Nerven ver-
bunden. Die intrafusalen Muskelfasern werden von einem
eigenen Endomysium umgeben, das auch die Nervenen-
digungen umgibt und mit der Spindelkap sel (Spindelschei-
de) verbunden ist. Die Myofibrillen der intrafusalen Pasern
finden sich allerdings nur an den Enden der Muskelzellen.
In der kernhaltigen Mitte (Äquato r) fehlen sie, diese Region
ist also nicht kontraktil.
Den intrafusalcn Muskelfasern gehören 2 Typen an
Abb. 1 7.56 Golgi-Sehnenorgan (Schema). MSkelettmus- (Abb.l7.58):
kelzeUen; S normale Sehnenfasern; -+ Kapsel der Sehnen- • Kemkettenfasem : In ihnen liegen die Zellkerne in den
spindel; *gewellt verlaufende feine Kollagenfaserbündel, mittleren Paserdbschnitten (J\quator) in einer Reihe.
die mit den zahlreichen Endformationen ( .... )von zumeist • Kemsacllfasern: Die Kerne befinden sich haufenförmig
1-4 sensorischen Nervenfasern (N) eng verknüpft sind. Au- in einer Auftreibung in der Mitte der Fasern.
ßerhalb der Spindel sind die sensorischen Nervenfasern mye-
linisiert. Die Spindel ist relativ reich an amorpher Matrix und Die Kernkettenfasern sind kürzer und zahlreicher vorhan-
kann gekammert sein. den (2 - 10) als die Kernsackfasern ( 1 - 4).

Funktion Muskelspindeln messen und kontrollieren die


Länge des Muskels. Adäquater Reiz für die Rczcptoren-
Im Pali einer starken Muskelkontraktion üben die Sehnen- digungen ist die Dehnung der mittleren (.,äquatorialen")
spindeln eine hemmende Punktion auf die Motoneurone Abschnitte der speziellen Muskelzellen in der Muskelspin-
aus. deL Diese bilden (wie die Sehnenorgane) bei aktiver und
passiver Dehnung der Muskulatur Impulse.
Muskelspindeln Innervation Die intrdfusalen Pasern sind sehr komplex
Morphologie Die M uskclspindeln sind 1 - 7 mm lange sensorisch und motorisch innerviert. Die m otorischen En-
und in der Mitte 100 - 200 11m dicke, spindeiförmige Deh- digungen gehören sowohl zu dynamischen als auch zu sta-
nungsrczcptororgane. Sie haben eine feste bindegewebige tischen motorischen y-Neuronen (Fusimotoneuronen) und
Kapsel, sind in den Muskelzellverband eines Skelettmuskels finden sich an den myofib rillenhaltigen Abschnitten der
eingebaut und verlaufen parallel zu den Skelettmuskelzellen intrdfusalen Fasern. Die motorische Innervation dient da-
(Abb. 17.57, Abb. l 7.58). zu, durch Kontraktion der intrafusalen Muskelfaser deren
Empfindlichkeit auf Dehnungsrei7.e zu erhöhen. Dynami-
Intrafusale Fasern Die Muskelspindeln bestehen aus sche y-Motoneurone setzen v.a. an Kernsackfasern an und
3-10 speziellen dünnen Muskelzellen, die intrafusale Mus- erhöhen die Empfindlichkeit fi.ir dynamische Prozesse, v. a.
528 17 Sinnesorgane

••

- Spindelkapsel mit
Perineurium

motorische
-_..__ Endigungen der
dynamischen
y-Faser

pariaxialer-
Raum dynamische
•• y -Faser

~=:::::::::::=:=§~~--~- --Ja-Faser
--n-Faser

• • statische
y -Faser

intrafusale •

·•· Mulospiralige
sensorische Abb. 17.58 Muskelspindel (Schema).
intrafusale-- Nervenendigungen
Kernkettenfaser der Ja-Faser Alle intrafusalen Muskelfasern (orange)
werden an ihren Endabschnitten
sensorische motorisch innerviert. und zwar durch
Endigungen y-Fasern. Diese sind überwiegend stati-
derll-Faser scher, zum Teil aber auch dynamischer
Natur. Alle intrafusalen Muskelfasern
werden außerdem sensorisch durch
=• • • motorische
Endigungen der primäre (anulospiralige) la-Fasern ver-
statischen sorgt. Des Weiteren versorgen sensori-
y-Faser sche li-Fasern die Kernsackfasern (mit
Blütendoldenendigungen) und die
Kernkettenfasern (zum Teil mit
anulospiraligen Endigungen). Extra-
fusale Fasern: braun.

für Längcnvcrändcrungcn. Statische y-Motoneurone inner- gen der Muskelspindeln werden durch passive Dehmmg
vieren v. a. die Kernkettenfasern und registrieren v. a. stati- tmd auch durch fusimotorische Impulse erregt.
sche Messfunktionen, z.B. die absolute Muskellänge. Unter
den sensorischen Endigungen lassen sich primäre und se-
Freie Nervenendigungen
kundäre Endigungen unterscheiden.
• Die primären Endignngen (anulospiralige Endigungen) Freie Nervenendigungen kommen verbreitet in vielen inne-
sind spiralig um den kernhaltigen mittleren Bereich so- ren Organen, im Bewegungsapparat und in der Haut vor. Sie
wohl der Kernkettenfasern als auch der Kernsackfasern dienen der Wahrnehmung von Schmerz (Nozirezeptoren),
gewunden. der Wahrnehmung der Temperatur (1hermorezeptoren)
• Die sekundären Endignnge.n (Blütendoldenendigungen) und der Wahrnehmung von Druck tmd vergleichbaren Rei-
innervieren ober - und unterhalb der primären Endigun- zen (Mechanorczcptoren).
gen die Kernkettenfasem. Sektmdäre Endigungen können
sowohl ein blütendoldenähnliches als auch spiralfönniges
Aussehen annehmen.
Morphologie
Endigungen sensorischer Nervenfasern enden frei oder zum
Beide Endigungsformen gehören myelinisierten Axonen an, Teil von Schwann-Zellen bedeckt im Gewebe. Die Membran
die primären Endigungen den Ja-Fasern und die sekundä- der frei liegenden Anteile hat wahrscheinlich rezeptive
ren Endigungen den li-Fasern. Die sensorischen Endigun- Funktion und spricht auf jeweils tmterschiedliche Reize an.
17.5 Sinneskörperchen, freie Nervenendigungen 529

Die Endigung ist meistens erweitert und enthält Mitochond- innerviert, und zwar überwiegend atlcrent. Oie afferenten
rien, helle Vesikel und mitunter auch Granula. Die zuge- Fasern gehören zwn N. glossopharyngeus. Außerdem gibt
hörigen sensorischen Axone sind meistens nicht myelini- es eine sympathische und in geringem Ausmaß auch para-
siert (IV-Fasern); es gibt aber auch schwach myelinisierte sympathische Innervation.
sensorische Axone (III-Fasern), deren Endigungen zusätz-
lich Mikrotubuli besitzen. Stützzellen Die schlanken Stützzellen (= Hüllzcllen) ent-
sprechen den Schwann-Zellen und besitzen dunklere, läng-
liche Kerne. Sie mnhüllen mit schlanken Fortsätzen die
Funktionen Hauptzellen.
Freie Nervenendigungen registrieren v. a. mechanische und
chemische Reize, wnfassen aber auch Schmerz- und Ther- Funktion Die Hauptzellen der Karotiskörperehen sind
morezeptoren. In der Nähe der Karotiskörperehen liegen periphere Chemorezeptoren. Sie registrieren es, wenn der
in der Wand des Karotissinus Mechanorezeptoren (Baro- art.erielle 0 2 -Partialdruck oder der pH-Wert abnehmen
[Presso-]Rezeptoren), die den Druck im Gefäß perzipieren. oder der arterielle C02 -Partialdruck zunimmt. Oie Wahr-
Es sind freie Nervenendigungen, die auch zwn N. glosso- nehmung dieser Reize führt zum Einstrom von Ca2• , was
pharyngeus gehören. Die Media der Karotis ist hier relativ die Abgabe des Transmitters Dopamin auslöst, der ein Ak-
dünn und dehnbar. Oie Rezeptoren befinden sich in der Ad- tionspotenzial der sensiblen Axone des Karotissinusnervs
ventitia und werden durch die Dehnung der Sinuswand ge- (Ast des N. glossopharyngeus) bewirkt.
reizt. Auch im Aortenbogen und in den V orhöfen befinden
sich Dehnungsrezeptoren, die eine Rolle bei der Regelung
des Blutdrucks spielen. Lungendehnungsrezeptoren sind an
der Regelung der Atemtiefe beteiligt. Mechanorezeptoren
im Magen-Darm-Trakt regulieren Peristaltik und Entlee-
rungsfrequenz im Rektum. Sie vermitteln Informationen
zwn FiHlungszustand vom Magen und Darm.
Schmerzrezeptoren finden sich v. a. in der Haut und in
der Wand von Hohlorganen. Sie sind verantwortlich für die
Schmerzempfindung, die z. B. durch krampfartige Kontrak-
tion der glatten Muskulatur (Koliken) verursacht wird.
Schmerzrezeptoren in der Wand von Blutgefäßen registrie-
ren Organschäden infolge von Mangeldurchblutung (z.B.
die Rezeptoren der Koronararterien bei Angina pectoris).
Glomera (Sing. Glomus) sind Angehörige der Paragang-
lien. Sie sind wenige Millimeter große, gut durchblutete,
chemorezcptive Organe, die mehrheitlich in der Wand von
Blutgefäßen vorkommen. Am bekanntesten sind das Karo-
tiskörperchen, das im Bereich der Karotisgabelung liegt, und
die sehr ähnlichen Glomera am Aortenbogen (Glomera aor-
tica). Die Hauptfunktion der Glomera ist, den Organismus
vor Sauerstoffmangel zu schützen.

Karotiskörperehen
Das Karotiskörperehen (Glomus caroticum, Abb. 17.59) be-
steht aus Hauptzellen, Stützzellen, sensiblen Nervenendi-
gungen und zahlreichen Blutkapillaren mit fenestriertem
Epithel.

Hauptzellen Die Hauptzellen (Abb. 17.60) leiten sich aus


der Anlage des Sympathikus, d. h. der Neuralleiste, her. Sie
bilden Nester und Stränge heller, ovaler Zellen mit großem,
hellem Kern. Sie enthalten zahlreiche dichte Granula
(Durchmesser 60 - 200 nm), in denen Doparnin, aber auch
Serotonin, Adrenomedullin und andere Peptide vorliegen. Abb. 17.59 Karotiskörperchen. Oie einzelnen Zelltypen
Oie Anwesenheit der biogenen Amine verleiht ihnen - wie des Glomus sind im Routinepräparat kaum voneinander
dem Nebennierenmark - die Eigenschaft der Chromaffini- zu unterscheiden.* Blut gefäße. Mensch; Färbung: H. E.;
tät Oie Hauptzellen sind über Nexus verknüpft und reich Vergr. 250-fach.

C 17 Lernhinweise zu Kapitel 17
530 17 Sin nesorgane

Basallamina
'
Schwann-Zelle--

Blutkapillare
'
'

Abb. 17.60 Karotiskörperehen


(Schema der wichtigsten Zellele-
mente). Die Hauptzellen sind über-
wiegend afferent, aber auch efferent
innerviert. Afferente Nervenfasern
werden durch Dopamin, das aus den
' ' Hauptzellen freigesetzt wird, erregt.
StlltzZelle Hauptzelle
(Nach (9])
KAPITEL

Nervensystem
T. Deller und U. Welsch

18.1 Grundlagen ••• 0 • • 0 0 0 0 • • 0 ••••••••• 531 18.3 Zentrales Nervensystem . . . . . . . . . . . . . 535


18.1.1 PNS und ZNS • • • • • • • 0 0 • 0 •• 0 •••• 0 • 0 • 531 18.3.1 Rückenmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536
18.1.2 Neuroanatomische Techniken 0 ••••••••• 532 18.3.2 Gehirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540

18.2 Peripheres Nervensystem 532 • 0 • • • • • • • • • •

18.2.1 Sensorische Ga nglien • 532


• • • • • ••• 0 • • • • • •

18.2.2 Ganglien des vegetativen Nervensystem s .. 534

Das Nervensystem ist nicht das ein1jge (vgl. endokrines Sys- genan seine Umgebung. Es bedient sich für seine Aktionen
tem s. Kap. 11 , Immunsystem s. Kap. 6), aber das größte elektrischer Erregungen und eines hochdiflcrenzierten Sys-
und höchstentwickelte Koordinationsorgan des Körpers. Es tems von Signalmolekülen, den Neurotransmittern. Das
nimmt Informationen aus der Umwelt und aus dem Kör- Nervensystem reagiert aber nicht nur stereotyp auf Reize,
perionern auf, verarbeitet diese und kann innerhalb kurzer sondern es kann auch aus Erfahrungen lernen und somit
Zeit auf Veränderungen reagieren. Es ermöglicht dem Orga- neue, möglicherweise bessere Verhaltensweisen entwickeln.
nismus somit kurzfristige und lebenserhaltende Anpassun- Es verfügt somit über die Fähigkeit zu Plastizität.

18.1 Grundlagen
------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------
Das Nervensystem wird in peripheres (PNS) und zentrales PNS und ZNS liegt auf H öhe der Wurzeln der aus
Nervensystem (ZNS) unterteilt. Das PNS umfasst Gang- dem ZNS austretenden Nerven (am Übergang der zentra-
lien (sensorische und autonome) und Nerven, das ZNS Jen Hüllglia, Oligodendroglia, in die periphere Hüllglia,
das Rückenmark und das Gehirn. Die Grenze zwischen die Schwann-Zellen).

18.1.1 PNS und ZNS Struk turen des ZNS werden vo n den Hirnhäuten ttmgeben
Bedeutung der Hüllglfa Das Nervensystem bildet eine (Kap. 3.4.7).
funktionelle Einheit. Es wird zwar anatomisch in PNS tmd
ZNS gegliedert, die Gren1..c zwischen beiden Teilen wird Graue und weiße Substanz Die meisten Str ukturen des
jedoch nicht durch die J\xo ne der Nervenzellen bestimmt, ZNS lassen sich weiter ltntergliedern. Die graue Substanz
da diese ohne Unterbrechungvom PNS ins ZNS ziehen und (Substantia grisea) besteht aus den Perikarya der Nerven-
ttmgekehrt. Vielmehr wird die zentrale Hüllglia (Oligoden- zellen, die weiße Substanz (Substantia alba) überwiegend
droglia) der Nervenfasern am Übergang zwischen ZNS tmd aus myelinisierten Axonen. Graue und weiße Substanz sind
PNS von der peripheren Hüllglia (Schwann-Zellen) abge- von Region zu Region tmterschiedlich verteilt, z.B. liegt die
löst und die Nervenfasern werden gebündelt tmd von Bin- graue Substanz im Endhirn und Kleinhirn überwiegend
degewebe tunhüllt Histologisch besteht das PNS aus außen und bildet dort eine Rinde (Cortex cerebri; Cortex
Nervenzellgruppen (in Ganglien oder in Organen), Ner- cerebelli), während sie im Rückenmark innen liegt und wie
venzellfortsätzen (in Nerven) tmd Nervenendigtmgen, die ein Schmetterling geformt ist. An anderen Stellen ist die
überwiegend an Zellen von peripheren Organen (z.B. Mus- graue Substanz von weißer Substanz umgeben und bildet
kelzellen oder Drüsen) enden oder mit Sinneszellen (z. B. einen Kern (Nucleus). In der grauen Substanz liegen die
Hautsinncszellen) in Verbindtmg stehen. Nerven und Gan- Perikarya der Nervenzellen häufig in Schichten oder in klei-
glien des PNS werden typischerweise von kollagenem nen Zellgruppen. Diese Anordnungen sind je nach Hirn-
Bindegewebe umhüllt (Epineurium, Perineurium und En- gebiet typisch und erlauben es, einzelne Regionen und
doneuriwn). Auch das ZNS enthält Nervenzellen, Nerven- Kerngebiete des ZNS anhand ihrer "Architektur", also der
fortsätze und Nervenendigungen. Die Nervenendigtmgen Anordmmg ihrer Bauelemente, voneinander zu unter-
erreichen aber überwiegend andere Nervenzellen und die scheiden.
532 18 Nervensystem

18.1.2 Neuroanatomische Techniken


Zur Untersuchung des Nervensystems wurden in der Neu- die verschiedenen Hirnregionen in ihrem Aufbau beschrie-
roanatomie neben den üblichen Techniken (Kap. 1.3.3) spe- ben und die Verbindungen der einzelnen Nervenzellen ent-
zielle Färbemethoden entwickelt (Tab. 18.1). Damit sollen schlüsselt werden.

c
c Abb. 18.2 Markierung
Abb. 18.1 Hippocampus von Axonen mit einem
einer transgenen Maus. "Tracer".

Tab. 18.1 Neuroanatomische Methoden.

Untersuchungszweck Methoden
Verteilung der Perikarya • H. E.-Färbung (Abb. 18.8)
(..Zytoarchitektur") • Färbungen des Perikaryons (Färbung nach Nissl; Abb. 18.33)
• Färbungen der Lipofuszinpigmente (,.Pigmentarchitektur")
• In-situ-Hybridisierung (Nachweis von mRNA in Zellen; Abb. 18.22)
• immunhistochemischer Nachweis von intrazellulären Proteinen (Abb. 18.23)
• genetische Verfahren (Nervenzellen werden genetisch verändert und produzieren
fluoreszierende Substanzen); ausschließlich experimenteller Einsatz (Abb. 18.1 )
Faser- und Bahnverläufe • Färbungen der Myelinscheide (Markscheidenfarbungen; Abb. 18.11, Abb. 18.25)
(" Faserarchitektur") • Markierung von Axonen mit "Tracer"-Substanzen (anterograd: Transport des
Tracers vom Perikaryon zur Synapse hin; retrograd: Transport des Tracers von der
Synapse zum Perikaryon); überwiegend experimenteller Einsatz (Abb. 18.2)
• genetische Verfahren (Nervenzellen werden genetisch verändert und produzieren
fluoreszierende Substanzen); ausschließlich experimenteller Einsatz (Abb. 18.1)
Form einzelner Neurone und Gliazellen • Silberimprägnationen nach Golgi (Abb. 18.19, Abb. 18.24)
("Zellmorphologie") • intrazelluläre Injektionen von Markersubstanzen
• immunhistochemischer Nachweis intrazellulärer Proteine (Abb. 18.23)
• genetische Verfahren (Nervenzellen werden genetisch verändert und produzieren
fluoreszierende Substanzen); ausschließlich experimenteller Einsatz (Abb. 18.1)
Neurotransmitter und ihre Rezeptoren • immunhistochemischer Nachweis von Neurotransmittern und Rezeptoren
("Chemo- und Rezeptorarchitektur") • autoradiographischer Nachweis von Rezeptoren und Ligandenbindungsstellen

18.2 Peripheres Nervensystem


- - - -- - - - - - - - - - - - - - Zur Orientierung - - - - - - - - - - - - - - - - --
Zum PNS gehören die sensorischen Ganglien (Spinal- Nervenzellperikarya mit Satellitenzellen und zahlreiche
ganglicn, kraniale Ganglien), die autonomen Ganglien Nervenfaserbiindel, die von einer bindegewebigen Kapsel
(vegetative Ganglien) und die Nerven. Die sensorischen umschlossen sind. Die vegetativen Ganglien gehören zum
Ganglien enthalten Perikarya der Ursprungsneurone der vegetativen Nervensystem, verschalten präganglionäre Pa-
sensorischen Bahnen (pseudounipolare Nervenzellen mit semaus dem ZNS und steuern die Viszeromotorik. Damit
T-förmigem Fortsatz von der Körperperipherie bis ins unterscheiden sie sich funktionell stark von den senso-
ZNS). Die zum Rückenmark ziehenden Fortsätze bilden rischen Ganglien, sind diesen aber histologisch ziemlich
die Hinterwurzeln der Spinalnerven. Die Perikarya der ähnlich. Hier finden sich multipolare Nervenzellperikarya
Ganglienzellen ernähren den langen Fortsatz, eine Ver- mitSatellitenzcllcn.
schaltung findet nicht statt. Histologisch finden sich

18.2.1 Sensorische Ganglien Hirnstamm. Im Bereich der Wirbelsäule bezeichnet man ein
Die sensorischen Ganglien (kraniospinale Ganglien, Tab. sensorisches Ganglion als Spinalganglion (Ganglion spina-
18.2) liegen in enger Nachbarschaft zum Rückenmark und le; Abb. 18.3), am Schädel spricht man von einem kranialen
18.2 Peripheres Nervensystem 533
Ganglion (Ganglion craniale). Spinalg-anglien sind mit den in die Rückenmarkshäute aufteilt (Übergang von Bindege-
Spinalncrven, kraniale Ganglien mit den Hirnnerven ver- webshi.illen des PNS in die Hirnhäute des ZNS). Im Innem
bunden. des Spinalg-anglions (Abb. 18.3) findet sich zartes Bindege-
webe, das dem Endoneurittm peripherer Nerven entspricht
und in das einige 10000 pseudounipolare Nervenzellen, ihre
Funktion und Verschaltung peripheren und zcntralwärts gerichteten Portsätze sowie
Die sensorischen Ganglien sind von fundamentaler Bedeu- Blutkapillaren eingelagert sind. Oie Perikarya (Abb. 18.4)
tung für das Nervensystem. In ihnen liegen die Perikarya der sind von einer Schicht sog. Satellitenzellen (Mantelzellen,
Urspnmgsneurone fast aller somata sensorischen Bahnen. Lemnozyten) umgeben, die peripheren Gliazellen (Schwann-
Wiirden diese Ganglien fehlen, hätte der Mensch keine Zellen) entsprechen. Alle Perikarya enthalten feine, konzen-
Wahrnehmung (z.B. Tastgefühl, Schmenwahrnelummg, trierte Nissl-Substanz, zum Teil auch gelbbraunes Lipofus-
Vibrationsgeflihl) mehr aus der Körperperipherie. Die Ner- zin (Abb. 2.65); sie können auch virale Einschlusskörper
venzcllen in den kraniospinalen Ganglien gehören zum beinhalten (Abb. 18.4). Es Jassen sich große tmd kleinere
p seudounipolaren Typ: Vom Perikaryon geht ein kurzes, Perikarya unterscheiden. Oie großen (A-Zellen, Durchmes-
anfangs stark geschlängeltes Nervenfasersegment (Crus ser ca. 100 J.l.lll, 80~ der Perikarya) sind die Perikarya der
commune) aus, das sich in 2 Axonfortsätze teilt: einen nach schnellleitenden tmd myelinisierten Axone. Sie bilden den
zentral (axonalcs Axon) und einen in die Peripherie (dendri- Anfang der Bahnen des Tastsinns und der Propriozeption
tisches Axon). Oie Erregungsübertragung beginnt in der Pe- (Berlihrttng, Druck Temperatur, Stellung der Gelenke, In-
ripherie, z. B. an einer freien Nervenendigung, und wird tm- fonnationen aus Muskelspindeln und Sehnenorg-anen).
mittelbar vom peripheren Axonfortsatz auf das zentralwärts
gerichtete Axon übergeleitet. Oie zentralwärts gerichteten Merke In den sensorischen Ganglien liegen die ersten
Axone der pcudouni polaren Ganglienzellen bilden die Neurone der somatasensorischen Bahnen.
Hinterwurzeln des Rückenmarks. Das Perikaryon der Ner-
venzclle besitzt ausschlicßllch ernährende Punktion, eine Oie kleineren (B-Zcllen, Dttrchmesser b is 50 f!m, ca. 20~)
Verschaltung oder eine Verarbeitung von Reizen (Informa- sind i.d.R. die Pcrikarya der ttn- oder schwach myelinisier-
tionen) findet im Spinalga.nglion nicht statt. ten Axone. Einige dieser NervenzeHen bilden den Anfang
der Schmerzbahnen (Nozizcption), andere enthalten Sinnes-
Histologie informationen aus den inneren Organen (Viszerozeption).

Kraniale und spinale Ganglien tmterscheiden sich histolo-


Merke Sensorische Ganglien
gisch nicht, lediglich ihre Lage ist unterschiedlich. Während
• Spinalg-anglien (sensorische Ganglien der Spinalner-
die kranialen Ganglien (z. B. Ganglion trigeminale) Teile der
ven) ttnd kraniale Ganglien (sensorische Ganglien der
Hirnnerven bilden, gehören die Spinalg-anglien zu den Spi-
Hirnnerven)
nalnerven. Die Spinalganglien liegen im Verlauf der hinte-
• pseudounipolare Nervenzellen
ren (postcrioren) SpinalnervenwurzeL Sie werden von einer
• keine Verschaltung
Bindegewebshülle umgeben, die sich zum Rückenmark hin

Abb. 18.3 Spinalganglion,


Übersicht ~ Perikarya des
Ganglions. Mensch; Färbung:
Azan; Vergr. 45-fach.
534 18 Ne rvensystem

turen sowohl im sympathischen (z. B. im sympathischen


Grenzstrang) als auch im parasympathischen (z.B. Ganglion
submandibulare; Ganglia pelvica) Teil des efferenten vegeta-
tiven Nervensystems.

Funktion und Verschaltung


In vegetativen Ganglien (Tab. 18.2) werden efferente Infor-
2 • mationen aus dem ZNS und afferente Informationen aus der
Peripherie verarbeitet, d h. synaptisch verschaltet (Tab. 18.1).
Mikroskopisch anatomisch enthalten sie Perikarya von mul-
tipolaren Nervenzellen, d. h., vom Perikaryon gehen mehrere
sich verzweigende Dendriten sowie ein Axon ab. An ihren
Dendriten befinden sich Synapsen von vegetativen Nerven-
• zellen aus dem ZNS oder aus sensorischen Ganglien. Diese
Verschaltung dient der schnellen und reflektorischen Steue-
rung der inneren Organe, zmn Teil "autonom", d.h. ohne
Einbeziehung des ZNS.

'lf Histologie

• Die vegetativen Ganglienzellen des Sympathikus und Para-


sympathikus erscheinen in klassischen histologischen Pär-
btmgen ähnlich (Abb. 18.5, Abb. 18.6). Charakteristisch sind
die groHen Perikarya der Nervenzellen, die von Mantelzel-
len (Satellitcnzellen) umhüllt sind. Die Zellkerne der Neuro-

- •. ne liegen häufig exzentrisch. Zwischen den Perikarya finden
sich Nervenfasern, die Erregungen in das Ganglion hinein
oder von ihm weg leiten. Die Dendriten lassen sich mithilfe
Abb. 18.4 SpinalgangLion mit kleinen (1 ) und großen (2) der Standardfärbungen nur im Abgangsbereich identifi-
Perikarya. Jedes Perikaryon wird mantelartig von Satelliten- zieren (Abb. 185). Dies gelingt besser, wenn man die multi-
zellen (Mantelzellen, ~ ) umhüllt. Häufig trennt ein polaren Nervenzellen mit Spezialfärbtmgen, z. B. einer
Schrumpfspalt (Artefakt) die umhüllenden Satellitenzellen Versilbenmgstcchnik, darstellt (Abb. 18.6) . Mithilfevon An-
*
von den Perikarya. Kern mit großem, rot gefarbtem tikörpern können die Enzyme in den Zellen identifiziert
Nukleolus einer Ganglienzelle; ... viraler Einschluss. Mensch; werden, die Neurotransmitter synthetisieren. Neben Nor-
Färbung: Azan; Vergr. 450-fach. adrenalin und Acetylcholin finden sich noch viele weitere
Neurotransmitter in vegetativen Ganglienzellen, darunter
viele Peptide. Besonders vielfaltig ist die Transmitterzusam-
mensetzung im Gastrointcstinaltrakt, wo vegetative Nerven-
18.2.2 Ganglien des vegetativen zellen ein weitgehend autonomes Netzwerk, das enterische
Nervensystems Nervensystem, bilden.
Als vegetative oder autonome Ganglien (Ganglia autonomi-
Merke Vegetative Ganglien
ca) bezeichnet man Ansammlungen von Nervenzellkörpern
• Steuerungsfunktion (Viszeromotorik)
im PNS, die der unbewussten Steuerung der inneren Organe
• multipolare Nervenzellen
dienen (Kap. 3.4.6). Vegetativc Ganglien finden sich als um-
schriebene und auch makroskopisch abgrenzbare Struk- • synaptische Verschal ttmg

Tab. 18.2 Sensorische und vegetative Ganglienzellen im Vergleich.

Kriterium Sensorisches Ganglion Vegetatives Ganglion


Funktion Weiterleitung afferenter Informationen Verarbeitung von Informationen des vegetativen
des somatischen und vegetativen Nerven- Nervensystems (z. B. Viszeromotorik)
systems
Zelltyp pseudounipolare Nervenzellen multipolare Nervenzellen
Verschaltung nein ja
Neurotransmitter Glutamat und verschiedene Ko-Transmitter Noradrenalin (Sympathikus), Acetylcholin (Parasympa-
(z. B. Substanz P) thikus), zahlreiche weitere Transmitter (z. B. Peptide)
18.3 Zentrales Nervensystem 53 5

. ...... ~·
• I

-,
.
·'.. .--
.;..r

.
....

Abb. 18.5 Multipolare


Nervenzellen in einem
- ...
vegetativen Ganglion
(Herz, Mensch). Die rundlich·
ovalen Perikarya (? ) enthal-
ten einen großen, exzent·
risch gelegenen kugetigen
Kern (.,.. ) mit einem immer
deutlichen Nukleolus. Die
Perikarya sind von einem
Kranz aus MantelleUen um-
geben. Färbung: Eisenhäma·
toxylin; Vergr. 250-fach.
(Aus (1))

Abb. 18.6 Grenzstrangganglien des Menschen. Die Peri-


karya (-+)der multi polaren Neurone weisen unterschiedliche
Größe auf, bei einigen ist das fortleitende Axon zu erkennen.
Färbung: Versilberung nach Bielschowski, Vergr. 250-fach.

18.3 Zentrales Nervensystem

------------------------------------- ZurOrientierung -------------------------------------


Zum ZNS gehören das Rückenmark und das Gehirn Stränge und Hinterstränge (Bahnen zum und vom Ge-
(Hirnstamm, Kleinhirn, Endhirn). Im Rückenmark bildet hirn). Am Kleinhirn sind Rinde, weiße Substanz und tiefe
die graue Substanz 2 schlanke Hinterhörner tmd 2 plumpe Kleinhirnkerne zu unterscheiden. Die dreischichtige Rinde
Vorderhörner (Schmetterlingsfigur); im 1horakalmark umfasst von außen nach innen die Molekularschicht,
zusätzlich 2 Seitenhörner. Die graue Substanz ist funk- Purkinje-Zell-Schicht und Körnerzellschicht Das End-
tionell gegliedert: hirn gliedert sich in Rinde (Tso- u.nd Allokortex), weiße
• posterior (dorsal) - somatasensorische Perikarya Substanz und Endhirnkerne. Der Isokortex ist horizontal
• lateral- viszeramotorische Perikarya in 6 Schichten gegliedert, die vertikal über die Portsätze
• anterior (ventr.il)- somatornotorische Perikarya der Nervenzellen miteinanderverbttnden sind. Oie funkti-
onellen Einheiten des Kortex sind daher vertikale Zylinder
Motorische Neurone haben Perikarya im Vorderhorn und (kortikale Kolurrmen). Der Allokortex ist »anders" gebaut
Seitenhorn (Axone verlassen das Rückenmark durch die als der Isokortex. Er findet sich in phylogenetisch alten
Vorderwurzcl); sensorische Neurone im H interhorn (bil- Rindengebieten (Archikortcx, Paläokortcx). Ein Beispiel
den aufsteigende Bahnen zwn Gehirn); Interneurane ftir die allokortikale Rinde ist der dreischichtige Hippo-
enden lokal und haben überwiegend hemmende Punk- campus, der für das explizite Gedächtnis und die vegeta-
tionen. Die weiße Substanz ist gegliedert in Vorderseiten- tive Steuerung des Körpers wichtig ist
536 18 Nervensystem

18.3.1 Rückenmark Merke Orientierung am Präparat


Das Rückenmark verbindet Körperperipherie und Gehirn Zur Orientierung an einem Querschnitt durch das Rü-
und dient als Reflexorg-an fiir die Extremitäten und den ckenmark helfen die Purehen an der OberHäche: Anterior
Rumpf. Es ist 1 cm dick, ca. 45 cm lang tmd liegt im Wirbel- liegt die tiefe Fissura mediana anterior, welche die Ober-
kanal der Wirbelsäule. In regelmäßigen Abständen treten Bäche des Rückenmarks fast bis zur grauen Substanz hin
ventral motorische Wurzelfäden aus und dorsal sensorische einschneidet. Postenor ist lediglich ein oberHächlicher
Wurzelfäden ein. Benachbarte Wurzelfäden lagern sich zu- Sulcus medianus postcrior zu erkennen. Beim "Schmet-
sammen und bilden in Abständen von 1 -2 cm jeweils eine terling" sind die anterior gelegenen Anteile, die Vorder-
vordere (Radix anterior) und eine hintere Wurzel (Radix hörner (Cornua anteriora), i.d. R. breiter und ki.irzer als
posterior). Die Wurzelfäden eines Rückenmarkssegments die posterior gelegenen Anteile, die H interhörner (Cor-
ziehen gemeinsam zu einem Zwischenwirbelloch (Foramen nua posteriora). Im Gegensatz zu den Hinterhörnern
intervertebrale) der Wirbelsäule und bilden dort einen Spi- erreichen die Vorderhörner nicht die Oberfläche des
nalnerv (N. spinalis). AufHöhe des Foramen intervertebrale Rückenmarks.
befindet sich das Spinalganglion.

Graue Substanz
Gliederung
Aufbau
Durch die Bündeltmg der Wurzelfäden zu Wurzeln wird das
Rückenmarkder Länge nach in Rückenmarkssegmente un- Rückenmarkskolumnen In allen Abschnitten des Rücken-
tergliedert. Entsprechend der Austrittshöhe der Spinal- marks lassen sich links und rechts in der grauen Substanz je
nerven werden auHerdem 4 groHe Abschnitte - Zervikal-, ein Vorderhorn (Cornu anterius, Abb. 18.8) und je ein Hin-
Thorakal-, Lumbal- und Sakralmark - unterschieden. Im terhorn (Cornu posterius) benennen. Thorakal kommt auf
Querschnitt werden die auHen liegende weiße Substanz tmd beiden Seiten das Seitenhorn (Cornu laterale) hinzu. Diese
die im Zentrum liegende, der Form eines Schmetterlings äh- "Hörner" sind Querschnittstigmen von längs verlaufenden
nelnde graue Substanz voneinander abgegrenzt (Abb. 18.7). Leisten oder Säulen, weshalb auch die Begrifl"e Colurnna an -
Dieser Querschnitt sieht in allen Abschnitten (Zervikal-, terior, Colurnna posteriorund Columna lateralis gebräuch-
Thorakal-, Lumbal- tmd Sakralmark) prinzipiell ähnlich aus. lich sind, um die räumliche Ausdehnung dieser Struktmen
Mikroskopisch lassen sich jedoch die verschiedenen Rücken- zu beschreiben.
markslängsabschnitte aufgrund von Besonderheiten in der
Verteilung ihrer gntuen und weißen Substanz weiter unter- Kommissur und Zentralkanal Die beiden Seiten des
gliedern. Rückenmarks sind dmch eine Brücke grauer Substanz mit-
einander verbunden, die als Conunissura grisea bezeichnet

Abb. 18.7 Aufbau des


Rückenmarks, Übersicht.
Die schmetterlingsförmige
graue Substanz ist in Vorder-
horn (Comu anterius, 1) und
Hinterhorn (Cornu posterius,
2) gegliedert. Die außen
liegende weiße Substanz un-
terteilt sich in Vorderstrang
(Funiculus anterior) (3),
Seitenstrang (Funiculus late-
ralis) (4) und Hinterstrang
(Funiculus posterior) (5 ).
~ Motoneurone; * Zentral-
kanal; ~ Fissura mediana
anterior. Ratte; Färbung:
nach Golgi; Vergr. 25-fach.
18.3 Zentrales Nervensystem 537

.,
Abb. 18.8 Rückenmark, Ausschnitt. 1 Vorderhorn (Cornu *
Abb. 18.9 Rückenmark. Zentralkanal mi t ependymaler
anterius); 2 Zentralkanal (canalis centralis); 3 Hinterhorn Wa ndun g. Der Zentralkanal ist von der hellen Substantia
(Cornu posterius); ~ motorische Vorderhomzellen. Mensch; gelatinosa centralis umgeben. Mensch; Färbung: H. E.;
Färbung: H. E.; Vergr. 45-fach. Vergr. 300-fach.

wird. In ihr befindet sich der Zentralkanal (Canalis centra- zeptive Informationen aus den Muskelspindeln und pro-
lis; Abb. 18.9), ein Überrest des Neuralrohrs, d er im kauda- jiziert zum Kleinhirn
len Rückenmark teilweise oder vollständig verschlossen • Nudetts intcrmediolateralis: liegt in Schicht VII (Seiten-
(obliteriert) sein kann. Er ist mit einem einschichtigen Epi- horn); er enthält die Pcrikarya der präganglionären Neu-
thel aus Epcndymzellen ausgekleidet. Die Ependymzellen rene des Sympathikus (thorakolumbal) tmd des Parasym-
sind kubisch bis prismatisch geformt und tragen an ihrer pathikus (sakral).
Oberfläche Mikrovilli und Kinozilien. Um den Zentral-
kanal hertun liegt die Substantia gelatinosa centralis, die
überwiegend aus Gliazellen besteht.
Nervenzellen der grauen Substanz
Die Nervenzellen der grauen Substanz werden nach dem
Laminae, Kerngebiete Die graue Substanz des Rücken- Ziel ihrer Axone (Projektion) in 3 Gruppen gegliedert:
marks wird in Schichten gegliedert, die Larninae I- X (nach • motorische (efferente) Zellen, Motoneurone
Rexed, Abb. 18.10), in denen einzelne Kerngebiete noch (" W urzelzcll cn")
weiter unterschieden werd en können (weiterführendes • sensorische (afferente) Zellen, sensorische Neure ne
neuroanatomisches Wissen). Kerngebiete, die in der Lite- ("Strangzellcn")
ratur häufig Erwähnung finden, sind: • Interneurane ("Schaltzellen")
• Substantia gclatinosa (Rolandi, Abb. 18.8, Abb. 18.10):
entspricht der Lamina II; in ihr und in ihren angrenzen- Alle 3 Neuronengruppen gehören dem Typ des multipola-
den Schichten (I- ill) enden segmental eintretende affe- ren Neurons an, d. h., sie besitzen zahlreiche Dendriten und
rente Axone, darunter die Schmerzfasern ein Axon.
• NuclettS proprius: mächtigster Kern des H interhoms; er
liegt in den Schichten TU- V ttnd erhält vielfaltige soma- Motoneuron e
tosensorische Informationen (fastsinn, Propriozeption, Motorische Neuronc haben Axone, die das Rückenmark
Temperatur und Schmerz) über die vordere Wurzel verlassen. Somatamotorische
• Nuclcus dorsalis (Ciarke): auch Nd. thoradcus posterior; Neurene (Vorderhorn) innervieren die Skelettrnuskulatur,
Stllling-Ciarke-Säule; liegt in Schicht VI, erhält proprio- viszeramotorische Neuronc (Seitcnhorn) die Eingeweide-
538 18 Nervensystem

Radix
posterior

Funiculus__
lateralis

Radix
anterior
·- ...

BerOhrung

Funiculus 'anterior Fissura mediana


anterior
Abb. 18.10 Funktioneller Aufbau des Rückenmarks (Schema des Zervikalmarks). S sakral; L lumbal; Th thorakal; C zer-
vikal; 1- X Laminae der grauen Substanz nach Rexed. Die Fasciculi bzw. Tractus in den Funiculi der weißen Substanz sind
vereinfacht dargestellt: links topographisch, rechts mit einigen funktionellen Angaben. 1 Fasciculus gracilis; 2 Fasciculus
cuneatus (1 und 2 Leitung epikfitiseher und tiefensensibler Informationen); 3 Tractus spinocerebellaris posterior; 4 Tractus
spinocerebellaris anterior (3 und 4 Afferenzen aus dem Bewegungsapparat zum Kleinhirn); 5 Tractus corticospinalis lateralis
(Willkürmotorik; gekreuzter Faserverlauf); 6 Tractus rubrospinalis und reticulospinalis (extrapyramidale Motorik); 7 Tractus
spinothalamicus lateralis (Schmerz, Temperatur); 8 Tractus spinothalamicus anterior (Druck, Berührung); 9 Tractus spinotec-
talis; 10 Tractus olivospinalis und spinoolivaris; 11 Tractus vestibulospinalis; 12 Tractus reticulospinalis; 13 Tractus tecto-
spinalis; 14 Tractus corticospinalis anterior (ungekreuzter Verlauf); 15 Formatio reticularis; 16 Nucleus thoracicus posterior;
17 Tractus dorsolateralis; 18 Substantia gelatinosa, 19 Tractus semilunaris, 20 Fasciculus sulcomarginalis.
(Verändert nach [11])

muskulatur. Motoneurone sind erregend (exzitatorisch) Rückerunarks und haben Durchmesser von 50-90 J.tm.
und verwenden Acetylcholin als Neurotransmitter. Die y-Motoneurone sehen ähnlich aus, sind jedoch mit
30- 50 J.tm Durchmesser deutlich kleiner. Histologisch sind
Somatornotorische Neurone Die motorischen Vorder- die multipolaren moto rischen Vorderhornzcllen gut zu er-
hornzcllen werden in die großen a.-Motoneurone tmd die kennen (Abb. 3.4.1, Abb. 18.7, Abb. 18.8). Die einzelne Zelle
kleineren y-Motoneurone tmterteilt. Die a.-Motoneurone besitzt einen großen, kugeligen, hellen Kern mit einem auf-
innervieren über motorische Endplatten die Skelettmuskel- fälligem Nukleolus. Im Zytoplasma und in den Anfangs-
fasern. Sie erhalten tmd verarbeiten motorische Impulse aus regionen der Dendriten befinden sich grobe Nissl-Schollen
dem Rückenmark (Reflcxbahnen) tmd aus dem Gehirn (ab- (Stapel rauer ER-Zisternen), die im Abgangsbereich des
steigende motorische Bahnen). Auf diese Weise werden alle Axons (Ursprungskcgel) fehlen.
motorischen Impulse gesammelt tmd über eine einzige An den Motonettronen finden sich einige tausend erre-
Nervenzelle, die "Endstrecke der Motorik", an die Skelett- gende und hemmende synaptische Kontakte anderer Neu-
muskelfasern weitergeleitet. Die y-Motoneurone inner- rone. Sie liefern lnfonnationcn aus der Peripherie, aus
vieren die intrafusalen Pasern der Muskelspindeln und anderen Segmenten des Rückenmarks, aus der Endhirn-
regulieren deren Empfindlichkeit. Auch an ihnen enden rinde, aus dem Kleinhirn und aus dem Hirnstarrun. Diese
spinale Reflexbahnen und absteigende zerebrale motorische zahllosen Informationen werden von den Motoneuronen
Bahnen. verarbeitet und Hiliren zu einer biologisch sinnvollen Ant-
Die a.-Motoneurone sind die größten Nervenzellen des wort.
18.3 Zentrales Nervensystem 539

Viszeromot orisch e Neurone Die viszcromotorischcn Weiße Substanz


Ncuronc liegen im Seitenhorn des Thorakal- und Lwnbal-
mark.s (Sympathikus) und im Sakralmark (Parasympathi- Funk uli Die weiße Substanz (Substantia alba) besteht
kus). In beiden Fällen handelt es sich wn präganglionäre überwiegend aus myclinisierten Nervenfasern (Abb. 18.11).
~~urone, die in autonomen Ganglien auf die postganglio- Diese bilden beidseits symmetrisch den Vorderseitenstrang
naren N ettrone ttrngeschaltet werden. Histologisch sind sie (Puniculus anterolateralis) tmd den Hinterstrang (Funi-
kleiner (I 5 - 50 J..un) als die somatornotorischen Neurone, culus posterior). Der Fasciculus posterior wird im zervi-
sonst jedoch morphologisch sehr ähnlich. kalen Mark in 2 Bündel unterteilt, den medialen Pasciculus
gracills und den lateralen Pasciculus cuneatus.
Interneurane
Interneurane sind Nervenzellen, die andere Nervenzellen Commissura alba Während die Funiculi überwiegend
auf kurze Distanzen miteinander verbinden. Sie gelten als parallel ZLtr Längsachse des Rückenmarks verlaufende Fa-
Schaltzellen oder Zwischenneurone, die den lnformations- sern enthalten, finden sich in der COJnmissura alba quer
fiuss modulieren können. Die meisten lnterneurone sind verlaufende, d. h. kreuzende (kommissurale) Fasern. Die
hemmende (inhlbitorische) NeLLronc, ihre Neurotransmitter Commissura alba liegt unmittelbar vor der Commissura
sind vorwiegend GABA und Glycin. Duc modulierende grisea, der Brücke aus grauer Substanz zwischen den beiden
Funktion wird im Rückenmark besonders deutlich: Die Rückenmarkshälften.
meisten absteigenden motorischen Bahnen und viele Reflex-
bahnen enden zunächst an Interneuronen Lmd nicht direkt Ve rbindungsfunkti on Die Perikarya der Axone der wei-
an den Motoneuronen. Damit können die Interneurane die ßen Substanz befinden sich im Gehirn oder RUckenmark
Aktivität der Motoneurone unmittelbar beeinflussen. Axone mit Perikarya im Gehirn sind absteigende, solche
Ein Sonderfall eines Interneurons auf Rückenmarksebene mit Perikarya im Rückenmark aufsteigende Axone. Abstei-
ist die Ren shaw-Zelle. Sie wird durch Axonkollateralen gende Axone leiten Erregungen vom Gehirn zwn Rücken-
eines Motoneurons erregt und hemmt dann das sie erre- mark, aufsteigende ttrngckehrt. Auf diese Weise wird das
gende Neuron (rekurrente Hemmung, Abb. 3.4.12). So Gehirn reziprok mit dem Rückenmark und dadurch mit
begrenzt sie die neuronale Aktivität im Rückenmark und der Körperperipherie verbunden ("Verbindungsfunktion"
wirkt wie eine "Sicherung" vor zu starker Erregung. Ein wei- des Rückenmarks). Auf- und absteigende Axone mit glei-
terer Sonderfall sind Interneurone, die mcluere Segmente chem Ursprung bzw. Ziel treten in der weißen Substanz
des Rückenmarks miteinander verbinden. Auf diese Weise gebündelt auf. Sie bilden Bahnen (Tractus). Der Verlauf
werden komplexe Fremdreflexe, z. B. Fluchtreflexc, ermög- und die Punktion dieser Bahnsysteme ist komplex (s.a.
licht. Die Interneurane sind i. d. R. deutlich kleiner als die Abb. 18.10).
Motoneurone.
Eigenapparat Zusätzlich gibt es Axone, deren Perikarya
Sensorische Neurone im Rückenmark liegen tmd d ie zu anderen RUckenmarks-
Die Axone der sensorischen Neurone im Rückenmark zie- segmenten ab- oder aufsteigen. Sie verlaufen in den Gnmd-
hen wnächst in die weiße Substanz und dann ins Gehirn. biindcln (Fasciculi proprii), einer Schicht aus weißer Subs-
Ihre Perikarya liegen in Kernen des Hinterhorns. Ais Pro- tanz, die direkt der grauen Substanz anllegt. Es handelt sich
jcktlonsneurone sind sie exzitatorisch, ihr weitaus häufigster bei ilincn wu Axone von Internemanen oder sensorischen
Neurotransmitter ist Glutamat. Einige sensorische Neurone Zellen, die durch diese Verbindungen komplexe Fremd-
bilden Axonkollateralen aus, die Rückcnmarksneurone in reflexe ermöglichen. Da diese Reflexe eine eigene Leistung
anderen Segmenten erreichen. Auch auf diese vVeise werden des Rückenmarks sind, d. h. auch ohne Steuenmg dttrch das
komplexe Reflexe ermöglicht.
Die sensorischen Nemone sind multi polare Nervenzellen,
die zumeist kleiner als die Motoneurone sind.

Gliazellen der grauen Substanz


Im Neuropil der grauen Substanz befinden sich auch zahl-
reiche Gliazellen (Kap. 3.4.2). Die Astrozyten rungehen mit
ihren Fortsätzen die Nervenzellen und die Synapsen. Die
Oligodendroglia bildet die Markscheiden um die proxima-
len Axone und die Mikrogliazellen stehen im Dienst der Ab-
wehr. Epcndymzellen kleiden den Zentralkanal in der Mitte
des Rückenmarks aus (Abb. 18.3). Histologisch lassen sich
die Gliazellen der grauen Substanz am besten mit Immun-
färbungen Lmtersuchen, da diese auch die Fortsätze der Glia-
zellen sichtbar machen. Aber auch in einer Niss!- Färbtmg ist
mit etwas Übtmgzu erkennen, dass bei Nemonen die Kerne
und die im Perikaryon gelegenen Nissl-Schollen (raues ER)
angefärbt sind, bei den Gliazellen dagegen nur die Kerne Abb. 18.11 Zervikalmark im Querschnitt. Graue Substanz
(ohne Soma und Fortsätze). Die Kerne der Gliazellen sind
deutlid1 kleiner als die der Neuronc: Bei Astrozyten ist er
*);
hell, breite Vorderhörner; Fissura mediana anterior (
Septum medianum posterius (~);die weiße Substanz ist
rundlich, bei Oligodendroglia und Mikroglia stabförrnig bis hier durch eine Markscheidenfärbung dunkel dargestellt.
oval. Mensch; Vergr. 6-fach.
540 18 Nervensystem

Gehirn ablaufen können, spricht man vom .,Eigenapparat"


des Rückenmarks (Rl'tckenmark als .,Reflexorgan"). Klinik Spinale Muskelatrophien (SMA) sind Krankheiten,
bei denen es durch den fortschreitenden Zelluntergang von
motorischen Vorderhornzellcn des Rückenmarks zu einem
Rückenmarksquerschnitte langsan1 fortschreitenden Schwund der Muskulatur tmd zu
Lähmtmgen kommt. Zur Diagnose wird eine Gewebeprobe
Die Anordnung von grauer und weißer Substanz zeigt in (Biopsie) aus der Muskulatur entnommen.
Zervikal-, Thorakal-, Lwnbal- und Sakralmark Unterschiede
hinsichtlich Umfang, Umriss und Binnenstmktur. Besonders
kräftig sind die Vorder- und Hinterhörner in den Rückco- 18.3.2 Gehirn
markssegmenten ausgebildet, in denen die Perikarya für die Im Gegensatz zu vielen anderen Organen, die mikrosko-
Innervation der Extrcmiräten liegen. An diesen Stellen ist das pisch-anatomisch einheitlich gebaut sind, trifft dies für das
Rückenmark insgesamt in seinem Umfang vergrößert und Gehirn nicht zu. Offensichtlich reicht ein "Standardbau-
.,angeschwollen". Man be1..eichnet diese Bereiche als Zer- plan" des Nervengewebes nicht aus, um die vielfaltigen und
vikalmarkanschwellung (lntumescentia cervicalis; Inner- komplexen HirnfW1ktionen zu ermöglichen. Auf diese
vation der oberen Extremil'äten) und als Lumbal- tmd Weise sind unterschiedliche und auf die jeweilige Ptmktion
Sakralmarkanschwellung (Intumescentia lumbosacralis; hin optimierte "A.rchitektttren" in den einzelnen Hirnregio-
Innervation der unteren Extremitäten). nen entstanden. Makroskopisch wird das Gehirn üblicher-
weise in Vorderhirn (Endhirn Lmd Zwischenhirn), Hirn-
Zervikalmark Im obersten Zervikalmarksind die Vorder-
hörncr zunächst relativ schmal, werden aber an der Intu-
mescentia cervicalis (Abb. 18.11) groß und breit, während
die Hinterhörner schlank blieben. Zwischen den Hinter-
hörnern liegen die breiten H in tcrstränge, die auf Höhe des
Haismarks bcidseits in 2 Faszikel unterteilt sind (insgesamt
also 4 Stränge). Neben dem in der Mittellinie gelegenen
Septum dorsale liegt medial jeweils ein Fasdculus gradlis,
lateral von ihm je ein Pasciculus cuneatus (Abb. 18.10).
Auch die V Orderseitenstränge sind im Zervikalmark am
breitesten, entsprechend der größten Anzahl auf- und ab-
steigender Axone von und zum Gehirn.

Thorakalmark Die Querschnittsfigur der grauen Substanz


ist grazil mit schlanken, fast senkrecht stehenden Vorder-
und Hinterhörnern sowie mit deutlichen Seitenhörnern, in
denen die viszeramotorischen Perikarya des Sympathikus
liegen (Abb. 18.12).

Lumbalmark Im obersten Lumbalmark sind die Vorder-


Abb. 18.12 Oberes Thorakalmark im Querschnitt. Die
tmd Hinterhörner zunächst denen des Bmstmarks ähnlich,
Querschnittsform des Rückenmarks ist hier artifiziell etwas
es findet sich dort auch noch das Seitenhorn. Im unteren
unsymmetrisch.~ Seitenhom. Graue Substanz rosa; die
Ltm1balmark, besonders an der Intwnescentia lumbosacra-
lis, sind die Vorder- tmd Hinterhörner kräftig ausgebildet weiße Substanz ist hier durch eine andere Markscheiden-
(Abb. 18.13, Abb. 18.14), das Seitenhorn ist verschwtmden. färbung graublau gefärbt Mensch; Vergr. 6-fach.

Sakralmark Im relativ kleinen Sakralmark (wenig weiße


Substanz) sind die plumpen Vordcr- tmd Hinterhörner
breit verbunden tmd bieten damit Platz flir die parasympa-
thischen Scitcnhornncttrone (Abb. 18.15).

Merke Rückenmark
Das Rückenmark ist Teil des ZNS. Es leitet Informationen
aus der Körperperipherie ztun Gehirn (und Ltrngekehrt)
und vermittelt zahlreiche Reflexe. Im Rückenmark liegt
die graue Substanz im Zentntrn, umgeben von weißer
Substanz. Die graue Substanz bildet im Querschnittsbild
eine schmetterlingsähnliche Pigur mit 2 schlanken Hin-
terhörnern (sensorische Neurone) tmd 2 plwnpen Vor- ••
derhörnern (somatomotorische Neuronc), deren Konfi-
guration sich in Hals-, Brust-, Lenden - und Sakralmark
unterscheidet. Im Brustmark finden sich zusätzlich 2 Sei-
tenhörocr (viszeramotorische Neurone). Die weiße Subs- Abb. 18.13 Lumbalmark im Querschnitt, breite Vorder-
tanz wird in Vorderseiten- und Hinterstränge gegliedert, und Hinterhömer. Graue Substanz rosa; weiße Substanz
die Bahnen zwn und vom Gehirn enthalten . graublau. Mensch; Markscheidenfärbung; Vergr. 6-fach.
18.3 Zentrales Nervensystem 541

stamm (Mesencephalon, Pons, Medulla oblongata) tmd schließlich die Bewegungsabläufe der Motorik Außerdem
Kleinhirn unterteilt. Sie sind jeweils unterschiedlich gebaut, ist es für das Erlernen neuer Bcwegtmgsmuster wichtig tmd
funktionell spezialisiert und in sich heterogen und regional soll an einigen kognitiven Ptmktionen beteiligt sein.
unterschiedlich strukturiert. So wird z. B. die Endhirnrinde
in über 50 Unterregionen untergliedert, die anhand ihrer Makroskopie Das Kleinhirn sitzt dem Hirnstamm von
Zellarchitektur unterschieden werden können. dorsal attf und ist mit diesem über "Stiele" verbunden. Im
Ein erster Einblick in die mikroskopischen Strukturen des horizontalen Schnitt durch das Kleinhirn bildet die graue
menschlichen Gehirns ist anhand der mikroskopischen Substanz die Rinde (Cortex cerebelli), die weiße Substanz
Anatomie des Kleinhirns und einiger ausgewählter Bereiche das Mark Im Marklager eingebettet findet man einige
der Endhirnrinde möglich. Kemgebiete, die Kleinhirnkerne.

Informationsverarbeitung Das Kleinhirn verarbeitet


Kleinhirn Informationen parallel zum Endhirn. Die Kleinhirnrinde
Funktion und Untergliederung erhält dazu Informationen aus dem Endhirn (z.B. Be-
wegttngsinfonnationen), dem Hirnstamm (z. B. Gleichge-
Das Kleinhirn ist ein sensornotorisches Integrationsorgan. wichtsinfonnation) ttnd dem Rückenmark (z.B. Stellung
Es erhält sensorische Informationen aus dem Körper tmd der Gelenke, Muskelspannung). Sie verarbeitet die Infor-
der Körperumgebtrng, gleicht diese mit den motorischen mationen, gleicht sie ab und gibt das Ergebnis an die Klein-
Ausfiihrtrngsanweisungen des Endhirns ab tmd optimiert hirnkerne weiter. Von dort ilieBen die Informationen
zurück zum Endhirn, ztun Hirnstamm und zum Rücken-
mark, wo sie zu einer Optimierung der Bewegungsabläufe
beitragen.

Kleinhirnrinde Attfgnrnd der Verbindtrngen zu den an-


deren Hirnregionen werden innerhalb der Kleinhirnrinde
das Vestibulozcrebelltun (Verbindtmg zu den Gleichge-
wichtsorganen), das Spinozerebellum (Verbindung ztrm
Rückenmark) und das Pontozcrebellum (Verbindtrng ztrm
Endhirn) tmterschieden. Trotz dieser funktionellen Spczia-
lisienmg ist der Aufbau der Klein.h irnrinde überall sehr
ähnlich. Sie besteht von außen nach innen aus (Abb. 18. 16,
Abb. 18.17):
• Molekularschicht (Strattun moleculare), Schicht aus Fa-
sem, Dendriten der Purkinje-Zellen und wenigen Inter-
neuronen (Stern- und Korbzcllen)
• Purkinje-Zeii-Schicht (Strattun purkinjense), Schicht aus
Abb. 18.14 Lumbalmark im Querschnitt, breite Vorder- großen Nervenzellkörpern (Purkinje-Zellen)
und Hinterhörner. Die Perikarya der Motoneurone im • Körnerschicht (Stratwngranuloswn), Schichtaus dichtge-
Vorderhorn sind angef.irbt. Mensch; Färbung: nach Golgi; packten kleinen Nervenzellen und Interneuronen (Golgi-
Vergr. 6-fach. Zellen).

Die Histologie des Kleinhirns ist leichter zu verstehen, wenn


man die neuronalen Verschal tungen des Kle.inhirn kennt,
weshalb diese im Polgenden zuerst besprochen werden.

Merke Das Kleinhirn steuert die Koordination von Kör-


perbewegtrngen tmd beeinflusst den Muskcltonus. Histo-
logisch besteht es aus einer relativ d ünncn Rinde tmd
• dem Mark. Die Rinde besteht aus 3 Schichten (von außen
nach innen: Molckularschicht, Purkinje-Zell-Schicht und
Kömerzcllschicht) .
• •
Neuronale Verbindungen im Kleinhirn
• Eingänge Informationen erreichen das Kleinhirn entwe-
der iiber die Moosfasern (rechte Seite in Abb. l8.17) oder
über die Klettcrfascm (linke Seite in Abb. 18. 17):
• Moosfasern: Moosfasern leiten sensornotorische Infor-
mationen zum Kleinhirn, also Informationen über ge-
plante und gerade ablaufende Bcwcgttngen und über die
Abb. 18.15 Sakralmark im Querschnitt. -+ Spinalnerven- Stellung des Körpers im Rawn. Die Perikarya der Moos-
wurzeln. Graue Substanz rosa; weiße Substanz graublau. fasern liegen im Endhirn, im Hirnstamm und im Rücken-
Mensch; Markscheidenfarbung; Vergr. 6-fach. mark ttnd sie enden innerhalb der Körnerzellschicht an
542 18 Nervensystem

Erregende und he mmende Nerve nze llen Moos- und


Kletterfasern, aber auch die Parallelfasern der Körnerzellen
erregen ihre jeweiligen Zielzellen. Als Netrrotransmitter
verwenden sie Glutamat und Aspartat (Kletterfasern). Die
Interneurone und die Purkinje-Zellen sind hingegen hem-
mende Neurone, die den Neurotransmitter GABA
verwenden. Oie Aktivität der Purkinje-Zellen wirkt sich auf
die Durchlässigkeit der Kleinhirnkerne fiir sensornotori-
sche Informationen aus: Eine Aktivierung der Purkinje-
Zellen führt zur Hemmung der Informationsweiterleitung
in den Kleinhirnkernen, während die Inhibition der Pur-
kinje-Zellen einen Wegfall von Hemmung (,,Disinhibiti-
on " ,Abb. 3.4.12) und eine verbesserte Informationsweiter-
leitung in den Kleinhirnkernen zur Folge hat.

Merke Kleinhirn
Oie Pmkinje-Zelle ist die Hauptzelle der Rinde, die dtrrch
erregende Fasern (Kletterfasern, Parallelfasern) und hem-
mende Interneuronc (Sternzellen, Korbzcllen, Golgi-Zcl-
len) direkt oder indirekt beeinflusst wird. Die Pmkinje-
Zelle selbst entsendet ein hemmendes Axon zu den
Kleinhirnkernen, die ebenfalls von erregenden Kollatera-
len der Moos- tmd Kletterfasern erreicht werden.

Kleinhirnrinde
Oie Rinde des Kleinhirns ist etwa 1 mm dick und enthält
vermutlich mehr als 50 Milliarden Neurone. Das sind tmge-
fabr die Hälfte aller Neuronen des Gehirns. Die 3 Schichten
der Kleinhirnrinde lassen sich im Mikroskop gut erkennen
Abb. 18.16 Klelnhlrnrinde. Die stark gefaltete, dreischich- und grenzen das Kleinhirngewebe differenzialdiagnostisch
tige Rinde besteht aus der Molekularschicht (1 ), der dünnen von anderen neuronalen Geweben ab.
Purkinje-Zell-Schicht ( .... ) und der Körner2ellschicht (2).
Weiße Substanz (3). Mensch; Färbung: H. E.; Vergr. 25-fach. Molekularschicht
Oie faserreiche Molekularschicht (Stratum molcculare)
bildet die Oberfläche der Kleinhirnrinde (Abb. 18.16,
den kurzen Dendriten der Körnerzellen. Oie Axone der Abb. 18.18). In ihr verlaufen die reich verzweigten Dendri-
Kömerzellen steigen in die Molekularschicht auf und ver- ten der Pmkinje-Zellen, die Kletter- und die Parallelfasern
laufen in ihr parallel zur Kleinhirnoberfläche (Pa rallel- (s. a. Abb. 18.17). Zusätzlich befinden sich hier auch Gliazel-
fasern). Sie bilden ztun einen Synapsen mit den Purkinje- len (u.a. Bergrnann-Giia) sowie die Perikarya und Fortsätze
Zellen, zum anderen erreichen sie Internetrrone in der der Sternzellen (Abb. 18.19) und Korbzcllen. Korb- ttnd
Molekular- (Sternzelle, Korbzclle) und Körnerzellschicht Sternzellen sind inhibitorische Internemonc, die von den
(Golgi-Zclle). Oie Interneurone können sowohl die Akti- Parallelfasern (Axonverzweigungen der Körnerzellen) erregt
vität der Körnerzellen als auch die Aktivität der Ptrrkinje- werden:
Zellen beeinflussen. • Oie Korbzellen erreichen mi t ihren Axonverzweigtmgen
• Kletterfasern: Sie entstammen Nervenzellen, deren Peri- (Transmitter: GABA) die Perikarya der Purkinje-Zellen.
karya in der unteren Olive (Nucleus olivaris inferior) lie- Sie umgeben die Perikarya der Pmkinjc-Zellen dabei so
gen. Sie steigen durch die Körnerzellschicht auf und dicht mit einem Geflecht hemmender Nervenfasern und
enden direkt an den PurkinJe-Zellen. Eine Kletterfaser in- Nervenendigungen, dass der Eindruck eines "Korbes" um
nerviert 1-10 Purkinje-Zellen, eine Purkinje-Zclle erhält das Perikaryon der Purkinje-Zelle entsteht. Die "Körbe"
aber nur genau eine Kletterfascr. Da Kletterfasern eine mn die Pmkinje-Zcllen können nm mit Spezialfärbungen
Vielzahl von Synapsen mit einer Purkinje-Zelle ausbilden, sichtbar gemacht werden (Abb.18.18).
können sie .,ihre" Purkinje-Zcllen stark und gezielt erre- • Oie Sternzellen, so benannt aufgrtmd des sternförmigen
gen. Sie können motorische Abläufe zeitlich genau kop- Verzweigungsmusters ihres Dendritenbaums (Abb. 18. 19),
peln und motorische Lernvorgänge einleiten. erreichen mit ihrem Axon die Dendriten der Pmkinje-
Zcllen.
Ausgang Oie Purkinje-Zcllen sind schließlich die einzi-
gen Zellen, deren Axone die Kleinhirnrinde verlassen und Purkinje-Zeli-Schicht
die Kleinhirnkerne erreichen. Sie regulieren die Aktivität Purkinje- Zelten Als Purkinje-Zell-Schicht (Stratum pm-
der Kleinhirnkerne und damit den Informationsfluss aus kinjense) bezeichnet man die Zone, in der die Perikarya
dem Kleinhirn in die anderen Hirnregionen. der Pmkinje-Zellen liegen. Purkinje-Zellen sind mit 30 I-liD
Dtrrchrncsser die größten Zellen der Kleinhirnrinde
(Abb. 18.18, Abb. 18.20, Abb.l8.21). Sie enthalten viele
18.3 Zentrales Nervensystem 543

i------------.
: Stratum :
Abb. 18.17 Neurone und Faser- : moleculare :
'- ------ ----- -·
verknüpfungen in der Kleinhirnrinde
(Schema). Das Kleinhirn besteht aus Parallelfaser
einer relativ dünnen äußeren Rinde,
dem Marklager und den Kleinhirn-
kernen. Die Rinde besteht von außen
nach innen aus Molekular-, Purkinje-
Zell- und Körnerzellschicht Die Pur-
.---- -- -------,
kinje-Zelle ist die Hauptzelle der : Stratum :
Rinde, die durch erregende Fasern : pur1dnjense : Purl<inje-Zelle
(Kletter-, Parallelfasern) und hemmen- ·------------~
de Interneurane (Stern-, Korb-, Golgi- Golgi-Zelle Kömerzeile
Zellen) direkt oder indirekt beeinflusst j ·-----------,
' Stratum '
wird. Die Purkinje-Zelle selbst ent- :' granulosum :'
sendet ein hemmendes Axon zu den ·- -----------~
Kleinhirnkernen, die auch von erre-
genden Kollateralen der Moos- und
Kletterfasern erreicht werden. Wird
die Purkinje-Zelte aktiviert, sind die
Kleinhirnkerne gehemmt und der In-
forrnationsfluss aus dem Kleinhirn re-
~------.

: Mark :
·---- --4
@ ·I Kleinhlmkeme !-- @
duziert. Wird die Purkinje-Zelle
gehemmt, sind die Kleinhirnkerne
Nucleus Pons, Tectum
enthemmt ("Disin hibition") und der olivaris inferior Formatio reticularis
Informationsfluss aus dem Kleinhirn Nuclei vestibulares
gesteigert. + erregende Synapsen; Rückenmark
- hemmende Synapsen.

- . I
••

Abb. 18.18 Kleinhimrinde. Die Dendriten (-+) der Pur-


kinje-Zellen (1) liegen in der Molekularschicht Ihre distals-
-
ten Verzweigungen erreichen die Kleinhirnoberfläche. Das
am unteren Zellpol entspringende Axon zieht durch das Stra- Abb. 18.19 Sternzellen (-+) in der Molekularschicht
tum granulosum in das Kleinhirnmark und endet in einem Mensch; Silberimprägnation nach Golgi. Vergr. 250-fach.
der Kleinhirnkerne. Um die Perikarya der Purkinje-Zelten sind
schwarz gefärbte Axonverzweigungen der Korbzellen ange-
ordnet. 2 Golgi-Zelle; II> Körnerzellen. Pavian; Färbung:
Silberimprägnation nach Bodian; Vergr. 240-fach. (Aus [1)).
544 18 Nervensystem

Abb. 18.20 Klelnhlrnrtnde. Oie Silberimprägnation nach Abb. 18.21 Klelnhtrnrtnde. 1 Molekularschicht 2 Purkin-
Golgi stellt die Purkinje-Zellen mit ihrem großen Dendri ten- j e-Zelle; 3 Körnerzellschicht Beachte die kernfreien Areale
*
baum gut dar; -+ Perikarya der Purkinje-Zellen; Dendriten- *),
(Glomeruli cerebellares, die komplexen Synapsenregio-
baum in der Molekularschicht Hund; Vergr. 250-fach. nen zwischen Moosfasern und Dendriten der Körnerzellen
entsprechen. -+ Golgi-Zellen; 4 weiße Substanz. Oie mye-
tinisierten Nervenfasern (blau gefärbt) sind in der weißen
Mitochondrien, viel raues ER, Golgi-Felder und Lysoso- Substanz die domina nten Strukturen, treten aber auch in
men. Es sind also besonders stoffwechselaktive Zellen. Sie der Körnerschich t auf und bauen sogar einen relativ dichten
bilden als einzige Nervenzellen in der Kleinhirnrinde das Plexus in der Tiefe der Molekularschicht auf. Katze; Mark-
Calcium bindende Protein Calbindin und können darüber scheidenfiirbung mit luxol Fast Blue sowie modifizierte
nachgewiesen werden (Abb. 18.22, Abb. 18.23). Goldner-Färbung als Gegenfärbung. (Präparat Prof. Or. K.
Reischhauer, Bonn)
Dendritenbaum Besonderes morphologisches Charak-
teristikum der Purkinje-Zellen ist der Dendritenbaum. Er
beginnt mit einem zur Oberfläche des Kleinhirns gerich- kleinen Nervenzellen (Durchmesser der Perikarya 5-8 f.tm)
teten Hauptdendriten, der sich dann vielfach verzweigt (Abb.18.16, Abb. 18.21). Der Zellkern wird nur von einem
(Abb. 18.18, Abb. 18.20). Der Dcndritenbawn ist jedoch dünnen Saum aus Zytoplasma umgeben, weshalb die ge-
nicht in alle Richtungen des Raums verteilt, sondern steht farbten Zellkerne bei niedrigerVergrößerungwie eine An-
flach in einer Ebene quer zur Längsachse einer Kleinhirn- samml ung von Körnern wirken (Abb. 18.16). Das mensch-
windung (,.Spalierobstbaum"). Die Dendriten einer Pur- liche Kleinhirn soll ca. 5 x lO it Körnerzellen enthalten. Die
kinje-Zellebesitzen ca. 180000 - 200 000 Dornen, an denen Körnerzellen bilden nur 3- 5 kurze Dendriten aus, die in-
die Parallelfasern und Klctterfasern Synapsen bilden. Das nerhalb der Körnerzellschicht verbleiben. An diesen Dend-
Axon verlässt die Purkinje-Zellc auf der zur Körnerzell- riten enden die Moosfasern Ltnd die Axone der Golgi-Zellen
schicht liegenden Seite. Es durchdringt die Körnerzell- und bilden große, komplex gebaute Synapsen. Diese synap-
schicht und verläuft in der weißen Substanz zu den tiefen tischen Bereiche sind so ausgedehnt, dass zwischen den ein-
Kleinhirnkernen. zelnen Körnerzellen immer wieder körnerzellfreie Areale
entstehen, die bei höherer Vergrößerung auch lichtmikro-
Körnerzellschicht skopisch erkennbar sind. Diese Areale werden als Glome-
Körnerzellen Die unterste Rindenschicht, die Körnerzell- ruli cerebellares bezeichnet (Abb. 18.21). Die Axone der
schicht (Stratum granuloswn), besteht aus dicht gepackten, Körnerzellen steigen in die Molekularschicht auf und ver-

c a
Abb. 18.22 Kleinhirn- Abb. 18.23 Kleinhirn-
rinde, In-sltu-Hybrldl- rinde, Calblndln-Immun-
sterung (Purkinje-Zellen). färbung (Purklnje-Zellen).
18.3 Zentrales Nervensystem 545

laufen parallel zur Längsachse der Kleinhirnwindungen Weiße Substanz, Kleinhirnkerne


(Parallelfasern). Sie verlaufen somit senkrecht zu den quer-
Die weiße Substanz (Abb. 18.16, Abb. 18.25) besteht vor al-
gestellten Dendriten der Purkinje-Zellen, mit deren Domen
lem aus Axonen und Gliazellen. In der Tiefe des Marklagers
sie Synapsen bilden.
befinden sich die Kleinhirnkcrne. Ihre Neurone erhalten
Golgi-Zellen Vereinzelt finden sich zwischen den Kör- über Kollateralen der Moos- und Kletterfasern sensornoto-
rische Informationen, die aber nur weitergeleitet werden,
nerzellen auch größere Perikarya von Nervenzellen. Dies
sind die Somata der Golgi-Zellen (Abb. 18.16, Abb. 18.21, wenn die hemmenden Purkinje-Zellen selbst gehemmt wer-
s. a. Abb. 18.17 ), deren Dendriten bis in die Molekular- den. Erst durch diese Hemmung der Hemmung (Disinhibi-
tion) können Informationen das Kleinhirn verlassen (vgl.
schicht reichen. Sie werden dort von den Parallelfasern er-
regt. Die Axone der Golgi-Zellen beteiligen sich an den Abb. 18.17).
komplexen Synapsen der Glomeruli cerebellares. Sie kön-
nen den Moosfasereingang bei zu starker Erregung der Klinik Bei Schädigungen des Kleinhirns kommt es zur
Kömerzellen "abschalten". Störung der Motorik. Es werden 2 Symptomengruppen
unterschieden: Zwn einen gerät die Koordination in Unord-
Gliazellen der Kleinhirnrinde nung (Ataxie), zum anderen verringert sich der Muskelto-
In der Kleinhirnrinde findet man zusätzlich zu den fiir das nus (H}'POtonie). Typischerweise können Patienten mit
gesamte Gehirn typischen Glia1.el1en (Astroglia, Oligodend- Kleinhirnschädigungen die zeitlichen Abläufe und das Aus-
roglia, Mikroglia) auch eine besondere Form von Astro- mai! von Bewegungen nicht mehr einschätzen. Zielbewe-
zyten, die Bergmann-GliazeJlen. Ihre Perikarya liegen im gungen (z.B. beim Finger-Nase-Versuch) werden ungenau
Bereich der Purkinje-Zell-Schicht und ihre Fortsätze, die und Hü1ren über das Ziel hinaus. Durch Korrekturbewegtm-
Bergmann-Gliafasern, ziehen durch die Molekularschicht gen, die illrerseits wieder tmgcnau sind, entsteht das klini-
bis zur Oberfläche des Kleinhirns, wo sie die Gliagrenz- sche Bild des lntentionstremors.
membran bilden (Abb. 18.24). Seitlich geben sie lameUäre
Fortsätze ab, die alle synapsenfreien Regionen der Pur-
kinje-ZeUen bedecken. Sie enthalten eine hohe Dichte an
Endhirn
Glutamat-Transportern und können daher den erregenden Das Endhirn ist der größte Abschnitt des menschlichen Ge-
Neurotransmitter Glutamat nach seiner Freisetzung aus den hirns. Es ist an vielen sensorischen, motorischen tmd kogni-
Axonendigungen der Parallelfasern rasch aus dem Extra- tiven Funktionen des Gehirns beteiligt. Dtrrch die moderne
zellulärraum entfernen. Sie schützen so das Kleinhirn vor Bildgebung ("brain imaging") und durch neue elektrophy-
Übererregung, haben aber vermutlich noch weitere biologi- siologische Verfahren ("brain mapping") konnten in den
sche Funktionen. letzten Jahren immer genauere Kenntnisse über die fllnktio-

I

I
•/

Abb. 18.24 Bergmann-Gliazellen in der Molekularschicht. Abb. 18.25 Weiße Substanz des Kleinhirns. Die Mark-
Vom Perikaryon dieser Zellen ( *), das in Höhe der Purkinje- scheidenfärbung mit Luxol Fast Blue hebt das sich ver-
Zell·Perikarya liegt, zieht ein langer Fortsatz(~) mit seit- ästelnde Marklager des Kleinhirns (blau gefärbt, *) hervor.
lichen Lamellenbildungen zur Rindenoberfläche. Mensch; Mensch; Färbung: Luxol Fast Blue zusammen mit modifi-
Silberimprägnation nach Golgi. Vergr. 250-fach. zierter Goldner-Färbung. Vergr. 8-fach.
546 18 Nervensystem

nellen Spezialisierungen der menschlichen Endhirnrinde ge- was mit Variationen der isokortikalen Architektur einher-
wonnen und mit der Histologie verglichen werden. geht, d. h., die 6 Nervenzellschichten sind regional tmter-
schiedlich stark ausgeprägt und enthalten unterschiedlich
Untergliederung des Endhirns viele Nervenzellen. Diese Variationen im Bauplan des Iso-
kortex sind die Grundlage fttr die weitere Untergliederung
Ri nde und Mark Die graue Substanz des Endhirns findet des Neokortex in die Brodmann-Areale.
sich in der Nähe der Oberfläche und bildet eine Rinde (Cor-
tex cerebri). Die weiße Substanz liegt innen und bildet das Allokortex Die restliche Endhirnrinde besteht aus Arebi-
Mark. In der Tiefe des Marks findet man Ansammlungen kortex oder Paläokortex. Hier findet man variable Zell-
grauer Substanz (Kerngebiete). verteilungen, die ein- oder mehrschichtig sein können. Die
allokortikalen Regionen müssen individuell betrachtet wer-
Neo-, Archi-, Paläokortex Aufgrund der Entwicklungs- den, da die strukturellen Unterschiede zwischen ilmen zu
geschichte des Gehirns teilt man die Endhirnrinde in neue groß sind, ttrn allgemeine Regeln aufzustellen. Eine wich-
Rinde (Neokortex, z. B. parietaler Kortex), alte Rinde tige allokortikale Region des ZNS ist der Hippocampus.
(Archikortex, z. B. Hippocampus) tmd sehr alte Rinde (Pa-
läokortex, z. B. olfaktorischer Kortex) ein. Die Rinde des Merke Endhirnrinde
Neokortex ist relativ einheitlich aufgebaut und besteht aus D ie Endhirnrinde wird in Isokortex und Allokortex tm-
6 horizontalen, d. h. parallel zur Oberfläche gelegenen, Ner- terteilt. Der Isokortex ist in 6 aufei nanderfolgende Zell-
venzellschichten (laminäre Gliederung der Endhirnrinde). schichten (Laminae) gegliedert. Der Allokortex ist ein
Die Rindenbereiche des Archi- und Paläokortcx sind dage- Kortex, der von diesem Auibau,.versch iedcn" ist.
gen variabel aufgebaut.
Isokortex
I so-, Allokortex Man hat die Endhirnrinde in 2 große
Kategorien eingeteilt: Laminae Die scchsschichtige horizontale Gliederung des
• Isokortex: Kortex mit sechsschichtigem Bau (Neokortex; Isokortex lässt sich dttrch verschiedene Färbungen sichtbar
Abb. 18.26, Abb. 18.27, Abb. 18.28, Abb. 18.29, Abb. 18.30) machen (Abb. 18.26). Niss!- tmd Pigmentfarbung farbcn
• Allokortex: anders gebauter Kortex (Archi- tmd Paläo- die Perikarya und lassen die Zytoarchitcktur einer Region
kortex; Abb. 18.1; Abb. 18.37; Abb. 18.38). erkennen, die Markschcidcnfarbung stellt die Paserarchi-
tcktur tmd die Golgi-T cchnik die Morphologie der Einzel-
Als Mesokortex werden Obergangsbereiche der Rinde be- zellen dar. Am besten erkennt man die horizontale Schich-
zeichnet, in denen der sechsschichtige Isokortex auf den tung des Isokortex auf Präparaten, in denen nttr die
zumeist einfacher gebauten Allokortex übergeht. Perikarya gefacht sind und die bei mittlerer V crgrößcrung
betrachtet werden (Abb. 18.27, Abb. 18.28, Abb. 18.29, Abb.
Brodmann-Areale, Kolumnen Bei genauerer Betrach- 18.30). Unter diesen Bedingungen entsteht der optische
tung lassen sich histologische Unterregionen des Endhirns Eindruck von Schichten für den Betrachter dttrch die An-
unterscheiden (52 Brodmann-Areale). Außerdem ist der sammltmg von tmterschicdlich großen und unterschied-
sechsschichtige Isokortex nicht nur horizontal, sondern lich dicht gepackten Nervenzeli-Perikarya, die in einem
auch vertikal strukturiert. Die Nervenzellschichten sind bestimmten Abstand von der Rindenoberfläche liegen. Be-
vertikal eng miteinander verbunden und bilden größere ginnend an der Oberfläche des Endhirns, nummeriert man
Funktionseinheiten (kortikale Kolumnen ). Eine Kolumne die Schichten (Laminae) des Endhirns mit römischen Zif-
ist circa 200 -300 J..lm groß u.nd umfasst alle in diesem fern von I- VI (Tab. I8.3).
Raun1 liegenden Nervenzellen, d. h. alle Nervenzellen aller
6 Schichten. Die Grenzen zwischen den Kolw1men lassen Radiäre Streifung Außer der augcnfalligen Schichtung
sich mit den üblichen histologischen Methoden nicht er- der Perikarya in horizontale Laminae existiert im Isokor-
kennen und können im Rah men von Lernvo rgängen ver- tex eine Gliederung in vertikale Zcllsäulcn, die attf senk-
ändert werden (neuronale Plastizität). recht zur Oberfläche angeschnittenen Präparaten (Abb.
18.27) auch gut zu erkennen ist. Die Zellsäulen sind ca.
Merke Die Einteiltmg in kortikale Kolunmen ist eine 300-500 ~Lm dick und crstrecken sich von der Basis der
funktionelle Charakterisierung, Brodmann-Areale wer- Rinde bis zu ihrer Oberfläche. Der Eindruck vertikaler Zell-
den dagegen histologisch charakterisiert: Die 52 Brod- säulen entsteht dttrch radiär verlaufende Axone (,,radiäre
mann-Areale enthalten jeweils sehr viele und insgesamt Strciftmg"). Diese strukturelle vertikale Glicdcnmg stimmt
vermutlich mehrere Millionen kortikale Kolunmen. mit der funktionellen vertikalen Gliederung (kortikale
Kolumnen) nicht übcrcin.

Endhirnrinde Merke Der Eindruck der Schichtung ist von der Färbtmg
Die Endhirnrinde des Menschen ist meist 3-4 mrn dick. Sie der Perikarya und der gewählten Vergrößcnmg abhängig.
enthält ca. 12-15 Milliarden Neurone und dazu noch eine
10-mal größere Zahl an Gliazellen. Die meisten der Glia- Typen der Nervenzellen Um die ein1..clnen Nervenzellen
zellen sind Astrozyten. der Endhirnrinde morphologisch charakterisieren zu kön-
nen, müssen die Portsätze der Neurone dargestellt werden
Isokortex Ungefähr 95% der Endhirnrinde des Men- (z.B. mithilfe von Versilberungstechniken; Abb. l8.32). Die
schen sind Neokortex und aus 6 Zellschichten aufgebaut Neurone des Isokortex sind zu ca. 85% Pyramidenzellen
(lsokortex). Der Neokortex ist regional unterschiedlich tmd modifizierte Pyranlidenzcllen, zu 15% Nicht-Pyrami-
spezialisiert (sensorische, motorische, kognitive Regionen), denzellen:
18.3 Zentrales Nervensystem 54 7

Lamina Nissi-Färbung Golgi- Markscheiden-


lmprägnation färbung Pigmentfärung

II
~••tt••······ "' ~}. XA
··· *J
... .. •.............. ',

·!~:-.··~· ····· J.
~
l\:4 -
11

.. ...: . .·:....
.. ..
...""' ..............
-·. . ··. ·': ..
'

... :..I·:·. "~ =~........'-:!== I j I J 4


.. . ~,

Il
'
''
.. '.l
I
I
,,
I
• • •

III '• 1 t I I I .,
I
I

J' I~ •
• •
' .1'

........
. ... "'..
- ..
~
IV .t 4 1 a ~0 o• I

• • I I .a
aal"'l~• • ' ' I

"'
""'lt l ~~ I I
~··I alf

VI

l • • •
Abb. 18.26 Isokortex. Schema l ' I 1
des Rindenaufbaus bei Anwendung •
verschiedener Techniken.
(Verändert nach [4))
' 3 J ' '

Abb. 18.27 Isokortex in unterschiedlicher Ausprägung Abb. 18.28 Isokortex im motorischen Kortex des Gyrus
im Gyrus pre- (1) und postcentraUs (2) im Endhirn. Die precentralis (Area 4 nach Brodmann). Bei mittlerer Vergröße-
beiden Gyri sind durch den Sulcus centralis (3) getrennt. rung kann man eine Schichtung erkennen. Von außen nach
~ große Pyramidenzellen. Mensch; Färbung nach Nissl; innen: I Molekularschicht II äußere Körnerzellschicht III
Vergr. 10-fach. äußere Pyramidenzellschicht; V innere Pyramidenzellschicht
(mit einigen auffallend großen pyramidenförmigen Perikarya,
den Betz-RiesenpyramidenzeUen); VI multiforme Schicht.
Die Schicht IV (innere Körnerzellschicht) ist in dieser Region
reduziert und nur schwer abgrenzbar (agranulärer Kortex).
*
Sulcus centralis. Mensch; Färbung: modifiziert nach Golgi;
Vergr. 20-fach.
548 18 Nervensystem

t...amila
mo/ectiarts
LBmha
grr;ntiarls ext

l.Bmha
pyrcm.tdaßs ext

Lamina
Abb. 18.29 Isokortex im somatasensorischen Kortex des pyramlcla.t/s lnt.
Gyrus postcentralis, höhere Vergrößerung. Im somatosenso-
rischen Kortex überwiegen die Körnerzellschichten (granu-
lärer l<ortex). Dennoch liegt ein sechsschichtiger Kortex vor
(I-VI). Das Erkennen aller Schichten ist aber - wie auch im
motorischen Kortex - oft schwerer als in anderen Endhirn-
regionen. Die Grenze zur weißen Substanz ist relativ scharf. Lamina
* Sulcus centralis. Mensch; Färbung: modifiziert nach Golgi; multlfotm/s
Vergr. 20-fach.

• Pyramidenzellen: Ihr Zellleib hat annähernd die Gestalt


einer schmalen Pyramide. Von der Spitze entspringt ein
kräftiger Dendrit (Apikaldendrit), der zur Hirnoberfläche
gerichtet ist. Basal gehen die mehr horizontal verlaufen-
den Basaldendriten ab. Die Dendriten verzweigen sich in Abb. 18.30 Zellschichten der motori.s chen Ri nde,
unterschiedlichem Ausmaß und tragen viele kleine Dom- Zeichnung. In der motorischen Rinde der Präzentralregion ist
fortsätze, an denen Axone anderer Neurene Synapsen die innere Körnerschicht (Schicht IV) reduziert, sodass die
ausbilden. Die terminalen Verzweigungen der Dendriten beiden Pyramidenschichten das Bild beherrschen (agranu-
können bis in die äußerste Rindenschicht reichen und lärer Rindentyp). Mensch; Färbung: Karmin; Vergr. 50-fach.
sich dort noch einmal reich verzweigen (apikales Dendri- (Aus [1))
tenbüschel). Die Größe der Pyramidenzellen ist sehr vari-
abel. Ein Beispiel flir sehr groBe Pyramidenzellen sind die
Betz-Riesenpyramidenzellen im primären motorischen
Kortex (Abb. 18.28, Abb. 18.31), deren Perikarya bis zu
100 J.Un groß werden können. Sie gehören zu den größten
Nervenzellen des Nervensystems. Pyramidenzellen haben
einen großen, runden Kern mit deutlichem Nukleolus
und ein Zytoplasma, das insbesondere reich an Mito-
chondrien, rauem ER und dunklen Pigmentgranula ist
(Abb. 18.33). Auch lassen sich i. d. R. mehrere Lysosomen
und Golgi-Apparate nachweisen. Die Zahl der Pigment- ..... •~·
, , . •
granula (Lipofuszinpigment) nimmt mit dem Alter zu.
Die Axone der Pyramidenzellen verlassen das Perlkaryen
• ~
- ..•

zumeist an der Pyramidenbasis oder von einem der


Stammdendriten. Sie verlaufen in die weiße Substanz '\, 'I
hinein und :ziehen zu anderen Rindenregionen (Asso:z.ia-
tionsneurone) oder zu subkortikalen Kerngebieten (Pro- ~
' • ·., ;,• ~
_,

jektionsneur one). Sie geben häufig Kollateralen an benach-


Abb. 18.31 Betz· Riesenpyramidenzellen {?} in der
barte Nervenzellen ab. Pyrarnidenzellen sind erregende
Lamina V der motorischen Rinde. Mensch; Färbung: Nissl;
Nervenzellen und verwenden Glutamat als Neurotrans-
Vergr. 240-fach.
mitter.
• Nicht-Pyramidenzellen: Sie sind in Perm und Gri ße va-
riabel. Zu ihnen gehi ren insbese ndere die Interneurene
der Rinde. Ihre Dendriten sind häutig kürzer als die der in alle Richtungen verlassen und daher wie Sterne ausse-
Pyramidenzellen und nicht p elar ausgerichtet. Einige hen. Diese Nervenzellen bezeichnet man auch als Stern-
dieser Nervenzellen haben Dendriten, die das Perikarye n zellen. Die Axe ne der Nicht-Pyram.idenzellen verlassen
18.3 Zentrales Nervensystem 549

c
Abb. 18.33 Zwei Pyra-
midenzellen.

Brodrnann-Areale Die unterschiedlichen Regionen des


Endhirns (Brodmann-Arcale) lassen sich anband der
Schichtendicke, der Nervenzelldichte und der lokal vorhan-
denen Nervenzelltypen unterscheiden. Die Schichten kön -
nen in ihrer Ausprägung varüeren: Im agranulären Kortex
(motorischer Kortex des Gyrus precentralis) sind die
Körnerzellschichten stark redu1..iert (Abb. 18.30), in ande-
ren Regionen können sie dominieren (granulärer Kortex).
In der Sehrinde (Area striata, Abb. 18.34, Abb. 18.35) wird
die Schicht N in die Schichten IVa, IVb und IVc tmterteilt.
Die Schicht IVb enthält viele markhaltige Nervenfasern,
weshalb sie bereits makroskopisch als weißer Längsstreifen
in der grauen Substanz erkennbar ist (Gennari-Streifen
oder auch Vicq-d'Azyr-Streifen). Daher kommt auch der
Name dieses Areals: Area striata (Strcifcnfcld).

Neuronale Verbindungen des Isokortex Die Verbin-


dungen der isokortikalen Nervenzellen sind komplex tmd
zeigen ebenfalls regionale Unterschiede. Sehr vereinfacht
lassen sich jedoch einige "Verbindtmgsregeln" benennen
(Abb. 18.36, Tab. 18.3). Dabei erhält eine vertikale Funkti-
onseinheit der Endhirnrinde, eine kortikale Kolumne, zu-
nächst Informationen aus anderen Hirnregionen (Assozia-
tionsfasern) und sensorische Informationen aus dem
Abb. 18.32 Pyramiden- (~) und Kömerzellen (~) in Thalamus (Thalamusfasern):
den tiefen Rindenschichten (V, IV und III) des Isokortex • Die Thalamusafferenzen enden überwiegend an Nicht-
(Gyrus parahippocampalis). Die Apikaldendriten Laufen Pyramidenzellen in der Schicht N (rechte Seite von
gebündelt zu den oberen Laminae (z. B. am Linken Bildrand). Abb. 18.36). Die Axone dieser Zellen steigen in die ober-
Mensch; Versilberungstechnik nach Romeis (Schwarzfärbung). flächlichen Schichten auf und erreichen die apikalen Den-
Vergr. 250-fach. driten der Pyramidenzellen aller Schichten. Die Pyrami-
denzellen bilden den efferenten Schenkel des Systems und
projizieren aus der Kolwnne heraus in weiter entfernt ge-
legene Regionen der Rinde (besonders Schicht-III-Pyra-
i. d. R. die lekalen Rindenbereiche nicht und erreichen midenzellen) oder in subkortikale Regionen (besonders
nur benachbarte Nervenzellen. Die Nicht-Pyramiden- Schicht-V-Pyramidenzellen).
zellen ki nnen auf die Punktien der Pyramidenzellen • Die Assoziationsfasern erreichen alle Schichten der Ko-
me dulierend einwirken. ltunne tmd steigen bis in die Molekularschicht auf (linke
Seite von Abb. 18.36). Sie enden überwiegend direkt an
Pyramiden- und Nicht· Pyramidenzellen sind unterschied- Pyramidenzcllen, die wiedenm1 aus der Kolumne her-
lieh im Isokortex verteilt (Tab. 18.3). ausprojizieren.

Gliazellen Neben den Nervenzellen liegen in der End- Fi.ir beide Systeme gilt, dass die Aktivität der Pyramidenzel-
hirnrinde und im Endhirnmark eine große Zahl an Gliazel- len dttrch zahlreiche Nicht-Pyramidenzcllen (überwiegend
len. Die Astrozyten grenzen die Rinde gegenüber der Ober- hemmende Interneurone) beeinUusst und moduliert wer-
fläche (Membrana limitans gliae superficialis) tmd den den kann. Diese Interneurone erhalten Kollateralen der
Gefäßen (Membrana limitans gliae vascularis) ab. Darüber Afferenzen, Eflcrenzcn ttnd sogar Afferenzen von anderen
hinaus sind sie ftir die Ernährung der Nervenzellen, ihre Internettronen.
synaptische Punktion und auch fiir Aspekte der synapti- Aus Abbildung 18.36 wird deutlich, dass der Begriff der
schen Plastizität (Lernen von Nervenzellen) wichtig. Die Schichtengliederung der Endhirnrinde in Bezug auf die Ver-
Oligodendrogliazellen umhüllen die Axone der kortikalen schaltung der Nervenzellen irrefUhrend ist. Zwar liegen die
Neurone und sind von entscheidender Bedeutung ftir die Perikarya der Nervenzellen in Schichten, ihre Fortsätze
schnelle Weiterleitung vo n Erregungen. Die Mikrogliazel- halten sich aber keinesfalls an diese Grenzen. So steigen
len schützen das Endhirn vor Krankheitserregern (Abwehr- die Dendriten der Pyramidenzellen in Schicht V durch die
funktion). In Nissl-gefarbten Präparaten lassen sich nur die Schichten N-I auf und verzweigen sich besonders stark
Kerne der Gliazellen nachweisen (s. a. Kap. 18.3.1). nahe der Oberfläche. Somit bilden diese Zellen, wenngleich
550 18 Nervensystem

Abb. 18.34 Primäre


Sehrinde (Area striata) aus
dem Bereich des Sulcus calca-
rinus. Direkt an die weiße
Substanz (?) grenzt die La-
mina VI, die durch ihren Zell-
reichtum hervortritt. Es folgt
nach außen die zellärmere,
daher hellere Lamina V. Daran
schließt sich wiederum die
zellreichere Lamina IVc an,
dann die breite Lamina IVb
(= Gennari-Streifen) und die
schmale, dunklere (zellreiche-
re) Lamina IVa. Die Laminae
III und II nehmen den Raum
zwischen der Lamina IVa und
der äußersten, fast ungefärb-
ten Lamina I ein, sind aber
kaum gegeneinander abzu-
*
grenzen. Vene in der Pia
mater des Sulcus calcarinus.
Mensch; Färbung: nach Nissl;
Vergr. 16-fach. (Aus (1))

II

111

IV

VI

E E

Abb. 18.35 Primäre Sehrinde (Area striata) bei stärkerer Abb. 18.36 Isokortikale Verschaltungen (Schema) mit
Vergrößerung und anderer Färbung. Die zellärmere Schicht V Betonung der funktionellen vertikalen Gliederung. Die dar-
und die charakteristische faserreiche Schicht IVb sind gut gestellten Komponenten entsprechen etwa einer Kolumne.
erkennbar. Die Schicht IVb enthält markhaltige Nervenfasern A =extrinsische Afferenzen, BP =bipolare Zelle,
und ist oft mit bloßem Auge erkennbar (Gennari-Streifen). OB = Doppelbusch zelte, E= Efferenzen, GK = große Korb-
Mensch; Färbung: modifiziert nach Golgi; Vergr. 40-fach. zelle, K= Kandelaberzelle, KK = kleine Korbzelle, P = Pyra-
(Aus (1)) midenzelle, NP = Nicht-Pyramidenzelle. (Aus [4))
18.3 Zentrales Nervensystem 551

Tab. 18.3 Schichten des lsokortex.

Schicht Histologie Zelltypen Afferenzen Efferenzen


I. Molekularschicht wenige Zellen, Axone, vereinzelt NPZ AF, Lamina IV
(Lamina molecularis) apikale Dendriten, Glia
II. Äußere Körnerzellschicht dicht gepackte kleine kleine PZ, NPZ AF, Lamina IV
(Lamina granularis extema) Perikarya
III. Äußere Pyramidenzell- locker gepackte mittel- mittelgroße PZ, NPZ AF, Lamina IV Projektion zu anderen
schicht (Lamina pyramidalis große Perikarya Rindenregionen
extema)
IV. Innere Körnerzellschicht dicht gepackte kleine kleine oder modifi- AF, Thalamus projiziert zu Schicht
(Lamina granularis intema) Perikarya zierte PZ, NPZ I-III
V. Innere Pyramidenzell- locker gepackte, Riesen-PZ, mittel- AF Projektionen zu sub-
schicht (Lamina pyramidalis sehr große Perikarya große PZ, NPZ kortikalen Regionen
interna) (z. B. Rückenmark)
VI. Multiforme Schicht locker gepackte, variabel geformte, AF Thalamus
(Lamina multiformis) mittelgroße Perikarya modifizierte PZ, NPZ (reziproke Verbindung)
NPZ = Nicht-Pyramidenzellen; PZ ~ Pyramidenzellen; AF = Assoziationsfasern

ihr Perikaryon in Schicht V liegt, die übelWiegende Zahl an wurden. Attf diesen Schnitten (Abb. 18.37) ist der Hippo-
Synapsen in anderen Schichten aus. Dies zeigt, dass die campus eine eingerollte, S-förmige Windung, die sich in
histologische Einteilung der Endhirnregionen nur ein erster 2 große Abschnitte untergliedern lässt, den Gyrus dentatus
Schritt ztun Funktionsverständnis ist. (im Querschnitt auch Fascia dentata genannt) und das Am-
monshorn (Cornu arnrnonis). Seide Subregionen des Hippo-
Merke Isokorte:.\: camptts sind dreischichtig. Sie bestehen aus einer mittleren
Der Isokortex wird anhand der Schichtung der Nerven- Schicht mit zahlreichen Perikarya, die von 2 Schichten mit
zcllperikarya, wie siez. B. in Nissl-gefcirbten Präparaten zu wenigen Perikarya wngebcn ist:
sehen ist, horizontal untergliedert. Er ist aber aufgrund • Zellreiche Schicht: Der Gyrus dentatus ist in Nissl-Fcir-
der Verschaltung der Neurone auch vertikal gegliedert. btmgen aufgrund seiner kompakten Körnerzellschicht,
Dadurch entstehen die eigentlichen Funktionseinheiten des Streittun granulare, gut zu erkennen (Abb. 18.37;
des Kortex, die vertikalen Kolumnen. Abb. 18.38). Im Cornu ammonis findet sich eine Pyrami-
denzellschicht (Stratum pyrmidale), die anband der An-
Allokortex - Hfppocampus ordmmg, Morphologie und Verschalt:ung der Pyramiden-
Die allokortikalen Regionen des Endhirns sind sehr variabel zellen in 4 Subsektoren tmterteilt wird (CA1-CA4, Abb.
aufgebaut. Ein typisches Beispiel für eine allokortikale End- 18.37, Tab. 18.4).
hirnregion ist der Hippocampus, der den grögten Teil des • Zellarme Schichten: Die oberhalb der zellreichen Schicht
Archikortcx bildet (Archikortcx ist nicht identisch mit Allo- gelegene zellarme Schicht wird Molekularschicht ge-
kortcx!). Der Hippocampus spielt eine wichtige Rolle in der nannt, die andere zellarme Schicht polymorphe Schicht.
klinischen Medizin und der experimentellen Hirnforschtmg. Beide Schichten enthalten afferente und efl"erente Axone.
Die Terminologie zum Hippocampus ist nicht einheitlich. Die Molekularschicht wird z. T. in Unterschichten geglie-
Im Folgenden werden darunter die Subregionen Gyrus dert (Tab. 18.4).
dentatus, Ammonshorn (Cornu ammonis) tmd Subicuhun
verstanden. Die Bezeichnung "Hippocampusformation" Dieser Gnmdbauplan des Hippocampus findet sich in seiner
schließt zusätzlich zwn Hippocampus noch die angren- gesamten Längsausdehmmg. Die S-Form der zellreichen
zende Rindenregion des entorhinalen Kortex ein. Schichten kann allerdings in Abhängigkeit von der Schnitt-
höhe varüeren.
Gliederung Der Hippocampus findet sich beidseits im
Gehirn. Er liegt im medialen Temporallappen und wird zu Zelltypen Die Nervenzellen des Hippocampus können in
großen Teilen vom Gyrus parahippocampalis bedeckt. In 2 große Gruppen tmtergliedert werden: Prin.zipalzellen tmd
seiner Längsausdehnung hat er beim Menschen eine bogen- Nicht-Prinzipalzellen (Interneurone):
förmig (oder: bananenförmig) ausgezogene Struktur, die • PrinzipalzeLlen sind die glutamatergen Körnerzellen des
vom Balken bis zur Spitze des Seitenventrikels reicht. An Gyrus dentatus und die glutamatergen Pyramidenzellen
seinem temporalen Ende ist er deutlich dicker als an seinem des Cornu arnmonis. Diese Zellen bilden eine neuronale
rostralen Ende. Verschaltungskette (s. u.). Die Kö m erzellen des Gyrus
Die Subregionen und Schichten des Hippocampus las- dentatus sind kleine Neurone (ca. J 0 ~m), deren Perika-
sen sich am besten aufSchnitten erkennen, die am tempora- rya dicht gedrängt im Stratwu granulare liegen (Abb. 18.1;
len Pol senkrecht zur Längsachse des Hippocampus gelegt Abb. 18.38). Sie sind hochgrc1dig polar gebaut: Ihre Dend-
552 18 Nervensystem

Tab. 18.4 Regionen und Schichten des Hippocampus.

Subregion Molekularschicht Zellreiche Schicht Polymorphe


Schicht
Gyrus dentatus • Stratum moleculare Stratum granulare (Körnerzellschicht) Hilum
(äußerer Bereich)
• Stratum moleculare
(innerer Bereich)
Cornu ammonis • Stratum lacunosum-moleculare Stratum pyramidale (Pyramidenzellschicht) Stratum oriens
(CA3) • Stratum radiatum
• Stratum lucidum
Cornu ammonis • Stratum lacunosum-moleculare Stratum pyramidale (beim Menschen untergliedert Stratum oriens
(CA1) • Stratum radiatum in: Stratum profundum, Stratum superficiale)
Subleuturn • Stratum moleculare Stratum pyramidale (zweischichtig) Stratum oriens

Abb. 18.37 Allokortex (Hippocampusfor-


mation). Oie Perikarya der Hippecampusfor-
mation sind S-fönnig angeordnet. Der Gyrus
dentatus (1) sitzt dabei dem Cornu ammonis
(2) wie eine Kappe auf. Das Cornu ammonis
• wird in mehrere Subregionen untergliedert:

·* CA3
Oie Region CA4 liegt innerhalb des Bereichs,
der von den Körnerzellen des Gyrus dentatus
~A4) umschlossen wird. Oie Region CA3 ist durch
2 eine sehr kompakte zellreiche Pyramidenzell-

·-
s schicht charakterisiert. Die Region CA1 bildet
den größten Teil des Hippecampus und be-
CA1 ,y steht aus einer breiter werdenden, teilweise
bilaminären Pyramidenzellschicht Das Subl-
euturn (S) schließt sich an die Region CA1 an.
* Plexus choroideus. Mensch; Färbung:
nach Nissl; Vergr. 6-fach. (Aus [1))

Abb. 18.38 Allokortex (Gyrus dentatus


und Teile des Cornu ammonis). Der drei-
so schichtige Bau des Hippecampus ist gut er-
sp kennbar. Der Gyrus dentatus (1) besteht aus

.. .:.· sln
srad
einer oberflächlichen Molekularschicht (Stra-
tum moleculare, smol), einer Schicht mit den
Körnerzellperikarya (Stratum granulare, sg)
sla-mol und einer darunter gelegenen dünnen poly-
morphen Schicht (nicht eingezeichnet). Die
CA4· Pyramidenzellen des Cornu ammonis (2)
füllen einen Großteil des Raums zwischen
• den Körnerzellen aus. Daran schließt sich das
smol kompakte Band der CA3-Pyramidenzellen an.
Oberhalb der Pyramidenzellen des Stratum
pyramidale ( sp) liegt die Molekularschicht,
•• die in Stratum lucidum (slu), Stratum radia-
tum (srad) und Stratum lacunosum-mole-
' culare (sla-mol) untergliedert wird. Unter-
halb der Pyramidenzellen befindet sich die
polymorphe Schicht, die hier Stratum oriens
(so) genannt wird. * Plexus choroideus.
Mensch; Vergr. 20-fach. (Aus [1))
18.3 Zentrales Nervensystem 553

ritcn liegen überwiegend im Stratum moleculare (wo sie das Hilum und in die Sektoren CJ\4 und CA3 hinein
von aftcrenten Axonen aus dem entorhinalen Kortex (Abb. 18.1). Die Pyramidenzellen des Cornu ammonis
erreicht werden), ihre Axone, die Moosfasern, ziehen in sind etwas größere Zellen mit typischer Pyramidenform
(s.a. Abb. 3.4.2; Abb. 18.39) . Ihre apikalen Dendriten rei-
chen in die Subschichten der Molekularschicht (Tab. 18.4)
hinein, während ihre basalen Dendriten im Stratum ori-
ens zu finden sind. Die Pyramidenzellen des Cornu
ammonis projizieren zu anderen Nervenzellen innerhalb
der Hippocampusformation (intrinsische Verbindungen),
aber auch zu Zielen in anderen Hirnregionen (Efferen-
zen).
• Nicht-Prinzipalzellen (Intcrneurone) sind hemmende
(GABAerge) Neuronc. Sie becintlussen und steuern die
Aktivität der erregenden Prinzipalzellen, zeigen vielfaltige
Formen und finden sich in allen Schichten. Etwa 10~ der
Neurone des Hippocampus sind hemmende (GABAerge)
Interneurone. Die Interneurane enden nicht nur an den
Prinzipalzellen des Hippocampus, sondern auch an ande-
ren Interneuronen.

Im Gyrus dentatus findet auch im erwachsenen Gehirn noch


eine Neubildung von Körnerzellen (Neurogenese) statt
(Kap. 3.4). Die jungen Körnerzellen finden sich in dem Ab-
schnitt der Körnerzcllschicht, die dem Hilum zugewandt ist.
Sie differenzieren sich im Gyrus dcntatus, d. h., sie bilden
apikale Dendriten aus, wachsen mit ihren Axonen bis in den
Sektor CA3 und erhalten Anschluss an das neuronale Netz-
werk des Hippocarnpus.

Neuronale Verbindungen Die Verbindungen des Hippo-


campus lassen sich in Atferenzen, Etferen.zen und intrinsi-
sche Verbindungen unterteilen:
• Afferenzen: Seine erregenden Hauptatferenzen erhält der
Hippocampus aus dem entorhinalen Kortex. Dieses Rin-
dengebiet sammelt vielfaltige Informationen aus dem
Neokortex und aus sensorischen Assoziationsarealen (In-
Abb. 18.39 Allokortex (Cornu ammonis). Mensch; formationen aus den Sinnesorganen) und überführt diese
Versilberungstechnik nach Romeis (Schwarzfärbung) zur zum Gyrus dentatus und Ammonshorn (Tractus perfo-
Darstellung der Pyramidenzellen. Vergr. 250-fach. rans, Abb. 18.40).

Abb. 18.40 Verbindungen der Hippo-


campusformation. Hauptverbindungswege Fimloria 1\lvO<IS
zwischen verschiedenen Abschnitten der I ScHAFFER
/ Kollate•alen
Hippocampusformation: Die Axone von Neu-
ronen im entorhinalen Kortex (MEC/LEC ~ Tractus
medialer/lateraler entorhinaler Kortex) zie- ,.etfe~s
hen als Tractus perforans überwiegend zu ....
den Körnerzellen des Gyrus dentatus (GD). Stratum
raoliatum
Oie Axone der Körnerzellen (Moosfasern)
enden an Pyramidenzellen der CA3-Region Strata
lacun.sum
(CA = Cornu ammonis). Diese ziehen mit et mele-
ihren Axonen (Schaffer-Kollateralen) zu den culare

Pyramidenzellen der CA1-Region. Die Pyra-


midenzellen dieser Region projizieren zum
Subiculum (Sub) und die Subiculumneurone
PAC
erreichen mit ihren Axonen wieder die
entorhinale Rinde. PSub • Presubiculum, TEC
PRC = perirhinaler Kortex, SR - Sulcus
rhinalis, TEC = transentorhinaler Kortex.
\ SA
554 18 Nervensystem

• Intrinsische Verschaltungen: Die Hauptzellen der Hip-


Merke Hippocampus
pocampusformation bilden eine neuronale Verschaltunos-
o
Die Hippecampusrinde ist dreischichtig. Sie ist "anders"
kette (Abb. 18.40) senkrecht zur Längsachse des Hippo-
campus (Querlamelle des Hippocampus, Abb. 18.40). Die aufgebaut als der sechsschichtige Isokortex und wird da-
her zum Allokortc.x gezählt Der Hippecampus wird in
Neuronenkette beginnt mit den Kömerzellen des Gyrus
dentatus, die mit ihren Axonen, den Moosfasern, zu den Gyrus dentatus, Cornu ammonis und Subictilum unter-
gliedert. Die Nervenzellen dieser Regionen sind in einer
CA3-Pyramidenzcllcn projizieren. Die Axone der CA3-
~ette ~teinander verschaltet. Der Hippecampus spielt
Pyramidenzcllcn ziehen wiederum als Schaffer-Kollatera-
l~n zu den PyramidenzcDen der CAI-Region. Diese proji-
cmc wtchtigc Rolle fiir das explizite Gedächtnis sowie fiir
vegetative und endokrine Punktionen.
Zieren schließlich über das Subiculum zurück in die
cntorhinale Rinde.
• Efferenzen: Ober die Axone der Pyramidenzellen des
Comu ammonis und des Subiculums erreichen die Infor- Klinik Schädigungen des Endhirns
mationen ihre Zielstrukturen (z. B. Thalamus, Hypothala- Beim Morbus Alzheimer gehen Hirnzellen langsam zu-
mus, Kerne des limbisehen Systems). grunde. Ober Jahre hinweg sammeln sich krankhafte Pre-
tcine in den Nervenzellen, clie schlicHlieh den Zellted nach
Afferenzen aus anderen Regionen (z. B. Scptumkerne, Hirn- sich ziehen. Dabei sind überwiegend Nervenzellen der
stanunkerne, limbisehe Kerne) können diesen Hauptfluss Endhirnrinde und bese nders der Hippocampusfe rmatien
der Informationsprozessierung stark modulieren. betre ffen, was dazu fiihrt, dass die Gedächtnisfunktien der
~etreffenen Patienten erheblich gestört ist. Ristelegisch

Funktionelle Bedeutung Die Hippecampusformation ist findet man cxtrazelhiläre Pre teinablagcnmgen (Amyleid-
ein zentraler Bestandtell des limbisehen Systems. Sie ist eng Plaques) und intrazelluläre Pre teinaggregate aus hyper-
mit dem Hypothalamus und dem Mandelkern (Corpus phesphoryliertem Tau-Pre tein ("Neurofibrillen-Verände-
amygdaloideum) verbunden und spielt eine wichtige Rolle rungen"). Von besonderer Bedeutung für die Entstehung
bei der Steuerung vegetativer und endokriner Funktionen. des Morbus Alzheimer wird eine Störung der Prozessie-
Sie ist darüber hinaus entscheidend für das dauerhafte Er- rung des Amyle idve rläufcrpre teins (,.amyloid precllfser
lernen von Pakten und Ereignissen (explizites Gedächtnis). pre tein"; APP) angesehen.
Eine besondere Rolle wird dem Hippecampus auch bei der
Bildung von räumlichen Gedächtnisinhalten (Ortsgcdächt- ~ 18 Lernhinweise zu KapitellS
nis) zugeschrieben.
KAPITEL

Differenzialdiagnose
histologischer Präparate
T. Deller

19.1 Untersuchungsablauf. . . . . . . . . . . . . . . . 555 19.2 Diagnosestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556

Das Erkennen von Org-c~nen und Strukturen in histologi- • Wie ist das Präparat o rientiert? Wo ist "oben" und "un-
schen Präparaten ist eine der zentralen Fertigkeiten, die Stu- ten"?
<lierende im Rahmen des Kurses der Zytologie, Histologie • Welche Färbung wurde verwendet (H. E., Azan, Spezial-
und mikroskopischen Anato mie erwerben sollen. H ierzu Hirbtmg)?
muss man ein Lichtmikroskop bedienen können, mit den • Ist das Präparat ein Quer- oder ein .Längsschnitt durch ein
Grundsätzen der histologischen Färbemethoden vertraut Gewebe?
sein tmd systematisch ein mikroskopisches Pr'aparat durch - • Wie ist der Rand des Präparats aufgebaut? Schnittkante
mustern tmd untersuchen kö nnen. Schließlich müssen die oder Epithel?
Infom1ationen zusammenfügt und die Gewebs- und Org-c~n ­ • Gibt es eine tmmittelbar sichtbare Gliederung des Prä-
<liagnose gestellt werden. parats?
Diese Fertigkeilen erfordern teilweise praktische Übun- • Gibt es Artefakte?
gen am Mikroskop und genügend Zeit, um ausreichend Er-
fahrungen zu sammeln. Neben dem geschulten und geübten Schritt 3: mittlere Vergrößerung
Auge, das auch den erfahrenen Anatomen und Pathologen
Das Präparc~t wird bei niedriger/mittlerer Vergrößerung sys-
auszeichnet, ist aber gerade eine systematische Herange-
tematisch analysiert, indem man es mäanderfünDig von
heuswelse flir eine Diagnosestelhmg bedeutsam. Diese Her-
einer Ecke ("links oben") zm andere n Ecke ("rechts unten")
angehensweise kann erlernt und geübt werden. Der Dia-
dmchmustert. Dies geht bei mittleren Vergrößerungen
gnoseprozess ist normalerweise zweistufig:
recht schnell und man karm di e wichtigsten Gewebe erken-
• systematisches Sammeln vo n lnfom1ationen (Untersu-
nen und die folgenden Fl"agen beantworten:
chtmgsalgorithmus)
• Gibt es ein Epithel, Binde-, Muskel-, Nervengewebe?
• Interpretation der gesammelten Informationen und Dia-
• Gibt es Hinweise auf Besonderheiten des Gefaßsystems?
gnosestellung.
• Wie sind die einzelnen Gewebe geformt (flächig, gefaltet,
tubulös, azinös)?
• Wie liegen diese Gewebe zueinander (geschichtet, neben -
19.1 Untersuchungsablauf einander, dmchmischt, ...) u.n d zum Gefaßsystem?
Histologische Präparate sollten immer mit der gleichen • Gibt es eine erkennbare Ausrichtung der Zellen innerhalb
Routine betrachtet tmd untersucht werden, damit keine we- eines Gewebes?
sentlichen Strukturen übersehen w erden: • Gibt es innerhalb des Präparats Einschlusskörper oder be-
sondere Struklmen (z.B. Prostatasteine, Hassall-Körper),
welche eine Diagnose erlauben?
Schritt 1: mit bloßem Auge
Das Präparat wird mit bloßem Auge betrachtet, weil da - Schritt 4: hohe Vergrößerung
dmch bereits erste wichtige Informationen gewonnen wer-
Nm selten ist es flir die Diagnose eines Präparats erforder-
den körmen. Orientierende Fragen sind:
lich, den Aufbau einzelner Zellen oder die Interzellularsubs-
• Welche Größe hat das Präparat?
tanz bei hoher Vergrö ßerung zu betrachten. Dennoch kann
• Welche Form hat das Präparat?
dies hilfreich sein, um bestirrmlle Zelltypen zu identifiZieren
Gibt es Merkmale, die bereits jetzt die Diagnose erlauben und um die folgenden Fragen zu klären:
(z. B. vordere Augenhälfte)? • Zellkern: Wie viele Kerne sind es und wo liegen diese in-
nerhalb des Zytoplasmas (z. B. Osteoklasten, Megakaryo-
zyten)?
Schritt 2: niedrige Vergrößerung • Zytoplasma: irmere Struktm (z. B. wabig, Einschlusskör-
Das Präparat w ird bei niedriger Vergrößerung betrachtet, per, basale Querstreifung)?
weil nm bei niedrigen Vergrößerungen die Gliederungs- • Zellfonn (z. B. rund, spindelförmig, fase!"drtig) und Zell-
prinzipien von Geweben sich tbar werden (z.B.: Mark und gro"ße?.
Rinde; Schichten aus Epithel-, Binde- und Muskelgewebe). • Oberfläche: Gibt es Oberflächenspe.z ialisierungen (z. B.
Fragen sind: Kinozilien)?
556 19 Differenzialdiagnose histologischer Präparate

• Struktur der Interzcllularsubstanz: geformte Bestandteile 19.2 Diagnosestellung


(Fasern)?
Es ist hilfreich, ein unbekanntes Präparat anhand der iden-
Schritt 5: von vorne beginnen tifizierten Gewebe zunächst grob einzuordnen tmd einem
Organsystem zuzuordnen. Dazu nutzt man Leitmerkmale,
Sollte man das Präparat noch nicht erkannt haben, beginnt die für diese Organsysteme typisch sind {Tab. 19.1). Nach-
man erneut bei Schritt 1 ( tmd versucht nicht weiter die Dia- dem die grobe Einteilung gelungen ist, identifiziert man das
gnose mithilfe der stärksten Vergrößcrung zu stellen). Organ anhand von Strukturen, die für dieses Organe typisch
sind (Tab. 19.2). Manchmal reicht ein einziges Kriterium
Merke Die Strukturen auf mikroskopischen Präparaten aus, um sicher die Diagnose zu stellen (z. B. Brun ner-Driisen
werden erst durch eine histologische Färbung sichtbar. Es oder Glomeruli). In anderen Fällen benötigt man eine Kom-
ist daher essenziell (!), das Färbemuster der StandarMar- bination von Kriterien, wn die Diagnose sicher zu stellen
bungen H. E. und 1\zan zu beherrschen und möglichst (z.B. Appendix: Darmrohr rnit Krypten, zirkuläres lympha-
auch noch einige der anderen Färbungen einordnen zu tisches Gewebe). In wicdcrwn anderen Fällen hilft auch die
können (Tab. 1.2). Abwesenheit eines Kriteriw11s weiter (z. B. Kolon: keine
Die Größe mikroskopischer Strukturen kann mithilfe Kerckring-Falten). Nutzt man Negativkriterien zur Diag-
eines Vergleichsstandards innerhalb der Präparate abge- nosestelllmg, dann sollte man das Präparat allerdings voll-
schätzt werden. Man nutzt Erythrozyten zum Größenver- ständig abgesucht haben.
gleich. Die gesunden Erythrozyten haben einen Durch-
messer von 7,5 J.un tmd sind in fast allen Geweben zu
finden.

Tab. 19.1 Leitmerkmale von Organgruppen.

Organgruppe/System Lettmerkmale
lymphatisches System dichte Ansammlung von lymphatischen Zelten, oft Follikel und oft umgeben von Binde-
gewebskapseln
Blut Knochenmark Überwiegen von Blutzellen, einzeln oder gruppiert
respiratorisches System Schleimhaut mit Rimmerepithel, Knorpel; in der Lunge vor allem Alveolen
Dann typischer vierschichtiger Wandaufbau
Leber radiäre epitheliale Zellstränge, dazwischen Kapillaren (Sinusoide), Perlportalfelder
exokrines Drüsengewebe Endstücke, Ausführungsgangsystem
endokrines Drüsengewebe Zellbalken oder Follikel, keine Gänge, zahlreiche Kapillaren
Niere, Harnwege Glomeruli, Tubuli, Übergangsepithel
Geschlechtsorgane Mann Tubuli seminiferi, Spennien, Gangsystem mit typischem Epithel (oft zweireihig, oft Stereozilien)
Geschlechtsorgane Frau Ovarialfollikel; Tube mit gefalteltem Epithel und Uterus mit gewundenen Drüsen
Brustdrüse Gangsystem und Endstücke in Binde- und Fettgewebe; tubuloalveoläre Drüse mit apokriner
Sekretion (laktierend)
Plazenta verzweigte Zotten in einem blutgefültten, kavernösen Hohlraum
Haut verhorntes mehrschichtiges Plattenepithel, Haare, Hautdrüsen
Sinnesorgane Sinnesepithelien
peripheres Nervengewebe Nervenzellen, Nervenfasern, Bindegewebe
zentrales Nervengewebe graue und weiße Substanz, oft in Schichten angeordnete Nervenzellen
19.2 Diagnosestellung 557

Tab. 19.2 Leitmerkmale von Organen.

Gruppe/System Organ/Präparat Lettmerkmale zur Differenzierung

lymphatisches Thymus Rinde/Mark; Hassall-Körper


System
Milz Malpighi-Körper, perlarterielle lymphozytenscheiden um Zentralarterien,
Pulpastränge
Lymphknoten Randsinus, Rinde/Mark, Rinde mit sekundären lymphfollikeln
Tonsilla palatina unverhomtes Plattenepithel, tiefe Krypten, viele lymphfoUikel,
Durchwanderungszonen, Detritus
Tonsilla Lingualis unverhomtes Plattenepithel, flache Krypten, basal münden Drüsen
Tonsilla pharyngea Flimmerepithel, keine typischen Krypten

Blut/ Blutausstrich viele Erythrozyten, typische Leukozyten


Knochenmark
Knochenmark Knochenbälkchen, viele verschiedene Entwicklungsstadien der Blutzellen, Mega-
karyozyten, Erythrozytengruppen mit Kernen in der Nähe der Sinus, Fettzellen
respiratorisches Trachea Flimmerepithel, Hufeisenknorpel
System
Lunge Alveolen, Bronchien, Bronchiolen
Darm Ösophagus stemförmiges Lumen, unverhomtes mehrschichtiges Plattenepithel,
Drüsen in Submukosa
Magen • gemeinsam: Foveolae gastricae, hochprismatisches einschichtiges
Oberflächenepithel
• Kardia: Foveolae (tj3), Kardiadrüsen
• FundusjKorpus: Foveolae (%), Magendrüsen mit typischen Belegzellen,
NebenzeUen, Hauptzellen
• Pylorus: Foveolae (1/z), geknäulte tubulöse Pylorusdrüsen, oft lymphfollikel,
dicke Muskularis
Dünndarm • gemeinsam: Kerckring-Falten und Zotten, Enterozyten mit MikroviUi
• Duodenum: hohe Falten, Brunner-Drüsen
• Jejunum: mittelhohe Falten, keine Brunner-Drüsen, nur kleine Noduli
lymphatici aggregati
• Ileum: niedrige Falten, typische Peyer-Plaques (gegenüber Mesenterium!)
Kolon • gemeinsam: keine Falten/Zotten, nur Krypten
• Kolon: viele Becherzellen, evtl. keine Längsschicht der Muskularis
• Appendix: zirkulär verteilte lymphfollikel, Muskularis mit Ring- und Längsschicht
exokrines Speicheldrüsen • Gl. parotis: serös, Fettzellen
Drüsengewebe • Gl. submandibularis: se10mukös
• Gl. sublingualis: mukoserös
Pankreas seröse Drüse, zentroazinäre Zellen, langerhans-Inseln, Streifenstücke fehlen
Leber und Leber Leberläppchen (Zentralvene), Perlportalfeld mit interlobulärer Arteriole, Vene,
GaUenblase Gallengang und Lymphgefäß
Gallenblase Schleimhautfalten mit einschichtigem, hochprismatischem Epithel;
keine Muscutans mucosae, Muskularis, dicke Subserosa
endokrines Hypophyse typische Form, Adeno-/Neurohypophyse
Drüsengewebe
Schilddrüse Follikel mit Kolloid, parafollikuläre Zellen
Nebenschilddrüse Epithelzellhaufen, umgeben von Gefäßen, oft von Bindegewebskapsel umgeben,
evtl. Schilddrüsengewebe mit angeschnitten
Nebenniere Rinde/Mark: Rinde mit epithelartigen Zellen ("GFR-Zonen") und Gefäßen, Mark
mit polygonalen endokrinen Zellen, einigen großen Nervenzellen, Drosselvenen
558 19 Differenzialdiagnose histologischer Präparate

Tab. 19.2 Fortsetzung.

Gruppe/Systl!m Organ/Präparat Leltmerkmale zur Differenzierung

Niere, Harnwege Niere Rinde/Mark, Glomeruli, Tubuli, Sammetrohre


ableitende Harnwege • gemeinsam: Übergangsepithel
• Urether: sternf6rmiges Lumen (quer), 2- 3 Muskelschichten
• Blase: Falten, mehrere Schichten unterschiedlich ausgerichteter Muskelzell-
bündel
Geschlechts- Hoden Tubuli seminiferi, Leydig-Zellen, Spalten des Rete testis
organe Mann
Gangsystem • Ductuli efferentes: ,,zahnradartiges", ein· bis mehrreihiges Epithel, Kinozilien
• Ductus epididymidis: zweireihiges, hochprismatisches Epithel, Stereozilien,
evtL Spermien im Lumen
• Ductus deferens: zweireihiges Epithel mit Stereozilien, sehr dicke drei-
schichtige Muskelwand
GL vesiculosa ein langer Drüsen schlauch, komplexe Faltenstruktur der Schleimhaut,
ein-/zweireihiges prismatisches Epithel
Prostata verzweigte tubuloalveoläre Drüsen, oft Prostatasteine, glatte Muskelzellen
im Stroma
GeschLechts· Ovar Ovarialfollikel, Rinde/Mark
organe Frau
Tuba uterina sternförmiges Lumen (quer), stark gefaltete Schleimhaut, lockere Tunica
muscularis mit vielen Gefäßen
Uterus sehr dicke Schicht aus glatter Muskulatur (Myometrium), Schleimhaut
(Endometrium mit tubulösen Drüsen) mit Basalis und FunktionaUs
Portio Übergang einer zerklüfteten Oberfläche mit Drüsenepithel (Zervixepithel)
in mehrschichtig unverhorntes Epithel, Ovula Nabothi
Brustdrüse Mamma non-lactans Gangsystem mit rudimentären Endstücken, kollagenes Bindegewebe, Fettgewebe
Mamma lactans tubuloalveoläre Endstücke, apokrine Sekretion
Plazenta viele stark verzweigte Zotten in einem kavernösen Raum; Zottenoberfläche
mit Synzytiotrophoblast bedeckt; evtL Chorion-, Amnion- und Deziduaanschnitte
Haut Fingerbeere Leistenhaut ohne Haare, Talg- und Duftdrüsen, aber mit ekkrinen Schweißdrüsen,
sehr dicke Hornschicht
Achselhaut Felderhaut (dünne Hornschicht), einzelne Haare, viele apokrine Duftdrüsen
Kopfhaut Felderhaut, viele Haare, keine Duftdrüsen
Sinnesorgane Auge Bulbus (antjpost.), Retina
Innenohr Corti-Organ, Otolithen, Crista ampullaris
Nase Nasenstruktur, respiratorisches Epithel, Riechepithel mit typischer Struktur
peripheres Nerv bindegewebige Unterteilung, Fasern, in Standardfärbungen wirken Hüllen um die
Nervengewebe Fasern oft "Leer", da das Fett herausgelöst ist
Spinalganglion runde Nervenzellperikarya (pseudounipolare Ganglienzellen), Kerne zentral,
Hüllzellen, Fasern
vegetatives Ganglion multi polare Nervenzellen mit ovalen bis runden Perikarya, Kerne exzentrisch,
Hüllzellen, Fasern
zentrales Rückenmark Schmetterlingsform der grauen Substanz, motorische Vorderhornzellen
Nervengewebe
Kleinhirn RindejMarklager, typische 3 Schichten (Molekularschicht, Purkinje-Zell-Schicht,
Körnerzellschicht)
Endhirn (Isokortex) RindejMarklager, 6 Zellschichten, große Pyramidenzellen in Schicht V
Quellenhinweise

[1) Sobotta, J.: Atlas Histologie. Zytologie, Histologie tmd [7) Harrison, T.R.: Harrisons Innere Medizin, Bd. 2. Hrsg.
Mikroskopische Anatomie. Hrsg. v. Welsch, U. 7. Auf- v. Schmallzl, K.J.G. 13. Auflage. Blackwell Wiss. Verl.,
lage. Elsevier, München - Jena 2005. Berlin - Wien 1995.
[2) Sobotta, J.: H istologie. Parbatlas der Zytologie, His- [8) Patzclt, V.: Histologie. 3. Auflage. Urban &Schwarzen-
tologie tmd Mikroskopische Anatomie des Menschen. berg, Wien 1948.
Hrsg. v. Welsch, U. 5. Auflage. Urban & Schwarzen- [9) Fujita, TJKanno, T ./Kobayashi, S.: 1he paraneuron.
berg, München - Wien - Baitimare 1997. Springer, Berlin- Hcidelberg- New York-Tokyo 1988.
[3) Benninghoff, A./Drenckhahn, 0.: Anatomie. Makro- [10) KrstiC, R.V.: Hwnan Microscopic Anatomy. Springer,
skopische Anatomie, Embryologie tmd Histologie des Berlin- Heidelberg - New York - Tokyo 1991.
Menschen, Bd. 1. 16. Auflage. Urban & Fischer, Mün- [11) Duus, P.: Neurologisch-topische Diagnostik 6. Aufla-
chen- Jena 2002. ge. Thleme, Stuttgart - New Yo rk 1995.
[4) Bennlnghofl: A./Drenckhahn, 0.: Anatomie. Makro- [1 2) Alberts, B. et al.: Molccular Biology of the Cell. 4. Auf-
skopische Anatomie, Embryologie tmd Histologie des lage. Garland Scicnce, 2002.
Menschen, Bd. 2. 16. Auflage. Urban & Fischer, Mün- [13) Kasper, D.L. et al.: Harriso n's Principles of Interna!
chen - Jena 2004. Medicine. 16. Auflage. McGraw H ill, 2004.
[5) Deetjen, P./Speckmann, E./Hescheler, J.: Physiologie. [14) Moo re, K. L./Persaud, T. V.N.: l he Developing Hu-
5. Auflage. Elsevier, München - Jena 2004. man. 7. Auflage. Satmdcrs, 2003.
[6) Harn, A W ./Lecson, T. S.: Histology. 4. Auflage. Pit- [15) Kiechle, M.: Lehrbuch Gynäkologie und Geburtshilfe.
man Mcdlcal Publishlng Co. Ltd., London 1961. 1. Auflage 2006. Elsevicr, München

Abbildungsverzeichnis der Grafiken


Michael Budowick: Abb. 2.2, 2- 14,2- 15,2-26,2-28,2-36,2-51,2-78,2-87,3.1-2,3.1-3,3.1 -21 ,3.1-26,3.2-14,3.2-35, 3.3-4,
3.3-12, 3.3-20, 3.4-5, 3.4-13, 3.4-23, 3.4-25, 3.4-35, 3.4-39, 4-29, 5-4, 6-17, 6-23, 6-25, 7-1, 8-15, 8-31, 8-37, 10-ll, 10-13,
10-20,10-21,10-31, 10-32, 10-40,10-44,10-47,10-55,10-71, 10-78,11-1, 11-3,1l-5, 11 -6,11 -15,1l - 19,11 -25, ll -26,
11-35, 11-36, 11 -39,12- 1, 12-6, 13-6, 13-44, 15-1, 15-ll, 16-7, 17-11, 17-19, 17-29, 17-30,17-40, 17-46, 17-50,17-53,
17-55,17-58,17-60
Henriette Rintclen: Abb. 1-1
HorstRuß: Abb. 2-35,8-13, 17-8,17-56,18-10, 18-26
Stefan Elsberger: alle übrigen Grafiken
Sachverzeichnis
A - Mangel, Diabetes insipidus 354, 3' 6 Aktivin, Ovar 426
A-Bande (A-Streifen) 12, -13 1 - Neurene, Osmerezepterzellen 354 Albinismus 472
ABC-Transperter, I Iepatezyten 33' -Ovar 426 Aldesteren, Zena glemenuesa 370
Abwehrsystem 223- 252 Adhäsienskentakte 27- 30 Aidesterenismus 37 1
- Alveelannakrepbagen 283 - Aktinfilamente 27- 29 alkalische Phespbatase
- Hemscbicht der Haut 225 - intermediäre Filamente 2' - 30 - Hydrexylapatit, Entstehung in1
- Immunsystem, angeberenes Adhäsiensmelekiile, Endetbel 184, 200 Knecben 10'
(tmspezifiscbes) 225 Adipenectin, Fettzellen, Regulienmg - Knechen 108
- Lunge 282- 283 121 - Osteeblasten 110
- Mikregliazellen 154 Adipesitas 124 Alkaleide, Aktinfilamente 57
ACE (angi• tensin cenvertingenzyme) Adrenalin 348, 352, 372-373 alkehellsehe Lebererkrankung 341
3,8 - Brenchialmusktuatur 273 Allanleisgang 455
- Endetbel 200 Adrenalin-bildende (A-)Zellen 36' Allergien, Mastzellen "
Acervttlus 362 adrenekertiketrepes Hermen s. ACTI I allergische Überemplindlichkeitsreak-
Acetylcbelin 14,, 167, 16' Adrenemedttllin 52' tienen, IgE/Mastzellen ' 8
- Lekalisatien/Rezepteren und adlliteStammzellen 65 Allekertex 535, 546, 551-554
Wirktmgen 168 Adventilia Alletnmsplant, Plazenta 455
- Osephagussphinkter 3 12 - Arterien 203 Alletransplanlat, Plazenta 454
- Pankreasenzyme 344 - - vem elaslisd1en Typ 204 Alpert-Syndrem 387
- Pankreassekretien 346 - - vem muskulären Typ 207 Altersalrephie, Thymus 235
- Speichelsekrelien 307 - ArterieJen 208 Altersdiabetes 38 1
- Synapse, cbelinerge 167 - Blutgefaße 200 Altersweitsichtigkeit 503
Acetylcbelinesterase 171 -Heden 406 alveeläre Endstücke, Bmstdrüse 460
Acetylcbelinrezepteren 170 -Perlest 11' - 120 Alveelarepithel 280-281
- pestsynapliscbe 17 1 -Rachen 308 Alveelarkapillaren 280
Acbalasie 313 - Rumpfdarm 308 Alveelarknechen 2, 5, 30 3
Acne vttlgaris 478 - Samenleiter 417
- Speisetihre 311
Alveeladumen 2"
Alveelarmakrephagen , 5, 281-282
ACTI-I (adrenekertiketrepes I Iermen,
Kertiketrepin) 347, 35, , 4 54 -Venen 213 - Abv.--ehrmecbanismen 283
- Funk1:ien, Freisetn mg und Regtliierung Äquivalenzbild 3 Alveelarraum 278- 282
360 Afferenzen 140 Alveelarsack 278
Adamanteblasten s. Ameleblasten - sematesenseriscbe 141 Alveelarseptum 278- 2"
ADAM-Preteine 26-27 - viszeresense riscbe 141 - Feinstntktur 280
- Disintegrin-Kempenente 26 Aggrecan ' 8 - Kapillaren 216
- Metallepreteasen-Kempenente 26 - Knerpel(zellen) , 8, 106 Alveelarzellen
Addisen-Krankbeit 371 Aggregatibacter actinemycetemcemitans, - vem Typ I 280-281
Adenehypepbyse 347,355, 356-360 Paredentitis 303 - vemTypii 280-281
- azidephile Zellen 356, 357- 361 Agrin 16' Alveelen 273,278-282
- basephile Zellen 356, 358, 359-360 A-1-Ieden-Spennategenien 410 - elastische Fasern 2"
- cbremephebeZellen 358, 360 Akkemmedatien 503 - foibrezyten 280
- Entwickltmg, Rathke-Tasche 356 Akremegalie 35' - Myetibreblasten 280
- genadetrepe Zellen 35' Akresem - \IVandaulbau 278
- I Ierm ene 357- 35' - 1-lyalurenidase 443 Alzheimer-Krankl1eit 148, 554
- Keileid 356 - Spermatezeen 412 Alzianblau 7
- kertiketrepe Zellen 35' Akresemreaktien, Befmchttmg 443 amakrine Zellen, Retina 508, 510
- MSH-bildende Zellen 356, 35' akrezentrische Chremesemen 38 Ambess (Incus) 486-487
- Pars distalis 356 Aktin 26, 4' 4 Ameleblasten (Adamanteblasten) 2",
- - Intermedia 356 A1.1infilamente 56 - 57, 131 299
- - tuberaUs 357 - Adbäsienskental"te 27 -frühe 2"
- Regienen 356 - Alkaleide 57 - Flll1ktiensphasen 300
- tbyreetrepe Zellen 35' - Arterien vem elastischen Typ 204 - Merphelegie 2"
- Zellen 357 -Aufbau 56 - Schmelzbildung 2"
-Zysten 356 - Musln!latur, glatte 126 Amelegenine 2"
Adenesin 167 -Nervenzellen 147 AMI I (Anti-Müller-I Iermen) 404
Adenesinpbespbate 167 - Preteine, asseziierte 57 y-Aminebuttersäure (GABA) 167
Adenylatcydase 368, 521 - Sarkemer 130 Aminepeptidasen 346
Aderbaut 506 - Skelettmusk-ulatur 131 - 132 Aminesäurederivate 167, 34'
ADH (antidiuretisches I lermen, Cl-Ak1.inin 30, 57 Amnienepithel 447, 448
Adiuretin bzw. Arginin-Vasepressin) Aktienspetenziale 146 Amnienhi hle 446, 447,450
167,347,352, 353-354,361,3, 6 al1ivierte Mikreglia 154 Amnieskepie 44 7
- Brenchien 272 Akti vienmg, Mastzellen '8 Amniezentese 44 7
562 Sachverzeichnis
amebe ide Bewegungen Antike rper 226-227 - Media 203, 206-207
- Leukezyten 182 -Aufbau 226-227 - vem muskulären Typ 201 - 203,
- Mikreglia 154 - B-Lymphezyten 226 204-207
AMPA-Rezepteren 168, 172-173 -Fe-Regien 226 - - Elaslica externa/interna 206
Ampulle 488 - Hypermutatien, se matiscbe 226-227 - Wandaufbau 202-203
Amylase 346 - Klassen 227 Arterie lae afferentes/efferentes (Ren)
u-Amylase, Speicheldruse 306 - leichtel schw-ere Ketten 226 385,386
amyle id precurser pre lein (APP) 554 antikerperabhängige zelluläre Zytetex:i- Arterie leu 1!J!J, 208-20!J, 216
Amyleid-Plaques, Alzheimer-Krankheit zität (ADCC), NK-Zellen 188 - Adventitia 208
148 Antikerper-Switcbing 227 - Charakteristika 201
Anämie 182 antimikrebielle Preteine, Lunge, Abwehr- - Intima 208
Analbaut 330 mechanismen 283 - Media 208
Analkanal 308, 330 Anti-Müller-Hermen (AJ\1!-1) 404 - terminale 20!J
- Anatemie 331 Antiperl l!J Arteriesklerese 207
- lymphatisches Gewebe 331 anulierte Lamellen 48 arterievenese Anaste mesen 20!J, 216
Allalpre laps 331 anulespiralige Endigungen, sensensehe - epithele ide Zellen 216
Analschleimhaut, Gefäße 330 Endigtmgen 528 - Lungen-/Bre nchialarterien 283
Anaphase Anulus fibresus 25!J Arthritis, rheumateide 256
- Meiese 68, 411 - Gallertkern 25!J - Kellagensyntheseste rung 10 1
- Mitese 61,63-64 Ae rta, Wandschichten 204 Asbestfaserung, Knerpel, hyaliner 107
anaphase preme ting ce mplex (APC) 61, Ae rtenanenrysma, Marfan-Syndrem 103 Aspartat 167
64 Apatitkristalle, Schmelzprisma 2!J!J Assez.iatie nsfasern 54!J
Anaste mesen APC (anaphase premeting ce mplex) 61, Asthma bre nchiale 275
- arterievenese 20!J, 216 64 - Charcet-Leyden-Kristallpretein 186
- Lungen- und Bre nchialarterien 283 Apikaldendriten 144 - Eesine phile 186
Anate mie, mikreskepische 1 apikale Demäne, Epithelgewebe 72 Astralmikretubuli 61, 64
Andre gene apekrine Duftdrusen 476-477 Astrezyten 150-152
- Funklien 414 Ape neuresis linguae 2!J2 - Aufgaben 151
- Nebennierenrinde 371 Apeplese 6!J- 70 - Blut-I!inl-Scbranke 151, 155
-Ovar 426 - Mitecbendrien 4!J - Entwicklunglfunktie nen 151
Andre gen-Rezepte ren, Preslata 421 Appendices epipleicae 32!J -fibrilläre 151, 152
Andrestendien 414 Appendix vermife rmis (Wurmfertsatz) - Glialilamente 58
Ang1 (Angiepeietin I) 217 308, 329- 330 - llemeestase, chemische 152
Angina-pecteris-Anfälle, Glycere hrinitrat -lymphatisches Gewebe 252 -Oberfläche, AbgrenZtmg 151
(Nitreglycerin) 350 Appendizitis, ak-ute 330 - prele plasmatiscbe 151, 152
Angie genese 217 Aquaperine 1!J, 396 - Stützfunktien 15 1
- Matrixmetallepreteinasen 217 - Aquape rin-2 354 - Synapsen 166
- Turne ren 217 - Seresaepitbel 28!J - synaptische Obertragung 152
Angie tensin 3!J8 Arachne dak'1ylie, Marfan-Syndrem 103 Astre zytenfertsatz 144
Angie tensin Il (AT ll) 352, 398 Arachneidalzetten 176 Astrezyte me 150
Angie tensin Ce nverling Enzyme (ACE) Arachne idea(Spinnwebhaut) 175, Ataxie 545
3!J8 176 - 177 Atem gase, Austausd1 278
- Endethel 200 Aradmeideatrabekel 177 Atemne tsyndre m, Frühgebe rene 281
Angie tensinase, Endethel 200 Archikertex 535, 546, 551 Atemwege 263- 278
Anise kerle 50 I Area - Glashaut 74
Ankerfibrillen, Basallamina 73 - pestrema 155 - e bere 263, 264- 267
Ank-yrin, Erythrez;yten 181 - striata 550 - Schleimhaut 264
ANP (atriales natriurelisches Peptid, Artefakte 8 - Tnnica libre-muscule-cartilaginea 264
Atriepeptin) 137 - 138 - Schnittdefekte/Schm mpfspalten 8 - tmtere 263, 267-278
- Herzmuskulatur 138 Arteria(-ae) - Wandaufbau 264
Antl1rakese, Lymphkneten 246, 248 - arcuatae (Ren) 384 - 385 Atheresklerese 207- 208
antidiuretisches I Ie nnen (ADI I - centralis retinae 5 12 - Kellagensynthesesterung 101
Arginln-Vasepressin AVP) 347, - helicinae 4 22 - Schaumzellen 207
353-354,361 - hepatica prepria 333 Atmungskette, Mitechendrien 50
- Mangel, Diabetes insipidus 354, 3!J6 - interlebularis(-es)(Leber) 332, 338 Atmungse rgane 263- 285
- Neure ne, Osme rezepte rzeUen 354 - - (Ren) 384 - 385 ATP, Spalllmg, Membranpmnpen l!J
Anligen-Anlike rper-Kemplexe 226 - prefunda penis 422 ATP-bindende Cassette, Ilepate zyten
- Fe- Rezepter 231 - pulmenalis 216, 283 33!J
Anligenbindungsstellen, Antike rper 226 - umbilicalis 448 ATP-Synthase, Mitecbe ndrien 50- 51
AntigenpräsentaUen Arterien l!J!J atretiscbe f:ellikel 432-434
- B-Lymphe zyten 232 - Adventitia 203- 204, 207 atriales natriuretisches Peptid
- Makrephagen 231 - 232 - Charak-teristika 20 I (ANP, Atriepeptin) 137-138
- T-Lymphezyten 22!J-230 - vem elastischen Typ 20 1- 202, 204 - I Ierz.muskulatur 138
antigenpräsentierende Zellen (APZ) 224, - - Windkesselfunk'tien 204 Atrieventrikularbündel (AV-Biindel,
231-232 -Haut 474 llis-Biindel) 13!J, 221
- MHC-Klasse-II-Preteine 230 -Intima 202-203, 206 Atrie ventrikularkneten (AV-Kneten)
antigen-trapping 246 - kleine, Nervenfasern 207 13!J, 221
Sachverzeichnis 563

Atrephie 6' A.uninilialsegment 144, 147 - Muskelzelle, glatte 124


Auerbach- Plexus (Plexus myenterims) - Synapse, axeaxenale 146 - Nidegen (• Entaklin) 73
174,309,310 A.unkellateralen 147 - PAS-Reaktien (Perjedsäure-Schilf-
-Ganglien 310 A.unscheiden 157 Reak"tien) 74
Augapfel 4'7 -4" Axeplasma 147 - Perlecan 73
Auge axesematiscbe Synapse 144 - Skelettmuskulatur 12'
-Aufbau 4'7-4" Azan-Färbung 7 - Typ-IV-Kellagen 73
- Hilfseinrichnmgen 4' 7 A-Zellen - Wtmdheilung 74
- treckenes S16 - Cbremegranin A 377 Basalplatte, Plazenta 447, 448-450
Augenbinnendruck
Augenhälfte
4" - Glucagen 348,377,37'
- Langerhans-Inseln 377- 37'
Basalzellen
- Brencbien 272
- äußere 4"- SOS - Membranasynevialis 254 - Oberflächenepithel 75
-hintere SOS-Sl3 -Retina 511 - Riechschleimhaut 522
Augenhaut(Uvea), mittlere 4,7, SOl - Syneviazyten 256 - Stria vascularis 4' 6
Augenkammer 4", 502 azideplüle Farbsteife 4 Basedew-Krankheit 366
- hintere 4'8 -4" azidephile Zellen basic multicellular unit (BMU) 120
- verdere 4'8-4", 501-502 - Adenehypephyse 356, 357- 361 Basilarmembran, Certi-Organ 4' I,
Augenlider 513-515 - Prelactin 35' 495-496
- Muskulatur 513 - Wachstumshermen 35' baselaterale Demäne, Epithelgewebe 72
- Schutzeinrichtlmgen 513 Azini baselaterdles Labyrinth 23
Ausfiihrungsgang/-g'.lnge - Brustdrüse 45' baseplül (- anienisch) 5
- interlebuläre, Speicheldrüse 305- 306 - Pankreas 345 - 346 Basephile 183, 186
- Milchdrüse 458 - seriise 84, 8' - Blutausstrich 186
- Pankreas 344 azureplüle (= primäre) Granula 184 - Funklien 186
- Speicheldrüsen 304- 306 - Granula 186
Außenmembran, Mitechendrien 50 B - lmmw1system, angeberenes (tmspe-
Außensegmenl, Rezepterzellen, Retina Bakterien zifisches) 225
50' - Genern 14 - Unterscheidungsmerkmale 185
Außenzene - Gram-Färbtmg 13 basephile Farbsteife 4
- Anulus fibresus 25' -gramnegative 14 basephile Myelezyten 196-197
- Pre&ata 41' - - Pili (= Fimbrien) 14 basephile Zellen
autekrine Signalgebung, llermene 34' - grampesitive 13-14 - Adenehypephyse 356, 358-360
Autepbagie 24, 46 - Griiße 3 - Ilermene 360
- Lysesemen 4 6 - Rasterelek"trenenmikreskepie 14 Basephileblast 1'6
Autesemen 38 - Transmissienselek"trenenmikreskepie Baucbspeicheldriise s. Pankreas
AV-Kneten (Atrieventrikularkneten) 14 Baufett 124,475
13,, 221 - Zellwand 13 bax/Bax 4, , 6'
axeaxenale Synapse 144, 146 - Ziehl-Neelsen-Färbung 14 bd-2 6, ,420
axedendritische Synapse 144 - Zyteplasma 14 - immtmhistecbemischer Nadwveis 460
Axelemm 147 BALT (brencbusasseziiertes lymphati- Becherzellen 82, 83
axenale Regeneralien, PNS/ZNS 165 sches Gewebe) 273 - Brend1ien 272
axenaler Transperl 147 - 148 - Abwehrmechaiüsmen 237, 283 - Drüsenzellen, exekrine 82
- anteregrader, Kinesin 148 Bandapparat, w·rrbel 261 - Dünndarm 323
- Mikretubuli 56 Banden, Myefibrillen 130 - Epithel, mehrreihiges prismatisches 7'
- retregrader 147- 148 Bandscheiben 25' - Oberflächenepithel 75
- - Dynein 148 - Degeneratien, Verfall bzw. Prelaps 260 Becb·terew-Syndrem 261
axenales A.xen 145 Barerezepteren 52' Befruchtung 443-444
axenales Kemparliment 142 Barrierekentakte (Verscblusskentakte) - Akresemreaklien 443
A.un(e) 142, 146-147 27 - Imphmtatien 444
- axenales 145 Barr-Kiirperchen 36-37 Beinvene 215
- Beutens 147 - X-Chremesem, inak'tives 37 Belegzellen (Parietalzellen)
- Gelgi-lmprä91üenmg 148 Barthelin-Drüsen 441 - lntrinsic-Pakter 318
- histelegische Unterteilung 148 Basaldendriten 144 - Magendrüsen 317 -31'
- liebtrezeptiver FeTtsatz 508 basales Labyrinth 15 - Salzsäure 318
- marklese 160 - Epithelzelle 24 Bellini-Gänge (Ductus papillares) 3' 5
- myelinisierte(markhallige) !57 Basalkiirper (Kinetesem), Kinezilien Bergmann-Gliazellen 545
- Oligedendregliazellen 160 (Zilien) 21 Betz..Riesenpyramidenzellen 547, 548
- Purkinje-Zellen 143 Basallamina/Basalmembran 15, 26, Bewegungsapparat 253- 262
- Riechsinneszellen 520 73-74 Bicarbenat, Magenschleim 315
- Stn!l.:tur und Ultrastruktur 147 -äußere 303 Bid, Apeptese 70
Axenema, Kinezilien (Zillen) 20-21 - Bewman-Kapsel 387 Biglykan '8
Axenendigung, meterische Endplatte - f'llllk"t:ienen 74 Bilirubin, Kenjugatien, !Iepatezyten
16, - glemeruläre (GBM) 386 33, - 340
Axenemäbrung, Schwanu-Zellen !55 -innere 303 Billreth-Stränge 240
Axenfragment, distales/prex:imales, - Lamina densalrara 74 Bindegewebe 90-120
degenerative Veränderungen 165 - - fibrereticnlaris/lucida 74 - Aufbau n
Axenhügel 146 - 147 - Laminin 73 - Bestandteile '2
564 Sachverzeichnis
- Bmstdriise 463 - Charak-teristika 20 l - Lymphepeiese 1!97
- Entwicklung !90- !Jl - Endethel(zellen) 200-201 - Merphelegie 226
- ~in ephlle Granulezyten !9S -Entstehung 216 - 217 - Oberflächenpreteine 226
- extraz.elluläre Matrix !91 -Intima 200 - Pulpa, weille 241
- faserarmes lOS - Kennreichen 200 BMU (basic multicellular unit) 120
- FettreUen !94 - Lungenkreislauf 21S- 216 BNP (B-Typ-natriuretisches Peptid)
- flüssiges lOS - Lymphkneten 244 137- 138
- gallertiges lOS -Media 200 Betteber-Zellen 4!93, 495
- Granulnyten, eesinephlle !9S -Milz 238 Begengänge 486, 488
- leckeres 100, 104 - Muskelzellen, glatte 200 bene remedeling(Knedlenumbau) 120
- Lymphezyten ' S - Seresa 28' Betensteife s. Nauetransmitter
- Mela.nezyten ,g - Thymus 23S Beulens, Axen 147
- retik'Uläres 104 - 10S - Wandschid1ten 200 Be\\1nan-Kapsel 387-389
- - Blutzellbildung 1'2 Blut-l-Iam-Schranke 38!9 - 3!90 - äußeres Blau 388- 38!9
- Senderfermen lOS Blut-Hirn-Schranke 151, 155- 156 - Basallamina 387
- spinezelluläres 105 - 106 - Astrezyten 151, 155 - inneres Blatt 388
- straffes ,2, 104 - Endethelz.ellen 155 - Schlitzmembran 388- 38!9
- - geflechtartiges 104 - ftmktienelle Bedeuttmg 155 Bewman-SpiUd.rüsen (GI!. elfacteriae)
- - parallelfaseriges 104- lOS - medikamentese Maßnalunen 157 51'
Bi.ndegewebsfasem " - 104 - zirJ...'Umventrikuläre Organe 155 - 156 bratmes Pettgewebe 122
Bindegewebsgeribi. 420 Bluthechdmck, Herzmuskelzellen, Brecbrentmm 156
Bindegewebshüllen Hypertrephie 138 Bries s. Thymus
- Nerven 177 Blut-Heden-Schranke 408 Bredlmmn-Areale 546, 54!9
- - periphere 162- 164 Blutkapillaren s. Kapillaren Brencbialdrüsen 273, 275
Bindegewebs-Ma~izellen Blut-Liquer-Schranke 156 - Lysezym, immunhistechemischer
- Carbexypeptidase A !97 Blut-Luft-Schranke 281, 282 Nadwveis 275
- Chymase !97 Blutmenezyten 188 Brencbialepithelzellen, Abwehrmecha-
Bindegewebspapillen Blutplättchens. Thrembezyten nismen 283
- Haarbulbus 480 Blutplättdlen-Wachstumsfalter (PDGF), Brenchlalkarzinem 274-275
- Haut 474 Thrembezyten 18!9 Brenchialmuskulatur
Bindegewebstrabekel, Arachn eidea 176 Blutplasma 17!9 - Adrenalin 273
Bindegewebsz.ellen !91 - '8 Blutpel, Hepatezyten 33!9 - lnnervatien 273-274
- mebile (freie) !94 - '8 Blut-Thymus-Schranke 23S Brenchlen 271- 273
- ertsständige !92- 94 Bluttmgen - fibrekartilaginäre Schicht 272
Bindehaut 515 - epi-/subdurale 177 - bist elegische Merkmale 268
Biemembranen - intrazerebrale 177 - respiraterisches Epithel 272
-Asymmetrie 17 Blutwerte, nermale 17!9 - Schleimhaut 272
- Bausteine 17 Blutz.ellbildung 1!91- 1!98 - Tunica libre-muscule-cartilaginea 271
Biesynthese, Preteine 47 - Bindegewebe, retiJ...'Uläres 1' 2 - - mucesa 272
Birbeck-Granula, Langerhans-Zellen 473 - Einflussfak-teren 1' 1- 1!92, 1!94 - - musrularis 271
bitter(Gesdunack) 518 - Embryenalentwickltmg 1!91 Brenchlelarepithel, Oara-Zellen 276
Blasendrüse 417 - hepatelienale Phase 1!91 Brenchieli/Brendlielen 273, 275-277
Blasenknerpel 117- 118 - Knechenmark 1!91-1!92 - Epithel 277
Blasteme 'l
Blastezyste 444-445
-Leber 1!91
- medulläre Phase 1!91
- histelegische Merkmale 268
-kleine 273
blinder Fleck 512 - megaleblastische (meseblastische) - respiraterii 273, 277-278
Blut, Ftmktienen/Zellen 17!9 Phase 1!9 1 - - Epithel 277
Blutausstrich - retikuläresBindegewebe 1!92 - - lustelegische Merkmale 268
- Basephile 186 - Zytekine 1!91-1!93 - - Muskulatur 277
- Eesinephile 185 Blutzellen 17!9 - 1!98 - Schleimhaut 276
- Erythrezyten 180 - s. a. Erythrezyten, Granule- bzw. - tenninales 275
- Färbung 17' LeukeZ}'len - Ttmica muscularis 276
- Granulezyten, basephile 186 - Ausstrichpräparat 16 - Wandbau/-schidlten 274
- Leukämie, chrenisch lymphatische 187 - Differenzierung 193 Brencbitis 274
- Lymphezyten 187 - Giemsa-Färbtmg 180 - cbrenische 283
- Malaria 181 - Kn echenmark 1!92, 1!98 - schleinlig-eitrige 276
- Menezyten 188 - May-Grünwald-Färbung 180 brenchus-asseciated lympheid tissue
- natürliche Killerzellen 188 - rete s. Erylhr• Z}'len (BAL1) 237, 273
- Pappeoheim-Färbung 17' B-LympheZ}'len 187, 224- 225,226-227 Bmcb-Membran 506, 50!9
- Sichelzellenanämie 182 - AJ...'tivienmg 232 Brückenanastemesen 216
- Thrembezyten 188 - Antigenpräsentatien 232 Bnmner-Drüsen !90, 326
Blutc;aldumspiegel - Antikerper 226 Bmst(driise) 457
- Calcitenin 368 - Entwicklung 226 - alveeläre Endstücke 460
- Vitamin-D-Hermen 368 - H.mJ...'tien 187, 226 - Ausfiihnmgsgang 4 58
Blutgefäße 200-217 - lmmunantwert, Ablauf 233 - Bindegewebe, inter/-intralebuläres 463
- Adve.ntitia 200 - Idenale SeleJ...1:ien 233 - Driisenkerper 457-463
- Baumaterial (eA1:razelluläres) 200 - Lymphkneten, Kertex 245 - Driisenläppdlen 45!9
Sachverzeichnis 565
- Gangepithelien, sekrete nsehe Caretiski rperchen, ehrernaffine Zellen Chendreitinsulfat !18
Leisltmgen 45!1 14!1 - Knerpelzellen 106
- Gangsystem 457- 45!1 Carrierpreteine 1!1 Chendreitln-6-Sulfat, Nudeus pulp esus
- gutartige Veränderungen 463 n-Catenine 30 25,
- h e rme naleSteuerung 464 ß-Catenine 30 Chendreklasten, Ossilikatien, enchen-
- Inveiutien 4 62-463 Caveelae, Endethelzellen 20!1 drale 117
- lak1.ierende 45!1- 46 1 Caveelin 25 Chendrene 106
- Myeepithelzellen 462 Cavitas suba111chn eidea 175 Chen dre nect.in 106
Brustkrebs 45!1 CaVlliD nasi 264 Olendre zyten 106
Brustwarze (Mamille) 4 63-464 CD1183 - preliferierende, Ossifi.katien, enchen -
BSEP (bile sall e."tpe rl pump) 33!1 CD3 183,228 drale 11!1
B-Spermate genien, I leden 410 C04 183,228 Che rda(-ae)
B-Typ-natriuretisches Peptid (BNP) C04-pesitive T-Lymphezyten 228- 22' - de rsalis 262
137-138 CD8 183,228 - tendineae 220
Büngner-Bänder 165 CD8-pesitive T-Lymphezyten 22!1 - tympani 5 16
Bürstensaum, Mikre villi 22 CD!I444 Che rdarelikuhnn 262
Bürstenzellen, Dünndann 323 CD15S(Sialyi-LewisX) 184 01e riecapillaris 506
Bulbe uretlualdriisen 4 21 CD20 183 Che rie n fre ndesum/laeve 447
Bulbus dendriticus 5 20 - immunbistechemischer Nachweis 183 Che rie nhi hle 447
Bursae 258 CD21183 Che rienplatte 447-448, 44!1 - 450
BWnt 324 CD31 (PECAM1) 185 Che rienthyret repin 454
B-Zell-Antigenrezepte r ( B-Zeli-Rezepte r, CD54 (ICAM1) 184 Che rienzetlen 447, 448
BCR) 226 CD57183 Che reidea 4!18, 506, 508, 512
B-Zellen CD62E (E-Selektin) 26, 184 - Melane m 506
- Blut s. B-Lymphezyten CD62L (L-Selektin) 26, 184 eilre maffine Zellen
- Ganglien 533 - h echendetheliale Venelen, Lymph- - Caretiski rpe.rchen 14!1
- Insulin 348, 37!1 kneten 244 - Nebennierenmark 14!1, 372
- Langerhans-Inseln 377- 37!1 CD62P (P..Selcl:tin) 26, 184 Chre matiden 63, 66
- Syneviazyten 256 - h echendetheliale Venelen, Lymph- Chremalin 35- 38
B-Zell-Re~en kneten 184, 244 -Aufbau 36
- Peyer-Piaques 251, 327 C068 183 - Kendensaliensgrad 35-37
- Tensillen 248 CDl02 ( ICAM2) 184 - ke ndensiertes 36
Cdc2- Preteinkinase, Cyclin- B-ak1.ivierte - lichlmikreskepisches Präparat 63
( 58 - Neutre phile 184
Cadherine 25-26, 32 CD-Klassifi.katien, Leukezyten 183 - stark aufgeleckertes 35-36
- Ende thelzellen 20!1 Cdks (cyclinabhängige Kinasen) 60 Olre malinfibrille 35
-Fermen 25 CD-Oberflächenmeleküle 183 Olre megranin A, A-Z.ellen 377
- klassische 26 Centtinfilamente 21 chrem ephe be Zellen, Adenebypephyse
- nicht klassische 26 Cervix uteri 436 358,360
Cajal-Ki rperchen 3!1 CFTR-Membranpre tein, Defekt 1!1, 476 Que mese men 37-38
Calbindin 544 cGMP 352 - akre zentrische 38
Calcite run 348, 352 Chalazien (Hagelke rn) 515 - he melege 67
- Blutcalcimnspiegel 368 Charcet-Bi ttcher-Kristalle 408 - Keimzellen 38
- Bre nchien 272 Cha rcet-Leyden-Kristallpretein, AstlllTia - Ke mbinalie nen 67
- C-Zellen 366 bre nchiale 186 - Kendensatie nsgrad 35 - 37
- immtmhistechemischer Nachweis 366 Charcet-Marie-Teeth-Nervenkrankl1eit - lidllmikreske pisches Präparat 63
- Ostee idasten 112 162 - Mltese 64
- Ostee pe rese 367 chemische Syn apsen 166 - Nen -Disjtmclie n 68
calciumabhängige Melekiile 25 Chemearchite1.-t ur, Nervensystem 532 - Querbandenmuster 38
Calcimnsteffwechsel, Pamthe nn en Cheme kine 1'2 - replizierte 64
(PTII) 368 - Immunsystem, angeb erenes ( llllspe- - Stmk"tur 38
calchnnunabhängige Melekiile 25 zifisches) 225 - Telemere 38
Caldesmen 127 Chemerezepte ren/-sense ren 516 - Zahl und Art 38
Calmedulin 57 Chemetaxis, Leukezyten/Neutrephile - Zentremer 38
Calme dulinkinase (CamKII) 172 185 Chremese mensalz, verdeppelter 67
Calpain 12!1 Chiasmata 68 Chrem esemenzahl
Canaliculi, Lamellenkn echen 114 Chelecystekinin (CCK) 323, 342 - Anemalien 38
Canalis -Magen-Dann-Trak-t 375 - dipleide 66
- analis s. Analkanal -Pankreas 344, 346 - baple ide 66
- centt11lis 537 Chelesterin, Surfactant 281 Olylusgefäß 32 1
Caninus 2!13 -2'-1 Chelesterinesterase 346 Chymase, Bindegewebs-Mastzellen !17
Capsula lentis 4!18 Chelesteringehalt, Galle 343 Olyme trypsin 346
Carbe anhyd111se 305 Chelesterinsynthese, endeplasmatisches Cis-Ge lgi-Netzwerk: (CGN) 43, 44
Carbe auhyd111sehemmer SOS Retikulum, glattes 43 Oara-Zellen, Bre nchie larepithel 276
Carbexypeptidase A, Bindegewebs- Chelinacetyltransferase (ChAl) 16' Oatbrin, Kapillaren 212
Mastzellen !17 chendrale Ossifi.katien/Osteegenese 115, clalhrinbedeckte Endezyte sefigur 15
Carbexypeptldasen 346 116 -117, ll8 claU1rinunabhängige Endezyte se 25
566 Sachverzeichnis
dathrinvermittelte Endezytese 23 - 1-Iaarz.ellen, äußere 4!14 demyelinisierende Krankheiten
Claudin 32 - - innere 4!13 (Entmarlmngskrankheiten) 162
Claudin 16, Mutalie nen, Magnesium- - lnnervatiensmuster 4!17 Dendriten 142, 144 - 146
verlustsyndre m 32 - Phalangenzellen, äußere 4!13-4!14 - Funl1ien 144
Claudins-Zellen 4!13, 495 - Steree zilien 4!13 - Gelgi-lmprägn iernng 148
duster e f differentlaUe n s. CD- Klassi- C.rtisel(= 1-Iydrecertisen ) 370 - histele giscbe Unterteilung 148
fikatien C.rtisen, Fettzellen, Regulierung 121 - Strul'turund Ultrastmktur 144
ceat pretein (COP) 25 C.rtisentherapie, Kellagensynthese- - Verzweigungen 143
Ceerule plasmin, Wilse n-Krankheit sti rnng 101 Den dritenbattm, Kleinhirnrinde 544
51 Ce rti-Tunnel 4!12 Dendritensegmente 144
Ce besine 61 C estarnere 12!1 dendritische De men 145 - 146, 169
Celcbicin Cewper-Drüsen 421 - Ribe se men 146
- Gicht 56 C-Peptid, Insulin 380 dendritische Zellen 224
- Mikre tnbnlusgift 56 CRE (cAMP respenseelernent) 351 - fellilalläre 231
Celitis nlceresa 32!1 Creatinkinase 130 -- rrrv 232
Cellicnlus seminalis 418 CREB (CRE-Bindungspretein) 351 - interdigitierende I !13, 224, 231
Celen ascendens, desce.ndens, sigme - CRH (Ce rticetrepin-Releasing-1-Ie rmen) - - I!n t wicklung 231
ideum bzw: transve rswn 328 454 - plasmazyle ide 224
Celmn.na( -ae) Crista am pullaris 4 86, 488 - Thymus 236
- anales 330, 331 - Bindegewebe 48!1 dense be dy, Muskelzelle, glatte 126
- lateralis (Mednlhl spinalis) 536 - Sinnes-/Stützzellen 48!1 Dentin 2!13, 298-299,301,303
- pesterie r (Medulla spinalis) 536 Cristae, Mitechendrien 4!1- 50 - Bildw1g 2!18
- ren alis 384 Crista-Typ, Mitechendrien 4!1 - 50 - Ilanptmerlomlle 30 I
Cemmissura alba 53!1 Cressing ever 67 - Te mes-Fasern 301
Cendensine 36 Cmn ulus eepherus 427 - 428 - Te mes-Ki rnerschicht 301
Cenjtmcliva Cupnla 488 - 48!1 Depetfett 475
- bulbi 515 Curare, Muskelrelaxanzien 171 dermal-epidermale Junklien 466
- fernicis 5 15 Cushing-Syndrem 371 Dermatansnlfat !18
- palpebralis 5 14 -5 15 Cydin B 6 1 - Nudeus pnlpe sus 25!1
Ce n.ne:ctn 26, Mutatien , Taubheit, ange- cyclinabhängige Kinasen (Cdks) 60-61 Dermis 474
b erene 31 - Zellzyklus 60 Dermeche ndransulfat !18
Ce n.ne.rine 30 Cydine 60 D~et-Memb ran 500
C.n.nexene 30 Cytechalasine 57 desmale Ossilikalien/Ostee genese
C e rnu Cytecbrem C, Ape ptese 70 115- 116
- arnmenis 551- 553 C-Zellen Desmin, Muskelzellen/Skelettmusbilatur
- anterius (Medulla spinalis) 536-537 - Calciterun 366 57, 132
- laterale (Medulla spinalis) 536 -Retina Sll Desmingürtel 131
- pe sterius (Medulla spinalis) 536 - 537 - Schilddrüse 348, 366 Desm ece llin 26
Ce rena -Defekte 30
- Milz 240 D Desmede nt(ium) (Wurzelhaut) 2!13, 2!15,
- radiata 405, 443 -444 Darmepithelzellen (Entere zyten) 302
Ce rpus( -e ra) - Diinn darm 321 - Ke mpartimenle 302
- albicans 432 -Gri lle 3 Desmeglein 26
- arenacea 362 - rese rbierende 16 -Defekte 30
- caverne sum ani (recli) 330 Darmerkranlamgen, infektii se, Diarrhi Desme plakine 30
- - Klite ris 441 328 Desme se m(en) (Macula adh aerens) 15,
- - Penis 421 - 422 Darmtrakt, lymphatisches Gewebe 26,29,30
- cil iare 503 24!1-252 - Ghlllzstreifen, Ilerzmuskelzelle 137
- lutemn 430 - 431 Decidua - Intermediärfilamente 57
- - graviditatislmenstmatienis 432 - basalis 446, 450 - m elekulare Ke mpenenten 2!1
- - Pre gesteren 4 26 - capsularis 446 Desquamalie nsphase, Menstruatiens-
- pineale s. Epiphyse - p arietalis 446 zyklus 437 - 438
- rubrum 430 Deckzellen Dezidualzellen 445, 446, 450
- spe nsiesum, Klite ris 441 - Oberflächenepithel 75 Diabetes insipidus, ADI I-Mangel 354,
- - Penis 422 -423 - syneviale 254 3!16
- - - Plexusvenen 423 - Übergangsepithel 80 Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- -Urethra 402 - Vesikel, diskeide 7!1, 80 380-381
- uteri 434 Dece ran !18 - juveniler 381
- vitreum 4!18 - 4" , SOS Defensine, Ltmge, Abwehrmechanismen Dia!Jlesestellu ng, Scbnittpräparate,
C.rpuscnlwn renale 386-391 283 histelegiscbe '
Ce rpusscbleimhanl 434 Dehnung, Skelettmuskelzelle 130 Diakinese
C.rticestereide, T-Lymphezyten, Thymus Debydreepiandresteren (DHEA) 414 - Pre pbase, Meiese 68
235 Dehydreepiandresteren-Snlfat ( DHEA-S) - Reifeteilung, erste 411
Ce rtice tre pin-Releasing-lle rme n ( CRI I) 454 Diaperlese 212
454 Demarkatienskanäle, Megakarye zyteu, - Entziindung 212
Ce rti-Organ 486, 4!11, 492-496 reife 1!18 - Leukezyten 182
- Basilarmembran 4!15-4!16 Demenz, Alzheimer-Krankheit 148 Diaphyse 117, 11!1
Sachverzeichnis 567
Diarrhii, Darmerkrankungen, infektiiise Dmckrezepte ren 474, 52!1 Ductus
328 Drüsen, Typen 81 - 8!1 - alvee lares 273, 278, 27!1
Diarthresen 253- 254 Drüsenendstücke 83- 84 - cheled echus 342
Diaster 63 - alvee läre (säckchenflirmige) 83, 85 - cecWearis 486, 4!11, 492
Diazenien, Schmelzbildung 300 - azini se (beerenflirmige) 83 - deferens 406,416-417
Dickdarm 328-332 - pelyptyche 83 - ejaculate rius 416-417
- s.a. Keten - Pre stata 420 - interlebularis 332
- Divertikelbildung 32!1 - tubuli se(tubuläre, rihrchenflirmige) - lymphatici 218
- I Iaustren 32!1 83 - papillares (Bellini-Gänge) 3!15
- bistetegisehe Kennzeichen 313 Drüsenepithelien 80-89 - reuniens 486, 488
-Krypten 328 Drüsenepithelzellen - tbe racicus 1!1!1
- Plicae semilunares 32!1 -dunkle 475 Dünndarm 308, 320-328
- Submukesa 32!1 -helle 475 - Becherzellen 323
- Tänien 32!1 Drüsengänge - Bürstenzellen 323
- Wandaufbau 328-32!1 - Pre stata 420 - Dannepithelzellen (Enterez)rten) 321
Dickenwad1stmn, appesitie nelles, - Struk-tur, Klassifikatie n 84 - ende krineZellen 323
Epiphyse 118 Drüsen(zellen) 80-81 - Epitbelregeneratien 324
Diffusien - alveeläre, verzweigte 84 - Falten 320
- I Ierme nfreisetzung 350 - apekrine 86-87 - bistelegiscbe Kennzeichen 313
- Kapillaren 211 - azini se 84- 85 - Kerckring-falten 320
DiGee rge-Syndre m 235 - ekkrine 86 - Krypten 323-325
Dihydrepyridinrezepte ren, I Ierzmuskel- - endeepitheliale 81 - Lympbezyten 323
zelle 137 - - mehrzellige 83 - Mikre villi 320-321
Dibydretestesteren (DIIT), Prestata - ende krine 81 - Muke sa 321
421 - exe epitheliale 81 - Muskularis 321
Dipalmiteyl-Phesph<rt.idylcbelin (DPPC), - exekrine 81 - 84 - Seresa 321
Surfactant 281 - - Becherzellen 82 - Submukesa 321
dipleide Chre mese menzahl 66 - - Gliedenmgsprinzipien 82 - terminales Netz 321
Dipletän - Exese men 87 - \Vandaulbau 320
- Prepbase, Meiese 68 - Exezytese 81 - Zetten 321-322, 325
- Reifeteilung, erste 411 - Fetttrepfen 52 - Zettengelliße 321
Disci - Gallenblase 343 Duftdrilsen 87
- intercalares 13 7 - genlischte 8!1 - apekrine 476-477
- intervertebrales 25!1 - h elekrine 88 duktuleterminale Einheit 457
Disinbibitien, neure nale Verbindungen - Klassifikatien n ach der chenliscben Due denum 324-326
150 Beschaffenheit des Sekrets 88 - Brunner-Omsen 326
Disintegrin-Kempenente, ADAM- - - nach dem Sekretiensmedus 84 - 88 - Mukesa 320
Preteine 26 - - nach den Ausfiihnmgsgängen 84 - Submukesa 320
diskentinuierlicbe Kapillaren 210- 211 - - nach den Endstücken 83-84 - Wandscbidlten 320
Disse-Ramn 335, 337, 341 - merekrine 86 -Ze lten 324-325
-Lymphe 341 - muki se 88- 8!1 Dura maler 175 - 176
- Sternzelle 341 - - Myeepitbelzellen 8!1 -Schädel 175- 176
Divergenz,neurenale Verbindungen 150 - - PAS-Reak1:ien 8!1 - vVirbelkanal 176
Divertikel(bildm1g) - - Schaltstücke 305 Durchlid1tmikreskepie I
- Dickdarm 32!1 -Muzine 88 Dyaden, I Jenmuskelzelle 136
- Harnleiter 3!1!1 - Myeepitbelzellen 84 dye ceupling 166
DNA - Pars pyle rica 31!1 Dynamin 4!1
- Eizellen 425 -Sekret 80 Dyneine 56, 148
- tmd Iliste n-Preteine 35 - Sekretgranula 81,87 - Kine zllien (Zilien) 21
DNA-bindende Preteine 37 - Sekretie n, kenstitutive (= kentinuier- - Transpe rt, a.xenaler, retregrader
Dem, Peyer-Plaques 25 1-252, 328 liche) 86 148
Demareal 327 - serise 88 - 8!1 Dysplasie 6!1
De mepithel 24!1 - 252, 327 - - Differenzialdiagnese !I Dyste nin 30
De pamin 167, 52!1 - - Myeepitbelzellen 88 Dystreglykane 12!1
- Wirkungen 168 - - Paretis 306 - Skelettmuskelzelle 12!1
Depaminrezepte ren 168 - seremuki se !10 Dystrephin 57, 12!1
Deppelcbrem esemen 63 - tubnlealveeläre, Gallenblase 343 - Defekte 12!1
Demapparat 146, 16!1 - tubule azini se 84 O-Zellen
Demen - tubuli se 84 - Gastrin 37!1
- dendritische 145- 146, 169 --einfache 84- 85 - Langemans- lnsein 378-380
- Neubildung 173 - - verzweigte 84 - 85 - SemalestaUn 37!1
Dem synapsen 144, 145, 146, 169, 170 - tubulemuki se, Harnblase 401
- Funk1:ien 16!1 - veräst.elte bzw; verzweigte 84 E
- Me rphelegie 16!1 Duchenne-Muskeldystrephie 12!1 ve n-Ebner-1 Ialbmende (Gianuzzi-Halb-
Devm-Syndre m 38 Ductuli me nde), Speid1eldriisen 8!1, 306
Dresselvenen 213, 215 - efferentes 406,414-415 E-Cadherin 25, 158
- Nebennierenmark 371 - epididymidis 415 Effekte rhe nnene, I Iypethalamus 353
568 Sachverzeichnis
Effekterhermen-preduzierende Neurene, embryenales Gewebe, Plazentazelten Endelhel(zellen) 77,200-202
Hypethalamus 353- 355 451 - Blutgefaße 200
Elferenzen 140 Eminentia mediana 155, 353 - Blut-llirn-Schranke 155
- sematemeterische 141 emetienalesSchwitzen 476 - Cadberin 20'
- viszeremeterische 141, 173- 174 Empfängnisbereitschaft 445 - Caveelae 20~
EGF (endethelial grewtb facler), Emphysem, Lunge 283 - f1.mktien 200
Speiebeldrüse 306 Endhirn 535, 545-554 - Glementlus 386
EGF (epidermaler Wachstumsfakter), - Kelunmen 546 - Intermediärfilamente 20'
Epidermis, Nwbildung 470 - Schädigungen 554 - Kapillaren 20~
Eiersteck 424-433 - Untergliederung 546 - LDL-Rezepler 201
Eileiter 433 - 434 Endhirnrinde 546-554 - Merpbelegie 201
Einbetten, Präparale 3-4, ~ - Nervenzellen 546 - Nwbildung 202
Einnistungsbluttmg 445 Endkni pfd1en, Rezepterzellen, Retina - Uhrastruktur 202
Eisenhämatexylin-Färbung nad1 50~ - Vunentin 20~
Heidenhain 7 Endkelben, Rezepterzellen, Retina 50~ - ven-Wlllebrand-Fakter 203
Eizellen 424 -425 Endecannabineide 167 - Zellkenlakle 20 I
- ausdifferenzierte, Gri ße 3 Endekard 21~ - Zellmembran 201-202
- DNA 425 endekeine Einzelzellen 348 - Zellrunsatz 202
- tmd Spermatez.een, Pusien 444 endekrine Organe 347-381 - Zyte plasma 201-202
Eizell-Integrin 444 - 1-Iennene 347 - Zyteskelett 202
ekkrine Schweißdrüsen 475 - 476 endekrineSignalgebung, Hermene 348 Endelexin 14
ELAM-1, hechendetheliale Venelen, endekrine Zellen 348 Endezytese 23 - 25, 47
Lymphkneten 244 - Brenchien 272 - dathrinunabhängige 25
Elastase 346 - Dünndarm 323 - datbrinvermittelte 23
Elastica - gastre-entere-pankreatische, disse- - Preteine 47
- externa, Arterien 203 minierte 374-381 End~·trembahn 207-213
- - - vem mus!.:ulären Typ 206 -Magen-Darm-Trakt 374-377 Endstücke
- - Blutgefaße 200 - Magendrüsen 319 - Pankreas 306
- interna, Arterien 203 - - Kennzeichen 317 - - exekrines 345
- - - vem musk'l.l!ären Typ 206 endekeines System 354 - Schweißdrusen 475
- - Blutgefaße 200 endelymphatisches Petenzial 4~7 - - ekkrine 475
Elastika-Pärbung (Orcein-Färbtmg) 6, 7, Endelymphe 486,488, 4~ - Speicheldrüsen 306
103 Endelymphraum 486, 48' - Tränendrüse 306
Flastin 103 - 104 Endelysesemen 46 Energiespeichenmg, Fettgewebe 121
- Bindegewebe,straffes ~2 Endemetriese 436 Engwinkelglaukem 50 I
- elastische Fasern 103 Endemetrium 434-436 En-passant-Beuten 147
- hypetbetisches Me dell 103 - Drüsen, tubuläre 435 Tin-passant-Synapsen (Varikesitäten)
elastische Fasern 102-104 - Gefaße 435 127
- Blutgefaße 200 - Gliedenmg 435 Entaklin ( ~ Nidegen) 26,99
- Elastika-Färbung 103 - Oberflächen-/Drüsenepithel 435 - Basallamina 73
- Elastin 103 - Pestmenepause 435 - Bindegevv-ebe, straffes ~2
- Fibrillin 103 Endemitese, Megakaryez)Tten, reife 1' 8 enteriscbes Nervensystem 173, 174
- melekulare Kempenenten 103 Endenatrium 163, 164 Enteritis, Peyer-Plaques 252
- merphelegisd1e, bietegisehe und färbe- Ende peptidasen 346 enterehepatischer Kreislauf 342
nsehe Eigenschaften ~~ endeplasmatisches Retikulum 40-43 Enterezyten
elastischer Kne rpel 107- 108 -glattes( GER) 15,42-43 -Dünndarm 321-322
Elastese 474 - - Chelesterinsynthese 43 - Mikrevilli 23
elektrische Ladtmg, Kapillaren, Endethel - - Erscheimmgsbild 43 - Miz.ellen 323
212 -- Funklien 42 - Reserpliensleistung 322- 323
elektrische Synapsen 166 - - Perikaryen, Nervenzelle 143 - Sympert-Carrier 323
elektremecbanische Kepplung, Skelett- -- Skelettmuskulatur 132-133 - terminales Netz 23
muskulatur 133 -raues (RER) 15, 40-42 - Triglyceride (Triacylgiycerine) 323
Elektrenenmikreskep - - Ergeplasma, basephiles 41 -42 Entgiftung, I lepatez)Tten 33~- 340
- AnfliStmgsvennigen 3 - - Erscheintmgsbild 41-42 Entmark·ungskrankbeiten (demyelini-
- Gri ßen 3 - - Nissl-Substanz 41-42 sierende Krankheiten) 162
- Typen 2 - - Perikaryen, Nervenzelle 143 Entz\indung
Elek1Ienenmikreskepie 2- 3 - - Preteine, Transperl 40 - Diapedese 212
- Präparate 8- ll - - Preteinsynthese 40 - 41 - Makrephagen ' 5
- Vergri ßenmg 2 - - Signalerkennungspartikel (SRP) 40 Enzyme, lysesemale 45
Elementarpartikel, Mitecbendrien 51 ß-Enderpbin 360 eesinepbil (- katienisch) 5
Ellipseid, Rezepterzellen, Retina Endesemen 46 Eesinepbile 183, 185-186
508-50, -frühe 46 - Asthma brencbiale 186
Embryeblast 444 - multivesik'l.l!äre Ki rper 46 - Bindegewebe ~5
embryenale Stammz.ellen 65 -späte 46 - Blutausstrich 185
Embryenalenlwicklung Endest 115, 120 - Fc-Rezepteren 186
- Blutzellbildung 1' 1 Endesymbienten-Theerie 4' - Funklien 186
- Gesdtlechtsergane 404-405 Endethel in, Endethel 200 - Granttla 185
Sachverzeichnis 569
- Immunsystem, angebe renes (unspe- - k·ubisches 78 - nicht geah erte, Milz 241
zifisches) 225 -labile 72 - Zellmembran 181
-Kern 185 - mehrreihiges 79 - 80 - Zyteplasm a 182
- maj e r basicpretein 185 - - prismatisches, Becherzellen/Kine- E-Selektin (CD61E) 26, 184
- Sput\un 186 zilien 79 Euchrematin 15, 35 -36, 37
- Unterscheidtmg:;merkmale 185 - - (respirate risches) 75 euchre matinreicher Kern, Perikaryen,
- \Vunnerkrankungen 186 - mehrschichtiges, prismatisches 78, 79 Nervenzelle 14 3
eesin ephile Farbste ife 4 - Plazentazetten 451 eukaryetische Zellen 15 - 16
eesin ephile Granule zyten s. Ees inephile - prism atisches 74, 78 - 80 - Oberfl ächendifferenzienmg 15
eesinephileMyele zyten 196 - Rumpfdarm 308 - Organellen 15
Ee sinephilenperex:idase 186 - Samenleiter 4 16 Eumelanln 51, 471
Ee sinephilie 186 - zweireihiges, prismatisches, Stereezilien E.xcavatle papillae 4!18, 512
Ee sine phileblast 196 79 E.xepeptidasen 346
Ependymzellen 153 - 154 Epithelki rperchen 348, 367- 369 E.xese men, Driisen 87
- Entwiddw1g/Funktienen 151 - Hauptzellen 367 - 368 Exezytese 23
- Liquerrese rptie n 153 - Me rphe le gie 367 - Driisenzellen 81
- Plexusepithel 153 - exyphile Zellen 368 - IIe rme nfreisetZtmg 350
Epii 324 Epithele idzellen 95 extraembrye nales Mesenchym 446
EphR-Ephrin, synaplischer Spalt 166 - arterieveni se Anasteme sen 216 extragiemeruläre Mesangimnzellen 3!17
Epidermis 465- 474 Epithelregeneratie n, Dünndarm 324 extrapyramidale Mete rik 538
- EM-Aufuahme 469 EpitlJelzellen extrazelluläre Matrix !18 - 104
- Keraline zyLen 466 - 467 - basales Lahyrintl1 24 - Bindegewebe !l 1
- Langerhans-Zellen 472 - 474 - Immtmsystem, angebe renes (tmspe- Extrazellulärsubstanz !l 1
- Merkel-Zellen 524 zifisches) 225 - hyalure nsäurereiche, Mesenchym !l l
- Oberfläche 466 - Keratine 57 Ezrin 57
- Säureschutzmantel 4 70 - reserbierende, Mikrevilli 22
- Schichten 467-4 70 - Thymus 234 F
- Zellerneuerung 470 - Wachstum, bi sartiges und unkentrel- Färben/Pärbungen 7, !l
- Zelltypen 4 71 liertes, Karzin e me 74 - bistechemische 5
Epidermelysis bullesa simple:< 58, 470 Epe nychium 483 - Präparate 4 - 8
Epididymis 406, 414 - 417 Ereklien F-Aktin 56, 129
epidurale Bluttmg 177 - Parasympathik-us 422 Faltensaum (eng!. ruffled berder), Ostee -
EpigletLis (Kehldeckel) 267- 268 - Stickste lfmen ex:id 422 Idasten 111- 112
Epikard 220- 221 Ergasteplasma, basephiles, RER 41 - 42 Farbli sungen, wässrige 4
Epineurium 163, 164 Erguss, Seresa 28 7 Farbschwäche 510
Epipharynx 267,308 ERM- Familie 57 Farbseben, Zapfen 508
- respirate risches Epithel 308 Eriffnung:;zene, Ossifikalien 117 Farbste ife
Epiphyse 155, 361-363 Ere sien, Magen 315 - azide-, base - bzw. e esine phile 4
- Funk"tie n 361 Erregw1g:;ausbreitungl-leitung, saltateri- -saure 5
- He rme ne 361 sche 154, 157- 158 Fascia penis 421
- interstitielle Zellen 362 Erregw1g:;bildung:;- und Erregwlgslei- Fasciae adhaerentes, Glanzstreifen,
- Melate nin 361 tungssystem, Herz 138, 221-222 Herzmuskelzelle 137
- Pinealezyten 362 Ersatzknechenbildtmg 115 Fasciculus( -i)
Epiphysen (Kn e chen) 118 - 119 Ersatzzälme 295 - cune atus 538
- Dicken wachshun, appe silienelles - Zahngeneralien 295 - gracilis 538
118 Ersatzzahnleiste 2!15 - pre prii 53!1
- Ossifikatie nszentn un ( Kne chenkern) Erythreblast(en) 195, 1!16 - sulcemargin a.lis 538
118 - base phile 1!14, 195 FaserarchltekLur, Ne rvensystem 532
Epiphysenfuge (Wachstwnsfuge, - pelychre matische 1!14, 195 Faserkne rpel 108 - 10!1
Wachstu msplaLLe) 118 Erythreblastesis fetalis 453 Faserverknüpfungen, Kleinhirnrinde 543
- Frakt ur 119 Erythrepe iese 194- 195 Pas- Ligand 232
Epiphysenkne rpel 118 - Retikulezyten 1!15 - Ape ptese 70
Epiphysis cerebri s. Epiphyse Erythrepe ietin (EPO) 1!14, 396- 397 Fe-Regie n, Antiki rper 226
Epithelgewebe 72 - 90 -Mangel 3!17 Fe-Rezepte ren
- Kapillaren 72 erythre peielische Inseln, Knechenmark - Anligen -Antiki rper-Kemplexe 231
- Kennzeichen, allgemeine 72 1!12 - Eesinephile 186
- Oberflächenepithelien 74 - 80 Eryth rezyten I SO -182, 1!14, 1!16 Felderhaut 465- 466
- Parenchym 72 - alte, Abbau, Milz 241 fenestrierte KapiUaren 210- 211
- pelarer Aufbau 72 - Aheru.ng 180 Ferlilin 444
- Strema 72 - Ausstrichpräparat 16 fetaler Knerpel 107, 117
- Zellen72 - Blutausstrich 180 Fettfarbtmgen 7
- Zellwnsatz 72 - Bluhverte, n e rmale 17!1 Fettgewebe 121-124
Epithel(ien) - Funk-lie n 180 - braunes (plurivakueläres) 122
- einschichtiges, kubisches (iseprismati- - Gestalt 182 - Energiespeicherung 121
sches) 74 -75 - Gri ße 3 -Fe rmen 122
- - prismatisches 75, 78, 79 - Hämeglebin 180 - Funklie n 121
- Ki rperregie rten 81 - Mikreskepie/Me rphelegie 180 - Regullen mg 121
5 70 Sachverzeichnis
-weißes (lmivak<teläres) 122-123 Fixieren G 2- Phase, Zellzyklus 5'
- - Insulin, Wirl..1.mg 381 - Präparate 3 G-Preteine 521
-Zellen 123 - Transmissienseleltre nenmikreskepie GABA (y-Aminebultersäure) 14, , 167,
Fettleber, alkeh ellsehe 341 (TEM) 8 5~
Fettmark 1' 2 Flagellen 14 - Lekalisalien!Rezepte ren und Wirkun-
Fetttrepfen Flimmerepithelzellenl-haare s. IGnezilien gen 168
-intrazelluläre 52-53 Flnereszenzmikre skep 2 GABA-A-Rezepteren 168
- Skelettmuskulatur 12' Fekalke ntakle 2' - 30 - ient• Lrepe 168
Fettzellen Felliculi lymphatici aggregati (Peyer- GABA-B-Rezepteren, metabetrepe 168
- Bindegewebe '4 Plaques) 24' - 251 G-Aktin 56
- Differenzierung 123 Fellikel Galakte rrhe 464
- Entstehlmg 121 - atretischer 432 - 433 Galle 342
- Färbungen 123 -Bildung 424 - Abßussste rung 341
- Funktien 123 - Merkmale 4 28 - Cllelesteringellalt 343
- PPAR (perexise me preliferate r - Sdlilddrüse 363 Gallenblase 332, 342-343
activated recepte r) 121 - sekundäre, Milz 240 - Adventitia 343
- Regulienmg 121 fellikelasseziierte Epithelien (FAE) 247 - Drüsen, einfache lubule alveeläre 343
- Triglyce ridbausteine 123 Fellikelepithelzellen (Schilddrüse) - IIauptzellen 343
- Tumeren, gutartige 124 363-364 - Mukesa 342 - 343
- Typ-IV- Kellagen 123 - Ke lle idtrepfen 364 - Muskularis 343
Feulgen-DNA-Färblmg 7 -1hyreglebul in,Sekretien 365-366 - Oberflächenepithel 343
FGF (fibrebla~t grewth facle r) 201 Fellikelmantel, Lymphkneten 245 - Seresa 343
Fibrae Fellikel-regulate risches Pretein (FRP), Gallenfluss 342
- alveegingivales 303 Ovar 426 Gallengänge
- circulares 303 fellikelstimulierendes Hermen s. FSI I - extrahepatische 34 2
- dentegingiva.les 303 Fellikelzellen, Theca-interna-Zellen, - interlebuläre 334
- lentis 502 - 503 Zusammen\"'irken 42' - Zentralvenenläppchen 335
fibrilläreAstrezyten 151-152 fellikuläre dendritische Zellen 231 Gallenkanälchen/Gallencanaliculi
Fibrillen, Arterien vem elastischen Typ Fellitrepin s. FSH 335-336
204 Pentana- Räume 501 - 502 - intralebuläre 34 2
Fibrillin 103 Fe rmatie reticularis 538 - Ramnnetz 337
- Bindege'fl'-ebe, straffes ' 2 Fevea centralis 4, 8, 510, 511 Gallenkapillaren 335
- elastische Fasern 103 Frakturheilung 120 - 121 Gallensäuren 34 2
Fibrineidablagerung, Plazenta 454 - primärelsel'l.llldäre 121 - Pankreassekretie n 346
Fibrintyp-Fibrine id 450 freie Nervenendigungen 528-530 Gallensteine 343
Fibreblasten '2-' 4 - Epidermis 471 Gallenwege 342
- lebende, Phasenke nlrastmikreskepie 8 Fremdkerperriesenz.ellen ' 5 - Epithel 34 2
- Vunentin 57 Fremdpretein, extrazelluläres, - intrahepatische 332
fibreblastenälmlicbe Zellen, Syne viaZ}1en MHC-Klasse- TI- Pre teine 230 - intralebwäre 342
256 Fresszellen s. Makrephagen Gallepel, I Iepatezyten 33'
fibreblastiscbe Retikulumzellen 105 Fmcbtwasser 447 Gallepre dulclie n, I Iepatezyten 33' - 340
Fibreelastika, Perle st 120 Friihgeberene, Atemnetsyndrem 281 gallertiges Bindegewebe 105
fibrekartilaginäre Sdlicbl, Bre ncbien 272 FSH (fellikelstimulierendes He rmen , Gallertkem, Anulus libresus 25'
Fibre medulin ' 8 Pellitrepin) 347, 35' GALT (gul- asseciated lymphe id tissue)
Fibre nectin 26, , 3, 99,386 - Pellikelent\vickllmg 425 237
- Bindegewebe, straffes '2 - Funktien, Freisetnmg lmd Reguliemng Gameten 68
- Thre mbezyten 18' 360 Gangllen(zellen) 140, 508
Fibrese ' 3 - Leydig-Zellen 4 14 - Anerbach-Plexus 310
- Kellagensyntheseste mng 101 FSH-Rezepteren, Serteli-Zellen 40' - gre ße/kleine, Retina 5 11
Fibre zyten' 2-'4 FüJkhenfe rtsätze, Pedezyten 388 - 38' - I lli'telegie 533
- Alveelen 280 Flmdus 3 16 -kraniale 532-533
- Dermis 474 - Driisenzellen, Keimzeichen 317 - Mantelzellen 155, 534
- Überaktivität, pathelegische ' 3 - Magendriisen 317 - Nebennierenmark 372
-Zellkern ' 3 - Mukesa 316 - Nervensystem, vegetatives 534
- Zyteskelett ' 3 Flmiculus - pseudeunipelare 145, 533
Filaggrin 58 - anterie r 536 - sense cisehe 140,532-534
Filamente - lateralis 536 - vegetative 535
- dicke/dünne, Sarkemer 130 - pesterie r 536 - - founklien/1 Iistelegie 534
- Herzmuskelzelle 135 - spermaticus 417 - - Mantelzellen 534
- Mnskelzelle, glatte 124 f'llllktienalis, Endemetrium 435 - - Verschaltung 534
Filamin 57 Fusimeteneurene 527 Ganglien
Filtratien, Kapillaren 211 - spinale 532
Filtratiensraum, Gle memlus 387 G - spirale 4' I - 4' 2
Fimbrien, Tuba uterina 433 G,-Phase, Zellzyklus 5' - 60 Gangsystem, Pankreas, exe krines 346
Fimbrin 57 G1-Ke ntrellpunkt 60 - 61 Gap }unct.ien (Nexus) 15, 26, 30, 31
Fingergelenk, Gelenkkne rpel 254 G 1- Phase, Zellzyklus 5' , 63 Gaster s. Magen
Fingerkuppe 466 G 2-Ke ntrellpunkt 60-61 gastric inhibitery p elypeptide (GIP) 375
Sachverzeichnis 5 71
Gastrin 323, 375 Geruchssteffe 521 - sublingualis 303-305
- O-Zellen 37' Geschlecht - - Differenzierung, histelegiscbe 306
- Magensäuresekretien 31' - chrem esemales 404 - - mukiise Endstücke 307
- Pars pylerica 31' - genadales 404 - submandibularis 303- 306
Gastrin-bildende Zellen s. G-Zellen - phänetypisches 404 - - Differenzierung, histelegische 306
gastre-entere-pankreatische endekrine geschlechtsbestimmende Regien des - suprarenalis s. Nebennieren
Zellen (GEP) 374 Y-Chre mese ms (SRY) 403 - tarsalis (Meibe m-Driise) 514
- disseiDinierte 374 - 381 Geschlechtschrem esemen 38 - thyreidea s. Schilddriise
- Turne ren 377 Geschlechtsdifferenzierung 403 - tracheales 270-271
gastreisephageale Refluxkrankheit 313 - phänetypische 403 - urethrales 402
Gaumen Geschlechtsdrüsen, ak-zesserische des - vesiculesa 417
-harter 2' 2 Mannes 414, 417-421 - vestibulares maje res 441
- Schleimhaut 2' 2 Geschlechtsentwicklung 403 Glanzstreifen (Ilerzmuskelzelle) 137,
- weicher 2' 2 - ge nadale 403 221
Gaumensegel 2' 2 - Sti rungen 404 Glashaut 48 t - 482
Gebärmutter 434 - 435 Gesdliedttsbe rmen-bindendes Glebulin - Atemwege 74
Gebiss, bleibendes, Zähne 2' 4 (SHBG) 414 Glaski rper 4" , 505
Gedächtnis-B-Zellen, Lymphkne ten 246 Gesclliechtse rgane 403 - 441 glatte Muskulatur 124- 127
Gedächtniszellen 226, 233 - Embryenalentwicklwtg 404 - 405 glattes endeplasmatisches Retikulum
Gefäßpel, Glememlus (Nieren- - innere, Entwickltmg, nennale 404 s. endeplasmatisches Retikulwn, glattes
kiirperchen) 385, 387 -männliche 406 -423 Glauke m (griiner Star) 4" , 501
Geflechtknechen 116 - 117 -weibliche 424-441 Gleichgewichtserg<m 486, 488- 491
Gefrierbruchmelhede ' - - äußere 440 - Erregungsmechanismus 4' 0-4'1
Gegenstremau~tauschsysteme, I Tarn- Gescbmacksknespen 5 16-517 - Sinneszellen 488, 4' 0
bildung 3' 8 -Sinneszellen 5 16 Gliafibrillenpretein/gliafibrillar acidic
Gehirn 540 - 554 - Stützzellen 516, 517 prelein (GPAP) 58, 151
- Alterungsve rgänge, neuretrephe Gescbmackse rgan 516 - 51' Gliali.hunenle 58
Fakteren 168 Geschmackspapillen 2, 2, 516, 517-518 - Astrezyten 58
- Kapillaren 210 Geschmackspe rus 516-517 Gliagrenzmembran
Gehiir 487 Geschmackssinn, Verlust 518-51' - äußere (Retina) 508, 5 lO
Gehi rgang 4' 1- 4' 6 Geschmackssinneszellen 516 - innere (Retina) 508
- äußerer 487 Geschmackssteffe 518 - Pia mater 177
Gehergangsschnecke 4' I Geschmackswahrnehmung 518 Glianarbe 150
Gehi rkniichelchen 487 Gewebe 71 -177 GUascheiden
Gehiire rgan 486 Gewebsbennene 348 - Nervenzellfertsätze 157
- Sinneszellen 488 GFAP (gtial fibrillaryacidic pretein) 58, - PNS 157
gelber fleck 5 11 151 - ZNS 160- 162
Gelbki rper 430- 432 Gianuzzi-Halbmende (v.-Ebner-Halb- Gliazellen 13' - 140, ISO
Gelenke 253- 257 me nde), Speicheldriisen 8, , 306 - astrezytäre 363
Gelenkfliissigkeit(Syne via) 254, 256 Gicht, Celdlicin 56 - Entwickhmg 150
Gelenkhe hle 256 Giemsa-Färbung, Blutzellen 180 - Funktie nen 151
Gelenkkapsel 255 - 256 van-Giese n-Färbwtg 7 - graue Substanz, Rückenmark 53'
- Intima, syne viale 255 Gifte, bielegiscbe, mete risd1e Endplatte - Isekertex 54'
- Membrana fibresa/synevialis 254, 255 171 - Kleinhirnrinde 545
- subintimales Gewebe 255 Gingiva 303 - Ursprung 150
Gelenkkne rpel 253 - Sawnepithel 303 Glie me ISO
- Fingergelenk 254 Gingivitis 303 Glissen-Trias 334, 336, 338
- Grenzlinie 255 GIP (gastric inhibitery pelypeptide) Gleckensladium, Zahnentwicklung 2, 3,
- Sduchten 253 375 2' 6 - 2, 7
Gelsetin 57 GIP (glucese-dependent insulinetrepic gle memläre Basalmembran (GBM) 386
GEMM (Ursprungszelle fUr Granule-, peptide) 323, 375 glememläre Piltratiensbarriere 3' 0
Erythre-, Mene- tmd Megakaryezyten) Gitterfasern s. retikuläre Fasern GlememH Cerebellares 544
1, 3 Gitterzellen 154 Glemerule nephritis 387
GEMML (Pregeniterzelle fiir Granule-, glandetrepe Hermene 353 Gle merulus 385, 386-389
Erylhre-, Me ne- und Megakaryezyten Glandula( -ae) - Endethel 386
bzw. Lymphe zyten) 1'3 - bulbeurethrales 421 - r:iltratie nsratun 387
Generallamellen, Knechen 114 - ciliares (Mell-Drüse) 514 - Gefäßpel 387
genetische Vielfalt, Meiese 67- 68 - epigletticae 26' - !Iarnpel 387
Gennari-Streifen 54' - 550 -labiales m - Harnraum 387
Gene m - lacrirnalis 515- 516 - Kapillaren 388
- Bakterien 14 -- accesseria (Krause-Drüse) 514 Gle merus/Giemera 52'
- mitechendriales 51 - - Differenzierung, histelejjsche 306 - ae rticum 52'
GEP s. gastre-entere -pankreatische - laryngeae 26' - care tictun 52'
endekrine Zellen - elfacte riae 51' Glemusanastemesen 216
Gerstenkern (Ile rdeelwn) 515 - paratbyreideae s. Nebensdillddriisen Glemusergane 216
Geruchse rgan 51, -521 - paretis 303 - 305 Gle ttis 267- 268
Geruchssinn, Stiirungen 522 - - Differenzierung, histele jjscbe 306 GLP-1 s. lucage n-like-peptide I
572 Sachverzeichnis
Glucagen 346,352,368, 374 G-Pretein-geke ppelte Rezepteren 352 - Ke pfhaut 47~
- A-Zellen 348,377,37~ - hechendetheliale Venelen, Lymph- - Rückbildungsphase 482
- Pankreas 345 kneten 244 - Ruhephase 482
glucagen-like-peptide 1 (GLP-1) 375 - Signaltransduk1.iensweg 351 - Wachstum(sphase) 480-482
Glucece rticeide, Z.na fasciculata 370 Graaf-Fe llikel 425,427,423 1-Iaarfellikel 47~. 48 I- 482
glucese-dependent insulinetrepic peptide Gram-Färbung. Bak'terien 13 - Aufbau 480
(GIP) 323, 375 Granula - Rezepte ren 525
Glucesesteffwechsel, I Iepatezyten 340 - all.lrephile (= primäre) 184 I laargefäße s. Kapillaren
GLUT-2 380 - Basephile 186 Haarbttikula 4"-482
- insulinabhängiger 378 - Eesine phile 185 Haarpapille 481
- Kehlenhydrate, Rese rptie n 324 - Menezyten 188 Haarscha ft 4"
GLUT-4 380 - Neutrephile 184 -Mark/Rinde 4" , 481
GLUT-5, Kehlenhydrate, Reserptie n - spez.ifische ( = sek""liUdäre) 184 Haartrichter 4"
324 - Thre mbe zyten 18~ Haarwurzel 4"-480
Glutamat 167, 508 granulierte juxtaglemeruläre Zellen 3" Haarzellen
- Wirk•mgen 168 Granulemer, Thrembezyten 18~ - 1~ - äußere 4~3 - 4~5
Glutamatrezepteren 168, 173 Granulesa(lutein)zellen 432 - - Elektre metilität 4~5
- Astrezyten 152 - Östregene 426 - - Stereezilien 4~4
Glutemmverträglichkeit 328 - Tertiärfellikel 427, 42~ - innere 4~3 -4~5
Glycere ltrinltrat (Nitreglycerin), Angina- Granule zyten 182 - 183 Ilaarzwiebel 481
pecte ris-Anfälle 350 - base phile s. Basephile - Melane zyten 471
Glycin 167, 53~ - eesinephile s. Eesinephile hämatelegische Krankheiten, nee-
- Wirbmgen 168 - nattrephile s. Neutre phile plastiscbe, Milz 243
Glycin-Rezeple ren 168 - Unterscheidtmgsmerkmale 185 I Iämate peiese s. Blutzellbildw1g
Glycesamineglykane, Nuclats pulpesus Granulezyten-Makre phagen-Kelenie- bämatepeietische Stammzellen (1-ISC)
25~ -260 stimulierender Fakte r(GM-CSF) 1~2 1~2. 1~4
Glykegen 15, 131 Granulezyte pe iese 1~5 Hämalexylin-Eesin-Färbung 5, 7
- Skelettmuskulatur 12~ Granulysin 232 bämeche riale Plazenta 452
GlykegengramllaJ-partikel 52 Granzyme 232 Häm eglebin 182
- Gri ße 3 graue Substanz 531 - Erythrezyten 180
- Herzmuskelzelle 136 - Rückenmark 536 - 53~ Iläme rrheidalleiden 33 1
Glykegenspeicherkrnnkbeiten 47 - - Gliazellen 53~ Hämesiderin 53
Glykekalyx - - Nervenzellen 537 - 53~ - Makre pbagen 54
- Flmktienen 20 - ZNS 140 I Iäutchenpräparat, Perite nealepithel
-Muzine 88 grauer Star (Katarakt) 503 75
- Zellmembran l~ - 20 Gravitatiensbeschleunigungen I Iaftkemplex (Schlussleistenke mplex)
- Zetten, Dünndarm 322 (Erdbeschlamigungen) 4~ 1 2~. 31 - 32
Glykephe rin, Erythrezyten I 8 I Grenzstrangganglien 535 Haftzelten 448-450
Cf..t-Glykepretein, Knechen ~2 Grenzzelle, innere ~3 Hagelke rn (Chalazie n) 515
Glykepreteine 99 grewth hennene (GI-I) 357 Hammer(Malla1s) 486-487
- Blutgefäße 200 grünerStar(Glaukem) 4" , 501 bapleide Olre mesemenzalli 66
- Grundsubstanz ~8 Gnmdsubstanz ~8 Harnbildung 3~8- 3"
- Knechen " - Glykepreteine ~8 - Gegen~tremaustauschsysteme 3~8
- Kne rpelzellen 106 - Hyalure nan ~8 Harnblase 401
Geldner-Färbtmg 6, 7 - Preteeglykane ~8 - Driisen, tubnle muki se 401
- Kleinhimrinde 544 Guanesinmenephesphat, zyklisches - Mukesa 40 I
Gelgi-Apparat 15, 43-45 (cGMP) 351 - Muskularis 401
- Aulbau 43 Guanylylzyklaserezepteren 352 I Jarnblasenkarzine m 40 I
- Ftmktie n 44 gut-asseciated lympheid tissue (GALT) Harnleiter 399 - 40 I
- Perikaryen, Nervenzelle 143 237 - Divertikel 3"
- Preteine, Medifikatie n 43 G-vVert, Myelinscheide 158 - Deppel-/Pehlbildungen 3~~
- Sekretgranula 44 Gynäke mastie 463 - Klappen 3~~
- Stachelsawnbläschen 43 - physielegische 463 - Mukesa/Muskularis 3"
- Steiftranspe rl 43-44 Cyrus - Übergangsepithel 400
- Verkemmen 44-45 - dentatus 551 - 553 Harne rgane 383-402
Gelgi-Mazzeni-Ki rperchen 525 - pestcent ralis 547 - 548 I Iarnpel, Cle memlus 387
Gelgi-Sehnenergane 526- 527 C-Zellen 31~ Harnramn, Cle merulus 387
Gelgi-Silberimprägnatienstechniken 546 - Magen-Dann-Trak-t 375 Harnri hre 401- 402
-Nervengewebe 141 - Magensäuresekretien 31~ - f.eJllbildtmgen 402
Gelgi-Zellen 543 - Klappen 402
- Kleinhirnrinde 545 H - männliche 423
Gem eri-Färbung 7 Ilaarbalg 480 - 482 - Schleimdriisen, tubuläre 402
genadetrepe Zellen, Adenebypephyse Haarbulbus(Haarzwiebel) 4" - 480 - Schleimhaut 402
35, - Bindegewebspapille 480 - Striktur 402
Genadetrepine 35~ -Matrix 480 I Iamwege, ableitende 399- 402
Genesemen 38 Haare 478-483 - Obergangsepithel 3"
G-Pretein 351,368 -Aufbau 478- 480 - Wandaufbau 3"
Sachverzeichnis 573

Haselnusspellen, Rasterelektrenenmikre- Herz 1!1!1, 21!1- 222 - Differenzialdiagnese 555-558


skepie ll - Erregungsbildungs- und Erregungs- - Untersuchungsabalauf 555-556
Hashlmete-Krnnkheil 366 leitungssystem 221- 222 hislelegische Schnitte, InterpretaUen
1-Iassall-Kiirpercben, Thymus 234-236 - Wandaufbau 21!1 !1 - ll
Hauptz.ellen Herzklappen 21!1-220 Ilistene/lliste n-Preleine 34
- Epithelkiirpercben 367- 368 - Cbamkterisllka 21!1 - tmdDNA 35
- Gallenblase 343 Herz-Kreislauf-System 1!1!1 I litzescb ecl..'l'reteine, Skelettmusl..'l.tlatur
- Karetiskiirperchen 52!1 Herzmuskelz.elle/-musl..-ulatur 135- 13!1 132
- Magendrüsen 317-318,319 - ANP/BNP 137- 138 IIIV (humanes lmmundefizienzvirus),
- Samrnelrehr 3!16 - Dibydrepyridinrezepte ren 137 dendritische Zellen, fellikuläre
Haustren, Dickdann 32!1 -Dyaden 136 232
Haut 465-483 - Erregungsleitungssystem 138 IJLA-Antigene s. Ml IC-Preteine
- Arterien 4 74 - Filamente 135 hecbendetheliale Yenelen (IIEV)
- Langerhans-Zellen 231 - Glanzstreifen 137, 221 212-213
- Lympbgef'aße 474 - Glykegengranula 136 - Lymphknele n 244
- Sinnesstmlcturen 483 - Ke ntral..1.ie n 137 He den 406
-Venen 474 - Lipefuszingranula 136 - Erkrnnkw1gen 413
Hautdrüsen 475 - Membransysteme 125 - Ile nne ne 414
Havers- Gefiiße 115 - Ryanedinrezepteren 137 - inter~1itielles Gewebe 413
Havers-Kanal 114, 115 - sackeplasmatisches Retikulum 136 - Keimepitl1el 407-408
- Osteen 116 - Stmktur 137 - Keimzellen 40!1
I I-Bande {I Iensen -Streifen, I I-Streifen, - T-Tubuli 136 - Leydig-Zellen 413
II-Zene) 130 - Unterscheidungsmerkmale 125 - Reinke-Kristalle 413-414
Heidenhain-Färbung 7 - Zellkern 136 - Serteli-Zellen 407
Heiserkeit 268 - Zelle rganellen 136 Iledenkanälchen 406
Helfer-T-Lymphezyten 224 - Zyteplasma 135 Hedensack 406
Helice bacter pyleri, Magenulkus 315 Herzskelett 221 Hiirvergang 4!16- 50 1
Helicetrema 486 HelerechremaHn 15, 36, 37 - Transduktien 4!16
Hell-dunkel-Sehen, Stäbchen 508 Hilusz.ellen, Ovar 428 Helbauer-Zellen 45 1
Hemidesmese men 15, 26,29-30,73 Hinterbe rn 537 !Iehlvene, tmlere 214
- Intermediärfilamente 57 Hinterstrang 536 belekrine Talgdriisen 477-478
Henle-Schicht 480-482 Hippecampus(fe nnatien) 551-554 Ilemiiestase
Henle-Schleife 386, 3!14, 3!18 - Afferenzen 553 - chemische, Aslrezyten 152
Hensen-Kiirper 4!14 - Efferenzen 554 - Mlkregliazellen 154
Hensen-Zellen 4!13, 495 - funlctienelle Bedeutung 554 Ilerdeelum (Gerstenlcem ) 515
Hepar s. Leber - Gliederung 551 I-Ieriz.entalzellen, Retina 508, 510
Heparansulfat !18, 386 - intrinsische Verschaltungen 554 Ile nne nbindtmg 352
Heparansulfat-Pre teeglykan 26 - neurenale Verbindung 553 Ile nne ne 348-353
- Endetbel 200 - Regie neu 552 -Abbau 350
- Kapillaren, fenestrierte 210 -Schichten 551- 552 - Adenehypephyse 357- 35!1
Heparin, Mastzellen !16 - !17 - Subregienen 551 - autekrine Signalgebung 34!1
Hepatitis, alke helische, Malle ry-Kiirper - Verbindungen 553 - base phileZellen 360
341 - zellarme Schiebt 551 - Bildw1g, RegulaHen/Rückke ppltmgs-
bepatelienale Phase, Blutzellbildung I!II - zellreiche Schicht 551 ke nlre lle 353
Hepatezyten (Leberepithelzellen) 332, - Zelltypen 551 -Chemie 34!1 - 350
335,338 I-lirndmcksteigenmg 177 - endekrine Organe 347
- ABC-Tmnspe rter 33!1 I-limhaut/-bäute 175 - 177 - endekrine Signalgebung 348
- ATP-bindende Cassetle 33!1 -harte 175 - Epiphyse 361
- Aufbau 338 - 33!1 - mikreskepische Anatemie 175 - foreisel~tng 350
- Bilimbin, KenjugaHen 33!1 - 340 -weiche 175 - glandet repe 353
- Bhrtpel 33!1 I-limsand 362 - Ile den 4 14
- Entgifumg 33!1 - 340 1-Iis-Biindel (Atrieventril..-l.tlarbündel, - IIypephyse 35!1 - 360
- f"'lmktie nen 33!1 - 340 AV-Bündel) 13!1,221 - Ilypethalamus 353-355
- Gallenpe l 337, 33!1 I-listamin 167 - Langerbans-Inseln 378
- Gallepre duktien 33!1- 340 -Entzündung 212 - Magen-Dann-Trakt 374-375
- Gluceseste ffwechsel 340 - Magen-Dann-Tmkt 375 - Nebennierenmark 373
- Glykegennachweis 340 - Magensäuresekretie n 31!1 - Nebennierenrinde 370-371
- G riiße 3 - Mastz.ellen !17 - Neure bype physe 361
- Lipidste ifwechsel 340 I-listiezyten !14 - parnkrine Signalgebung 348- 34!1
- Nekrese, KnellenblätterpUzvergiftung bistechemische HiTbungen 5, 7 - rhythmische Abgabe 350
33!1 1-Iistekempatibilitätsmelekiile, Endetbel - Scbilddriise 365- 366
- Preteinsyntbese 340 200 - Sekretie nsfe rmen 34!1
- Zellkern 338 Histelegie 1 - Spelchenmg 350
- Zyte plasma 338- 33!1 bislelegische Leitmerkmale, Organ- - Transpe rl 350
Hering-Kanäle 336, 342 gmppen 556- 558 - Verteilungsmechanismen 34!1
Hertwig-Wurzelscheide (epitheliale bistele~sche Präparate He nnen- Rezepte r-Bindung!-Ke mplex
Wurzelscheide) 300 - Diagnesestellung 556- 558 350-351
574 Sachverzeichnis
Henne nrezepte ren 350- 353 1-Iype physenhinterlappen (1-IHL) 356, - - Makre phagen 224
- intrazelluläre 351 360-361 - - Zellen 224 - 225
- melekulare Struktur 351 1-Iype physenstiel 357 - erwe rbenes (adaptives ; spezi.fisches)
- nuldeäre 350- 35 1 1-Iypephysentume ren 35' 225-233
- Schilddrüsenhennene 366 1-Iype physenve rderlappen (I-NL) 355 lmplanlatie n 444, 445
- Transmembrandemänen 352 hypethalame-hypephysäres Pfe rtader- lmpr'.ignatien 444
- Wulumgen 351 system 353 Indelamin-2,3-Deexygenase (100),
- Zellmembran 351-353 1-Iypethalamus 353- 355 Mangel454
- - melek.-ulare Struktur 352 - Etfekte rhe nne ne 353 Infennaliensü be rtra gung, Nervenzellen
- zyte plasmatische 350- 35I - Etfekte rhe nne n-preduzierende 140-141
He mhaut (Ke mea) 4" - 500 Neurene 353 - 355 Infe nnatie nsvera rbeitung, Nervengewebe
He mhauttriibtmgen 500 - 1-Ie nnene 353 - 355 13,
He rozellen 46' - I-Ie nnenpre dul1:ien und-transperl Infundibulum (IIype physenstiel) 353
He wship-Lakune 111, 120 353 Inhibin, Ovar 426
HSC (hämate peietische Stamrm.ellen) - Steuerhennene 353 Inhlbiling-JJe nne ne (Statine) 355
1, 2, 1~ - Steuerhenne n-pre duzierende Neurene Innenmembran, Miteche ndrien 4' - 50
Hüll-Gliazellen
- Markscheiden 160
355 4'
Innene hr 488, 1
1-Iypethalamus- Hypephysen-System - Sinneszellen, Stereezilien 22
- Nervensystem 162 353-361 Innensegmenl, Rezepte rzellen, Retina
I lüllzellen, Schwarm-Zellen I 54 1-Iype thyreese 366 50'
I Iülsenkapillaren, Milz 238 - Myxidem 366 Innenzene
humanes Che rie ngenadetrepin (hCG) 1-lypetenie 545 - Anulus Jlbresus 25'
360 1-1-Ze ne 13 1 - Pre~t<rla 41'
humanes Plazenta-Laktegen (hPL) 454 Innervatien, Muskulatur, glatte 127
1-llmter-Schreger-Streifung 300, 301, 303 I Inselzellen, lnteraktie nen, Langerhans-
- Schmelzbildung 300 1-Bande(l-Streifen) 130-131 Inseln 380
Husten 268 ICAM-1 (CD54) 184 In-silu-Ilybridisiemng 8
Hustenrellex, Ltmge, Abwehrmechanis- - hechendetheliale Venelen, Lymph- Insulin 374, 378-380
men 283 kneten 244 - B-Zellen 348, 37'
Hnxley-Schicht 480 - 482 ICAM-2 (CD102) 184 - CPeptid 380
hyaline Kn erpeldeckplatten 260, 261 - hechendetheliale Venelen, Lymph- - Fettzellen, Regulienmg 121
hyaliner Kne rpel 107- 108 knelen 244 - Pankreas 345
Hyalemer, Thrembr.cyten 18' - 1~ ICAMs (interzelluläre Zelladhäsiens- - Sekretie n 380
Hyalurenan (Ilyalurensäure) '8 m eleküle) 27 - Synthese 380
- Basallamina 73 Ig... s. a.lmmungl.ebuline - Wirkung, f-ettzellen, weiße 381
- Bindegewebe, straffes ' 2 lgA , 6, 227 insulinähnlicher Wachstumsfalde r I
- Grundsubstanz ' 8 - Ltmge, Abwehrmechanismen 283 s. IGF-1
- Kne rpel(zellen) , 2, 106 lgD , 6, 227 insuleazinäre Pe rtalgeraße, Langerhans-
- Nabelseimur 455 IgE , 6, 227 Inseln 380- 381
Hyalure nidase 412 - allergische Überempfindlichkeits- integrale Pre teine 18
- Akrese m 443 real1lenen ' 8 lntegrine 26-27, 184
Hydrelasen, saure 45 IG F-1 ( insulinähnlicher Wachstums- - hechendetbeliale Venelen, Lymph-
- Mastzellen ' 7 fald.e r 1) 34' kneten 244
- Transpe rl zu den Endese men 46 -Fettgewebe 121 - mye tendinale Verbindtmgen 258
Hydre nephrese 3" -Ovar 426 - Skelettmuskelzelle I 2'
Hydre ureter 3" - Tre pheblast 445 Intentien~tremer 545
Hydrexylapatit, Knechen 10' IgC , 6, 227 Interal veelarseplum 278
Jiß-IIydrexystereiddehydregenese (I l ß- - Ltmge, Abwehnnechanismen 283 Interdentab.ellen 4' 1
1ISD-1), Fettzellen, Regulierung 121 IgM , 6, 227 - Ce rti-Organ 4' 3
5-1 Iydrexytryptamin-Rezepte ren 168 llemn 326 - 328 inlerdigitierende dendritische Zellen 224,
Hypa!bmninämie, Seresa 287 - Kerckring- Falten 326 231
Hyperkeratese, epidennelytische 58 - Peyer-Plaques 326 - 327 lnterferenzmikreskep nach Nemarski 2
Hypermutatien, sematiscbe, Antiki rper Immunantwe rt lntergle bulardentin 298-299, 303
226 - 227 - B-Lymphezyten 233 Interleukin-6 (IL-6), Fettzellen, Regulie-
Hyperparathyreeidismus 36' - T-Lymphezyten 233 rung 121
Hyperplasie 6' Immunelek.1:re nenmikreskepie ' lnterleukine, Endethel 200
Hyperthyreese 366 Immungle buline ' 6 Intermediärfilamente 22, 27,57 -59, 73
Hypertrephie 6' - s.a. Ig... - s. a. Keratinfilamente
Hype blast 446 - Plasmazellen ' 5 - Adhäsienske ntalde 2' - 30
Hypedennis 465 lmmtmglebulin-Superfamilie, Zell- - Desmese men 57
Hypegenadismus 413 adhäsiensmelek.iile 27 - Ende thelzellen 20'
Hypem echlien 257 lmmunhistechemie 5 - llemidesmese men 57
Hypeparathyreeidismus 36' - Zytekeratin 1' (CK1' ) 6 - Muskelzelle, glatte 126
Hype pharynx 267,308 Immunkemplexe 231 - Nervenzellen 58
Hypephyse 347,354,355-361 Immunsystem 223 - 252 - Neure ne 147
- He nne ne 35' - 360 - angebe renes(tmspezifisches) 223-225 - Preleine, asseziierte 58
- Pertalgefaße 355 - - Ke mpe nenten,li sliche 225 - Tume rdiagnestik 58
Sachverzeichnis 57 5

Intennediärsinus, Lymphku ten 243, Kammerschenkel 13!1 Keimzentmm/-zentren


247 Kammenvasser 4!17, 504- 505 - Lympbkneten 245-246
Intermediärtubulus 3!12 - 3!14 - Bildung 504- 505 - Milz 240
Intermediärzellen - Sekretien 505 Keratansul:fat !18
- Oberflächenepithel 75 Kammenvasser-Schranke SOS - Knerpelzellen 106
- Stria vascularis 4!16 Kammen\'inkel 501 - Nucleus pulpesus 25!1
intennernbraniiser Raum, Mitechendrien Kanäle 216 Keratine 26
50 Kanalpreteine, Aquaperine 1!1 - Epithelzellen 57
Interneurene 53!1 Kandelaberzellen, ZNS 14!1 Keratinfilamente 58
- Hippecampus 553 Kapillaren 1" , 208 - 2 U - s. a. Intermediärfilamente
- Rumpfdann 3 10 - s. a. Lymphgefaße/-kapillaren - Gri ße 3
Internedien 158 - Alveelarsepten 216 - Mikretubuli 15
interst.it.ielle Zellen, Epiphyse 362 - Olarakieristika 20 1 - Stratmn spinesmn 77
Interstitium, Niere 3!16 - 3!17 - Oathrin 212 Keratingene, Mutatienen 58
lnterterrllerimn, Knerpel 106 - diskentinuierliche 210 - 211 Keratinezyten 465, 466 - 467
intervilliiser Ramn 450 - Endethel, elektrische Ladung 212 - DiJferenziemng 470
- Dureilblutung 451 - Endethelzellen 20!1 - Epidermis 466-467
- Plazenta 448 - Epithelgewebe 72 Keratitis 500
interzelluläre Zelladbäsiensmelekiile - fenestrierte 210 - 211 Keratehyalingranula 46!1
(JCAMs) 27 -Gehirn 210 - Stralmn granulesum 78
Interzellulärspalt 15 - kentinuierliche 210- 211 Kerckring-Falten
Intima - Lungeninterstitium 278 - Dün ndarm 320
- Arterien 202 - 203 - Periz}1en 20!1- 210 - Ileum 326
- - vem elastischen Typ 204 - Plazentazetten 45 1 Kerngebiet (Nucleus)
- - vem muskulären Typ 206 - Rese rptien 2 12 - gmue Substanz, Rückenmark 537
- Arterieleu 208 - Transperlweg 2 11- 212 - ZNS 140
- Blutgefäße 200 -- parazellulärer 2 12 Kernhülle 33 - 34
- syneviale, Gelenkkapsel 255 - - transzellulärer 211 Kernimpe rtrezepleren, zyteselische 34
-Venen 213 - Transzytese 212 Kernkettenfasern, Muskelspindel 527
intraf\isale Fasern, Muskelspindeln 527 - - rezeptervermiltelte 212 Kernkiirperchen (Nukleelus) 38- 3!1
intrazerebrale Blutungen 177 - \Vandaufbau 20!1 Kernmatrix 3!1
Intrinsic-f'llcter, Belegzellen, Magen 313, Kapillarisierung, SkelEttmusk:ulatur Kernmembran, äußere/innere 33- 34
318 128 Kernperen 33- 35
Invaginatienen (Membraneinfaltungen) Kapsel - Kempenenten 35
23 - Lympbkneten 243 - Steifaustausch 34
Invelutien, Bmstdrüse 462 - 463 -Milz 237 Kernsackfasem, Muskelspindel 527
Inzisiven 2!13 - 2!14 Kapselraum, Nierenkiirperchen 388 Killenellen, natürliche 224-225
Jenenkanäle, Zellmembran I !I Kardia 315-316 Kinasen, cyclinabhängige (Cdks) 60
Iris 4!18, 500-501 - Mukesa 316 Kinesin(e) 56, 148
- Epithel 500 Kardiemyezyten 135 - Transpert., axenaler, anteregrader 148
- Strema 501 kardieselektive Medikamente 174 Killetedler 61, 63-64
Iritis 501 Karies 302 Kinetechermikretubuli 61, 64
Jseke rtex 535, 546-551 -Plaque 302 Kinetesemen s. Basalki rper
- Gliazellen 54!1 Karetiski rperchen 52!1-530 Killezilien (Zilieil) 15, 20-21
- Ki rnerzellen 54!1 - Hauptzellen 5 2!1 - Axenema 20 - 21
- Laminae 546 - Stützzellen 52!1 - Basalki rper (KinEtesem) 21
- Nicht-Pyramidenzellen 548 Kartagener-Syndrem 22 - Brenchien 272
- Pyramidenzellen 548- 54!1 Karyekinese 6 1 - Dynein 21
- Schichten 551 Karyelyse 6!1 - Entstehung 21
- Versd1allwlgeJl 550 Karyerrhexis 6!1 - EpitJ1el, meh rreihiges, prismatisches 7!1
Karzineide 377 - Mikrelubuli 20-21
J Karzineme - MTOC (mikretubuluserganisierendes
Jacebsen-Organ 521 -522 - Epidermis 470 Zentnun) 21
Janus-Grün 4!1 - Epllhelzellen, Wachstmn, bisartiges - Preteine, asseziierte 21
Jejunum 326 und tmkentrelliertes 74 - Ultrastmkl.ur 21
- Mub sa 326 Katarakt (grauer Star) 503 - Verankerung 21
junklienale Füßchen, Skelettmuskelzelle Kavernen, Penis 422 Klappen
133 Kellldeckel (Epiglettis) 267 - Jla rnleiter 3!1!1
junklienale Kemplexe 32 Keblkepf 267 - 270 - Ilamriihre 402
jnxtaglememläre Zellen, granulierte 3!17 - histelegische Merkmale 268 - Herz 21!1 - 220
juxtaglememlärer Apparat (JGA) 3!14, - Schleimhaut 268 - Lymphgefäße 218
397-399 - Skelettelernente 267 - Venen 213- 215
- Funldienen 3!17-3!18 Kelllkepfkrebs 268 Kleinhirn 535, 541-545
Keimepitbel, Heden 407- 40!1 - Funktien 541
K Keimzellen - Infennatiensverarbeitung 541
Kalkesphäriten 2!18 - Chremesemen 38 - Kletterfasem 54 2
Kambimnsd1icht, Periesl 120 - Heden 40!1 - Makreskepie 541
5 76 Sachverzeichnis
- Meesfasern 541 - primäres 118 - Blutgefäße 200
- Nervenzellen, erregende 542 - Retikulumzellen 1!12 - Elektre nenrnikreskepie !1!1
- - hemmende 542 - retes 1!12 - Endethel 200
- neure nale Verbindtmgen 541 - 54 2 - - Ausstrichpräparat l !I5 - Entstehung 101
- Parallelfasern 542 -- EM-Aufnahme 1!17 - Knechen 108
- Schädigtmgen 545 Knechenmarksinus 1!12-1!13 - Kne rpel 10 6
- Untergiiedenmg 541 Knechenmatrix 108 - Lichtmikreskepie !1!1
Kleinhirnkerne 545 knechenme rphegenetische Preteine - Mesenchym !I I
Kleinhirnrinde 541 - 545 (BMPs) 352 - me rphelegische, bielegische tmd färbe-
-Aufbau 542 - 545 Knechensialepretein 108 rische Eigenschaft.en !1!1
- Calbindin-Immunfarlnmg 544 Knechenstruk1.ur - Osteeblasten II 0
- Dendritenbaum 544 - histelegische 114 - Sehnen 257
- Faserverknüpfungen 543 - makreskepische 113 - Sekretie n 10 1
- Gliazellen 545 Knechenumbau (bene remedeling) 120 - self-assen1bly precess 100
- Geldner-Färbtmg 544 Knechenzellen 10!1- 113 - Synthesesti nmgen, Vitamin-C-Mangel
- Gelgi-Zellen 545 - Knechenbildw1g, direkte 110 100
- Ki rnerzellschicht(Stratum granule - Kne rpel !12, 105 -108 - Typen 100 - lO 1
sum) 541, 544 -545 - Aggrecan !18 - Zusammensetzung, falsche 10 l
- Kerbzellen 54 2 - elastischer 107- 108 Kellekte ren, LymphgefaHe 217
- Melekularschicht (Stratum meleculare) - faseriger lOB Ke ileid
541,542,544 - fetaler 107, 117 - 118 - Adenehypephyse 356
- Neure ne 543 - hyaliner 107- lOB - Fellikelepithelzellen, Schilddrüse 364
- Purkinje-Zellen (Strahlffi purkinjense) - - Asbestfasenmg 107 Kelen 308
541,542 -543 - Interterriterium 106 - s. a. Dickdarm
- Sternzellen 542- 543 - ruhender, Ossifikatie n, enchendrale - irrit ables 32!1
- weißeSubstanz 545 ll!J - Schleimhaut 32!1
Kletterfasern, Kleinhirn 542 - Stützftmktien 105 Kelenie stimulierende Fakte ren ( CSF)
Klimakterium, Milchdrüse 463 -Typen 107 1!12
Klinefelter-Syndre m, I Iypege nadismus - verkalkter, Ossilikatien, enchendrale Kelenkarzinem 32!1
413 ll!l Kelestrum 461
Klite ris 441 Kne rpeldeckplatten, hyaline 260, 261 Kelumnen
klenale Expansien 226 Knerpelhef 106 - Endhirn 546
klenale Selektien Kne rpel-Knechen-Grenze 117 - ke rtikale 546
- B-Lymphezyten 233 Kn erpelstruk"tur 106- 107 Kemmissur, Rückenmark 536-537
- T-Lymphezyten 233 Knerpelwachstum Ke mmlmikatie nskentakte 27, 30-31
Kienen, therapeutisches 65 - appesitienelles 107 kempakter Knechen 113
Knäuelanastemesen 216 - interstitielles eder intussuszeptienelles Ke mpartimente, Serteli-Zellen 407
Knechen !12, 108- 12 1 107 Ke mplementfakteren, Immunsystem,
- an e rganisehe Bestandteile I 0!1 Ku rpelzellen 106 angebe renes (tmspezifiscbes) 225
- Gefäße 115 - ausdifferenzierte (hypertrephe), KenjWlktiva 5 15
- Generallamellen 114 Ossilikatien, enchendrale ll!l Kenjunktivitis 515
- Glykepreteine !1!1 -Lakune 107 kenlinuie rliche Kapillaren 210-211
- Hydrexylapatil 10!1 -Matrix 106 kentraktiler Apparat
- Ke llagen 108 Knerpelzelll1i hle 107 - Muskelzelle, glatte 126-127
- kempak1er 113 Knespenstadium, Zahnentwickltmg 2!13 - Skelettmuskelzelle 130- 131
- e rganisehe Bestandteile 108 Kneten kentrahiler Schnürring 63
- periche ndraler 118 -heiße 366 Kentraktie n
- Präparatie nstechniken 114 -warme 366 - Iler.tmuskel7.elle 137
- Preteine 108 Ki merschicht (Retina) - Muskulatur, glatte 127
- Schaltlamellen 114 -äußere 506 - Sarke mere 130
- Speziallamellen 114 - innere 506, 510 - Skelettmuskulatur 130, 133
- spe ngii ser 113 Ki merschicht (Strallnn granuleswn), - - melekularer Mechanismus 133- 134
- trabekulärer 113 Kleinhirnrinde 541 Ke nt rellpunhe, Zellzyklus 60
- Zementlinien (Kittlinien) 114 Ki rnerzellen 145,543 Ke nvergenz, neure nale Verbindungen
Knechenbälkchen 110 - äußere, Isekertex 551 150
- Ossilikatien, desmale 116 - Hippecampus 551 Kepfdarm 2!1 1- 2!12
- Z.ne 117 - innere, Isek e rtex 551 Ke rbzellen 543
Kuchenbildung 115- 11!1 - Ise ke rtex 54!1 - Kleinhirnrinde 542
- direk1.e 110, 115 - Kleinhirnrinde 544- 545 - ZNS 142, 144, 14!1
- indirekte 115 - ZNS 14!1 Kerimn 474
Knechenbrüche s. Frakturen Ki rperkreislauf 1!1!1 Kernea (Ile mhaut) 4!17 -4!18, 499-500,
Knechendeckzellen 115 Kehlenhydrate, Rese rptienNerdauung 500
Knechenmark 1!12- 1!13, 236 324 Ke rnealendethel 4!1!1
- Blutzellbildung 1!1 1- 1!12 Kehlenstaub, Zelleinschlüsse 54 Ke rnealepithel, ve rderes 4!1!1
- Blutzellen 1!12, 1!18 Kellagene s. Kellagenfasem/-fibrillen Ke rneezyten 46!1
-gelbes 1!12 Kellagenfasern/-fibrillen !1!1- 103 Ke rpus (Magen) 316
- Makre phagen 1!12 - Arterien ve m elastischen Typ 204 - Drüsenzellen, Kennzeichen 317
Sachverzeichnis 5 77

Ke rtex - densa 15, 26 Leber 2' 1, 333-340


- agranulärer 547 - - Basallamina 74 - Baueinheiten/Bauplan 333
- Riesenpyramidenzellen 143 - - glememläre Fdtratiensbar.riere 3'0 - Blutzellbildung I' 1
- sematesense rischer 548 - epitbelialis, Rmnpfdarm 308, 309 - Funktienen 333
kertiketrepe Zellen, Adenehypephyse - e.xterna, Dura mater 175 - Gefäßversergtmg 333
35, - fibrereticnlaris 73 - Regie nen, funklie neil wichtige 336
Ke rtiketrepin s. ACTI I - - Basallamina 74 - Sinuseide 332,335-336, 340-341
Ke-Transmitter, synaptischer Spalt 167 - granula.ris eAierna (lsekertex) 548, 551 - Zentralvenenläppchen 333, 334-336
Ketyledenen 448- 44' - - interna (Isekertex) 548, 551 Leberarterie 332-333
kraniale Ganglien 532-533 - graue Substanz, Rückenmark 537 Leberazinus 336,336-337
Krebsverse rge, Pertie vaginalis, Trans- - interna, Duramater 175 - Z.ne I (spindelfe rmige Zene) 337
fe rmaliensz.ene 437 - Isekertex 546 - Z.ne 2 (intermediäre Z.ne) 337
Krebszellen, p53-Mutatienen 61 -lucida 26 - Z.ne 3 (periphere Z.ne) 337
Kreislauf - - Basallamina 74 Leberepithelzellen s. I Iepatez)rten
- enterehepatischer 342 - melecula.ris (lsekertex) 548, 551 Lebere rkrankung. alkehellsehe 341
- greßer 1" - multife rmis ( Isekertex) 548, 551 Leberläppchen s. Zentralvenenläppchen
- - Arterien 202-207 - muscularis mucesae, Magen 314 Leberpfe rtader 333
- kleiner 1" - - - Rmnpfdann 30' Lebersdlädigtmg, Vergiftungen 341
Kreislaufe rgane 1" - 217 - - - Speiseri bre 311 Leberzellbalken 336
aß-Kristalline 12' - prepria, Magen 314 Leberzellen s. I lepatezyten
- Skelettmuskulatur 132 - - Nasenschleimhaut 266 Leberzellplatten 334- 335, 338
kristalline Einschlüsse 53 - - Rejje respirateria 265 Leberzellverfettung 341
Krenendentin 2'5 - - Rmnpfdarm 309 Leberz.irrhese 341-342
Krye mikreskepie 3 --Samenleiter 416 - Kellagensynthesesti nmg 10 1
Krypten - - Speiseri bre 311 - Pfe rtaderstanung 341
- Dickdarm 328 - pyramidalis eAiema (Isekerte.x) 551 Lederhaut(Dermis) 474
-Dünndarm 321,323 - 325 - - interna (lsekertex) 551 Lederhaut (Sklera) 505-506
- TensillenJTe nsilla 24 7- 24' - pyramidalis eAiema/intema 548 leichte Ketten, Antiki rper 226
- - Iingualis 250 - rara 73 Leistenhaut 465-466
- - palatina 250 - - Basallamina 74 Lek.iine 20
Krypterchismus 410 - - externa/intema, glemeruläre FJ!tra- - llistechemie 5
k-ubische Epithelien 78 tiensbarriere 3' 0 Lemnezyten, Ganglien, sensensehe 533
Kugelzellenanämie 182, 242 - spiralis essea 4'2- 4' 3 Lens 4' 8
Kupffer-Zellen !14, 340 Lammfilamente 58- 5' Lentigines (Leberflecken) 472
- Makre pbagen ' 5 Laminin 26, 99,386 Leplin 121
Kurzsichtigkeit (Myepie) 506 - Basallamina 73 Leptemeninx 175
Kutikularplatte 4'3 - Bindegewebe, straffes !12 Leptetän 68,410
Kutis 465 - 483 - Endetbel 200 Lernen auf zellulärer Ebene, Synapse 172
Laminin a2 12' Leukämie
L Laminin A, B bzw. C 58 - chre nisch-lympbaliscbe, Blutausstrid1
Labia Langerhans-Inseln 345,377-381 187
- maje ra pudendi 440 - Aufbau 377 - 378 - lymphatische 187
- mine ra pudendi 440 -441 - A-Zellen 377- 37' - myeleiscbe, Neutre phile 185
labile Zellen 60 - B-Zellen 377- 37' Leukezylen 182- 183
Labyrinth 488 - O-Zellen 378-380 - ami beide Bewegungen 182
- basales 24 - Gefaßversergtmg 380 - Anzahl 182
- baselaterales 23 - Hermene 378 - Blutwerte, nermale 17'
- häutiges (Endelymphramn) 488 - Inselzellen, Interaktienen 380 - CD-Klassifikalie n 183
- knicbernes 488 - insuleazinäre Pertalgefäße 380- 381 - Chemetaxis 185
Lactebacillus vaginalis 440 -PP-Zellen 378- 37' - Diapedese 182
Läppchen, Pankreas 344 -345 Langerhans-Zellen 472-4 74 - Einteilung 182
Lakiatie n, he nneneile Steuerung 464 - Birbeck-Granula 473 - Phagezytese 185
Lakieferrin 305, 516 - CD1473 Leydig-Zellen 413
- Speicheldrüse 306 - Epidermis 471 LFA-1 184
Laktegen, Plazenta 44' -Haut 231 LH (luteinisierendes llermen, Lutrepin)
laktetrepe Zellen 357 - Me rpbelegie 473 347
- Prelaklin 357 - S-100-Pretein 473 - r..llikelentwicklung 425
Lak-unen, Kne rpelzellen I 07 - Xl'-MEL 473 - Flmktie n, Freisetnmg und Regulienmg
Lamellen,anulierte 48 Langhans-Fib.rineid 454 360
Lamellenknechen 114 Langzeitpetenzierung. synaptiscbe - Leydig-Zellen 352, 35!1, 414
- Canaliculi 114 Plastizität 172-173 LI I-Peak, Ovulalie n 430
- Schliff-/Schnittpräparat 114 Lappenbrenchus 273 Liberine (Releasing-IIe rme ne) 355
Lamellenki rper 46' - 470, 524-526 Larynx 267-270 Uchtmikreskep(ie) I -2
- Epidermis 471 Laserscanning-Mikreskep, kenfekales 2 - Auili slmgsvermiigen 3
- perlneurale Kapsel 524 - 525 Latrunculine 57 - Gri ßen 3
Lamina( -ae) LDL-Rezepter, Endetbel 201 - Typen 2
- c.ribresa sderae 512 Lebendpräparate 8 - Vergrißemngen I - 2
5 78 Sachverzeichnis
lichtrezeptiver Fe rtsatz (Retina) 508 -fetale 285 - par.tkertikale Ze ne 244 - 246
- Außen-/Innensegmenl 508 - Lymphgefaße 284 - Primärfe llikel 245
Lieberkiihn-Krypten 323 - Vasa privata/pnblica 283 - Randsinus 243-244
Ligamentum( -a) Lungenazinus 275 - Rinde 243-245
- ßavum 261 Lungen- und Brenchialarterien, Anaste- - Sekundärfe llikel 245, 246
- periede ntalia, Sharpey-fasem m esen 283 - Sinus 243 -244
302-303 Lungenemphysem 283 - T-llelferzellen 246
- spirale 4'2 Lungenentziindung 283 - Trabekel 243
- vecale 267, 208, 26' Lungenerkrank'Uilgen - Zentrehlasten 246
Limbus - chreniscb-ebstru.l"tive 283 - Zentre zyten 246
- ce meae 500 - fibretische 283 Lymphi deme 218
- spiralis 4, 1, 4,3 Lungenfell 285 lympheepitheliale Organe 247
Linksbenversagen, Seresa 287 Lungenfibrese, Kellagensynthesesti rung Lymphe me, maligne 247
Linse 502-503 101 - Peyer-Plaques 252
- Brechkratündex 503 Lungengewebe 276 - Te nsillen 24'
- Transparenz 503 Lungeninterstitium 278- 280 Lymphepe iese 1' 7
Linsenepithel 502 - Blutkapillaren 278 lymphe retikuläre Orga ne 247
Linsenfasern 502- 503 Lungenkrebs 274 - 275 Lymphezyten 182,186- 188
Lipase 346 Lungenkreislauf 1" - Bindegewebe ' 5
- Speicheldrüse 306 - Blutgefaße 215- 216 - Blutausstrich 187
Lipidankerpre teine 18 Ltmgenläppchen 275 - Dermis 474
Lipiddeppelschicht Ltmgeni dem 283 - Diinndarm 323
- Membranpreteine, integrale 18 - alveeläres 283 - Epidermis 474
- Zellmembran 18 - interstitielles 283 - Greße 3
Lipide 167 Ltmula 483 - menezyte ide 187
- Rese rplienNerdauung 325 luteinisierendes He rme n s. LH - naive 187
Lipideinschlüsse, Zellen 52-53 Lutrepin s. LH - Vimserkranktmgen 187
Lipidspeicherkrankheiten 4 7 Lymphadenitis 247 Lymphe zytenscheide, periarterielle
Lipidsteifwechsel lymphatische Organe 233- 252 (PALS) 238
- Hepatezyten 340 -primäre 233,234- 236 Lympbstämme 218
- Perexisemen 4' - sek'Uildäre 233- 234,237- 252 lysese male Defekte 47
Lipedystrephien 124 lymphatisches Gewebe lysesemale Enzyme 45
Lipefuszingranula 53 - Appendix vermi.fe rmis 252 Lysesemen 15, 45-47
- Duftdrüsen, ape krine 476 - Darmtrak-t 24' - 252 - Autephagie 46
- IIenmuskelzelle 136 IymphatischesSystem 223-252 - Makre melekiile, Abbau 46
- Mesangium 387 Lymphe 218 - Membran 45
- Perikaryen, Nervenzelle 143 Lympbfellikel 327 - Mesangium 387
Lipeme 124 - Demepitbel, Dann 24' - 251 - Perikarye n, Nervenzelle 143
Lipepelysaccharid (LPS) 14 - Funktienen, bypetbetische 247 - Phagezytese 46
ß-Lipetrepin 360 - Lymphkneten 244 - 245 - Phespbatase, saure 45
Lippen 292, 2'3 -Milz 240 - terminale 53
- Re tfärbung 2' 2 - Te nsillen 248 Lysezym 305,320,516
- Sdlieimhaut 2'2 Lymphgänge 218 -Lunge, Abwehrmed1anismen 283
Lippemet 2' 3 Lymphgefaße, Seresa 28' - Speiebeldrüse 306
Lique r cerebrespinalis 156- 157 Lymphgefaße/-kapillaren 1" ,
Lique rl1uss/-preduk-tie n 156- 157 2 17-218 M
Lique rreserptien, Ependymzellen - gri ßere 217-218 Mac-1184
153 - I-laut 474 Macuhl
Lecus Kiesselbachi, Nasenbluten 266 - Klappen 218 - adhaerens(Desmesem) 26,30
Le kalanästhetika, Barriere, Perlneural- - Ltmge 284 - densa 3,4, 397
scheide 164 -Milz 242 - lutea Sll
L-Selektin (CD62L) 26, 184 - Peripe rtalfeld 338 - sacculi 486, 4' I
- hechendetheliale Ven elen, Lymph- Lymphkneten 243-247 - utriculi 486, 4' 1
kneten 244 - Antbrakese 246, 248 MAG (myelin-asseciated glycepretein)
L-System, Skelettmuskulatur 132- 133 - AuJbau 243 158
Lnftri hre s. Trachea - Blutgefaße 244 Magen 308,313-320
Luftwege - hechendetheliale VeneJen (HEV) - Einfluss pretektiver tmd aggressiver
- ebere 264-267 244 Fakteren 315
- terminale 284 - Intermediärsinus 243, 247 - Eresie n 315
- untere 267- 278 -Kapsel 243 - histelegische Kennzeichen 313
- - bist elegische Merkmale 268 - Keimzentren 245-246 - Oberflächenepithel 315
Lumbalmark 540 - 541 - Ke rtex, B-ff-Lymphe zyten 245 - Ulkus 315
Lunge - Lympbfellikel 244- 245 - Wandaufbau 314 -315
- Abwehrsystem 282- 283 -Mantel 245 Magen-Darm-Trakt
- Alveelarkapillaren 280 - Marginalzene 246 - endekrine Zellen 366, 374-377
- Anthrakese 283 - Mark 243, 246 - - gesdliessene 375
- Blntverse rgung 283- 284 - Markregien 248 - - e ffene 375
Sachverzeichnis 5 79
- Gastrin-bildende-Zellen ( • G-Zellen) Marginalune Meiese 66- 68
375 - Lymphkneten 246 -Ablauf 66
- Hermene 374- 375 -Milz 240 - Anaphase 68
- Neure ne, Transmitter 375 Mark - genetische Vielfalt 67-68
Magendrüsen 316-317 - Haarschaft 4 7!1 - Metaphase 68
- Belegzellen ( Parietalzellen) 317- 31' - Lymphkneten 243, 246,248 - Oegenese 425
- endekrine Zellen 31!1 -Nebennieren 36!1, 371- 373 - Prepbase 68
- Fundus 317 -Niere 384 - Spermategenese 4 10 -412
- Hauptzellen 318, 319 -Ovar 424 - Tele phase 68
- Nebenzellen 316-317,318 - Thymus 234 - 236 - Zytekinese 68
- Pret enenpurnpe 318 Markpyramide 384 meiese-induzierende Substanz (MIS),
- Pre tenensekretie n 318 Markscheiden (Myelinscheiden) 144, Ovar 426
- Säurepreduktie n 318 15!1-160 meietiscbe Teilung, erste/zweite 68
- Sekretkapillaren, intrazelluläre 318 - G-Wert 158 Meissner-Plexus (Plexus submucesus)
- Stammzellen 316-317 - Hüll-Gliazellen 160 174,309,310
- tubuläre 314 - Oligedendrezyten 153 Meissner-Tastkiirperchen 483,524-525,
- tubuläres System 317 - Schichtenbau 161 525
- Tubulevesikel 317- 318 - Schwalm -Zellen 154 Melanin 51, 4 71
Magenfi.mdus, Oberflächenepithel 314 Markscheidenfärbung 532, 546 - Perikarya 145
MagensaftseiereLie n 31!I Markstrahlen 384 - Perikarye n, Nervenzelle 143
Magnesiumverlustsyndre m, Claudin 16, Massen-Triehrern-Färbung 5, 7 - Synthese 472
Mutatienen 32 Mastzellen !16 - !18 - Synthesestiirungen 5 1
majer basic pr• tein (MBP), Eesine phile - Aktivienmg !18 - Transpe rl 472
185 - Allergien !17 Melane me 472
Maj er Histe ce mpatibility C.mplex - allergische Überempfindlichkeits- - Chereidea 506
(MHC) 22!1 real:tienen !18 Melan ephagen 472
Makreglia(zellen) 150, 154 - Dermis 474 Melanesemen 51
Makrem eleküle, Abbau, Lysese men 46 - Funklien !16 Melanezyten 467, 471, 472
Makrephagen 94- 95, 188 - Heparin !16 - epidermale 471
- aktivierte !14 - Immtmsystem, angeberenes ( tmspe- - Iris 50 1
- Alveelen 281 -282 zifisches) 2 25 - uveale 471
- Antigenpräsentatie n 231 - 232 - mukesale !16 Melanezyten-stimulierendes He rmen
- Dennis 474 - Phänetypen !16 (MSI I) 347,360
- Entziindung !15 - scrells !17 Melate nin, Epiphyse 361
- Funklien ~ - Sensibilisierung !18 Membrana
- Hämesiderin 54 - Tryptase ' 6 - !17 - fibresa, Gelenkkapsel 254, 255
- Immunsystem, angebe renes (tmspe- Mastzellmediateren ' 7 - limitans 54!1
zifisches) 224 Matrix, Haarbulbus 480 -- gliae 175
- Kne chenmark 1!12 Matrixmetalle preteinasen, Angiegenese - perivascularis gliae 175
- nicht stimulierte !14 217 - praefe nnativa 2!16- 2!18
- e rtsständige ~ Matrixpreduk"tien, Muskelzellen, glatte - reticularis 4!14
- Pseudepe dien ~ 127 - syne vialis 254, 255
- mhende !14 Matrixtyp-Fibrine id 450 - - A-Zellen 254
makrephagenähnliche Zellen, Synevia- May-Crünwald-Färbung, Blutzellen 180 - lecte ria 488, 493
zyten 256 MBP (myelin basic pretein) 158 - tympani 487
Malaria, Blutau~trich 181 Mechane-(Dmck-)Rezepteren 474, 52!1 Membrdneinfaltungen (Invaginatienen)
Mallery-Kiirper, I Iepatitis, alke hellsehe Meckei-Knerpel 2!16 23
34 1 Media Membranlluss, Zellmembran 18
Malpighi-Kiirpercben - Arterien 203 Membranpreteine
-Milz 240 - - vem elastischen Typ 204 - integmle 18
-Niere 386 - - vem muskulären Typ 206- 207 - - Upiddeppelschicht 18
MALT (mucesa-assecialed lympheid - ArterieJen 208 - periphere 18
tissue) 237, 247 - BI utgefäl~e 200 Membranpumpen 1!1
Mamille (Bmstwarze) 463 -Venen 213 - ATP-Spaltung 1'
Mamma s. Brust(drüse) Mediate ren, parakrine Signalgebung 348 Membranrezepte ren, Pretee- e der
Mammakarzine m 45!1 medikamentiise Maßnahmen, Blut-! Iim- Peptidherrneue 351
Mannese-6-Phespbat(M6P)-Gmppen 46 Scbranke 157 Membransysteme
Mantelzellen medulläre Phase, Blutzellbildung 1' 1 - Ilerzmuskelzelle 125
- Entwicldung!Funktie nen 15 1 Megakaryezyten 1!17 - 1!18 - Muskelzellen, glatte 125
- Ganglien 155 - pelypleider Kern 1!17 - Skelettmuskelzelle 125, 131
- - sense riscbe 5 33 -reife, Demarkatienskanäle 1!18 Membranvesikel 25
- - vegetative 534 - - Endemitese 1' 8 Meningealzellen 176
- Satellitenzellen 155 - - Thrembezytenfreisetzung 1!18 Meningitis 157
MAPs (mikre lubulusasseziierte Preteine) - Thrembezyten, Bildung 18!1- 1!10, 1' 7 Menisken 255
55-56 megaleblastiscbe (meseblastische) Phase, Menstmalie nsphase 437
Marfan-Syndre m 103, 505 Blutzellbildung 1!11 Menstmatie nszyklus 437- 43!1
Marginalzellen, Stria vascularis 4!16 Meibe m-Drüsen 513 - Desquamatiensphase 437-438
580 Sachverzeichnis
- Preliferatiensphase 438 Mikreplicae 22- 23 - perlarterielle Lymphezytenscheide
- SekTeliensphase 438 - 43' Mikreskep(ie) 1-3 (PALS) 238, 240
Merkel-Zellen 2,2, 474, 523-524 -Präparate 3-8 - perifellikuläre Z.ne 240
- Epidermis 471, 474 Mikretubuli 15, 54-55 - Pinselarterieleu 238
Merkel-Zell-Karzineme 474 - axe naler Transpe rl 56 - Pulpa 238 - 241
Meresin 12' - (inter)pelare 61, 64 -- re te 240- 241
Mesangimn(zellen) 386- 387 - Keratinfilamente 15 - - weiße 23' - 240
- ex1.raglemeruläre 388, 3' 7 - Killezilien (Zilien) 20-21 - Pulpastränge 240
- intraglerneruläre 388 -Minus-Ende 54-55 - Tmbekel 237
- Lipefuszingranula 387 - Miteseapparat 61 - Trabekelarterien 238
- Lysesemen 387 - Perikaryen, Neurene 147 - Venen 238
Mesaxen 158, 160 -Plus-Ende 54- 55 - Zentralarterien/-arterielen 238
Mesenchyrn(zellen) ' 0 - '1 - Spindelapparat 55 Milzkni lche n 240
- Extrazellulärsubst.anz, hyalure nsäure- - Zentresern 55 Milzsinus 238, 241 -242
reiche ' l mikretubulusasse ziierte Preteine (MAPs) Milzstränge 240
- Kellagenfibrillen
- Zahnglecke 2' 7
'l 55-56
Mikretubulusgifte, C.Ichlcin, Taxane
Mineralece rtice ide, Z.na gle merulesa
370
Mese 287 bzw. Vmca-Alkale ide 56 Minus-Ende, Mikret.ubuli 54-55
Mesekertex 546 mikretubulus-erganisierendes Zentrmn miteche ndriale Matrix 50
Mesepharynx 267, 308 (MTOC) 55 miteche ndriales Gene m 51
Mesetendinemn 258 Mikrevilli 15, 22 Mlteche ndrien 15,49-51
Mesethel 77 - Bürstensamn 22 - Apeplese 4'
- Rumpfdarm 30' - Diinndarmzetten 320-322 - ATP-Synthase SI
Mesetheliem, Pleura 285 - Enterezyten 23 - Aufbau 4' - 50
Metallkepplung ' - Epithelzellen, reserbierende 22 - Außenmembran 50-51
Metallepretease-Demäne/-Kempenente - Gri ße 3 - Cristae 4' - 50
- ADAM-Preteine 26 - Magendrüsen 317 - Elementarpartikel 51
- f"'ertilin 444 - Nebenhe dengang 415 - Gri ße 3
Metamyelezyt-Base 1' 6 - Riechschleimhaut 521 - Innenmembran 4' -51
Metamyelezyten 1' 6 - terminales Netz 22 - intermernbrani ser Raum 50
Metamyelezyt-Ee 1'6 Mikrezirkulatien 207-213 - Perikarye n, Nervenzelle 143
Metamyelezyt-N 1' 6 - Ke rnpenenten 209 - Prete nengradient, elektrecbemiscber
Metaphase Milch, Bestandteile 461 51
- Meiese 68 Milchdriise(nepithelzellen) 45' - vem Crista-Typ 4' - 50
- Mitese 61, 63 - Klimakterium 463 - ve m Tubulus-Typ SO
Metaphase-Kentrellpunkt 60 - laktierende 460 Mitese 61-64, 67
Metaphasenplatte 61 - - Feinstruktur 461 - Anaphase 61, 63-64
Metaphyse 118, ll' -- Fetttrepfen 52 - Cb.re mesemen 64
Metaplasie 6' - - Zyteplasrna, apikales 462 - G1-Phase 63
Met-Enkephalin 360 - nicht laktierende 458 - Metaphase 61, 63
MHC-Klasse-1-Preteine 47, 22' - 230 - Zellkentakte 461 - Mittelki rper 63
- Preteasemen 22' - 230 - Zyteplasrna 461 - Pre melaphase 61, 63
- Thymus 234 Milchgangl-gänge 457-458 - Pre phase 61, 63
- T-Lymphezylen, CD8-pesitive 230 Milchgebiss, Zähne 2' 4 - S-Phase 63
MHC-Klasse-II-Preteine 230 Milchrnelaren 2' 3-2' 4 - Telephase 63, 64
- antigenpr'Jsenlierende Zellen 230 Milchsäure-preduzierende Bakterien - Zellzyklus 61
- Fremdpretein, extmzelluläres 230 (Lactebacillus acidepbilus) 77 - Zytekinese 63
- Mikregliazellen 154 Milchsinus 458 - Zyte plasmabriicke 63
- Pretein, intrazelluläres 230 Milchzähne 2'3 - 2' 6 Mlteseapparat 64
- Thymus 234 - Zahngeneralien 2' 5 - Mikre tu buli 6 1
MI IC-Pre teine 22' - 230 Milz 237-243 Mitesefiguren, bistelegisches Reutine-
- Aufbau/Funktien 22' -arterielles System 238 präparat 64
rnikrefibrillenasseziierte Glykepreteine - Blutgefäße 238 Mltralklappenprelaps, Marfan-Syndre m
(MAGPs) 103 - Ce rena 240 103
Mikrelilamente 56-57 - Erythrezyten, alte, Abbau 241 Milrdlzellen, ZNS 149
Mikreglia(zellen) 150, 151, 154, 54' - - nicht gealterte 241 Mlttelkirper, Mltese 63
- Ab·wehrfi.mklien 154 - Fe llikel, selo.mdäre 240 Mittele hr 487
- aktivierte 154 - bämatelegische Krankheiten, nee- - Epithel 487
- ami beide 154 plastische 243 Mlzellen, Enterezyten 323
- Entwicklung!Funktienen 151 - Hülsenkapillaren 238 M-Linie (Mittelstreifen) 130
- funktienelle Bedeutung 154 -Kapsel 237 M-Linien-Pre teine 130
- Herniestase 154 - Keimzentrum 240 Me dielus 4,1, 492
- Makrephagen 95 - Lymphfellikel 240 Me dulate ren, synaplischer Spalt
- Me rphelegie 154 - Lymphgefaße 242 167
- Neurepre teklie n 154 - Malpighl-Ki rperchen 240 Meesin 57
- Neure texizit.ät 154 - Marginalzene 240 Melaren 294
- ruhende 154 - myele ide Metaplasie 243 - Zahnpulpa 301
Sachverzeichnis 581
m elekulare Kempenenten , Desrnese men M-Streifen 131 Muskelgewebe 124-13!1
2!1 MfOC (mikretubuluse rganisierendes Muskelhaut, Rumpfdarm 308
m elek-ulare Mete ren, Nervenzellen 147 Zentrum) 55 muskelreiche Venen 213,215
Melek-ularschicbt (Stratum meleculare) - Kinezilien (Zilien) 21 Muskelrelaxalie /-relaxanzien, Curare
- Iseke rtex 551 MUC2323 171
- Kleinhirnrinde 541, 542, 544 MUCSAC, Magenschleim 314 Muskelrela.utien /-relaxanzien, m ete ri-
Mell-Driisen 476, 515 MUC6,Magenscbleirn 314 sche Endplatte 171
Menatszyklus, weiblicher 430 Muce ... s. Muke ... Muskelspindeln 527-528
Men earnine 167 mucesa-asseciated lympheid tissue - r'llllktien 527
Me neglyceride ( Me ne acylglycerine) (MALT) 237, 247 - intrafusale Fasern 527
325 Müller-Gang 403-404 - sense nsehe Endigungen 528
m ene nukleäres Pbage zytensystem (MPS) Müller-Gliazellen, Retina 510 Muskelzelle(n)
!15, 188 Müller-Stützzellen 508 - denervierte 165
Me n epe iese 197 mukiseEndstücke, CL sublingllalis 307 -Desmin 57
Me neZ}1en !15, 182, 188 Mukelipidesen 47 - glatte s. Muskulatur, glatte
- Ausstrichpräparat 16 Mukepelysaccharidesen 47 muskuläre Yenelen 213
- Blutausstrich 188 Mukesa Muskularis
- Granula 188 - Bre nchien 272 - Bre nchien 271
Me ntgemery- Drüsen 463 - 464,476 - Dünndarm 321 - Ere nchie len 276
M..sfasern, Kleinhirn 541 - Duedenum 320 - Dünndarm 321
Me rbus - Flmdus 316 - Gallenwege, intrahepatische
- AJzheimer 554 - Gallenblase 342-343 332
- Bechterew 261 - Harnblase 401 - Harnblase 40 1
- Cushing 371 - Harnleiter 3!1!1 - IIarnleiter 3!1!1
- Parkinsen 168 - Jejuntun 326 - Magen 314
Mergagni-Tasche (Ventriculus laryngis) - Kardia 316 - Rachen 308
267,268 -Magen 314 - Rumpfdarm 308, 309
Merula 444 - Pars pyle rica 31!1 - Samenleiter 417
Meteneure ne 14!1, 536-537 - Rumpfdarm 308- 30!1 - Spelseri hre 311- 312
- a.- Meteneurene 538 - Speiseri hre 310-312 - Tuba llterin a 434
- y-Mete neurene 527, 538 - Tuba uterina 434 - Vagina 440
mete fische Einbeit(en) 16!1 -Vagina 440 Musl...""ttlatur, glatte 124- 127
- Skelettmusku.latllr 134 - 135 mukesaasseziierte lymphatische Organe - Aktin(filamente) 126
mete fische Endi8llllgen, Muskelspindeln (MALT) 237, 247 - Basallamina 124
527 Mukeviszidese (zystische Fibrese) 1!1, - Blutgeialle 200
mete fische Endplatte (neure muskuläre 271,476 - dense be dy 126
Junktien) 169, 171 mukeziliäre Oearance, Lunge, Abwehr- - Filamente 124
- Axenendigtmg 16!1 mechanismen 283 - H.E.-Färbung 16
- Entwicklung 16!1 mukeziliärer Apparat - Innervatien 127
- f'llnk1ie n 171 - Trachea 270- 271 - Intermediärfilamente 126
- Gifte, bie tegisehe 171 - Zilienschlagfrequenz, Raud1en 274 - kentraktiler Apparat 126- 127
- Me rphe legie 16!1 multi-drug-resistance-1-preteill - Kentraktie n 127
- Muskelrelaxatie n 171 (MDR-1-Pretein) 323 - Matrixpreduktien 127
- pe stsynaptischeMembran 170- 171 multi-drug-resistance-2-preteill - Membransysteme 125
- synaptischer Spalt 170 (MDR-2-Pretein) 323 - Multi-Unit-T'yp 127
mete rische Rinde, Zellschichten 548 multiferme Schicht, Iseke rtex 551 - Myesin(filamente) 126
mete rischerKe rtex 547 multiple Sklere se (MS) 162 - Neuretransmitter 127
Mete rpreteine 64 Multi-Uni!.-Typ, Muskulatur, glatte 127 - Relaxatie n 127
- Nervenzellen 147 multivesikulärer Ki rper 15,47- 48 - Single-Unit-Typ 127
meuches velantes 505 - Endese men 46 - Unterscheidungsmerkmale 125
MPF (M-Phase-Prem eting-f.acte r) 61 - Flmktienen 48 - Vimenlin 126
- Inaktivierung 61 Mumps (Ziegenpeter) 307 - Zellkern 124
M-Phase, Zellzyklus 5!1 Mundhi hle 2!12 - Zellmembran 124
M6P-Rezepte rpretein 46 Mundschleimhaut 2!12 - Zellerganellen 124
MPS (men enukleäres Pbagezytensystem) - Verletzungen 2!12 - Zyteplasma 124
!15, 188 Musculus Musk"ltlatur, quergestreifte s. Skelett-
mRNA 40 - dilatate r pupillae 501 muskulatur
MRP 1 (multi drug resistance-asseciated - e rbicularis e ris 2!12 Muttermund, äußerer 437
pretein 1) 323 - sphincter pupillae 4!18, 501 Muzine 307
MRP2 (multi drug resistance-asseciated - tarsalis 513 - Drüsen 88
pretein 2) 33!1 - - superie r 514 - Glykekalyx 88
MSH (Melanezyten-stimulierendes - vecalis 26!1 - Magenschleim 315
Hermen) 347, 360 MuSK (muscle specific kinase) 16!1 Myastheniagravis 171,235
- f'llnk1ien , Freisetzung und Regulierung muskarinische Rezepteren 168 Myelin 158- 15!1
360 Muskelatrephien, spinale 540 - kempak1.es 15!1
MSH-bildende Zellen, Adenehypephyse Muskelfasemi-fibrillen 128 - nichtke mpaktes 158-15!1
356,35!1 - Skelettmusk.-ulatur 133- 135 myelinbasiscbes Pretein (MBP) 15!1
582 Sachverzeichnis
myelinisierende Schwann-Zellen 155, N Nephre n(e) 386
157-160 Nabelschnur 448, 455 - Histelegie, funklie neile 3' 8
Myelinegenese 157 Nachtblindheit 510 - juxtan1edulläre 386
Myelin-Olige dendrezyten-Glykepretein Nagel 482 - medieke rtikale 386
(MOG) 162 Nagelbett 482 - 483 - subkapsuJäre 386
Myelinscheiden (Markscheiden) Nagelfalz 483 Nephresklerese, Kellagensyntbesestiirung
15, -160 Nagelplatte 483 101
- G-Wert 144, 158, 160 Nageltasche 483 nerve gre wth facte r (NGF) 6'
- Hüll-Gliazellen 160 Nagelwall 482 Nerven
- Olige dendrezyten 153 Nahakke mmedatie n 503 - Bindegewebshüllen 162-164, 177
- Schichtenbau 16 1 Nallrungsmittelvergiftung. baki:erielle - periphere 162- 165
- Schwann-Zellen 154 328 - - licbtmikreskepische Darstellung
Myeleblasten 1' 5-1' 7 Nahsicht 504 162
myele ide Metaplasie, Milz 24 3 Na+-K+-ATPase 1' - - Querschnitt 163
Myele zyten 1' 5-1' 7 - Hauptzellen, Gallenblase 343 - - Regeneratie n, Schwann-Zellen 155
- base pbile 1' 6 - 1'7 Nasenatmung. Behinderte 266 Nervenendigtmgen
- eesinepbile 1' 6 Nasenbluten 266 - freie 528- 530
- neutrepbile 1' 5- 1'6 N asenfliigel 265 - - Riechschleimhaut 521
Myke bak'terien 14 Nasenhehle 264 - pre prie rezeptive 526-528
Myeblasten 130 Nasen muschel, Schleimhaut 265 Nervenfaserbündel 163
Myeepithelzellen 81, 124 Nasennebenhehlen 267 Nervenfasern
- Bmstdriise 462 - Enttiindtmgen 267 - Arterie, kle.i ne 207
- Driisen 84 Nasenschleimhaut 264 - 266 - myelinlsierte 160
-- muke se 8' - Anaste mesen, arterieveniise 266 - nicht myelinisierte 161
- - serese 88 - Gefäßsystem 266 - nicht myelinisierle (marklese) 157
- Schweißdriisen, ekkrine 475-476 - Lamina prepria 266 - periphere, Klassifikatie n 164-165
Mye fibrille (Muskelfibrille) 128, 131 - Regie respirate ria 266 - - Typ-A-Fasern 164
-Banden 130 - Schwellkiirper 266 - - Typ- B-Fasem 165
- filamentäre Metekille 130 - Schwelhmg 266 - - Typ-C-Fasem 165
- Ucht-/Elektrenenmikreskepie 130 - Venenplexus 266 Nervenfaserscheiden, Entwickhmg 158
- Sarke mere 132 Nasenve rhef 264 Nervengewebe 13' - 177
- Streifen 130 natürliche Killerzellen (NK-Zellen) 188, - Anpassungsfähigkeit 140
Myefibreblasten 127 224 -225 - Aufgaben 13, -140
- Alveelen 280 - Blutausstrich 188 - hlstelegische Färbungen 141
Myegle bin 12' - Lymphepeiese 1' 7 - lnfe rmatie nsverarbeitlmg 13'
Mye id, Rezeple rJ.eilen, Retina N-Cadherine 25 -Zellen 140
508-5~ NCAl'vfs (neurale Zelladbäsiensmelekille) Nervenplexus 310
Myekard 220-221 27 Nervensystem 53 1- 554
Myekardinfarkt 221 Nebenhe den 406, 414 - enterisd1es 173, 174
Myeme 436 Nebenhedengang 415 - Gliedemng 140
Myemesin 130 - Epithelzellen, Stereezilien 22 - !Iiill-Gliazellen 162
Mye metrium 435-436 - Quersclmitt 415 - parasympathisches 173
- Gef'aße 436 Nebennieren 348, 36' - 373 - peripheres (PNS) 140,532-535
- Scbid1ten 436 - Entwickltmg 36' - Regeneratie n 165
- Schwangerschaft 436 Nebennierenhyperplasie 371 - se matiscbes 140
- Zervix 437 Nebennierenmark 36, ,371-373 - - Innervatie n, periphere 174
Mye pathien, mited1endriale 51 - cbre maffineZellen 14, , 372 - ~1'mpatbisches 173
Myesin 22, 59, 322, 4' 4 - Dre sselvene 371 - vegetatives 140, 173- 175
- Muskelzelle, glatte 126 - Ganglienzellen 372 - - Ganglien 534
- Sarke mer 130 - Hermene 373 - - Innervatie n, periphere 174
- Skelettmuskelzelle 130- 131 - Sympathikusneure ne 373 - - peripheres 173- 174
Myesin I 57, 59 - Venenplexus 373 --zentrales 174-175
Myesin II 5' Nebennierenmarkzellen 372-373 - zentrales (ZNS) 140, 535-554
Myesin-leichte-Ketten-Kinase (MLCK) Nebennierenrinde 36' - 371 Nervenzellen (Neure ne) 13' - 142, 145,
127 - Andregene 371 14,, 173
Myesinfilamente 131 - He rmene 370 - 371 - Ak1.infilan1ente 147
- Muskelzelle, glatte 126 - ÜberfunJ..:tien 371 - anaxenische 14'
- Skelettmuskelzelle 130- 131 - Z.na fasciculata 370 - bipelare 14'
myetendinale Verbindungen 257- 258 - - gle merulesa 36'- 370 - chemische Kriterien 148
- lntegrine 258 - - reticularis 371 - chelinerge 14'
Myetuben 130 Nebenschilddrüsen 348, 367-369 - EM-Aufnallme 145
Myxedem, Hypethyreese 366 Nebenzellen, Magendrüsen 316, 317, 318 - Endhirn rinde 546
M-Zellen Nebulin, Skelettmusk-ulatur 132 - e rregende 14'
- Gelenkkapseln ' 5 Negativkentrastierung 9 - - IQeinhi m 542
- Peyer-Plaques 251, 327-328 Nekrese 6' - Funktie n 140, 142
- Retina 511 Neekertex 546 - funklie neile Krite rien 148
Nephrin 388, 3~ - glulamaterge 14'
Sachverzeichnis 583

- hemmende 14' neuremushiläre Junkiien s. meterjs(;he Nidegen ( • Tintakt in) 26, 99


- - Kleinhirn 542 Endplatte - Basallamina 73
- Infermatiensübertragung 140 - 141 neurenale Plastizität 165, 546 - Bindegewebe, straffes ' 2
- Intermediärfilamente 58 neurenale Regenernlien 165 Niederdrucksystem, Venen 213
- Klassifikatien 148 neurenale Verbindungen 150 Niere 383 - 3' 3
- - nach der Zahl der J::ertsätze 14' - Disinhibitien 150 - Blutgefäße 384- 386
- Kleinhirnrin de 543 - Divergenz 150 - Funkiien 383
- melek·ulare Meteren 147 - Kenvergenz 150 - Gefaßversergung 385
- Merpbelegie 142 - Rüdn\<ärtshemmung 150 - Interstitimn 3' 6- 3' 7
- merpbele~scbe Kriterien 148 - Verwärtsbemmung 150 - Lymphgefäße 386
- meteriscbe, Rumpfdarm 310 neurenalesNetz 141-142 - Markstrahlen 385
- Meterpreteine 147 Neurene s. Nervenzellen - Strukturmerkmale 384
- multipelare 141, 14, , 534 -535 Neure peptid Y 167 Nierenarterie 384
- neureendekrine 353 Neurepbysine 361 Nierenbecken 384,399-401
- Perikaryen (Sema, Zellleib) 141- 144 Neurepil 140 Nierenkapsel 384
- pestganglienäre, Sympathikus 174 Neure pretektien, Mikregliazellen 154 Nierenkelch 384
- präganglienäre, Pa rasympalhikus Neurethel 175 Nierenklirperchen 386-391, 3'8
174 - subdurales 176 - Ftmklien 38' - 3' I
- -Sympathikus 174 Neuretexizität, Mikregliazellen 154 - GeHißpel 385
- pseudemlipelare 14,, 533 - 534 Neuretransmissien 166- 168 - Ilypertrephie 3' 1
-sensible, Rumpfdarm 310 - pestsynaptisd1e Seite 168 - Ullratiltral 3'1
- senseris(;he, Rü~emnark 53' - SNARE-Kemplex 166 Nierenmark 384
- sematemeleriS<:he 538 - Vesikelfusien 166 - Grenze-Innenslreifen-lnnenzene 3' 5
- Transpert, antere-/relregrader 147 - Vesikel-Recyrung 167 Nierenpapillen 384
- mlipelare 14' Neuretransmitter 140, 168 - Sammelrehr 3' 5
- viszeremelerisc:be 53' -Abbau 168 Nierenpyramiden 384
- viszeresenseriS<:be 174 - Einteiltmg 167 Nierenrinde 384
- Zyteskelett 147 - Muskulatur, glatte 127 Nierentubulus/-tubuli 386, 391-396
Nervenzellfertsätze s. Neuriten - Neuren, prä- tmd pestganglienäres - distaler 3'4
Nervus 173 - - Epitllel 3'4
- a(;ustkus 4' 1 - synapt&ber Spalt 167 - - Funklien 3'4
- hypeglessus 2' 2 - Wula.mgen 167- 168 - - histele~S<:be UnlefS(;biede 3'7
- e ptkus 4, 8, 512-513 Neuretransmitterrezepteren, Astrezyten - EM-Aufnabmen 3' 2-3' 3
Netzhaut 506 -512 152 - intermediärer 3~- 3~
- Blätter 506- 507 neuretre pbe Fakteren 168- 16' - - Epithel 3' 3
Neumann-Sc:beide 2" - Neuregenese 168 - - Funklien 3' 3
neurale Zelladhäsiensmelekiile (NCAMs) - w·rrkma:hanismus 16, - - histele~S<:he Unterschiede 3' 7
27 Neuretrepbine 168 - - Zellverbindtmgen 3' 3
Neuralleisten 141 Neuretubuli 147 - preximaler 3' 1-3' 2
Neuralrehr 141 Neutrepbile 183 - 185 - - Epithel 3' 1
Neuraminidase 412 -Abbau 185 - - Fm1ktien 3' 1
Neuregulin 158 - Ausstrichpräparat 16 - - Ultrastruktur, fimktienelle 3'3
Neuriten 142 - Cbemetaxis 185 - - Zellverbindungen 3' 1
- Gliascbeiden 157 - auematin 184 Nierenvene 384
Neureanatemie 13' - Fm1ktien 184 niketinioche Rezepteren 168
- Metbeden/Tedmiken 532 - Gramila 184 Nissl-Färbung, Nervengewebe 141
Neureektederm 141 - Immunsystem, angeberenes ( unspe- Nissl-Scbellen, Perikaryen, Nervenzelle
neureendekrine Neurene 353 zifiS<:hes) 225 143
neureepitl1eliale Kerper 272 - jugendliche 184 Nissl-Sub~tanz, RE.R 41-42
Neurefibreme 155 - Kerne, heterec:brematinreicbe 183 Nltabuch-Fibrineid 448, 454
Neurefilamente 58, 147, 148 - Leukämien, myeleisdle 185 NK-Zellen (natürliche Killerzellen) 188
- immunbiste(;bemjs(;ber Nadwreis 5' - Merpbelegie 183 - Aktivität 188
Neuregenese 165, 553 - Phagezytese 185 - Blutausstrich 188
- neuretrephe Fakteren 168 -segmentierte Kerne 183 - Lymphepeiese 1,7, 224-225
neurebämale Organe 156 - segmentkernige 1' 6 NMDA-Rezepleren 168, 172
- Neurebypepbyse 347 - Stabflirrniger Kern 184 NO (Stickstelfmenexid) 167
Neurebermene, hypethalamiS<:he 353 - Unte=heidungsmerkmale 185 - E.ndetllel 200
Neurebype pbyse 155, 347, 353, 355, neutrepbile Myelezyten 1'5 Nen-Disjunct..ien, Chremesemen 68
360-361 Nexin 21 NOR (Nukleelus-Organisater-Regien)
- Herrneue 361 Ne:ms(Gap Junctien) 26,30 -31 38
- Neurebämalergan 347 - Glanzstreifen, Herzmuskelzelle 137 Neradrenalin 167, 174, 348, 352, 372
- Pitulzyten 360 NGF (nerve grewtb facter) 6' - Lekalisatien/Rezepteren und Wirkun-
Neurekinin- 1-Rezepteren 168 - Speiebeldrüse 306 gen 168
Neureligine 32 Nicbt-Histen-Preteine 35 Neradrenalin-bildende (NA-)Zellen 36'
Neureligin-Neurexin-Brü~en, synap- Nic:bt-Prinzipalzellen, HippKampus Nermeblaslen 195, I' 6
tiS<:ber Spalt 166 553 - erthKhremalisdle 1,4, 195
Neuremedulateren 168 Nicbt-Pyramidenzellen, lsekertex 548 - pelycbrematisd1e I~, 195
584 Sachverzeichnis
NO-Synthase (NOS) 34'!1 Oligedendregliazellen 54'!1 - Knecben '!12
- endetheliale(eNOS) 350 - Axene 160 - Osleeblasten 110
- induzierbare (iN OS) 34'!1 - 350 Olige dendrezyten 151, 152-153 Ostee penie 113
- neurenale (nNOS) 34'!1 - Entwicklung!Funktienen 151 Ostee pe ntin 99, 108
Netch 324 - Markscheidenbildung 153 - I Iydrexylapatit, Entstehung im Knechen
Ne zirezepteren 528 - Me rpbelegie 153 10'!1
Ne zizeptien 533 On-Bipelare 510 - Kn echen '!12
Nudeus On-Ganglienzellen, Retina 510, 512 - Ostee blasten 110
- dersalis (Oarke) 537 Oegenese 405, 424 Ostee perese 113
- intennedielaleralis 537 Oegenien 424 - Calcile nin 367
- paraventricularis 355, 360 Oe zyten 425 Ostee pregenilerzellen 10'!1- 110
- pre prius 537 - 1./2. Ordnung 425 - Ossifikatien, e ncbe ndrale 117
- pulpesus 25'!1 -primäre 405 Osteezyten 110- 111
- - Glycesamine glykane 260 Oe zytenreifungsbemmer (OMI), Ovar - Lebensdauer II 0
- suprachiasmaticus (SCN) 361 426 Ote litl1enrnembra.Il 488, 491
- supraepticus 355, 360 Ora serrata 4'!18, 506 e vales Fenster 486
- the racicus pesterie r 537- 538 Orangenbaut 122 - 123,475 Ovarialtume ren 433
Nuet-Rawn 4'!12- 4'!13 Orceln-Färblmg (Elastika-Färbw1g) 6 Ovar(ien) 424 - 433
Nukleelus (Kemkiirperchen) 15, 38-39 Organgmppen, bistelegische Leitmerk- - Andregene 426
Nukleelus-Organlsate r-Regie n (NOR) male 556- 558 - lliluszellen 428
38 Orgamun vascllleSlun laminae tenninalis - Mark 424
Nukleesem(en) 35 155 - Ostregene 426
- zyklisd1e Ver'.indenmgen 37 Osme rezepte rzellen, ADH-Neure ne 354 - pelyzystische 433
Nukleus s. Zellkern Ossilikatien 115 - 11'!1 - Prege~teren 426
- che ndrale 115, 116-117, 118 - Rinde 424
0 - desmale 115 - 116 - Slereidhenne ne 425-426
Oberflächenepitl1el(ien) 74 - 80 - encbe ndrale 117 Ovula Nabetlli 437
- Diinndarmzetten 321 - - ausdifferenzierte (bypertre pbe) 11'!1 Ovulatien 425
- Klassifikatien 74 - - Cbendrezyten, preliferierende 11'!1 - LII-Peak 430
- Magen(fundus) 314 - - Kne rpel, mbender/verkalkier 11'!1 Oxidat.ien, Pere xise men 4'!1
- Ref!i.e respirateria 265 - - Knerpelzellen 11'!1 exypbile Zellen, Epilhelkiirperchen
Oberflächenpreteine - Eri ffnungszene 117 368
- B-Lymphezyten 226 Ossifikatienspunkie 116 Oxytalanfasem 103
- T- Lymphezyten 228 Ossilikatienszentnrm (Knechenkem), Oxyte cin 347,353-354, 361
Oberbaut 465- 474 Epiphysen 118 - Laktatien 464
Ocdudin 32 Ostee arthritis 107 -Ovar 426
Oddi-Sphinlcter 342 Ostee blasten 110 - 111 - Ulems-Ke ntraktie n 454
Odenteblasten 2'!15, 2'!17, 298 - PTH-Rezepte ren 368 Oxytecinrezepteren, Plazenta 454
- Differenzierw1g 2'!17 - Rezepteren 111
- Merphelef!i.e 2'!18 - mbende 115, 120 p
- Zahnpulpa, Blutgefaßbildung 302 - Ve rläuferzellen 10'!1 - 110 PO (Pre le in N1J.il) 158
e de ntegenes Epithel 2'!13-2'!16 Osteecalcin 99, 108 p5360
e de rant blndingpre teins (ODP) 520 - Hydrexylapatit, Entsteblmg im Kned1et1 - Krebszellen 61
Ödeme, Stimmfalten 268 10'!1 Paccbie ni-Granulatie nen 176- 177
Öse phagitis 313 - Knechen '!12 Pacbymeninx 175
Ose phagus s. Spelseriihre - Osteeblasten 110 Pad1yLän 68, 411
Ose phagus-Kardla-Überg<mg 31.6 Osteegenese 115- 11'!1 PAI- 1 (Plasminegenaktivate r-Inbibite r),
Osepbagussphinkier 312-313 Osteegenesis im perfecta 10 1 F-ettzellen, Reguliemng 121
Ostradlei 426 Ostee id 110 Paläekerlex 535, 546
Ostre gene Osteeidasten 111 - 112 PALS ( perlarterielle Lymphez}'tenscheide)
- Gra~nuesazellen 426 - Calciteniß 112 238
- Mammakanine rn 45'!1 - Einbindung in den Knecbenste ff- - Milz 238, 240
- Ovar 426 wechsel 112 PAMPs (pathegen-asseciated m elecular
- Plazenta 454 - Faltensalrm (engl mffled berder) 111, palterns) 224
Ostregenrezepte ren 426 112 Pancreas di visum 346
Off-Bipelare 510 - Henunung. Calciteniß 366 Panetll-Kiimerzellen 323, 32'!1
Off-Ganglienzellen, Retina 510,5 12 - Lebenszyklus 112- 113 Pankreas 2'!1 I, 344- 346
Ohr - RANK-Liganden 113 - Acet:ylchelin 344, 346
- äußeres 486- 487 - Rezepteren 112 - Ausfühmngsgänge 344
- Aufbau 486- 488 Ostee rnalalie (Knecbenerweicbung) 113 - Azlni 345- 346
Ohrmuschel 486 Osteene 114, 115 - Olelecystekinin 344, 346
Ohrspeicheldrüse 303- 305 -Aufbau 120 - Differenzierung, histelegische 306
- Differenzierw1g. bistelef!i.sche 306 - Havers-Kanal 116 - End-/Scbahstiicke 306
- Tmne ren 307 - Knechenscbliff, ungefärbter ll5 - exe krines 345-346
elfakterische Glia 520 Ostee nectin 99, 108 - - Endstiicke 345
elfakterische Vesikel 521 - Hydrexylapatit, Entsteblmg im Knechen - - Enzymsekretie n 346
elfakteriscbes Epitl1el 51'!1- 522 10'!1 -- Fwtktie nen 344
Sachverzeichnis 585

- - Gangsystem 346 - - Gastrin 31' - Fibreelastika 120


- - Schaltstückzellen 345 - - G-Zellen 31' - Kambiumschicht 120
- - zentreazinäre Zellen 344 - 345 - - Mukesa 31' periphere Preteine I 8
- Läppchen 344 - 345 - recta, Tubulus, distaler 386 Peripe rtalfeld 334-337, 338
- Sekretin 346 - - - preximaler 386, 3' 1 - Bindegewebe 338
- Sekretkapillaren 346 - tuberalis, Adenehype physe 357 - Lymphgefäße 338
- Vater- Pacini-Kiirperchen 344 PAS-Färbung (Perjedsäure-Schiff- Peritendineum 257- 258
Pankreasanlage, ventrale 344 Reak'iien) 6, 7 Perite nealdialyse 28, , 310
Pankreaskanine rn 346 - Basalmembran 74 Perite nealepithel 77
Pankreassekretien, Gallensäuren 346 - Drüsen, mukiise 8' - I Iäuteheupräparat 75
pankreatisches Pelypeplid (PP) 345-346 patbegen-asseciated melecular pattems Perite neum
- PP-Zellen 37' (PAMPs) 224 - parietales 288
Pankreatitis, aknte/chre nische 346 pattem-recegnitien recepte rs (PRRs) - viszerales 288
Papanicelaen-Abstrich, Pe rlie vaginalis 224 perlurethrale Mantelzene, Prestata 418
438 Paukenhehle 486 perivaskulärer Ratlm (Virchew-Rebin-
Papilla(-ae) P-Cadherine 26, 3' 0 Ramn) 177
- adipesae 475 PDGF (platelet derived gre wtb facte r) 20 l Perizyten
- duedeni maj e r (Papilla Vateri) 342 - Thre mbezyten 18' - HirnkapiiJaren 210
- filife rmes 2, 2, 2~ PECAMl (CD31) 185 - Kapillaren 20' - 210
- feliatae 2'2, 517 - 518 Penis 421-423 Perjedsäure-Schiff-Färbung
- fungife rmes 2, 2, 517 - 51.8 - Arterien 422 s. PAS-Reaktie n
- nervi eptici 4,8, 512 - Ce rpus cavernesmn 421 - 422 Perlec.:m ' 8
- renalis 384 - - spengiesum 422- 423 - Basallamin a 73
- vallatae 2, 2, 518 -I-laut 421 penmmenle Zellen 60
Pappenheim-Färbtmg 17' - Kavemen/Trabekel 422 Perexidase, Speicheldrüse 306
parafellikuläre Zellen s. C-Zellen - Schwellkiirper 421 Perexise men 15, 48-49
parafellikuläres Gewebe, Te nsillen 248
parake rtikale Z.ne, Lymphkneten
Peniserektien, NO- und GMP-verrnittelte
Dilatatien 350
- Defekte 4'
- Lipidsteifwechsel 4'
244-246 Pepsin 320 - OxidaUen 4'
parakrine Signalgebung - Magen 313, 315 - Preteinsynfuese 4'
- Ile rrnene 348 - 34' Pepsinegen 320 Petit-Kanal 504
- Mediate ren 348 peptidhe rrnenbildendeZellen 348 Peyer-Piaques 24' - 251, 326-328
Parallelfasern, Kleinhirn 542 Peptidherrnene 34' - B-Zell-Regien 251, 327
Paraneurene 14' - Membranrezepte ren 351 - Oem(epifuel) 251-252,328
paranedale Ztmgen, Scbwann-Zellen 160 Perfe rin 232 - Enteritis 252
Parasympathikus/parasympathisches periarterielle Lymphezytenscheide - I listelegie, funktienelle 252
Nervensystem 173, 174 (PALS),Milz 238, 240 - llelll11 326 - 327
- Erektien 422 perichendrale Ossifikatien 117 - Lymphe me, maligne 252
- Neuren, präganglie näres I 74 Perichendrimn 107, 118 - M-Zellen 251, 328
- Speichelsekretie n 307 perifellikuläre Zene, Milz 240 - T-Zell-Regien 251,327
Paratl1e rme n (PTII, Parathyrin) 352, Perikardepithel 77 - Ve rkemmen 252
368-369 Perlkarye n (Sema, Zellleib) Pfeiffer-Zellen 187
- Calciumsteifwechsel 368 - Fm1ktie n 142 Pfeilerzellen (Ce rli-Organ) 4'2
- He rme nrezepte r 368 - lichtrezeptiver Fertsatz 508 - äußere 4' 3
Parathe rme n-verwandtes Pretein - Melanin 145 - innere 4' 3
(PTII- RP) 454, 461 -Nervenzellen 142- 144 Pfe rtaderstaunng, Leberzirrhese 341
ParaU1yrin s. Paratlle nn en - - euchre matinreicher Kern 143 Pfe rtadersystem, hypethalame-hype-
Parkinse n-Syndre m 168 - - Lipefuszingranula/Melanin 143 physäres 353
Parede ntitis 303 - - Mikretubnli 147 Phäechre mezyte m 373
- Aggregatibacter actin emycetemce mi- - - multipelare 141 Pbäemelanin 51, 471
tans 303 - PNS 140 Phagezytensystem, menenukleäres
Paredentium (Zahnhalteapparat) 302 - Purkinje-Zelten 143 (MPS) ' 5
Paret.is, Drüsenzellen, seriise 306 - ZNS 140 Phagezytese 23- 24
Pars Perilymphraum 486, 488-48, , - Leukezyten 185
- caeca, Retina 4, 8, 502 491 -492 - Lysese men 46
- ciliaris retinae 504 Perimetrium 436 - Mikreglia 154
- cenveluta, Tubulus, distaler 3' 4 - Zervix 437 - Neutrephile 185
- - - preximaler 3' 1 Perimysium Phalangenzellen (Ce rti-Organ)
- distalis, Adenehype physe 356 - extemum 128 4'2 - 4, 3
- epithelialis, Perineurium I 64 - Internum 128 - äußere 4'3 - 4~
- fibresa, Nukleelus 38 Perlneuralepithel 164 - innere 4'2- 4' 3
-- Perineurium 164 perlneurales Kempartiment 164 Phalleidin 57
- granulesa, Nukleelus 38 Perlneuralscheide 164 pharyngeale Aäcbe 26'
- interrnedia, Adenehype physe 356 - Le kalanästhetika, Barriere 164 Pharyngitis 267
- eptica 4, 8, 506-507 Perineurium 163, 164 Pharynx 267
- pylerica 31' Periest 11' - 120 Phasenkentrastmikreske p(ie) 2
- - Drüsenzellen 31' - Adventitia ll' - 120 - Fibre blasten, lebende 8
586 Sachverzeichnis
Phesphatase - Infektienserreger 453 Pestmen epause, Endemetrium 435
- alkalische, Hydrexylapatit, Entstehung - Ienen 453 p estsynaptische Depe larisatie n 171
im Kne chen 10' -Passage 452-454 pe stsynaptische Membran 166
- - Knechen 108 Plazenteme 448 - meteriscbe En dplatte 170- 17 1
- - Osteeblasten 110 Piektin 30, 58, 12!1 pe stsynaptiscbe Pe tenziale 142
-saure 412 Pleura 285 pe stsynaptische Seite, Neuretransmissien
- - Lysesemen 45 - parietale 285 168
Phe sphelipase A 346 - viszerale 285, 288 - 28' PPAR (pere xise me preliferater adivated
Phesph elipide, Magenschleim 315 Pleuraepithel 77 recepte r) , f<ettzellen 121
Pheterez.epte ren 506, 507-509 Pleuraerguss 285 PP-Zellen
Pia mater 175, 177 Pleuraflüssigkeit 285 - Langerbans-Inseln 378-37!1
Pigmentepit:bel, retinales 508 Pleural1ihle 285 - pankreatiscbes Pe lypeptid (PP) 37'
Pigmentfaroung, Nervengewebe 141 - Sere sa 288 Prä-/Pseude deziduazellen 43!1
pigmentierte Zellstrukturen 53 Pleuramesetbeliem 285 Präadipezyl 121
Pili ( = Fimbrien), Bakterien, gram- plexife rme Schicht Prädentin 2' 8 - 29!1
negative 14 - äußere, Retina 506, 508, 5 10 pr'J.kapilläre Sphinkteren 20!1
Pineale rgan s. Epiphyse - innere, Retina 506, 508, 5 10 Prämetaren 2!14
Pineale zyten 361 Plems Präparate
- Epiphyse 362 - chere ideus 156 - 157 -Einbetten 3- 4
Pinezyte se 23- 24 - myentericus (Auerbach-Ple;ms) 174, - Eleklre nenmikre ske pie 8- 11
Pinselarterielen, Milz 238 309 ,310 - foärben 4 - 8
Pituizyten, Neure hypephyse 150, -- Ganglien 310 - foixieren 3
360 - 361 - submuce sus (Meissner-Ple;~:us) 174, - Ilerslelhmg 4
Plättchenadhäsien, Thre mbe zyten 18' 309,310 - Mikre skepie 3- 8
Plakeglebin 30 Plexusepit:bel, Ependyrnzellen 153 - Schneiden 4
Plakephilln 30 Plica(-ae) - Transmissienselektrenenmikre skepie
Plaque(s) - palmatae 436
- semiltmares, Dickdarm 32'
8-'
Pr'cipre insulin 380
- Karies 302
- lymphatische, Darmtral.:t 249 -252 - vestibularis (Taschenfalten) 267, 268, präsynaptische Membran 167, 171
Plasmamembranen (Biemembranen), 26!1 pr'cisynaptische Seite, Synapsen 166
Bausteine 17 - vecalis 268 - 26' Presbyepia senills 503
Plasmazellen 95-96, 226 PLP (pretee lipid pretein) 160 Presse rezepteren 52'
- lmmungle buline ' 5 pluripetente Stammzellen 65 Prestin 4!14 - 495
- Zellkern, Radspeicbenstmktur ' 6 Plus-Ende, Mikretubuli 54 - 55 Primärbündel, Skelettmuskulatur
plasmazyte ide dendritiscbe Zellen 224 PMPZZ (peripherical myelin pretein ZZ) 127-128
Plasminegenaktivate r, Ende thel 200 158 primäre(anule spUalige)sense rische
Plastizität Pneurnenie 283 Endigungen 528
- neurenale 165 Pnewnezyten Primärfe llikel
- synaptische 13, , 146, 171-173 - ve m Typ I 280 - 281 - Lyrnphkne ten 245
platelet derived gre1\th fade r s. PDGF - vem Typ II 280 - 281 - Ovar 405, 425, 427, 444
Platteneplll1el(ien) 75, 76-78 - - Surfactant 281 - - Differenziemngskriterien 426,428
- einschichtiges 74 - 75, 76- 77 PNS (peripheres Nervensystem) 140, Primärham 383, 3' I
- mehrschichtiges 74, 77-78 531-535 Primärspeichel 307
- - wwerhe rntes 75-76, 77, 81 - axe nale Regeneratle u 165 Prime rdialfellikel 425, 427
- - verhe rntes 75-76, 77-78,81 - Gliascheiden 157 - Differenzienmgskriterien 426, 428
Plazenta 445, 446 - 455 - Perikarya 140 Prinzipalzellen, Ilippecampus 551
- Alletranplant;~t 455 Pe de calyxin 3!10 prism;~tische Epithelien 78-80
- AlletransplantOIL 454 Pe dezyten 388 Pre cessus ciliaris 4!18, 502
- Basalplatte 447, 448-449, 450 - Füßchenfe etsätze 388- 38' Pre erylhre blast 1!14
- ende keine Funktienen 454 - Membran 388 Pre filin 57
- Entwicklw1g 445- 446 - Zyte plasma 388 Pre genlte rzellen, Stammzellen 1!14
- Fibrine idablagerungen 454 pe larer Aufbau, Epithelgewebe 72 Pre gestere n
- hameche riale 452 Pelarisatiensmikreskep 2 - Ce rpus luteum 426
- intervilliser Raum 448 Pelki rperchen 405 -Ovar 426
- Laktegen 44' Pelmikretubuli, (inter)pe lare 61 - Plazenta 454
- mikreskepiscbe Anale rnie 450 Pe lyarthritis, chrenische 256 Pre gesterenrezepter, Bmstdrüse 460
- Randsinus 448 Pe lypeptidherrnene, Sekretiensgranula pre karyetische Zel len 13- 14
- reife 447 350 Prekaspase 8
- Septen 448 Pelyribe semen (Pelysemen) 15, 40 - Apepte se 70
- Z.tten 45 1 Pe rtalgeiaße Prekte dealdriisen 330, 331
Plazentalereislauf 448 - Hypephyse 355 Pre laktin
Plazentaschranke 452 - 454 - insule azinäre 380-381 - azide phile Zellen 359
- Alkeh el 4 53 Pe rtalvenenläppchen 336, 337 - Ftmktie n, Preisetnmg und Regulierw1g
- Anti-Rhesus-0-Antiki rper 4 53 Pe rtie vaginalis, Papanicelaeu-Abstrich 35,
- Atemgase 452 438 - Laktatien 464
- IgG 452 pestganglienäres Neure n 173 - lakte tre pe Zellen 357
- lmmunglebuline 452 pe stkapilläre VeneJen 20!1, 212-213 - Leydig-Zellen 414
Sachverzeichnis 58 7

Prelaktineme 35' - Verdammg 324 - I Iippecampus 553


Preliferatiensphase, Menslruatienszyklus - ntckerbindende 20 - innere, Iseke rtex 55 I
438 Preteinsynthese - Isekertex 548- 54'
Premetaphase, Mitese 61, 63 - endeplasmatisches Retikulum, raues 40 - ZNS 14~
Premyele zyt-Base 1'6 - Hepatezyten 340 P-Zellen, Retina 5 I I
Pre myelezyten 1'5 - Perexise men 4'
Pre myelezyt-E. 1'6 Preteeglykane ' 8 Q
Pre myele zyt-N 1' 6 - Arterien vem elastischen Typ 204 Querbandenmuster, Chre mese men 38
Preepiemelanecertin (POMC) 360 - Basallamina 73 Querstrei.fimg, Skelettmuskelzelle I 28
Pre pbase - Bindegewebe, straffes ' 2
- Meiese 68 - Blutgefäße 200 R
- Mitese 61, 63 - Ende tl1el 200 Rachen 267,308
- Reifeteilung, erste 411 - Grundsubstanz ' 8 - Scbleimhaut 267
Pre pria, Gallenwege, intrahepatische 332 - Knechen ' 2 - ·wandbau 267
pre prierezeptive Nervenendigungen - Kne rpel ' 2 Rachitis I 13
526-528 - Knerpelzellen !06 Radialglia 150
Prestacyclin, Endetl1el 200 - Nabelschnur 455 Rami bre nchiales 283
Prestaglandine 352 - Osteeblasten 110 Randsinus
- Magenulkus 315 pretee he nnenbildende Zellen 348 - Lymphkne len 243-244
- Trepheblasl 445 Preteeb erme ne 34' - Plazenta 448
Prestata 417 - 421 - Membranrezepte ren 35 I Randwall, Lymphkneten 245
- AuJbau 418 - Sekretie nsgranula 350 RANK- Liganden, 0~1eeklasten 113
- Außenze ne 418 - 41' Pretee lipidpretein (PLP) 162 Ranvier-Sclmürringe (; Nedien) 13, , 157
- Drüsenendstücke 420 Pretenengradient, eleki.rechemischer, - Me rphe legie I 58
- Drüsenepiiliel 4 20 Mitechendrien 51 - UltrJ~"lmklur 15~
- Drüseng'cinge 420 Prete nenpumpe, Magendrüsen 318 Raslereleklre nenmikreske p(ie) 2-3, 9
-Epithel 41' Pretenensekretien, Magendrüsen 318 - Bakterien 14
- - Regulatien 421 preteplasmatiscbe Astrezyten !51, 152 - Ilaselnusspellen I I
- Glieden.mg 418 PRRs (pattern-rece grtitien recepte rs) Raslerttmnelelektrenenmikreskep 3
-Innenze ne 418 - 41' 224 Rathke-Tasche, Adenehypephyse,
- Manlelzene, periuretllrale 418 P-Selek'tin (CD62P} 26, 184 Entwicklung 356
- Strema 420 - bechendetheliale Venelen, Lymph- Rauchen, mukeziliärer Apparat, Zilien-
- - subepitheliales 41' kneten 244 schlagfrequenz 274
Prestataadene m 421 Pseudebype parailiyreeidismus 36' raues endeplasmatisches Retikulum (ER)
Prestatakarzinem 421 Pseudep edien, Makrepbagen '4 s. endeplasmatisches Retikulum, raues
Prestatasekret 420 pseudeunipelare Ganglienzellen 145 Set-Reduktase, Pre stata 42 I
Preteasen 412 Pseriasis (Schuppenflechte) 467 Reflux, chre nischer 3 I 3
- Speiebeldrüse 306 PTI-1 s. Parailie rmen Regenbegenhaut 500-50 I
Pretease men 47, 61 Pulmenalklappe, gei lfnele 220 Regeneratie n, Nervensystem/ZN$ 165
- MHC-Klasse-I-Preteine 22'- 230 Pulpa Regie
- Preteine, aberrante, Abbau 47 -Milz 238-241 - e tfacte ria 267
Pretein 4.1, Erytbrezyten 18 I - re te 240- 241 - respirate ria 264- 266
Pretein BP180 30 - weiße 23' - 240 regulale rische T-Lymphezyten 22'
Pretein Null (PO) 15, , 162 -- B-Lymphezyten 241 Reifeteilung, erste, Spennategenese 4 10
Preteine -- T-Lympbez~1en 241 Reinke-Krislalle 413
- aberrante, Abbau, Pretease men 47 - Zähne s. Zalmpulpa - I..eydig-Zellen 408, 414
- asseziierte, Aktinfilamente 57 Pulpafibreblaslen 2~8 ReUlke-Raurn 268
- - Intermediärfilamente 58 Pulpastränge Reissner-Faden 155
- - Kinezilien (Zilien) 21 -Milz 240 Rekembinalie nskneten 68
- - Mikretubuli 56 - Retikulezyten 241 Relaxatie n
- Diesynthese 47 - Thre mbe zyten 241 - Muskulatur, glatte I 27
- Blutgefaße 200 Pulpavene 238 - Skelettmuskulatur 133
- DNA-bindende 37 Punl'tdesmese men 2~ - 30 Relaxin
- dynaminvenvandte 4' Purine 167 -Ovar 426
- Endezytese 47 Purkinje-Fasern 138-13~. 221-222 - Tre pbeblasl 445
- intrazelluläre, MliC-Klasse-11-Preteine Purkinje-Myezyten 13' Releasing-IIe rmene (Liberine) 355
230 Purkinje-Zellen 143, 149 Rens. Niere
- Knechen 108 - Axen 143 Renin 3' 8
- mikretubulusasseziierte 55 - Perlkarye n 143 Renin-Angietensin-System (RAS) 398
- Medilikatien, Gelgi-Apparat 43 - (Stratum purkinjense), Kleinhirnrinde Renshaw-Zelle 53'
- perexisemale, Synthese 4' 541, 542 - 543 Repre duktie nsbielegie, Entwicklungs-
- preapeptetiscbe 6' Pyelitis3" pbasen der Frau 424
- Reserptien 324 Pyelenephritis 3" RER-Zisternen 4 I
- Sekretien 47 Pyknese 6, , 88 Resistin, Fettzellen, Regulierung 121
- synilietisierte, Ribe se men 40 Pylerus s. Pars pyle rica Rese rptie n
- Transpe rt, endeplasmatisches Pyranlidenzellen - Kapillaren 2 I 2
Retikulum, raues 40 - äußere, Iseke rtex 551 - Kehlenhydrate 324
588 Sachverzeichnis

- Lipide 325 Riechepitllel/ -schleinlhaut 267, Säurepreduklien , Magendrüsen 318


- Preteine 324 519-520, 522, 5212 SänresdlUtzmantel, Epidermis 470
Reserptiensleislung, Enterezyten - Basalzellen 522 Sakralmark 540- 54 1
322 -323 - Mikrevilluszellen 521 sahale rische Erregungsausbreitungl
respiraterisches Epithel 272 - Nervenendigungen, freie 521 -Ieitung 154, 157- 158
- Brenchien 272 - Stützzellen 522 salzig (Geschmack) 518
- Epipharynx 308 Riechsinneszellen 520-521 Salzsäure(! I Cl)
- Reaie respirate ria 265 - Aune 520 - Belegzellen 318
- Trachea 270 Riesenpyramidenzellen, Ke rtex -Magen 313
respirate ry burst 46 143 Samenblase 417
~teslis 406, 413 Rige r m ertis (Tetenstarre) 133 Samenkanälchen, Aufbau und Funklien
retik-uläre Fasern I 02 Rinde (Ke rtex) 406
- me rpbelegische, bleiegisehe w1d f.irbe- - Haarschaft 47!1 Samenleiter 406, 41 6 - 41 7
rische Eigenschaften " - Lymphk.neten 243-245 - Adventitia 417
retikuläres Bindegewebe, Blutzellbildtmg - Nebenniere 36!1- 370 -Epithel 416
1!12 -Niere 384 - Lamina prepria 416
Retikulezyten 180, I !14, 1!16 -Ovar 424 - Tm1ica muscularis 417
- Erytlue pe iese 1!15 - Thymus 234, 236 Samenstrang 416-417
- Pulpastränge 241 - ZNS 140 Samenwege 414 - 417
Retibtlmnfasern s. relibtläre Pasern Rippenfell 285 Samenwegs-Steree zilien, Nebenhe den-
Retilatlumzellen Rehr-Fibrine id 448,454 gang 415
- faserbildende 102 Re kitansky-Ascheff-Sinus 343 S<unenzelle, männliche 412
- fettspeichernde 1!12 Re ulinefarbtmgen 5, 7 S<unrnelgefaße, Lymphgefäße 217
- fibreb1astische 105 rRNA, Ribesemen 40 S<unrnellymphkneten 217
- Kne chenmark 1!12 Rückenmark 53S - 544 Sanunelrehr 3!15- 3' 6
Retina 4!17 - 4!18, 506-512 -Aufbau 536 - EM -Aufnahmen 3!12- 3!13
- Erregungsleitung 512 - - fi.mklienaler 538 - Epithel 3!15- 3!16
- Gliagren7.1Ilembran, äußere 510 - Eigenapparat 53!1 - Funk1.ie n 3!16
- l. Neuren 507 - Gliedenmg 536 - !Iistelegie, funklieneHe 3!16, 3!18
- 2. Neuren 510 -graue Substanz 536-53!1 - histelegische Unterschiede 3!17
- 3. Neuren 511 - - Nervenzellen 537- 53!1 - Nierenpapille 3!15
- Off-Zellen 5 12 - Kelunmen 536 - Schaltzellen 3!1S- 3!16
- On-Zellen 512 - Kemmissur 536 - 537 - ·wasserriickrese rptien 3!16
- Schichten 507 - O rientienmg 536 - Zellke ntakte 3!16
Retinablatt - Querschnitt 540 SA-Rezepte ren 526
- äußeres 507 -weiße Substanz 53!1 Sarkeglykane 12!1
- inneres 507 - - Verbindtmgsfunki.ien 53!1 Sarkeglykankemple:< 12!1
Retineblastema-Pre tein (Rb) 6 1 Rückenmarkshäute 176 Sarkelemm 12!1
Retinepatbie, diabellsehe 505 Rückwärtsbemmung, neurenale Sarke me 74
Retzius-Streife.n 300, 301, 303 Verbindm1gen ISO Sarke mer 130
rezeptive Felder, Retina 512 Ruffini-Kiirpercbe11 52S- 526 -Aktin 130
Rezeptivität 445 ruhende Mikreglia 154 - Filamente, dicke/dünne 130
Rezepte rarchitektur, Nerve nsystem 532 RUlllpfdann 2!11, 308 - 332 - Kentraktie n 130
a - Rezeple ren 168 - Absehn itte 312 - Mye fibrillen 132
ß -Rezepteren 168 - Adventitia 308 - Myesin 130
Rezepteren - Epithel 308 - Z-Linie (dreidimensienal: Z-Scheibe)
- IIe rmene 350 - 353 - histelegische Kennzeichen 313 130
- ien etre pe 168, 170 - Interneure ne 310 Sarke plasma 128 - 12!1
- metabe tre pe 168 - Lamina epitl1elialis 308- 30!1 sarkeplasmalisches Retikulmn (SR)
- nikelisd1e 168 - Mese tllel 30!1 131
Rezepterpreteine 1!1 - Mukesa 308 - 30!1 - !Ierzmuskelzelle 136
Rezepte r-Superfamilie, intrazelluläre 351 - Musbtlaris 308- 30!1 Sarketubttli, le ngitudinale, Skelettmuskel-
Rezepterzellen, Retina 50!1 - Neure ne, met erische 310 zelle 133
Rbadlxin 57 - - sensible 310 Satellitenzellen
rheUlllatisches Fieber, Streptekekken der - Seresa 308- 30!1 - Entwicklung!Funktienen 151
GruppeA 220 - Submukesa 308- 30!1 - Ganglien, sensensehe 533
rbeUlllate ide Arthritis 256 - Subsere sa 310 - M antelzellen ISS
- Kellagensynthesestiinmg 10 1 - Wandaufbau 308 - 310 - Skelettmuskulatur 12!1-130
Rhinitis, allergische 266- 267 nmdes Fenster 486 sauer(Geschmack) 518
Rbede psin 510 Ryane dinrezepte ren, Her7.1Iluskelzelle Satunepithel 303
Ribe semen 3!1- 40 137 - Gingiva 303
- dendritische Dem en 146 - inneres 2!15
-freie 40 s Samnzellen, ende stale 120
- membrangebm1dene 40 Sacatlus 4!11 saure Parbste ffe 5
- Preteine, synthetisierte 40 - alveelaris 273 saure Phesphatase 412
- rRNA 40 - laryngis 26!1 - Lysese men 45
- Signalerke~mm1gspartikel (SRP) 40 Säulenk.ne rpel 117- 118 Scabies (Krätze) 470
Sachverzeichnis 589
Scala Seiunierste lfe 307 Sekretgran ula 15
- media 486, 492 Schneckengang 486, 492 -Drüsen 87
- tympani 486, 4' 1- 4' 3 Schneiden, Präparate 4, ' - Drüsenzellen 81
- vestibuli 486, 4' 1- 4' 2 Schneidezahn 2' 5 - Gelgi-Apparat 44
Scavenger-Rezepler 232 Schnittdefek"te, Artefal-te 8 - Pretee-/Pelypeplidhe rme ne 350
Schädel, Duramaler 175- 176 Schnittpräparate Sekrelin 323, 368, 374- 375
Schaftsyn apsen 144, 169 - histelegische, Betrachtung mit bleßem - Pankreas 346
Schallweiterleitung 4'6 Auge' Sekretien
Schaltlamellen, Knechen 114 - - Diagnesestellung ' - apekrine 86-87
Schaltstiicke - - lnterpretatien ' - 11 - ekkrine 86
- Drüsenzellen, muki se 305 - - Prüfung mit schwächster Vergriße- - helekrine 88
- Pankreas 306 nmg' - kenstitutive ( ke nlinuierliche),
- Speicheldrüsen 305- 306 - - zweidimensienales Bild ' Drüsen 86
- Tränendrüse 306 - Lamellenknechen 114 - parakrine 348
Schaltstückzellen, Pankreas, exekrines Schrumpfspalten, Artefakte 8 - Pre leine 47
345 Schwangerschaft, Myemetrium 436 Sekrelienskanälchen, Magendrüsen
Schaltzellen Schwann-Glia 162 317
-graue Substanz, Rückenmark 537 Schwanneme 155 Sekrelie nsmedus, Drüsen 84- 88
- Interneure ne 53' Schwann-Zellen 154-155 Sekrelie nsphase (Menstmatienszyklus)
- Sammelrehr 3'5 - 3' 6 - Axenernähnmg 155 438 - 43'!1
Schamlippen 440 - Enh~icklw1g/Ftmktienen 151 - frühe/späte 43'!1
Schaumzellen, Atheresk.lerese 207 - Enrnickltmgsgeschichte 157 Sekretkapillaren
Scheide 440 - 1-Iiillzellen 154 - Magendrüsen 3 17,318
Scheidenkutikula 480 - 482 - Markscheiden (Myelinscheiden) 154 - Pankreas 346
Scheidenverhef 441 - Me rphelegie 155 sekrete ri.sche Zellen, Tuba uterina 434
Schilddrüse 348,363-367 - myelini.sierende 155, 157-160 Sekundärbündel, Skelettmuskulatur
- C-Zellen 348, 366 - Nerven, periphere, Regeneratie n 155 128
- Fellikelepithelzellen 363- 364 - nicht myelini.sierende 160 sektmdäre Endigungen (Blütendelden-
Schilddrüsenadeneme 366 - paranedale Zungen 160 endigtmgen), senserische 528
Schilddrüsenaplasie 366 Schwanzfaden 412 Sekundärfellikel 425, 444
Schilddrüsenfellikel 363 Schweiß 476 - Dilferenzienmgskriterien 426
Schilddriisenhe rmene 365-366 Schweißdriisen - Lymphkneten 245, 246
- Bildung!Freisetzung 365 -ekkrine 475 - 476 - Merkmale 428
- He rmenrezepte ren 366 - Endstücke 475 Sektmdärspeichel 307
- jedhaltige 363, 366 Schweißdrüsenabzesse 476 Selek"ti.ne 20, 26, 184
Schilddriisenkanine me 367 Schweißsekretien 476 - hechende theliale Venelen, Lymph-
Schislesema haemalebium (Bilharziese), Schwellkirper, Penis 421 kneten 244
Harnblasenkaninern 401 schwere Ketten, Antiki rper 226 Selektle n, negalive/pesitive, T-Lymphe-
Schleim, Magen 314 Sd1werhi rigkeit 4' 7 zyten 228
Schleimbeutel 258 Schwesterchrematiden 63-64 self-assemblyprecess, Kellagenfibrillen
Schleimdrüsen, tubuläre, I Iarnrihre 402 Sdwt'itzen 4 7 6 100
Schleimhaut, Atemwege 264 - emetie nales 476 Sensibilisi.erung. Mastzellen '!18
Schlemm-Kanal 4,8, 501, 502 - thennisches 476 sense rische Endigungen
Schliffpräparate, Lamellenknechen 114 SCID-Syndre m (severe cembined - Muskelspindeln 528
Schlitzmembran, Be wman-Kapsel 388 ilnmwledeficiency syndreme) 235 - primäre (annlespiralige) 528
Schlunds. Rachen scrells, Mastzellen '!17 - sektmdäre (Bliitendeldenendigw1gen)
Schlussleistenkemplexe 32 Secend Messenger 351 528
Schmelz (Zähne) 2,3, 2,5, 300- 30 1, 303 Segelklappen 21'!1 sense rische Gangiien 140, 532-534
Schmelzbildung 2" - 300 Se!Jllentbrenchus 273 senserische Neure ne 53'!1
- Ameleblasten (Adamante blasten) 2" Se!Jllentkemige 183, 1'!16 Septula testis 406
- Diazenien 300 Se!Jllentkemiger-Base 1'!16 Serin/Threenin-Ki.nase-Rezepter 352
- Hunler-Schreger-Streifung 300 Se!Jllentkemiger-Ee 1'!16 Seresa 287- 28'!1
-Zähne 2" Se!Jllentkerniger-N 1'!16 - Blut-/Lymphgefaße 28'!1
Schmelzepithel Sehnen 257 - 258 - Dünndarm 321
- äußeres 2' 6- 2' 7 - Durchtrenmmg 258 - Erguss 287
- inneres 2' 6- 2' 8 - Kellagenfasem 257 - Gallenwege, intrahepatische 332
- - Amele blasten 2" Seimenansatz 258 - I Iypalbuminärnie 287
Schme~ecke 2' 7 Sehnenscheiden 258 - Linksherzversagen 287
Schmelzkappe, aufgeli ste 2" Sehnenscheideopferten 258 -Magen 314
Schmelzkappenstadium 2~ Seimenzellen 257 - parietales Blatt 287, 28'!1
Schmelzkne spe 2~ Selle rgan 497-516 - Rumpfdarm 308, 309
Schmelzpri.sma, Apatitkristalle 2" Seilpigmente 50'!1- 510 - subepitheliale (submesetheliale) Binde-
Schmelzpulpa (Schmelz:ret.ikulum) Sehrinde, primäre 550 gewebsschiebt 287- 28'!1
2' 6-2, 8 Seitenstrang 536 - Tuba uteriJ1a 434
Schmerzrezepteren 52' Sekret - Verklebtmg 287
Schrnidt-Lantennann-Einkerbungen - Drüsenzellen 80 - viszerales Blatt 287
(Myeli.ninzisuren) 15' - I60 - Zervixepithelien 436-437 Seresaepithel 287, 288, 28'!1
590 Sachverzeichnis
Seretenin 167,323,352,375,52' -Dehnung 130 Sematestatin 167, 323,346,352,375
- Entzündtmg 212 -Desmin 132 - Brenchien 272
- Lekalisatien/Rezepte ren und Wirkun- - elel'tremecbanische Keppltmg 133 - O-Zellen 37'
gen 168 - endeplasmatisches Retikulum, glattes - Magensäuresekretien 31'
Serteli-Zellen 407- 4~ 132 -133 - Pankreas 345
Sexcbrematin 63 - Fetttre pfen 12' sematelrepe Zellen 357
SGLT I (Natrium -Glucese-Transpe rter -Genese 130 - \:Vadlstumsherme n 357
I), Kehlenhydrale, Reserptien 324 - Gesamtmuskel 128 sematelrepes I Ie rme n (STI I, Semate-
Sbarpey-Fasem 114, 303 - Glykegen 12' tre pin) 357
- Ligg. periedentalia 302- 303 - Hitzescbeckpreteine 132 senic hedgeheg (shll), Zahnentwicklung
-Zement 302 - junklienale Füßeben 133 2, 7
Siale preteine, Knecben ' 2 - Kapillarisierung 128 Speicbel(bildung) 307
Sialyl-LewisX (CD15S) 184 - ke ntral'tiler Apparat 130-131 Speid1eldriisen 303- 308
Sidielzelle.nanämie, Blutausstrich 182 - Kentraktien 130, 133 - Aufbau 303 - 304
Side-Links 4'4 - Kentra1.1.ie nszyklus, Mechanismus - Ausflihrm1gsgänge, interlebuläre
Si!Jlla 328 133 305- 306
Si!Jialerke~mungspartikel (SRP) - - melekularer 134 - Ausflihmngsgangsystem 304- 306
- endeplasmatisches Retikulum, raues - aß-Kristalline 132 - Ebner-Ilalbmende 306
40 - L-System 132- 133 - Endstücke 306
- Ribesemen 40 - Membranstmk'turen/-systeme 125, 131 - Gianuzzi-IIalbmende 306
Signalgebtmg - mete rische Einheiten 134- 135 - greHe 303 - 304
- autekrine 34' - Muskelfasem 133 - 135 - kleine 303
- parakrine 348 - Nebulin 132 - Schaltstücke 305 - 306
Signalmeleklüe, bied1emische, A.xe n 146 - Primärbiindel 127 - 128 - seri se, I liste physielegie 307
Si!Jiale rgan, endekrines 348 - Querstreifung 128 - Streifenstücke 305- 306
Si!Jlalpeptidase 40 - Relaxatien 133 - Zellen, muki se 306- 307
Si!Jialtransdukliensweg, G-Pretein-ge- - Sarketubuli, lengitudinale 133 - - sekrete nsehe 306
keppelter Rezepte r 351 - Satellitenzellen 12' - 130 - - seri se 306
signalübertragende Junk1.ie nen/Kentakte - Sel<mdärbündel 128 Speicbelsekretie n 307
27, 32 - Stmk'turpreteine 12' Speicherfett 124
Single-Unit-Typ, Muskulatur, glatte 127 - Tenninalzistemen Qunk'tienales Speicberkranklleiten,lysese male 47
Sinnesepithelien 8' - ' 0 Retik.-ulmn) 133 Speiseri bre 308, 310-313
Sinneshaare 485 - 1itin (C.nnel'tin) 132 - Adventitia 311
Sinneski rperdlen 523- 528 - Tenusfasem 134 - bistelegische Kennzeidlen 313
- bindegewebige Kempe nente 523 - Transversa1(1)-Tubulus 133 - Lamina muscularis mucesaelprepria
- exterezeptive 523- 526 -Triade 133 311
- gliale Kempenente 523 - Typ-I-Fasern 133 - Mukesa 310-312
- neurale Kempe nente 523 - Typ-li-Fasem 133 - Muskularis 31 1- 312
- Typen 523 -Typen 134 - Submukesa 312
Sinnesergaue 485 -530 - Typ-F-Fasem(f = fast) 133 - \Vandaufbau 310
-Typen 485 - Typ-S-Fasem(s = slew) 133 Spektrü1 22,57, 12, ,322,4' 4
Sinnesstmkturen, Haut 483 - Unterscheidungsmerkmale 125 - Erythrezyten 181
Sinneszelle~I 485 - Zelleinschlüsse 12' Spermatiden 408, 410- 411
- Crista ampullaris 48' - Zellkeme 12' - friihe 408
- Gelli re rgan 488 - Zellmembran 12' - Zellkern 4 12
- Gleicbgewidltse rgan 488, 4'0 - Zelle rganellen 12' Sperm11tegenese 405, 40' - 411
- Jnnenehr, Stereezilien 22 - Zucktmgsfasern 133- 134 - Meiese 410 - 4 12
- primäre 485 - - rete 133 - Reifeteilung, en.te 410
- Reizaufnahme 485 --weiße 133 -- zweite 411
- sekw1däre 485 - Zyteplasma 128 - 12' - Reifi.mgsphase 41 0- 411
Sinus - Zyteskelett 132 - Temperatu.replimum 40, -410
- Lympbknete11 243 - 244 Sklera - Vermehnmgsperiede 410
- paranasales 267 - Auge 497, 4,8, 502 Spermategenien 405, 408
- prestaticus 418 - Lederhaut 505- 506 Spermatezee n 412
- renalis 384 Sklerese ' 3 - Akresem 412
- uregenitalis 404 - Kellagensynthesesti rung 10 I - Ausstridlpräparat 412
- venesus sderae 4' 8 Skerbut 100 - Bindtmg an die Z.na pellucida 444
Sinusitis 267 Skretalhaut 406 - und Eizelle, Pusie n 444
Sinuskneten 138, 221 Skretmn 406 - Endstück 412
Sinuseide, Leber 211, 332, 335- 336, small nudear RNAs (snRNAs) 36 - Ilalsstiick 412
340-341 SNARE (seluble N-ethylrnaleimide sensi- - Kepf 412
Sinuseidendethel, Leber 340 tive attacbment pretein recepter) 25 - Mittelstück 412
Skelettmuskelzelle/-muskulatur 127- 135 - Neuretransmissien 166 Spermatezyten
-Aktin 131 -132 Sedbrennen 313 - primäre (I) 405, 408, 410
- Ak1.i.nlilamenle 131- 132 sematische Synapsen 169 - sekundäre (Il) 405,410-411
- Aufbau, hierarchischer 127- 128 sematische Zellen 38 Spermienrezepte ren 444
- Basallamina 12' semaledendritisches Kempartiment 142 Spermiegenese 4 11 - 412
Sachverzeichnis 591
Spenniwn 412 Stillperiede, Brustdrüse 462 subepitheliale (submesetheliale) Binde-
Speziallamellen, Knechen 114 Stimmfahen 268, 270 gewebsschicht, Seresa 287
Sphärezyten 1!1, 182 -Ödeme 268 subepitheliales Bindegewebe, Seresa
S-Phase,Zellzyklus 5!1, 63 Steifaustausch 288-28!1
Sphink1.er0ddi 342 - Kapillaren 211 Subfe mikalergan 155
Sphinkteren, präkapilläre 20!1 - Kernpe ren 34 Subglettis 267
spinale Muskelatrephien 540 Strahlenki rper 503 Subiculum 552
Spinalganglienzellen 16 Strangzellen, graue Substanz, Rücken- subintimales Gewebe, Gelenkkapsel 255
Spinalganglien 532-534 mark 537 Subke mmiSSltrale rgan 155
Spindelapparat, Mikre lubuli 55 Stratwn Subkutis 466, 4 75
Spindelkapsel (Spindelscheide) 527 - basale 75, 77 Submukesa
spine zelluläres Bindegewebe 105- 106 - - Epidennis 467 - 46!1 - Dickdann 32!1
-Ovar 424 - - Wurzelfiißchen 77 - Dünndann 321
Splene megalie 242 - cellulare, Perichendriwn 107 - Due denwn 320
spe ngii ser Knechen 113 - ce rnewn 75, 78, 467 - Magen 314
Stabfi rmige 184 - fibresum, Perichendrium 107 - Rumpfdann 308, 309
stabileZelten 60 - - Perle st 120 - Speiseri hre 311-312
Stabkernige 1!16 - functienale, Endemetritun 435 subeslee klastische Ke mpartimente 111,
Stabkerniger-Base 1!16 - germinativmn, Epidermis 77, 467 112
Stabkerniger-Ee 1!16 - granulare, Hippecampus 552 Subseresa, Rumpfdarm 310
Stabkerniger-N 1!16 - granuleswn, Epidermis 75, 77-78, Sub~1:antia
Stachelsaum bläschen, G elgi- Apparat 43 467, 46!1 - cempacta 113
Stachelzellen 77 - - Keratehyalingranula 78 - ce rticalis I 13
Stäbchen, synaplische 508 - - Kleinhirnrinde 543 - gelatinesa (Relandi) 537-538
Stäbd1enzellen 508- 50!1 - intennedium 75, 2!18 - spe ngiesa 113
Stammbrenchus 273 - - Schmelzretikultun 2!17 Sub~1:anz P 167
Stammdendriten 144 - lacunestun-m elecul are, Hippecampus - LekalisatienfRezepleren und Wirktm-
Stammzellen 65, 192 552 gen 168
- adulte 65 - lucidum, Epidermis 78, 46!1 - Osepbagussphinkler 312
- dlrem ephebe 360 - - Hippecampus 552 subsurfacecisterns 4!14
- embryenale 65-66 - m eleculare, Hippecampus 552 Subtekte rialratun 4!13
- hämatepe ietische 1!14 - - Kleinhirnrinde 543 Sudan-Färbungen 7
- Magendriisen 316-317 - esteegenicum, Perle st 120 süß (Geschmack) 5 18
- mesenchymale, TGFß !11 - papillare, Dennis 474 Sulcus
- multipelente 1!14 - pigmenti ce rpe ris ciliaris 504 - calcarinus 550
- pluripetenle 65 - purkinjense, Kleinhirnrinde 541, - gingivalis 303
- PregeniterzellenNe rläuferzellen 65, 542- 543, 543 - spiralis intemus 4!13
1!14 - pyramidale, Hippecampus 552 Suprad1e re idea 506
Stammzellfakte r ( SCF) 1!13 - radiatwn, Hippecampus 552 Supraglettis 267- 268
Staphylececcus-aureus-Vergiftung 328 - reticulare, Demtis 474 Surfaaant 280, 281
StAR (stere idegenes akutes Regulatie ns- - spinestun, Epidennis 75, 77, 467, 46!1 - Pnewnezylen vem Typ II 281
pretein) 414 - Superficiale 75 Sympathike mimetika 274
Statine (Inhibiting-I Ie nnene) 355 - vascula re 506 Sympathikus/sympathisches Nerven-
Steigbügel ( Stapes) 486 - 487 Streifen, Mye fibrillen 130 system 173, 174
Stellknerpel 267 Streifen stücke - Neure n, präganglienäres 174
Steree villi 22 -Pankreas 306 - Neure ne, Nebennierenmark 373
Stereezilien 22 - Speich eldrüsen 305- 306 - - pes4:f.tnglienäre 174
- Cerli-Organ 4!13 - Tr'.in endrüse 306 Sympe rt 1!1
- Epithel, zweireihiges, prismatisches 7!1 Streptekekken der G ruppe A, rbewnati- Sympe rt-Carrier, Entere zylen 323
- Nebenh e dengang 22, 415 sches Fieber 220 Synapse(n) 140, 165- 173
- Sinneszellen, Innenehr 22 Stressfasern 57 - Astrezylen 166
Sterilität, männliche 410 Stria vascularis 4!1 1, 496 - asymmetrische (Typ I nach Gray) 169
Sternzellen Stre ma !11 - a.uax:e nale 144
- chrem ephebe 360 - Epithelgewebe 72 - - Axeninitialsegmenl 146
- Disse-Rawn 341 - He rnhaut 500 - a.udendritische 144
- hepatische 341 - Iris 501 - axese matische 144
- Kleinhirnrinde 542- 543 Stremagranulezyten 43!1 - chemische 166
- ZNS 14!1 Struma 366 - cbelinerge, Acetylchelin 167
Stereidhe nnen -bildende Zellen 348 Stützgewebe, Bestandteile !12 - elektrische 13!1, 166
Stereidhe nnene 34!1 Stützzellen - en passanl 167
- Diffusien ins Blut 350 - Geschmacksknespen 517 - exzilate rische 167
- Ovar 425-426 - Karetiski rperchen 52!1 -Fennen 144
Steuerbe nnene, llypethalamus 353, 355 - Riechschleimhaut 522 - inhibite rische, Typ Gray II 167
Sticksteffme nexid (NO) 34!1 Subarachne idalblulwlg 177 - par dislance 171
- Erektie n 422 Subaradmeidalraum 176 - präsynaptische Seile 166
- Osephagussphinkle r 312 subdurale Blulwlg 177 - sematische 16!1
Stilling-Oark-Säule 537 subdurales Neure thel 176 - symmetrische (Typ II nach Gray) 169
592 Sachverzeichnis

-Typen 167 Teriärfellikel 42~ - dendritische Zellen 236


- Varikesitäten 171 terminales Netz 15 - Entwickhmg 234
- viszere mete rische 171 -Dünndarm 321 - Epithelzellen 234
- zelluläres Lernen 172 - Entere zyten 23 - des Erwachsenen 235- 236
- zentrale 169 - Mikrevilli 22 - I Jassali-Kii rperchen 234, 236
Synapsis 68 Terminalbaare 478 -4~ - llistelegie, funk1.ienelle 236
synaptische Bläschen 166 Terminalzisternen Qunk-tienales Reti- - kindlicher 234
synaptische Plastizität 13~ . 146, kulum), Skelettmuskelzelle 131, 133 - Mark 234 - 236
171- 173 Tertiärfellikel 405,425, 427, 444 - Rinde 234, 236
- Langz.eitpetenzierung 172- 173 - Differenzierungskliterien 426 - T-Lyrnphezyten, CD4-/CD8-pesitive
synaptische Stäbchen (synaptische - Merkmale 428 236
Lamellen, synaptic ribbens) Testes 406 - T-Zell-Differenzierung 235
- Axen 508 testis determiningfacter (IDF) 403 Thymusfettkiirper 235
- Crista ampullaris 48~ Testesteren 414 Thymusmark, I Iassaii-Kiirperchen 235
- Epiphyse 362 Testestere n-Rezepteren Thymusrinde 234
synaptische übertragung, Astrezyten - Prestata 421 Thyree idea stimulierendes lle rme n
152 - Serteli-Zellen 40~ s. TSII
synaptischer Spalt 144, 166, 167 Testesterensekretien, henneneHe thyreetre pe Zellen, Adenehypephyse
- mete rische Endplatte 170 Regulatie n 414 35'!1
- Neure transmitter 167 Tetraspanin-Pretein 444 Thyreet repin s. TSI I
Synaptegenese, reaktive 165 TGFß Thyre glebuli.n 363, 365
synapte nemaler Ke mplex 68 - Atemwegsepithel 283 Thyrexin (T,) 348, 365-366
Synartbresen 256 - 257 - Stammzellen, mesenchymale ~ 1 Tip-Links 4'!14
Syncbendrese 257 TGF (tubule glemerulärer Feedback) 3~7 Tilin (Ce nnexin), Skelettmuskulatur 132
Syndecan ~8 Thalamusafferenzen 54~ Titinfilament 131
Syndesmesen 256 Thalamusfasern 54~ TLR s. Te ll-Uke-Rezepteren
Syndrem Theca T-Lymphezyten 187, 224-225, 227- 229
- der immebilen (immetilen) Zilien 21 - extema, Tertiärfellikel 430 - Antigenpräsentatien 22!1 - 230
- des irritablen Kelens 32~ - felliculi 428 - BALT 273
Synevia(Gelenkfli1ssigkeit) 254,256 - intema, Tertiärfellikel 428 - CD4-pesitive 224,228-229
Syneviazyten 256 Theca-intema-Zellen 428 -42~ - - Thymus 236
Syntrephin 12~ Theka-luteinzellen 428, 431, 432 - CD8-pesitive 47, 187,229
Synzytietre pheblast 444, 445- 446 T-Helferzellen, Lyrnphkneten 246 - - MI IC- Klasse-I-Preleine 230
thermisches Schwitzen 476 - - Thymus 236
T Therme rezepte ren 528 - Entwicklung 228
T 1-Zellen 224 Therakalmark 540 - Ftmktie n 187
T1 -Zellen 224 Threenin 61 - lmmunantwe rt, Ablauf 233
Tänien, Dickdann 32~ Thrembemedulin, Endethel 200 - kle naleSelektie n 233
Talgdrüsen 88 Thre mbepeiese 1'!17 - 1'!18 - Lyrnphkneten, Ke rtex 245
- helekrine 477-478 Thre mbepeietin 1'!14 - Lyrnphepe iese 1'!17
Talin 30, 57 Thre mbe sen 215 - Me rpbelegie 228
Tanyzyte.n 153 Thre mbespe ndin - Oberflächenpreteine 228
- zirkwnventrikuläre Organe 156 - Knechen 108 - Pulpa, weiße 241
TAP-Preteine 47 - Thre mbe zyten 18'!1 - regulate rische 22'!1
Tarsus 514 Thre mbezyten 18'!1- 1'!10 - - CD25-pes itive 224
Taschenfalten (Plica vestibularis) 267, - Ausstrichpräparat 16 - Selektie n, negative/pesitive 228
268 - Blutausstrich 188 - Thymus, Certice~tereide 235
Taschenklappen 21 ~ - Blutwerte, nennale 17'!1 -Typen 228
Taubheit, angebereue - EM-Aufnahme 1'!10 - zytete xische 70
- Ce1mexin 26 - Entstel1w1g 1'!17- 1'!18 - - CD8-pesilive 224
- MutaUen 31 - - Megakaryezyten 18'!1 - 1'!10 - - Ttitw1gsmechanismen 232
Tau-Pretein 554 - Ftmktien 18'!1 TNFa, Atemwegsepithel 283
Tawara-Schenkel 221 - Granulemer 18'!1 -1'!10 Techterbre ncbien 271
Taxane, Mikretubulusgifte 56 - Hyale mer 18'!1- 1'!10 Teehierzellen 65
Tela - Me rphelegie 18'!1 Tell-Uke-Rezepte ren (TLR) 224, 232
- submucesa, Rumpfdann 308, 309 - Plättchenadhäsien 18'!1 Teluidinblau-Färbtmg 7
- subseresa, Rumpfdarm 310 - Pulpastränge 241 Temes-Fasem, Dentin 298,301
- - Tuba uterina 434 Thremb ezytenfreisetnmg, Megakarye- Temes-J::ertsatz 2'!1!1
Telegen 482 zyten, reife 1'!18 Temes-Kiimerschicht, Dentin 298,301
Telernemse 38 Thrembe(zyte )penie 18'!1 Te nefilamente 58
Telemere, Chremesemen 38 Thrembezytese 18'!1 Tensilla
Telephase Thyrnesin 57 - Iingualis 248, 250, 2'!12
- Meiese 68 Thymezyten 2.34 - - Krypten 250
- Mitese 63, 64 Thymus 234- 236 - palalina 248- 24'!1
Temperatureptimum 40~ - 410 - Altersatrephie 235 - - Krypten 250
Tene n-Kapsel 505 - Atrephie, pubertäre 235 - pharyngea 248-251
Tene zyten 257 - Blutgefäße 235 - tubaria 250, 487
Sachverzeichnis 593

Te nsillen 247 - 24' Transmitter tubuleglemerulärer Feedback (TGF)


- Bese nderheilen 250 - Magen-Darm-Trakt, Neurene 375 3, 7
- B-Zell-Regien 248 - synaptischerSpalt 167 Tubule vesikel, Magendrüsen 317-318
- Krypten 247- 24' Transparenz, He rnhaut 500 Tubulus
- Lympbfellikel 248 Transpert - distaler 3' 4
- Lympheme, maligne 24' - anteregrader 148 - - histelegische Unterschiede 3' 7
- Me rpbelegie 247-248 -- Nervenzellen 147 - - Pars recta 386
- Oberflächenepithel 248 Transpert, axenaler 147-148 - intermediärer 3~- 3' 4
- parafellikuläres Gewebe 248 - anteregrader, Kinesin 148 - - histele!Jische Unterschiede 3' 7
- T-Zell-Regien 248 - Mikretubuli 56 - - Zellverbindungen 3' 3
Tensillitis 24' - retregrader 147 - 148 - preximaler 3' I - 3' 2
Te nusfasem, Skelettmuskulatur 134 - - Dynein 148 - - histele!Jische Unterschiede 3' 7
Te tenstarre (Rige rme rtis) 133 Transpert-ATPasen 1' - - Pars recta 386
Trabecula arachneidea 175 Transperter 1' - - Ultrastmktur, fimktie nelle 3' 3
Trabekel Transpertmecbanismen, Kapillarsystem - - Zellverbindtmgen 3' 1
- Knechen 116, 120 211-212 - retmiens 3~ - 3' 5
- Lympbkne ten 243 Transpertpreteine 1' Tubulus-Typ, Mitechendrien 50
- Milz 237 Transpe rlweg Tumerangiegenese 217
- Penis 422 - parazellulärer, Kapillaren 212 Tumerdiagneslik, Intermediärfilamente
Trabekelarterien, Milz 238 - transzellulärer, Kapillaren 211 58
Trabekelvenen 238 Transversal(T)-Tubulus, Skelettmuskel- Tmne ren, Ohrspeicheldrüse 307
trabekulärer Knechen 113 zelle 12, , 133 Tmne mekresefakte r-et (1NFa),
Trachea 270 - 271 Transzytese 23 foettzellen, Regulierung 121
- histelegischeMerkmale 268 - rezepte rvermittelte, Kapillaren 212 Tunica
- mukeziliärer Apparat 270 - 271 Trefeii-Fakte r-Peptide (TFF-Peptide), - advenlitia s. Adventilia
- respirate risches Epithel 270 Magenschleim 314 - albuginea, Penis 421
- Schleimhaut 270-271 TRH (Thyretrepin-Releasing-Hermen) - dartes 406
- Tunica fibre-muscule-carlilaginea 270 355 - fibre-muscule-cartilaginea, Atemw-ege
Trad1ealdrüsen 270- 271 Triade, Skelettmuskelzelle 133 264
Trachealmuskulatur,lnnervatie n Trichehyalingranula 480 - - Bre nchien 271
273- 274 Trichemenas vaginalis 440 - - Trachea 270
Tractus Triehre rn-Färbung nach Geldner 7 - mucesa s. Mukesa
- ce rticespinalis anterie r 538 Triglyceride (Triacylglycerine), Entere- - muscularis s. Muskularis
- del'S411ateralis 538 zyten 323 - seresa s. Seresa
- elivespinalis 538 Trigylceride (Triacylglycerine), Fettzellen - submucesa s. Submukesa
- ~culespinalis 538 123 - subseresa s. Subseresa
- mbrespinalis 538 Trijedthyre nin (T,) 348, 365-366 - vaginalis testis 406
- semilunaris 538 Trisemie 21, 38 Tltlillel
- spinecerebellaris peslerie r 538 Triseillien 38 -äußerer, Certi-Organ 4' 2-4' 3
- spineelivaris 538 tRNA 40 - innerer, Ce rti-Organ 4' 2
- spinetectalis lateralis 538 Tremmelfell 486- 487 Tmmelstmkt.uren 4' 2
- spinetbalamicus anlerie r 538 Trepheblast 445- 447 Tumer-Syndre m 38
- - lateralis 538 Trepemyesin 57 Typ-1111-Desmese m 30
- tectespin alis 538 - Erythre zyten 181 Typ-1/IT-Diabetes 381
- vestibulespinalis 538 Trepenin C 132 Typ-I-Fasern, Skelettmuskulatur 133
Tränendrüse 515 -516 Tre penin I 132 T'yp-11-Fasern, Skelettmuskulatur 133
- Differenzienmg, histelegische 306 Tre penin T 132 Typ-I-Kellagen 100
- End-, Schalt-, Streifen~otücke 306 Trypsin 346 - Bindegewebe, ~1ratres ' 2
Tränenlilm 500 Tryptase, Mastzellen ' 6 - ' 7 - Kned1en ' 2
Tränenflüssigkeit 516 TSH (Thyreeidea stimulierendes Typ-II-Kellagen 100
Tränengänge 5 16 He rmen, Thyreetre pin) 347, 352 - Faserkne rpel 108
Transdudn 510 - Fellikelepithelzellen, Rezepte ren 366 - Kn erpel ' 2
Transduktien, IIiirvergang 4' 6 - Funk1.ien, Freisetzung tmd Regulienmg - - hyaliner I07
transferming gre wtb facle r (TGf) 352 360 Typ-III-KeUagen 100
Trans-Gelgi-Netzwerk (TGN) 43, 44 t-SNARE 25 - Bindegewebe, straffes ~
Translekase T-Tubulus Typ-IV-Kellagen 101
- der Außenmembran (TOM) 4' - Herzmuskelzelle 136 - Basallamina 73
- der Innenmembran (TIM) 4' - Skelettmuskelzelle 12, , 131 - Bindege'll-ebe, straffes ' 2
Transmembrandemänen, I Ierme n- Tuba - Fettzellen 123
rezepte r 352 - auditiva 487 Typ-V -Kellagen 10 I
Transmembranpre teine 1' - Eustacbii 487 - Bin degewebe, straffes ' 2
Transmissienselektre nenmikreske pie - uterina 433- 434 T'yp-VI-Kellagen 101
(TEM) 2 tubuläres System, Magendrüsen 317 - Bindegewebe, straffes ' 2
- Bakterien 14 Tubuli seminiferi centerti 413 Typ-Vli-Kellagen 101
-Fixieren 8 a-/ß-Tubulin 54-55 - Bindege"-ebe, straffes ' 2
- Präparate 8- ' y-Tubulin-Ringkemplexe, Zentrielen 56 T'yp-Vlii-Kellagen 101
- Zelle, Ultrastruktur 10 Tubulealveeli, Brustdriise 45' Typ-IX-Kellagen, Kne rpel ' 2
594 Sachverzeichnis
Typ-X-Kollagen 101 V Verschlusskontakte (Barrierekontakte)
-Knorpel 92 Vagmae tendmeum 258 27,31-32
Typ-XI-Kollagen 101 Vagmalepithel 440 Versican 98
-Knorpel 92 van-Gieson-Färbung 7 - Basallanlina 73
Typ-A-Fasern, Nervenfasern, periphere Varikositäten, Synapsen 171 Versllbenmgsmethode retikulärer Fasern
164 Varizen 215 nach Gomori 7
Typ-A-Zellen, Gelenkkapseln, Makro- Vasdeferens 416-417 Vesica
pbagen 95 Vasa - fellea 342 - 343
Typ-B-Fasern, Ne.rvenfasern, periphere - privatalpublica, Lunge 283 - urinaria s. llamblase
165 - recta (Ren) 386 Vesicula seminalis 417
Typ-C-Fasern, Nervenfasern, periphere vaskuläre Zelladhäsionsmolekille Vesikel
165 (VCAJvls) 27 - clathrinbedeckte 25
Typ-F-Fasern (f fast), Skelettmuskulatur Vaskulogenese 216-217 - diskoide, Deckzellen 79, 80
133 vasoaktivesmtestirlales Peptid {VIP) 368 - Fusion mit Zielmembranen 25
Typ-1-Sirmeszelle, Crista, ampnllaris - Ösophagussphinkter 312 Vesikelfusion, Neurotransmission 166
489-490 Vasopressm s. ADH Vesikel-Recycling, Neurotransmission
Typ-1 1-Sirmeszelle, Crista ampnllaris Vater-Pacini-Kirperchen 475,483, 525, 167
490 526 Vestibularisorgan 488-491
Typ-S-Fasem (s ~ slow), Skelettmus- - Pankreas 344 Vestibulun1
kulatur 133 VCAMs (vaskuläre Zelladbäsions- - nasi 264 - 265
Tyrosin 61 molekiile) 27 - va~nae 441
Tyrosir1ase 51 - hochendotheliale Venolen, Lymph· Vicq-d'Azyr-Streifen 549
Tyrosmkinaserezeptoren 352 knoten 244 Videomikroskop 2
T-Zell-Differenzierung, Thymus 235 VE-Cadherine 26 Villin 57
T-Zellen s. T-LymphoZ}'len vegetatives Nervensystem 173- 175 V'm1enti.J1
T-Zeli-Region VEG F ( vascular endothelial growth - Arterien vom elastischen Typ 204
- Peyer-Plaques 251, 327 factor) 217 - Endothelzellen 209
- Tonsillen 248 Vellushaare 478 - Fibroblasten 57
T-Zell-Rezeptor (TCR) 228 Vena(-ae) - Muskelzelle, glatte 126
-Aufbau 227 - arcuatae (Ren) 386 V'mca-Alkaloide, Mikrotubulusgifte 56
T-Zeli-Voriäuferzellen 228 - centralis 334 Vinculin 30, 57
- interiobares (Ren) 386 Vinatlin-Talin-Komplex 390
u - interiobularis (Hepar) 332, 338 VIP (vasoaktives intestinales Polypeptid),
Übergangsepithel (Urothel) 74 -75, 79, --(Ren) 385 Speichelsekretion 307
80 - portae 333 Virchow-Robin-Raum (perivaskulärer
- Deckzellen 80 - pulmonalis 216 Rawn) 177
- Dehnungsrustände 79-80 - umbilicalis 448, 455 Viren, Griße 3
- I Iarnleiter 400 Venen 213-215 Virokine 192
- I Iamwege, ableitende 399 - Ad venlitia 213 Viruserkrankungen, Lymphozyten
- Nierenkelch 401 - Ourakteristika 20 1 187
Übergangszone, distale/proximale, Anal- -Haut 474 Vimspartikel, Zelleinschlüsse 54
kanal 330 -Intima 213 Viszeramotorik 534
Überpigmentierung 51 -Media 213 viszeramotorische Elferenzen 173- 174
Ulkus, Magen 315 -Milz 238 viszeramotorische Neurone 539
Ultimobranchialklirper 366 - muskelreiche 213, 215 viszerosensoriscl1e Neurone 174
Ultrafiltrat, Nierenkeeperehen 391 - Niederdrucksystem 213 Viszerozeption 533
unami(Geschmack) 518 - Wandaufbau 213 Vitamin-C-Mangel, Kollagensynthese,
Unkovertebralgelenke 261 Venenerkranktmgen 215 Stinmgen 1.00
Unterhaut 465,475 Venenklappen 213-214,215 Vitamin-D-1Jormon, Blutcalciwllspiegel
Unterkieferdrüse 303 - 306 Venenwände,Gliederung 213 368
- Differenzierung, histologische 306 Venolen 199,212-213 Volkmann-Kanäle 114
Unterpigmentierung 51 - Charakteristika 20 1 von-Ebner-Ilalbmonde (Gianuzzi-
Unterzw1gendriise 303- 305 - hocbendotheliale 212-213 llalbmonde) 84, 89
- Differenzierung, histolo~e 306 - muskttläre 213 - Speicheldrüsen 306
Ureter 384,399-401 - postkapilläre 209, 212-213 von-Willebrand-Faktor
Urethra 401 - 402 Ventriatlus Jaryngis (Morgagni-Tasche) - Endothelzellen 203
- Corpusspongiosmn 402 267,268 - Thrombozyten 189
- masculina 423 Verankerungsjunklianen s. Adhäsions- Vorderborn 537
Urethritis 402 kontakte Vorderbomzellen, motorische 537
Urkeimzellen 424 Verankenmgsplaque, Basallamina 73 Vorläuferzellen
Uroplakill 80 Verbindungstubulus 394 - 395 - cbromophobe 360
Urathel s. Übergangsepithel Verdauung - Osteoblasten 109- 110
Ursprungskegel 144 - Kohlenhydrate 324 - Stammzellen 65
Uterus 434 - 435 - üpide 325 Vorstellerdrüse 417 -421
Utriculus 491 - Proteir1e 324 Vorwärtshemmung, neuronale Verbin-
Uveitis 500 Verdammgsorgane 291-346 dwlgen ISO
-Gliederung 291 v-SNARE 25
Sachverzeichnis 59 5

w z - Griißenerdnungen 3
Wachstumsfakte ren 1!12 Zähne 2!13 - 303 - hyperplastische 6!1
-Ovar 426 - Aufbau 2!13 - hypertrephische 6!1
Wachst1rmshermen 357 - bleibende 2!13 - 2!16 - labile 60
- azidephile Zellen 35!1 -Dentin 2!13 - metaplastische 6!1
- Fettgewebe 121 - Di:tferenzienmg 2!16 - mukiise, Speicheldrüsen 306-307
- Flmktien, Freisetzung und Regulienmg - Gebiss, bleibendes 2!14 - Nervengewebe 140
35!1 - Gleckenstadium 2!16 - 2!17 - permanente 60
- sematet repeZellen 357 - Hartsubstanzen 300 - 30 1 - p rekaryelische 13-14
Waldeyer-Rachenring 247 - Milchgebiss 2!14 - selcrete rische, Speicheldrüsen 306
'Naller-Degeneratie n 165 - Schmelz 2!13 - seriise, Speicheldrüsen 306
Wandenvene 4!16 - Schmelzbildung 2!1!1 -stabile 60
Warzenhef{Areela) 463-464 -Zement 2!13 - Ultrastruktur 10
Wasseraustausch, Kapillaren 211 Zalmanlage 2!16 - zentreazinäre 8!1
Wasserrückrese rplien, Sammelrehr Zahnentwicklw1g 2!13 - 2!16, 2!18 Zellenleb re I
3!16 - Gleckenstadium 2!13 Zellkem (Nukleus) 33-38
Weibei- Palade-Kiirper 202 - Knespenstadium 2!13 - llepatezyten 338
weiße Substanz 531 - pretein senic hedgel1eg (shh) 2!17 - IIerzmuskelzelle 136
- Kleinhimrinde 545 Zahnfleisch 2!15, 303 - Muskelzelle, glatte 124
- Rücken mark 53!1 Zahngeneralien 2!14 - preliferierender 33
- ZNS 140 - Ersatzzähne 2!15 - Radspeichenstruktur, Plasmazellen
weißes Fettgewebe 122 - 123 - Milchzähne 2!15 !16
Weitsicht (Fernakkemmedalie n) 504 - Zuwachszähne 2!15 - Skelettmuskulatur 12!1
Weitsichtigkeit (I Iyperepie) 506 Zahnglecke 2!16 Zellkentakte 26, 27-32
Weitvvinkelglaukem 50 I - Mesenchym 2!17 - Endethelzellen 20 I
\-Vharten-Sulze 105 Zahnh als 2!15 Zell-Matrb:-Verbindung 26
ven-\'Villebrand-Fakt er Zahnhalteapparat (Pared entiwn) Zellmembran 17-32
- Endethelzellen 203 302 - 303 - Charakteristika 17- 18
- Thre mbezyten 18!1 Zahnhartgewebe, Hauptmerkmale 301 - Dünnschnittpräparat 17
ven-\'Villebrand-(Jürgens-)Syndrem 18!1, Zahnknespen 2!17 - Endethelzellen 20 I -202
202-203 Zahnleiste 2!13 - 2!16 - Punklien 17
Willl-ürmeterik 538 Zalmpapille 2!16 - 2!18 - Gefrierbmchpräparat 17
Wtlse n-Krankheit 51 Zalmpulpa 2!13, 2!15, 2!17, 301- 302 - Glykekalyx I !I- 20
- Ceemleplasmin 51 - Blutgelaßbildung, Ode nteblasten 302 - Jenenkanäle I !I
Wrmpern 514, 515 - friihe 2!18 - Lipiddeppelschicht 18
Wrmperzellen Tuba uterina 434 - Melaren 301 - Membranfluss 18
1;\rmdkesselfunk:tie n, Arterien ve m Zalmsäckchen 2!16 - 2!17 - Membranpre teine 18-1!1
elastischen Typ 204 Zalmschli:tf 300 - Muskelzelle, glatte 124
\Ymterschläfer, Fettgewebe, bralmes - Hartsubstanzen 300-301 - Skelettmuskulatur 12!1
122 Zalmwurzel 2!15 - Zuckerketten I !I - 20
\ ·\rubeJ, Bandapparat 261 - Bildung 300 Zellme rpbelegie, Nervensystem 532
\·\rubelkanal, Dura mater 176 -Zement 302 Zelleberfläche, Dilferenzienmgen
Welff-Gang 403 - 404 Zapfenepsin 510 20-23
Wlmdheihmg Zapfenzellen 508 - 510 Zelle rganellen 3!1 - 51
- Basallamina 74 Zeis-Drüsen 514, 515 - I lerLmuskelzelle 136
- Epidermis, Neubildlmg 4 70 Zelladhäsien 25 - Muskelzelle, glatte 124
- Kellagensyntheseslii nmg 101 Zelladh äsienskentai-.'te, pw1kiferm ige 2!1 - Skelettmuskulatur 12!1
Wurmerkrankw1gen, Eesin ephile 186 Zelladhäsiensmeleküle 1!1, 25-27 Zellpepulalienen 60
Wurmfertsatzs. Appendix vermifermis - hm mmglebulin-Superfamilie 27 Zellstrul'turen, pigmentierte 53
Wu rzeldentin 2!15 Zellbestandteile, Griißenerdmmgen 3 Zellteilw1g (Zytekinese) 64-65
Wurzelfüßchen, Stratum basale 77 Zelleinschlüsse 52 -54 Zellted 6!1 - 70
Wurzelliaut {Desmedent) 302-303 - f<etttrepfen 52 - 53 - pregnnnmierter 6!1 - 70
Wluzelscheide - Glykegenpartikel 52 zelluläres Lernen, Synapse 172
-äußere 480 - 482 - Hämesiderin 53 Zellunterg'cinge (Nekresen) 34 1
- bindegewebige 480 - Kehlenstaub 54 Zell wand, Bakterien 13
- epilheliale(Hertwig-Wurzelscheide) - kristalline 53 Zellweger-Syndrem 4!1
300 - Upefuszingranula 53 Zellzyklus 5!1 - 65
- Haarbulbus 480 - Skelettmuslnilatur 12!1 - cyclinabhängige Kinasen 60
-innere 482 - Vimspartikel 54 - G,-Pbase 5!1 -60
Wurzelscheiden, innere 480 Zellen 13 - G1-Pbase 5!1
Wurzelzellen, graue Subs tanz, Rücken- - Anpassungen, allgemeine 6!1 - G1-Pbase 5!1
mark 537 - atrephische 6!1 - Ke ntrellpunkte 60
- Blut 17!1 - Kentre llsystem 60
X - dysplastische 6!1 - Mitese 61
X-Ouem ese m, inaktives, Barr-Kiirper- - endekrine s. en dekrine Zellen - M-Phase 5!1
chen 37 - Epithelgewebe 72 - Phasen 5!1 - 60
- eukaryetische 15 - 16 - S-Phase 5!1
596 Sachverzeichnis
Zement 2, 5, 301, 303 Z-Linie (Zwischenstreifen, Z-Streifen, ZP (Zena-pellucida-Pretein) 444
- Hauptmerkmale 301 Z-Scheibe) 12, -131, 140 Zuckerketten, Zellmembran 1' - 20
- Sharpey-Fasern 302 - Sarkemere 130 Zuckerkrankheil (Diabetes mellitus) 381
-Zähne 2'3 ZNS (zentrales Nervensystem) 140,531, Zuckungsfasern
- Zahnwunel 302 535-554 - rele 133
Zementlinien (Kittlinien), Knechen - axenale Regeneratien 165 - Skelettmuskulatur 133- 134
114 - GUascheiden 160- 162 -weiße 133
Zentralarterien, Milz 238 - graue Substanz 140 Ztmge 2'2
Zentralarterielen, Milz 238 - Kandelaberzellen 14' Zungenpapillen 2' 2
Zentralkanal 536-537 - Kerngebiet (Nucleus) 140 Zungenspitze 2~
Zentralspindel 63 - Ki rnenellen 14' Zuwachszähne 2' 5
Zentralvene 336 - Kerbzellen 142, 144, 14' - Zahngeneratien 2' 5
Zentralvenenläppchen 332, 336 - Mitraizelien 14' Zwischenwirbelscheiben 25' - 261
-Aufbau 334-335 - Perikarya 140 Zygetän, Zellzyklus 68, 411
- Bestandteile 335 - Pyramidenzellen 14' Zylinderepithelien 78
- Bindegewebe 335,337 - Regeneratien 165 Zy~ten
- Gallengänge 335 - Rinde (Kertex) 140 - Adenehype physe 356
- Leber 333, 334-336 - Sternzellen 14' -Ovar 433
- Parenchym 335 -weiße Substanz 140 Zy~tennieren 3' 6
- vaskuläre Elemente 335 Zi liakie 328 zystische Pibrese(Mukeviszidese) 1, ,
Zentrielen 15,55 -56 Zena 271,476
- y- Tubulin-Ringkemplexe 56 - celerectalis, Analkanal 330 Zytearchilektur, Nervensystem 532
zentreazinäre Zellen 8' - cutanea, Analkanal 330 Zytekeratin 7 ( CK7), hmmmhistechemi-
- Pankreas, exekrines 344,345 - fasciculata 370 scher Nachweis 58
Zentreblasten, Lymphkneten 246 - - Glucecerticeide 370 Zytekeralin 1' (CK1' )
Zentremer, Chremesemen 38 - glemerulesa 36' - 370 - hnmunhistechemie 6
Zentresern 64 -- Aidesteren 370 - Milchdrüsenepithelien 45'
- M.ikretubuli 55 - - Mineralcerticeide 370 Zytekeraline (CK) 58, 322
Zentrezyten, Lymphknelen 246 - haemerrheidalis 330 Zytekine
Zerumen (Ohrschmalz) 487 - pellucida 444 - Blutze!JbUdtmg 1'1 -1' 3
Zeruminaldrüsen 4 76 - - Glykepreteine 444 - Fettzellen, Reguliemng 121
Zervikalmark 540 - - Spermatezeen, Bindung 444 - Immunsystem, angeberenes
Zervix 436 - reticularis 371 (unspezüisches) 225
Zervixepnhelien,Selcret 436-437 - squamesa, Analkanal 330 - Osteeblasten 110
Zervixschleimhaut 436 - transitienalis, Analkanal 330 Zytekinese (Zellteilung) 61,64-65
- Ektrepienierung 437 Z.nula( -ae) 27 - Meiese 68
Ziehl-Neelsen-Färbung, Bakterien 14 - adhaerens 15, 26-27, 27, 2'- 30 - Mitese 63
Ziliarepithel, Z.nulafasern 505 - ecdudens (T~ght Junctien) 15, 26, 2, , Zytekinrezepteren I, 2, 352- 353
Ziliarki rper 503 31-32 Zytelegie I
Ziliarmuskel 502, 503 Zenulafasern 502, 504 Zyteplasma
Ziliar!Aitten, Ziliarkirper 504 Zenula-ecdudens-Preteine - Bakterien 14
Zilien (Kinezilien) 20 - 21 (ZO-Preteine) 32 - Endetbelzellen 20 I - 202
-primäre 22 Zetten - I Iepalezyten 338- 33'
Ziliendefekte 21 - Cherien 447 - I Ierzmuskelzelle 135
- angeberene 276 - Diinndarm 320- 321, 321- 322, 325 - Muskelzelle, glatte 124
Zirbeldrüse s. Epiphyse - - Glykekalyx 322 - Skelettmuskel7.elle 128-12'
zirkadiane (diurnale) Rhythmen, - - Mikrevilli 322 Zyteplasmabrücke, Mitese 63
Hennene 350 - - Oberflächenepithel 321 Zyteskeletl 54 - ~
zirkumventrikuläre Organe (perl ventri- - Duedenum 324 - 325 - Endetbelzellen 202
kuläre Organe) 155- 156 - Plazenta 448, 451 - Nervenzellen (Neurene) 147
- Blut-I Iirn-Schrdllke 155- 156 Zettenepnhel 323 - Skelettmuskulatur 132
- stmkiureller Aufbau 156 - Regeneratien 324 Zytesel 3'
- Tanyzyten 156 Zettengefaße, Dünndarm 321 Zytetrepheblast 444, 446

Das könnte Ihnen auch gefallen