Textdaten
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Autor: Alois Wilhelm Schreiber
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Titel: Die Entstehung von Herrenalb
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 322–323
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[322]
Die Entstehung von Herrenalb.[1]

Es irrt der Graf von Eberstein
In tiefer Nacht durchs Thalgewinde:
Getrennt von seinem Jagdgesinde,
Sucht er den Weg beim Sternenschein.

5
Sein Horn klingt durch die Wildniß hin,

Da hört er wunderbare Stimmen,
Hoch über Felsen muß er klimmen,
Wo Schatten wie Gespenster ziehn.

Jetzt tönet eines Glöckleins Klang;

10
Er sieht von den erstiegnen Höhen

Tief unter sich ein Kloster stehen,
Und hört den dumpfen Chorgesang.

Da wird es leichter ihm zu Sinn,
Er eilt hinab in die Kapelle;

15
Von hundert Kerzen ist sie helle,

Die Wände schmücket Waldesgrün;

Und singend steht im hohen Chor
Der blassen Mönche Doppelreihe,
Der Priester hebt zur heil’gen Weihe

20
Am Hochaltar den Kelch empor.
[323]

Der Graf sinkt nieder zum Gebet,
Ihm ist, er werd’ hinaufgezogen
Aus wildempörten Meereswogen,
Ins Land, wo ew’ger Friede weht.

25
Der Priester wendet sich und spricht:

„Geht hin zur stillen Ruh, ihr Müden,
Und du auch, Berthold, zeuch in Frieden,
Jedoch vergiß des Herren nicht!“

Dieß sagend winkt er mit der Hand,

30
Und Kirch’ und Mönche sind verschwunden,

Und wie von einem Traum entbunden
Steht Berthold an des Waldbachs Rand.

Im Osten scheint ein mattes Licht;
Der Graf kehrt heim im ernsten Sinnen,

35
Jedoch vor seinem Blick zerrinnen

Will nimmermehr das Traumgesicht.

„Wohl,“ – ruft er, „ist die Deutung klar! –
Wo jene Wunder mir erschienen,
Da sollen fromme Männer dienen,

40
Da gründ’ ich Tempel und Altar!“


Er theilt alsbald Befehle aus,
Und in dem Thal, vom Silberbogen
Der spiegelhellen Alb umzogen
Erhebt sich bald das Gotteshaus.

Aloys Schreiber.

  1. Das Kloster Herrenalb liegt nicht weit von der Badischen Grenze, schon im Würtembergischen Gebiete; gehört jedoch eben sowohl, wie Frauenalb, unserm Sagenkreis an.
    Der Herausg.