Acuminit

Mineral, Strontium-Aluminium-Fluorid aus der Klasse der Halogenide

Acuminit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“ mit der chemischen Zusammensetzung Sr[AlF4(OH)]·H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Strontium-Aluminofluorid.

Acuminit
Gelbliche Acuminitkristalle
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1986-038[1]

IMA-Symbol

Acu[2]

Chemische Formel
  • SrAlF4(OH)·H2O[1]
  • Sr[AlF4(OH)]·H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/C.01-020[4]

3.CC.10
11.06.17.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[6]
Gitterparameter a = 13,223(1) Å; b = 5,175(1) Å; c = 14,251(1) Å
β = 111,61(2)°[6]
Formeleinheiten Z = 8[6]
Häufige Kristallflächen {110}, {111}, selten auch {112}[7]
Zwillingsbildung Kontaktzwillinge nach {100}[7]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,295; berechnet: 3,305[7]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[7]
Farbe farblos, weiß; durch Einwirkung von Röntgenstrahlen gelb werdend[7]
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,451[8]
nβ = 1,453[8]
nγ = 1,462 bis 1,463[8]
Doppelbrechung δ = 0,012[8]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 46 bis 57° (gemessen); 50 bis 52° (berechnet)[8]

Acuminit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt nur millimetergroße, dipyramidale und speerspitzenähnliche Kristalle und Kristallgruppen. Das Mineral ist üblicherweise farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Einwirkung von Röntgenstrahlung eine gelbe Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Acuminit in der Kryolith-Lagerstätte bei Ivittuut auf Grönland. Nach Anerkennung durch die International Mineralogical Association (IMA) 1986 (interne Eingangsnummer der IMA: 1986-038) erfolgte die Publikation der Erstbeschreibung durch H. Pauly und O. V. Petersen ein Jahr später. Aufgrund seines charakteristischen Habitus benannten die beiden das Mineral nach dem lateinischen Wort acumen (Speerspitze).

Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Acuminit lautet „Acu“.[2]

Das Typmaterial des Minerals (Holotyp, HT) wird in der Mineralogischen Sammlung der Universität Kopenhagen unter der Katalog-Nr. 1986.378 aufbewahrt. Es handelt sich dabei um eine Probe, ein Fläschchen mit Fragmenten und Kristallen sowie verschiedenen, montierten Kristallen.[9]

Klassifikation

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Da der Acuminit erst 1986 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. III/C.01-020. Dies entspricht der Klasse der „Halogenide“ und dort der Abteilung „Doppelhalogenide (meist mit OH, H2O)“, wo Acuminit zusammen mit Artroeit, Chukhrovit-(Ca), Chukhrovit-(Ce), Chukhrovit-(Nd), Chukhrovit-(Y), Creedit, Gearksutit, Jakobssonit, Leonardsenit, Meniaylovit und Tikhonenkovit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer III/C.01 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Acuminit in die Abteilung der „Komplexen Halogenide“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Gruppen-Aluminofluoride (Soro-Aluminofluoride)“ zu finden ist, wo es zusammen mit Tikhonenkovit die „Tikhonenkovitgruppe“ mit der Systemnummer 3.CC.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Acuminit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Komplexe Halogenide – Aluminiumfluoride“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 11.06.17 innerhalb der Unterabteilung „Komplexe Halogenide – Aluminiumfluoride mit verschiedenen Formeln“ zu finden.

Chemismus

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Die nasschemische Analyse ergab nach Pauly und Petersen eine durchschnittliche Zusammensetzung von 37,04 % Sr, 11,86 % Al, 33,52 % F, 6,82 % OH (errechnet aus dem Anionendefizit) und 7,80 % H2O (errechnet auf der Basis von einem Wassermolekül pro Formeleinheit) sowie 0,0026 % Li und 0,0185 % Ca.[11]

Dies entspricht der empirischen Formel Sr0,98Al1,02F4,07(OH)0,93·H2O, wobei die in Spuren enthaltenen Elemente Lithium und Calcium als Fremdbeimengungen außer Acht gelassen wurden. Die idealisierte Formel SrAlF4(OH)·H2O wurde bei der 1991 erfolgten Klärung der Kristallstruktur durch E. K. Andersen, G. Ploug-Sørensen und E. Leonardsen noch einmal bestätigt.[6]

Kristallstruktur

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Schichtbildung der Acuminitstruktur

Acuminit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 13,223(1) Å; b = 5,175(1) Å, c = 14,251(1) Å und β = 111,61(2) ° sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Die Kristallstruktur von Acuminit besteht aus neunfach koordinierten Strontium-Polyedern (Sr[9]) und sechsfach koordinierten Aluminium-Oktaedern mit gemeinsam genutzten Ecken und Kanten, die zusammen höckerige Schichten senkrecht zur b-Achse bilden.[3]

Kristallstruktur von Acuminit[6]
Farbtabelle: _ Sr 0 _ Al 0 _ F 0 _ O

Modifikationen und Varietäten

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Die Verbindung Sr[AlF4(OH)]·H2O ist dimorph und tritt in der Natur neben Acuminit noch als ebenfalls monoklin, jedoch mit anderer Raumgruppe und Gitterparametern, kristallisierender Tikhonenkovit auf.[7]

Bildung und Fundorte

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An seiner Typlokalität nahe der grönländischen Stadt Ivittuut, fand sich Acuminit in einem kleinen Hohlraum einer Mineralprobe aus einem strontiumreichen Teil der Kryolith-Lagerstätte. Hier trat das Mineral in Paragenese mit Coelestin, Fluorit, Gearksutit, Jarlit, Pachnolith, Hydrokenoralstonit und Thomsenolith auf.[7]

Bisher sind nur zwei weitere Fundorte für Acuminit bekannt: Eine Granit-Pegmatit-Lagerstätte nahe Papachacra im argentinischen Departamento Belén und die Sarabau Mine (auch Lucky Hill Mine), eine hydrothermale Lagerstätte vom Carlin-Typ und Skarn-Mineralisation mit Antimon (Sb), Arsen (As) und Gold (Au), nahe der Bergbaustadt Bau im malaiischen Bundesstaat Sarawak.[12]

Siehe auch

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Literatur

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  • H. Pauly, O. V. Petersen: Acuminite, a new Sr-fluoride from Ivigtut, South Greenland. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1987, S. 502–514 (englisch).
  • John Leslie Jambor, Ernst A. J. Burke, T. Scott Ercit, Joel D. Grice: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 1492–1499 (englisch, rruff.info [PDF; 867 kB; abgerufen am 5. Januar 2020]).
  • E. K. Andersen, G. Ploug-Sørensen, E. Leonardsen: The structure of acuminite, a strontium aluminium fluoride mineral. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 194, 1991, S. 221–227 (englisch, rruff.info [PDF; 271 kB; abgerufen am 5. Januar 2020]).
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Commons: Acuminite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 163–164 (englisch).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Aduminite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. Januar 2020 (englisch).
  6. a b c d e E. K. Andersen, G. Ploug-Sørensen, E. Leonardsen: The structure of acuminite, a strontium aluminium fluoride mineral. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 194, 1991, S. 221–227 (englisch, rruff.info [PDF; 271 kB; abgerufen am 20. Juni 2024]).
  7. a b c d e f g h Acuminite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 56 kB; abgerufen am 20. Juni 2024]).
  8. a b c d e Acuminite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Januar 2020 (englisch).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – A. (PDF 85 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 5. Januar 2020.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  11. John Leslie Jambor, Ernst A. J. Burke, T. Scott Ercit, Joel D. Grice: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 73, 1988, S. 1492–1499 (englisch, rruff.info [PDF; 867 kB; abgerufen am 20. Juni 2024]).
  12. Fundortliste für Acuminit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 20. Juni 2024.