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Rezensionen für Jan und Julian - Coming-out
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Buchvorschau
Jan und Julian - Coming-out - Jo Weil
E-Book, erschienen 2024
ISBN: 978-3-95949-724-4
1. Auflage
Copyright © 2024 POLYGON Noir Edition,
im Förderkreis Literatur e.V.
Sitz des Vereins: Frankfurt/Main
www.main-verlag.de
www.facebook.com/MAIN.Verlag
Text © Jo Weil
Umschlaggestaltung: Paul Tews
Illustration: Tanja Wittig / art_and_books
Umschlagmotiv: © elements.envato 64HRJ79
Trenner: © shutterstock 690247387
Kapitelbild:© shutterstock 1733314727
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
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Die Handlung, die handelnden Personen, Orte und Begebenheiten
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Diese Geschichte spielt in zwei sprachlichen Welten. Einer deutschen sowie einer englischen. Aus Gründen der leichteren Verständlichkeit sind jedoch alle Dialoge in diesem Roman auf Deutsch geschrieben. Jene, die eigentlich auf Englisch geführt werden, sind kursiv geschrieben, um dies erkennbar zu machen.
Das Buch
Nach sehnsuchtsvollen Wochen der Trennung steht Jans Besuch in London kurz bevor. Erst jetzt gesteht Julian ihm, bei seiner Familie nicht geoutet zu sein. Verständnisvoll lässt sich Jan auf ein Versteckspiel ein, das beiden zunächst gut gelingt. In Julians Heimatstadt erleben sie romantische und erlebnisreiche Tage. Doch als dessen homophobe Stiefmutter sein Geheimnis beinahe enttarnt und Jan sich daraufhin schützend vor ihn stellt, führt dies zu einem dramatischen Zwischenfall. Wird Julians Angst zur ersten harten Probe für die junge Beziehung? Oder findet er, dank Jans bedingungsloser Liebe, endlich den Mut für sein Coming-out?
Inhalt
1. Geheimnisse
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
2. Liebesschlösser
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
3. Coming-out
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Epilog
Für Papa,
der nie gesagt hat, ich solle doch mal ein Buch schreiben, sich aber sicher trotzdem darüber freuen wird.
Auch für Gabsi und Ilvi,
die hoffentlich leben und lieben können, wie es sie glücklich macht. Und die in dem Wissen groß werden sollen, großartig und richtig zu sein – so, wie sie sind.
»Du wirst es niemals allen recht machen können.
Doch wenn du das tust, was dein Herz dir sagt,
werden es die Menschen, die dich lieben, verstehen,
zumindest respektieren. Wenn nicht, sind sie
vielleicht gar nicht als Teil deiner Welt vorgesehen.
Aber dann wird es andere geben, die es sind.
Die dich lieben, wie du bist.«
1. Geheimnisse
Kapitel 1
Der neue Tag stand in den Startlöchern, eine Taube glitt durch den wolkenfreien Himmel. Die Straßen unter ihr begannen sich langsam mit Leben zu füllen, die Morgensonne tauchte den Londoner Vorort in ihr warmes Licht. Als sich der Flug verlangsamte, schlug die Taube einige Male kräftig mit den Flügeln, was in der Luft wie Peitschenhiebe klang.
Etwas später sah sie bereits ihr Ziel. Sie hielt auf die roten Backsteinhäuser zu, die, aus der Distanz allesamt gleich aussahen und nicht leicht zu unterscheiden waren. Ohne Schwierigkeiten peilte sie das dritte von links an, bremste ihre Geschwindigkeit ab und landete schließlich auf einer Fensterbank im ersten Stock. Da sie noch etwas zu viel Schwung hatte, tickte ihr Schnabel fest gegen die Scheibe und machte ein dumpfes Geräusch. Sich aufplusternd wankte sie zu dem halb fertigen Nest, das in der linken Ecke des Fensters stand, und ließ das Ästchen in ihrem Schnabel darauf fallen. Als aus dem Inneren des Hauses ein lautes Weckerklingeln ertönte, schreckte sie auf.
Von all dem bekam Julian auf der anderen Seite des Fensters nichts mit. In Boxershorts in seinem Bett liegend, hatte er die Decke in der warmen Nacht neben sich gestrampelt. Auf seinen Beinen döste Bailey, sein Golden Retriever. Wieder klingelte der Wecker unnachgiebig.
Julian grummelte, griff verträumt nach seinem Handy und drückte auf Snooze, war kurz davor, wieder einzuschlafen, als ein Gurren vor dem Fenster erklang. Augenblicklich hellwach, wuschelte er sich durch sein lockiges Haar und versuchte die Füße einmal im Kreis zu drehen. Durch Baileys Gewicht gelang es ihm nicht, er zog vorsichtig seine Beine unter ihm hervor, der Hund rührte sich dabei keinen Millimeter.
Kurz fragte er sich, ob Bailey sich extra schwer machte, stand auf und ging zum Fenster seines kleinen Zimmers, sah die Taube, die versuchte mit ihrem Schnabel das Holz in ihr Nest einzuflechten.
»Nicht schon wieder du«, murmelte Julian genervt und klopfte gegen die Scheibe.
Die Vogeldame zuckte zusammen und blickte ihn an. Er wedelte mit seinen Händen, machte dazu fauchende Geräusche, um sie zum Wegfliegen zu bewegen. Erneut schien sie vollkommen unbeeindruckt.
»Hau ab«, presste er hervor, doch auch dies bewirkte nichts. Erst als er den Riegel öffnete und den unteren Teil des Fensters nach oben schob, flog die Taube schließlich los und landete auf der gegenüberliegenden Straßenseite neben dem Schornstein des Nachbarhauses.
»Bleib ja dort«, flüsterte ihr Julian zu und ließ sich zurück auf sein Bett fallen, entsperrte das Handy, sein privater Hintergrund erschien. Verliebt betrachtete er das Bild. Ein Foto von Jan, der lachend in Badeshorts am Waldsee stand. Seine Haare nass, die Haut gespannt, er schien kurz zuvor geschwommen zu sein.
Zärtlich streichelte Julian über Jans Gesicht und seufzte, öffnete daraufhin eine App und begann zu tippen. »Guten Morgen, Sonnenschein. Noch fünf Tage. :) xxx«
Mit einem »Piep« kündigte Jans Handy die Ankunft einer Nachricht an. Er streckte sich, schlug die Augen auf und gähnte, während er voller Vorfreude das Telefon griff. Unvermittelt schmunzelte er, als er Julians Worte las, kontrollierte rasch die Uhrzeit und rechnete im Kopf nach.
»Guten Morgen, Äffchen. Ich muss korrigieren. Noch vier Tage, zweiundzwanzig Stunden und achtundvierzig Minuten. Zumindest nach deutscher Zeit. :) xxx«
Den Text gesendet, nahm er den Bilderrahmen von seinem Nachttisch, betrachtete glücklich das Foto von Julian und sich im Diner, auf dem sie ausgelassen in die Kamera strahlten. Jan drückte einen Kuss darauf, wischte mit dem Arm über seine Lippen, da das Glas sonderbar geschmeckt hatte, und stellte das Bild zurück.
Leise summend schlurfte er ins Badezimmer und putzte seine Zähne, stieg anschließend unter die Dusche und genoss die Erfrischung nach der heißen Nacht. Den Kopf in den Nacken gelegt, ließ er das Wasser in sein Gesicht fallen.
Julian verdrehte die Augen, als es kräftig an der Badezimmertür polterte, schaltete die Dusche aus und schüttelte seine Locken. Ein weiteres Klopfen.
»Beeil dich mal! Andere müssen sich auch fertig machen.«
Es war das gleiche Spiel wie jeden Morgen. Egal zu welcher Zeit er ins Bad ging, er konnte die Uhr danach stellen, dass fünf Minuten später sein Stiefbruder vor der Tür stehen würde. Manchmal schien es Julian, als wartete Dustin die ganze Nacht freudig darauf, ihm endlich wieder das Leben schwer machen zu können.
»Ich komme gleich einfach rein«, drohte der aus dem Flur.
»Tu, was du nicht lassen kannst«, erwiderte Julian, stieg aus der Dusche, trocknete sich ab, zog Boxershorts und Trainingshose an und hängte das Handtuch um den Hals. Schließlich öffnete er die Tür.
»Endlich!« Damit drängte sich der etwas untersetzte junge Mann an ihm vorbei ins Bad. Dustin war nur unwesentlich älter als er, sah heute Morgen aber deutlich verlebter aus.
›Karma‹, dachte Julian.
Zurück in seinem Zimmer, griff er ein T-Shirt vom Bett, nur um festzustellen, dass die Taube sich erneut auf der Fensterbank niedergelassen hatte. Sein darauffolgender fester Schlag gegen die Scheibe scheuchte sie auf und ließ sie abermals zum gegenüberliegenden Haus fliegen. Auf die Distanz blickten sie sich duellierend an.
Fertig angezogen ging Julian kurz darauf die schmale Treppe hinab ins Erdgeschoss. Aus der Küche war bereits die unangenehme Stimme seiner Stiefmutter zu hören, die sich über etwas zu beklagen schien.
»So geht das nicht, Dan, so geht das nicht!«, wütete sie.
Als er näher kam, sah er sie, eine Tasse in der Hand, vor dem kleinen Küchentisch stehen. Sein Vater saß daran und las in der Zeitung, anstatt sie anzusehen. Da bemerkte Gabby Julian.
»Musste Dustin wieder wegen dir warten?«, war ihre »freundliche« Begrüßung.
Ohne eine Antwort abzuwarten, schüttelte sie den Kopf, stellte die Tasse lautstark auf den Tisch und verließ den Raum. Sein Vater hob den Blick von der Lektüre und schaute ihn wohlwollend an.
»Guten Morgen, Julian.«
»Morgen«, erwiderte er und griff sich eine Banane aus dem Obstkorb. »Was war los?«
»Das Übliche. Gabby kriegt sich schon wieder ein.« Kopfschüttelnd sah Dan zurück in die Zeitung.
Julian nickte und musste an Jan denken, ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
Jan trank einen Schluck Kaffee, als er plötzlich an Julian denken musste und zu lächeln begann. Er trug den Hoodie, den dieser ihm zum Abschied geschenkt hatte, auch wenn es deutlich zu warm dazu war. Doch er half ihm, seine Sehnsucht in den Griff zu bekommen. Wann immer er ihn anzog, hatte er das Gefühl, Jules ein kleines Stück näher zu sein. Selbst wenn der Stoff kaum noch nach ihm roch, hatte er etwas Beruhigendes für ihn.
»Aufregende Woche«, sagte seine Mutter, die ihm gegenübersaß. »Bist du gut vorbereitet?«
Jan nickte. »Für Freitag ja, für Mittwoch so lala.«
»So lala?«, hakte Maria skeptisch nach.
Er winkte ab. »Wird schon reichen.«
Mittwoch erwartete ihn seine mündliche Abiturprüfung in Biologie. Die schriftlichen Arbeiten hatte er bereits geschrieben und für alle drei »so lala« gelernt. Dennoch hegte er die begründete Hoffnung, in keiner davon durchgefallen zu sein, weshalb ihn sein lückenhaftes Wissen für die letzte Prüfung nicht stresste. Zudem war er gedanklich längst schon bei Freitag, seinem Vorsprechen für die Musical Schule in Hamburg. Und hierauf hatte er sich vorbereitet, mit größter Sorgfalt und Hingabe. Ein wichtiger Termin, fast wie sein Flug nach London in fünf Tagen.
Maria verzog nur mäßig beruhigt den Mund. »Dann hoffen wir mal, dass du recht behältst.« Sie blickte auf ihre Armbanduhr, trank den letzten Schluck aus ihrer Tasse und stand auf. »Ich muss in den Laden.« Sie strich ihre Bluse glatt und ging in die Küche.
Die Zimmertür seiner Schwester wurde aufgerissen, gehetzt stolperte diese in den Wohnbereich.
»Sorry, ich habe mein Mathebuch nicht gefunden. Wir müssen los, sonst komme ich zu spät zur zweiten Stunde.« Schon stürmte sie weiter in den Flur.
In einem großen Schluck trank Jan schmunzelnd seinen Kaffee aus, nahm Handy und Rollerschlüssel von der Fensterbank und folgte ihr. »Schon unterwegs.«
Julian zog die Haustür hinter sich ins Schloss. Seine Retro-Kopfhörer auf den Ohren, lauschte er der Aufnahme von Volles Risiko, die Jan extra für ihn eingesungen hatte. Wie jedes Mal musste er dabei an den magischen Moment denken, als der den Song erstmalig für ihn auf der Bühne performte. Und an all das, was danach mit ihnen beiden geschah. Wie oft er diesen Zeilen in den letzten vier Wochen bereits gelauscht hatte, konnte er nicht mehr zählen.
Auf dem kleinen Stück zur Haltestelle hoffte er, dass der Bus heute ausnahmsweise pünktlich kam. Es war ein wichtiger Tag, denn James würde die Szenen für ihre Abschlussprüfung an der Performing Arts School zuteilen. Dafür wollte er auf keinen Fall zu spät kommen.
Während er wartete, sang es auf seinen Ohren: »Volles Risiko. Für dich, da geh ich volles Risiko. Ich stehe schutzlos hier vor dir …«
»… und nehm in Kauf, dass ich verlier. Ich riskier’s. Wegen dir«, dröhnte es aus den Boxen von Jans Roller.
Nina hatte darauf bestanden, dass er ihr seinen Song vorspielte. Von hinten an ihn geklammert, schmetterte sie den Text mit. Kurz darauf hielt er bereits vor der Schule. Sie zog den Helm ab, schüttelte ihren blonden Bob, drückte ihn und verschwand zügig in Richtung Hauptgebäude.
Jan wiederum fuhr ein kleines Stück weiter und blieb mit dem Roller hinter der Sporthalle stehen. Hier waren keine Schüler*innen und er für sich. Er zog den Helm aus, setzte sich auf die sonnige Wiese und zückte sein Handy.
Julian kam aus der Liverpool Street Station. Vom Bus war er in die Central Line gewechselt und nur noch wenige Meter von der Performing Arts School entfernt. Er drängte sich durch die Menschenmenge vor der Rolltreppe, überquerte die Straße und kam nach einigen Metern in eine kleine Seitengasse. Hier war es schlagartig ruhiger. Nach einem Blick auf die Uhr ging er noch einen Schritt schneller.
Schließlich erreichte er die PAS, ein großes, altes Gebäude, das Geschichte und Erfolg ausstrahlte. Vor der Tür wartete Molly. Er winkte ihr zu, ging dennoch ein Stück weiter zu der Bank, die unter dem großen Baum vor der Schule stand, blickte auf das Handy in seiner Hand und wartete ab.
Genau um acht Uhr fünfzig drückte Jan auf Videoanruf wählen.
Durch die Zeitverschiebung war es genau sieben Uhr fünfzig und fünf Sekunden, als Julians Telefon diesen mit der Tiberius Tinsel Titelmelodie ankündigte. Freudig drückte er auf Annehmen.
Mit einem akustischen Signal öffneten sich beide Kameras, bauten die Verbindung auf, dann lächelten sich Jan und Julian über ihre Displays an.
»Du trägst schon wieder den Hoodie«, stellte Julian schmunzelnd fest. »Langsam muss der echt stinken.«
»Ja, nach Äffchen, wie schon vorher«, erwiderte Jan und hob eine Augenbraue.
Amüsiert fuhr sich Julian mit der Hand durch seine Locken.
Jans Bauch kribbelte daraufhin wohlig. Dieser kleine Tick schien nie seine Wirkung auf ihn zu verlieren.
»Alles gut bei dir?«, fragte er und blickte erwartungsvoll.
Julian nickte. »Dustin war ätzend. Gabby war ätzend. Der Bus war zu spät. Ein vollkommen normaler Tag.« Beiläufig hob er die Schultern. »Ach so, die Taube ist wieder da.«
Gespielt grimmig verzog Jan das Gesicht. »Das Monster. Die fühlt sich vermutlich einfach wohl bei dir.« Mit sanfter Stimme ergänzte er: »Kann ich verstehen.«
Verliebt blickte Julian ihn an. »Nur noch fünf Mal schlafen. Das kriegen wir jetzt auch noch hin.«
Jan nickte. »Ich wäre trotzdem froh, wenn das Warten schon vorbei wäre.«
»Dito«, erwiderte Julian ehrlich. »Aber Samstag um diese Zeit habe ich dich bereits in meinem Arm. Und dann werde ich dich nie wieder loslassen.«
»Deal!«, antwortete Jan wie aus der Pistole geschossen.
Beide begannen zu lachen.
»Deine Familie wird hoffentlich verstehen, wenn ich dich den ersten Tag nicht mehr aus deinem Zimmer lasse.« Jan grinste vielsagend.
Für einen Wimpernschlag reagierte Julian nicht, dann blickte er aus dem Bild. »Molly winkt. Wir müssen rein.« Entschuldigend verzog er den Mund. »Tut mir leid.«
»Wir hören uns ja später«, erwiderte Jan. »Ich drücke dir fest die Daumen, dass du eine gute Prüfungsszene bekommst.« Damit kreuzte er Zeige- und Mittelfinger vor der Kamera.
»Danke, das wird schon«, antwortete Julian. »Ich habe ein gutes Gefühl. Dir erfolgreiches Lernen.« Ein Kuss in die Kamera. »Ich liebe dich.«
»Und ich dich«, erwiderte Jan sanft und schickte ebenfalls einen Kuss.
»Ich muss los.« Ein letzter zärtlicher Blick, bevor er den Anruf beendete. Jans Display wurde schwarz.
Julian blieb noch einen Moment auf der Bank sitzen und starrte auf das Handy. Seufzend nahm er seinen Rucksack und ging auf den Eingang der Performing Arts School zu. Die meisten Schüler*innen hatten sich bereits in ihre Kurse begeben, nur noch wenige standen vor der Pforte. Molly war nicht unter ihnen.
Kaum war er durch die schwere Tür getreten, befand er sich in einer anderen Welt. Die Eingangshalle seiner Schule erinnerte ihn seit jeher an den Flur in einem Ritterfilm. Das alte Gebäude war dunkel und strahlte Geschichte aus, er liebte es. Seit seinem ersten Tag hatte er gespürt, dass hier sein Traum von einer Schauspielkarriere wahr werden könnte.
Er eilte durch den Gang auf der rechten Seite, an den Wänden hingen Erinnerungen an Inszenierungen und einige Portraits ehemaliger Absolvent*innen, die inzwischen erfolgreich im Beruf waren. An hinterster Stelle der Reihe erstrahlte seit letzter Woche das Plakat von Romeo und Julian – Two in one. Im Vorbeigehen ließ ihn die Erinnerung an diese Vorstellung unwillkürlich lächeln, in Gedanken schickte er Jan einen Kuss.
Schließlich bog er in den Flur zur kleinen Probebühne. Vor der Tür wartete Molly auf ihn, die Haare zu Zöpfen geflochten, die sich auf ihren Schultern auszuruhen schienen. Als sie ihn sah, kam sie energisch auf ihn zu. Sie umarmten sich.
»Wie geht es Jan?«, fragte sie unvermittelt.
»Alles bestens«, antwortete Julian aufgeräumt. »Im Lernstress. Mittwoch ist seine letzte Prüfung.«
Erwartungsvoll blickte Molly ihn an, doch als Julian daraufhin nichts weiter sagte, beschloss sie, das Thema heute nicht anzusprechen. Spielerisch boxte sie ihm mit der Hand an die Schulter.
»Schon aufgeregt?«
Seit Tagen gab es in ihrem Kurs kein anderes Thema mehr als die Zuteilung der Prüfungsszenen. Diese würden sie in der schulinternen Jahres-End-Show aufführen und sie entschieden zum Großteil darüber, ob sie ihren Abschluss erhielten oder eben nicht. James hatte sich bisher nicht in die Karten blicken lassen und jegliche Fragen zu den Rollen mit einem geheimniskrämerischen Schweigen unbeantwortet gelassen.
Julian nickte. »Schon ein bisschen. Aber heute haben wir endlich Gewissheit. Deswegen freue ich mich.«
Molly sah ihn für einen Moment prüfend an. »Gewissheit ist immer gut«, sagte sie schließlich kryptisch.
Sofort wusste er, was sie meinte und entschied sich, ihre Bemerkung galant zu ignorieren.
»Ich sage ja nur.« Ergeben hob sie die Hände.
Julian setzte an etwas zu erwidern, hielt inne und fuhr sich mit den Fingern durch die Locken. »Lass uns reingehen. Sonst fangen sie noch ohne uns an.« Damit huschte er an ihr vorbei und betrat den Proberaum.
Mit einem leichten Kopfschütteln folgte sie ihm.
Der längliche Saal war dunkel gehalten, am hinteren Ende befand sich die leicht erhöhte Bühnenfläche. In einem Stuhlkreis davor wartete bereits der Rest der Gruppe.
Julian ging zu Jessica und begrüßte sie mit Kuss rechts und links, ebenso Sam, der neben ihr saß. Alvin drückte er und blieb daraufhin überrascht vor Layke stehen.
»Du hast die Haare ab.«
»Yep«, antwortete dieser lässig und hob eine Augenbraue.
»Steht dir«, stellte er ehrlich fest und strich ihm mit der Hand über seine frisch rasierte Glatze.
»Danke«, erwiderte Layke und sie umarmten sich.
Danach setzten sich Molly und er zu den anderen. Kurz darauf betrat James den Raum und begrüßte seine Schüler*innen gut gelaunt. Er schloss die Tür und musste schmunzeln, als er die erwartungsvollen Blicke der sechs auf sich gerichtet sah.
»Es ist schön, wie wichtig euch eure Prüfungsrollen sind. Genau in solchen Momenten weiß ich, warum ich meinen Beruf liebe.« Angefasst nahm er sich einen Stuhl. »Ihr müsst keine Angst haben. Ich denke, dass ihr alle sehr glücklich mit unserer Auswahl sein werdet.«
Trotz der Fröhlichkeit konnten seine Worte die Gruppe nicht wirklich beruhigen. Verständnisvoll spannte er sie nicht länger auf die Folter und begann mit seinen Erklärungen.
»Euer Abschluss setzt sich aus drei Bewertungen zusammen. Einmal der für eure allgemeine Arbeit im letzten Jahr und das Zwischenprojekt, euren Leistungen im Austausch und zu guter Letzt den dreifach gewichteten Prüfungsszenen. Diese sind also von großer Bedeutung. Wir haben euch hierfür in Zweiergruppen eingeteilt, ihr werdet als Team und für eure Einzeldarstellung beurteilt.«
Diese Informationen waren nicht wirklich neu, die Anspannung in der Runde blieb weiterhin bestehen.
»Für die Erarbeitung der Prüfungsszenen habt ihr zwei Wochen Zeit, die Vorstellung und Bewertung finden dann im Rahmen unserer Jahres-End-Show statt.« Er machte eine dramatische Pause, rieb sich durch den grauen Bart. »Dann wollen wir mal.«
Aus seiner Tasche zog er einen Ordner heraus, klappte ihn auf und schob den Stapel Texte darin zurecht. Mit Blick auf das oberste Blatt räusperte er sich.
»Team eins sind Jessica und Layke.«
Beide freuten sich offensichtlich über diese Einteilung.
»Für euch haben wir den Besuch der Karaokebar aus Bodyguard – Das Musical ausgewählt. Eine wirklich schöne Spielszene.« Er reichte ihnen ihre Texte, die sie mit strahlenden Gesichtern entgegennahmen.
»Mein Lieblingsmusical«, jauchzte Jessica und huschte zu Layke, um ihn zu drücken. Daraufhin nahmen beide wieder Platz.
»Das wird sicher sehr schön werden«, fuhr James fort. »Unser zweites Team sind Molly und Alvin. Für euch haben wir eine sehr emotionale Szene aus All new people. Da könnt ihr richtig was zeigen.«
»Yeah!« Alvin riss es von seinem Stuhl. »Das ist mega.«
Nachdem er von James ihre Texte bekommen hatte, ging er zu Molly, die unvermittelt in seinen Arm sprang und sich mit den Beinen an ihn klammerte.
»Ich freue mich sehr«, frohlockte sie.
Der Rest der Gruppe beobachtete sie amüsiert.
Als beide wieder saßen, hob James die letzten Ausdrucke in seiner Hand. »Team drei ist dann wohl keine große Überraschung mehr.«
Freudig erregt sah Julian zu Sam und war zufrieden. Er schätzte ihn als Schauspieler und wusste, dass er die Probenarbeit sehr ernst nahm, wie er selbst. Wenn noch die Szenenauswahl stimmte, konnte das nur eine gute Abschlussarbeit werden.
James räusperte sich. »Für euch beide haben wir uns etwas ganz Besonderes ausgedacht.« Mit Blick zu Julian ergänzte er: »Und ich muss ehrlich sein, ein klein wenig hast du uns dazu inspiriert. Wir alle hier kennen deinen Traum. Vielleicht wird er auf diese Art zumindest im kleinen Rahmen wahr.«
Eine Vorahnung beschlich Julian, doch er traute sich nicht, sie zu nah an sich heranzulassen. Voller Anspannung lauschte er, ebenso wie Sam.
»Ihr beide spielt eine Szene aus Tiberius Tinsel und der Fluch der verborgenen Welt. Sam, du bist Gabriel, der beste Freund. Julian, du Tiberius.« Damit übergab er ihnen ihre Texte.
Mit offenem Mund blickte Julian ihn an, seine Augen begannen zu funkeln.
»Ich nehme an, du freust dich?«, fragte James ahnungsvoll.
Noch immer ungläubig nickte er, bevor es schließlich aus ihm herausplatzte: »Aber so was von!«
Vor Glück strahlend sprang er auf und umarmte ihn, dann Sam. Der schien ebenso erfreut. Schließlich ließ Julian sich voller Endorphin zurück auf seinen Stuhl fallen und hatte nur einen weiteren Wunsch: Jan umarmen zu können.
Kapitel 2
Das Licht im Proberaum der Musical-AG war gedimmt, nur die Bühne hell erleuchtet. Gregor saß in einigen Metern Entfernung auf einem Stuhl und beobachtete Jan, der die letzten Sätze seines Monologs sprach. Voller Emotion beschimpfte er seinen imaginären Spielpartner, der ihn betrogen und hintergangen hatte. Am Ende senkte er den Kopf und verharrte für einige Sekunden, bevor er sich wieder zu Gregor wendete und ihn erwartungsvoll ansah.
Der schob seine Brille zurecht, stand vom Stuhl auf und kam zu ihm. »Das war gut. Sehr ehrlich, sehr nah bei dir. Ich wüsste nicht, was wir daran noch arbeiten sollten.«
Für einen Augenblick konnte Jan seinen Stolz nicht verbergen.
»Wenn du das Freitag genauso abrufen kannst, bist du top vorbereitet für dein Vorsprechen. Nach wie vor glaube ich, dass die Stückwahl einfach clever war. The Inheritance ist in Deutschland nicht sonderlich bekannt, damit könntest du wirklich überraschen. Und das ist immer gut.«
»Danke dir. Hoffen wir, dass du recht behältst.«
Gregor klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Möchtest du deine Songs noch mal wiederholen?«
Zustimmend nickte Jan. »Aber vorher bitte fünf Minuten Pause, wenn das okay ist?«
»Kein Problem«, erwiderte Gregor und ging zu seinem Keyboard, das seitlich vor der Bühne stand. »Ich bereite schon mal ›die Band‹ vor.« Er setzte dies spaßig mit den Fingern in Anführungszeichen.
Jan musste schmunzeln, sprang von der Bühne und nahm eine Cola aus seinem Rucksack. Nach einem großen Schluck hockte er sich auf den Boden und lehnte den Rücken an die Wand, zog das Handy aus der Tasche und checkte seine Nachrichten.
Währenddessen schloss Gregor ein Kabel am Keyboard an. »Schon News von Julian?«
Ein Kopfschütteln. »Noch nicht.«
»Es bleibt spannend.«
Nickend stand Jan auf, lief durch den Raum und blieb vor der Erinnerungswand stehen. Hier hingen einige Bilder ihrer West Side Story Inszenierung, ebenso von Romeo und Julian – two in one. Ganz außen, neben dem Plakat, war die gerahmte Kritik aus der Zeitung. Inklusive des großen Fotos, auf dem sich Julian und er nach seiner Liebeserklärung auf offener Bühne küssten. Jan betrachtete es und atmete melancholisch aus.
Gregor blickte zu ihm. »Ein wirklich besonderer Augenblick. Und weißt du, was daran das Schönste war?«
Neugierig sah Jan ihn an.
»Die Selbstverständlichkeit, mit der er passieren konnte. Dass ihr überhaupt nicht überlegen musstet, ob es richtig ist oder nicht.« Er legte das Kabel auf dem Keyboard ab und ging auf ihn zu. »Das wäre in meiner Jugend noch nicht so einfach möglich gewesen. Zumindest nicht in dem kleinen Ort, in dem ich groß geworden bin. Zwei Männer, die sich küssen, das hätte wochenlanges Gerede nach sich gezogen.« Nun sah auch er auf das Foto. »Aber heute, nur eine Generation später, sind wir da ein ganzes Stück weiter. Das freut mich wirklich sehr.«
Jan ließ seine Worte einen Moment sacken. »War das in deiner Jugend wirklich noch ein Thema?«
Gregor hob die Schultern. »Sicher nicht mehr wie in der Generation vor mir. Aber Ende der Neunziger war trotzdem vieles noch nicht selbstverständlich wie heute. Allein im TV gab es kaum Figuren, die queer waren. Und wenn, dann waren sie fast immer die lustigen Sidekicks voller Klischees. Zudem sprachen die meisten Prominenten noch nicht öffentlich über das Thema. Ich denke, als junger Mensch der LGBTQIA+ Community hat man sich damals erst mal ziemlich einsam gefühlt. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass Julian und du heute offen eure Liebe leben könnt. Ohne Angst, ohne euch verstecken zu müssen.«
»Danke«, sagte Jan bewegt. Während sie weiter auf das Bild blickten, überlegte er. »Es muss furchtbar sein, wenn man gezwungen ist, seine Gefühle zu verstecken.«
»Absolut.« Nach einem weiteren Moment klopfte Gregor ihm auf die Schulter. »Bist du dann so weit?« Damit ging er zurück zum Keyboard und setzte sich dahinter, klimperte ein paar Töne zum Einspielen.
Jan nahm einen letzten großen Schluck aus seiner Flasche, stellte sie zurück zum Rucksack und sprang auf die Bühne.
»Womit willst du anfangen?«, fragte Gregor, als er schließlich bereit war.
»Lass uns mit Pretty Woman loslegen.«
Gregor nickte, stellte die entsprechenden Noten vor sich und spielte nach einem kurzen Blick darauf die ersten Töne von Freedom.
Jan konzentrierte sich, dachte an Julian und spürte seinen Bauch leise kribbeln. Als sein Einsatz kam, begann er mit voller Hingabe zu singen.
James hatte der Klasse noch eine Weile erklärt, wie die Proben in den nächsten zwei Wochen ablaufen würden, anschließend war er mit Sam und Julian in einen der Schauspielräume gegangen, um dort deren Szene zu besprechen. Nachdem die Zeit geradezu verflogen war, hatte Julian umgehend Jan angerufen und ihm von seinen Neuigkeiten berichtet. Dessen Freude war riesig gewesen, da er wusste, wie viel ihm diese Rolle bedeutete. Doch da er sich selbst noch in seiner Probe mit Gregor befand, hatten sie nicht lange telefonieren können.
Die Old Compton Street war an diesem Nachmittag voller Leben. Wie üblich drängten sich Menschen über den Gehweg, die Geschäfte waren gut besucht. Auf der Straße selbst, wie in den kleinen Nebengassen, fand sich eine Vielzahl an Bars und Clubs, deren Ausrichtung die Regenbogenflagge an der Tür leicht erkennen ließ. Nur einen Steinwurf vom Castle Theatre entfernt verbrachte Julian viele Stunden vor und manchmal nach seinen Schichten hier. Nun saß er mit seiner besten Freundin Ava vor ihrem Lieblingscafé. Sie hatten Glück gehabt und einen der begehrten Tische direkt vor der Fensterfront ergattern können, an dem sich ihnen der perfekte Blick auf den Trubel um sie herum bot, zudem das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein.