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Sagengestalten der Oberpfalz: 4 mythologische Erzählungen inspiriert von Franz Xaver Schoenwerth
Sagengestalten der Oberpfalz: 4 mythologische Erzählungen inspiriert von Franz Xaver Schoenwerth
Sagengestalten der Oberpfalz: 4 mythologische Erzählungen inspiriert von Franz Xaver Schoenwerth
eBook179 Seiten1 Stunde

Sagengestalten der Oberpfalz: 4 mythologische Erzählungen inspiriert von Franz Xaver Schoenwerth

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Über dieses E-Book

Franz Xaver von Schönwerth war einer der bedeutendsten, wenn nicht der bedeutendste Heimatforscher der Oberpfalz. Basierend auf den von ihm gesammelten Überlieferungen entstanden neue mythologische Erzählungen zu ausgewählten Sagengestalten dieses Landstrichs.Licht, Luft, Wasser und Erde umfassen im heidnischen Glauben die gesamte Natur. Die mystischen Figuren werden, dem Schema Schönwerths folgend, den vier Elementen zugeordnet, dass sie in ihnen und durch sie wirken. Andersherum übernehmen die Gestalten jedoch auch die Eigenschaften der Elemente. Erfahren Sie, was es mit Holzfräulein und Geisterfischchen auf sich hat, welche Auswirkungen das Hexenwetter haben kann, und wie Feurige Männer erlöst werden können.»Was in der Zeit geboren ist, wird von der Zeit verzehrt, was in ihr seinen Anfang genommen, erhält auch in ihr sein Ende.«
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Nov. 2023
ISBN9783989010000
Sagengestalten der Oberpfalz: 4 mythologische Erzählungen inspiriert von Franz Xaver Schoenwerth
Autor

Birgit Arnold

Birgit Arnold wuchs im bayerischen Fünfseenland auf. Schon immer war ihr die Nähe zu Natur und Heimat wichtig. Nach ihrem Studium der Europäischen Betriebswirtschaftslehre war sie lange im Finanzbereich tätig, bis sie sich auf ihre wahre Leidenschaft besann, und ihr Hobby zum Beruf machte. Sie nahm Sprech- und Schauspielunterricht und arbeitet heute hauptberuflich als Sprecherin und Sängerin. Durch das Schreiben verbindet sie ihre Leidenschaften Natur, Heimat und die Arbeit an Texten.

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    Buchvorschau

    Sagengestalten der Oberpfalz - Birgit Arnold

    Element Erde

    Holzfräulein

    Ein Bild, das Schwarz, Dunkelheit enthält. Automatisch generierte Beschreibung

    Waldwesen

    Die Tage waren bereits recht kurz. Doch während der wenigen Stunden, in denen Tageslicht herrschte, gab die Sonne ihr Bestes, um die Erinnerung an den Sommer möglichst lebendig zu halten. Noch hingen mannigfach Blätter in bunten Farben an den Bäumen. Im Licht des frühen Morgens erstrahlten sie in hellem Grün, Gelb und feurigem Rot.

    Am Rande einer Wiese stand ein kleines Wesen, das sich mit erwartungsvollem Gesichtsausdruck umsah. Bewundernd nahm es seine Umgebung in sich auf. Der Tau leuchtete tausendfach auf, als das helle Licht der Sonnenstrahlen sich in ihm brach, so dass es aussah, als wären Diamanten über die Wiese verstreut.

    Vor der Gestalt erstreckte sich ein Band besonders saftigen Grüns. Es wand sich, den Gegebenheiten des Bodens folgend, über die große Fläche bis hin zum Waldrand. Der Weg war vor unendlichen Zeiten von Elben angelegt worden. Er diente ihnen als Übergang zwischen den Welten. Doch die zarten Geschöpfe waren schon vor Ewigkeiten aus diesem Landstrich verschwunden. Bei einem dichten Gestrüpp, in dessen Mitte versteckt ein Durchgang lag, endete der Pfad.

    Ein des Weges kommender Wanderer wäre achtlos an dem Buschwerk vorübergelaufen. Doch wenn man genau hinsah, bemerkte man, dass sich hinter einigen dornigen Ästen ein Hohlweg befand. Das Licht wurde von dem Gesträuch ausgesperrt, es war stockfinster darin. Allerlei gruselige Gedanken konnten einen beschleichen, wenn man dort hineinblickte. Wildes Getier und Geister könnten sich darin aufhalten, oder auch nicht.

    Die zwergenhafte Gestalt, nur etwas über zwei Fuß groß, ließ ihre strahlenden Augen über die Pracht des glitzernden Grüns wandern. Wie schön es hier doch war! Jeden Tag freute sie sich aufs Neue über den Anblick. Es war das reinste Paradies. Langsam schloss sie die Augen, legte den Kopf in den Nacken, streckte beide Arme weit zur Seite aus und lief los. Dabei strichen ihre Finger durch die nassen Halme, die ihre Haut mit der angenehmen Kühle des Morgens benetzten. Ihre nackten Füße spürten den weich federnden Boden unter sich. Ein unsagbares Glücksgefühl durchströmte die Gestalt, als sie immer schneller und schneller auf den Waldrand zulief. Instinktiv wusste sie, wann der Weg endete. Tief atmend bremste sie ab, blieb stehen und stützte sich auf den Knien ab. Lachend versuchte das kleine Wesen, wieder genug Luft in seine Lungen zu bekommen. Als es sich etwas erholt hatte, richtete es sich mit in die Seiten gestemmten Händen auf. Noch einmal wanderten seine Augen über die Wiese am Waldrand. Dann fühlte es sich gestärkt genug, durch den mit Hagebutten gezierten Strauch zu kriechen und zu seinen Liebsten zurückzukehren.

    Als die Gestalt sich durch die schmale Lücke im Geäst quetschte, konnte sie es nicht verhindern, dass sich einige der Dornen in ihrem spinnwebfeinen Haar verfingen. Ärgerlich zerrte sie an den Zweigen. Dabei stieß sie Laute in einer Sprache hervor, die ein menschliches Ohr nicht verstehen konnte. Doch eines erkannte man eindeutig an der Stimme. Die Gestalt war weiblichen Geschlechts. Ihre Haut war äußerst blass, das Gesicht von einem leicht grünlichen Schimmer überzogen, als wüchse Moos darauf. Aus der Ferne betrachtet hätte man sie für ein kleines Kind halten können. Allerdings für ein sehr verwildertes Kind. Denn nicht nur ihr Haar war zerzaust, sondern auch das Kleid hing zerfetzt und beinahe durchsichtig, so abgewetzt war es, von ihr herab.

    Vor sich hin schimpfend riss die kleine Frau sich von den Dornen los und stampfte auf dem dunklen Hohlweg in den Wald hinein.

    Sie musste nicht lange gehen, um ihr Ziel zu erreichen. Bald schon klang heiteres Geplapper und Lachen zu ihr. Eine kreisrunde Lichtung tat sich auf. Darauf waren viele ihrer Art zu sehen.

    Die kleine Frau war ein Holzfräulein. Es gab natürlich auch männliche Vertreter ihrer Gattung. Sie nannte man die Holzharl. Diese zierlichen Gestalten waren ein Volk von Waldzwergen. Wie auch wir Menschen gründeten sie Familien und bekamen Kinder. In den Jugendjahren verließen sie die Wohnung ihrer Eltern und lebten streng getrennt nach Geschlechtern zu beiden Seiten der Lichtung. Die Mädchen saßen zusammen mit den Frauen unter den Bäumen und spannen das lange Baummoos, das wie Seile zwischen den Ästen hing, zu einem feinen Garn. Doch niemals mehr als eine Spindel pro Tag. Daraus webten sie sich Kleidchen. Allerdings nur ein einziges während ihres gesamten Lebens. Die Männer unterdes kümmerten sich um den Ausbau ihrer Behausungen. Während die jungen Zwerge meist nur eine Liegestatt aus Moos in einem hohlen Baum besaßen, gestalteten die älteren für sich und ihre Familien wahre Kunstwerke in großen Wurzelstöcken. Dort wurden feingeschwungene, zarte Ranken und Muster in die Türstöcke geschnitzt, Beeren und Nüsse, welche zu Girlanden gebunden waren, verzierten die kleinen Fenster, und kunstvolle Bögen aus geflochtenen Ruten und Gräsern gestalteten Übergänge zwischen der Lichtung und den Auen.

    Zu einer solch prachtvoll hergerichteten Behausung ging nun das Holzfräulein. Sie strahlte über das ganze Gesicht, als sie ihren Mann mit den beiden jüngsten Kindern erblickte. Auch die Kleinen hatten sie bemerkt, rappelten sich vom Erdboden auf und hüpften in wilden, ausgelassenen Sprüngen zu ihr. Glücklich schloss sie die beiden in ihre Arme und drückte sie.

    Jeden Morgen ging die Frau, mit einem Beutel am Gürtel, über die Wiese, um im Buschwerk auf der anderen Seite die letzten Beeren des Jahres zu sammeln. Auch Wurzeln wanderten in ihr Säckchen. Schließlich mussten die Vorräte für den heraneilenden Winter aufgestockt werden. Das Holzfräulein genoss die Stunden, in denen sie, abseits vom ständig herrschenden Trubel ihrer Gemeinschaft, die Stille der Natur erleben konnte. Kein Stimmgewirr drang dann auf sie ein, kein Weinen, Quengeln und auch kein Lachen aus den vielen Mündern ihrer Freunde und Familie. Sie mochte es, wenn nur der Wind zu ihr sprach, das Prasseln des Regens oder die Geräusche der Tiere zu hören waren.

    Doch nun nahm sie sich des Treibens an, das um sie herum herrschte. Die Schnitzereien ihres Mannes wollten bewundert, einfache Aufgaben an die Kinder verteilt werden. Dann schloss sie sich einer soeben aufbrechenden Gruppe von Frauen an und ging gemeinsam mit ihnen tiefer in den Wald, um eine Stelle zu suchen, an der das Mies, das fadenartige Baummoos, viele Schuh lang von den Bäumen hing. Als sie einen geeigneten Platz gefunden hatten, machten sie sich an ihr tägliches Werk und die Stunden vergingen unter viel Geschwätz, aber auch Schweigen, wie im Fluge.

    Ein Bild, das monochrom, Schwarzweiß enthält. Automatisch generierte Beschreibung mit mittlerer Zuverlässigkeit

    Am nächsten Morgen kroch das Holzfräulein früh aus ihrem Bettchen von Moos und Stroh. Leise schlich sie nach draußen, um die anderen nicht zu stören. Vor ihrer Haustür streckte sie sich genüsslich. Sie reckte die Arme weit nach oben, schüttelte ihre Beinchen aus und drehte den Oberkörper schwungvoll nach beiden Seiten. Dann ging sie einige Schritte zu dem kleinen Wiesenstreifen, der unweit ihrer Behausung wuchs. An dessen Rand befanden sich einige Frauenmäntelchen. Jedes Jahr wurden es mehr. Diese Pflanze war in vielerlei Hinsicht nützlich für die Waldbewohner. Als Tee zubereitet half sie unter anderem gegen Magenbeschwerden und auf Wunden gestrichen, unterstützte sie die schnellere Heilung der Haut. Doch heute dienten die niedrigen Stauden lediglich als Waschzuber. An den behaarten Blättern hielt sich der Morgentau in dicken Perlen. Die kleine Frau nahm mit ihren Händen einige der Wassertropfen auf und wusch sich damit das Gesicht. Neben ihr erschien eine weitere Frau, die sich, genau wie sie selbst, für einen Tagesausflug bereit machte. Sie grüßten sich freundlich und erzählten von ihren Plänen für den Tag. Da beide ziemlich schmutzig waren, beschlossen sie, heute noch ein ausgiebiges Bad zu nehmen. In den Behausungen gab es natürlich keine Badewannen, und in einen Weiher getrauten sich die kleinen Wesen nicht zu gehen. Doch sie waren findig und hatten eine andere Methode gefunden, die sie vielleicht nicht immer sehr viel sauberer machte, aber zumindest wurden sie dadurch am Morgen vollständig wach: Eine packte die andere an den Handgelenken und zog sie sodann hinter sich her durch das Gras, das nass vom Tau war. Dann wechselten sie die Positionen, und die andere wurde durch die feuchten Halme gezogen. Das weckte die Lebensgeister und beschwingt machten die beiden sich auf den Weg zu ihren heutigen Zielen.

    Als das Holzfräulein ihren Lieblingsweg beschritt, den saftig grünen Elbenweg, hielt sie irritiert inne. Direkt vor ihr stapelten sich große Feldsteine zu einem Turm, der sie einige Handbreit überragte. Mit krauser Stirn umrundete sie das Gebilde. Wie kam es nur hierher? Sie war doch erst gestern diesen Weg abgelaufen und da war noch alles frei. Was ein Glück war! Mit ihren geschlossenen Augen wäre sie ansonsten direkt in diesen Berg hineingelaufen und hätte sich am Ende noch verletzt. Kopfschüttelnd blickte die Zwergenfrau sich um. Aber nichts wies darauf hin, dass sich sonst etwas verändert hätte. Kurz überlegte sie, ob sie die Steine zur Seite tragen sollte. Versuchshalber hob sie einen der Brocken an. Ächzend legte sie ihn jedoch sogleich wieder ab. Sie würde einige Männer aus ihrem Dorf herholen. Diese hatten doch mehr Kraft. Und so hätten sie zudem eine sinnvolle Betätigung für den Tag. Schnell machte die kleine Frau kehrt und rannte zu ihrer Behausung zurück. Dort organisierte sie mehrere starke Kerle und gab ihnen Anweisung, den Steinstapel schlichtweg ein paar Meter weiter auf der Seite erneut aufzuschichten. Dann eilte sie davon, um Proviant zu sammeln.

    Ein Bild, das Schwarzweiß, Entwurf, Kunst, draußen enthält. Automatisch generierte Beschreibung

    Ein neues Zuhause

    Finni lief mit hängenden Schultern neben ihrem Vater her. Die Lippen hatte sie schmollend nach vorne geschoben, die Hände in den Ärmeln ihrer Wolljacke versteckt.

    Mit trotzigem Ton meinte sie: »Ich verstehe immer noch nicht, warum wir hier, so weit entfernt vom Dorf, eine neue Hütte bauen müssen. Wie sollen uns die Mutter und die Geschwister finden, wenn wir nicht mehr dort wohnen, wo wir immer waren? Außerdem möchte ich bei meinen Freunden bleiben!«

    Schlecht gelaunt stieß sie mit ihren Füßen einen Stein vor sich her. Den Blick hatte sie fest auf den Boden gerichtet. Da bemerkte sie, dass der Vater stehen geblieben war. Sie machte kehrt, um den Grund dafür zu

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