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Tief begraben: Thriller
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eBook318 Seiten4 Stunden

Tief begraben: Thriller

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Über dieses E-Book

DIE ZOMBIES SIND NICHT DAS SCHLIMMSTE!

Es passiert ohne jede Vorwarnung. Eine weltweite Seuche verwandelt Menschen und Tiere in lebende Tote. In einem Luxushotel verbarrikadieren sich 25 Angestellte und Gäste in einem früheren Militärbunker. Die Schläge der Zombies hämmern von außen gegen die Sicherheitstüren, während die Eingesperrten unaufhaltsam den Verstand verlieren. dazu kommt der wachsende Hunger, der sie irgendwann zwingt, das Unvermeidliche zu tun. Ein simples Motto bestimmt den Alltag der Überlebenden: Fressen und gefressen werden!

Als Bonus enthält dieser Band zwei einzigartige Erzählungen von Brian Keene: ?Im Tal der verrückte Bären? und ?Die vergessene Schlucht der Verdammten?. Cowboys und Indianer, Holzfäller und Bigfoots, Zombies und Dinosaurier. Horror im Wilden Westen!

The Word Zombie: 'Tief begraben ist eine erschreckende und erschreckend unterhaltsame Lektüre. Es gibt Blut, es gibt Eingeweide und von Gabelstaplern aufgespießte Leichen.'

The Horror Review: 'Keenes Name sollte in einem Atemzug mit King, Koontz und Barker genannt werden. Ohne Zweifel ist er einer der besten Horrorautoren die es gibt.'
SpracheDeutsch
HerausgeberFesta Verlag
Erscheinungsdatum23. Aug. 2014
ISBN9783865523136
Tief begraben: Thriller
Autor

Brian Keene

BRIAN KEENE (geboren 1967 in Pennsylvania) ist Autor von mehr als 30 Romanen. Außerdem verfasste er Comics wie The Last Zombie oder Doom Patrol.Seine Werke wurden mehrmals mit dem Bram Stoker Award ausgezeichnet. Übersetzungen erschienen in vielen Sprachen. Mehrere seiner Romane wurden auch verfilmt. Seine Website findet sich hier. The Horror Review: »Keenes Name sollte in einem Atemzug mit King, Koontz und Barker genannt werden. Ohne Zweifel ist er einer der besten Horrorautoren, die es gibt.«

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    Buchvorschau

    Tief begraben - Brian Keene

    Tief_begraben_Schriftzug.jpg

    Aus dem Amerikanischen von Michael Krug

    Festa-Logo2.tif

    Impressum

    1. Auflage September 2014

    Copyright © dieser Ausgabe 2014 by Festa Verlag, Leipzig

    By arrangement with Books Crossing Borders, Inc.

    Vermittelt durch Interpill Media GmbH, Hamburg

    Lektorat: Alexander Rösch

    Titelbild: Clinton Lofthouse

    Alle Rechte vorbehalten

    eBook 978-3-86552-313-6

    www.Festa-Verlag.de

    Festa-Logo2.tif

    Für Sultan White und Wrath James White

    in der Hoffnung auf viele weitere Zombie-Weihnachten.

    Anmerkung des Autors

    Dieser Roman spielt in derselben »Realität« wie Totes Meer. Da es sich jedoch um keine direkte Fortsetzung handelt, kann man beide Werke genießen, ohne das jeweils andere zu kennen. Zwar basieren viele der Schauplätze auf realen Orten, allerdings habe ich mir gewisse schriftstellerische Freiheiten genommen. Andere Schauplätze sind auf Grundlage unterschiedlicher tatsächlich existierender Locations frei erfunden. Falls Sie also dort leben, halten Sie nicht nach Ihrem Lieblingsluxushotel oder uneinnehmbaren Atombunkern Ausschau. Ihnen wird nicht gefallen, was dort lauert.

    Tief begraben

    1

    Ich saß im Kinoraum, sah mir gerade zum 20. Mal eine Folge von Aqua Teen Hunger Force an und unterhielt mich mit dem körperlosen Kopf von Dwight D. Eisenhower, als der Rest der Gruppe entschied, dass wir anfangen sollten, uns gegenseitig aufzuessen.

    Die Auswahl an Videos traf nicht unbedingt meinen Geschmack. Die Sammlung im Bunker bestand aus einer Staffel von Reba McEntires alter Sitcom, einer Folge von The Wiggles, einigen Will-Ferrell-Filmen, der remasterten und digital überarbeiteten Krieg der Sterne-Trilogie, einer Staffel von Aqua Teen Hunger Force, einigen Episoden von American Idol und einer Dokumentation über die Rotwildjagd.

    Ich verzichtete absichtlich darauf, mir Reba anzusehen, denn Joanna Garcia, die Schauspielerin, die Reba McEntires Tochter spielte, machte mich geil, was ein alles andere als hilfreiches Gefühl ist, wenn man sich als frisch Geschiedener 18 Meter unter der Erdoberfläche aufhält. Dasselbe galt für The Wiggles – man kann sagen, was man will, aber einige der Tänzerinnen der Truppe fand ich verdammt heiß. Wenn ich mir die Dokumentation über die Rotwildjagd ansah, musste ich immer daran denken, wie sehr ich Wildbratwurst und Hirschsteak vermisste, was mich hungrig machte – und das ist hier unten im Bunker noch weniger hilfreich, als geil zu sein.

    Krieg der Sterne hatte ich mir schon ein paarmal reingezogen, seit wir hier unten festsaßen, aber mir ging immer noch gegen den Strich, dass Han Solo in dieser aktualisierten Fassung nicht mehr zuerst Greedo erschoss. Und was Will Ferrell anging – scheiß auf ihn. Ich hatte Will Ferrells Filme noch nie gemocht und fand ihn ungefähr so amüsant wie Hodenkrebs. American Idol hatte ich schon vor dem Ende der Welt beschissen gefunden und ich sah keinen Grund, jetzt damit anzufangen, mir diesen Mist anzusehen. Abgesehen davon spielte es keine Rolle mehr, wer gewann, weil mit großer Wahrscheinlichkeit keiner der Kandidaten mehr lebte.

    Damit blieb nur Aqua Teen Hunger Force übrig, was ich ganz in Ordnung fand, obwohl ich mir manchmal wünschte, jemand hätte auch einige DVDs von Metalocalypse hier unten gelassen. Hin und wieder fragte ich mich, ob die Typen, die diese Sendungen produziert hatten, noch irgendwo lebten, vielleicht wie ich verschanzt in einem Bunker, und ob sie immer noch Sendungen in der Hoffnung drehten, dass irgendjemand sie sich eines Tages anschaute.

    Ich hatte das Licht ausgeschaltet. Das Kino wurde nur vom Schimmer der riesigen Leinwand erhellt, die einen Großteil der vorderen Wand einnahm. Ich saß auf der linken Seite der ersten Reihe unmittelbar neben Eisenhowers Kopf. Besonders bequem waren die Stühle nicht. Mein Hintern fing zu schmerzen an, wenn er zu lange darauf hockte, und sie knarzten bei jeder Bewegung.

    Bevor die Rattenfängerseuche – Hamelns Rache – die Welt in Scheiße verwandelt hatte, waren die Stühle nur von Besuchern des Bunkers benutzt worden – Touristen, die sich bloß einmal daraufsetzten, um sich eine siebenminütige Dokumentation über die Geschichte der Anlage anzusehen. Dwight D. Eisenhower bildete einen bedeutenden Teil jener Geschichte, weshalb sein Kopf hier herumstand. Man hatte die Technik modernisiert, um DVDs statt der alten Filmrollen abspielen zu können – für meine Museumsführerkollegen und mich gestaltete es sich erheblich einfacher, die Wiedergabetaste an einem DVD-Player zu drücken, als mit Filmdosen herumzuhantieren. Ich denke, Eisenhower hätte das gebilligt.

    Eisenhower redete nicht viel. Das konnte er auch nicht. Immerhin handelte es sich bei ihm um eine Bronzebüste und Bronzebüsten reden nicht. Aber damit hatte ich kein Problem. Er brauchte nichts zu sagen, denn er erwies sich als guter Zuhörer, und was ich wirklich brauchte, war ein guter Zuhörer – vor allem, da die meisten anderen Menschen hier unten langsam, aber sicher vollkommen austickten. Das Kino enthielt nicht nur einen Eisenhower. Gerahmte Porträtaufnahmen von ihm hingen an den Wänden neben Aufnahmen des Hotels über dem Bunker und einigen Fotos der Anlage, die aus der Bauphase stammten – alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Arbeitern der technischen Heeresabteilung, wie sie mit Planierraupen, Kipplastern und Kränen auf dem Gelände ausschwärmten.

    Sie schwärmten genauso aus wie damals die toten Ratten, als sie aus der Kanalisation von New York City an die Oberfläche kamen. So hatte alles angefangen – mit der Rattenfängerseuche. Hier in den Bergen von West Virginia kommt einem die Stadt so weit weg vor. Aber es muss stimmen, was man behauptet – dass New York der Mittelpunkt der Welt ist, denn was dort begann, fegte in weniger als einem Monat über den Rest des Planeten hinweg.

    Mir laufen immer noch eiskalte Schauer über den Rücken, wenn ich mir vorstelle, wie es gewesen sein muss. Es geschah während der abendlichen Rushhour. Zombieratten krochen aus der Kanalisation hervor und begannen, Fußgänger anzugreifen. Da sie tot waren, bewegten sie sich deutlich langsamer als lebendige Ratten, doch das spielte keine Rolle. Das hohe Verkehrsaufkommen hatte die Stadt derart lahmgelegt, dass sich den Viechern reichlich Auswahl bot. Die Gehsteige, die Straßen, die Bushaltestellen und U-Bahn-Stationen – überall herrschte ein dichtes Gedränge von Pendlern. Die Leute versuchten zu fliehen, konnten aber nirgendwohin. Die Ratten stillten ihren Appetit. Etliche Menschen wurden zu Tode gebissen. Die Haut wurde ihnen von Gesichtern und Händen gefetzt, Bäuche wurden aufgenagt, damit ihre Angreifer an die Köstlichkeiten im Inneren herankamen. Zahlreiche weitere Opfer wurden zertrampelt, als ihre Mitbürger zu fliehen versuchten.

    Schlagzeilen zum Thema dominierten in jener Nacht Fernsehen und Internet. Anfangs bezeichnete MSNBC die Vorfälle noch als Unruhen, während sowohl CNN als auch Fox mutmaßten, dass es sich um einen Terroranschlag handelte. Schon bald einigten sie sich auf Ratten als Auslöser – tote Ratten. So unmöglich es klang, Augenzeugenberichte untermauerten, dass die Tiere tatsächlich tot gewesen waren, als sie zum Angriff ansetzten. Experten machten sich darüber lustig und die Behörden verweigerten jegliche Stellungnahme. Es dauerte allerdings nicht lange, bis Aufnahmen bewiesen, dass es der Wahrheit entsprach, so unwahrscheinlich es auch sein mochte. Ständig neues Bildmaterial dokumentierte, dass die Lage vor Ort mit jeder verstreichenden Stunde chaotischer wurde. Fox sendete live aus einem Krankenhaus. Die Notaufnahme platzte beinahe vor verwundeten New Yorkern. Wen sie gebissen hatten, der wurde sehr schnell krank und starb wenig später. Und nach ihrem Tod kehrten sie zurück. Genau wie die Ratten.

    Noch vor dem Ende jener ersten Nacht hatten die Medien bereits eine Bezeichnung dafür gefunden: Hamelns Rache. Die Rückkehr der Ratten, mit deren Beseitigung man den Rattenfänger beauftragt hatte. Es schien für sie keine Rolle zu spielen, dass es sich bei Hameln um den Namen der Stadt handelte, nicht um den des Rattenfängers. Früher fragte ich mich ehrlich gesagt manchmal, ob die Medien Bezeichnungen und Grafiken auf Abruf bereithielten und nur darauf warteten, sie einzusetzen, wenn die Hölle losbrach. In jener Nacht drängte sich mir dieser Eindruck jedenfalls auf. Wolf Blitzer präsentierte im Fernsehen eine große Illustration eines wie der Sensenmann gekleideten Rattenfängers. Die Worte »Hamelns Rache« überlagerten die Figur. Tote Menschen und tote Ratten griffen die Lebenden an und danach ergänzten diejenigen, die infiziert wurden, ihre Reihen. Die Sender bezeichneten die Toten anfangs als Kannibalen, doch dann, bei einer Nachrichtenkonferenz um zwei Uhr morgens, benutzte der Pressesprecher des Weißen Hauses das Wort, das jedem durch den Kopf ging.

    Zombies.

    Bis zum Sonnenaufgang am nächsten Morgen hatte die Nationalgarde alles abgeriegelt. New York stand offiziell unter Quarantäne. Brücken, Tunnel und Eisenbahnstrecken wurden mit Blockaden versehen. Die Gardisten hatten den Befehl, auf jeden zu schießen, der versuchte, aus der Stadt zu entkommen, und manche taten es wirklich. Sie mähten kaltblütig Zivilisten nieder. Dann verweigerten einige andere Soldaten den Befehl, auf Zivilisten zu feuern, und wandten sich stattdessen gegen ihre eigenen Kameraden. Schon bald kämpften die Truppen untereinander – und parallel gegen die Zivilisten, die zurückschossen.

    Während das Chaos in den militärischen Rängen um sich griff, verbreitete sich die Rattenfängerseuche über die Stadt hinaus. Sie trat erst in Newark, dann in Trenton und anschließend in Philadelphia auf. Gegen Ende des zweiten Tages hatte sie Buffalo, Baltimore, Washington, D.C. und jenseits der Grenze Teile von Kanada erfasst. Der Präsident rief den landesweiten Ausnahmezustand aus, auch in jenen Gebieten, in denen sich noch keine Symptome der Krankheit zeigten. Die Armee wurde mobilisiert. Allerdings war es zu dem Zeitpunkt bereits zu spät. Man konnte einen Zombie erschießen, nicht jedoch die Krankheit bekämpfen, die überhaupt erst bewirkte, dass Tote wiederauferstanden und umherwandelten. Es bedurfte nur eines Bisses, eines Blutstropfens, etwas Eiter aus einer offenen Wunde – jeglichen Kontakts mit infizierten Körperflüssigkeiten –, und schon entstanden weitere Zombies.

    Zunächst befiel die Seuche nur Menschen, Ratten und Mäuse. Bis zur zweiten Woche jedoch war sie auf andere Arten übergesprungen und trat auch bei Hunden, Katzen, Rindern, Bären, Kojoten, Ziegen, Schafen, Affen und anderen Tieren auf. Manche wie Schweine und Vögel schienen immun zu sein, doch die meisten hatten weniger Glück. Noch merkwürdiger fanden Beobachter, dass einige Spezies wie Eichhörnchen und Rehe, die anfangs Anzeichen von Immunität erkennen ließen, später doch noch infiziert wurden. In Wirklichkeit habe ich nie verstanden, warum die Seuche Eichhörnchen nicht von Beginn an befallen hat. Immerhin sind Eichhörnchen nichts anderes als Ratten mit buschigen Schwänzen. Ich weiß nur eins: Sollte sich die Seuche jemals auf Vögel ausbreiten, ist die Menschheit im Arsch.

    Aber wahrscheinlich sind wir sowieso im Arsch.

    Als die Seuche anfing, von einer Art auf die nächste überzuspringen, war sie nicht mehr aufzuhalten. Die USA, Südamerika und Kanada traf es als Erstes, danach folgten Europa, Asien und Afrika und zuletzt Australien. Schließlich konnten wir selbst über Satellit kein Fernsehen mehr empfangen. Das Letzte, was man meines Wissens zu sehen bekam, waren Aufnahmen von Zombies, die durch die Straßen von Mumbai schlurften.

    Natürlich stellten die Zombies nicht die einzige Bedrohung dar. Neben umherziehenden Banden von Plünderern, Verbrechern und Extremisten gab es Mitglieder des Militärs und der Polizei, die beschlossen hatten, auf sich selbst statt auf uns aufzupassen. Als neues Gesetz setzte sich das Gesetz der Waffengewalt durch. Nicht genug damit, dass man sich davor fürchten musste, von einem toten Freund oder Angehörigen aufgefressen zu werden – man musste sich auch noch Sorgen machen, von einem durchgeknallten, asozialen Arschloch, das sich das Chaos zunutze machte und in der neuen Weltunordnung förmlich aufblühte, ausgeraubt, vergewaltigt oder ermordet zu werden.

    Nicht, dass sich die Machthaber über all das den Kopf zerbrechen mussten. Washington, D.C. hatte man bereits frühzeitig evakuiert. Präsident Tyler, der Vizepräsident, das Kabinett, die hohen Tiere aus dem Pentagon und alle Senatsmitglieder sowie deren Personal und Angehörige wurden in sichere, unterirdische Bunker in Pennsylvania, Virginia, Maryland und Colorado verfrachtet. Bunker wie dieser hier, nur moderner. Ich frage mich unwillkürlich, ob sie sich in besserer Verfassung befinden als wir. Vermutlich schon. Ich bezweifle, dass unsere Anführer herumsitzen, sich Aqua Teen Hunger Force ansehen und darüber abstimmen, ob sie zum Kannibalismus übergehen sollen oder nicht. Jedenfalls noch nicht.

    Ich bin so verdammt hungrig.

    Dieser Bunker ist als Rückzugslager gebaut worden, und zwar damals Anfang der 1960er-Jahre, als der Kalte Krieg so richtig in die Gänge kam. Präsident Eisenhower gab ihn in Auftrag. Deshalb gibt es hier unten diese Bronzebüste seines Schädels und die ganzen Fotos von ihm. Im Fall eines atomaren Angriffs auf die Vereinigten Staaten sollte der Bunker die Senatsmitglieder sowie deren Familien und einige Mitarbeiter aufnehmen. Die Anlage wurde groß genug geplant, um circa 1000 Menschen aufzunehmen. Für ihre Errichtung hatte man knapp 250 Meter weit und 25 Meter tief in einen Felsen gebohrt und gegraben. Einem direkten Treffer eines Nuklearsprengkopfs konnte der Bunker nicht standhalten, aber er war tief und sicher genug, um Menschen darin vor nuklearen Feuerstürmen und radioaktivem Fallout zu schützen. Von Washington, D.C. aus ließ sich die Anlage einfach erreichen – mit der Bahn oder per Flugzeug brauchte man weniger als eine Stunde, zudem verlief ganz in der Nähe eine Autobahn. Damals, als die Regierung den Bunker noch mit Vorräten versorgte, hätten die Menschen darin bis zu 120 Tage überleben können.

    Um zu verhindern, dass die Hinterwäldler aus der Umgebung während der Bauarbeiten misstrauisch wurden, ließ man sich für das Projekt eine Geschichte zur Ablenkung einfallen. Der Öffentlichkeit wurde weisgemacht, man errichte auf dem Berg ein neues Luxushotel, das der Gegend zusätzliche Arbeitsplätze bescheren und die lokale Wirtschaft ankurbeln werde. Und genau das geschah auch. Ein prunkvolles Nobelhotel wurde errichtet, das Pocahontas – benannt nach seiner Lage im Landkreis Pocahontas –, und es lockte tatsächlich die wohlhabende und mächtige Elite aus aller Welt an. Die Schönen und Reichen kamen in Scharen. Ganze Generationen von Schauspielern, Politikern, Ölbaronen, Bankmagnaten und anderen Wirtschaftskapitänen zählten zu den Stammgästen.

    Das Hotel beschäftigte Einheimische und bot somit eine angenehme Alternative für alle jene, die nicht in einem Kohlebergwerk rackern, Holz fällen, sich an der Landwirtschaft versuchen, Schraubenschlüssel drehen oder sich einfach zurücklehnen und von Sozialhilfe leben wollten – die fünf verbreitetsten Beschäftigungen in West Virginia. Im Lauf der Jahre wuchs und florierte die Ortschaft. Dasselbe galt für das Pocahontas, das um weitere Gebäudeflügel, einen Golfplatz, Tennis- und Racquetballplätze sowie Stallungen und einen Reitparcours ergänzt wurde und sogar ein eigenes Rollfeld für kleine Flugzeuge bekam.

    In all dieser Zeit hatte abgesehen von der Hotelverwaltung niemand eine Ahnung davon, was sich unter dem Berg befand – bis eines Sonntagmorgens vor etwas mehr als einem Jahrzehnt ein Enthüllungsjournalist der New York Times die Geschichte auf die Titelseite brachte. Sobald die Geschichte aufgeflogen war, verlor die Anlage jeglichen Nutzen. Die Regierung nahm sie sofort außer Betrieb und überschrieb sie dem Hotel. Irgendwann wollte ein Datenspeicherungsunternehmen den Bunker vom Pocahontas pachten, aber die Geschäftsleitung des Hotels hatte andere Pläne. Sie verwandelte die Anlage in ein Museum.

    Seit nunmehr zehn Jahren steht der Bunker nun Besuchern und Gästen des Pocahontas offen – eine zusätzliche Attraktion für eine ohnehin an Höhepunkten nicht arme Institution. Ich muss es wissen. Seit drei Jahren hatte ich als Museumsführer im Bunker gearbeitet. Die einzige Alternative wäre ein Job bei Walmart gewesen und ich hasste diese verfickten Supermärkte. Nicht nur, weil meine Exfrau dort gearbeitet hat.

    So bin ich hier unten bei den anderen gelandet. Zu dem Zeitpunkt war die Kacke in New York, Philadelphia und einigen anderen Städten bereits am Dampfen, aber sie hatte sich noch nicht allzu weit ausgebreitet. Jedenfalls nicht bis hierher. Bei uns tauchten zwar auch vereinzelt Berichte über Zombiesichtungen auf, aber West Virginia ist ein derart ländlicher Staat mit so viel Wildnis zwischen den Ortschaften, dass es uns nicht wie eine Epidemie vorkam. Eher so, als sähe man sich im Fernsehen den Anschlag vom 11. September oder Hurrikan Katrina oder eine ähnliche Katastrophe an – man wusste, dass es passierte, und fühlte sich auch damit verbunden, gleichzeitig jedoch schien es unendlich weit entfernt zu sein. Üble Dinge passieren immer nur anderen. Nie einem selbst. Jedenfalls nicht, bis die üblen Dinge unangekündigt an die Haustür klopften, reinkamen und sich für eine Weile einnisteten.

    Über West Virginia war noch nicht der Ausnahmezustand verhängt worden und das Hotel ließ uns nach wie vor zur Arbeit antanzen, obwohl es keinerlei Reservierungen mehr gab. Ich stand gerade draußen auf dem Hinterhof und gönnte mir mit einigen der Mexikaner aus der Küche eine kurze Raucherpause, als die Toten im Pocahontas eintrafen. Wir rochen sie, bevor wir sie sahen, aber wir wussten nicht, worum es sich bei dem Gestank handelte oder woher er stammte. Draußen herrschte Hitze und nur eine leichte Brise wehte – gerade stark genug, um die Luft bloß zu bewegen, statt uns abzukühlen.

    Uns allen stieg der Mief gleichzeitig in die Nase und brachte mich dazu, die Stirn zu runzeln. Es roch wie der weltgrößte Haufen überfahrener Tiere. Das war mir anfangs durch den Kopf gegangen. Ich erinnere mich noch, dass ich mir die Frage stellte, ob irgendwo in der Nähe ein totes Murmeltier oder dergleichen herumlag. Einer der anderen Angestellten sagte etwas auf Spanisch. Keine Ahnung, was, denn ich habe die Sprache nie gelernt. Wahrscheinlich so etwas wie »Verdammt, das stinkt!« Keine Minute später schien der Geruch regelrecht überwältigend zu sein. Wir alle schauten uns gegenseitig an, legten die Stirnen in Falten und verzogen die Gesichter. Die Mexikaner redeten miteinander. Ich nickte, als ob ich sie verstünde. Und dann ... dann trafen sie ein. Sie schlurften aus dem Wald und über den Parkplatz auf uns zu.

    Zombies.

    Ich glaube, am beängstigendsten fand ich, wie still alles blieb. Die Toten schwiegen. Kein Stöhnen, kein Röcheln, kein Rufen, kein Gebrüll. Das entsprach nicht der Norm – zumindest sollte es nicht die Norm bleiben. Im Regelfall geben Zombies durchaus Geräusche von sich. Diese Gruppe jedoch verhielt sich leise. Es ließ sich trotzdem nicht übersehen, dass die wandelnden Leichen es todernst meinten. Mit emotionsloser, zielstrebiger Entschlossenheit hielten sie auf das Hotel zu, humpelten und schleppten sich vorwärts, obwohl einigen Gliedmaßen und wichtige Organe fehlten, während andere ihre Eingeweide wie Hundeleinen hinter sich herschleiften. Die meisten Zombies waren menschlichen Ursprungs, es befanden sich aber auch Tiere unter ihnen. Vorwiegend Ratten, außerdem ein paar Füchse und Stinktiere sowie ein Schwarzbärenjunges, dem ein Auge und der Großteil des Unterkiefers fehlten, was es jedoch nicht davon abhielt, auf uns zuzukommen. Die Toten sind insgesamt sehr entschlossene Bastarde. Ihre Stille ließ diese Entschlossenheit nur umso beunruhigender wirken.

    Zwei unserer Landschaftsgärtner rasten mit einem Golfwagen auf sie zu. Bis heute weiß ich nicht, was die Kerle sich dabei gedacht haben. Ist ja nicht so, dass sie bewaffnet gewesen wären, außerdem waren sie bloß Gärtner, keine Soldaten. Ich habe keine Ahnung, was sie vorhatten. Möglicherweise wollten sie die Zombies überfahren. Wie ihr Plan auch ausgesehen hat, sie bekamen nie die Gelegenheit, ihn umzusetzen. Die Toten mochten langsam sein, aber sie umzingelten einen durch ihre schiere Masse, bis man nirgendwo mehr hinkonnte.

    Genau das widerfuhr auch den Gärtnern. Sie überrollten einen Zombiefuchs, allerdings verfing sich der Kadaver unter einem Hinterrad, was sie abrupt abbremste. Eine Erschütterung ging durch das Fahrzeug. Verfilztes Fell und verwestes Fleisch wurden über den Asphalt verschmiert. Dann lenkte der Typ am Steuer scharf nach rechts. Ich glaube, er wollte versuchen, das tote Vieh abzuschütteln. Das erwies sich als problematisch, weil Golfwagen nicht für solche Manöver gebaut werden.

    Das verdammte Ding kippte auf die Seite und bevor sich einer der Männer aus dem Wrack befreien konnte, hatten die Zombies sie bereits von allen Seiten umzingelt und rückten näher. Einer der Männer fing zu schreien an, als die Toten auf sie zuschlurften. Der andere sank auf die Knie und begann, auf Spanisch zu beten und sich wie wild zu bekreuzigen. Für die beiden wurde es ein langsamer Tod. Die Zombies pferchten sie ein, drängten sich näher und näher, bis sowohl das Gefährt als auch die Opfer außer Sicht gerieten. Ihr Gebrüll verkam zu einem Wimmern, das kurz darauf erneut in Schreie umschlug. Ein Zombie reckte seinen Arm wie triumphierend in die Luft. In den Fingern hielt er ein Stück rohes, rotes, triefendes Fleisch.

    Mehr brauchten wir nicht zu sehen. Wir drehten uns um und flüchteten, rempelten uns und brachten uns in unserer Hast gegenseitig zum Stolpern. Hinter uns setzten unvorstellbar grässliche Geräusche ein – reißende, schmatzende, knirschende Laute. Die Schreie waren inzwischen verstummt. Wir rannten zurück ins Hotel, mussten jedoch feststellen, dass die Kacke auch im Pocahontas bereits dampfte. Zombies strömten sowohl durch den Haupteingang als auch durch die Türen zum Meditationsgarten herein. Sie schwärmten durch die Lobby und um die Fahrstühle aus und bahnten sich einen Pfad, die lange Reihe der Nobelgeschäfte entlang, die den Großteil des Erdgeschosses der Hotelanlage einnahmen – Juweliere, ein Zigarrenhändler, Süßwarenläden, Coffeeshops, eine Buchhandlung, Boutiquen und ähnliche Einrichtungen, die ausschließlich für die Gäste des Hauses existierten. Kein Bewohner der Ortschaft hätte es sich leisten können, hier einzukaufen.

    Ich stieß mit meinem Kumpel Mike zusammen, der als Bankettleiter im Hotel arbeitete. Rückblickend betrachtet ist es allein Mikes Schuld, dass ich in diese gottverdammte Lage geraten bin. Er streckte die Hände aus, packte mich an den Schultern und hielt mich mitten im Laufen auf. Zuerst erkannte ich ihn vor lauter Angst nicht mal. Ich versuchte, ihn wegzustoßen, aber er drückte kräftiger zu. Meine Hände ballten sich zu Fäusten.

    »Lass mich los, Arschloch! Siehst du denn nicht, was hier abläuft?«

    »Der Bunker!«, rief er. »Wir müssen alle nach unten in den Bunker, Pete.«

    Und mit einem Schlag änderte sich alles. Es war, als hätte Mike magische Worte ausgesprochen. Ich hatte immer noch Angst, aber mein Verstand wurde klarer. Ich fing an, ans Überleben zu denken, statt nur in blinder Panik davonzurennen. Meine Furcht beherrschte mich nicht mehr – ich beherrschte sie. Es fühlte sich ungemein zenmäßig an. Menschen hasteten an uns vorbei, wankten, stolperten und weinten. Gebrüll und gellende Schreie erfüllten den Gang. All das schien weit entfernt zu passieren, von uns isoliert. Ich fühlte mich plötzlich wie auf einer einsamen Insel.

    »Der Bunker ... Scheiße, warum ist mir das nicht eingefallen?«

    »Du hast doch den Schlüssel, oder?«

    Ich nickte. Als Museumsführer besaß ich eine von sieben Schlüsselkarten aus Plastik, die uns Zugang zum Bunker verschaffen konnten. Ich wollte gerade etwas erwidern, als mir auffiel, wie sich Mikes Augen weiteten. Er biss sich auf die Unterlippe, aber ich glaube, es war ihm gar nicht bewusst. Mike starrte auf irgendetwas in meinem Rücken. Ich drehte mich um und zuckte wegen des bestialischen Gestanks zusammen. Eine Gruppe von Zombies kam langsam auf uns zu.

    »Scheiße.«

    »Sag so vielen wie möglich Bescheid«, drängte Mike. »Wir treffen uns unten.«

    »Wo willst du hin?«

    »In die Küche. Unmöglich abzuschätzen, wie lange wir dort unten bleiben müssen. Wir brauchen Lebensmittel und Wasser.«

    »Gute Idee. Ich komme mit.«

    »Nein, Pete. Du musst allen anderen Bescheid geben. Ich kümmere mich darum, Vorräte zu beschaffen.«

    »Du kannst den ganzen Kram nicht allein tragen.«

    »Ich lade ihn auf einen Wagen und benutze den Lastenaufzug. Der fährt geradewegs zum Tagungszentrum. Solange du die Bunkertür offen lässt, passiert mir nichts.«

    Ich runzelte die Stirn. »Bist du sicher?«

    Er nickte. »Ganz sicher. Mach schon.«

    »Sei vorsichtig.«

    »Du auch. Lass nur unbedingt die Tür für mich offen.«

    Ich versprach es ihm, dann rannte er den Flur entlang davon und wich dabei den Toten mühelos aus. Seine Bewegungen erinnerten mich an einen Footballspieler, der auf die Endzone zustürmt, um einen Touchdown zu schaffen. Wann immer die Zombies nach ihm griffen, war er bereits an ihnen vorbei. Ich drehte mich in die andere Richtung und trat den Weg zum Bunker an.

    Als ich Mike das nächste Mal sah, war ihm die Kehle herausgerissen worden, seine Nase hing nur noch an

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