Sicilia Nuova
Von Alex Mann
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Über dieses E-Book
Joseph Petri ist ein hochrangiges Mitglied der sizilianischen Mafia. Er hat maßgeblich dabei geholfen, deren Machtstrukturen nach der deutschen Wiedervereinigung auch auf die neuen Bundesländer auszudehnen. Doch nach dem Mord an Richter Giovanni Falcone bekommt er es wie viele Mafiosi mit der Angst zu tun und stellt sich eines Abends der Polizei.
In einem kleinen Verhörzimmer erzählt er dem ehemaligen Volkspolizisten Frank Henschel seine Lebensgeschichte. Henschel, ohnehin geschockt von den neuen Formen der Kriminalität und Gewalt, die nach der Wende über den Osten hereingebrochen sind, hört ihm ungläubig zu. Vor ihm sitzt ein charismatischer Mann, ein liebender Familienvater, der ihm ganz selbstverständlich berichtet, wie die Mafia den Staat unterwandert, mit brutalen Mitteln die Konkurrenz aus dem Weg räumt und Kritiker zum Schweigen bringt.
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Sicilia Nuova - Alex Mann
Eins
„Das war für uns damals wie der Oklahoma Land Rush für die Amis. Wissen Sie, was der Oklahoma Land Rush war? Kennen Sie den Film Cimarron? Nein? Müssen Sie sich mal ansehen. Ein cooler Western mit Glenn Ford. Ein genialer Film.
Jedenfalls für uns, also die ehrenwerte Gesellschaft, war der Fall der Mauer das gleiche wie für die amerikanischen Siedler die Freigabe Oklahomas. Der Osten bot riesige Investitionsmöglichkeiten, und er war besiedelt mit sechzehn Millionen Dummköpfen, die ganz betrunken waren vor Freude, ein Teil der westlichen Welt zu sein. Die haben doch noch immer keine Vorstellung, was diese westliche Welt wirklich ist. Das wissen ja nicht einmal die Wessis.
Die dummen Ossis setzten sich also in ihre niedlichen Trabis, fuhren an die gefallene Grenze, bekamen ihre hundert D-Mark als Begrüßungsgeld und hatten sie nach einer Stunde auf der anderen Seite für irgendwelchen Mist ausgegeben. Wir haben die freie Spur der Autobahn genutzt, sind in Honis ehemaliges Reich gefahren und hatten säckeweise dreckiges Geld im Kofferraum. Sie wissen schon, Geld aus Drogengeschäften, illegalem Glücksspiel, Prostitution, das haben sie ja vielleicht auch alles schon in Filmen gesehen. Mit dieser Kohle sind wir rüber gefahren und haben für ´nen Appel und nen Ei gekauft, was an der DDR noch wertvoll war, Gebäude und Grundstücke. Und schon hatten wir sauberes Geld. Wir kauften Miethäuser auf, eröffneten Restaurants, vergaben Kredite zu überteuerten Zinsen an die sterbende Wirtschaft. Im Prinzip war das moderner Merkantilismus. Die Regierung gab den Ossis Geld, damit sie konsumieren konnten. Westwaren natürlich. Aber ein guter Teil des Geldes landete bei uns. Ihr Ossis habt doch alles gekauft, was aus dem Wesen kam. Unsere Restaurants mussten nicht einmal gut sein. Sie waren italienisch. Exotisch. Also lief der Laden. Wir haben hier drüben Kohle gemacht, wie blöd.
Das war Phase eins.
In der Phase zwei musste Westdeutschland irgendwie auch in den neuen Ländern Fuß fassen. Das heißt, drittklassige Beamte, Juristen und Politiker, die in der alten Heimat nie eine Chance auf eine große Karriere gehabt hätten, kamen als zweite Besiedlungswelle ins Land der ehemals roten Männer. Es waren Leute, die alles dafür tun würden, um in ihren Jobs irgendwie aufzusteigen und zu Geld zu kommen. Kurzum, es waren natürlich die allerbesten Partner für uns. Es waren Menschen, die mehr vom Leben wollten, als sie auf legalem Wege erreichen konnten. Und die Gesellschaft wollte auch mehr. Mehr Macht. Und die erlangt man am besten, indem man die Menschen kauft, die sie besitzen. Sie glauben gar nicht, mit was für erbärmlichen Kreaturen wir es da teilweise zu tun bekamen. Die wussten gar nicht, dass sie mächtig waren, oder verstanden gar nicht, wie man sie benutzt, die Macht. Für diese dummen Wessis war die Macht wie für die Ossis ein Westfernseher mit Fernbedienung. Sie haben gar nicht kapiert, was sie da alles hatten. Also haben sie sie verkauft.
Und jetzt waren wir richtig dick im Geschäft drin. Drüben, vor allem im Pot, sind wir nie über Geldwaschanlagen in Form von Pizzerien hinaus gekommen. Hier im Osten besaßen wir innerhalb von Monaten Grundstücke und Immobilien, die billigsten Kneipen und die nobelsten Hotels. Diese Gebäude waren goldene Grabsteine für schmutzige Lire, und sie schissen tonnenweise schöne, saubere D-Mark. Wir konnten uns die Welt nicht schöner vorstellen.
Wenn Sie jetzt da raus schauen, dann sehen Sie eine triste, graue Stadt an einem verseuchten Fluss. Aber Sie sehen auch Handwerker, die überall ihre Brötchen verdienen, die verwitterten Fassaden neu streichen. Sie sehen riesige Betonmischer und Kräne über den Gruben, aus denen sich neue Gebäude erheben, Gewerbehallen, Bürokomplexe, Luxusappartements, selbst Regierungsgebäude. Nur für diese protestantische Trümmerkirche werden wir nicht eine Lira geben, sollten sie die je wieder aufbauen wollen. Sie sehen Menschen, die in ihrer typisch grummeligen deutschen Art zufrieden damit sind, vernünftig Kohle zu verdienen, sich allen möglichen Luxus zu leisten – diese Ossis wissen dabei doch gar nicht, was Luxus ist, die halten VWs und Peugeots für tolle Autos. Sie wollen samstags zum Fußball gehen und im Sommer für ein bis zwei Wochen die Welt erkunden, die ihnen jetzt offen steht. Alle sind glücklich. Aber das Geld kommt nicht nur von der neuen Regierung. Oh nein. Es ist mailändischen Studenten für Heroin abgeknöpft, neapolitanischen Pizzabäckern als Schutzgeld geraubt und von albanischen Nutten in sizilianischen Puffs verdient worden. Es ist schmutziges Geld, mit dem hier eine neue Welt aufgebaut wird. Und deswegen verschließen sogar die wenigen Menschen in Politik und Justiz, die von der Existenz der ehrenwerten Gesellschaften wissen und sie deswegen nicht schätzen, ihre Augen davor. Warum? Weil ein guter Teil der Ossis damit ihr Brot verdient. Als Handwerker auf Baustellen, als Verwalter in Wohnungsgenossenschaften und als Kellner und Köche in unseren Restaurants. Wenn wir diese Arbeitsplätze nicht schaffen würden, dann müsste der Staat dafür Geld in die Hand nehmen. Und bei aller Liebe. Das Geld hat selbst das mächtige, wiedererstarkte Deutschland nicht. Ich meine, Kohl hat doch den Osten nicht dazu geholt, weil es sich der Westen leisten konnte, sondern weil er selbst pleite gegangen wäre, wenn er seinen Binnenmarkt nicht um sechzehn Millionen Hohlköpfe vergrößert hätte.
Die Politik akzeptiert uns. Manche bezeichnen uns als Schattenstaat. Aber schizophrenerweise geht ein guter Teil des neuen Glanzes in diesem Land von unserem Schatten aus. In Italien ist man so dumm zu versuchen, die Gesellschaft zu bekämpfen, ihre Macht einzuschränken und ihre Gelder zu konfiszieren. Diese Idioten werden nie verstehen, dass sie sich damit vor allem selbst schaden. Der neue Osten ist anders. Er ist frei. Und für uns ist diese Freiheit am schönsten. Es ist eine neue Heimat. Ein neues Sizilien.
Es wird noch Jahre dauern, bis die gewaltige Narbe, die die alte Mauer dargestellt hat, wirklich verheilt, bis der Osten so stark ist wie der Westen. Wenn er es überhaupt schafft. Aber dieser Heilungsprozess hängt ganz wesentlich davon ab, dass wir uns weiter daran beteiligen. Deswegen wird man die ehrenwerte Gesellschaft hier nie ernsthaft bekämpfen.
Verstehen Sie mich, Herr Kommissar? Sie schauen so … so überrascht-schockiert. Ich wette, Sie glauben mir nicht einmal fünf Prozent von dem, was ich Ihnen eben gesagt habe. Soll mir egal sein. Selbst wenn Sie mir glauben. Ein kleiner Beamter wie Sie wird gar nichts ändern können. Sie brauchen Erlaubnisse, Genehmigungen, Befehle. Und die, die ihnen diese Papiere unterzeichnen, das sind die Leute, von denen ich gerade eben geredet habe. Das sind die Menschen, die uns ihre Macht verkauft haben. Das heißt, Sie müssen die ehrenwerte Gesellschaft erst fragen, was Sie mit ihnen tun sollen. Sie tun gut daran, Herr Kommissar, so dumm zu schauen. Bleiben Sie dumm und ungläubig. Dann überleben Sie. Versuchen Sie nicht, den neuen Falcone zu spielen. Sie sehen ja, was dabei herauskommt."
Zwei
Kommissar Frank Henschel drückte seine Zigarette, von der er gerade einmal zwei schnelle Züge genommen hatte, in dem neben ihm bereitstehenden Plastikaschenbecher aus. Seine Linke massierte nervös die blasse Haut seiner Schläfe, und seine stahlgrauen Augen musterten das Gesicht seines Gegenübers.
Giovanni Petri, der sich ihnen nur als Joe der Fisch vorgestellt hatte, saß in seinem Stuhl und sah den Kommissar mit einem amüsierten Grinsen an. Joe war von kleiner, gedrungener Statur. Er hatte leicht abstehende Elfenohren, einen schmalen Mund mit sanftem Überbiss, einem goldenen Eckzahn und eine krumme Nase. Alles in allem war er kein sehr ansehnlicher Kerl. Was Henschel am meisten irritierte, waren seine in unterschiedlichen Farben schillernden Augen. Das rechte war von einem intensiven Braun, während das linke eine seltsame Mischung von Grün- und Blautönen aufwies.
„Eins müssen Sie mir mal erklären, brach Henschel das Schweigen und ließ die linke Hand auf die Tischplatte knallen. „Wollen Sie mich irgendwie verarschen? Haben Sie getrunken? Oder wollen Sie sich nur über die Polizei lustig machen? Wollen Sie mal schauen, ob man einen dummen Ossi an der Nase herumführen kann?
Petri ließ ein Lächeln aufblitzen. Eigentlich war das einzige, was an seiner Kauleistenfront noch blinkte, der Goldzahn, der einen der Eckzähne ersetzen sollte. Er lachte. „Ich sagte doch, Sie glauben mir kein Wort. Zu doof, was? Aber für Sie wahrscheinlich das Beste."
Henschel schloss die Augen und schüttelte wild seine beiden Hände, um Petri davon abzuhalten, noch mehr wirre Verschwörungstheorien von sich zu geben. „Nur noch mal für mein Verständnis. Sie sind Mitglied einer ehrenwerten Gesellschaft, seine Hände deuteten Gänsefüßchen an, „und Sie stellen sich und wollen auspacken. Sie erzählen mir, dass diese Gesellschaft, diese … Mafia, unseren Staat unterwandert hat, Politiker und Richter gekauft hat und einen Staat im Staat errichtet hat?
Petri wog den Kopf hin und her. „So ähnlich. Ich sehe, Sie versuchen wenigstens zu begreifen."
„Aber wenn diese ehrenwerte Gesellschaft so mächtig ist – und wenn ich Sie richtig verstanden habe, steht Macht bei ihr ja höher im Kurs als Geld, richtig?"
„Ja. Macht und Geld sind auch keine Synonyme."
„Jaja. Jedenfalls besaßen Sie dies alles als Teil dieser Gesellschaft. Und Sie sind überzeugt, dass diese Gesellschaft ein wichtiger Motor unserer am Boden liegenden Wirtschaft sei. Warum pinkeln Sie dann Ihren Freunden an die Haustür?"
Petri kicherte. „Sehr gut, sehr gut, Herr Kommissar. Ihre Sprache gefällt mir. Hihihi. An die Haustür pinkeln. Der war gut."
Henschel fand seine eigenen Worte kaum lustig. „Beantworten Sie die verfluchte Frage!"
Petri tat, als würde er sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischen und wurde sofort wieder ernst. „Die hätten das mit Falcone nicht tun sollen."
Henschel stützte seinen Kopf auf beide Hände. „Sie machen es mir wirklich schwer, Sie überhaupt ernst nehmen zu können. Wollen Sie behaupten, der Mord an Giovanni Falcone wurde von hier aus organisiert?"
„Ach, Dottore, erzählen Sie doch nicht so einen Schwachsinn. Falcone wurde direkt von den scheiß Corleonesis umgelegt. Das Problem ist, ich bin Sizilianer. Ich komme aus Racalmuto. Meine ganze Familie lebt noch da, meine Frau, meine Kinder. Ich arbeite zwar hier, aber ich würde gerne nach Hause. Jetzt, wo dieser Idiot Riina den Richter hat umlegen lassen, läuft einen Haufen Mafiosi zur Polizei über und lässt sich als Kronzeugen registrieren …"
„Wer ist Riina?"
Petri machte eine weitere wegwerfende Handbewegung. „Ich sehe schon, Dottore, Sie wissen gar nichts über die Gesellschaft. Salvatore Totò Riina ist der capo dei capi, der Boss der Bosse. Wenn sie die Gesellschaft als Schattenstaat ansehen, dann wäre er sozusagen der Präsident. Nicht jeder ist mit der Politik des Präsidenten einverstanden. Anscheinend hat Riinas Schattenstaat vor wenigen Monaten dem echten Staat Italien den Krieg erklärt. Und weil viele unserer Mitglieder um ihr Leben und ihre Familien fürchten – ich glaube, es wäre besser, Riina einen Diktator zu nennen, denn er wendet seine Macht eben auch gegen die eigene Familie – ähm, Petri holte einmal Luft und versuchte kurz, seinen eben verlorenen Gesprächsfaden wieder zu finden. „Ähm, jedenfalls haben wir momentan so viele Pentitos wie noch nie.
„Was ist ein Pentito?"
„Ein Überläufer, ein Verräter, einer, der die Omertà – das ist unser Schweigegebot – bricht und sich an die Bullen verkauft."
„Also sind Sie ein Pentito?"
Es war erstaunlich, was dieses Wort bei Petri bewirkte. Zum ersten Mal konnte Henschel seinen Redefluss stoppen. Das Gesicht des kleinen Italieners verfinsterte sich, und er presste seine Lippen fest aufeinander. Sein Blick senkte sich auf die Finger seiner rechten Hand, die nervös auf der Tischplatte zu trommeln begannen. Dann richteten sich die bunt schillernden Augen für den Bruchteil einer Sekunde auf den Kommissar, und der Kopf zuckte in einer Art, die wohl ein Nicken darstellen sollte.
„Daher noch einmal meine ursprüngliche Frage. Warum tun Sie das?"
„Ich wollte es Ihnen gerade erklären, Herr Kommissar. Ich bin ein Teil dieser Gesellschaft, deren Macht sich überwiegend darauf stützt, dass die Menschen sie unterstützen oder ignorieren, aber vor allem darauf, dass die, die sie bekämpfen wollen, nichts über sie erfahren. Das ist ja das Prinzip einer Schattengesellschaft. Dieses Prinzip des Schweigens und Nichtwissens – also der Omertà – garantiert den Schutz eines jeden einzelnen Mitgliedes. Jetzt, wo hunderte unserer Mitglieder zu den Carabinieri gehen, müssen die, die der Gesellschaft die Treue halten, sich fragen, wann ein Spezialkommando ihnen die Tür eintritt. Ich bin oft daheim, aber die meiste Zeit meines Lebens verbringe ich hier. Die Dinge in Sizilien verändern sich gerade rasend schnell. Ich muss jedes Mal damit rechnen, dass sie mich auf dem Flughafen hochnehmen. Und wenn die rausbekommen, wer ich bin, dann gehe ich für den Rest meines Lebens in den Knast, wenn Riina das zulässt."
„Wie meinen Sie das, wenn Riina das zulässt?"
„Etliche Pentitos, oder solche, von denen Riina befürchtete, dass sie es werden könnten, haben nicht einmal die U-Haft überlebt."
Henschel zuckte mitleidlos mit den Schultern. „Ich schätze, dass das ein normales Risiko für das Mitglied einer Schattengesellschaft darstellt."
„Ich habe Familie, Dottore. Und auch wenn das für einen Deutschen, besonders einen deutschen Polizisten, schwer zu verstehen ist, ich liebe meine Frau, und ich liebe meine Kinder. In Italien werde ich über kurz oder lang festgenommen, da es nur wenige Wege ins Land gibt. Die Bosse dort können sich leicht in den Bergen verstecken, aber ich muss über einen Flughafen oder Hafen ins Land. Ich habe also die Wahl zwischen Knast oder Verrat. Werde ich in Italien zum Verräter, kann mich niemand schützen. Glauben Sie mir, ich stehe zwar nicht an der Spitze der Gesellschaft, aber hoch genug, damit Riina alles unternehmen würde, um mich aus dem Weg zu räumen. Hier ist das was anderes. Wir haben zwar in der Bundesrepublik, gerade im Osten, gut Fuß fassen können, aber hier gibt es noch Möglichkeiten für die Polizei, mir Schutz zu gewähren. Deswegen komme ich zu Ihnen."
„Sie wollen also in ein Zeugenschutzprogramm, um gegen diese ehrenwerte Gesellschaft auszusagen?"
„Richtig."
„Solche Zusagen kann ich Ihnen gar nicht geben. Dazu müssen wir einen Staatsanwalt heran- ziehen."
„Vergessen Sie das ganz schnell. Alle bedeutenden Staatsanwälte würden mich sofort an Don Tonino verraten."
„Wer ist denn jetzt Don Tonino?"
Petri warf zwei verschwörerische Blicke nach links und rechts, musterte für einen Moment den Wachtmeister, der in seiner sackähnlichen Uniform vor der Wand stand, in Wahrheit lehnte er sanft dagegen, und vergewisserte sich, dass sein Blick ehrliches Desinteresse ausdrückte. „Don Tonino ist der Capo hier vor Ort. Der Boss der Familie, die die Stadt in der Hand hat."
„Aha, sagte Henschel mit einer Stimme, die immer noch deutlich machte, dass er der gesamten Geschichte des Pentito misstraute. „Nun, egal, wie sie das sehen. Ich muss mich an bestimmte Protokollfragen halten. Ich weiß noch nicht, ob sie mir die Wahrheit erzählen oder einen gewaltigen Bären aufbinden wollen. Aber wenn ich Ihnen den Schutz des Staates versprechen soll, dann will ich ehrlich sein und muss das von einem Staatsanwalt genehmigen lassen.
Petri rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. „Kann ich eine rauchen?"
Henschel griff unter sein blaues Jackett und holte eine Schachtel Zigaretten hervor, aber Petri grinste schief und wedelte abwehrend mit der rechten Hand. „Danke für das Angebot, Herr Kommissar, aber ich habe meine eigenen. Diese Ostblockstengel kann ich nicht rauchen."
Er holte eine Packung Pall Mall hervor, zündete sich eine an und blies blauen Rauch an die im Dunkel liegende Decke. „Ich denke, ich kann Ihnen trauen, Herr Kommissar. Aber ich traue deswegen noch niemandem, dem Sie trauen. Sie wussten bis eben nichts von der Gesellschaft, und Sie wissen definitiv nicht, wer von Ihren Vorgesetzten und den Kollegen in der Justiz von uns gekauft wurde. Nein, nein, da könnte ich mir gleich ein Säurebad einlassen."
Henschel legte seine Schachtel auf den Tisch, zog sich auch sorgsam eine Zigarette heraus und zuckte mit den Schultern, während er sie anzündete. „Mir sind da die Hände gebunden. Sie kennen doch den Ruf der Deutschen. Sture, unflexible