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Dialoge im Geiste Hutten's
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eBook76 Seiten59 Minuten

Dialoge im Geiste Hutten's

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Über dieses E-Book

In "Dialoge im Geiste Hutten's" verwebt Oskar Panizza in meisterhafter Prosa philosophische und literarische Dialoge, die sowohl die zeitgenössischen gesellschaftlichen Normen als auch die spirituellen Dilemmas seiner Zeit reflektieren. Inspiriert von Ulrich von Hutten, einem Wegbereiter der deutschen Reformation, entführt Panizza den Leser in eine Welt voller Konflikte zwischen geistigem und weltlichem Denken. Sein literarischer Stil ist geprägt von scharfer Ironie und pointierten Wortspielen, die die Ernsthaftigkeit der behandelten Themen nicht schmälern, sondern vielmehr bereichern und zur kritischen Auseinandersetzung anregen. Oskar Panizza, ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker des späten 19. Jahrhunderts, war bekannt für seine unkonventionellen Ansichten und seine Provokationen, die oft in Konflikt mit den gesellschaftlichen Konventionen der Kaiserzeit gerieten. In einem Ambiente des aufkommenden Modernismus und der gesellschaftlichen Umbrüche ließ Panizza sich von der freiheitlichen Denkweise hutten’s inspirieren, was sich in der faszinierenden Auseinandersetzung mit Themen wie Religion, Identität und der menschlichen Existenz in seinen Dialogen niederschlägt. Dieses Buch ist eine unerlässliche Lektüre für alle, die sich für die Wechselwirkungen von Literatur, Philosophie und gesellschaftlicher Kritik interessieren. Panizzas tiefgründige und oft herausfordernde Argumentationen bieten sowohl Anregungen zur Reflexion als auch zur Diskussion, was den Leser ermutigt, die kulturellen und gesellschaftlichen Normen seiner eigenen Zeit zu hinterfragen.
SpracheDeutsch
HerausgeberSharp Ink
Erscheinungsdatum11. Nov. 2017
ISBN9788028252199
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    Buchvorschau

    Dialoge im Geiste Hutten's - Oskar Panizza

    Vorwort

    Inhaltsverzeichnis

    Auch dies ist ein Gefängnisbüchlein¹. Und auch hier will ich, wiewol ich jezt vielleicht Manches zu ändern geneigt wäre, nichts ändern, damit man einmal sehe, wie sich unser herliches Deutschland, in dem sich gerade jezt die unglaublichsten Bewegungen gegenseitig konterminiren, vom Gefängnis aus ausnimt, und in den Augen eines Deutschen, der gerade seines Deutschtums halber – seiner Ideen wegen – in's Gefängnis kam.

    Zürich, 27ten April 1897.

    Oskar Panizza.


    Fußnoten

    1 Siehe: Vorrede zu »Ein Jahr Gefängnis«. Zürich, J. Schabelitz, 1897.

    Zueignung

    Inhaltsverzeichnis

    Nimm Deutschland diese wen'gen Blätter

    – ich rufe Dich als Muse an,

    denn Gott und alle andern Götter

    sind heute für uns abgetan.

    Ein Hutten konte seinem Kaiser

    noch offenbar'n sein Herzeleid;

    kein Dichter würd' es heut', kein Weiser,

    kein Deutscher sich's getrauen heut':

    Wir sind verwundet bis zur Fiber

    – getrieben hat man es zu bunt –

    Ergriffen sind wir All' vom Fieber,

    getreten Alle wie ein Hund ...

    Nimm's nicht als Unglük, als Verhängnis,

    wenn Dich beleidigt dies und das,

    ich komme grad' aus dem Gefängnis,

    und meine Wimper ist noch naß.

    Regensburg, 8ten August, 1896.

    Erster Dialog.

    Ueber die Deutschen

    Inhaltsverzeichnis

    zwischen einem Optimisten und Peßimisten.

    OPTIMIST: ... Doch dürfen Sie nicht leugnen, daß die Deutschen im Aufsteigen begriffen sind!

    PESSIMIST: Ich weiß nicht – ich weiß nicht! – Es ist die Geschichte wie zwischen den Medern und Persern. Die Perser besiegten die Meder, und dann sagten die Meder, sie seien auch Perser, und die Perser sagten, sie seien auch Meder, und so schmolzen sie zusammen. Faktisch aber waren es Meder und Perser.

    OPTIMIST: Item – wenn sie nur vorwärts kommen.

    PESSIMIST: Ob sie vorwärts kommen, – ich weiß nicht. Ich meine, es ist zu spät.

    OPTIMIST: Wie so: zu spät?

    PESSIMIST: Meinen Sie, daß ein Volk, welches Jahrhunderte lang gefrondet wurde, und in der Fron sich wol befand, jemals aus eigenem Antrieb den Blik zum Himmel erheben werde, jemals den Kopf aufrecht tragen lernen werde? Daß aus Aegiptern jemals Römer werden?

    PESSIMIST: Was hilft es jezt noch, posteriore Betrachtungen anzustellen! Unsere Vergangenheit ist wahrhaftig nicht rühmenswert. Erfreuen wir uns des Errungenen und bliken nach Vorwärts. Haben wir nicht die Franzosen niedergeschlagen?

    PESSIMIST: Ja, in der Fron.

    OPTIMIST: In der Fron haben die Römer auch ihre Schlachten geschlagen.

    PESSIMIST: Ja, aber wenn sie nach Hause kamen, zogen sie auf den mons sacer, stürzten den Senat oder senkten ihre Dolche in die Brust Cäsars und kämpften für die Freiheit.

    OPTIMIST: Freiheit ist ein sehr abstrakter Begriff. Nicht für jede Nazion paßt sie, und nicht für jede Nazion in gleichem Maase. Deutschland, dieses trefliche Volk, dieses in der Sittigkeit den Anderen voranleuchtende Volk, begnügte sich immer mit einem bescheidenen Maas und gedieh.

    PESSIMIST: Davon red' ich ja: Deutschland befand sich immer wol in der Fron.

    OPTIMIST: Sind die Deutschen je ärger geknechtet worden, als die Franzosen unter Ludwig dem Vierzehnten?

    PESSIMIST: Ja, aber als es ihnen zu stark wurde, drehten sie den Spies um, köpften den König und errangen sich die Freiheit – – – und ...

    OPTIMIST: Und?

    PESSIMIST: Der nächste war dann vorsichtiger.

    OPTIMIST: Sie geben also implicite die Woltätigkeit einer monarchischen Regirungsform zu?

    PESSIMIST: Ich gebe implicite die Woltätigkeit einer monarchischen Regirungsform zu – wenn hinter dem Volk der Scharfrichter steht.

    OPTIMIST: Würde in einem solchen Fall – würde in diesem äußersten Fall – würde in einem solchen verzweiflungsvollen Fall – ich meine: käme es dazu, daß der Monarch, von allen guten Geistern verlaßen, frevelhaft in den Eingeweiden des Volkes wühlte – das heißt: geschähe es, ohne daß die Annahme eines göttlichen Strafgerichts das ganze Vorgehen in einem anderen Lichte erscheinen ließe – würde unter solchen exzepzionellen Umständen – die Gott verhüte – und wobei auch noch die Annahme einer Geistesstörung in dem erlauchten Haupte ausgeschloßen sein müßte – würde bei dem Zusammentreffen solcher ganz verzweifelter Bedingungen ...

    Wagt den Saz nicht zu Ende zu führen, schaut sich ängstlich um.

    PESSIMIST: Haben Sie keine Furcht! – Hier hört Sie Niemand! – Auch brächte aus Ihrem Perjoden- Bandwurm kein Henker auch nur den Schwanz eines dolus eventualis zusammen ... Hier liegt der einzige Wert der deutschen Sintax ...

    OPTIMIST vollendet: ... würde sich nicht auch hier ein deutscher Danton finden?

    PESSIMIST: Bis jezt haben die Deutschen vom Köpfen leider immer nur die paßive Form: das Geköpft-Werden kennen gelernt.

    OPTIMIST: Aber kam es auch hier zu solchen Ausbrüchen frevelhaften Uebermutes wie unter den französischen Ludwigen?

    PESSIMIST: Was? Soll ich Ihnen einen Exkurs aus der deutschen Geschichte geben? Kennen Sie nicht die schönen Studien »Versailles in Deutschland?« Nicht die lieblichen Fürstenhengste August der Starke, Herzog Carl von Würtemberg, Markgraf Alexander von Ansbach, und wie sie alle heißen? Kennen Sie nicht die Jagdgebiete der Aurora von Königsmark, der Franziska von Hohenheim, Lady Craven und anderer, wo die aufgestöberten, im Nez hängen gebliebenen deutschen Bürger froh sein mußten, wenn nicht den Kopf zu verlieren, auf ewige Zeiten in finstere Kerker zu wandern? Wußten Sie, daß damals auf Gedanken Totesstrafe stand? Und die Bürgerinnen, – wißen Sie nicht, daß sie sich glücklich schäzen

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