Das Lächeln des Mondes: basierend auf einer wahren Geschichte
Von Klaus Zambiasi
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Buchvorschau
Das Lächeln des Mondes - Klaus Zambiasi
Die Fernsehnachrichten
Die Wanduhr zeigt die Uhrzeit an, es ist soeben 20:03 Uhr. An einem frischen Aprilabend im Jahr 1970. Auf dem Kühlschrank der Dorfkneipe steht ein großer Fernsehapparat, auf schwarz/weißem Bild sendet der erste Kanal gerade das Abendjournal.
Paul McCartney hat es vor kurzem in einer unheimlich vollen und mikrofonreichen Pressekonferenz bekannt gegeben, Millionen von Fans auf der ganzen Welt sind schockiert und verunsichert, die Beatles trennen sich.
In allen nationalen und internationalen Fernsehjournals ist das die erste Nachricht, verrückte Szenen von Menschen in jedem Alter, sie können es nicht erleiden, die rasche Trennung ihrer Idole, das Ende ihrer
Musikband. In der Kneipe herrscht ein dichter Rauch, an der Wand so manches Stilllebengemälde, ein älterer Mann mit weißem Bart genießt in Ruhe seine Pfeife, man könnte meinen er wäre ein Seemann. Nur, gerade in einem kleinen Dorf inmitten der Dolomitengebirge klingt das ein bisschen komisch. Er freut sich über den Sieg der Fußballmannschaft seiner Heimatstadt Cagliari mit Gigi Riva. Sie werden bald zum ersten Mal in der Geschichte Meister werden. Auf dem Stammtisch der
„Ewigen" wird heftig Karten gespielt, jeder mit seinem
Glas Rotwein daneben.
Es schleicht sich ein unheimliches und abstraktes Gefühl um die Stühle im Lokal, so manche Väter gehen langsam nach Hause zu deren Familie.
Das 20:00 Uhr Abendjournal berichtet auch über das amerikanische Raumschiff Apollo 13, welches von der Raumstation Cape Canaveral in Florida Richtung Mond gestartet war. Als sie einmal in der Umlaufbahn im Weltall sind, gibt es einige technische Probleme bei der Mondlandung, es kann daher unmöglich auf dem Mond landen.
Die Welt verfolgt mit angehaltenem Atem auch dieses Ereignis, welches im Fernseher weltweit ausgestrahlt wird. Es scheint, als ob die drei Astronauten aus dem Weltall nicht mehr zurück auf die Erde zurückkehren könnten, sie riskieren ein unheimliches Ende, verfolgt auf der ganzen Welt, sollte es ihnen jetzt nicht gelingen, die Havarien an Bord zeitlich zu reparieren und im Atlantischen Ozean zu landen.
Wahrscheinlich muss es eine komische und speziell kontroverse Konstellation der Sterne im Himmel diesen Aprils geben, so etwas ähnliches muss sich auch Herr Remo gedacht haben, sobald man ihm erzählt, was bei ihm zu Hause an diesem Abend passiert war.
Wie üblich war er dort in der Kneipe gewesen um mit seinen Freunden Karten zu spielen, ja auf so manche Väter wartete man zuhause beim Abendmahl in der eigenen Familie, aber man weiß wie diese Sachen vor sich gehen. Noch ein letztes Spiel, dann noch eins, die Revanche, das Finale… und so vergeht die Zeit im Nu. Solange ihn die Nachricht nicht erreicht hatte, ging es ihm gut in diesem Kontext, dann der Schock...
Es fehlen ihm die Kraft und der Mut nach Hause zu gehen, er kann nicht ahnen was ihn zuhause erwarten wird, so etwas kann er sich gar nicht einmal vorstellen.
Einer seiner besten Freunde ladet ihn bei sich daheim ein und empfiehlt ihm, er soll eine oder mehrere Nächte dort schlafen. Remo akzeptiert die Einladung sehr gerne, man weiss ja, bei Freunden kann man sich gut verbergen und trösten lassen in schwierigen Momenten wie diesen.
Wenig fern von hier herrscht ein großer Auflauf, eine gewisse Konfusion, keiner versteht was passiert ist, nur blaue und rote blinkende Lichter sind in der Nacht zu sehen. Ein weißer Mantel schleicht durch die Menge, wie ein Zuschauer bleibt er stehen und fragt sich, ob er besser verschwinden oder sich seinem Gewissen stellen und sich ergeben soll. Eine ältere Frau bangt um ein Leben, verzweifelt versucht sie ihrer jungen Tochter erste Hilfe zu leisten; während ein junges Leben zu Ende geht.
4 Jahre und 90 Tage später...
Unser kleines Haus
Tränen sind Sternschnuppen, gefallen von einem versteckten Universum, von unserer Seele.
Man weint selten vor Freude, öfters aus Trauer, löst jedoch dabei starke Emotionen von sich selbst.
Manchmal ist es mir vorgekommen, zwei gegenwärtige gegensätzliche Gefühle gleichzeitig zu empfinden, ich weinte und mir kam zu lachen, das Weinen mochte nicht aufhören auch wenn ich es wollte, so stark war das Bedürfnis zu weinen. Ich wollte meinen Freunden der Kindheit erklären, es sei nichts passiert, jedoch mit dem Schluckauf musste ich lachen.
Mein Name ist Joe, der Kleinste in der Familie mit knappen 4 Jahren, gemütlich sitze ich auf dem Balkon und bewundere intensiv die Sterne im Himmel, in dieser Sommernacht im August, so intensiv und glänzend sind sie, gekleidet im Kobaltblau.
Hier in den Bergen auf rund 1000 Metern Höhe ist ein solches Szenarium bezaubernd, mir kommt es vor als ob ich die Sterne mit den Händen pflücken könnte, so sehr glänzen diese. Das sanfte Licht des Vollmondes streichelt den Schlern. Ich rieche eine leichte aber konstante Brise des frisch gemähten und am Tag auf den Feldern unter der heißen Sonne getrockneten Grases. Ein magischer Hauch der von frei und wild sein erzählt, ich glaube mit diesem Geruch kann man relaxen und regenerieren gleichzeitig, bei mir hat das auch therapeutische Auswirkungen.
Hoch oben links steht der Kirchturm mit seinem Zwiebelturm, Wahrzeichen unseres Dorfes, in der Weite laden mich die Lichter ins Dorf ein, die Musik des Festes verbreitet sich im Dunkeln der Nacht, mischt sich mit dem Singen der Heuschrecken und der Zikaden auf den offenen Feldern.
Dieses „Cri cri, cri cri" der Heuschrecken auf den Feldern im Sommerabend, speziell in der Nacht; ich liebe es sehr, es verleiht mir Ruhe und inneren Frieden. Hört sich an wie ein Konzert im Freien, die Natur teilt uns mit, dass es ihr gut geht und so auch mir in Harmonie mit ihr. Ein schönes Gefühl von Freiheit und Abenteuer, sodass ich gerne auf dem Feld unter den Sternen schlafen möchte. Im Moment glaube ich diesen Wunsch auf ein anderes Mal zu verschieben...
Höre schon die Schritte von meiner Mutter Barbara kommen, das Knistern von trockenem und altem gebrauchten Holz des Balkons verrät es mir im voraus...
«Komm, es ist Zeit schlafen zu gehen.»
«Ja ist gut, noch 5 Minuten, schauen wir zusammen den Mond und die Sterne an.»
«Komm her, setzt dich auf meinen Schoß» und schon bekomme ich eine intensive Umarmung
„Cheek to Cheek" mit ihren feinen und weichen Wangen.
Barbara ist eine liebe und gute Mutter, mit weichen
Wangen wie meine Oma. Sie liebt Kinder sehr und hat eine besondere Gabe für sie, die Liebe einer Mutter interpretiert sie ganz perfekt. Wenn ich in ihren Armen bin, fühle ich mich umwickelt wie von einer warmen Decke und brauche nichts mehr.
Eine Umarmung hat oft mehr Wirkung als viele
Worte oder manche Medizin, sie kann dich erschüttern und kann dir innere Ruhe geben, hängt nur von deinem Status ab, von dem was deine Seele benötigt.
Ich lebe mit meiner Familie auf einem kleinen
Bauernhof in den Bergen am Fuße des Schlerns. Wir haben verschiedene Tiere wie Kühe, Schafe, zwei Pferde,
Hasen, Hühner, um die sich alle mein Vater Karl kümmert.
Hier in Kastelruth verläuft das Leben regulär in völliger Symbiose mit der Natur, die den Rhythmus und die Tage prägt. In der Früh geht die Sonne ganz in der Nähe des Schlerns auf, versteckt sich hin und wieder hinter seinen Gipfeln und zeigt sich dann endgültig mit ganzer Strahlung dem Tal. Am Abend stirbt der Tag langsam und der Sonnenuntergang ist unendlich lang, bis sich die Sonne hinter dem weiten langen Gebirge im Himmel über Bozen und Meran zur Ruhe legt.
Ich habe einen Bruder, er heißt Oswald und ist 7
Jahre jung und eine Schwester, Waltraud, die mit 10
Jahren die Größte von uns ist.
Wenn Oswald und Waltraud von der Schule zurück kommen, spielen wir nach den Hausaufgaben oft zusammen, er ist ein bisschen mein Beschützer.
Waltraud kümmert sich um mich wie eine zweite
Mutter, sie hilft unserer Mutter Barbara viel zuhause sowie Oswald unserem Vater Karl im Stall mit dem Vieh.
Um ehrlich zu sein helfe ich auch mit, nur aus Spass das versteht sich. Ich mache viele Fragen und bin sehr neugierig und fasziniert von dieser Bauernwelt. Gerade vor ein paar Tagen habe ich Oswald geholfen das Heu vom Stadel hinunter in den Stall zu werfen, durch einen kleinen Schacht bin ich selbst mit hinunter gefallen, 3
Meter tief, in der Krippe, wo die Kühe fressen, bin ich gelandet. Die Rinder kauten ungestört ihr Heu, haben mich jedoch überrascht beobachtet.
In den Sommermonaten, wie jetzt im August, verbringen wir ganze Tage auf den Feldern das Heu für den Winter zu sammeln. Am meisten unterhalte ich mich beim Überspringen der Heureihen wie ein junges Fohlen. Spiele oft mit den kleinen Fröschen, die ich auf dem Feld finde und manchmal fange und nach Hause in unseren Garten bringe, die jedoch am Tag danach immer wieder den Weg in die Freiheit finden. Eine große Unterhaltung ist auch Karl mit der Mähmaschine zu folgen, ihn und den Lärm der Maschine nachzuahmen, den Geruch von Benzin zu riechen, er sieht fast aus wie Orangensirup.
Mutter Barbara kann es schließlich bald nicht mehr aushalten von meiner Nachahmung der Mähmaschine:
«Wann wirst du das endlich lassen mit diesem „Gnu
Gnu, Gnu Gnu", hör bitte einmal auf damit.»
Dann tut es mir leid, dass ich sie zu viel belästigt habe, so mach ich es nur mehr ganz leise wie ein Pantomime weiter.
Unser Haus ist sehr einfach, ein bisschen alt, aber wie diese kleinen Häuschen, die man aus den Märchen kennt, ja so wie bei Hänsel und Gretel ungefähr. Mit einem Balkon mit Aussicht auf die grünen Felder, es befindet sich in der Nähe von einer kleinen Kirche und einer Kreuzung von einigen Wegen mit weißen Kieselsteinen. Ja man kann es auch den Hauptplatz oder das Zentrum von unserem Dorf nennen.
Für uns Kinder ist das der Ort, wo wir uns treffen und spielen können. Die bewohnten Häuser liegen alle unmittelbar in der Nähe, beim Nachbarn wohnen sogar 7 oder 8 Kinder, zusammen werden wir an die dreißig
Kindern sein.
Der Heustadel und der Stall sind circa fünfhundert Meter entfernt, am Haus gelegen haben wir unseren Gemüsegarten mit vielen herrlichen Blumen und Sonnenblumen die von Mutter Barbara mit Sorgfalt gepflegt werden. Außerdem haben wir einen kleinen Bach, wo das Spielen richtig Spaß macht, jedesmal wenn ich vorbeigehe, würde ich am liebsten das ganze frische Wasser trinken oder von der Holzbrücke gleich hinein springen.
Man kann ihn schon mit offenem Fenster hören, eine schöne Melodie für das Ohr und ein angenehmer Geruch für die Nase, besonders frühmorgens und bei Abenddämmerung.
Den frühen Morgennebel zu beobachten, wie er sich langsam vom Tal am Fuße des Schlerns in die Höhe zieht, sobald die Sonne kommt, wie ein Vorhang eines Theaters sobald die Vorstellung beginnt.
So eine Landschaft bietet eine Reihe von Orten wo man spielen kann, die eigene Kreativität zu wecken, entwickeln lassen und mit Fantasie leben. So auch unser Kirchturm, er ist das sogenannte Hauptquartier für uns Kinder, seit längerer Zeit ist er verlassen, das ist aus unserer Seite kein Problem. Wir können die Treppen emporsteigen und eine schöne Aussicht genießen oder uns in ihm verstecken.
Wir sind ziemlich arm, aber wir machen mit der Landwirtschaft weiter, wir leben vom Verkauf der Milch, ab und an vom Verkauf eines Viehes.
Aber das Geld reicht nicht um für alle zu versorgen, deshalb nimmt unsere Mutter Barbara einige kleine Kinder verschiedenen Alters zu sich auf und verpflegt sie für einige Wochen oder Monate, hauptsächlich in der Sommerzeit.
Kinder, die eine vorübergehende Unterkunft brauchen oder in Sommerfrische bei uns sind, die meisten jedoch mit Problemen in der eigenen Familie, wenn sie überhaupt eine Familie haben. Hier finden sie Geborgenheit und hauptsächlich liebevolle Zuneigung, das was sie am meisten vermissen, in der Hoffnung die Situation in der eigenen Familie verbessert sich oder sie warten auf eine Herberge. Man kann es auch als „Depot für verlorene Pakete" interpretieren, ein Warten auf eine definitive Destination.
Ich erinnere mich an das vorige Jahr, an ein kleines blondes Mädchen, das Eva hieß. Sie war eine Zeit lang bei