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Tanzen wird sie, erst einmal.
Tanzen wird sie, erst einmal.
Tanzen wird sie, erst einmal.
eBook133 Seiten1 Stunde

Tanzen wird sie, erst einmal.

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Über dieses E-Book

Eine Geschichte aus der Zukunft? Vielleicht. Nur: Die Zukunft ist schon da. So erfährt es S., deren Namen wir ebenso wenig kennen wie sie selbst.
«Sie gab sich nie einen Namen und hatte vergessen, woher sie kam.
In ihr war alles leer. Erinnerung, Gedächtnis, Wunschkammern. Wissensspeicher, Vorstellungen, Identität. Keine Aussicht auf Bekanntes. Weder rückwärts noch vorwärts. Sie würde sich einfinden müssen in diesen Moment. Von da ausgehen.
Eine Heiterkeit hatte sie ergriffen am Tag der Löschung. Wann war das? Sie wusste es nicht. (…) Es war Frühling. Er überstrahlte den Winter wie nie zuvor.»
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum12. Apr. 2019
ISBN9783748258407
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    Buchvorschau

    Tanzen wird sie, erst einmal. - Eveline Blum

    00

    Dies ist die Geschichte von S. Wir kennen sie nicht, nicht einmal ihren Namen. Schon wollte ich sie Sophia nennen, doch das wäre zu früh. Wo keiner weiss, wer sie war und ist. Sie gab sich nie einen Namen und hatte vergessen, woher sie kam.

    In ihr war alles leer. Erinnerung, Gedächtnis, Wunschkammern. Wissensspeicher, Vorstellungen, Identität. Keine Aussicht auf Bekanntes. Weder rückwärts noch vorwärts. Sie würde sich einfinden müssen in diesen Moment. Von da ausgehen.

    Eine Heiterkeit hatte sie ergriffen am Tag der Löschung. Wann war das? Sie wusste es nicht. Fühlte sich schwerelos, während ihre Füsse sich mit jedem Schritt neu an den Boden anschmiegten. Erde aufsaugen, sich niederlassen. Sie hatte keine Ahnung, was zu tun war nach dem RESET; begab sich auf lange Spaziergänge. Ohne Ziel. Nur gehen. Füsse aufsetzen, atmen. Es war Frühling. Er überstrahlte den Winter wie nie zuvor. Eine kindliche Lust zu entdecken trieb sie an. Als ob sie noch nichts von dieser Welt je gesehen, neue Augen bekommen hätte. Ein neues Gesicht. Tagelang rief niemand an. Kein sms, keine Email. Als ob sie nicht da wäre. Sie niemand kennen würde.

    Wie würde es weitergehen? Was war zu tun? Wurde sie irgendwo gebraucht? War sie in einer Parallelwelt gelandet? Einer Zwischenwelt? Sie schob die Fragen weg. Das war nicht ihr Weg. Antworten suchen, nein. Fraglos bleiben. Wunsch- und fraglos.

    Plötzlich wusste sie: «Auf diesen Moment habe ich gewartet. Ein Leben lang. Viele Leben lang.» Sie dachte es ohne Groll. Ohne Reue. Ohne jedes Gefühl. Nein, das war nicht verschwendete Zeit gewesen. Nur eine andere.

    Ein Kind kommt ihr entgegen. Knapp zwei Jahre alt. Kann noch kaum laufen und rennt wie ein Weltmeister hinter dem Ball her. Ein Mädchen. Sein strohblondes Haar ebenso unbändig wie der Juchzer, den es ausstösst, stürmt es vorwärts, sich dem roten Ball entgegen werfend. Ups. Hingefallen. Über die eigenen Füsse gestolpert. Soll sie jetzt weinen? Ein bisschen schniefen erst mal, doch die Mutter erinnert den Code. «Uppala!», ruft sie dem Kind zu. Und es versteht. Uppala. Da ist nichts.

    Die alte Frau lächelt nur kurz, dann gleitet ihr Blick zurück zum Rollator, auf den sie sich stützt. Die Füsse in Zeitlupe, mit höchster Konzentration aufsetzend, einer nach dem anderen, als ob sie aus Porzellan wären, geht sie voran. Nur nicht fallen. Sie wird das hier durchziehen. Einmal hin und dann zurück. Nur zweihundert Meter, aber die. Ihre stahlblauen Augen ebenso nach innen wie nach aussen gerichtet. Sie geht auf der Grenze.

    Der Boden ist noch feucht vom Regen. Kühl. «Ich werde ich», denkt S. «Bin so nah wie noch nie.» Also doch eine Erinnerung? Nein. Eher eine Erfahrung von neu. Neu sein und neu fühlen. Auch das Denken eine Art Fühlen. «Ich will alles sehen. Gehe dem entgegen, diesem alles. ICH BIN ALLES. Du, du und du. Baum, Giersch, Brennessel, Hase und Fuchs. Reh, Stier und Maus. Glückskäfer, Engerling, Raupe, Schmetterling. Tanne, Wüste, Savanne. Mein Nachbar, alle Tanten und Kusinen, Mutter, Vater, Grosseltern, Neffen, Nichten, Onkel. Ich sie. Sie ich.»

    Am Boden sitzen im Wald, angelehnt an eine Tanne. Sonne im Gesicht. Füsse auf warmem Moos. Wie von Zauberhand bewegt, beginnt sich der Blick zu weiten. Die Gefässe gehen mit. Blutgefässe, Energiebahnen, Zellen, Zellzwischenräume. Alles wird weit. Damit die Freude Platz hat. Sie strömt und pulsiert, fährt feurig durch S. hindurch. Die Ekstase kommt unerwartet. Sie beginnt zu singen. Leise nur, vergnügt. Egal wie es klingt. Es will tönen, schwingen, aus ihr heraus, ins Irgendwo.

    01

    Da. Etwas Hartes fällt ihr auf den Kopf. Präzis. Sie hat eben etwas Bestimmtes gedacht. «Was war das?», fragt sich S. Sie kann nichts erkennen. Kein Geschoss, keine Baumfrucht, kein Stein. Nichts, was sie am Kopf getroffen haben könnte. Auch den Gedanken kann sie nicht erinnern.

    Sie geht weiter. Nicht grübeln. Gehen. Die Wiese noch feucht vom Regen. Ihre nackten Füsse mögen das. Sie werden weich und breit. Öffnen sich. S. spürt, wie sie sich in dieses offene Gefäss hinein niederlässt. Bei jedem Schritt ein bisschen mehr. Das Gras angenehm kühl. Sonne.

    02

    «Jede Zeile eine Meile. Jede Zelle eine Welle. Yes. Das ist nicht so einfach zu essen.

    Du bist nicht einsam. Du bist ein Same im Nichts. Ein genialer Same in Allem. Du kannst dich nicht selbst gross ziehen. Es gibt nichts zu ziehen. Nur hineinwachsen ins Dunkle; den Funken werden lassen. Ein Licht sein kannst du auch nicht. Du bist es schon. Es gibt nichts zu können. Streng dich nicht mehr an. Lass es sein. Lass dich sein. Öffne dich einfach ein bisschen, wenn du magst. Auch das ohne Anstrengung. Du bringst es noch fertig, dich beim Öffnen anzustrengen, ja? Macht nichts. Ist einfach nicht nötig. Bleib so leicht wie möglich und sieh das Schwere. Schau es dir an. Das reicht. Tanze ein bisschen. Und wiege dich in deiner dunklen Hülle. Lass den Samen spriessen. Lass ihn dabei in Ruhe.

    Das andere Leben ist schon da. Tausend Leben sind da. Du kannst auch ein bisschen springen, von einem ins andere. Ausprobieren. Stell dir einfach vor, da oder dort zu sein. So bist du auch schon da, wo du sein möchtest. Immer. Sogar wenn es weh tut. Du wolltest es so. Ja. Du wolltest es so.

    Und jetzt willst du etwas anderes. Geh da hin. Sei da. Hol dir was du willst, bring es hierher. In diesen Moment. In diesen Körper. Fühle, wie es schon da ist. Dann kommt es vielleicht auch von aussen. Vielleicht auch nicht. Du brauchst es nicht mehr, weil du es schon hast. Genauso geht Heilung.

    Das ist aufregend neu. Unglaublich für den Verstand. Glaube ein bisschen, was du willst. Das macht mehr Spass als dich zu fragen, was du glauben solltest. Oder was nun richtig sei.

    Du bist schon sooooooooooo lange unterwegs. Hast schon sooooooooo viel erfahren. Jetzt kannst du dich zurücklehnen. Du bist sicher. Wir sind bei dir. Und wir lieben es, wenn du lachst, wir wünschen dir so sehr, dass du unsere Freude spürst. Feiere dich. Du bist ein Held. Nicht der einzige, aber auch einer. (Hihi!) Ein Held, der auch mal Fehler macht. Ja, das geht. Eine Heldin, um genau zu sein. Das ist ein Held, der auch mal Fehler macht und dabei lächelt.

    Also, liebe Heldin. Geniesse diesen Tag!»

    03

    Einen Schritt tun. Ohne Ziel. Ohne Hast. Die Zehen lang werden lassen. Das Gesäss breit. Noch ein Schritt. Und noch einer.

    Die Äpfel vom letzten Herbst schrumpeln vor sich hin. Vögel singen ungeniert. Das Mädchen ist ein Junge. Er darf nicht aufs Rad ohne Schuhe. Bleibt stehen. Keinen Schritt will er gehen. Fahren! Oder Schreien.

    S. ist so frei und setzt sich mit ihrem Eis auf die Bank neben dem Spielplatz. Sie hat sich Käse gekauft. Ein Eis und Salami. Hat mit dem Italiener gesprochen, der pfeifend aus dem Hinterzimmer in den Laden kam, um sie – weiter pfeifend – zu bedienen. Er lebt in einer eigenen Zeit. Hat Zeit. Sein Laden ist eine Ansammlung von Köstlichkeiten. Feinschmecker-Waren. Oliven, Käse, Mozzarella, Salami, eingelegte Auberginen, Nougat, Gasparini Glacestängel, Teigwaren, Weine,

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