Verlockender Traum
Von A. Kaiden
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Über dieses E-Book
A. Kaiden
A. Kaiden wurde 1985 in Landau geboren. Sie absolvierte nach Beenden der Hauptschule, die Berufsfachschule der Fachrichtung Wirtschaft und erlangte 2007 die Fachhochschulreife. Hauptberuflich ist Sie als Sachbearbeiterin im Bereich Treasury tätig. Ihre Leidenschaft gilt dem Schreiben von Jugendliteratur und Belletristik für Erwachsene. Bisher hat Sie fünf Romane in den Bereichen Fantasy. Grusel. Horror und Mystery veröffentlicht. Unter Ihren Freunden ist Sie liebevoll als Kaffee- und Keksjunkie bekannt. Sie liebt es, durch das Schreiben in andere Welten einzutauchen und hofft, auch den Lesern dieses Gefühl und die Freude vermitteln zu können.
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Verlockender Traum - A. Kaiden
Verlockender Traum
Von A. Kaiden
Erschienen im Januar 2016
3. Auflage: Oktober 2020
Copyright by A. Kaiden, Alexandra Kraus
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, Internet, auch einzelner Teile Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin A. Kaiden
Umschlagsillustration: Torsten Sohrmann von Buchgewand
Besuchen Sie mich in Facebook, Instagram, YouTube oder auf meiner Homepage www.a-kaiden.de
Widmung
Für meine Familie und Freunde,
Die mich durch die schwere Zeit vor, während und nach der Operation begleitet haben. Vielen Dank für eure Unterstützung, euren Zuspruch und eure Geduld. Durch euch konnte ich Kraft schöpfen und fand die Energie, weiter zu machen. Ohne euch wäre die Novelle noch nicht erschienen.
Ich danke euch von ganzem Herzen.
Kapitel 1: Genug ist genug!
In der ganzen Wohnung roch es nach Schimmel. Die üppigen und billigen Möbelstücke, sofern man sie noch als solche bezeichnen konnte, waren übersät mit etlichen Kratzern, Schmier- und Verfallsspuren. Auf dem Fußboden türmten sich riesige Abfallberge und er konnte nicht einen einzigen Schritt tun, ohne auf einen der Müllberge zu treten. In dem Raum, der das Wohnzimmer in der kleinen schäbigen Zweizimmerwohnung darstellen sollte, und in der Küche stapelte sich dreckiges Geschirr der letzten Monate. Alte Essensreste bezeugten mit einem beißenden Gestank ihre Ungenießbarkeit. Besucher würden es hier nicht lange aushalten, jedoch kamen für gewöhnlich keine Gäste, sodass sich dieses Problem nicht ergab.
Er hingegen hatte sich bereits an den Chaoszustand gewöhnt und abgesehen davon war er nie länger zu Hause als unbedingt notwendig. Er hasste diese billige Mietwohnung und er verabscheute sein kleines Zimmer, das eher einer Abstellkammer glich, weshalb er nicht selten lieber auf einer Parkbank schlief.
Hastig kramte er ein paar halbwegs saubere Unterhosen und, bisher nicht allzu oft getragene Kleidungsstücke, zu denen ausgeleierte T-Shirts und viel zu weite Stoffhosen gehörten, zusammen. Er, das war Kyros Loire, ein siebzehnjähriger, normal proportionierter Jugendlicher mit aschblonden, hüftlangen Haaren, die er immer zu einem Pferdeschwanz zusammenband und diesen dann wiederum in drei geflochtene Zöpfe unterteilte. Er hatte so große, hellblaue Augen, dass man meinen konnte, den Himmel darin zu sehen. Kyros kam ganz nach seiner Mutter und wäre trotz des schlechten Rufes ein absoluter Mädchenschwarm gewesen, wenn er eine annähernd anständige Frisur und nicht den mickrigen Schnurrbart hätte, der ihn nur allzu sehr nach einem Kiffer aussehen ließ. Jedoch legte er darauf keinen Wert und würde er seinen Stil ändern, so würde er nicht mehr gegen den Strom schwimmen, sondern die Ansprüche der Gesellschaft erfüllen. Dann wäre er wie alle anderen in dem mickrigen und voreingenommenen Dorf. Er verfluchte diese Art Stereotyp – bloß nicht auffallen und aus der Reihe tanzen. Nein, so wollte er auf keinen Fall werden. Außerdem mochte er sich wie er war. Und da die Leute ihn wegen seines heruntergekommenen Äußeren für einen absoluten und hoffnungslosen Versager hielten, genau wie seinen nichtsnutzigen Vater, machte es ihm immer wieder Freude, ihre Annahmen mehr und mehr zu zerstören, indem er zuerst die Hauptschule und danach die Berufsfachschule als einer der Klassenbesten gemeistert und es jetzt sogar auf das Wirtschaftsgymnasium geschafft hatte. Kyros würde ihre dummen und selbstgefälligen Erwartungen stückweise zerstören, sodass sie an ihrem gehässigen Dorfgeschwätz ersticken sollten. Er würde nicht als abtrünniger Loser enden und schon gar nicht wie sein trunksüchtiger Vater werden – niemals!
Mit diesen Gedanken, die er jeden Tag mindestens einmal hegte und von denen er sogar nachts in seinen Träumen heimgesucht wurde, stopfte er alles Mögliche durcheinander in den zerrissenen und gänzlich speckigen Rucksack. Dabei fiel ihm ein kleines Messer mit rot-blauem Griff in die Hände. Lange betrachtete Kyros nachdenklich die scharfe Klinge. Wie oft schon hatte er den Gedanken gehegt, seinen Vater damit endgültig zum Schweigen zu bringen, wenn dieser über den Durst trank und ihn dann als Folge grün und blau schlug? Jedoch hatte er es nie getan, sondern den erfrischenden Gedanken immer schnell beiseitegeschoben. Wieso sollte er es auch tun? Für einen kleinen Anflug von Erleichterung oder Genugtuung? Nur um dann umso tiefer in die dunkle, alles fressende Verzweiflung und Ausweglosigkeit zu stürzen? Um als Folge seiner Gegenwehr in das Gefängnis zu wandern? So würde er doch nur die Vorurteile und Wünsche der sensationssüchtigen Dorfbewohner schüren, die sich, nach so einem sensationellen Ereignis sehnend, ihre schmutzigen Finger leckten.
Auch dieses Mal, als sein Blick auf seinen braun gebrannten Arm mit den blauen Flecken fiel, stellte er sich vor, wie es wäre, endlich einmal zurückzuschlagen und sich nicht alles gefallen zu lassen. Ein berauschendes Prickeln durchlief seinen Körper und lies ihn für einen kurzen Moment schweben, jedoch verwarf er den Gedanken schnell wieder und steckte das Taschenmesser stattdessen in seinen alten Rucksack. Danach riss er eilig an dem klemmenden Verschluss. Er wollte nur noch so schnell wie möglich weg von hier und dieses Drecksloch, das ihm die Luft zum Atmen nahm, hinter sich lassen.
In diesem Moment wurde die Wohnzimmertür polternd aufgeschlagen. Kyros zuckte zusammen und verharrte in seiner Bewegung. Er war zu langsam gewesen und verfluchte sich dafür. Reglos stand er da und hörte, wie Möbel umgeworfen wurden und zerbrechliche Gegenstände klirrend zu Boden fielen. Schwere, schleppende Schritte bewegten sich Unheil verkündend auf sein Zimmer zu und Übelkeit stieg in ihm auf, denn er wusste, was jetzt folgen würde.
„Kyros …?! Bisch… bischte da? Du fauler Nischnutsch du! Kyros! Verlucht! Isch hab disch wasch gefragt! Nur Bockmischt verstaptsche!"
Noch bevor der Jugendliche antworten konnte, wurde die Zimmertür krachend aufgestoßen. Langsam richtete er seinen Blick auf die offene Tür, wo sein Vater sich drohend aufgebaut hatte – unrasiert, verschwitzt und dreckig wie ein Schwein, völlig besoffen und stinkend, sodass er Tote mit seinem Gestank hätte aufwecken können. Mit einem Gürtel in der Hand blickte er seinen Sohn mit zusammengekniffenen Augen herausfordernd an. Dieses Spielchen kannte Kyros zu Genüge. Er würde sich nicht angsterfüllt in eine Ecke zurückziehen. Sollte er ihn doch schlagen. Das machte ihm nicht das Geringste aus, denn er fühlte ohnehin nichts mehr, auch keine Schmerzen, denn er war stark. Zumindest versuchte er, sich das einzureden, während er seinem Vater provokant ein paar Schritte entgegentrat. Er durfte sich jetzt keine Schwäche anmerken lassen. Den Gefallen tat er ihm nicht.
„Na, was ist? Haben sie dich wieder aus dem Wirtshaus rausgeschmissen, du besoffener, alter Sack?"
Die verschleierten Augen seines gleichgroßen Vaters wurden für einen Moment glasklar und blitzten vor Zorn gefährlich auf. Wütend näherte er sich taumelnd seinem Sohn, der in seinen Augen einer Made glich, klein und schmierig.
„Du Baschtard! Isch habs satt! Undankbarer Nischnutsch!"
Der Jugendliche blieb stumm und äußerlich gefasst, auch als sein Vater nun mit dem Ledergürtel immer wieder brutal und ungezügelt auf ihn einschlug und seinen ganzen aufgestauten Frust abließ. Kyros hob sofort die Hände vor das Gesicht und versuchte das Schlimmste abzuwehren, hielt sich tapfer aufrecht und kämpfte gegen den Drang an, sich zu verteidigen. Stattdessen biss er sich auf die Lippen und spürte, wie sein ganzer Körper langsam taub vor Schmerzen wurde und seine Füße viel zu schnell den Dienst versagten. Er prallte hart auf einen der vielen Müllberge auf.
„Wertlos – datt bischte! Wie deine olle Mudder. Zu nischts zu gebrauche! Du Schmarotzer, du!"
Das Geschrei seines Vaters vermischte sich mit dem Geräusch des niedersausenden Gürtels zu einer rauschenden und ohrenbetäubenden Einheit. Und als Kyros auf dem Boden lag und es um ihn herum immer dunkler wurde, dachte er nur daran, dass er heute schon wieder zu spät zu den verabredeten Treffen im Jugendklub kommen würde, wenn er es überhaupt dorthin schaffen sollte …
*
„Ach Mensch, wo bleibt der denn nur?"
Rinoa hüpfte in dem überschaubaren Jugendklub, besorgt und beunruhigt zugleich, von einem Bein auf das andere, wie ein auf den Boden geworfener Gummiball. Es war nichts Neues, dass ihr Kumpel Kyros zu spät kam, jedoch waren meist unerfreuliche Zwischenfälle mit seinem Vater die Ursache. Eine schlechte Vorahnung hatte sich über die Sechzehnjährige erdrückend niedergelegt wie eine mit Wasser vollgesogene Wolldecke.
Rose betrachtete sie schweigend und hing ihren Gedanken nach. Ihrer Meinung nach hatte Rinoa außer ihrer elfenhaften Figur nichts Besonderes, aber dennoch wirkte sie irgendwie anziehend und sehr attraktiv auf andere Leute, insbesondere auf Jungs in ihrem Alter. Was fanden nur alle an ihr? Wieso war jeder so verrückt nach ihrer Freundin? Es konnte doch nicht sein, dass ein Mensch allein die Gunst aller anderen auf sich zog, während der Rest einfach nur als simple Dekoration wirkte.
Sie konnte nicht leugnen, dass sie eifersüchtig war. Wie gern würde sie ihre kurzen blonden Haare und ihre hellen Augen, dessen Farbe keiner so richtig zu deuten wusste, gegen die hellbraunen