Neues Glück mit Hindernissen: Sophienlust - Die nächste Generation 9 – Familienroman
Von Marietta Brem
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Celine Winter sah ihrer sechsjährigen Tochter Lena über die Schulter. »Sehr schön hast du das gemacht, Lenchen«, sagte sie und streichelte dem Kind über das seidige braune Haar, das sich in dichten Löckchen bis auf die Schultern kringelte. »Ja?« Freudig sah die Kleine zu ihrer Mutter auf. »Meinst du, ich bekomme von Frau Steininger einen Strahlefuchs dafür?«, fragte sie hoffnungsvoll. »Bestimmt«, sagte Celine lächelnd. Lenas Klassenlehrerin, Stefanie Steininger, setzte bei fehlerfreien und sorgfältig erledigten Hausaufgaben stets einen Stempel unter die Arbeiten, der das strahlende Gesicht eines kleinen Fuchses zeigte. Die Kinder waren immer sehr stolz auf diese Auszeichnung. Hatte ein Kind innerhalb eines halben Schuljahres zehn Strahlefüchse gesammelt, gab es eine kleine Belohnung von der Klassenlehrerin in Form von ein paar Buntstiften oder einem Pixie-Buch. Lenas Rechenaufgaben waren korrekt gelöst, die Zahlen waren sauber und ordentlich geschrieben. Die Kleine konnte mit Recht hoffen, die ersehnte Belohnung zu bekommen. »Ich bin fertig mit Hausaufgaben«, verkündete Lena und schlug ihr Heft zu. »Können wir was spielen Mama? Und Hunger habe ich auch.« In dem Moment bimmelte die Ladenglocke der Apotheke und meldete Kundschaft an. »Ein paar Minuten musst du dich noch gedulden Lenchen«
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Sophienlust - Die nächste Generation
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Neues Glück mit Hindernissen - Marietta Brem
Sophienlust - Die nächste Generation
– 9 –
Neues Glück mit Hindernissen
Marietta Brem
Celine Winter sah ihrer sechsjährigen Tochter Lena über die Schulter.
»Sehr schön hast du das gemacht, Lenchen«, sagte sie und streichelte dem Kind über das seidige braune Haar, das sich in dichten Löckchen bis auf die Schultern kringelte.
»Ja?« Freudig sah die Kleine zu ihrer Mutter auf. »Meinst du, ich bekomme von Frau Steininger einen Strahlefuchs dafür?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Bestimmt«, sagte Celine lächelnd.
Lenas Klassenlehrerin, Stefanie Steininger, setzte bei fehlerfreien und sorgfältig erledigten Hausaufgaben stets einen Stempel unter die Arbeiten, der das strahlende Gesicht eines kleinen Fuchses zeigte. Die Kinder waren immer sehr stolz auf diese Auszeichnung. Hatte ein Kind innerhalb eines halben Schuljahres zehn Strahlefüchse gesammelt, gab es eine kleine Belohnung von der Klassenlehrerin in Form von ein paar Buntstiften oder einem Pixie-Buch. Lenas Rechenaufgaben waren korrekt gelöst, die Zahlen waren sauber und ordentlich geschrieben. Die Kleine konnte mit Recht hoffen, die ersehnte Belohnung zu bekommen.
»Ich bin fertig mit Hausaufgaben«, verkündete Lena und schlug ihr Heft zu. »Können wir was spielen Mama? Und Hunger habe ich auch.«
In dem Moment bimmelte die Ladenglocke der Apotheke und meldete Kundschaft an.
»Ein paar Minuten musst du dich noch gedulden Lenchen«, vertröstete Celine ihre Tochter. »Ich gehe rasch nach vorne und bediene den Kunden. Danach schließe ich die Apotheke für eine Stunde und wir gehen nach oben in die Wohnung. Ich habe Spaghetti mit Hackfleischsoße vorbereitet. Wir essen und spielen danach etwas.«
Lena verzog das kleine Gesicht. »Immer muss ich warten«, sagte sie schmollend, legte die Ellbogen auf den Tisch und stützte den Kopf in die Hände.
»Es tut mir leid Schätzchen. Ich beeile mich«, versprach Celine, der sofort wieder das schlechte Gewissen im Bauch drückte.
Lena hatte völlig recht. Seit Marcel, ihr Mann und Vater des Kindes, bei einem Unfall vor drei Jahren verstorben war und sie sich alleine um die bis dahin gemeinsam geführte Apotheke kümmern musste, war Lenchen oft sich selbst überlassen, sosehr Celine sich auch bemühte der Kleinen reichlich Zeit zu geben.
Im Augenblick war es besonders schwierig, weil Ruth, ihre einzige Angestellte, ihren Jahresurlaub nahm.
Celine teilte den roten Samtvorhang, der ihr privates Hinterzimmer von dem Ladenteil der Apotheke trennte, und betrat den Verkaufsraum.
Vor dem antiken Tresen aus honigfarbenem Holz stand ein attraktiver Mann mit dunklem Haar und einer sportlichen Figur. Er mochte Anfang dreißig sein.
»Guten Tag«, begrüßte sie ihn und lächelte.
»Hallo«, antwortete der Kunde freundlich. »Ich dachte schon, es ist niemand hier«, fuhr er fort und lächelte dabei.
»Doch, doch. Entschuldigen Sie. Ich war …« Sie zeigte mit dem Daumen über die Schulter und brach ab. Dass sie im Hinterzimmer nach ihrer Tochter gesehen hatte, interessierte den Mann sicher nicht.
»Kein Problem«, sagte er, als sie nicht weitersprach.
Er legte ein Rezept auf den Tresen. Celine las die Verordnung durch. Ein Hustensaft für Kinder und ein fiebersenkendes Mittel, ebenfalls für ein Kind, waren verschrieben worden. Der Hustensaft war nicht vorrätig, sie hatte heute Vormittag bereits zwei Flaschen ausgegeben. Offenbar ging ein Infekt um.
»Es tut mir leid, aber den Saft habe ich nicht da. Ich könnte ihn bis heute Nachmittag bestellen. Ab 16 Uhr wäre er hier.«
Der Kunde machte ein betrübtes Gesicht. »Das geht leider nicht. Um 16 Uhr habe ich ein wichtiges Kundengespräch. Es dauert sicher eine Weile. Bis ich den Termin geschafft habe, haben Sie wahrscheinlich schon geschlossen.«
»Ich habe bis 18 Uhr geöffnet«, erwiderte Celine.
Der Mann griff nach dem Rezept, das auf dem Ladentisch lag. »Schade. Dann muss ich es wohl woanders versuchen«, sagte er. Er warf einen Blick auf die Uhr, als sei auch jetzt seine Zeit knapp bemessen.
»Wenn Ihnen damit geholfen ist, kann ich Ihnen das Medikament nach 18 Uhr zu Hause vorbeibringen«, schlug sie vor, obgleich ihr das schlechte Gewissen Lena gegenüber das Herz schwer machte. Doch im benachbarten Städtchen hatte vor Kurzem eine neue Apotheke eröffnet, die zu einer großen Kette gehörte. Den Konkurrenzdruck spürte sie jetzt schon. So mancher Kunde, der bisher zu ihr gekommen war, war abgewandert. Verdenken konnte Celine es den Leuten nicht. In einer kleinen dörflichen Apotheke konnte sie einfach nicht das Sortiment vorhalten, wie es große Läden konnten.
»Wirklich?« Freudig überrascht sah der Kunde sie an.
»Selbstverständlich«, erwiderte Celine freundlich. Im Hinterzimmer klirrte es.
»Oh. Da ist wohl was kaputt gegangen«, sagte der Mann. Celine wandte sich um.
Lena steckte eben das Köpfchen durch den Spalt im Vorhang.
»Mama, mir ist das Saftglas runtergefallen«, gestand sie.
»Nicht so schlimm, mein Schatz. Fass die Scherben nicht an, ich komme sofort.«
Das Kind nickte, blieb aber im Vorhangspalt stehen.
»Ihre Tochter?«, fragte der Kunde. Celine sah ihn an und lächelte.
»Ja«, antwortete sie.
»Ich habe Hunger, Mama«, drängte Lena.
Der Mann schmunzelte und reichte Celine die Hand.
»Adrian Gerlach. Jetzt plaudern wir schon eine ganze Weile, und ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.«
»Celine Winter«, antwortete Celine, und ein Hauch Farbe stieg in ihre Wangen. Adrian Gerlachs Händedruck fühlte sich warm und angenehm an.
»Sie bringen mir das Medikament heute Abend vorbei?«, vergewisserte er sich.
»Selbstverständlich. Wäre um 19 Uhr in Ordnung für Sie?«, erkundigte sich Celine.
»Wunderbar. Das fiebersenkende Mittel würde ich gerne gleich mitnehmen.«
Celine nickte. Sie holte das Medikament aus dem Schubfach des großen antiken Arzneischrankes hinter der Theke.
Adrian Gerlach zahlte, verabschiedete sich und ging.
Lena hopste von einem Bein auf das andere. »Gehen wir jetzt die Nudeln essen?«, fragte sie.
»Natürlich, Lenchen.« Sie würde die Scherben später wegräumen. Jetzt musste sie sich um die Kleine kümmern.
»Und darf ich heute Nachmittag zu Annika? Sie hat ein neues Barbie-Puzzle von ihrer Oma bekommen. Das wollen wir gemeinsam machen«, fragte Lena, während sie neben ihrer Mutter die Treppe nach oben in die Wohnung stieg.
Annika, eine Klassenkameradin von Lena, wohnte am Stadtrand von Maibach. Ihre Eltern besaßen ein schönes Haus mit Garten, waren allerdings beide berufstätig. Um Annika kümmerte sich die Großmutter.
»Um welche Zeit denn?«, erkundigte sich Celine sorgenvoll. Um 14 Uhr musste sie wieder in der Apotheke stehen. Sie konnte Lena höchstens gleich nach dem Essen zu ihrer Freundin bringen. Dann musste sie sie aber auch dort lassen, bis zum Feierabend.
»Um drei Uhr darf ich da sein«, verkündete Lena. Sie waren vor der Wohnungstür angelangt.
»Darf ich aufschließen?«, fragte die Kleine und sah ihre Mutter erwartungsvoll an. Celine gab dem Kind den Wohnungsschlüssel. »Nicht mit Gewalt«, ermahnte sie. Das hätte ihr gerade noch gefehlt, dass der Schlüssel abbrach und im Schloss stecken blieb!
»Natürlich nicht.« Lena bedachte ihre Mutter mit einem vorwurfsvollen Blick.
»Ich kann dich nicht um 15 Uhr zu Annika bringen, Schätzchen. Da muss ich in der Apotheke stehen.«
Ihr wurde plötzlich ganz schwach und elend. Wie gerne hätte sie einfach zugestimmt. Wie gerne hätte sie es bewilligt, dass Lena auch einmal zu Hause Besuch empfangen konnte. Doch dazu war sie noch zu klein. Sie, Celine, konnte unmöglich zulassen, dass ihre Tochter mit gleichaltrigen Freundinnen unbeaufsichtigt in der Wohnung spielte. Auch wenn die Kleine für ihr Alter sehr verständig war, konnte den Kindern alleine so mancher Unfug einfallen. Auch war das Hinterzimmer der Apotheke zum Spielen nicht geeignet. Es war klein und eng und diente ihr zusätzlich als Büro.
So viele Einschränkungen! Sie wünschte sich so sehr, dass Lena entspannt und in aller Geborgenheit aufwachsen konnte und dass sie mehr Zeit für ihre Kleine hätte. Doch ihr Alltag wurde von ihrer Arbeit bestimmt.
Nicht nur dass es ihr eine Herzensangelegenheit war, die Apotheke, die sie von ihrem Vater übernommen hatte und die schon seit Generationen im Familienbesitz war, zu erhalten. Nein, sie sicherte letztendlich auch ihrer beider Lebensunterhalt, und in einem bescheidenen Rahmen war Celine auch zeitlich flexibel. Stand nämlich Ruth mit im Laden, konnte sie sich zwischendurch immer wieder ein wenig Zeit für Lena nehmen. Eine weitere Angestellte konnte Celine sich nicht leisten.
»Ich will aber zu Annika.« Unvermittelt füllten sich Lenas Augen mit Tränen.
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, versprach Celine, ging in die Knie und drückte ihr kleines Mädchen an sich.
»Schließt du jetzt die Tür für uns auf?«, bat sie. Ihr war schwer ums Herz.
Lena schniefte. »Nein. Jetzt mag ich nicht mehr.«
Celine nahm ihr den Schlüssel wieder ab und öffnete die Wohnungstür. Sie würde Annikas Großmutter, Gabriele Schertl, anrufen. Vielleicht war sie bereit, Lena abzuholen. Gabriele Schertl war Anfang fünfzig, fröhlich und resolut. Sie hatte Lena schon manches Mal abgeholt oder nach Hause