Byzanz und das 6. Jahrhundert.: Alltagskultur, Hinterlassenschaft und Veränderung - Aufbruch und Umbruch im Reich der Römer.
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Über dieses E-Book
Unterlagen die einzelnen Phasen im Reich der Römer zu allen Zeiten einem stetigen Wandel, so sind die eigenwilligen und faszinierend schönen kulturellen Überlieferungen des Byzantinischen Reichs unerreicht, in denen das christliche Leben von zentraler Bedeutung erscheint. Nirgendwo entfaltete Byzanz größeren Glanz als in der Kunst. Damit verband das Reich römisches Erbe mit dem Christentum, aber auch mit dem antiken griechischen Schrifttum.
Auch in militärischer Hinsicht verharrte Ostrom nicht in Agonie.
Allein das Programm Kaiser Justinians zur Rückeroberung ehemals römischer Gebiete im Westen, konnte dem Reich noch einmal zu alter Blüte verhelfen und in kultureller Hinsicht an die Ästhetik vergangener Jahrhunderte anknüpfen.
Wie wirkten sich die äußeren Einflüsse auf die Städte und Inseln des Oströmischen Reichs in dieser Zeit aus, welche Bauwerke wurden in jenen Jahren errichtet, welche Kunstwerke für die Ewigkeit angefertigt und wie veränderte sich die Alltagskultur und das Leben der Menschen in dieser Epoche?
Die äußere Gestalt der Reichswerdung in der Phase des Umbruchs und einer raschen Veränderung soll dem Leser anhand vieler Farbfotos zu Ausgrabungen und Exponaten verschiedener Museen rund um das Mittelmeer näher gebracht werden.
Marcel Frederik Schwarze
Am 29. Aug. 1978 wurde Marcel Frederik Schwarze in Salzkotten geboren, wuchs im westfälischen Waltrop auf und wohnt mittlerweile im hessischen Pfungstadt. Forschungsschwerpunkte bilden die Ära des 6. und 7. nachchristlichen Jahrhunderts mit dem Fokus auf Ostrom, dem Reich der Sasaniden, aber auch den neu entstandenen Staaten auf ehemals römischem Boden im Westen Europas. Es ist dies eine Epoche des Übergangs oder der Transition von der Spätantike ins frühe Mittelalter. Themenschwerpunkt bildet dabei stets die Militärgeschichte der einzelnen Phasen, der in ihr entworfenen Strategien und Taktiken sowie der Überprüfung verschiedener Strategika bzw. Taktika auf Anwendbarkeit. Neben Auswertungen und Übersetzungen umfangreicher Schriften aus dem Lateinischen und Griechischen, sind auch diverse Forschungsreisen nach Spanien, Italien und Griechenland sowie sämtliche Inseln des Mittelmeeres hervorzuheben, ebenso beratende Tätigkeiten für verschiedene Museen und ihren Sonderausstellungen im Bereich der oben genannten Zeitspanne.
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Buchvorschau
Byzanz und das 6. Jahrhundert. - Marcel Frederik Schwarze
erschienen
1
Das Römerreich in der Spätantike und seine Gesellschaft
ία), fokussierten sich grundsätzlich auf die Hauptstadt Konstantinopel, den südlichen Balkanraum, sämtliche griechische Inseln, Kleinasien, Zypern, die großen urbanen Zentren der Levante sowie Nordägypten. Während der gesamten Antike, der Spätantike sowie des Mittelalters bis hin zum Fall der großen Hauptstadt im 15. Jahrhundert, identifizierten sich seine Bewohner und dessen Eliten als Rhōmaeî (Griechisch: Ῥωμαῖοι, also Römer). Die Geschichtsschreibung benennt diese aber fast ausschließlich als Byzantiner oder byzantinische Griechen - obgleich neue Werke und Ausarbeitungen dieses Bild weitgehend revidieren oder in seiner Tiefe objektiver betrachten. Die Begriffe Byzanz sowie byzantinische Griechen wurden zum ersten Mal 1557 von Hieronymus Wolf (1516-1580) inventiert - ein Humanist der nach einem Begriff suchte um die Phasen zwischen klassischer lateinischer Antike mit der des griechischen Ostreiches zu unterscheiden. Spätestens aber mit George Finlay waren diese Ausdrücke fester Bestandteil der Gesamtbetrachtung der oströmischen Geschichte der Spätantike und des Mittelalters.
οαστειον), einem größeren Anwesen oder einer kleinen Stadt. Es war dies die Bevölkerungsschicht, aus der sich der Großteil der Soldaten rekrutieren ließ. Dies blieb grundsätzlich unverändert zwischen der spätantiken Phase des Reiches bis hin zum Zusammenbruch der Themenordnung.
Das Reich der Römer und ihre Provinzen zu Beginn des 6. Jh. kurz vor der Expedition in den West – der sogenannten renovatio imperii Karte © Autor
1 Europa
2 Haemimontis
3 Rhodope
4 Thracia
5 Moesia II
6 Scythia
7 Bosporus
8 Dacia Ripensis
9 Dacia Mediterranea
10 Moesia I
11 Praevalitana
12 Dardania
13 Macedonica II
14 Epirus Nova
15 Macedonia I
16 Thessalia
17 Epirus Vetus
18 Achaea
19 Creta
20 Insulae
21 Cyprus
22 Hellespontus
23 Asia
24 Bithynia
25 Lydia
26 Phrygia Pacatina
27 Caria
28 Paphlagonia
29 Galatia I
30 Galatia Salutaris
31 Phrygia Salutaris
32 Pisidia
33 Pamphylia
34 Lycia
35 Helenopontus
36 Armenia II
37 Cappadocia I
38 Cappadocia II
39 Lycaonia
40 Isauria
41 Cilicia I
42 Armenia III
43 Armenia I
44 Armenia IV
45 Mesopotamia
46 Cilicia II
47 Osrhoene
48 Euphratensis
49a Syria I
49b Syria II
50 Theodorias
51 Phoenice
52 Phoenice Libanensis
53 Palaestina II
54 Arabia
55 Palaestina I
56 Palaestina III
57 Augustamnica I
58 Aegyptus I
59 Augustamnica II
60 Aegyptus II
61 Arcadia
62 Thebais Inferior
63 Thebais Superior
64 Libya Inferior
65 Libya Pentapolis
Bis weit ins 12. Jahrhundert hinein blieben dem Reich bildungsvermittelnde Institutionen erhalten und konnten seiner Bevölkerung, gemessen an anderen Nationen, ein hohes Niveau schulischer Ausbildung in der Primarstufe anbieten. Aufgrund dieser Strukturen blieb die Alphabetisierungsrate über viele Jahrhunderte recht stabil. Einen wichtigen Teil seines Erfolges in dieser Epoche verdankte das Römerreich seinen Kaufleuten, die eine sehr starke Position und eine hohe Reputation im internationalen Handel genossen. Trotz der Herausforderungen durch rivalisierende italienische Kaufleute - insbesondere aus Venedig oder Genua, konnte das Reich prinzipiell seine kaufmännische Leistung bis zu seinem Untergang bewahren. Der Klerus nahm einen sehr gewichtigen und besonderen Platz in der Gesellschaft ein. Durch das Patriarchat Konstantinopels konnte innerhalb der christlichen Welt eine wichtige und geschätzte Instanz neben dem Papst deutlichen Einfluss auf die Provinzen ausüben. Das Griechische war die vorherrschende Sprache unter der Bevölkerung und im Verlaufe des späten sechsten sowie im 7. Jahrhundert ersetzte es auch Latein, letzteres war bis dahin noch immer in der Verwaltung als Amtssprache dominierend – es gibt hingegen reichliche Indizien für die Kontinuität des Lateinischen in der Heeressprache weit über diesen Zeitpunkt hinaus. Durch den späteren Verlust der westlichen Provinzen wie Spania und Africa, aber auch das Wegbrechen vieler Regionen in Italien veränderte sich der alte multiethnische Charakter des Reiches bezüglich seiner gesprochenen Sprachen. Von nun an sollte Griechisch deutlicher in den Mittelpunkt rücken. Am Ende war es auch die Sprache, welche den alten lateinischen Westen vom Osten des Reiches trennte - obgleich es ja der Osten war, der ohne Zweifel nicht nur Rom symbolisierte und sich als Rechtsnachfolger präsentierte, sondern staatsrechtlich, also de jure, das Römische Reich selbst war. Nachhaltige Schädigung der Beziehungen zwischen Ost und West gab es nicht zuletzt aufgrund der Differenzen zwischen dem katholischen Westen und dem orthodoxen Osten. Diese Entwicklung gipfelte in Rom im Jahre 800 n. Chr. in dem aus byzantinischer Sicht absurden Vorgang der Krönung Karls des Großen (regierte als König der Franken 768-814) zum Kaiser der Römer. Die Meinungsverschiedenheiten mit Byzanz wurden 812 im Vertrag von Aachen formal dadurch beigelegt, dass sich Karl als »Imperator« ohne weiteren Zusatz bezeichnen durfte. Konstantinos XI. Palaiologos (Κωνσταντῖνος Δραγάσης Παλαιολόγος) war von 1448 bis 1453 der letzte römische Kaiser und starb bei dem Versuch die Hauptstadt Konstantinopel zu verteidigen. Glaubwürdigen Erzählungen nach wurde der Kaiser heroisch kämpfend an den Toren der Hauptstadt gesehen, sein Leichnam jedoch nie gefunden.
1.1
Terminologie
Bis Anfang des 7. Jahrhunderts, als sich das Reich noch über große Gebiete erstreckte, mitsamt seiner vielen Völker, implizierte der Terminus »römisch« die Staatsbürgerschaft und damit die Zugehörigkeit zum Reich - nicht aber eine Form der Abstammung. Verschiedene Ethnien konnten ihre eigenen Ethnonyme oder Toponyme anwenden um die Staatsbürgerschaft von genealogischen Faktoren differenzieren zu können. Der Historiker Procopius bevorzugt es, an einigen Stellen die Byzantiner als hellenisierte Römer zu bezeichnen. Allerdings schrieb er in einer sehr puristischen Weise im 6. nachchristlichen Jahrhundert, was bedeutet, dass man seine Aussage an der Stelle nicht zu sehr überbewerten sollte. In vielen weiteren Fällen bleibt er beim Terminus Ῥωμαῖοι, ohne Hinzufügung einer weiteren Attribuierung.
Römer (Ῥωμαῖοι; Sing. Ῥωμαῖoς) und Romio (Ρωμιοί; Sing. Ρωμιός) sind die Namen unter denen die Römer bis zum Untergang des Byzantinischen Reiches bekannt waren, darüber hinaus auch während der osmanischen Herrschaft. Der Name bezeichnete in der klassischen Antike lediglich die Bewohner der Stadt Rom. Dadurch, dass aber die Bürgerschaft bereits recht früh an latinische Bundesgenossen vergeben wurde, und kurz später beinahe die gesamte Bevölkerung der italischen Halbinsel umfasste, verlor diese die enge Bindung an die Hauptstadt. Später wurde die Bürgerschaft auch an Bündnispartner in anderen europäischen Regionen vergeben, somit konnte man die Bürgerschaft noch nicht einmal mehr nur auf den latinischen Teil Italiens reduzieren. Dieser Prozess gipfelte 212 n. Chr. in der »Constitutio Antoniniana« des Kaisers Caracalla, der die Staatsbürgerschaft auf alle frei geborenen Männer des Reiches ausweitete. Somit dürfen wir hier zu zweierlei Schlussfolgerungen gelangen. Während im Westen der Begriff »römisch« eine neue Bedeutung im Zusammenhang mit der katholischen Kirche und seinem Bischof von Rom errang, blieb die griechische Form Ῥωμαῖοι mit dem Oströmischen Reich konstitutionell und de jure verbunden.
1.2
Sprachen
Das Römische Reich wurde nach den Punischen Kriegen zu einem Vielvölkerstaat, der den Mittelmeerraum beherrschte. Dabei trafen die Römer auf sehr unterschiedliche Kulturen. In allen eroberten Gebieten wurde jedoch stets ihre lateinische Sprache zur Amtssprache erhoben. Bevor sich Rom den östlichen Teil des Mittelmeeres und seiner umgebenen Staaten und Königreiche bemächtigte, gab es eine Vielzahl verschiedener Sprachen - wobei aber aufgrund der fortgeschrittenen Hellenisierung Griechisch in jedem Fall in seiner Importanz die wohl wichtigste Sprache war, die auch innerhalb der Mittelmeervölker die größte Akzeptanz erfuhr. Die Staaten, die sich aus dem großen Reiche Alexanders des Großen gründeten, waren die griechischen Diadochenstaaten. Daran änderte sich grundsätzlich auch nichts nach der Eroberung des Ostens durch das klassische Reich der Römer. Dies förderte in einem langen Prozess einen Lateinisch-griechischen Bilingualismus. Die alltägliche Durchdringung beider Sprachen im Alltag wird durch zweisprachige Inschriften bezeugt, die nicht selten in demselben Text zwischen Griechisch und Latein hin und her wechseln. Das Epitaphium eines griechisch sprechenden Soldaten wurde häufig auf Griechisch verfasst, wobei sein Rang und die Einheit in der er diente in lateinischer Sprache Ausdruck fanden. Der Grund die verschiedenen Sprachen hier in diesem geschichtlichen Zusammenhang zu erörtern und gegenüberzustellen, richtet sich eben nach der im Strategicon des Mauricius erneuten Aufforderung, auf dem Schlachtfeld nur lateinische Befehle auszugeben. Der Grund wird hier deutlich, wenn man sich die Divergenz der verschiedenen gesprochen Sprachen und gelebten Kulturen innerhalb des Römischen Reiches verdeutlicht. Latein sollte allein aus traditioneller Sicht der gemeinsame Nenner und die militärische Klammer des gesamten Reiches bleiben. Unabhängig davon, wo ein Regiment ausgehoben wurde und welche Alltagssprache in dieser Einheit gesprochen wurde, sollte Latein das verbindende Element sein, mit dessen Hilfe die verschiedenen Soldaten auf dem Schlachtfeld kommunizieren konnten.
Latein als Sprache der Kirche und Amtssprache wurde ebenfalls als für sehr wichtig erachtet. Im östlichen Reich wurden Gesetze und offizielle Dokumente regelmäßig aus dem Lateinischen ins Griechische übersetzt.
Die älteste Ikone Zyperns aus dem Zeitraum des 8. oder 9. Jahrhunderts. Die Agia Marina. Ikonen der vorherigen Jahrhunderte waren sich stilistisch sehr ähnlich, doch wurden viele in der Zeit des Ikonoklasmus und des sich daraus entwickelnden Bürgerkriegs zerstört. Foto © Autor
2
Zypern
Ungeachtet unseres gegenwärtigen Wissensstandes über das siebte und 8. Jahrhundert ist klar, dass sich etwas in der Art der Besiedlung auf der Insel geändert hat. Eine noch bis in die Spätantike hinein dicht besiedelte Insel wich einer viel weniger klar besetzten Landschaft. Gleichzeitig scheint es Veränderungen in der Stadtlandschaft gegeben zu haben, allein das Beispiel Kourion bezeugt dramatische Einschnitte in Umfang und Wohlstand, während es an Orten wie Polis, Paphos und Salamis-Constantia deutliche Anzeichen für eine fortgesetzte Besiedlung sowie das Fortbestehen städtischer Institutionen wie Kirche, Verwaltung und Handel gibt.
Was uns in unserem Verständnis der Siedlungen auf der Insel fehlt, ist die Verbindung zwischen diesen städtischen Institutionen und dem ländlichen Besiedlungskonzept. Anderswo in der byzantinischen Welt charakterisierte