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Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit: Skizze einer Weltanschauung
Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit: Skizze einer Weltanschauung
Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit: Skizze einer Weltanschauung
eBook74 Seiten1 Stunde

Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit: Skizze einer Weltanschauung

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Über dieses E-Book

Das Buch 'Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit: Skizze einer Weltanschauung' von Oskar Panizza bietet eine faszinierende Abhandlung über die Natur der Realität und der persönlichen Identität. Panizza präsentiert seine Gedanken in einem lebhaften und provokativen Stil, der den Leser dazu bringt, die Konzepte von Illusion und Realität neu zu überdenken. Mit metaphysischen Elementen und einer kritischen Analyse gesellschaftlicher Normen bietet das Werk einen einzigartigen Beitrag zur deutschen Literatur des späten 19. Jahrhunderts. Oskar Panizza, ein renommierter deutscher Dichter und Schriftsteller, wurde bekannt für seine kontroversen Ansichten und seinen mutigen Schreibstil. Als Arzt und Psychiater konnte Panizza tiefgreifende Einblicke in die menschliche Psyche gewinnen, die ihn dazu inspirierten, dieses philosophische Werk zu verfassen. Seine Erfahrungen im medizinischen Bereich beeinflussen deutlich die Tiefe und Komplexität seiner Gedanken in diesem Buch. Für Leser, die sich für metaphysische Philosophie und die Natur der Realität interessieren, bietet 'Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit' eine einzigartige und geistreiche Lektüre. Panizzas kluge Reflexionen und scharfsinnige Argumentation machen dieses Buch zu einem Must-Read für alle, die nach tiefgründiger intellektueller Herausforderung suchen.
SpracheDeutsch
HerausgeberMusaicum Books
Erscheinungsdatum15. Nov. 2017
ISBN9788027228386
Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit: Skizze einer Weltanschauung

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    Buchvorschau

    Der Illusionismus und die Rettung der Persönlichkeit - Oskar Panizza

    Vorwort

    Inhaltsverzeichnis

    Ich war immer der Meinung, dass es, um in filosofischen Dingen das Wort zu ergreifen, eines gewissen Kauderwelsches von ausländischen Termini bedürfe, einer vertrakten Geberde, die dem Beschauer so fürchterlich erscheine, dass er ein für allemal auf alles eigene Denken vergässe, eines gewissen steifen Nimbus, wie er sich um Universitäts-Kateder als undurchdringliche Schicht lagert und in dem Lokenrest zerzauster und halbnakter Professoren-Köpfe ruht; – da las ich Stirner; Stirner, diesen Lazarus unter den Filosofen, der plözlich wieder auferstanden ist, und uns gezeigt hat, dass Denken unter Umständen mehr ist, als Mikroskopiren, Schädelmessen, Gehirne-Wiegen und experimentelle Psichologie-Treiben; Stirner, der Schriftsteller, der in seiner knappen, konzisen, flinken und oft burschikosen Form bewiesen hat, dass Leichtigkeit und Flüssigkeit des Vortrags ein Vorteil sei für die Behandlung abstrakter Disziplinen gegenüber dem zähen Asfalt-Brei aus dem Munde patentirter Sanskritisten. – Ihm verdanke ich vor Allem die Aufmunterung zu der vorliegenden Schrift. Und deswegen habe ich in Dankbarkeit seinen Namen dem Werkchen vorgesezt.

    Dass ich auch inhaltlich in manchen Dingen von Stirner beeinflusst worden bin, wird der Kundige bald erspähn.

    Im Uebrigen möchte ich hier den prinzipiellen Unterschied des Ausgangspunktes in beiden Sistemen betonen: Stirner seufzte unter dem elendigen Joch der Reakzion der Vierziger Jahre. Und seine formellen Lehrmeister im Denken waren: Hegel, Fichte, Ludwig Feuerbach. Wir Heutigen und Jüngeren kennen diese Grossmeister vom Stuhl der reinen Begriffe kaum mehr als lebenden Geistesgehalt. Wir stehen, nach der Richtung der Erforschung des Menschen, unter dem Zeichen der Naturwissenschaft und der biologischen Disziplinen. Und hier im speziellen Fall ist der Ausgangspunkt die Psichiatrie, das patologische Denken, das kranke Sensorium, die psichologische Selbst-Beobachtung. Und was die politische Maxime anlangt, die sich in solche Darlegungen ohne unser Zutun einschleicht, so wird sie Der, der Augen hat zu sehen, schon finden.

    Noch ein Wort über die „Naturwissenschaft, unter deren ausschliesslichen und nüchternen Bann, man kann sagen, alles moderne Denken seit bald einem halben Jahrhundert steht. Diese schneidige Kämpferin und stolze Siegerin, die in den Fünfziger Jahren ihrem Widerpart, der „Naturfilosofie, mit glattem Hieb den Kopf vom Rumpfe trente, sie weiss heute sehr gut, dass es mit ihrer Herrschaft dem Ende zugeht, und dass, wenigstens was die Geisteswissenschaft anlangt, es mit ihrer Göttlichkeit gründlich vorbei ist; und die deutsche Spekulazion wieder in ihre Rechte tritt. Nicht nur die Büchner, Vogt und Moleschott sind heute Makulatur – das wolte wenig besagen – auch die neueren und neuesten Erklärer des „menslichen Cheistes", wie jener Westfale sagte, dürfen getrost ihre Erzeugnisse auf Holzpapier druken, um ihren mutigen Verlegern nicht allzuviel Kosten zu verursachen. Man muss sie hören die Herrn von den lezten materjalistischen Funden, die Wundt, Herzen, Münsterberg u. a., man muss sie gedrukt lesen und die verzweifelten Purzelbäume beobachten, wenn sie schreiben, dass „keine bewusste Vorstellung ohne begleitende Muskelbewegung zu Stande komt, dass „Raum- und Zeit-Anschauung nichts weiter als Empfindungs-Unterschiede von Muskelspannungen sind; oder, dass „Ideen aus Gruppen und Reihen von Muskelzusammenziehungen bestehen" (Herzen, A., Grundlinien einer allgem. Psychophysiologie. Leipzig, 1889, p. 11). Man muss sie beobachten, wenn sie, um die Materjalisirung des Denkens um jeden Preis zu retten, eine ihrer kostbarsten Errungenschaften wissenschaftlicher Empirie, das Gesez der Erhaltung der Energie, preisgeben, und sogar den Grundpfeiler jedes wissenschaftlichen Gebäudes, das psichisches oder fisisches Dasein konstruiren will, das Kausalgesez, zu unterwühlen und zu lokern suchen: Bis sie auf dem Gerüst auf dem sie ihre gewagten Künste produziren, endgültig zusammenbrechen und mitsamt ihren Aparaten in der Tiefe versinken.

    Nach den Tories kommen die Whigs, und nach den Whigs die Tories! Das ist ein alter Grundsaz, nicht nur auf parlamentarischem, sondern auch auf wissenschaftlichem Gebiet. Auch die beste und erfolgreichste Links-Liberale Regierung wird nach einer überlangen Zeit das Land ermüden, und dann wird sie von einem Punkte aus, dessen Schwäche man bis dahin übersehen, angegriffen und aus den Angeln gehoben werden. Man nent das Abwirtschaften. Die naturwissenschaftliche Richtung hat, wenigstens was den Punkt der Erklärung des menschlichen Denkens anlangt, so unerhörte und horrende Sünden angesammelt, dass sie sich heute, wo ein Funke Gemüts wieder mehr gilt, als die beste Verstandes-Teorie, nicht wundern darf, wenn man ihr zuruft: Apage! Fort mit dir!

    München, Februar 1895.

    Panizza.

    I. Der Illusionismus

    Inhaltsverzeichnis

    §. 1

    Der Materjalismus war eine schöne Zeit! Der Mensch war, was er ass; „er ist, was er isst"; sein Gehirn produzirte die Gedanken, wie die Leber die Galle; und sein Geist war das Resultat seines Magens. Wie frohlokten wir auf den Schulbänken, als wir endlich wussten, was der Mensch war, allen spiritualistischen Kram aus unseren Schulranzen hinauswarfen und dem Religionslehrer, der uns den Thomasius’schen Sünden-Begriff erklären wolte, frech die Zunge entgegenstrekten! Denn was gab uns den Halt? Wir hatten eine radikale Formel. Wir wussten, dass der Himmel nicht mehr existirte, und dass wir allein auf der Welt waren. Das war das Grosse am Materialismus, dass er mit schlankem Beilhieb den transzendentalen Kopf vom fisischen Rumpf löste und nichts zurückliess, was sich zu einem Schlangenköpfchen Lernäischen Razionalismuses hätte entwickeln können.

    §. 2

    Seitdem ist es schlimm und schlimmer geworden. Zuerst kamen die Fechner’schen Tränen über das verlorengegangene Jenseits; man wagte die Gründung einer neuen Disziplin, der „Psicho-Fisik", und – richtig! die Seele

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