Dr. Laurin 98 – Arztroman: Nur vergessen hilft, Nadine
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Dr. Laurin erlebte es öfter, dass besorgte Mütter zu ihm kamen, wenn ihre Töchter in der Pubertät waren, sich ungewöhnlich benahmen oder kränkelten.
Als Carola Haldeck jedoch wegen ihrer Tochter Nadine zu ihm kam, da konnte er sie nur ungläubig anschauen. Er kannte Nadine als frisches, natürliches, sportliches Mädchen, und die Pubertät hatte sie längst hinter sich. Sie war inzwischen neunzehn, und bei einer zufälligen Begegnung vor etwa einer Woche hatte Dr. Laurin festgestellt, dass sie sich zu einer jungen Dame gemausert hatte.
Das sagte er auch zu ihrer Mutter, aber Carola Haldeck schüttelte betrübt den Kopf.
»Sie sieht zwar nicht krank aus, Herr Doktor, aber ich bin ihretwegen sehr besorgt. Sie hat schon zwei Mal einen Schwächeanfall gehabt, einmal ist sie sogar ohnmächtig geworden, und sie hat sich auch ein paar Mal übergeben, obwohl sie nur das gegessen hatte wie wir. Und uns ging es gut.«
Das ließ Dr. Laurin aufhorchen. »Sie vermuten, dass sie schwanger ist?«, fragte er.
»Um Gottes willen, nein, das glaube ich nicht!« Entsetzt sah sie den Arzt an. »Sie hat keinen festen Freund«, erklärte Carola Haldeck fest. »Das wüsste ich, denn bisher hat sie mit mir über alles gesprochen. Aber plötzlich ist sie so verschlossen, richtig schwermütig. Ich mache mir große Sorgen.«
Carola Haldeck war keine ängstliche Mutter, und sie neigte nicht zur Übertreibung, also nahm Dr. Laurin ihre Besorgnis sehr ernst.
»Überlegen Sie mal, Frau Haldeck: Das Abitur ist geschafft, darüber kann sie sich keine Sorgen mehr machen, oder war der Durchschnitt schlecht?«
»Ganz im Gegenteil – 2,1 –, und sie
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Dr. Laurin 98 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 98 –
Nur vergessen hilft, Nadine
Patricia Vandenberg
Dr. Laurin erlebte es öfter, dass besorgte Mütter zu ihm kamen, wenn ihre Töchter in der Pubertät waren, sich ungewöhnlich benahmen oder kränkelten.
Als Carola Haldeck jedoch wegen ihrer Tochter Nadine zu ihm kam, da konnte er sie nur ungläubig anschauen. Er kannte Nadine als frisches, natürliches, sportliches Mädchen, und die Pubertät hatte sie längst hinter sich. Sie war inzwischen neunzehn, und bei einer zufälligen Begegnung vor etwa einer Woche hatte Dr. Laurin festgestellt, dass sie sich zu einer jungen Dame gemausert hatte.
Das sagte er auch zu ihrer Mutter, aber Carola Haldeck schüttelte betrübt den Kopf.
»Sie sieht zwar nicht krank aus, Herr Doktor, aber ich bin ihretwegen sehr besorgt. Sie hat schon zwei Mal einen Schwächeanfall gehabt, einmal ist sie sogar ohnmächtig geworden, und sie hat sich auch ein paar Mal übergeben, obwohl sie nur das gegessen hatte wie wir. Und uns ging es gut.«
Das ließ Dr. Laurin aufhorchen. »Sie vermuten, dass sie schwanger ist?«, fragte er.
»Um Gottes willen, nein, das glaube ich nicht!« Entsetzt sah sie den Arzt an. »Sie hat keinen festen Freund«, erklärte Carola Haldeck fest. »Das wüsste ich, denn bisher hat sie mit mir über alles gesprochen. Aber plötzlich ist sie so verschlossen, richtig schwermütig. Ich mache mir große Sorgen.«
Carola Haldeck war keine ängstliche Mutter, und sie neigte nicht zur Übertreibung, also nahm Dr. Laurin ihre Besorgnis sehr ernst.
»Überlegen Sie mal, Frau Haldeck: Das Abitur ist geschafft, darüber kann sie sich keine Sorgen mehr machen, oder war der Durchschnitt schlecht?«
»Ganz im Gegenteil – 2,1 –, und sie hat auch schon einen Studienplatz für Jura in München bekommen. Angefangen hat es mit diesen rätselhaften Zuständen erst nach dem Abitur, genau genommen nach der Urlaubsreise mit ihrer Clique. Ich nehme schon an, dass da irgendetwas vorgefallen ist, aber das wäre doch kein Grund, schweigend vor sich hin zu leiden. Ich wage gar nicht mehr, sie zu fragen, denn sie reagiert schon aggressiv, wenn ich auch nur die geringste Andeutung mache. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich verhalten soll. Mit meinem Mann kann ich auch nicht darüber reden. Er nennt mich dann eine Glucke, die sich nicht daran gewöhnen kann, dass die Kinder erwachsen sind.«
»Und Kai, kann der nicht mit Nadine reden? Die Geschwister haben sich doch immer gut verstanden.«
»Kai ist als Austauschstudent in England …«
»Dann wäre es wohl am besten, Sie würden Nadine mal zu mir schicken. Vielleicht spricht sie mit mir.«
»Ich weiß nicht recht, wie ich das anfangen soll, aber wenn sie wieder mal zusammenklappt, dürfte ich Sie dann rufen? Ich kann doch nicht irgendeinen Arzt holen, der uns nicht kennt. Seit der gute Dr. Hesse tot ist, haben wir auch keinen richtigen Hausarzt mehr.«
Dr. Laurin überlegte einen Moment, bevor er lächelnd erwiderte:
»Nun, da könnte ich Ihnen einen empfehlen, von dem ich sehr viel halte, obwohl er noch jung ist und sich gerade erst niedergelassen hat. Er heißt Dr. Tornwill und hat seine Praxis in der Parkstraße.«
»Ist das nicht dieser Amerikaner? Frau Witte hat mir von ihm erzählt. Er soll aber noch sehr jung sein.«
»Er ist Deutschamerikaner, zweiunddreißig Jahre jung und bereits ein sehr guter Arzt. Ich hoffe nicht, dass Gerüchte über ihn in die Welt gesetzt werden, denn er ist sehr zuverlässig und durchaus seriös.«
»Und er soll sehr gut aussehen.«
»Du liebe Güte! Spricht das etwa gegen ihn?« Dr. Laurin schüttelte unmutig den Kopf.
Carola Haldeck wurde rot und beeilte sich zu versichern: »Nein, natürlich nicht. Aber Frau Witte sagte, dass er bei der Heller ein- und ausgeht. Na ja, ich will keinen Klatsch verbreiten. Wenn Sie sagen, dass er ein guter Arzt ist, wird es schon stimmen.«
Dr. Laurin lächelte ironisch. »Der arme Tornwill, hoffentlich kreidet man es ihm nicht an, dass er alle Patienten mit der gleichen Sorgfalt behandelt.«
Carola Haldeck war jetzt sehr verlegen. »Ich weiß, es ist albern, wenn man überhaupt auf so einen Klatsch hört, tragen Sie es mir bitte nicht nach, Herr Dr. Laurin.«
Der Arzt sah sie ernst an, sagte eindringlich: »Vielleicht können Sie ein wenig dazu beitragen, dass Dr. Tornwill nicht ins Gerede gebracht wird, nur weil Frau Heller ihn ärztlich beansprucht. Zu mir kommt sie ja auch.«
Sie verblieben dann so, dass Carola Dr. Tornwill rufen würde, wenn es Nadine schlecht gehen sollte, und dass der junge Arzt sich nach seiner Diagnose mit Dr. Laurin beraten würde.
So hatte dieser auch gleich einen Anlass, mit dem jungen Kollegen, der ihm sehr sympathisch war, Kontakt aufzunehmen und ihm ganz nebenbei vor dem Klatsch zu warnen, der über ihn verbreitet wurde. Frau Haldeck nahm er ihren Kommentar nicht übel, sie hatte nur unbedacht darüber gesprochen, was sie gehört hatte, ohne es böse zu meinen.
Abends erzählte Leon Laurin seiner Frau, was man Tim Tornwill nachsage, und Antonia stieß einen tiefen Seufzer aus. »Die Heller scheint es bei jedem Arzt zu probieren«, meinte sie. »Man sollte Tim wirklich warnen.«
Die Laurins waren mit dem jungen Deutschamerikaner schon lange befreundet. Tims Vater war ein Studienfreund von Joachim Kayser gewesen, Tims Mutter eine recht bekannte Opernsängerin. Als sie John Tornwill kennenlernte, hatte sie aus Liebe zu ihm ihre Karriere aufgegeben und war mit ihm nach Amerika gegangen. Nach dem frühen Tod ihres Mannes war sie mit ihrem Sohn nach Deutschland zurückgekehrt, und Tim hatte in München studiert. Heli Tornwill zog es vor, am Starnberger See zu wohnen, und Tim hatte von einem älteren Kollegen eine Praxis übernommen.
»Manchen Frauen kann man es aber auch nicht recht machen«, meinte Leon nach einer Gedankenpause. »Ansehnlich soll ein Arzt schon sein, sonst mögen sie ihn gleich nicht, aber wenn er jung ist und auch noch gut aussieht, dann brodelt gleich die Gerüchteküche.«
»Und es gibt immer ein paar Schlangen, die dem Ruf eines Mediziners schaden können … Das weißt du ja aus eigener Erfahrung, Leon«, meinte Antonia anzüglich.
»Ich habe es heil überstanden, und Tim wird es auch heil überstehen, dessen bin ich sicher!«, erklärte ihr Mann im Brustton der Überzeugung.
*
Was jedoch Tanja Heller betraf, hatte Tim wirklich allerhand zu tun, um sie sich vom Leib zu halten. Sie hatte keine Hemmungen, es bei jedem Mann zu versuchen, der ihr gefiel, und Tim Tornwill gefiel ihr ausnehmend gut. Für Ärzte hatte sie sowieso eine Schwäche, und sie war schon bei fast allen seinen Kollegen in der näheren und weiteren Umgebung bekannt und gefürchtet. Doch zu ihrem Unglück waren die meisten glücklich verheiratet, und die Junggesellen schienen nicht ihr Typ zu sein.
An diesem Tag rief sie Tim wieder einmal an. Er hatte mehrere Hausbesuche bei ihr gemacht, weil sie tatsächlich an einer Grippe erkrankt war, aber nun hatte sie diese überstanden, und das sagte er ihr auch am Telefon. Er erklärte ihr höflich aber bestimmt, dass sie nun in die Praxis kommen müsse, wenn ihr noch etwas fehle.
Sie fühle sich noch so schwach, jammerte sie, und brauche unbedingt noch eine Spritze. Anfangs hatte Tim nicht gemerkt, worauf sie hinauswollte, aber mittlerweile war ihm ein Licht aufgegangen, und dass es Tanja Heller mit ihren Männerbekanntschaften nicht so genau nahm, war ihm auch schon zu Ohren gekommen. Dafür hatte seine Arzthelferin Frau Baumann gesorgt, die um seinen guten Ruf fürchtete.
»Wenn es Ihnen so schlecht geht, schicke ich Ihnen den Notarzt, Frau Heller«, erklärte Tim jetzt energisch, »ich kann wirklich bei bestem Willen im Moment nicht weg.«
»Das werde ich mir merken«, erwiderte Tanja beleidigt. »Und außerdem werde ich jedem erzählen, dass Sie sich weigern, Hausbesuche zu machen.«
»Das wäre eine glatte Verleumdung, die ich bestimmt nicht einfach so hinnehme, merken Sie sich das bitte.«
Tim war sonst die Ruhe selbst, aber diese Frau konnte einen wirklich auf die Palme bringen. Doch so schnell würde sie sicher nicht wieder anrufen, und Frau Baumann lächelte zufrieden. Sie hätte das Tonband mitlaufen lassen, denn man könne ja nie wissen, was dieser Person noch alles einfallen würde, erklärte sie ihrem Chef.
»Sie sind sehr umsichtig, vielen Dank«, meinte Tim. Im Wartezimmer saßen noch vier Patienten. Die Praxis lief inzwischen recht gut, und viele der Frauen, die anfangs nur aus Neugier zu