Mami 1740 – Familienroman: Gritli, das Kind aus dem Dorf
Von Isabell Rohde
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"Du mußt schon gehen?" fragte Schreinermeister Ruppert Lange seine Tochter. "Und was soll ich tun, wenn der nächste Bewerber kommt?" Barbara schüttelte den Kopf, sah ihn mit gespieltem Mitleid an und schlüpfte mit einem vernehmlichen Seufzer in ihren Lodenmantel. Es war heute kalt für Ende März, und sie hatte es ziemlich eilig. "Du wirst ihm nahebringen müssen, daß du mir, deiner einzigen Tochter, die große Wohnung über der Werkstatt ausgebaut hast. Damit ich immer bei dir bleibe, kann sie keinem anderen zugestanden werden. Darum muß er, wenn er unbedingt eine Unterkunft braucht, mit einem Kämmerchen im alten Haus vorliebnehmen und als dein Mitbewohner eben alle deine Schwächen ertragen", neckte sie ihn. "Und wenn er daraufhin wieder auf die Stellung verzichtet?" "Dann hast du nichts verloren, Väterchen. Tut mir leid. Ich muß jetzt fahren." Sie legte sich noch einen leichten Schal um. Neblig und ungemütlich war es draußen. Der Nebel in den Bergen ließ keinen noch so winzigen Sonnenstrahl durch. Und weil sie spät dran war, mußte sie die kurze Strecke zur Schule mit dem Auto fahren. "Servus! Bis mittags. Ich koch uns dann was Feines." "Ohne deinen Beistand finde ich nie einen Gesellen, der später als Meister den Betrieb übernehmen kann", meinte er gottergeben, winkte ihr aber lächelnd nach, als sie im Hof in ihr Auto stieg und davonfuhr. Barbara gab Gas. Mehr als eine Unterrichtsstunde konnte sie nicht ausfallen lassen, um ihrem Vater zur Seite zu stehen, wenn sich am frühen Morgen ein Bewerber in der Schreinerei vorstellte. Was dachte er nur? Sie konnte ihm doch keine Entscheidung abnehmen.
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Mami 1740 – Familienroman - Isabell Rohde
Mami -1740-
Gritli, das Kind aus dem Dorf
Roman von Isabell Rohde
»Du mußt schon gehen?« fragte Schreinermeister Ruppert Lange seine Tochter. »Und was soll ich tun, wenn der nächste Bewerber kommt?«
Barbara schüttelte den Kopf, sah ihn mit gespieltem Mitleid an und schlüpfte mit einem vernehmlichen Seufzer in ihren Lodenmantel. Es war heute kalt für Ende März, und sie hatte es ziemlich eilig. »Du wirst ihm nahebringen müssen, daß du mir, deiner einzigen Tochter, die große Wohnung über der Werkstatt ausgebaut hast. Damit ich immer bei dir bleibe, kann sie keinem anderen zugestanden werden. Darum muß er, wenn er unbedingt eine Unterkunft braucht, mit einem Kämmerchen im alten Haus vorliebnehmen und als dein Mitbewohner eben alle deine Schwächen ertragen«, neckte sie ihn.
»Und wenn er daraufhin wieder auf die Stellung verzichtet?«
»Dann hast du nichts verloren, Väterchen. Tut mir leid. Ich muß jetzt fahren.« Sie legte sich noch einen leichten Schal um.
Neblig und ungemütlich war es draußen. Der Nebel in den Bergen ließ keinen noch so winzigen Sonnenstrahl durch. Und weil sie spät dran war, mußte sie die kurze Strecke zur Schule mit dem Auto fahren. »Servus! Bis mittags. Ich koch uns dann was Feines.«
»Ohne deinen Beistand finde ich nie einen Gesellen, der später als Meister den Betrieb übernehmen kann«, meinte er gottergeben, winkte ihr aber lächelnd nach, als sie im Hof in ihr Auto stieg und davonfuhr.
Barbara gab Gas. Mehr als eine Unterrichtsstunde konnte sie nicht ausfallen lassen, um ihrem Vater zur Seite zu stehen, wenn sich am frühen Morgen ein Bewerber in der Schreinerei vorstellte. Was dachte er nur? Sie konnte ihm doch keine Entscheidung abnehmen. Manchmal fragte sie sich schon, ob er das von ihr erwartete, weil sie nun schon seit einem Jahr Lehrerin an der kleinen Schule in Wesing war. Und was aus ihm werden sollte, wenn sich seine Unentschlossenheit und Hilflosigkeit noch verstärkte? Aber dann lächelte sie. Trotz seiner kleinen Schwächen war und blieb ihr Vater der einzig geliebte Mann in ihrem Leben.
Als sie den Parkplatz für die Lehrkräfte der Dorfschule erreichte, hatte sich das Lächeln auf ihrem frischen Gesicht längst verloren. Der fröhliche Lärm, der aus dem flachen Schulgebäude drang, mahnte sie an ihre eigenen Pflichten. Grete Niebauer, die als Gemeindeschwester manchmal für eine Lehrerin einsprang, kam ihr auf dem Flur entgegen.
»Ist alles gutgegangen?« fragte Barbara gleich.
»Aber ja! Ihre Klasse ist ja musterhaft. Und so eine Stunde Basteln und Malen mit den Kleinen macht mir selbst Freude. Nur denke ich, Frau Lange, Ihre ABC-Schützen haben mich nur ungern akzeptiert. Ich kann Ihnen, der heißgeliebten Lehrerin, das Wasser kaum reichen«, fügte sie schmunzelnd hinzu.
»Danke fürs Kompliment und daß Sie mich trotzdem vertreten haben!« entgegnete Barbara gutgelaunt. Sie betrat den Aufenthaltsraum fürs Kollegium gar nicht mehr, sondern zog sich auf dem Flur schon den Mantel aus. Keine weitere Minute wollte sie sich verspäten, denn sie liebte ihren Beruf und jeden einzelnen ihrer ABC-Schützen. Auch, wenn es einige darunter gab, die ihr das Leben nicht immer leichtmachten.
»Guten Morgen, Frau Lehrerin!« begrüßte sie die Schar von zweiundzwanzig Kindern. Rosige Gesichter, von blonden und braunen Locken umrahmt und glänzenden Augen beherrscht, strahlten ihr entgegen.
»Guten Morgen. Ihr könnt euch setzen!« Barbara hängte ihren Mantel an den Haken, stellte ihre Tasche auf den Stuhl am Tisch und holte ihre Bücher hervor. Sie legte das Kästchen mit den bunten Kreiden zurecht und freute sich schon darauf, eine Narzisse und eine Tulpe an die Tafel malen zu können. Wie so oft wollte sie heute den Unterricht im Lesen mit der Naturkunde verbinden. War es nicht trotz des trüben Wetters höchste Zeit, sich mit den ersten Frühlingsboten zu beschäftigen?
Ein Tuscheln und Raunen ging durch den Raum und wollte kein Ende nehmen. Barbara blickte in die Gesichter. »Was ist denn? Was gibt’s zu lachen und zu tuscheln? Holt lieber eure Malstifte hervor, wenn ihr sie schon wieder weggeräumt habt. Wir werden sie auch in dieser Stunde brauchen.«
Das Gekicher und Geschwätz hielt an. Besonders der rotbäckige Karli in der ersten Reihe krümmte sich vor Lachen. Barbara schoß ihm einen scharfen Blick zu, denn Karli war der Sohn ihrer Freundin Traudl und wollte nicht einsehen, daß sie ihm deshalb noch lange nichts durchgehen lassen durfte.
»Karli, reiß dich zusammen!« zischte sie, warf aber einen verstohlenen Blick auf ihre Blusenknöpfe und danach auf den Reißverschluß ihrer Jeans. Nein, alles war korrekt verschlossen. Nichts an ihr gab Anlaß zu diesem anhaltenden und recht respektlosen Gelächter ihrer Schützlinge.
»Kurti«, rief sie den karottenschöpfigen Sohn des Dorfgastwirts auf. »Verrat mir mal, was eigentlich so komisch ist.«
Kurti erhob sich. Sein Gesicht wurde so rot wie sein Haar. Er sah zu Boden, weil er gegen sein Lachen ankämpfte.
»Nun? Was ist los?« forderte Barbara ihn auf und spürte dabei, wie ihr selbst ein Lachen hochstieg. Sie war sechsundzwanzig, lebensfroh und kicherte dann und wann selbst noch gern wie ein Teenager.
Patricia Strecker, die Tochter eines Steuerberaters, der sich hier im Dorf niedergelassen hatte, hob den Arm.
»Kannst du es erklären, Patricia?«
Patricia, die immer besonders sorgfältig gekleidet und frisiert war und als Klassenbeste galt, erhob sich und sah sich beifallheischend um.
»Sie ist wieder nicht gekommen, Frau Lehrerin.«
Zwanzig Kinder brachen in schadenfrohes Gelächter aus.
»Das Gritli über den Wolken hat den Bastelunterricht versäumt«, tat Patricia sich wichtig. »Es ist das dritte Mal in diesem März.«
»So.« Barbara setzte sich und ließ ihren Blick über die Köpfe schweifen. Tatsächlich, in der dritten Reihe war Gritli Heimhofers Platz mal wieder leer geblieben. »Und warum ist das so komisch?« fragte sie streng.
»… weil, weil«, meldete sich der rote Kurti jetzt tapfer zu Wort, »die Wolken heute so tief hängen. Dann muß sie doch nicht aufs Felshorn hoch, um sich wieder auszuspinnen. Gekommen ist sie aber trotzdem nicht.«
»Hoho!« jubelte Karli und warf den Kopf in den Nacken, so laut mußte er losprusten. »Aber weil sie so g’schert ist, schafft sie nicht mal den kurzen Weg von über den Wolken hinein in die Schule!« Theo nickte und wollte sich ebenfalls vor Lachen ausschütten.
»Ruhe!« rief Barbara. »Es kann auch andere Gründe für ihr Fehlen geben.«
»Naaa! Das glaubst selbst nicht, Tante!« widersprach Karli. »Das Gritli mag die Schul’ nicht und dich auch nicht. Da hockt sie lieber über den Wolken oben an der Felswand und träumt sich in den Himmel hinein.«
Der zornige Blick seiner Tante ließ ihn dann aber verstummen. Sekunden später herrschte endlich wieder Ruhe im Raum.
»So, und nun schlagt Seite vierzehn im Lesebuch auf. Das Gedicht ›Frühlingsboten‹ war zu üben. Wer will anfangen?«
»Und ihre Hausaufgaben macht sie auch nie!« fügte Theo noch wichtigtuerisch hinzu. Er hatte es gerade nötig!
Barbara überhörte das. Sie übersah auch Patricias aufgeregtes Fingerschnipsen. Lieber nahm sie die kleine Petra dran. Während Petra brav Zeile für Zeile las, begann Barbara eine Osterglocke an die Tafel zu malen. Dabei dachte sie an Gritli und wie zutreffend Karli ihre häufige Ungeduld dem Kind gegenüber erwähnt hatte. War sie vielleicht doch ungerecht? Sie wußte es doch längst, die kleine Gritli hatte es schwerer als die anderen Kinder.
Ob sie sich deshalb so oft auf die Gipfel der Berge flüchtete, um von dort aus weit nach Westen zu schauen und aus den Schattierungen des Sonnenlichts auf den Höhen der Bergriesen und der zahllosen Formen der Wolken das Wetter der nächsten Tage vorhersagen zu können? Gritlis Mutter war bei ihrer Geburt gestorben. Bald darauf war ihr Vater in die weite Welt verschwunden. Seitdem wurde das Kind von seiner Großmutter Agnes, der alten Tante Theres und dem Onkel Sepp Heimhofer aufgezogen. Aber außer der alten Tante, die schon recht hinfällig sein mußte, fand keiner der Verwandten Zeit, um der Kleinen bei den Hausaufgaben zu helfen. Außer ihr gab es dort oben am Hang auch keine anderen Kinder, sondern nur Schafe, Kühe und Ziegen, Hühner und Katzen. Im Sommer, wenn die Kühe auf der Alm grasten, mußte das Kind beim Herunterschaffen der Milch helfen. Das allein nahm doch Stunden in Anspruch!
Und so kam es, daß Gritli sich oft so benahm, als sei sie nicht ganz von dieser Welt, eben ›Gritli über den Wolken‹. Und darüber hatte Barbara sich schon einige Male geärgert und es Gritli wohl auch spüren lassen.
»Frau Lehrerin!« Das war die kecke Stimme von Kurti Strecker. Sie sah sich um, und er deutete mit vielsagendem Gesicht zur Tür. Da stand Gritli. Und als ob Gritlis Furcht vor der drohenden Strafpredigt