Die Nostalgie dieser Jahre zeigt sich an unzähligen Buchcovern mit Frauen in maßgeschneiderten Kostümen, die den Blick in eine Zukunft richten, die zum Greifen nah scheint und doch erst erobert werden muss. Die Gräuel des Krieges sind vorbei, es geht voran. So auch im Krimi. Und selbst, wenn diese Bücher das Bedürfnis nach Ermittlungen mit Notizblock und Telefonen mit Wählscheibe, nach unberührter Natur der italienischen Adriaküste oder Sardiniens befriedigen, handeln die Romane auch von braunem Filz, fest verfügten Geschlechterrollen, Mauerbau und dem Beginn des Kalten Krieges.
BELLA ITALIA
Schon die Nazis weckten mit Heimatfilmen in den Dreißiger-und Vierzigerjahren die Sehnsucht nach Italien, die ihren Höhepunkt in den Nachkriegsjahren fand. Zwei junge Frauen machen sich in von Margherita Giovanni auf einem Motorroller auf in Richtung Adria, um unbeschwerte Ferien zu verbringen, und vielleicht auch das ein oder andere amouröse Abenteuer zu erleben. Doch statt in den belebten Touristenstädten an der Küste landen sie im verschlafenen Pesaro del Monte, wo die Witwe Frederica Pellegrini eine kleine Pension betreibt. Bei ihrer Ankunft werden sie von dem deutschen, leicht arroganten Lehrer Kilian Rossi in Empfang genommen, der einige Tage später tot aufgefunden wird. Die beiden Mädchen sitzen in dem Ort über dem Meer fest, stehen sie doch unter Mordverdacht. Aber trotz aller Unsicherheiten ist es ein traumhafter Platz, um zu bleiben, unberührte Strände, seltene Vogelarten, Mahlzeiten, die unter Orangenbäumen gemeinsam eingenommen werden. Das Erfolgsrezept dieser Geschichte ist seine dichte Urlaubsatmosphäre, eine kleine Dorfgemeinschaft, in der nicht alles so ist, wie es zunächst scheint, eine ledige Pensionswirtin und ein sympathischer Commissario. Und Elke und Sonja sind auch nicht auf den Kopf gefallen. Margerita Giovanni ist das Pseudonym der deutschen Autorin Brigitte Pons, die über ihre Idee, einen Italienroman zu schreiben, der in den Fünfzigern spielt, sagt: „Mit diesen Klischees zu arbeiten macht Spaß und ganz besonders dem nostalgisch-verklärten Blick durch einen Mord einen deutlichen Kontrast entgegenzusetzen.“ Und mit ihrer selbstbestimmten, unbekümmerte Pensionswirtin setzt sie auch den Frauenrollen dieser Zeit einen weiteren Kontrast entgegen.