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04.11.2013

Hermann Henselmann und die Moderne

B�cher im BauNetz


�Er ist von einer bezaubernden Eitelkeit und klug genug, sie mit Ironie zur Schau zu stellen.� Das sagte die zerbrechliche Schriftstellerin Brigitte Reimann einst �ber ihren Mitb�rger Hermann Henselmann (1905�95), der in der DDR �der Architekt des Sozialismus� sein wollte. Dabei hat er eine Reihe von Wendungen in seinem Leben absolviert und dabei stets seine Vergangenheit verschleiert oder stilisiert. Wer Anfang der Neunzigerjahre im (Gesamt-)Berliner Stadtforum den ehemaligen DDR-Staatsarchitekten Henselmann erlebte, sah einen eindrucksvollen alten Mann, der sich als unpolitischen K�nstlerarchitekten mit internationalen Kontakten darstellte; in seinen Anekdoten spielten die Freundschaften zu bedeutenden West-Architekten eine gro�e Rolle.  

Henselmanns architektonische Vorliebe galt der Moderne, daher legte er stets gro�en Wert darauf, als Urheber der demonstrativ, ja kulissenhaft �modernistischen� Villa Kenwin (1929-32) in La-Tour-de-Peilz am Genfer See wahrgenommen zu werden. Die vorliegende Arbeit weist nach, dass Henselmanns Anteil am Entwurf der Villa denkbar gering war: Der stammte vielmehr von dem � w�hrend der Bauarbeiten t�dlich verungl�ckten � ungarischen Theaterarchitekten Alexander Ferenczy. Henselmann trug lediglich Inneneinrichtung und Gartengestaltung bei.  

Was f�r eine Volte: Der Mann, der ab 1950 als Architekt der national-traditionalistischen Stalinallee auftrat (was er nicht alleine war), vereinnahmte das gestalterisch gegens�tzliche Konzept des modernen Hauses Zeit seines Lebens f�r sich, obwohl es nicht von ihm stammte. Der Mann, der sich Sozialist nannte, baute Anfang der 1930er Jahre seinen Erstling (sowie drei Villen in Kleinmachnow) f�r reiche Leute � und nahm im Krieg Brotjobs f�r die R�stungsindustrie Nazideutschlands an. Erst nach dem Ende der stalinistischen Doktrin in der DDR konnte er wieder das bauen, was er wollte: eine �Moderne im sozialistischen Gewand�. Mit dem �Haus des Lehrers� (1961-64) realisierte er den Prototyp f�r eine neue Architektur in der DDR � die Durchsetzung der Moderne im Land war sein Verdienst. Dabei stellte er einen theoretischen Bezug zwischen Humanismus und Moderne her, um letztere als sozialistisch vereinnahmen zu k�nnen. Eine Unterscheidbarkeit zur gleich aussehenden zeitgleichen Architektur im Westen musste dann noch durch Bildende Kunst hergestellt werden: Das sozialistisch-realistische Wandfries von Walter Womacka am Haus des Lehrers ist mit zwei Geschossen H�he un�bersehbar.  

Die Kernthese des Buches � neben der Demontage der Pers�nlichkeit Henselmanns � ist eine nicht mehr neue: Die �Moderne� war in der Baugeschichte nicht fortschrittlich oder links, sie war vielmehr ein gef�lliges Gef��, das mit unterschiedlichen, sich gar widersprechenden Inhalten aufgeladen werden konnte. Insofern war Henselmanns Faible f�r die Moderne letztlich keine politische �berzeugung, sondern eine formale Vorliebe. (Benedikt Hotze)


Hermann Henselmann und die Moderne.
Eine Studie zur Modernerezeption in der Architektur der DDR
Elmar Kossel
Langewiesche, K�nigstein 2013
Festeinband, 200 Seiten, 200 s/w- und 2 Farb-Abbildungen
39 Euro


Zum Thema:

www.langewiesche-verlag.de


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