Gilbert Heß

Das im Netz sozialer Beziehungen gefangene Ich




  • Gabriele Jancke: Autobiographie als soziale Praxis. Beziehungskonzepte in Selbstzeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. (Selbstzeugnisse der Neuzeit 10) Köln: Böhlau 2002. VIII, 264 S. Gebunden. EUR 29,90.
    ISBN: 3-412-13201-2.


[1] 

In den letzten Jahren läßt sich als eine Art Gegenbewegung zu dem lange Zeit vorherrschenden Interesse an historischen Strukturen wieder eine verstärkte Fokussierung auf den Menschen als handelndes Subjekt der Geschichte verzeichnen. Im Zuge sozialhistorisch-anthropologischer Forschungsansätze der 1970er bis 90er Jahre sind insbesondere in den Geschichtswissenschaften Texte verstärkt in den Blick geraten, die im weitesten Sinne der Lebens- bzw. Selbstlebensbeschreibung zuzuordnen sind. 1 Insbesondere der von Wilfried Schulze geprägte Begriff des Ego-Dokuments belebte die Diskussion und weitete das Untersuchungsfeld auch auf ursprünglich nicht-intendierte bzw. unfreiwillig entstandene Äußerungen von Personen aus. 2

[2] 

Auch in der literaturwissenschaftlichen Diskussion nehmen nichtfiktionale Texte, die den schreibenden Autor thematisieren, eine wichtige Rolle ein. Bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts erfreuen sich autobiographische Schriften des 17. und 18. Jahrhunderts kontinuierlicher Aufmerksamkeit, während Texte des 15. und 16. Jahrhunderts verstärkt erst seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den Blickpunkt rücken. 3

[3] 

Trend zu sozialgeschichtlichen
Untersuchungen

[4] 

In Folge dieses zunehmenden Interesses sind in den letzten Jahren zahlreiche Forschungsprojekte mit dazugehörigen Reihen ins Leben gerufen worden, die meist dem sozialgeschichtlichen Anliegen vepflichtet sind, etwas über das Alltagsleben auch unterer Volksschichten zu erfahren. 4 Die Berliner Dissertation von Gabriele Jancke ist ein erstes (Teil-)Produkt des von der Gerda Henkel Stiftung geförderten, umfassend angelegten Projekts »Autobiographische Schriften des 15. und 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum«, das durch zwei weitere Monographien, eine Quellenkunde zu edierten deutschsprachigen Autobiographien sowie durch eine Überblicksdarstellung abgerundet werden soll, in der die Daten dieser Quellenkunde ausgewertet werden. 5 Ziel des Gesamtprojekts ist es, die bisher im deutschsprachigen Raum edierten Quellen auszuwerten und für die Forschung zugänglich zu machen.

[5] 

Die definitorische Abgrenzung autobiographischer Texte von anderen Selbstzeugnissen bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Insbesondere im 16. Jahrhundert ist die Varianz unterschiedlicher Schreibformen, die das ›Selbst‹ thematisieren, besonders groß. 6 In den letzten Jahren läßt sich insbesondere in den Geschichtswissenschaften ein Trend verzeichnen, der von einer weit gefaßten Definiton ausgeht und äußerst heterogenes Textmaterial untersucht. Im Rahmen der umfangreichen Gruppe von Texten, die Rückschlüsse auf den Schreiber zulassen und die man mit Benigna von Krusenstjern als ›Selbstzeugnisse‹ bezeichnen könnte, bilden Autobiographien im engeren Sinne lediglich eine Textform unter vielen. 7 Sie unterscheiden sich erheblich von anderen Selbstzeugnissen wie Tagebüchern, Memoiren, Reisebeschreibungen oder Briefen. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zu anderen Zeugnissen ist der Lebenszusammenhang, der in einer Autobiographie dargestellt und erzählt wird. Andere Definitionen postulieren den »Umfang eines Buches, dessen Gegenstand innere und äußere Erlebnisse sowie selbstvollzogene Handlungen aus der Vergangenheit des Autors [sind].« 8 Gabriele Jancke verwendet dagegen einen weiten Autobiographie-Begriff und untersucht dementsprechend ein sehr umfangreiches Quellenkorpus:

[6] 
Aufgenommen wurden alle autobiographischen Texte, in denen eine Lebensgeschichte ganz oder teilweise dargestellt ist, in welcher Form und Länge auch immer. Herangezogen wurden autobiographische Texte in allen auftretenden Formen, d.h. neben in sich abgeschlossenen Autobiographien unter anderem auch solche, die mit thematisch anders gelagertem Anliegen etwa in Widmungsvorreden oder in meist theologischen Polemiken kombiniert waren, gelegentlich auch Briefe, ferner autobiographische Tagebücher. Reiseberichte sind dann berücksichtigt, wenn dem Reiseteil zumindest ein autobiographischer Vorspann vorangestellt ist, etwa bei Hans Ulrich Krafft. (S. 16 f.)
[7] 

Damit umfaßt ihr Untersuchungskorpus Texte aus dem Zeitraum von 1400 bis 1620, die fließende Übergänge »zwischen zusammenfassendem autobiographischem Schreiben im Rückblick (Autobiographie)« und »regelmäßigem autobiograpischem Schreiben über einen kürzeren oder längeren Zeitraum hinweg (Chronik und Tagebuch)« (S. 17) zeigen.

[8] 

In einer ausführlichen Einleitung zeichnet sie die Forschungssituation zu autobiographischen Texten solide nach und grenzt ihr eigenes, auf die ›soziale Praxis‹ gerichtetes Interesse von den in den letzten Jahrzehnten im Vordergrund stehenden Forschungen ab, die ein – wie auch immer geartetes – Individualitätsbewußtsein nachzuweisen suchten. Jancke vertritt ein Konzept, das einen Individualitätsbegriff postuliert, der den »Menschen im Netzwerk« (S. 13) thematisiert. ›Soziale Praxis‹ erscheint demnach dann als Untersuchungsgegenstand,

[9] 
[...] wenn die Präsenz Anderer in autobiographischen Schriften der Frühen Neuzeit zum Thema gemacht wird und wenn dies zur Frage nach den damit verbundenen Selbst- und Beziehungskonzepten und nach dem jeweiligen kommunikativen Handeln der VerfasserInnnen führt. (S. 1 f.)
[10] 

Damit wird der Fokus weniger auf den Inhalt der Texte gelegt, sondern auf den Akt des biographischen Schreibens. Nicht individuelle Subjektivität, sondern autobiographisches Schreiben als gesellschaftsrelevantes Handeln im Kontext sozialer Netzwerke steht also im Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses.

[11] 

Kontext – Personen – Intentionen

[12] 

In einem ersten, »Handeln in Beziehungskonzepten« überschriebenen Kapitel untersucht Jancke in drei Fallstudien autobiographische Schriften nach einem dreigliedrigen Schema: Nachdem sie jeweils die Schreibsituation zu klären sucht (Kontextualisierung), beschreibt sie die genannten Themen, deren Gewichtung und die Rolle von genannten Personen und Handlungen (Inhaltsanalyse), um in einem dritten Schritt Aufgaben und Intentionen, die die jeweiligen Autoren mit ihren Texten verbunden haben mögen, herauszukristallisieren (Funktionsanalyse). Als Untersuchungsgegenstand wählt sie hierbei drei prominente Beispiele:

[13] 

1. Die hebräische Autobiographie des jüdischen Politikers, Geldverleihers und Gemeindevorstands im Unterelsaß Josel von Rosenheim (ca. 1478–1554), eines der wichtigsten jüdischen Repräsentanten im Elsaß und darüberhinaus in Oberdeutschland, umfaßt lediglich 10 Textseiten. In ihrer überzeugenden Analyse belegt Jancke, wie der Text Auskunft gibt über das »[...] ganz grundsätzliche Problem, wie die Existenz, die Identität und die Überlieferung seiner sozialen Gruppe in einer Situation der beständigen Gefahr bewahrt werden konnte« (S. 39). Der Schreiber selbst tritt in den Passagen, die sich nicht auf die Notizen seines Vaters stützen, sondern seine eigene Lebenszeit betreffen, in der Schilderung ganz hinter seinem Amt zurück. Das ›Ich‹ wird hierbei in den Grenzen seiner Handlungsmacht dargestellt. So beschreibt Rosenheim seine engagierten Verhandlungen mit dem Kaiser, die zwar eine gewisse Rechtssicherheit seiner Glaubensgemeinschaft zu bewirken vermochten, deren konkrete Auswirkungen wegen der halbherzigen Umsetzung jedoch wenig Verläßlichkeit zur Folge hatten: Der autobiographische Text wird somit zu einem Schlüsseldokument eines Handlungsgefüges, das den Schreiber als Mittler zwischen seiner Glaubensgemeinschaft und der als bedrohlich empfundenen christlichen Gesellschaft erscheinen läßt: »Die physische Existenz, die Lebensmöglichkeiten und die religiöse Identität der Juden im Reich sind es, um deren Bewahrung das Ich des Textes sich abmüht und die der Autor als ›Wir‹ in sein Egodokument mit hineinschreibt« (S. 42). Seine Autobiographie läßt sich insofern recht anschaulich als Niederschlag einer sozialen Praxis interpretieren, als sie zugleich als ein Dokument der Ohnmacht und Gefährdung der Aktivitäten Rosenheims gelesen werden kann, der sich durch die Niederschrift der Verbundenheit mit seinen Glaubensgenossen versichert und durch diese Stärkung des Kollektivbewußtseins zugleich das gemeinsam erfahrene Leid zu lindern intendiert (S. 42 f.).

[14] 

2. Die zweite Fallstudie wendet sich den in vorbildlicher Edition vorliegenden Schriften der Katharina Zell (1498–1562), 9 und damit einer der insgesamt (nur) acht von Frauen verfaßten autobiographischen Schriften zu, der 179 von Männern verfaßte Autobiographien im untersuchten Quellenkorpus gegenüberstehen. Jancke weist nach, wie die Verfasserin in der gut erforschten Auseinandersetzung mit dem Ulmer Superintendenten Ludwig Rabus durch die Veröffentlichung dreier Briefe und eines Antwortschreibens ihre eigene Position zu stärken versteht. Aussagen zu ihrem eigenen Leben dienen hierbei als Bekräftigungsstrategien, die ihre Argumentation als »autobiographische Selbstverteidigung« (S. 46) erscheinen lassen: »Da der Verfasserin die von der Amtskirche verlangte Qualifikation durch Amt und Geschlecht sowie der Rückhalt durch einen entsprechend qualifizierten Ehemann fehlt, liefert sie die Qualifikation für die beanspruchte Rolle in autobiographischer Form« (S. 48). Allerdings wird man hier im Gegensatz zu Janckes Argumentation in Erwägung ziehen müssen, daß diese Stärkung der eigenen Position möglicherweise eher der öffentlichkeitswirksamen Inszenierung als den konkreten autobiographischen Aussagen zuzuschreiben ist. Ferner wird, wie die Autorin vermerkt, bereits an dieser Einzelfallstudie deutlich, daß sachliche Äußerungen (hier: zu theologischen Fragen) mit Aussagen zur eigenen Person eng verwoben sein können und insofern Autobiograpisches und Didaxe eigentlich nicht mehr zu trennen sind.

[15] 

3. Mit dem ›Leben des Jacob Andreae‹ (1528–1590), des einflußreichen Tübinger Theologen der zweiten Generation, Reformers im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel und maßgeblich Verantwortlichen für die Ausarbeitung der formula concordiae (1577; 1580), 10 wendet sich Jancke derjenigen Form autobiographischer Schriften zu, die am häufigsten ediert und somit auch am besten erforscht ist: Der humanistischen Gelehrten(auto)biographie. Jancke stellt fest, daß Andreae seine Familie, die ihm unterstehenden Pfarrerkollegen in Göppingen und seine eigene Gemeinde kaum erwähnt. »Andreae stellt sein Leben in seiner Autobiographie als eine Kette von außergewöhnlichen Ereignissen dar. Die gewöhnlichen Lebensvollzüge beschreibt er hingegen nur im Falle einer Störung« (S.60). Dies führt sie auf sein ständiges Bemühen zurück, sich selbst als Person zu stilisieren, die dem alltäglichen familiären Beziehungsnetz als Hausvater und der alltäglichen Arbeit als Pfarrer enthoben ist. Anhand der Analyse dreier exemplarischer Episoden aus seinem Text (der Auseinandersetzung mit den pfälzischen Täufern, der grausamen Hinrichtung eines Juden auf katholischem Territorium und seiner Pedigt anläßlich der Aufhebung des Zisterzienserinnenklosters in Lauingen) weist Jancke nach, wie sich der Verfasser als effektives Machtmittel der Obrigkeit stilisiert, die sich mit seiner Hilfe herrschaftlichen Zugriff auf verschiedenste gesellschaftliche Bereiche sichert.

[16] 
Andreae liefert ein Modell des kirchlichen Beamten, der von seinem Landesherrn ganz und gar abhängig ist, ihm treu dient und Untergeordnete gemäß den obrigkeitlichen Herrschaftsinteressen und zum Nutzen des bürokratischen Herrschaftsapparats behandelt. Über die legitimatorische Selbststilisierung hinaus hat dieses Modell die Funktion, den potentiellen Lesern eine eindeutige Orientierung im System der Landesherrschaft vorzugeben. (S. 67)
[17] 

In festen Beziehungsnetzen verankert

[18] 

In diesen drei Fallstudien gelingt es der Autorin, zu schlüssigen Einzelergebnissen zu gelangen und bei aller Unterschiedlichkeit der Texte durch die vergleichende Betrachtung auch Gemeinsamkeiten zu entdecken (so u.a., daß alle drei Verfasser ihre Texte in festen Beziehungsnetzen verankern: in der jüdischen Gemeinde bzw. der Judenschaft des Reiches als Opponenten zu christlichen Obrigkeiten im Falle Rosenheims, in der Beziehung zum Ulmer Superintendenten Ludwig Rabus und zu den Straßburger Mitbürgern im Falle Katharina Zells und in der Bindung an den Landesherren als bestimmende Konstante im Falle Andreaes), und daß alle drei Verfasser ihre Texte als Kommunikationsstrategien einsetzen, nämlich als individuelles Erinnern zur Beförderung eines kollektiven Gedächtnisses, zur Selbstautorisierung bzw. als Differenzmarkierung des Gelehrten vom Volk, der sich zugleich in seiner Abhängigkeit vom Landesherren darstellt. Geprägt sind diese Beziehungsnetze (was Jancke mit erstaunlicher Überraschung vermerkt) durch Religion und Konfession (S. 71 f.) und zum Teil durch die Familie, je nachdem, ob die Texte auf die Nachkommenschaft als intendierte Leser hin konzipiert wurden.

[19] 

Die Ergebnisse müssen jedoch unter einem erheblichen philologischen Vorbehalt betrachtet werden, da es die Autorin dezidiert unterläßt, die Texte auf rhetorische Strukturen hin zu untersuchen (S. 34). In einer Epoche, die sich keineswegs nur im Rahmen der normativen Poetik wie kaum eine andere an vorgeprägten rhetorischen Mustern orientierte, dürfte kaum ein Text ohne diese notwendige Kontextualisierung in ihrem Aussagegehalt hinreichend zu interpretieren sein.

[20] 

Das umfangreichste Kapitel widmet Jancke – hierbei anknüpfend an die Untersuchung von Ronald Weisman und an die Forschungen von Wolfgang Reinhard - 11 der Analyse von Patronagebeziehungen. Wie sie einleitend feststellt, lassen sich solche Netzwerke nicht ausschließlich aus autobiographischen Texten rekonstruieren. Die Recherche ist vielmehr »[...] fast ausschließlich außerhalb der Quelle und mit Hilfe biographischer Forschung zu betreiben, ehe der Text selbst möglicherweise als Quelle für Patronageverhältnisse kenntlich werden kann.« (S. 84). Daß sich insofern die »Lebenswirklichkeit nur zum Teil in den autobiographischen Texten wieder[findet]«, daß dort »nicht zwangsläufig alles Biographische thematisiert wird« (S. 85), und daß die Auswahl der mitgeteilten Sachverhalte nach Kriterien erfolgte, die sich dem heutigen Forscher nur noch schwer erschließen (S. 86), sind wenig überraschende Fakten. In einer Arbeit, die sich mit mit der sozialen Praxis in Beziehungsnetzen beschäftigt, wäre es wünschenswert gewesen, die kritischen Überlegungen Pierre Bordieus zur Biographie und Autobiographie zur Kenntnis zu nehmen. 12

[21] 

Jancke weist anhand konkreter Beispiele unterschiedliche Modelle der Beziehung zwischen Patron und Klient nach. Neben dem Abhängigkeitsverhältnis von Autoren gegenüber ihren Geldgebern können Autobiographen auch selbst als Patron oder als Vermittler (von Jancke mit dem unschönen Wort »Broker« tituliert) auftreten, die von ihnen abhängige Personen an Dritte vermitteln oder lediglich von Patronageverhältnissen anderer in ihrem Text berichten.

[22] 

Besonders häufig sind solche Abhängigkeiten in der Beziehung zwischen Lehrern und Schülern, wie sie in Gelehrtenbiographien thematisiert werden, anzutreffen. Bei der Vermittlung von Kontakten, Unterricht, Stipendien oder Stellen zeigt sich dieses Verhältnis, das zum Beispiel durch Konfessionswechsel erheblichen Spannungen unterworfen sein konnte, besonders deutlich (S. 107–134). Wie Jancke anhand von Einzelbeispielen nachweisen kann, konnten diese (häufig in der Ausbildungsphase erfahrenen) Förderungen lebenslange Dank- und Ehrbezeugungen seitens des Klienten zur Folge haben, wie auch umgekehrt die in Huldigungen zum Ausdruck kommende Hoffnung auf Unterstützung zum erfolgreichen Gewinn eines Mäzens führen konnte. Daß die Mäzene zunehmend aus dem Bereich der städtischen Führungsschichten und der Landesherren stammten, dürfte als Indiz für die Indienstnahme der Gelehrten durch den Staat zu interpretieren sein. Das Patronagesystem läßt sich, wie Jancke überzeugend nachweist, als Mechanismus der Integration gelehrter, politischer und sozialer Führungsschichten verstehen, das zugleich auch der systematischen Autorisierung seiner Mitglieder diente. Zugleich diente es damit auch der Exklusion von sozial und politisch weniger einflußreicher Schichten sowie weitgehend von Frauen, die in der Regel nur als Patroninnen tätig werden konnten. In diesem Rahmen gelingt es Jancke am überzeugensten, den Quellenwert der Autobiographie für ihre Fragestellung transparent zu machen:

[23] 
Patronage ist ein im Gesamtkorpus bedeutendes Beispiel, an dem sich zeigen läßt, wie die Beziehungen einer bestimmten Gruppenkultur die Texte prägten, ja in vielen Fällen sogar den unmittelbaren Anlaß für autobiographische Schriften abgaben. Autobiographisches Schreiben war für die Verfasser eine Möglichkeit, solche Beziehungen zu knüpfen, zu pflegen, zu gestalten und ihnen Dauerhaftigkeit zu verleihen. (S. 165)
[24] 

Im umfangreichen »Für andere Schreiben« betitelten Kapitel geht die Autorin Fragen der intendierten Leserschaft und der Rezeption von Autobiographien nach. Das Buch weist hier einige Redundanzen auf, zumal über zu große Strecken die Ergebnisse von Statistiken umschrieben werden. Wenngleich die Verfasserin zu Recht dafür plädiert, die Verwendung von Latein bzw. Volkssprachen in Bezug zu den Sprachkennissen und -fähigkeiten der Verfasser und Verfasserinnen zu setzen, können diese Fragen erst anhand konkreter Interpretationen jedes einzelnen Textes befriedigend gelöst werden. Janckes Argumentation vermag immer dann zu überzeugen, wenn sie die Ergebnisse aus der Einzelinterpretation autobiographischer Texte gewinnt. So wirkt die allgemeine Aussage, daß

[25] 
die Wahl der Gelehrtensprache Latein als überregionales und transterritoriales Verständigungsmittel eine Gemeinsamkeit unter Gelehrten unabhängig von den Orten ihrer Herkunft und ihres gegenwärtigen Wirkens herstellte, [während] sich die VerfasserInnen mit der Wahl einer Landessprache auf enger begrenzte geographische Räume [orientierten]
[26] 

etwas zu banal und differenzierungsbedürftig 13 . Anhand konkreter Beispiele wie der Autobiographie des Rochus von Lynar (1525–1596) vermag Jancke hingegen überzeugend darzustellen (S. 178 f.), daß die Sprachwahl weiterreichenden Implikationen entsprungen sein konnte: Der aus dem Großherzogtum Toskana stammende Lynar, der nach einer Duellaffäre seines Vaters nach Frankreich floh, als Kammerjunker des Dauphins diente, in den folgenden Jahren verstärkt in diplomatischer Mission in Sachsen, Hessen und Berlin tätig war und seine Militärlaufbahn als brandenburgischer Generaloberst der Artellerie, Zeug- und Baumeister krönte, verfaßte seine Schrift in deutscher Sprache. Dies ist insofern bemerkenswert, als Lynar immerhin 25 Jahre in Frankreich gelebt hatte und seine Frau ihre Lebensbeschreibung auf Französisch verfaßt hatte. Daß sich Lynar für die deutsche Sprache entschied, dürfte durch das soziale Umfeld bestimmt gewesen sein, das für seinen Übertritt zur reformierten Konfession maßgeblich war. Er konvertierte nämlich während einer diplomatischen Reise im Reich aufgrund von Kontakten mit dortigen Reformierten. Seine religiöse Identität mag für ihn also – so Jancke – weit weniger an ein französisches Umfeld gebunden gewesen sein als für seine Frau.

[27] 

Im Falle der Autobiographie des Philipp Eduard Fugger (1546–1618) ist die Mischung von geschäftlich begründeten Italienisch- und Französischkenntnissen, der deutschen Muttersprache und gelehrten Lateinkenntnissen Ausdruck adliger Kavaliersfähigkeiten, die der Schreiber in Italien erworben hatte. Das Lateinische spiegelt im Fall dieses Sprosses der durch geschickte Heiratspolitik in den Adel aufgestiegenen Augsburger Kaufmannsfamilie primär seine religiös-konfessionelle Orientierung wider, da Fugger nach seiner Ausbildung am Jesuitenkolleg in Rom dem Wunsch seiner Mutter gemäß in den Orden eintrat.

[28] 

Anhand der Autobiographie des Dresdner Superintendenten Daniel Greiser (1504–1591) wird ersichtlich, daß die einfache Zuordnung eines intendierten gelehrten bzw. ungelehrten Publikums nur aufgrund der Entscheidung für oder wider die Volkssprache nicht möglich ist. Greiser, aus dessen Autobiographie die Autorin an anderer Stelle (S. 103–105) die wichtige Funktion von Patronagebeziehungen für das berufliche Fortkommen herausarbeitet, nimmt in der Widmungsvorrede eine Differenzierung des intendierten Publikums vor:

[29] 
So habe doch E. Churf. G. vnderthenigst ich hiermit anzuzeigen vnd meldunge zuthum nicht vnterlassen wollen / Wer ach ich sey / wenn / wo / vnd von waserley Eltern ich geboren bin [...] vnd wie wunderbarlich mich der liebe Gott im Lauff meines Lebens geführet [...]. Ob vielleicht auch etliche der einfeltigen Pastorn auffm lande / vnd in meiner befohlenen Superintendentz / nachdeme sie solches lesen würden / daraus Exempel vnd vrsach nehmen würden / das sie in jhren Emptern desto fleissiger [...] fürstehen wollten. Vnd ist meine meinunge gar nicht / das ich damit dem einfeltigen vngelehrten vnd gemeinem Manne / jrgents einen nützlichen dienst thun wollte. (Vorrede, fol iiv, zit. nach Jancke, S. 194)
[30] 

Es ist allerdings fraglich, ob eine solche Passage – wie Jancke dies tut – wörtlich gelesen werden kann oder ob nicht zumindest potentiell die Möglichkeit der adulatio im Rahmen einer Widmungsvorrede bei der Interpretation mitbedacht werden müßte.

[31] 

Quellenfundus versus
autopbiographische Details

[32] 

Wenngleich die Dissertation auf einem breiten Quellenfundus von 234 ausgewerteten autobiographischen Schriften beruht – und die Autorin wird nicht müde, diese Leistung immer wieder zu betonen (z.B. S. 1, 16, 173, 213, 215) – stellt sich dennoch die Frage, inwieweit quantifizierende Verfahrensweisen den Blick auf die verhandelten Inhalte verschleiern. Auffälligerweise kommt die Autorin immer dann zu aussagekräftigen Ergebnissen, wenn sie einzelne Texte re-kontextualisiert, wohingegen sich diejenigen Passagen des Buches, in denen der Quellenbestand in immer wieder neuen Anläufen in Subkategorien unterteilt wird, ermüdend wirken und kaum neue Erkenntnisse zutage fördern.

[33] 

Das zu Rate gezogene Quellenkorpus stützt sich ausschließlich auf (zu Lebzeiten oder durch die spätere Forschung) edierte Autobiographien – und selbst hier sind wichtige Texte nicht erfaßt. 14 Der weite Autobiographiebegriff, von dem die Autorin ausgeht, impliziert die Ausdehnung auf schwer auffindbare Selbstzeugnisse im Bereich der Poetik (wobei auch die hier gänzlich fehlende Diskussion des Fiktionalitätsgrades erfolgen müßte), die kaum berücksichtigt wurde. Wichtige (zum Teil edierte!) Quellengruppen wie Haus-, Geschlechter- und Stammbücher bleiben in der Arbeit ebenso unberücksichtigt.

[34] 

Es fragt sich daher, inwieweit diese durch Überlieferungszufall und Editionsinteresse mehrfachen Zufällen unterworfene Größe überhaupt zu generalisierenden Aussagen berechtigt. Auf dieses Problem der Argumentation mit (noch dazu äußerst unsicheren) statistischen Daten weist Jancke selbst immer wieder hin, 15 unterliegt aber dennoch phasenweise der Versuchung zur Verallgemeinerung und zur quantitativen Argumentation. Die Beschränkung auf ausschließlich im Druck vorliegende, edierte Quellen schreibt zudem ein von ihr im Einleitungskapitel zurecht bemängeltes Forschungsdefizit fort: Aus der bisherigen Forschung – so Jancke – ergebe sich »ein Bild von ausschließlich christlichen, männlichen und städtischen Individuen« (S. 7). Wenngleich die Autorin in ihren Fallstudien bewußt die Lebensbeschreibung einer Frau und eines Vertreters jüdischen Glaubens analysiert, liegt ihr Schwerpunkt ebenfalls, zumindest im zweiten Teil der Dissertation, eindeutig auf den bislang am besten erforschten Formen autobiographischen Schreibens: der männlich dominierten, lateinischsprachigen Gelehrtenbiographie. Dies legt die Vermutung nahe, daß diese Form der Autobiographie eben doch als Normalfall anzusehen ist.

[35] 

Das untersuchte Quellenkorpus setzt sich aus einer Menge in sich disperater Textsorten zusammen, die jeweils eigens auf ihre Pragmatik hin hätten untersucht werden müssen. So unterschiedliche Textformen wie Briefe, Tagebücher, Reiseberichte, Chroniken, Widmungsvorreden usw. können zweifellos jeweils autobiographische Details liefern. Ihre Inhalte werden jedoch zwangsläufig stets auch von der gewählten Darstellungsform und von ihrer Pragmatik geprägt. Texte mit ausschließlich autobiographischen Aussagen wären zudem grundsätzlich von solchen zu unterscheiden, die lediglich kurze Passagen zum eigenen Leben im Kontext eines gänzlich anders gearteten Textzusammenhangs enthalten.

[36] 

Inwieweit diese Fehler in der angekündigten Quellenkunde samt Überblicksdarsrtellung behoben werden können, bleibt abzuwarten.


Dr. Gilbert Heß
Georg-August-Universität Göttingen
Seminar für Deutsche Philologie
Käte-Hamburger-Weg 3
DE - 37073 Göttingen

Besuchen Sie den Rezensenten auf seiner Homepage!

Ins Netz gestellt am 14.10.2004

IASLonline ISSN 1612-0442

Diese Rezension wurde betreut von der Redaktion IASLonline. Sie finden den Text auch angezeigt im Portal Lirez – Literaturwissenschaftliche Rezensionen.

Redaktionell betreut wurde diese Rezension von Natalia Igl.

Empfohlene Zitierweise:

Gilbert Heß: Das im Netz sozialer Beziehungen gefangene Ich. (Rezension über: Gabriele Jancke: Autobiographie als soziale Praxis. Beziehungskonzepte in Selbstzeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. Köln: Böhlau 2002.)
In: IASLonline [14.10.2004]
URL: <http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/Hess3412132012_669.html>
Datum des Zugriffs:

Zum Zitieren einzelner Passagen nutzen Sie bitte die angegebene Absatznummerierung.


Weitere Rezensionen stehen auf der Liste neuer Rezensionen und geordnet nach

zur Verfügung.

Möchten Sie zu dieser Rezension Stellung nehmen? Oder selbst für IASLonline rezensieren? Bitte informieren Sie sich hier!

[ Home | Anfang | zurück | Partner ]


Anmerkungen

Eine gute, vorrangig historischem Forschungsinteresse folgende Einführung in die geführten Diskussionen der letzten Jahrzehnte bietet Andreas Rutz: Ego-Dokument oder Ich-Konstruktion? Selbstzeugnisse als Quellen zur Erforschung des frühneuzeitlichen Menschen. In: Zeitenblicke 1 (2002), Nr. 2 (20.12.2002), URL: http://www.zeitenblicke.historicum.net/2002/02/rutz/index.html. (20.08.2004).   zurück
S. Winfried Schulze: Ego-Dokumente: Annäherung an den Menschen in der Geschichte? Vorüberlegungen für die Tagung »EGO-DOKUMENTE«. In: W. S. (Hg.): Ego-Dokumente. Annäherungen an den Menschen in der Geschichte. (Selbstzeugnisse der Neuzeit. Quellen und Darstellungen zur Sozial- und Erfahrungsgeschichte, Bd. 2). Berlin: Akademie-Verlag 1996, S. 11–30. Aussagen, die insbesondere im Rahmen juristischer, administrativer oder wirtschaftlicher Handlungen (z.B. in Form von Zeugenverhöhrprotokollen, Visitationen, oder Rechnungsbüchern) überliefert sind, geraten durch diesen Ansatz erstmals in das Blickfeld.Der Begriff »Ego-Dokument« weitet den von den niederländischen Historikern Jacques Presser und Rudolf Dekker eingeführten Begriff ›egodocumenten‹ aus. S. hierzu: Jacques Presser: Memoires als geschiedbron (1958). In: M.C. Brands / J. Haak / Ph. De Vries (Hrsg.): Uit het werk van Dr. J. Presser (Literair-wetenschappelike serie) Amsterdam: Polak, Van Gennep 1969, S. 277–282; Rudolf M. Dekker: Egodocumenten. Een literatuuroverzicht. In: Tijdschrift voor geschiedenis 101 (1988), S. 161–189.   zurück
Vgl. Georg Misch: Geschichte der Autobiographie, 4 Bde., Frankfurt / M.: G. Schultke-Bulmke 1949–1969; Günter Niggl (Hg.): Die Autobiographie. Zu Form und Geschichte einer literarischen Gattung, 2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1998; Martina Wagner-Egelhaaf: Autobiographie (Sammlung Metzler 323), Stuttgart / Weimar: Metzler 2000.   zurück
In den Niederlanden: Egodocumenten, Hilversum: Verloren 1986 ff.; Deutschland: Selbstzeugnisse der Neuzeit. Berlin: Akademie Verlag 1991–1996, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 1999 ff.; Schweiz: Selbst-Konstruktion: Schweizerische und oberdeutsche Selbstzeugnisse 1500–1850, Basel: Schwabe 2000 ff.

Editionen von Reiseberichten bietet die Reihe Fremde Kulturen in alten Berichten, Stuttgart: Thorbecke 1996 ff.; Gerd Zillhardt: Der Dreißigjährige Krieg in zeitgenössischer Darstellung. Hans Heberles ›Zeytregister‹ (1618–1672). Aufzeichnungen aus dem Ulmer Territorium. Ein Beitrag zu Geschichtsschreibung und Geschichtsverständnis der Unterschichten (Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm 13) Ulm: Kohlhammer 1975; Jan Peters / Hartmut Harnisch / Lieselotte Enders: Märkische Bauerntagebücher des 18. und 19. Jahrhunderts. Selbstzeugnisse von Milchviehbauern aus Neuholland (Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam 23) Weimar: Böhlau 1989; Magdalene Heuser u.a. (Hg.): »Ich wünschte so gar gelehrt zu werden.« Drei Autobiographien von Frauen des 18. Jahrhunderts. Texte und Erläuterungen, Göttingen 1994; Martin Scheutz / Harald Tersch: Das Salzburger Gefängnistagebuch und der letzte Wille des Zeller Pflegers Kaspar Vogl (hingerichtet am 8. November 1606) In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 135 (1995), 689–748; Peter-Michael Hahn: Kriegswirren und Amtsgeschäfte. Ferne adlige Lebenswelten um die Mitte des 17. Jahrhunderts im Spiegelbild persönlicher Aufzeichnungen (Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur Brandenburg-Preußens und des Alten Reiches 4) Potsdam: Verlag für Berlin-Brandenburg 1996; Wilhelm A. Eckhardt / Helmut Klingelhöfer (Hg.): Bauernleben im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Die Stausebacher Chronik des Caspar Preis 1636–1667 (Beiträge zur Hessischen Geschichte 13) Marburg: Trautvetter & Fischer 1998; Roswitha Jacobsen (Hg.): Friedrich I. von Sachsen-Gotha und Altenburg. Die Tagebücher 1667–1686, 2 Bde. (Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven 4) Weimar: Böhlau 1998–2000; Holger Th. Gräf (Hg.): Söldnerleben am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges. Lebenslauf und Kriegstagebuch 1617 des hessischen Obristen Caspar von Widmarckter (Beiträge zur hessischen Geschichte 16) Marburg: Trautvetter & Fischer 2000; Hartmut Bock: Die Chronik Eisenberger. Edition und Kommentar. Bebilderte Geschichte einer Beamtenfamilie der deutschen Renaissance – Aufstieg in den Wetterauer Niederadel und das Frankfurter Patriziat. (Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main 22) Frankfurt / M. 2001; Karl-Reinhart Trauner: Identität in der frühen Neuzeit : Die Autobiographie des Bartholomäus Sastrow. Münster: Aschendorff 2004. Eine umfassende Edition der Chronik des Kölner Bürgers Hermann Weinsberg wird an der Universität Bonn erarbeitet. S. Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universität Bonn: URL http://www.weinsberg.uni-bonn.de/home.htm (26. März 2004).   zurück
Dieses Projekt ist seinerseits in die Forschergruppe » Selbstzeugnisse in transkultureller Perspektive« eingebunden. Vgl. URL http://www.fu-berlin.de/selbstzeugnisse/ (14.08.2004).   zurück
Die Vielfalt autobiographischer Schreibformen in der Frühen Neuzeit betont insbesondere Hans Rudolf Velten: Das selbst geschriebene Leben. Eine Studie zur deutschen Autobiographie im 16. Jahrhundert (Frankfurter Beiträge zur Germanistik 29) Heidelberg: Winter 1995. Vgl. auch die Beiträge in Klaus Arnold / Sabine Schmolinsky / Urs-Martin Zahnd (Hg.): Das dargestellte Ich. Studien zu Selbstzeugnissen des späteren Mittelalters und der frühen Neuzeit (Selbstzeugnisse des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit 1) Bochum: Böhlau 1999.   zurück
Benigna von Krusenstjern: Was sind Selbstzeugnisse? Begriffskritische und quellenkundliche Überlegungen anhand von Beispielen aus dem 17. Jahrhundert. In: Historische Anthropologie 2 (1994), S. 462–471. Die Autorin setzt sich kritisch mit dem Begriff ›Ego-Dokument‹ auseinander und schlägt eine (allerdings weniger überzeugende) Differenzierung von Selbstzeugnissen in vier unterschiedliche Typen vor.   zurück
Jürgen Lehmann: Autobiographie. In: Harald Fricke u.a. (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Berlin / New York: de Gruyter 1999–2003. Bd. 1, S. 169–173, hier: S. 169.   zurück
Elsie Anne MacKee (Hg.): Katharina Schütz Zell. Vol. 1: The life and thought of a sixteenth-century reformer (Studies in medieval and reformation thought 69) Leiden / Boston / Köln: Brill 1999; E. A. M. (Hg.): Katharina Schütz Zell. Vol. 2: The writings: A critical edition (Studies in medieval and reformation thought) Leiden / Boston / Köln: Brill 1999.   zurück
10 
Zu diesem siehe bereits die ausführliche Biographie bei Melchior Adam, online als Transkription und Image zugänglich über URL http://www.uni-mannheim.de/mateo/camenaref/adam/adam4prov.html (18.08.2004).   zurück
11 
Ronald Weissman: Talking patronage Seriously: Mediterranean Values and Renaissance Society. In: F.W. Kent / Patricia Simons with J.C. Eade (Hg.): Patronage, Art and Society in Renaissance Italy (Humanities Research Centre. Oxford University Press Series 1) Canberra / Oxford: Oxford University Press 1987, S. 25–45; Wolfgang Reinhard: Nepotismus. Der Funktionswandel einer papstgeschichtlichen Konstante. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte 86 (1975), S. 145–185, sowie W. R.: Freunde und Kreaturen. »Verflechtung« als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600. (Schriften der philosophischen Fachbereiche der Universität Augsburg 14) München: Vögel 1979.   zurück
12 
Pierre Bordieu: Die biographische Illusion. In: Bios 2 (1990), S. 75–81.   zurück
13 
Grundlegend zu dieser Frage: Wilhelm Kühlmann: Nationalliteratur und Latinität. Zum Problem der Zweisprachigkeit in der frühneuzeitlichen Literaturbewegung Deutschlands. Tendenzen der Funktionalisierung der Volkssprache im Umbruch vom Mittelalter zur Neuzeit. In: K. Garber (Hg.): Nation und Literatur im Europa der Frühen Neuzeit. Akten des 1. Internationalen Osnabrücker Kongresses zur Kuturgeschichte der Frühen Neuzeit (Frühe Neuzeit 1) Tübingen: Niemeyer 1989, S. 164–206, sowie die Diskussion im Sammelband von Klaus Grubmüller / Günther Hess (Hg.): Kontroversen, alte und neue Akten des VII. Internationalen Germanisten-Kongresses Göttingen 1985. Bd. 7: Bildungsexklusivität und volkssprachliche Literatur. Literatur vor Lessing – nur für Experten? Tübingen 1986. Vgl ferner: Uta Goerlitz: Die ›Utopia‹ des Thomas Morus im Spiegel ihrer ersten deutschen Übersetzung (Basel 1524). Tendenzen der Funktionalisierung der Volkssprache im Umbruch vom Mittelalter zur Neuzeit. In: Hartmut Kugler (Hg.): www.germanistik2001.de. Vorträge des Erlanger Germanistentages. Bd. 1. Bielefeld: Aisthesis 2002, S. 399–413.   zurück
14 
Die Autorin ist sich zwar selbst dessen bewußt, daß sie nur einen Teil der verfügbaren Quellen ausgewertet hat: »Vollständigkeit ließ sich bei allem Bemühen nicht erreichen, noch nicht einmal anstreben« (S. 19), eine Auswahl des verfügbaren Quellenmaterials nach systematischen Gesichtspunkten hätte jedoch helfen können, manche Lücke zu vermeiden.   zurück
15 
Vgl. z.B. S. 193: »Für die deutschsprachigen und lateinischen autobiographischen Texte ist angesichts ihrer Anzahl eine individuelle Kontextualisierung [...] an dieser Stelle nicht möglich. Andererseits ist eine kontextunabhängige Verallgemeinerung nicht sinnvoll, da, wie gezeigt, die persönliche ebenso wie die soziale Bedeutung einer autobiographisch verwendeten Sprache kontextabhängig war.«   zurück