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Politik im Sommerloch: Boykottiert die Sommerinterviews!

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Alice Weidel am Sonntag beim ARD-„Sommerinterview“ in Berlin.
Alice Weidel beim ARD-„Sommerinterview“ 2023. Dieses Jahr ist die AfD-Co-Chefin am 7. Juli im ZDF zu Gast. © IMAGO/M. Popow

Man wünscht sich, einmal Mäuschen in den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF zu sein.

Einmal Mäuschen in den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF: Vor allem zur Sommerzeit. Denn da stehen traditionell die Sommerinterviews mit den Spitzenkandidat:innen des bundespolitischen Politzirkus an und es wird genau hingeschaut, wer auf der Terrasse des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses im Berliner Regierungsviertel Platz nimmt. Und Jahr für Jahr rauchen in den Redaktionen die Köpfe ob der Frage, wie denn mit der rechtsextremen „Alternative für Deutschland“ umzugehen sei.

Einmal Mäuschen in den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF: Denn der vermeintliche Umgang mit der AfD in den Sommerinterviews ist im Grunde nichts anderes als Arbeitsverweigerung der zuständigen Redaktionen. Während Politiker:innen, deren Positionen sich im Rahmen des demokratischen Spektrums bewegen, vor der Kamera interviewt werden, entscheidet man sich dazu, Rechtsextreme unkommentiert dazu zu packen. Aufgabe von Journalist:innen sollte doch eher sein, aufzuzeigen, wenn sich Akteure aus dem demokratischen Diskurs verabschieden. Und nicht das Normalisieren undemokratischer Positionen aufgrund von Konvention bei der Einladungspraxis zu den Interviews.

Die AfD in den Sommerinterviews „inhaltlich stellen“ – das funktioniert nicht

Einmal Mäuschen in den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF: Aus den Redaktionen tönt ganz oft, dass man die Akteurinnen und Akteure der AfD „inhaltlich stellen“ wolle und besonders kritisch mit präsentierten Inhalten und Fakten umgehen möchte. Das funktioniert aber nicht, wenn weder der interviewte Rechtsextremist oder seine rechtsextreme Anhängerschaft an Inhalten oder Fakten interessiert ist. Und außerdem: Mit kritischen Fragen sollte allen Menschen in der Politik begegnet werden. Wer das nun „besonders kritisch“ bei der AfD tut, schreibt dieser Partei eine exponierte Rolle zu und legitimiert diese Gruppe von rechtsextremen Gebrauchtwarenhändlern zusätzlich, da deren Inhalte so plump sind, dass sie einer „besonders kritischen“ Behandlung oftmals nicht bedürfen.

Einmal Mäuschen in den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF: Denn da wird sich 2017 jemand gedacht haben, dass die Sommerinterviews um ein Format für junge Menschen erweitert werden müssen. Spitzenidee! Seitdem gibt es in der ARD das Format „Frag Selbst“ von der Tagesschau, das in diesem Jahr erstmals parallel zu den Sommerinterviews der ARD auch auf dem Streamingportal Twitch. Da hat sich die Redaktion der Tagesschau nochmal was einfallen lassen, die Aussicht auf Erfolg in der Breite ist gering. Die erste Ausgabe mit Bundeskanzler Olaf Scholz erreichte nicht einmal eine fünfstellige Zugriffszahl. Stattdessen produziert man Hochglanzbilder, die aus dem Kontext gerissen auf den TikTok-Kanälen der Rechtsextremen weite Verbreitung finden und den Anschein der Legitimität der Position erwecken.

Jahr für Jahr werden Rechtsextreme in die Sommerinterviews geladen

Einmal Mäuschen in den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF: Dann hätte man die Chance, den argumentativen Spagat beobachten zu können, der dafür sorgt, dass Jahr für Jahr Rechtsextreme in die Sommerinterviews geladen werden. Während im Jahr 2024 die Positionen der AfD und ihr nachstehender Zirkel immer rechtsextremer werden. Während im Jahr 2024 auf Wahlplakaten unter dem Wort „Remigration“ euphemistisch die Deportation von Menschen aus Deutschland gefordert wird. Während im Jahr 2024 Millionen Menschen dieses Landes auf die Straße gehen und gegen Rechtsextremismus demonstrieren.

In den Köpfen von so manchem Redakteur und so mancher Redakteurin in den Redaktionen von ARD und ZDF scheint all das bis heute nicht angekommen zu sein. Deshalb bleibt wohl nur der Boykott der Sommerinterviews! (Moritz Post)

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