Severing, Carl

Lebensdaten
1875 – 1952
Geburtsort
Herford (Westfalen)
Sterbeort
Bielefeld
Beruf/Funktion
Reichsinnenminister ; sozialdemokratischer Politiker ; Politiker ; Innenminister ; Abgeordneter ; Schlosser ; Gewerkschaftsmitglied ; Funktionär
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 11879678X | OGND | VIAF: 13103755
Namensvarianten

  • Severing, Carl Wilhelm
  • Gerviens, Wilhelm (Ps.)
  • Severing, Carl
  • Severing, Carl Wilhelm
  • Gerviens, Wilhelm (Ps.)
  • gerviens, wilhelm
  • Severing
  • Severing, Karl
  • Severing, Wilh. Karl
  • Severing, Karl Wilhelm
  • Severing, Wilh. Carl

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Zitierweise

Severing, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11879678X.html [05.11.2024].

CC0

  • Severing, Carl Wilhelm (Pseudonym Wilhelm Gerviens)

    sozialdemokratischer Politiker, * 1. 6. 1875 Herford (Westfalen), 23. 7. 1952 Bielefeld, Bielefeld. (reformiert)

  • Genealogie

    V Bernhard Ludwig (1843–1917), Zigarrensortierer;
    M Johanne Twelker (1848–1922), Weißnäherin;
    Stief-B Reinhold (* 1872);
    Schw Elisabeth Kalbitz;
    1899 Emma Wilhelmine Twelker (1880–1945);
    1 S Ludwig Wilhelm Franz (1900–40), kaufm. Angest., bis 1933 Leiter d. Dortmunder Arbeiterbank, 2 T (1 früh †) Emmy (1908–89, Walter Menzel, 1901–63, Dr. iur., SPD-Pol., Polizeipräs. v. Magdeburg, Leiter d. Vfg.abt. im preuß. Innenmin., 1946–50 Innenmin. v. NRW, 1949–63 MdB, s. NDB 17; Biogr. Hdb. MdB; Nordrhein-Westfalen; 60 J. LT Nordrhein-Westfalen, 2006), Psychoanalytikerin;
    E Ursula Standke, geb. Menzel (* 1935), Psychotherapeutin in Düsseldorf, Claus Menzel (* 1939), Rundfunkjournalist in Berlin, Hans Menzel-S. (* 1946), Dr. phil., Kunstpäd., Autor in Bonn.

  • Biographie

    S. besuchte die Volksschule in Herford, absolvierte eine Schlosserlehre und arbeitete danach in einem Bielefelder Betrieb, bis er wegen der Beteiligung an einem Streik auf eine „schwarze Liste“ gesetzt wurde, die ihn von einer Weiterbeschäftigung ausschloß. 1893 trat er in die SPD ein. Nach kurzer Wanderschaft ließ er sich 1896 in Zürich nieder, trat dort 1897 in den Zentralvorstand des Schweizer. Metallarbeiterverbandes ein und machte Bekanntschaft mit August Bebel (1840–1913) und Victor Adler (1852–1918). 1899 nach Bielefeld zurückgekehrt, engagierte sich S. im örtlichen Partei- und Gewerkschaftsleben, in dem er rasch in eine vollamtliche Position aufstieg: 1901 Erster Bevollmächtigter, 1902 Geschäftsführer der Metallarbeiter-Ortsverwaltung, 1905–24 Stadtverordneter und Mitbegründer der „Freien Volksbühne“ in Bielefeld, 1907–12 Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Minden, 1912 Mitglied des SPD-Parteiausschusses. Nach dem Verlust des Mandats übernahm S., der sich in Berlin eng mit Ludwig Frank (1874–1914) befreundet hatte, die Redaktion der Bielefelder „Volkswacht“ und publizierte v. a. in den revisionistisch orientierten „Sozialistischen Monatsheften“.

    Im 1. Weltkrieg verfocht S. die Politik des nationalen „Burgfriedens“ und plädierte für den Ausschluß der innerparteilichen Kritiker. Auf dem 1. Reichsrätekongreß im Dez. 1918 in Berlin vertrat er den von ihm initiierten Bielefelder „Volks- und Soldatenrat“. Im Jan. 1919 wurde er in die Nationalversammlung und in die Preuß. Landesversammlung gewählt; bis 1933 gehörte er dem Reichstag und Landtag an. Als Reichs- und (preuß.) Staatskommissar trug er im Frühjahr 1919 zur Beruhigung des durch Streiks geschüttelten rhein.-westfäl. Industriegebiets maßgeblich bei. 1920 organisierte er den Widerstand gegen den Kapp-Lüttwitz-Putsch und bemühte sich im anschließenden Ruhrkampf, die Konfrontation zwischen Militär und Arbeiterschaft zu entschärfen. Im März 1920 zum preuß. Innenminister ernannt, sorgte S. fortan dafür, die Reichswehr aus gewaltsamen Konflikten herauszuhalten. Das „System Severing“ – die Besetzung der Polizei und allgemeinen Verwaltung mit republiktreuen Beamten sowie das entschiedene staatliche Vorgehen gegen verfassungsfeindliche Organisationen – trug entscheidend zur|politischen Stabilisierung der Weimarer Republik bei. 1926 legte S. aus gesundheitlichen Gründen das Amt nieder, engagierte sich aber stark für die Bildung der Großen Koalition 1928, in der er Reichsinnenminister wurde. Nach deren Ende 1930 trat er wieder als Innenminister in die preuß. Regierung ein, in der er den Kampf gegen die NSDAP an vorderster Stelle führte. Im Präsidentschaftswahlkampf 1932 organisierte er eine „republikanische Aktion“, um den Amtsinhaber Hindenburg gegen Hitler zu stützen. Der von Reichskanzler Papen mit Hilfe Hindenburgs am 20.7.1932 geführte Staatsstreich zerstörte das demokratische „Bollwerk Preußen“. S. erschien ein gewaltsamer Widerstand gegen die Reichswehr als zweck- und verantwortungslos. Stattdessen suchte er eine Entscheidung für die Republik bei den folgenden Reichstagswahlen.

    Während der NS-Diktatur lebte er unter ständiger Beobachtung der Behörden zurückgezogen in Bielefeld. Nach Kriegsende beteiligte er sich am Neubeginn des politischen Lebens und am Wiederaufbau der SPD. 1946–49 führte S. den Bezirk Ostwestfalen. 1947 zog er in den nordrhein-westfäl. Landtag ein und gehörte dort dem Vorstand seiner Fraktion sowie dem Ältestenrat an. Wie kaum ein anderer Politiker verkörperte S. den Willen zur Verteidigung der ersten dt. Demokratie.

  • Auszeichnungen

    Dr.-Ing. E. h. (TH Braunschweig).

  • Werke

    Soz.demokratie u. Völkerhaß, 1915;
    Wie es kam, 1920;
    1919/1920 im Wetter- u. Watterwinkel, 1927;
    Der 20. Juli 1932 in Wahrheit u. Dichtung (unter Ps. W. Gerviens), 1946;
    Wegbereiter d. NS, 1947;
    Mein Lebensweg, 2 Bde., 1950 (P);
    Unsere Linie, 1953;
    Nachlaß:
    Archiv d. soz. Demokratie d. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn;
    Privatslg. Dr. Hans Menzel-Severing.

  • Literatur

    K. Koszyk, in: Publizistik u. pol. Engagement, Lb. publizist. Persönlichkeiten, hg. u. eingel. v. W. Hömberg, A. Kutsch u. H. Lademacher, in: Pol. u. Landschaft, hg. v. H. Lademacher, 1969, S. 135–41;
    ders. in: Westfäl. Lb. XI, 1975, S. 172–202 (P;
    auch als eigenständige Veröff. 1978);
    H. Lademacher, in: Raum u. Pol., hg. v. W. Först, 1979, S. 177–87;
    ders., in: Aus dreißig J., Rhein.-westfäl. Pol.-Porträts, hg. v. W. Först, 1979, S. 10–19;
    Th. Alexander, C. S., Soz.demokrat aus Westfalen mit preuß. Tugenden, 1992 (P);
    ders., C. S., ein Demokrat u. Sozialist in Weimar, 2 T., 1996, zugl. Diss. Bochum 1994;
    Rhdb. (P);
    Hdb. d. vfg.gebenden NV, 1919;
    Biogr. Lex. Sozialismus;
    M. Vasold, in: Biogr. Lex. Weimarer Rep.;
    J. Flemming, in: Demokrat. Wege;
    Schumacher, M. d. R.;
    Westfäl. Köpfe, ³1984 (P);
    Sozialdemokrat. Parlamentarier;
    Westfäl. Autorenlex. III;
    Lex. Widerstand;
    J. Lilla, Ltd. Verw.beamte u. Funktionsträger in Westfalen u. Lippe (1918–1945/46), 2004;
    Nordrhein-Westfalen;
    60 J. LT Nordrhein-Westfalen, 2006.

  • Autor/in

    Karsten Rudolph
  • Zitierweise

    Rudolph, Karsten, "Severing, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 286-287 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11879678X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA