Abstract: | Wenige Themen polarisieren die Öffentlichkeit derzeit so sehr wie die sogenannte Identitätspolitik und die damit verbundene "Cancel Culture". Ist sie eine legitime Strategie, um bislang diskriminierten, übergangenen Gruppen und ihren Anliegen Geltung zu verschaffen? Oder verschärft sie am Ende die Spaltung der Gesellschaft? Jan Feddersen und Philipp Gessler bestreiten in ihrem Buch nicht die Existenz von Rassismus und Traditionen der Benachteiligung, von einer Sprache, die Menschen diskriminiert und übergeht. Doch sie meinen: Wer Gruppenidentitäten überhöht, fördert Entsolidarisierung. Wenn sich nur noch diejenigen zu einem Thema äußern dürfen, die davon unmittelbar betroffen sind, lassen sich wichtige Debatten in der Demokratie kaum noch führen. Vor allem dann nicht, wenn mit Hinweis auf Ungerechtigkeiten ein offener Diskurs beschränkt wird. Deshalb plädieren die beiden für eine Rückbesinnung auf den Universalismus, der einmal ein linkes Projekt war. Und sie machen Vorschläge für eine fruchtbarere Debattenkultur. Für das Buch sprachen die Autoren u.a. mit Cindy Adjei, René Aguigah, Till Randolf Amelung, Seyran Ates, PaulaIrene Villa Braslavsky, Gianni Jovanovic, John Kantara, Daniel Kehlmann, Ijoma Mangold, Ahmad Mansour, Susan Neiman, Ronya Othmann, Susanne Schröter, Alice Schwarzer, Harald Welzer, Ulrike Winkelmann. „Gegen die Detailversessenheit und mit heiligem Ernst betriebene Jagd nach symbolischen Triumphen im Aktivistenkarneval gelingt es Feddersen und Gessler, Überblick zu schaffen. Besonders hilfreich ist dabei ein Glossar identitätspolitischer Begriffe, das auch als Verweis auf den ausschließenden Charakter sich sprachlich verbarrikadierender Bewegungen gelesen werden kann. Selbst wer sich einigermaßen debattenfest wähnt, findet Vokabeln, die fremd und geheimnisvoll wirken und aus einer Welt stammen, in der über Able Bodiedness, Colorism und Dysphorie gesprochen wird“ (Frankfurter Rundschau) |