Skorpione
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Androctonus crassicauda | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Scorpiones | ||||||||||||
Latreille, 1810 |
Die Skorpione (Scorpiones) sind eine Ordnung der Spinnentiere (Arachnida). Weltweit sind etwa 1400 Arten bekannt. Skorpione erreichen Körpergrößen zwischen 9 Millimetern bei der Art Typhlochactas mitchelli und 21 Zentimetern bei den Kaiserskorpionen (Pandinus imperator) und Hadogenes troglodytes. Sie leben vorwiegend in sandigen oder steinigen Böden oder in Bodennähe der Tropen und Subtropen, Wüsten und Halbwüsten. Wenige Arten sind kletternde Baumbewohner, Wanderer oder Höhlenbewohner und halten sich als Kulturfolger in der Nähe menschlicher Behausungen auf. Es gibt nur eine geringe Anzahl von Arten, deren Stich für den Menschen tödlich sein kann.
Bau der Skorpione
Äußere Anatomie
Der Körper der Skorpione ist undeutlich in einen Vorderkörper (Prosoma) und einem deutlich zweigeteiltem Hinterleib (Opisthosoma) gegliedert. Das Ophistosoma besteht aus einem breiten Teil, dem Mesosoma, sowie einem schwanzartig verlängerten Metasoma.
Der Vorderkörper besteht aus sechs Segmenten und trägt die Extremitäten. Zu ihnen gehören die relativ kleinen, dreigliedrigen, Kieferklauen (Chelicere), denen die imposanten Pedipalpen folgen. Diese sind zu großen Fangarmen ausgebildet, die am Ende in einer Schere enden. Skorpione sind in der Lage, mit ihren kräftigen Scheren Erdgänge und Höhlen zu graben. Außerdem dienen die Scheren zum Fang und Festhalten der Beute, meist andere Gliederfüßer oder kleinere Wirbeltiere. Die Cheliceren dienen zur Nahrungszerkleinerung und arbeiten gegen die Basen der Pedipalpen und der folgenden beiden Laufbeinpaare, die die untere Begrenzung des Mundraumes bilden (Gnathobasis).
Ihre Beute nehmen die Skorpione im Wesentlichen durch ihre lyraförmigen Organe wahr. Ein Skorpion erkennt eine grabende Schabe an den Vibrationen aus 50 Zentimetern Entfernung. Die Augen der Skorpione eignen sich nur zum groben Orientieren (Sonnenstand, Mondschein etc.). Diese nervöse Leistung wird durch eine Kette von Ganglien, der Bauchganglienkette, erbracht, die bei Webspinnen bereits zum Bauchganglion verschmolzen ist. Der Vorderkörper ist außerdem mit einem großen medialen Augenpaar und bis zu fünf kleineren Punktaugenpaaren ausgestattet.
Den Scherenbeinen folgen vier Paar Laufbeine. Das zweite Hinterleibssegment der Skorpione trägt die Genitalplatten und im hinteren Bereich auffällige kammartige Strukturen, die als Kammorgan (Pecten) bezeichnet werden. Im Hinterleib sitzt, wie bei den Webspinnen, die Fächerlunge. Der Anus endet im fünften Hinterleibssegment.
Der Hinterleib, das Opisthosoma, besteht aus Chitinringen, die untereinander beweglich verbunden sind. Dadurch sind sie formfest und erhalten zugleich eine extreme Beweglichkeit. Bei der Fortbewegung wird dieser Teil aufrecht über dem Körper der Skorpione getragen. Das Opisthosoma weist 13 Segmente auf, von denen die letzten 5 Segmente wie bei den Seeskorpionen (Eurypteriden) zu schmalen Ringen verengt sind und das Metasoma bilden. Dieses Metasoma trägt das Telson (Endstachel und Giftblase). Größere Beutetiere werden mit einem Stich durch den Stachel getötet.
Innere Anatomie
Wie bei allen Gliederfüßern setzen die Muskeln der Skorpione an den Innenflächen sowie an Spangen des Chitinskeletts an. Sie sind innerviert durch Nerven, die von einem zentralen Bauchmark mit sieben Nervenknoten (Ganglien) ausstrahlen. Neben dem Bauchmark gibt es außerdem ein Gehirn aus zwei großen Ganglien, welche im Kopfbereich liegen und den Schlundbereich umspannen.
Das Verdauungssystem beginnt mit einem Mundbereich, welcher mit einem muskulösen Schlund ausgestattet ist. Dieser funktioniert wie eine Pumpe, der die vorverdaute Nahrung in den Mund saugt, von wo sie dann in den Vorder- und Mitteldarm geleitet wird. Die Verdauung erfolgt im Mitteldarm, in den mehrere Drüsen münden, die die erforderlichen Enzyme wie Amylasen, Proteasen und Lipasen produzieren. Als Speicherorgan dient ein großes Hepatopankreas (entspricht einer Kombination aus der Leber und der Bauchspeicheldrüse), das bis zu 20 Prozent des Körpergewichts der Tiere ausmachen kann. Die Speicherung der Nährstoffe erfolgt als Glykogen. Die Metabolismusrate der Tiere ist sehr gering und die Nahrung kann sehr effektiv verwertet werden, außerdem können Skorpione mit einer Nahrungsaufnahme bis zu einem Drittel ihres eigenen Körpergewichts aufnehmen. Durch diese Anpassungen können Skorpione bis zu 12 Monate hungern.
Die Exkretion erfolgt, wie bei anderen Gliederfüßern auch, über Malpighische Gefäße, die in den Darm im Bereich des Übergangs zwischen Mitteldarm und Enddarm enden und die Stickstoffverbindungen in diesen abgeben. Diese Exkretion erfolgt mit nur sehr geringem Wasserverlust, die Stoffe werden als Harnsäure mit dem Kot abgegeben.
Das Blutgefäßsystem ist mit Ausnahme des dorsalen Herzschlauchs offen, das Blut (Hämolymphe) flottiert entsprechend frei im Körper und in den Blutsinus (s.g. Blutsinus) im Gewebe der Tiere. Die Atmung erfolgt über Buchlungen, die an der Unterseite der Skorpione als Einfaltung der Cuticula vorhanden sind. In diesen wird der Sauerstoff in die Hämolymphe abgegeben.
Die Gonaden sind bei beiden Geschlechtern paarig als ein Netzwerk von Schläuchen angelegt, welches sich auf den ersten Blick nicht unterscheiden lässt. Die Männchen produzieren in ihren Hodenschläuchen Spermien, die in besonderen Organen (Paraxialorgan) zu Spermatophoren verpackt werden. Die Weibchen produzieren Eier, die artspezifisch mit oder ohne Dottervorrat angelegt werden. Bei den apoikogenischen Eiern existiert ein Dotter, der von den Embryonen als Nahrung genutzt wird, die Jungskorpione aus katoikogenischen Eiern greifen stattdessen mit ihren Cheliceren nach speziellen Futterdivertikeln im weiblichen Uterus und werden auf diese Weise ernährt.
Verbreitung und Lebensraum
Skorpione finden sich weltweit auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis. In Amerika reicht ihr Verbreitungsgebiet von Südkanada bis ins südliche Südamerika. In Europa findet man sie mit einer nördlichen Verbreitung bis Süddeutschland und vor allem südlich der Alpen. In Großbritannien und Neuseeland wurden Skorpione als Neozoen eingeschleppt. Der Schwerpunkt liegt aber in tropischen und subtropischen Regionen. Die größte Artenvielfalt findet sich in den mexikanischen Wüstengebieten. Die Tiere finden sich in den meisten Lebensräumen wie Wüsten und Halbwüsten, in der grasbewachsenen Savanne, in tropischen Wäldern, an Küsten in der Gezeitenzone, vereinzelt auch in Höhlen. Viele graben sich in den Untergrund ein, während manche Arten in Bäumen leben. Alacran tartarus ist ein Höhlenbewohner und kann bis zu 800 Metern unter der Oberfläche gefunden werden.
Die meisten Arten sind aber bodenlebend und werden nach McDaniels 1968 in vier Grundtypen aufgeteilt:
- Psammophile Skorpione sind an sandige Habitate angepasst. Sie sind auf diesem Untergrund sehr schnelle Läufer und gut gegen Austrocknung geschützt.
- Lithophile Skorpione leben bevorzugt in Felslebensräumen und sind meist flach gebaut, damit sie sich gut zwischen Steinen bewegen können.
- Grabende Skorpione leben vor allem unterirdisch in selbst gegrabenen Höhlen. Sie verlassen diese nur zur Jagd und zur Fortpflanzung.
- Wandernde Skorpione wechseln ihren Lebensraum und sind entsprechend wenig an bestimmte Verhältnisse angepasst.
Skorpione gelten traditionell als in trockenen Lebensräumen gedeihende Tiere, doch sind viele Arten auf eine hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen.
Lebensweise
Ernährung
Skorpione ernähren sich von diversen wirbellosen Tieren wie Insekten (Insecta) oder Spinnentieren (Arachnida), seltener auch von Schnecken oder kleinen Wirbeltieren wie Nagern, Schlangen und Eidechsen. Die Nahrungswahl ist dabei artspezifisch mehr oder weniger ausgeprägt, nur die Art Isometroides vescus gilt als Nahrungsspezialist und ernährt sich ausschließlich von wenigen grabenden Spinnenarten.
Skorpione sind ausschließlich nachtaktiv. Die meisten Arten lauern ihrer Beute in der Nähe ihrer Höhle oder anderer Unterschlupfmöglichkeiten auf. Einige Arten sind in der Lage, auch fliegende Insekten zu fangen. Auch aktive Jäger gibt es unter den Skorpionen, dabei handelt es sich meist um schlanke Tiere mit sehr starken Giften. Beim Beutefang werden die beiden Pedipalpen als Greifzangen eingesetzt, falls sich das Opfer nicht schon dadurch wehrunfähig machen lässt, kommt der Stachel zum Einsatz, der in weniger als einer Sekunde über den Kopf hinweg geführt wird und Gift in das Beutetier injiziert. Mit den Kieferklauen wird es nun zerkleinert, während gleichzeitig Enzyme die Nahrung vorverdauen. Der flüssige Nahrungsbrei wird dann durch den Schlund in den Darm gesaugt. Der Fressvorgang kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen.
Viele Skorpione sind in der Lage, für längere Zeit, manche Arten sogar ein bis zwei Jahre, ohne Nahrung auszukommen, da ihr Ruhestoffwechsel kaum Energie verbraucht.
Fressfeinde und Verteidigung
Skorpione sind eine beliebte Beute für verschiedene Vögel (vor allem Eulen), Eidechsen, Schlangen, große Frösche und Säugetiere. Außerdem jagen viele Skorpione selbst andere Skorpione, sowohl der eigenen Art als auch andere Arten, und auch unter größeren Gliederfüßern haben sie Feinde wie Hundertfüßer, Walzenspinnen und Webspinnen.
Um sich gegen Fressfeinde zur Wehr zu setzen, haben Skorpione mehrere Abwehrmechanismen entwickelt. Die auffälligste Verteidigung ist die Ausstattung mit einem Giftstachel und einem hochpotenten Gift. Dieses Gift besteht bei den meisten Skorpionen aus zwei Komponenten, einer zum Töten von Gliederfüßern als Nahrung und einer gegen Wirbeltiere zur Verteidigung. Das Gift der meisten Skorpione ist in der Regel für große Wirbeltiere nur wenig gefährlich. Einige Arten besitzen allerdings Gifte, die auch für den Menschen schädlich oder gar tödlich sein können. Die Gifte selbst sind Mischungen verschiedener Bestandteile, die als Neurotoxin wirken. Besonders starke Gifte finden sich bei Vertretern der Buthidae (LD50-Wert zwischen 0,25 ppm (Millionstel Teilen) und 4,25 ppm bei der Maus). Jährlich sterben weltweit je nach Quelle etwa 1000 bis 5000 Menschen durch Skorpionstiche, vor allem in Mexiko. Bei einer tödlichen Giftdosis tritt der Tod innerhalb von fünf bis 20 Stunden durch Atemstillstand ein. Einige Tierarten haben sich auf Skorpione soweit spezialisiert, dass sie gegen die Gifte immun sind oder Verhaltensweisen besitzen, die es ihnen ermöglichen, dem Stich zu entgehen.
Ihre nächtliche Lebensweise und ihr Verhalten, sich fast immer in Verstecken aufzuhalten, vermeidet außerdem den Kontakt mit potenziellen Feinden.
Sozialverhalten
Die meisten Skorpione sind Einzelgänger, die mit anderen Skorpionen nur in der Zeit nach der Geburt, als Jäger oder Gejagte sowie zur Paarungszeit zusammentreffen.
Einige Arten zeigen jedoch ein ausgeprägtes Sozialverhalten. So gibt es Arten, die gemeinsam im gleichen Unterschlupf überwintern und dazu Aggregationen bilden. Bei einigen Arten, etwa dem Kaiserskorpion (Pandinus imperator) bleibt auch die Bindung zwischen den Jungskorpionen eines Wurfes bestehen, und sie bilden Familiengruppen, die sogar gemeinsam jagen.
Fortpflanzung und Entwicklung
Zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Besiedlung des extrem trockenen Lebensraumes gehört die Gewährleistung der Fortpflanzung und somit der Schutz der Eier und Spermien vor Austrocknung.
Paarung und Paarungstanz
Die Männchen der Skorpione legen die Spermien in einen dafür gebildeten Behälter, die Spermatophore, ab. Diese bietet den Spermien einen Schutz vor äußeren Einflüssen. Da die meisten Arten jedoch in sehr trockenen Gegenden leben, ist auch dieser Schutz allein nicht ausreichend, wenn die Spermatophore nicht innerhalb kürzester Zeit vom Weibchen aufgenommen wird. Der „Hochzeitstanz“ der Skorpione dient dieser Funktion. Ein solcher wurde auch in dem Walt-Disney-Film „Die Wüste lebt“ gezeigt.
Zur Paarungszeit verströmen die Weibchen Sexuallockstoffe (Pheromone), die die Männchen zu ihnen führen. Haben die Männchen eines gefunden, versuchen sie durch Zuckbewegungen (juddering), dieses in Paarungsstimmung zu versetzen. Hat das Männchen seine Partnerin „überredet“, greifen sie sich an den Scheren und der manchmal Stunden andauernde Paarungstanz beginnt. Zu Beginn des Paarungstanzes halten sich die Männchen vieler Skorpionarten nicht nur mit den Scheren am Weibchen fest. Sie stechen ihren Giftstachel in die dünne Haut am Scherenarm des Weibchens. Vermutet wird eine Stimulation des Weibchen, es ist jedoch nicht geklärt, ob das Männchen dem Weibchen auch Gift einspritzt.
Beim Paarungstanz führt das Männchen das Weibchen manchmal über viele Meter, und versucht mit den Kammorganen (Pectines) auf der Bauchseite einen geeigneten Ablageplatz für seine Spermatophore zu finden. Hat es ihn ertastet, verharrt es kurz und setzt die Spermatophore ab. Dann zieht es das Weibchen darüber hinweg, so dass das Sperma direkt in dessen Genitalporus eindringen kann. Damit ist der Tanz beendet und die Partner trennen sich schnell – manchmal endet er allerdings auch mit dem Verzehr des Gatten (Kannibalismus). Beide Geschlechter können sich in ihrem Leben mehrmals verpaaren, wobei Weibchen der Buthidae auch bei Paarungen beobachtet wurden, während sie die Brut der letzten Paarung noch auf dem Rücken trugen.
Entwicklung
Nach einigen (bis zu zwölf) Monaten gebärt das Weibchen lebende Junge (Viviparie), die Eier werden also bereits im Uterus „ausgebrütet“. Die Jungskorpione sind bei der Geburt weiß und jedes ist einzeln von einer Embryohaut, dem Chorion, umschlossen. Nachdem sich die Jungskorpione aus dieser befreit haben, steigen sie auf den Rücken der Mutter, die sie bis zur ersten Häutung nach etwa 50 Tagen herumträgt. Dies vermindert die Gefahren für die kleinen Skorpione, die ihnen vor allem von männlichen Artgenossen drohen. Deshalb verhält sich das Weibchen in dieser Zeit extrem aggressiv gegenüber anderen Skorpionen. Die Anzahl der jungen Skorpione kann artspezifisch zwischen 25 und über 100 betragen. Die Ernährung der Jungskorpione erfolgt in dieser Zeit durch körpereigene Reserven, Flüssigkeit bekommen sie durch die Rückenhaut der Mutter.
Nach der ersten Häutung verlassen die Jungen ihre Mutter und sind auf sich selbst gestellt. Die weitere Entwicklung läuft über mehrere, meist fünf, weitere Häutungen. Danach sind die Tiere geschlechtsreif. Nach dem Erreichen dieser Geschlechtsreife finden keine weiteren Häutungen mehr statt.
Gefährdung
Skorpione stehen derzeit nicht auf der Roten Liste der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN). Drei Arten, der Kaiserskorpion (Pandinus imperator) sowie Pandinus dictator und Pandinus gambiensis werden allerdings in Anhang II des Washingtoner Artenschutz-Übereinkommens geführt und sind daher Exportkontrollen unterworfen.
Stammesgeschichte
Als Landbewohner mit einer relativ dünnen Chitinschicht hinterlassen Skorpione nur sehr selten Fossilreste, entsprechend wenig ist bekannt über die Evolution der Tiere. Die meisten Erkenntnisse stammen aus der phylogenetischen Forschung. So kann aufgrund der Position der Skorpione an der Basis der Spinnentiere davon ausgegangen werden, dass die Skorpione von marinen Formen abstammen, die gleichzeitig auch die Stammarten der an den Meeresküsten lebenden Pfeilschwanzkrebse (Xiphosura) und der ausgestorbenen Seeskorpione (Eurypterida) gewesen sein dürften. Alle meereslebenden Arten benutzten noch Kiemen zur Atmung, die bei den Pfeilschwanzkrebsen an der hinteren Innenseite von Extremitäten angelegt waren. Die Fächerlungen der Skorpione sind aus den Kiemen ihrer Vorfahren hervorgegangen.
Erste Fossilien eindeutig landlebender Skorpione fanden sich aus dem späten Silur vor etwa 430 bis 390 Millionen Jahren. Diese frühen Arten waren wahrscheinlich amphibisch lebende Formen, die mit Kiemen ausgestattet und an das Leben an den Meeresküsten und im Tidenbereich angepasst waren.
Eine Aufsplitterung der Formen begann ebenfalls zu dieser Zeit und war im Karbon bzw. spätestens im Devon vor etwa 325 Millionen Jahren bereits abgeschlossen. Aus dieser Zeit sind Fossilien beinahe aller heute lebenden Skorpionstaxa bekannt, von denen die größten mehr als 85 Zentimeter lang wurden.
Die Skorpione stellen die ursprünglichste Gruppe innerhalb der Spinnentiere dar und werden entsprechend als Schwestergruppe aller anderen Spinnentiere angesehen.
Systematik
Die systematische Einteilung der Skorpione erfolgt auf der Basis von morphologischen Eigenschaften wie der Form des Brustpanzers, der Mundstrukturen, der Bezahnung der Cheliceren, der Gestaltung der Beine, der Giftblase und vielen weiteren Merkmalen. Daneben spielen Besonderheiten der Embryologie sowie der inneren Anatomie eine Rolle.
Aktuell werden die heute lebenden (rezenten) Skorpione meist in 13 Familien aufgeteilt (nach Fet et al. 2000):
- Bothriuridae Simon, 1880
- Buthidae C.L. Koch, 1837
- Caraboctonidae Kraepelin, 1905
- Chactidae Pocock, 1893
- Chaerilidae Pocock, 1893
- Euscorpiidae Laurie, 1896
- Hemiscorpiidae Pocock, 1893
- Iuridae Thorell, 1876
- Microcharmidae Lourenço, 1996
- Pseudochactidae Gromov, 1998
- Scorpionidae Latreille, 1802
- Superstitioniidae Stahnke, 1940
- Vaejovidae Thorell, 1876
Die Buthidae stellen dabei mit über 600 Arten die größte Familie dar, die auch gleichzeitig die meisten gefährlich giftigen Vertreter beinhaltet.
Mensch und Skorpione
Skorpione in der Kulturgeschichte
Skorpione spielen in der Kulturgeschichte seit Jahrtausenden eine Rolle. Sie werden in den Sagen und Mythen meist als gefährliche, todbringende Wesen dargestellt. In gewisser Weise steht am Beginn der ägyptischen und damit die menschlichen Geschichte ein Skorpion. Der erste namentlich bekannte König Altägyptens hieß Skorpion I.
Bereits das sumerische Gilgamesch-Epos erzählt von Skorpionmenschen, deren Oberkörper Menschengestalt und Unterkörper Skorpionsgestalt hat. Als der Held Gilgamesch den Berg Mâschu betritt, stellen sich ihm ein solcher Skorpionmann und eine Skorpionfrau in den Weg, deren „Furchtbarkeit ungeheuer ist, deren Anblick Tod ist“. Sie bewachen dort den Aus- und Einzug der Sonne. Noch nie hat es ein Mensch gewagt, diesen Weg zu gehen, doch Gilgamesch gelingt es, an den Skorpionen vorbeizukommen.
Die ägyptische Mythologie kennt die Göttin Selket, welche stets mit einem Skorpion auf dem Kopf dargestellt wird. Sie verfügt über magische Heilkräfte und bewahrt vor Skorpionsstichen, weshalb sie in entsprechenden Schutzzaubern angerufen wird. Als die Göttin Isis von Seth bedroht wird, sendet sie sieben Skorpione aus, um sie vor ihm zu schützen.
In der griechischen Mythologie bringt die wütende Göttin Artemis einen Skorpion hervor, der den Jäger Orion mit einem Stich tötet. Beide werden daraufhin zusammen als Sternenbilder an den Himmel versetzt. Ihre Feindschaft lebt dort weiter, denn man sieht die zwei Sternbilder nie zur gleichen Zeit.
Auch in der biblischen Offenbarung des Johannes treten Skorpione während der Apokalypse auf. Die fünfte Posaune ruft Heuschrecken hervor, die eine Kraft erhalten „wie sie Skorpione auf der Erde haben.“ (Offb 9,3). Der von ihnen verursachte Schmerz wird mit dem eines stechenden Skorpions (Offb 9,5) verglichen, denn sie besitzen Schwänze mit Stacheln wie die Skorpione, und setzen diese ein, um den Menschen fünf Monate lang zu schaden (Offb 9,10).
Im Aberglauben und der Volksmedizin spielt der Skorpion vor allem aufgrund seines Giftes in einigen Völkern eine große Rolle. Konrad von Megenberg beschrieb die Tiere in seinem Buch der Natur als
- „eine Schlangenart, welche ein gar zartes Gesicht hat, dem Antlitz einer keuschen Jungfrau zu vergleichen. Wer vom Skorpion vergiftet wird, hat noch drei Tage Zeit, ehe er sterben muß.“
Er führt seine Beschreibung weiter, indem er von zweistachligen Skorpionen berichtet, von denen Aristoteles berichtet hat. Unter den Schweinen soll das Gift nur schwarze Schweine sicher töten, beschleunigt wenn diese ins Wasser gehen. Beim Menschen greift der Skorpion zudem nur behaarte Körperstellen an und sticht niemals in die hohle Hand. Ein weiteres Kuriosum weiß Konrad von Megenberg zu berichten:
- „Wenn man einen Skorpion in Öl ertränkt und bei Sonnenlicht Essig auf ihn gießt, wird er sofort wieder lebendig. Das Öl verstopft nämlich die kleinen Öffnungen an seinem Leibe, die beim Menschen Schweißlöcher und lateinisch Pori heißen. Der Essig dagegen öffnet beim Skorpion die Poren wieder.“
Weitere interessante Geschichten waren über die Entstehung der Skorpione verbreitet. Im Altertum gab es nach Otto Kellers „Antike Tierwelt“ die Vorstellung, Skorpione erwachsen aus gestorbenen Krokodilen oder (nach Plinius) aus begrabenen Seekrebsen wenn die Sonne das Sternbild des Krebses durchwandert. Nach Paracelsus entstanden Skorpione aus verfaulenden Artgenossen, die sie dadurch töteten. Ähnlich ist die Vorstellung, dass sich die Jungskorpione aus dem Bauch der Mutter herausfressen.
Im deutschen Aberglauben soll der Skorpion nachts fliegen und alles, was er berührt, vertrocknen lassen. Als Sternbild Skorpion taucht das Tier bereits in Kalenderzeichnungen der Babylonier auf. In der Wahrsagerei bedeutete der Skorpion einen frühen Tod.
Volksmedizin
Als Bild sollten Skorpione den bösen Blick abwenden, weshalb man ihr Bildnis auf Lampen und anderen Gegenständen finden kann. Als Talisman soll ein Skorpion die Stadt Emesa in Vorderasien vor echten Skorpionen und Schlangen beschützt haben.
Als giftiges Tier fand der Skorpion unterschiedlichste Verwendungen in der Volksmedizin. Nach Megenberg konnten Skorpionsasche, in Wein getrunken, und Skorpionsöl, mit dem man die Stichstellen einreiben musste, gegen das Gift der Tiere helfen. Das „Skorpenöl“ wurde gewonnen, indem lebende Skorpione in Olivenöl getaucht und dieses dann erhitzt wurde. Mit diesem Öl sollten sich verschiedenste Beschwerden heilen lassen, darunter Wunden, Koliken, Gicht und Ohrenschmerzen. In Tirol verwendete man das Öl sogar gegen Harnwegsbeschwerden und die Pest sowie gegen Bienen- und Wespenstiche. Die Galle der Skorpione wurde gegen Augenleiden und zur Hautverschönerung eingesetzt.
Literatur
Gesamtdarstellungen
- Arachne - das Fachmagazin für Spinnentiere. Deutsche Arachnologische Gesellschaft. Druck und Papier Meyer, Scheinfeld 1.1995ff. ISSN 1613-2688
- M. E. Braunwalder: Scorpiones. Fauna Helvetica. Bd 13. CSCF/SZKF, Neuchâtel 2005. ISBN 2-88414-025-5
- J. Leeming: Scorpions of Southern Africa. Struik Publishers, Cape Town 2003. ISBN 1-86872-804-8
- Dieter Mahsberg, R. Lippe, S. Kallas: Skorpione. Natur und Tier-Verlag, Münster 1999. ISBN 3-931587-15-0
- Garry A. Polis (Hrsg.): The Biology of Scorpions. Stanford University Press, California 1990. ISBN 0-8047-1249-2
- P Weygoldt: Chelicerate, Spinnentiere. in: Wilfried Westheide, Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 1. Einzeller und Wirbellose Tiere. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1997, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2004. ISBN 3-8274-1482-2
- Günter Schmidt: Skorpione und andere Spinnentiere. Landbuch-Verlag, Hannover 1992, 1996, 1999. ISBN 3-7842-1313-8
Spezielle Literatur
- W. Bücherl: Classification, Biology and Venom Extraction of Scorpions. in: Wolfgang Bücherl, Eleanor E.Buckley: Venomous Animals and their Venoms. Academic Press, New York 1971, 317-348. ISBN 0-12-138902-2
- V. Fet, W. D. Sissom, G. Lowe & M. E. Braunwalder: Catalog of the Scorpions of the World (1758–1998). The New York Entomological Society, New York 2000. ISBN 0913424242
- E. N. Kjellesvig-Waehring: A restudy of the fossil Scorpionida of the World. in: Palaeontographica Americana. Palaeontological Research Institution, Ithaca NY 55.1986, 1–287. ISSN 0078-8546
- E. E. Ruppert, R. S. Fox, R. P. Barnesm: Invertebrate Zoology – A functional evolutionary approach. Kap. 18. Brooks/Cole 2004, S.565. ISBN 0030259827
- M. E. Soleglad, V. Fet: High-level systematics and phylogeny of the extant scorpions (Scorpiones: Orthosterni). in: Euscorpius. (nur elektronische Resource) Marshall Univ., Huntington W Va 11.2003, 1–175. (Download)
Kulturgeschichte
- Hans Bächtold-Stäubli (Hrsg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Walter de Gruyter, Berlin 1927-42, 1987, 2000 (Reprint). ISBN 3-11-016860-X