„Bohrturm“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
gliederung, ihvz
Markierung: Zurückgesetzt
Zeile 9: Zeile 9:


== Bestandteile und Funktion ==
== Bestandteile und Funktion ==
Wesentliche Komponenten eines Bohrturmes sind neben dem Gerüst der Unterbau, die Arbeitsbühne, die Fingerbühne, der Kloben (Kranhaken) und das [[Hebewerk (Bohranlage)|Hebewerk]]. Nicht unmittelbar zum Turm gehört funktional weiteres Zubehör wie etwa der ''[[Blowout (Tiefbohrtechnik)|Blowout]] Preventer'' (BOP), die Schließanlage, die [[Spülpumpe]]n, das Spülungssystem oder Geräte zur Energieversorgung (dieselelektrisch, dieselmechanisch oder elektrisch).
Wesentliche Komponenten eines Bohrturmes sind neben dem Gerüst der Unterbau, die Arbeitsbühne, die Fingerbühne, der Kloben (Kranhaken) und das [[Hebewerk (Bohranlage)|Hebewerk]]. Nicht unmittelbar zum Turm gehört funktional weiteres Zubehör wie etwa der ''[[Blowout-Preventer]]'' (BOP), die Schließanlage, die [[Spülpumpe]]n, das Spülungssystem oder Geräte zur Energieversorgung (dieselelektrisch, dieselmechanisch oder elektrisch).


== Unterscheidung nach Antriebsart ==
Je nach Art der Kraft- beziehungsweise Drehmomentübertragung auf das Bohrgestänge und den [[Bohrmeißel]] unterscheidet man zwischen Drehtischantrieb oder [[Kraftdrehkopf]] (englisch: ''Top Drive''). Beim Drehtischantrieb erfolgt die Kraftübertragung über eine sogenannte (vier-, sechs- oder achteckige) Mitnehmerstange (englisch: ''Kelly'') und eine rotierende Einrichtung auf der Arbeitsbühne. Der modernere Kraftdrehkopfantrieb überträgt am Kopf des Bohrgestänges die Kraft direkt.
Je nach Art der Kraft- beziehungsweise Drehmomentübertragung auf das Bohrgestänge und den [[Bohrmeißel]] unterscheidet man zwischen Drehtischantrieb oder [[Kraftdrehkopf]] (englisch: ''Top Drive'').
Beim Drehtischantrieb erfolgt die Kraftübertragung über eine sogenannte (vier-, sechs- oder achteckige) Mitnehmerstange (englisch: ''Kelly''), die immer als oberstes Bestandteil auf das Gestänge gesetzt wird. Auf der Arbeitsbühne befindet sich der Drehtisch, der mittig eine zur Kellystange passende Aussparung hat. Durch diesen Formschluss wird das Drehmoment vom Drehtisch auf die Kellystange und somit auf das Gestänge übertragen, während das Gestänge beim Bohrfortschritt durch den Drehtisch nach unten sinken kann. Der modernere Kraftdrehkopfantrieb überträgt am Kopf des Bohrgestänges die Kraft direkt auf die oberste Bohrstange.


== Hakenlast ==
Zumeist werden Bohranlagen und somit deren Größe anhand der von ihnen ausführbaren Hakenlasten (Zuglasten) klassifiziert. Leichte Bohrtürme sind für Hakenlasten bis etwa 100 Tonnen ausgelegt, mittlere Bohrtürme sind in der Lage, etwa 200 Tonnen zu ziehen, schwere Anlagen können bis zu 700 Tonnen Hakenlast besitzen.
Zumeist werden Bohranlagen und somit deren Größe anhand der von ihnen ausführbaren Hakenlasten (Zuglasten) klassifiziert. Leichte Bohrtürme sind für Hakenlasten bis etwa 100 Tonnen ausgelegt, mittlere Bohrtürme sind in der Lage, etwa 200 Tonnen zu ziehen, schwere Anlagen können bis zu 700 Tonnen Hakenlast besitzen. Dieser Wert bestimmt, wie schwer das Bohrgestänge sein darf, das durch den Bohrturm gehalten und auch gezogen werden kann und damit mittelbar für die Tiefe, die erreicht werden kann.


Kleine und mittlere Bohrtürme sind im Regelfall leicht demontierbar ausgeführt, zumeist in Form eines Teleskopmastes, der auf einem Fahrzeug montiert ist und so am Bohrplatz [[Hydraulik|hydraulisch]] aufgeschwenkt und auf die volle Höhe ausgefahren wird. Die Gesamthöhe ist dabei jedoch durch zulässige Fahrzeuglängen auf etwa 30 m beschränkt. Schwere Bohrtürme werden meist in transportierbare Einheiten zerlegt und mit Schwertransportern zur nächsten Bohrstelle gefahren.
Kleine und mittlere Bohrtürme sind im Regelfall leicht demontierbar ausgeführt, zumeist in Form eines Teleskopmastes, der auf einem Fahrzeug montiert ist und so am Bohrplatz [[Hydraulik|hydraulisch]] aufgeschwenkt und auf die volle Höhe ausgefahren wird. Die Gesamthöhe ist dabei jedoch durch zulässige Fahrzeuglängen auf etwa 30 m beschränkt. Schwere Bohrtürme werden meist in transportierbare Einheiten zerlegt und mit Schwertransportern zur nächsten Bohrstelle gefahren.

Version vom 9. März 2024, 19:06 Uhr

Moderne, schwere Bohranlage
Mobiler Bohrturm auf einem GAZ-66-LKW

Ein Bohrturm ist ein freistehender Turm samt zugehöriger Ausrüstung, der dazu dient, um Bohrungen auf Erdöl, Erdgas, Sole oder Wasser (thermal) niederzubringen (bergmännisch: abzuteufen) bzw. unterirdische Hohlräume (unter Einsatz der Richtbohrtechnik) aufzufahren. In manchen Fällen wird ein Bohrturm auch verwendet, um eine bestehende Bohrung aufzuwältigen oder eine nicht mehr wirtschaftlich nutzbare Bohrung zu verfüllen. Daneben erfolgt auch der Einsatz für Bohrungen, welche rein wissenschaftlichen Zwecken dienen, wie das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland.

Geothermie-Bohrturm in Bayern für eine Tiefe von 3500 Metern
Bohrturm aus den 1980er Jahren

Bestandteile und Funktion

Wesentliche Komponenten eines Bohrturmes sind neben dem Gerüst der Unterbau, die Arbeitsbühne, die Fingerbühne, der Kloben (Kranhaken) und das Hebewerk. Nicht unmittelbar zum Turm gehört funktional weiteres Zubehör wie etwa der Blowout-Preventer (BOP), die Schließanlage, die Spülpumpen, das Spülungssystem oder Geräte zur Energieversorgung (dieselelektrisch, dieselmechanisch oder elektrisch).

Unterscheidung nach Antriebsart

Je nach Art der Kraft- beziehungsweise Drehmomentübertragung auf das Bohrgestänge und den Bohrmeißel unterscheidet man zwischen Drehtischantrieb oder Kraftdrehkopf (englisch: Top Drive). Beim Drehtischantrieb erfolgt die Kraftübertragung über eine sogenannte (vier-, sechs- oder achteckige) Mitnehmerstange (englisch: Kelly), die immer als oberstes Bestandteil auf das Gestänge gesetzt wird. Auf der Arbeitsbühne befindet sich der Drehtisch, der mittig eine zur Kellystange passende Aussparung hat. Durch diesen Formschluss wird das Drehmoment vom Drehtisch auf die Kellystange und somit auf das Gestänge übertragen, während das Gestänge beim Bohrfortschritt durch den Drehtisch nach unten sinken kann. Der modernere Kraftdrehkopfantrieb überträgt am Kopf des Bohrgestänges die Kraft direkt auf die oberste Bohrstange.

Hakenlast

Zumeist werden Bohranlagen und somit deren Größe anhand der von ihnen ausführbaren Hakenlasten (Zuglasten) klassifiziert. Leichte Bohrtürme sind für Hakenlasten bis etwa 100 Tonnen ausgelegt, mittlere Bohrtürme sind in der Lage, etwa 200 Tonnen zu ziehen, schwere Anlagen können bis zu 700 Tonnen Hakenlast besitzen. Dieser Wert bestimmt, wie schwer das Bohrgestänge sein darf, das durch den Bohrturm gehalten und auch gezogen werden kann und damit mittelbar für die Tiefe, die erreicht werden kann.

Kleine und mittlere Bohrtürme sind im Regelfall leicht demontierbar ausgeführt, zumeist in Form eines Teleskopmastes, der auf einem Fahrzeug montiert ist und so am Bohrplatz hydraulisch aufgeschwenkt und auf die volle Höhe ausgefahren wird. Die Gesamthöhe ist dabei jedoch durch zulässige Fahrzeuglängen auf etwa 30 m beschränkt. Schwere Bohrtürme werden meist in transportierbare Einheiten zerlegt und mit Schwertransportern zur nächsten Bohrstelle gefahren.

Nach Abschluss der Bohr- beziehungsweise der darauf hinfolgenden Komplettierungsarbeiten (Einbau des Förderstranges) ist, unabhängig davon, ob nach Bodenschätzen wie Erdöl, Erdgas oder Geothermie gesucht wurde oder eine Erkundungsbohrung (Explorationsbohrung) abgeteuft wurde, der Bohrturm nicht mehr nötig. An Stelle des Bohrturms bzw. der zum Turm gehörigen Abschlusseinrichtungen (Blowout-Preventer) wird bei Öl-, Gas- oder Wasserfunden im Regelfall eine Verflanschung und ein Eruptionskreuz und bei druckschwachen Ölbohrungen eine Ölpumpe (z. B.: Pferdekopfpumpe) aufgebaut. Auf Bohrinseln wird im Regelfall der Bohrturm nach Abschluss der Bohrarbeiten stehengelassen, um weitere Arbeiten durchführen zu können.

Geschichte

1813 wurde im Wald zwischen Pechelbronn und Kutzenhausen der erste Bohrturm der Welt errichtet, auf zwei Holzpfosten (Nachbau heute Ausflugsziel), etwa 100 Jahre vor der industriellen Ölförderung in den USA, errichtet. Ab 1917 wurde hier auch mittels Stollen unter Tage nach Erdöl-Linsen gegraben.

Historische Bohrtürme zur Soleförderung

In einigen Kurorten existieren historische Bohrtürme für die Förderung der Sole. Sie stehen meistens unter Denkmalschutz, werden aber gelegentlich zur Aufweitung der Bohrung eingesetzt.

Ort Höhe des Bohrturms Baujahr des Bohrturms Koordinaten Bemerkungen
Bad Salzungen 17,70 m 1869 50.81556 N 10.23434789 O
Bad Rappenau 18,70 m 1905 49.236585 N 9.11800304 O
Bad Dürrheim 40 m 48.013516 N 8.542377 O Doppelanlage
Bad Dürrheim 40 m 48.015702 N 8.529143 O Doppelanlage, heute Jugendhaus
Luitpoldsprudel, Bad Bocklet 50.242472 N 10.081040 O
Bad Zurzach 47.594338 N 8.291762 O 4 Bohrtürme
Einbeck 51.771613 N 9.918669 O

(Tabelle bitte erweitern und ergänzen)

Siehe auch

Wiktionary: Bohrturm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bohrturm – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien