Generator (Markow-Prozesse)
Der Erzeuger, Generator, infinitesimale Erzeuger oder infinitesimale Generator der Übergangshalbgruppe eines zeithomogenen Markow-Prozesses in stetiger Zeit ist ein Operator, welcher das stochastische Verhalten des Prozesses in infinitesimaler Zeit erfasst. Aufgrund der Markow-Eigenschaft und der zeitlichen Homogenität wird der Prozess unter bestimmten Voraussetzungen durch seinen infinitesimalen Erzeuger bestimmt bzw. generiert.
Allgemeiner Fall (nach Breiman)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegeben sei ein zeithomogener Markow-Prozess auf einem Zustandsraum mit Übergangshalbgruppe , das heißt für alle ist der entsprechende Übergangskern. Ferner sei der Raum der beschränkten, borelmessbaren Funktionen , dann kann jeder Übergangskern als Abbildung aufgefasst werden.
Der infinitesimale Erzeuger des Prozesses ist der Operator mit Definitionsbereich
- ,
der für alle gegeben ist durch
- .
Ausführlich bedeutet das, dass für alle gilt
mit
- .
Dabei bezeichnet die Verteilung von und den Erwartungswert bedingt auf den Startwert .
Spezialfall abzählbarer Zustandsraum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei ein zeitlich homogener Markow-Prozess mit kontinuierlicher Zeit, diskretem Zustandsraum und Übergangshalbgruppe mit Übergangsmatrix für alle .
Halbgruppe, Intensitätsmatrix, Q-Matrix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Übergangsfunktion bzw. Übergangsmatrizen bilden wegen der Chapman-Kolmogorow-Gleichungen eine Halbgruppe. Sie können wie oben aufgefasst werden als Abbildungen wobei den Raum der beschränkten, borelmessbaren Funktionen bezeichnet.
besitzt die Standard-Eigenschaft bzw. wird Standard-Übergangsfunktion genannt, wenn
bzw. kurz
mit der Einheitsmatrix .
Besitzt die Standard-Eigenschaft, so gilt für alle :
Die Abbildungen sind gleichmäßig stetig, für alle
differenzierbar und besitzen im Punkt 0 die rechtsseitige Ableitung
Kurz geschrieben, definiert man dies durch
heißt Intensitätsmatrix oder einfach Q-Matrix.
Für alle gilt , und für alle mit gilt .
Ein Zustand heißt stabil, wenn , sonst augenblicklich.
Die Übergangsfunktion heißt stabil, wenn alle Zustände stabil sind; in diesem Fall sind alle Einträge der zugehörigen Intensitätsmatrix endlich.
Ein Zustand heißt absorbierend, wenn gilt, was genau dann der Fall ist, wenn für alle gilt.
Die Matrix und der zugehörige Markov-Prozess werden als konservativ bezeichnet, wenn alle Zeilensummen von null sind; dies ist genau dann der Fall, wenn für alle gilt.
Ist konservativ, der Prozess stabil und divergiert die Folge der Sprungzeiten vor Erreichen eines absorbierenden Zustands fast sicher, so wird der Prozess als regulär bezeichnet.
Die Einträge lassen sich wie folgt interpretieren:
- Betrachtet man den zu gehörigen Prozess, kann man mit Hilfe von die Verweilzeit in einem Zustand angeben. Diese ist exponentialverteilt mit Erwartungswert , das heißt für gilt . Ein absorbierender Zustand hat dann entsprechend eine unendliche Verweilzeit.
- Es gilt , der Prozess ist also „lokal poisson“ und gibt für kleine die Rate an, mit der Prozess aus in den Zustand springt ().
Über diese Interpretation ist es in der Praxis oft leichter, eine geeignete Q-Matrix aus den Modellannahmen herzuleiten, als direkt anzugeben, zum Beispiel bei M/M/1/∞-Systemen.
Gleichmäßig stetige Halbgruppe mit infinitesimalem Erzeuger
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist die Übergangsfunktion stabil, so ist sie eine gleichmäßig stetige Halbgruppe deren infinitesimaler Erzeuger ist.
Dann kann aus dem Verhalten in infinitesimaler Zeit das langfristige Verhalten zurückgewonnen werden:
- ,
wobei das Matrixexponential bezeichnet. Dies ist zum Beispiel der Fall für endliche Zustandsräume. Die stationäre Verteilung von lässt sich dann als Lösung des folgenden Gleichungssystems
bestimmen, wobei als Zeilenvektor aufgefasst wird.
Generatoren von Feller-Prozessen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Feller-Prozesse sind Markow-Prozesse, bei denen die Übergangswahrscheinlichkeiten qua einer stark stetigen Halbgruppe auf dem Raum der stetigen, im Unendlichen verschwindenden Funktionen entsprechen. In diesem Fall kann der Generator der entsprechenden Halbgruppe
(definiert für alle für die der Grenzwert bezüglich der Supremumsnorm existiert) betrachtet und der Satz von Hille-Yosida angewendet werden.
Dynkins charakteristischer Operator
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der charakteristische Operator ist eine probabilistische Entsprechung des analytischen Generators , mit dem oft leichter zu arbeiten ist.[1] Während in obiger Definition der Erwartungswert von zu einem festen Zeitpunkt gebildet wird (und anschließend gegen 0 geht), wird hier der Erwartungswert von an den unterschiedlichen (zufälligen) Zeitpunkten gebildet, zu denen der Prozess einen festgelegten räumlichen Bereich , zum Beispiel eine Kugel um mit Radius , verlässt. Für nicht absorbierendes setzt man
für absorbierendes setzt man . Für große Klasse von Feller-Prozessen gilt für stetige, im Unendlichen verschwindende Funktionen aufgrund von Dynkins Maximum-Prinzip.
Die Definition und der genannte Zusammenhang gehen auf eine Arbeit von E. B. Dynkin aus dem Jahr 1955 zurück.[2]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Leo Breiman: Probability. Addison-Wesley Publishing Company, Reading, Massachusetts 1968, ISBN 0-89871-296-3.
- Bernt Øksendal: Stochastic Differential Equations. An Introduction with Applications. Springer Berlin 2003, ISBN 3-540-04758-1.
- Daniel Revuz, Marc Yor: Continuous Martingales and Brownian Motion. Springer 2001, ISBN 3-540-64325-7.
- Manuela Schmitz, Quasi-Stationarität in einem epidemiologischen Modell, 2006, Kapitel 1.1 (PDF-Datei; 418 kB).